Lesben und Schwule – (k)ein Thema in der Altenpflege?

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Bezirksamt Neukölln von Berlin
Abt. Finanzen und Wirtschaft
Bezirksbeauftragte für Menschen
mit Behinderung
RuT – Rad und Tat e.V.
Offene Initiative lesbischer
Frauen
Dokumentation
Fachtag
Lesben und Schwule –
(k)ein Thema in der Altenpflege?
Lesbische und schwule Lebensweise als ein Aspekt kultureller Vielfalt
25. April 2008
Bezirksamt Neukölln von Berlin
Bezirksbeauftragte für Menschen mit Behinderung
und
RuT – Rad und Tat e.V.
Offene Initiative lesbischer Frauen
Ort: Haus des älteren Bürgers, Neukölln
Lesben und Schwule – (k)ein Thema in der Altenpflege?
Inhalt
Vorwort
Frau Smaldino, Bezirksbeauftragte für Menschen mit Behinderung
Neukölln
Vorwort
Jutta Brambach, RuT – Rad und Tat e.V.
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Altersdiskriminierung – kein Kavaliersdelikt
Berliner Seniorenpolitik für ältere Lesben und Schwule mit und ohne
5
Migrationshintergrund
Claus Nachtwey, Senatsverwaltung für Integration, Soziales und Arbeit,
Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung, Fachbereich
für gleichgeschlechtliche Lebensweisen
Pflege Andersrum –
Kriterien einer Lesben und Schwule respektierenden Pflege
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Bea Trampenau, Pflege Andersrum – Intervention Hamburg e.V.
Achtung, Respekt und Menschenbilder
Ist es möglich, Auszubildende in der Pflege für die Lebenswelt
homosexueller Menschen zu sensibilisieren?
Dipl. Päd. Heide Trautzburg, PMG – Pflege, Management,
Gesundheit GmbH, Berlin
Pflegeetage für Schwule und Lesben in Berlin
Kerstin Wecker, Asta-Nielsen-Haus und Christian Hamm, Village e.V.
Älter, alt, aber nicht allein – Arbeit mit Lesben und Schwulen im Alter
Marco Pulver, Netzwerk Anders Altern, Schwulenberatung e.V.
Jutta Brambach, RuT-Rad und Tat e.V./Besuchsdienst „Zeit für Dich“
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Lesben und Schwule – (k)ein Thema in der Altenpflege?
Grußwort
Katharina Smaldino
Ich freue mich sehr Ihnen die zweite Dokumentation für den Fachtag
„Lesben und Schwule – (k)ein Thema in der Altenhilfe?“ vorstellen
zu können.
Es haben sich viele Menschen und Projekte an dieser Tagung in
regen Diskussionen beteiligt.
Ich freue mich über die rege Teilnahme und den Austausch. Das
Thema Umgang mit älteren Lesben und Schwulen muss seinen Platz
in der Altenhilfe finden und darf nicht weiter verschwiegen werden.
Meinen Erfahrungen nach herrscht noch immer eine große Unsicherheit und Tabuisierung im Umgang mit Sexualität bei älteren
Menschen.
Ich weiß, es ist ein langer Weg, aber die beiden vergangenen und
die zukünftigen geplanten Fachtagungen sind ein guter Beitrag zur
Diskussion und zur Normalisierung.
Die kontinuierliche Zusammenarbeit und Weiterführung der Arbeit
unterstütze ich, da diese Arbeit so unglaublich wichtig ist für eine
Zukunft ohne Diskriminierung von lesbischen und schwulen
Menschen.
Ich wünsche mir, dass dieses Thema in der Öffentlichkeit mehr Raum
gewinnt und somit ein freierer Umgang und ein selbstbestimmteres
Leben für ältere Lesben und Schwule möglich ist.
Ich möchte mich an dieser Stelle für die großartige Arbeit der vorgestellten Projekte und allen Helfern der Tagung danken.
Mein besonderer Dank gilt den Frauen von Rad und Tat, ohne die
dieser Fachtag nicht zu einem so großen Erfolg geführt hätte.
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Lesben und Schwule – (k)ein Thema in der Altenpflege?
Vorwort
Jutta Brambach
Wir freuen uns, dass wir
Claus Nachtwey vom Fachbereich für gleichgeschlecht-
nun schon zum zweiten
liche Lebensweisen in der Senatsverwaltung für Inte-
Mal einen Fachtag in Koo-
gration, Arbeit und Soziales, Landesstelle für Gleich-
peration mit der Beauf-
behandlung – gegen Diskriminierung, informierte mit
tragten für Menschen mit
seinem Vortrag Altersdiskriminierung – kein Kavaliers-
Behinderung des Bezirks-
delikt über die Berliner Seniorenpolitik für ältere Les-
amt Neukölln, Frau Smal-
ben und Schwule mit und ohne Migrationshintergrund
dino, zu dem Thema „Les-
und über die Arbeit der Antidiskriminierungsstelle.
ben und Schwule im Al-
Bea Trampenau von Pflege Andersrum - Intervention
ter“ durchführen konnten
e.V. aus Hamburg, stellte die Arbeit von „Pflege An-
und eine Dokumentation dazu erscheint. Während
dersrum“ und die Kriterien einer Lesben- und Schwu-
der erste Fachtag „Lesben und Schwule – (k)ein The-
le respektierenden Pflege vor.
ma in der Altenhilfe?“1 im Mai 2005 vor allem generell
über die Lebenssituation von Schwulen und Lesben
Heide Trautzburg von PMG – Pflege, Management, Ge-
im Alter und Angebote für sie informiert hat, haben wir
sundheit GmbH, Berlin, ging in ihrem Vortrag Achtung,
den Schwerpunkt dieses Fachtags auf das Thema
Respekt und Menschenbilder der Frage nach, ob es
„Pflege“ gelegt. Darüber hinaus wurde über die Situa-
möglich sei, Auszubildende in der Pflege für die Le-
tion lesbischer und schwuler SeniorInnen und über An-
benswelt homosexueller Menschen zu sensibilisieren.
gebote für sie informiert.
Kerstin Wecker, Heimleiterin des Asta-Nielsen-Haus
und Christian Hamm, Vorstand von Village e.V., stell-
Das Thema des Fachtags hat an Aktualität nichts ver-
ten ihre Pflegeetage für Schwule, Lesben und Trans -
loren. Lesbische Frauen und schwule Männer im Alter
gender vor, die im Januar in Berlin eröffnet wurde.
sind in hohem Maße von Isolation und Diskriminierung betroffen. Die Diskriminierung geschieht unter
Marco Pulver vom Netzwerk Anders Altern der Schwu -
anderem darin, dass sie verschwiegen werden und
lenberatung Berlin informierte über die Arbeit des
nicht als Zielgruppe mit eigenen Bedürfnissen benannt
Netzwerkes und dessen Arbeit mit Schwulen im Alter.
oder wahrgenommen werden. Diese SeniorInnen
Das RuT berichtete über die Erfahrungen in der Arbeit
haben mit zusätzlich erschwerten Bedingungen auf
mit Lesben im Alter und mit dem Besuchsdienst „Zeit
dem Weg in ein erfülltes Alter zu kämpfen.
für Dich“.
Unser besonderer Dank gilt Frau Smaldino, die durch
Mit dem Modellprojekt „Kultursensible Altenhilfe“
ihr Engagement und ihren Mut diese jetzt schon 2.
hat sich der Blick auf verschiedene Lebensweisen in
Fachveranstaltung möglich gemacht hat.
erster Linie auf die unterschiedlichen Kulturen von MigrantInnen gerichtet. Lesben und Schwule leben eben-
Herzlichen Dank an dieser Stelle auch an das Haus
falls in einer Kultur, die sich von der Dominanzkultur
des älteren Bürgers, bei dem wir willkommen waren,
unterscheidet. Ein kultursensibler Umgang, sprich: ein
sowie an alle Mitwirkenden und Helferinnen.
Lesben- und Schwule respektierender Blick, ist analog
1 Die Dokumentation zu dem ersten Fachtag 2005 ist
in den Angeboten der Altenpflege dringend nötig.
im Bezirksamt Neukölln, Beauftragte für Menschen mit Behinderung,
Frau Smaldino, und im RuT-Rad und Tat e.V. erhältlich
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Lesben und Schwule – (k)ein Thema in der Altenpflege?
Claus Nachtwey
Claus Nachtwey, Senatsverwaltung für Integration, Soziales und Arbeit, Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung, Fachbereich für gleichgeschlechtliche Lebensweisen
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Lesben und Schwule – (k)ein Thema in der Altenpflege?
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Lesben und Schwule – (k)ein Thema in der Altenpflege?
Bea Trampenau
Pflege Andersrum - Kriterien einer Lesben und Schwule respektierenden Pflege
Bea Trampenau, Pflege Andersrum - Intervention Hamburg e.V
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Lesben und Schwule – (k)ein Thema in der Altenpflege?
Achtung, Respekt und Menschenbild
Ist es möglich, Auszubildende in der Pflege für die Lebenswelt
homosexueller Menschen zu sensibilisieren?
Heide Trautzburg
Vorworte
Immer wieder wird zum
Thema Lesben und Schwule in der Altenpflege über
die Frage diskutiert:
Ist es möglich, Auszubildende in der Pflege für die
Lebenswelt homosexueller
Menschen zu sensibilisieren?
Was würden Sie antworten?
Für mich verbirgt sich hinter dieser Aussage, die in so
vielen Leitbildern zur Pflege verankert ist die Frage
nach dem Menschenbild, das Pflegende, das Auszubildende mitbringen.
Das Menschenbild, das sie im Laufe ihres Lebens –
meist unbewusst und nicht hinterfragt – entwickelt,
erworben haben.
Dass wir Menschen sind, ist uns selbstverständlich,
so selbstverständlich wie unser Leben und genau so
selbstverständlich wie wir annehmen, dass die anderen Menschen sind.
Wie hätten Sie reagiert, wenn ihr Gegenüber in der UBahn sie heute morgen auf dem Weg hier her gefragt
hätte: Sind sie ein Mensch?
Es wurde inzwischen viel
darüber geschrieben, das Thema wurde und wird auf
Fachtagungen diskutiert und von Gerlach/ Knese/
Ness und Swoboda wurden Unterrichtseinheiten erstellt und 2002vom KDA veröffentlicht.
Falls Sie ein solches oder Ähnliches von mir erwarten,
muss ich Sie leider enttäuschen. Das, was bereits erarbeitet oder diskutiert und veröffentlich wurde, denke ich, ist nachzulesen.
Das Nachdenken über das Menschsein ist Thema der
Philosophie oder der Psychologie. Das Nachdenken
und die Auseinandersetzung über das Menschenbild
– meine ich – sollte ein Thema der Pflegenden sein.
Also kein weiteres Curriculum, kein Leitfaden für den
Unterricht. Doch in mir schlägt auch das Herz der Pädagogin …
Der Begriff „Menschenbild“ ist eine (Re-) Konstruktion. Mit diesem Begriff ist nicht das Bild gemeint,
das ich mir von mir oder einem anderen Menschen
aus meiner immer auch begrenzten Erfahrung mache.
Statt dessen möchte ich Sie heute einladen und auch
Anstöße geben darüber nachzudenken, was Pflegende bewegt und was sie damit meinen könnten, wenn
im Leitbild geschrieben steht:
Zwei Beispiele:
› „typisch Frau, keine Ahnung von Technik!“
oder
› „typisch Krankenschwester, immer im Dienst!“
aber
Was ist denn so typisch Frau oder typisch Krankenschwester?
„Wir pflegen ohne Unterschiede aufgrund der Nationalität, der Rasse, des Glaubens, des Alters, des Geschlechts, der politischen Überzeugung, des sozialen
Status der sexuellen Orientierung“.
Lassen Sie uns kurz über diesen Satz nachdenken.
Fragt man nach, bekommt man evtl. die lapidare Antwort: „Man sieht es ihr doch an“.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen ergeht, aber mich bedrückt
diese Aussage. Sie wiegt (zu) schwer. Und ich frage
mich unweigerlich, kann/ könnte ich das alles leisten? Bin ich – ganz ehrlich - wirklich so frei, offen und
tolerant?
Genauer lassen sich solche Eindrücke meist nicht
belegen, aber …… auch das gehört zum Menschen,
dass er Einschätzungen vornimmt, um andere besser
einordnen zu können.
Was würde ich antworten, würden mir Auszubildende
genau diese Frage stellen?
Meist reicht ein Merkmal, und die ganze Komplexität
eines Menschen verschwindet sozusagen hinter einem
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Lesben und Schwule – (k)ein Thema in der Altenpflege?
Signal oder Symptom, das ins Auge springt. Wir nennen das Vorurteile.
Vorurteile sind zu schnelle Urteile, auf die wir uns
leicht fixieren und dann alle anderen Wahrnehmungen diesem (vor) schnellen Urteil unterordnen.
tisch, dumm, faul, etc)
Versuchen Sie so wenig wie möglich nachzudenken, schreiben Sie einfach was Ihnen in den
Sinn kommt. Reflektieren und hinterfragen Sie
nicht, schreiben Sie ! ... der Mensch ist ... !!!
Gönnen Sie sich danach eine kleine Pause, erst danach schauen Sie sich an, was Sie niedergeschrieben
haben und machen Sie sich folgendes bewusst :
Vor ihnen liegt IHR Menschenbild, IHRE Ansichten,
IHRE Überzeugungen, IHRE Einstellungen, ... wie,
was, der Mensch ist ...
Da Sie selbst Mensch sind, weist IHR Menschenbild
auch auf IHR Selbstbild hin, also auf IHRE Überzeugungen, Ansichten, Einstellungen bezüglich Ihrer eigenen Person.
Das heißt: Mit dem Begriff Menschenbild ist ein Entwurf gemeint, der die Einstellung zum Menschen beeinflusst.
Menschenbilder sind Entwürfe, die den möglichen Menschen denken. manchmal utopisch, also denkbar, aber
(noch) nicht realistisch.
Das heißt: Menschenbilder können auch von Träumen
ausgehen, wir erträumen uns eine andere, vielleicht
bessere Welt, einen anderen Menschen. Wir träumen,
entwerfen Utopien und möchten sie realisieren, wir
können hoffen und glauben.
2. Beispiel:
Hätten sie Lust IHR Bild des Menschen zu entwerfen?
Hätten sie Lust ein Bild zu malen – in Farben oder in
Worten und es den anderen zu zeigen? Was würden
Sie den anderen zeigen wollen?
Wie würde ihr Bild, ihr Text, ihr Symbol aussehen?
Menschen unterscheiden sich voneinander.
So unterschiedlich wir als Individuen sind, so ist doch
der Mensch als einzelner, unabhängig von anderen
Menschen nicht lebensfähig, denn:
Menschsein heißt in Beziehung sein, … der Mensch
braucht das Gegenüber. Ohne dieses „andere Ich“
kann er auch sich selbst nicht wahrnehmen.
Autonomie versus Abhängigkeit.
Auch hier wird wieder deutlich, die prinzipielle Abhängigkeit des Menschen vom Menschen ist tief in
uns verankert. Wir bleiben aufeinander angewiesen.
Einer der berühmtesten Aussprüche Martin Bubers lautet: „Alles wirkliche Leben ist Begegnung“. Das heißt:
Andererseits will jeder auch sich selber sein, sich
selbst behaupten.
Man könnte also sagen, das Leben spielt sich dauerhaft zwischen Selbstbehauptung und Fremdbestimmung ab, zwischen den eigenen Bedürfnissen und denen der anderen, zwischen dem Bestreben nach Autonomie und Abhängigkeit
Die Voraussetzungen für den Entwurf „Menschenbild“
sind gemischt aus Erfahrung mit sich und anderen,
die überdacht und reflektiert werden und nicht nur an
realen Erfahrungen Einzelner vorurteilig festgemacht
werden.
Welches Menschenbild haben sie verinnerlicht?
Das wäre eine Frage, der meines Erachtens in der Ausbildung von Pflegenden Raum gegeben werden muss.
Davon ausgehend wird noch einmal deutlich, dass sich
jede Person grundlegend von anderen unterscheidet.
Unterscheidungsmerkmale: Kultur, Geschlecht, Temperament, soziale Klasse, Aussehen, Ansichten, Wertvorstellungen, Geschmack, Interessen und Lebensweise.
Um doch den methodisch didaktischen Bereich nicht
gänzlich außer acht zu lassen, ich hatte es ja schon
angekündigt:
Wie könnte das Thema Menschenbild für den Unterricht aufbereitet werden?
Schreiben sie einmal 20 Minuten ohne abzusetzen und ohne Unterbrechung:
Nach Tom Kitwood (engl. Sozialpsychologe): „Jeder
Mensch ist an den inneren Ort, an dem er sich gegenwärtig befindet, auf einem nur ihn eigenen Weg gelangt, und jede Situation auf diesem Weg hat dabei
Spuren hinterlassen“.
Der Mensch ist …
(z B einzigartig, individuell, mitfühlend, egois-
Das Wechselspiel von Autonomie und deren Abhängigkeit von der Anerkennung anderer ist ein Wech-
1. Beispiel:
•
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Lesben und Schwule – (k)ein Thema in der Altenpflege?
selspiel, das vor allem durch die Kommunikation veranschaulicht wird.
Wenn wir mutig sind werden wir erfahren, dass Respekt ein großes Geschenk ist, weil wir daran wachsen
und gemeinsam stark werden können.
Respekt und Achtung machen unser Leben reicher
und unser Zusammenleben wertvoller. Sie machen
uns reicher und stärken unsere Identität.
Durch gegenseitigen Respekt können wir unsere Gesellschaft aktiv mitgestalten und mithelfen, sie gerechter und interkultureller zu machen – eine Gesellschaft, in der Akzeptanz, Partizipation aller, gegenseitige Anerkennung der Menschenwürde, Zivilcourage
und Solidarität gelebt werden können.
Dass ich mich für andere interessiere, für das Leben,
das sie leben (möchten), wenn ich sie ernst nehme, in
dem was sie sind und wollen, dann ist das immer eine
Chance für ein gemeinsames Leben. Ein gemeinsames Leben, in dem nicht ausgegrenzt wird und in das
mir Fremdes, Unbekanntes integriert werden kann.
Respekt ist deshalb auch immer eine Begegnung mit
mir selbst.
In der Kommunikation verständigen wir uns über die
Realität und über den Sinn des Lebens. Wir wollen wissen, was sein soll, was sinnvoll ist und tauschen uns
darüber aus, um gemeinsam Realitäten zu schaffen.
Wenn Menschenbilder also Entwürfe sind, so ist es
eine unverzichtbare Aufgabe jedes Menschen, der
sich diesen Entwurf zu eigen macht, mit jedem so umzugehen, dass er Mensch sein kann und selbst dadurch Mensch ist.
Hier sind wir beim Thema Akzeptanz und Respekt
angelangt.
Aber was ist unter Respekt zu verstehen?
Respekt :
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•
•
Bedeutet, einen anderen Menschen anzuerkennen und zu achten, so wie sie/ er ist
Ist für jede Beziehung wichtig, damit sie gelingen kann
Beruht immer auf Gegenseitigkeit
Heißt Rücksicht und Wertschätzung im Umgang
mit dem Anderen- unabhängig von Alter, Beruf,
Status, sexueller Orientierung …
Bedeutet, mich selbst zu achten; denn auch ich
will geachtet und wertgeschätzt werden
Steht nicht für das, was jemand besitzt oder
kann, sondern wer sie/er ist
Ist wichtig, um (innere) Grenzen überwinden zu
können, um Anderen so begegnen zu können,
wie sie sind
Macht unser Leben reicher und das Zusammensein wertvoller
Mit Achtung und Respekt gibt es etwas zu entdecken
Aber Respekt kann man nicht verordnen!
Was macht uns den respektvollen und achtsamen
Umgang denn so schwer?
Ein Aspekt, den ich hier gerne herausgreifen möchte ist
das (oben schon erwähnte) Fremde, das Fremdsein.
Gewöhnlich bewegen wir uns in Vertrautem, dem, was
wir verstehen, dem, was wir einordnen können.
Wir fühlen uns mit dem Vertrauten sicher, es ist Teil
unserer Welt, unseres Alltags, es macht unseren Alltag
aus. Was uns alltäglich ist, scheint auch verständlich.
Fremdes kann sich in eine Bedrohung verwandelt. Es
versperrt den Weg zurück zum Selbstverständlichen,
wird zur Bedrohung und zur Gefahr für das
Selbstverständliche.
Es bilden sich andere Formen des Umgangs mit dem
Fremden heraus. Wir werden misstrauisch, halten uns
fern, ja wir bekämpfen im Außen, was wir im Innern
nicht verstehen können.
Mögen Sie diese Liste erweitern?
Doch „das mit dem Respekt“ ist gar nicht so einfach.
Wir müssen über unseren eigenen Schatten springen.
Den ersten Schritt zu gehen mag uns zuweilen überfordern, wir werden unsicher und haben Angst. Angst
vor dem, was uns erwartet.
Eine mögliche Lösung könnte der Versuch des Kennenlernens und damit der Möglichkeit des Verstehens seins.
Dadurch, dass wir es, das Fremde, verstehen lernen,
haben wir die Möglichkeit, es uns zu eigen, uns vertraut zu machen, denn das Fremde macht uns unsicher.
Doch nur wenn wir mutig sind und aufeinander zugehen, können wir einander finden. Respekt ist eben kein
passives Anerkennen und unverbindliches Ja- sagen.
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Lesben und Schwule – (k)ein Thema in der Altenpflege?
Wir fühlen uns durch das Fremde bedroht. So soll das
Verstehen helfen, das Fremde im Eigenen anzusiedeln,
damit wir uns wieder sicher fühlen.
•
Offenheit für das Andere, das Fremde, das Ungewohnte.
Diese Offenheit macht uns Schwierigkeiten,
weil sie unsere Selbstsicherheit, unser bisheriges Weltbild gefährdet. Aber die Offenheit ist
die Voraussetzung für neue Erfahrungen, für
Lernprozesse, die uns selber und unsere Beziehung zum Anderen verändern.
•
Erweiterte Wahrnehmungsfähigkeit für Fremdes.
Unsere Gewohnheit ist es, Fremdartiges in
unser Wahrnehmungsraster einzuordnen, das
Andere nicht als anders wahrzunehmen, weil
wir unsere Seh- und Denkgewohnheiten nicht
ändern können oder wollen.
•
Das Andere als anders zu akzeptieren.
Bei der Begegnung mit Fremdem reagieren wir
üblicherweise so, dass wir das Andere durch
Interpretation uns anzugleichen oder aber es
auszugrenzen und zum Gegner zu erklären versuchen.
•
Ambivalenz ertragen zu können.
Ambivalente Situationen verunsichern uns. Wir
wollen Eindeutigkeit. Ist dies nicht gegeben,
reagieren wir mit Angst.
•
Die Fähigkeit zur Empathie.
Die Möglichkeit, sich – wie begrenzt auch
immer – in den anderen hineinzuversetzen, die
Welt mit seinen Augen zu sehen, ist die Voraussetzung für Verständnis und aus meiner Sicht
unabdingbar für alle, die in der Pflege tätig sind.
•
Die Fähigkeit zu experimentierendem Verhalten.
Wir wollen immer Rezepte, genau festgelegte
Regeln. Nur dann fühlen wir uns sicher. Neue
Erfahrungen sind aber nur möglich, wenn wir
uns experimentierend dem anderen nähern.
•
Angstfreiheit vor dem Fremden.
Die Xenophobie (Ablehnende Einstellung und
Verhaltensweise gegenüber anderen Menschen
und Gruppen) scheint zu dem ältesten Erbe der
Stammesgeschichte des Menschen zu gehören.
Wir müssen diese Angst überwinden und uns
Verstehen, so könnte man sagen, ist der Versuch, mit
dem Auftreten von Irritationen fertig zu werden.
Wo der Prozess der Aneignung versagt, bleibt das
Fremde außen vor, man kann es nicht zum Teil des
Eigenen, Gewohnten und Vertrauten werden lassen.
Doch wenn Menschen unterscheiden können zwischen
Vertrautem und dem, was fremd ist, so ist es ihnen
auch möglich, Differenzen zu bilden, sprich: auch Kritik zu üben.
Ich meine hier nicht die Kritik im Sinne von meckern
oder negativer Bewertung sondern vielmehr Kritik im
Sinne seiner ursprünglichen Bedeutung von unterscheiden.
Zurück zum Menschenbild
Menschenbilder sollten zur Kritik herausfordern.
Wir hatten gesagt, dass Menschenbilder Entwürfe
sind, sprich, es ist nicht einfach, sie in der Wirklichkeit zu überprüfen. Menschenbilder sind zu bedenken und jeder hat nicht nur das Recht, sondern auch
die Pflicht, sie zu kritisieren. Das verhindert, dass
Menschenbilder einfach übergestülpt werden. Denn
Menschen sind in der Lage, zu unterscheiden, Differenzen zu bilden und sich darüber auszutauschen.
Das bedeutet, Menschenbilder können und sollen auf
ihre Argumentation hin überprüfbar sein.
Das geschieht am besten in gemeinsamen Diskussionen mit anderen. In diese Diskussionen fließen Kenntnisse, Erfahrungen, logische Argumente, Gefühle und
Utopien mit ein.
Die Akzeptanz eines Menschenbildes wird dann allerdings so verpflichtend, dass daraus verbindliche Handlungen entstehen.
Bleibt nun noch die Frage:
Wie ist es möglich, das Gesagte für Auszubildende
nutzbar zu machen im Sinne der Hinwendung und
dem Umgang mit dem Fremden, das vielleicht Angst
auslöst und auf dem Boden eines sich dem Menschen
zuwendenden Menschenbildes?
Wenn wir davon ausgehen, dass Pflege sich im Kontext von Beziehung ereignet, ich gehe so weit zu behaupten Pflege ist Beziehung, so wären die Ziele
einer Ausbildung:
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Lesben und Schwule – (k)ein Thema in der Altenpflege?
dem Fremden öffnen, oder lernen, mit der Angst
vor dem Fremden leben zu können.
•
•
•
Abschließen möchte ich mit dem Text „Ein freier
Mensch“ von Albert Schweizer
Die Fähigkeit, unsere eigenen Normen in Frage
stellen zu können.
Unser soziokulturelles Bezugssystem bestimmt
unser Verhalten zum Anderen. Bevor wir nicht
fähig werden, die Relativität unseres Bezugssystems und aller Bezugssysteme zu erkennen,
können wir weder fremde Bezugssysteme noch
unser eigenes wahrnehmen.
Ein freier Mensch
Ich will unter keinen Umständen ein Allerweltsmensch
sein.
Ich habe ein Recht darauf, aus dem Rahmen zu fallen
– wenn ich es kann.
Ich wünsche mir Chancen, nicht Sicherheiten
Lernen, zusammenzuarbeiten ohne die
Schwächen des anderen zum eigenen Gunsten
auszunutzen.
Wir sollten uns in den Begegnungen nicht an
das Prinzip halten, dass bei Interessenunterschieden der Stärkere seine Macht einsetzt,
sei es durch physische oder symbolische,
institutionelle Gewalt usw., um den Schwächeren, der eine abweichende Meinung und Konzeption hat, mit Gewalt der eigenen Meinung
zu verpflichten, sondern so lange den Diskurs
führen, bis sich beide Seiten in einem gemeinsamen gegebenenfalls pluralistischen Projekt
wiederfinden können.
Ich will kein ausgehaltener Bürger sein, gedemütigt
und abgestumpft, weil der Staat für mich sorgt.
Ich will dem Risiko begegnen, mich nach etwas sehnen und es verwirklichen, Schiffbruch erleiden und
Erfolg haben.
Ich lehne es ab, mir den eigenen Antrieb mit
Trinkgeld abkaufen zu lassen.
Lieber will ich den Schwierigkeiten des Lebens entgegentreten, als ein gesichertes Dasein führen; lieber die gespannte Erregung des eigenen Erfolgs, als
die dumpfe Ruhe Utopiens.
Ich will weder meine Freiheit gegen Wohltaten hergeben, noch meine Menschenwürde gegen milde
Gaben.
Die Fähigkeit, Konflikte auszutragen.
Es gibt zwei Fehlformen des Verhaltens bei
Interessenunterschieden:
die eine ist das Übersehen, das Unter-den-Teppich-kehren, und die andere die Verwandlung des Unterschieds in Feindschaft. Nur das
geduldige, produktive Austragen des Konflikts
kann den Verständigungsprozess weiterführen.
•
Den eigenen Ethnozentrismus (Beurteilung
anderer Völker und Kulturen mit meinen Maßstäben) und Soziozentrismus (Selbstbezogenheit ganzer Gruppen oder Gesellschaften)
erkennen und relativieren können.
Dies bedeutet nicht, die eigene Tradition zu
leugnen, sondern nur, sie nicht absolut zu setzen.
•
Die Fähigkeit, übergreifende Loyalitäten und
Identitäten zu entwickeln.
Ich habe gelernt, selbst für mich zu denken und zu
handeln, der Welt gerade ins Gesicht zu sehen und
zu bekennen, dies ist mein Werk.
Das alles ist gemeint, wenn wir sagen:
Ich bin ein freier Mensch.
Albert Schweitzer, 1875-1965
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„We can too!“ – Initiativen des Netzwerk Anders Altern zur Verbesserung
der Situation schwuler Senioren in Berlin
Marco Pulver
unserer Stadt – und sicher nicht nur in Berlin –, dass
es nur wenige Orte für schwule Senioren gibt, wo sie
Zeit und Gelegenheit haben, gleichaltrige oder jüngere Männer kennenzulernen. Das Kennenlernen funktioniert meist nicht mehr so schnell, wie in früheren
Jahren. Viele haben Hemmungen andere anzusprechen und sind es gar nicht mehr gewöhnt, neue Bekanntschaften und Freundschaften zu machen. Vielen
macht es auch keine Freude, allein aus dem Haus zu
gehen und allein etwas zu unternehmen. Zu Hause
wiederum fällt einem die Decke auf den Kopf und es
verstärkt sich das Gefühl, dass man Chancen, die das
Leben bereit hält, versäumt. Das NAA hat aufgrund
dieser Beobachtungen in den letzten 5 Jahren versucht, neue Möglichkeiten zu schaffen und bestehende Gelegenheiten zu optimieren, bei denen schwule
Senioren mit anderen Menschen in Kontakt kommen
können, sich kennen lernen können. Das ist einfacher
gesagt als getan. Ich gehe auf diese Arbeit weiter unten noch ausführlicher ein.
Weitere zentrale Probleme, die wir festgestellt haben
sind vor allem:
Mein Name ist Marco Pulver und ich möchte mich
zunächst mal für die Einladung zum Fachtag ganz
herzlich bedanken. Ich arbeite beim Netzwerk Anders Altern (NAA), z. Zt. in
der Funktion des Projektleiters. Das NAA ist ein
Projekt der Schwulenberatung Berlin, die schon
seit über 25 Jahren existiert und die größte psychosoziale Versorgungseinrichtung für schwule Männer in
Berlin ist und in vielen verschiedenen Bereichen Angebote für schwule Männer unterhält: abgesehen vom
Thema Alter auch im Bereich Sucht, Behinderung,
HIV/AIDS und der Prävention sex. übertragbarer Krankheiten. Es gibt darüber hinaus kostenlose Rechts-, Renten- und Therapieberatung sowie Beratungen zu allen
anderen denkbaren Problemen. Auch Paarberatungen
werden durchgeführt.
Das NAA ist vor 5 Jahren gegründet worden, ziemlich
auf den Tag dieser Fachveranstaltung genau, nämlich
am 22.4.2003. Es wird seit 3 Jahren finanziert aus Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin und
vom Fachbereich für gleichgeschlechtlichen Lebensweisen. Die Förderung läuft Ende dieses Jahres aus und
ich habe gerade einen Antrag für eine Anschlussfinanzierung formuliert, der hoffentlich bewilligt wird, damit der Aufbau unseres Netzwerks nicht umsonst war.
Schließlich hat sich das Netzwerk inzwischen zum Berliner Kontakt- und Kompetenzzentrum für schwule Senioren entwickelt, mit immerhin ca. 10 Tsd. Nutzerkontakten in den letzten zwei Jahren
1. Mangelnde Gelegenheiten, sich über wichtige Themen mit anderen auszutauschen – das hängt natürlich mit dem Problem der Einsamkeit zusammen. Viele Senioren haben aber ein großes Bedürfnis, ihre Position anderen zu verdeutlichen, sich mit anderen über
Standpunkte zu streiten, neues Wissen zu erwerben
und gelebte Erfahrung mit anderen auszutauschen.
Bei vielen Klienten reduziert sich der Austausch allerdings auf das Gespräch mit dem Arzt – und kreist deshalb um das Thema Krankheit.
2. Die mangelnde Akzeptanz schwuler Senioren in der
Gesellschaft, auch gerade in der schwulen Community ist ein weiteres großes Problem: Die Geringschätzung oder gar Ablehnung des Alters in der Community
verstärkt die bei schwulen Männern oft ohnehin schon
vorhandene Tendenz zur verminderten Selbstakzeptanz, einem verminderten Selbstwertgefühl. Das daraus zuweilen resultierende Verhalten - noch stärkerer
Rückzug, manchmal verbunden mit der Vernachlässi-
Das Motto dieser Runde der Fachtagung heißt: „alt,
älter, aber nicht allein“
Dieses Motto gibt auch der Arbeit des Netzwerks die
maßgebliche Orientierung. Fast alle Angebote, die wir
schwulen Senioren unterbreiten, sind eben auf das Ziel
gerichtet, Menschen mit einander in Kontakt zu bringen, um die Einsamkeit zu überwinden. Nach unserer
Erfahrung ist das Hauptproblem schwuler Senioren in
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Lesben und Schwule – (k)ein Thema in der Altenpflege?
gung der äußeren Erscheinung oder auch mit zunehmender Aggressionen - verschlimmert oft noch die
Situation.
ren. Deswegen sind wir damals recht schnell dazu
übergegangen, zusammen mit den Teilnehmern ein
Programm zu gestalten und dieses Programm auch in
dem Berliner Schwulen- und Lesbenmagazin Siegessäule regelmäßig anzukündigen. Seit dem ist der Gesprächskreis eine Veranstaltung, in der man sich an
einem bestimmten Tag in der Woche über jeweils ein
vorher angekündigtes Thema austauscht – manchmal
auch in Gegenwart eines Experten, falls es aufgrund
des Themas sinnvoll erscheint.
Seit 2 Jahren ist jede Veranstaltung mit 20 und 30 Teilnehmern gut besucht. Die Teilnehmerzahl mag manchem vielleicht sogar zu groß erscheinen für einen guten Austausch zwischen den Besuchern. Aber der Gesprächskreis soll ja auch ein Ort sein, wo man Menschen trifft, aus denen gute Bekannte oder Freunde
werden können und wo man sich auch „präsentieren“
kann oder eine Erfahrung von Gemeinsamkeit macht –
und da ist es natürlich erfreulich, wenn der Saal fast
überfüllt ist. Außerdem können sich Besucher, die neu
hinzukommen oder weniger gesprächsgeübt sind, in
den hinteren Reihen „verstecken“ – und diese Möglichkeit ist offenbar vielen Teilnehmer auch sehr wichtig.
Wir haben z.B. im März 2008 Rosa von Praunheim als
Gast gehabt, der die Teilnehmer mit seiner offensiven
Art provoziert hat, über ihr Sexualleben offen miteinander zu reden – und es war für viele auch sehr anregend und sehr spannend, sich mit einer prominenten
schwulen Person aus dem Kulturleben zu unterhalten
- die ja inzwischen auch schon über 60 Jahre alt ist –
die aber mit vielen Problemen, die die Teilnehmer des
Gesprächskreis z.T. auch haben, doch ganz anders
umgeht, als die meisten Besucher der Veranstaltung.
Aus dem Gesprächskreis heraus haben sich, wie
gesagt, fast alle übrigen Angebote des NAA entwikkelt – zunächst vor allem der Mobile Salon, ein ehrenamtlicher Besuchsdienst für diejenigen Senioren, für
die die Teilnahme am Gesprächskreis nicht in Frage
kommt, z.B. wegen Behinderung oder für all jene
Männer, die einen zusätzlichen Bedarf an Kontakte
haben. Zur Zt. besuchen und begleiten etwa 40 Männer und Frauen aller Altersgruppen ca. 20 schwule
Männer im Alter zwischen 60 und 80
(3.) Ein weiteres Problem: fehlende transgenerative
Kontakte, der fehlende Generationendialog: Viele Klienten, die eine Beratung in Anspruch nehmen, haben
keine Beziehungen zu jüngeren Menschen und oft
auch ein gestörtes Verhältnis zu Kindern. Wenn sie
überhaupt über einen Bekanntenkreis verfügen, dann
besteht dieser Kreis aus Gleichaltrigen, so dass die
Probleme des Alters sich in Gesprächen unter Freunden bzw. Bekannten eher noch verstärken. Es fehlt an
alternativen Perspektiven, und der Kontakt zu einer
sich verändernden Welt geht mit dem fehlenden Kontakt zu Jugend auch eher verloren.
Die Angebote, die wir inzwischen entwickelt haben,
um den genannten Problemen begegnen zu können,
haben also zum Ziel
(1.) Mobilität zu erhalten oder zu fördern
(2.) Einsamkeit zu reduzieren – u. zwar durch die
Schaffung von Möglichkeiten zur Bildung neuer privater Hilfsnetzwerke, m.a. W. wir versuchen Vorraussetzungen zu schaffen, damit sich stabilere Bekanntschaften und Freundschaften – möglichst auch zwischen Älteren und Jüngeren – ausbilden können
(3.) Unser Ziel ist auch einen Austausch von Erfahrungswissen zu ermöglichen und für die Senioren relevantes und zugleich aktuelles, gesellschaftlich bedeutsames Wissen zu vermitteln
(4.) Außerdem zielen unsere Angebote darauf ab, die
Akzeptanz und Selbstakzeptanz (das Selbstwertgefühl) schwuler Senioren zu steigern
Die Angebote des NAA, die ich jetzt kurz skizzieren
möchte, sind alle samt aus zwei Angeboten hervorgegangen, die eben unsere ersten Angebote für schwule Senioren waren, als wir das Netzwerk gründeten.
Dazu gehört zunächst die psychosoziale Beratung
und, vielleicht noch wichtiger, der Gesprächskreis
Anders Altern, offen für Männer aller Altersgruppen
und dennoch ein Treffpunkt insbesondere für Männer
ab 55. Der Gesprächskreis ist ein eher niedrigschwelliges Angebot – heute noch eher als bei der Gründung
des Kreises. Damals hatten sich nur 3 oder 4 Männer
getroffen und über ihre privaten Probleme unterhalten. Nur wenige haben aber die Geduld, sich die
Probleme der anderen über eine längere Zeit anzuhö-
Aus dem Gesprächskreis heraus gab es auch den Anstoß für unser Wohnprojekt, die Regenbogenvilla, ein
intergeneratives Wohnprojekt, in dem ca. 25 schwule
Senioren ohne Angst vor Diskriminierung und in gelebter Nachbarschaft mit anderen Senioren aber auch
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Lesben und Schwule – (k)ein Thema in der Altenpflege?
jüngeren und Frauen leben können. Die Regenbogenvilla ist inzwischen konzeptionell integriert in ein noch
größeres Haus-Projekt, in dem auch die gesamte Schwulenberatung, sowie Zuverdienstprojekte und eine therap. Wohngemeinschaft für schwule und bisexuelle
Männer mit dementiellen Erkrankungen untergebracht
werden sollen. Schon seit 2 Jahren trifft sich regelmäßig
eine Gruppe von Männern und Frauen, um das gemeinsame Wohnen in diesem Haus zu planen bzw. zu
diskutieren.
Außerdem haben wir eine Gruppe namens Hausmannskost55+ gegründet, in der schwule Senioren einmal wöchentlich gemeinsam das Abendessen vorbereiten und
auch zusammen einnehmen – auch schon als Vorbereitung auf das gemeinsame Wohnen in der Regenbogenvilla.
Aus dem Gesprächskreis heraus haben sich auch unsere Ausflugs- und Reiseangebote entwickelt. Wir sind
inzwischen mit vielen schwulen Senioren - immer für
mehrere Tage – verreist, z.B. nach Krakau, Warschau
und Barcelona gefahren. Erst gestern sind wir zurück
gekommen von einer dreitägigen Reise nach Wismar an
der Ostsee. Und wir machen jedes Jahr viele Ausflüge
innerhalb Berlins und in die Umgebung Berlins –organisiert ist für Aug. 08 schon eine Reise nach Reykijavik.
Auf den Reisen lernen sich die Senioren natürlich
noch viel besser kennen als im Gesprächskreis – man
verbringt viel Zeit miteinander und gewinnt Fähigkeiten zurück, die bei vielen kaum noch vorhanden sind,
z.B. sich aufeinander abzustimmen, sich zu verabreden, Kompromisse zu schließen (z.B. bei der Auswahl
der Ausflugsziele u.s.w.)
blemen einzurichten und eine therapeutische Wohngemeinschaft speziell für Männer mit dementiellen Erkrankungen zu gründen – die Konzepte sind schon fertig und zumindest die Demenz-Kranken-WG soll möglichst noch dieses Jahr verwirklicht werden, spätestens
aber zusammen mit der Regenbogenvilla, dem schon
erwähnten transgenerativen Wohnprojekt, dass nun
verwirklicht werden kann, nachdem die Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin sich bereit erklärt hat,
einen Großteil der Kosten zu übernehmen.
Ich wollte noch kurz von dem jüngsten Angebot berichten, nämlich einer Modenshow, die am 5. April im
Deutschen Theater mit viel Erfolg stattgefunden hat.
Die Models waren ausschließlich im Alter von über 40
Jahren, viele über 60 Jahre alt und das älteste Model,
Gottfried, hatte eine Woche zuvor seinen 80. Geburtstag gefeiert.
Das war durchaus ein wichtiges Angebot für immerhin über 40 Teilnehmer, die – meist zum ersten Mal in
ihrem (schon langen) Leben – als Model in Erscheinung treten konnten, nachdem sie zuvor in vielen Proben verschiedene Choreographien gemeinsam einstudiert hatten. Die Modenschau „gay not grey“ war
ein Angebot, dass ich realisiert habe, weil ich darin
eine Chance gesehen habe, die Selbstakzeptanz und
das Selbstwertgefühl bei schwulen Senioren bzw. älteren schwulen Männern zu steigern. Immerhin konnten 10 Berliner Modemacher dazu motiviert werden,
speziell für unsere Senioren (z.T. sehr ausgefallene)
Kleidung zu entwerfen, speziell für diese Modenschau.
Und es hat den Teilnehmern, aber auch den Zuschauern, sichtlich gut getan, zu sehen, dass man auch mit
80 noch attraktiv und interessant aussehen kann und
im Rampenlicht stehen kann. „We can too!“ (Das können wir auch!) war das Motto einer der teilnehmenden Modemacher der Show. Das bezog sich z.B. auf
seine Hochzeitskleider für ältere schwule Männer.
Aber ebenso drückte der Slogan das Gefühl vieler
schwuler Senioren aus, die an diesem Event teilnahmen, als Model oder als Besucher – eben auch noch
im Alter dazuzugehören, nicht ausgeschlossen zu
sein, beachtet zu werden. Die Modenshow war ein
großer organisatorischer Aufwand, aber es hat sich
gelohnt. Und ich hoffe, ich konnte damit Anstoß gegeben für weitere ähnliche Projekte in Zukunft – vielleicht ja auch für lesbische Seniorinnen.
Aus dem Gesprächskreis Anders Altern ist auch ein zeitlich begrenzter Gesprächskreis zum Thema Männerfreundschaft 50+ hervorgegangen, der noch mal gesondert in jeweils 10 Sitzungen einen Austausch der Teilnehmer über ihre Erfahrungen und Wünsche in Bezug
auf Freundschaft ermöglicht, verbunden mit einem gemeinsamen Frühstück. Dieser Gesprächskreis soll in
gewissen Abständen wiederholt werden.
Wir haben seit über einem Jahr auch eine Gymnastikgruppe, die ehrenamtlich angeleitet wird und wo Senioren ihre Beweglichkeit erhalten und trainieren können, die Übungen werden auf einen kleinen Kreis von
Teilnehmern zwei mal wöchentlich sehr individuell abgestimmt.
Außerdem haben wir vor, ein Betreutes Einzelwohnen
für schwule Männer mit gerontopsychiatrischen Pro-
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
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Lesben und Schwule – (k)ein Thema in der Altenpflege?
RuT - Rad und Tat e.V.
und der Besuchsdienst „Zeit für Dich“
für frauenliebende Frauen
Jutta Brambach
Das RuT – Rad und Tat e.V. – Offene Initiative lesbischer Frauen richtet sich als Beratungsund Kulturzentrum für Lesben an Frauen in jedem Alter.
Zwei unserer Arbeitsschwerpunkte sind die Arbeit mit älteren Lesben und mit behinderten Frauen.
– Das hängt mit der Entstehungsgeschichte zusammen: das RuT wurde vor 20 Jahren von einer Gruppe älterer und behinderter Lesben gegründet. – Generell sprechen wir mit unseren Angeboten aber bewusst alle
Frauen an; alle Generationen sind im RuT vertreten. Unser Prinzip ist es, unsere Angebote so zu gestalten,
dass sowohl ältere Frauen als auch Frauen mit Behinderungen/Einschränkungen daran teilnehmen können.
Denn unsere Erfahrung ist, dass ältere Frauen nicht nur mit Alten zusammentreffen wollen, Behinderte nicht
nur mit Behinderten zusammen sein möchten. Im Gegenteil, die Frauen finden es in der Regel ausgesprochen
angenehm, unterschiedlichste Frauen anzutreffen.
Besucherinnen mit einer Behinderung oder ältere Frauen kommen nicht vor allem deshalb ins RuT, weil sie
sich mit ihrer Behinderung oder mit ihrem Älterwerden, ihrer möglichen Versorgung usw. beschäftigen wollen.
Das kann zwar ein Grund sein – und dafür haben wir auch immer wieder spezielle Angebote und Gruppen. Aber
sie kommen vor allem, weil sie an Freizeit- oder kulturellen Veranstaltungen teilnehmen wollen, sich Freizeit,
Spaß, Kontakt zu anderen wünschen. Ihr Leben macht vieles aus, nicht nur das eine Merkmal Behinderung
oder Alter. Die Möglichkeiten, Frauen anderer Altersgruppen zu treffen, sind für viele oft eingeschränkt. Ziel
unseres generationenübergreifenden Konzeptes ist es, diese Begegnung zu fördern.
Dazu bietet das RuT eine Reihe von Möglichkeiten:
Zum Beispiel mit niedrigschwelligen Freizeit- und Kulturangeboten. Die können in der Regel ohne vorherige
Anmeldung besucht werden und erfordern keine regelmäßige Teilnahme.
Dazu gehören: das Lesbenfrühstück, Doppelkopf-Abende, Doppelkopflerngruppe, Infocafé und Filmabende
mit Lesben- und Frauenfilmen, Spielenachmittage, das Gebärden-Café „Sprechende Hände treffen sich“ - ein
Begegnungsangebot für gehörlose und hörende Lesben, Outdoor-Veranstaltungen wie Wanderungen, Fahrrad- und Paddeltouren, Tages- und Städtetouren und Spaziergänge.
Die Outdoor-Veranstaltungen sind so konzipiert, dass ältere oder gehbehinderte Frauen mitkommen können:
Das Tempo wird angepasst an die Fähigkeiten der Frauen, Gepäck wird transportiert, Wege entsprechend geplant.
Psychosoziale Einzel- und Paarberatung, Beratung für Frauen mit Behinderung, angeleitete Gruppen wie
Coming-out Gruppen für ältere Frauen und themenzentrierte Workshops vervollständigen das Programm.
Im Winterhalbjahr 2007/2008 bot eine Veranstaltungsreihe Workshops, Informationsveranstaltungen und Filme rund um das Thema Alter und Behinderung.
Ein Projekt des RuT ist der Besuchsdienst „Zeit für Dich“.
Der Besuchsdienst richtet sich an Lesben im Alter und an Lesben mit einer Körperbehinderung. Ehrenamtliche
Frauen besuchen ältere Frauen in ihrer Wohnung oder im Heim, bieten Gespräche, Austausch und Kommunikation, gehen mit ihnen zusammen zu Veranstaltungen ins RuT, ins Café, zu kulturellen Veranstaltungen
soweit das möglich ist oder gehen mit ihnen spazieren.
Idee des Besuchsdienstes ist es, den Kontakt zu anderen Lesben und zur Community zu erhalten, bzw. wieder
herzustellen, wenn der verloren gegangen ist.
Im Juni 2005 nahm der Besuchsdienst dank der Förderung durch die ARD-Fernsehlotterie „Ein Platz an der
Sonne“ den Betrieb auf. Dem offiziellen Start voran gingen eineinhalb Jahre ehrenamtlicher Planungs- und
Vorbereitungszeit.
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Lesben und Schwule – (k)ein Thema in der Altenpflege?
Finanziert wird der Besuchsdienst durch die ARD-Fernsehlotterie mit rund 34.000.- Euro pro Jahr bis
Ende Mai 2008. Ab Juni wird der Besuchsdienst mit 20.000.- Euro vom Fachbereich für gleichgeschlechtliche Lebensweisen, Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales weiterfinanziert.
Das ist zwar für den Umfang des Besuchsdienstes zu wenig, aber dennoch ein Erfolg. Wir freuen uns
für die besuchten und die ehrenamtlichen Frauen, dass der Besuchsdienst sein Angebot aufrecht erhalten kann.
Inzwischen erreichen wir durch die Werbung, die wir kontinuierlich seit dem Beginn machen – mit unseren
Flyern, Plakaten und in den Medien – auch Frauen, die nicht offen lesbisch leben und Frauen, die nicht in Lesbeneinrichtungen gehen, sich der Community nicht zugehörig fühlen. Zu ihnen bekommen wir über Sozialarbeiterinnen anderer Einrichtungen Kontakt oder sie melden sich auf die Werbung von uns.
Bevor eine Frau in den Besuchsdienst aufgenommen wird, sei es als Ehrenamtliche oder als Frau, die besucht
werden möchte, führen wir ein Aufnahmegespräch. In dem ausführlichen Gespräch wird abgeklärt, ob die Frau
aufgenommen wird oder nicht, ob sie besucht werden kann oder nicht. Danach erst wird die Vermittlung vorgenommen.
Seit Beginn des Besuchsdienstes führen wir für die ehrenamtlichen Frauen regelmäßig Schulungen und Aus tauschtreffen/Gruppensupervision durch, in denen sie für ihre Aufgabe qualifiziert und geschult werden sowie
Unterstützung und Austausch für ihre Tätigkeit erfahren. Inhalte waren beispielsweise: Alterserkrankungen,
Umgang mit Demenzerkrankten, Methoden der Altenarbeit wie Validation, Biografiearbeit, Anwendung von
Aromaölen in der Arbeit mit alten Menschen, Rollstuhlschiebetraining, Erste Hilfetraining.
Die Erfahrungen zeigen, dass Fortbildung und professionelle Begleitung notwendige Bestandteile ehrenamtlicher Tätigkeit sind. Zum einen wird auf diese Weise eine der Arbeit angemessene Qualität gewährleistet, zum
anderen stellt die Tätigkeit im Besuchsdienst mitunter eine erhebliche Herausforderung für die ehrenamtlichen Frauen dar. Allein der Umgang mit dem Heimalltag in den Heimen, in denen Frauen betreut werden, ist
für die meisten Ehrenamtlichen eine neue, oft nicht einfache Erfahrung. Um über diese Erfahrungen sprechen
zu können, sind die regelmäßigen Austauschtreffen wichtig.
Bewährt hat sich die Einrichtung des Besuchsdienst-Cafés.
Idee des Cafés, das wir gleich zu Beginn des Projektes eingerichtet haben, ist es, einen Kommunikationsort für
alle am Besuchsdienst beteiligten Frauen, auch für die besuchten, zu schaffen. All dies soll den Zusammenhalt
und den Netzwerkgedanken fördern. Darüber hinaus ist das Café eine Anlaufstelle für interessierte Frauen.
Heute sind rund 45 Ehrenamtlerinnen im Besuchsdienst dabei und rund 20 Frauen, die besucht werden.
Die Tendenz der Anfragen ist weiter steigend, je länger der Besuchsdienst existiert und je bekannter er wird.
Weitere Ehrenamtlerinnen waren, bzw. sind zeitweise unterstützend in der Koordination und der Öffentlichkeitsarbeit aktiv. Hinzu kommen Anfragen und die Begleitung von Frauen, die wir weiter vermittelt haben an
andere Einrichtungen sowie Frauen, die in der Zwischenzeit wieder ausgeschieden sind.
Bewährt haben sich die Einbindung und die enge Zusammenarbeit mit dem RuT als Einrichtung. Mit dem RuT
als Rahmen können wir ergänzend viele Angebote machen:
•
•
•
Wir können Beratung anbieten, wenn das erforderlich ist
Wir können den Frauen viele Möglichkeiten bieten, mit anderen in Kontakt zu kommen:
über unsere Gruppen, wie die Coming-out Gruppen für ältere Frauen,
Veranstaltungen zum Thema Alter und Älterwerden, Gesprächsgruppen, themenzentrierte Gruppen,
oder die Freizeitaktivitäten, die ich am Anfang vorgestellt habe.
Im Verlauf der letzten drei Jahre haben wir mit unserem Besuchsdienst einige Erfahrungen mit Senioreneinrichtungen gesammelt.
Unser Eindruck ist, dass in der Regel kein Bewusstsein dafür besteht, dass nicht alle Seniorinnen und Senioren heterosexuell sind. Die Einrichtungen wissen oft nicht, ob Lesben oder Schwule in ihrem Heim leben,
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Lesben und Schwule – (k)ein Thema in der Altenpflege?
bzw. von ihnen betreut werden. Das Interesse, dies herauszufinden, scheint nicht besonders hoch zu sein. Andere Biografien sind kein Thema.
Schwierig ist es nach wie vor, Frauen in den Senioreneinrichtungen zu erreichen. In der Regel besteht Kontakt
durch die Initiative einzelner engagierter Sozialarbeiterinnen/Seniorenbetreuer.
In den Seniorenheimen wird unsere Werbung oft nicht ausgelegt oder weitergereicht. Wir haben erlebt, dass unsere Flyer gar nicht erst angenommen werden. Andere Informationen für Lesben und Schwule liegen auch nicht
aus (Siegessäule, Balsam-Magazin, Flyer von Beratungseinrichtungen wie dem RuT, der Schwulenberatung…)
Im Alter nimmt die Rückschau auf das eigene Leben immer mehr Raum ein. Dann kommen oft auch verdrängte Erlebnisse an die Oberfläche. Darüber können die Frauen (ebenso wie die Männer) mit niemandem reden.
Sie bleiben allein damit, ein wesentlicher Teil ihres Lebens bleibt ausgespart. Analog zu interkulturellen Ansätzen in der Seniorenarbeit ist es auch im Hinblick auf Menschen mit einer gleichgeschlechtlichen Lebensbiografie notwendig, entsprechend geschult und sensibilisiert auf sie einzugehen. Diskriminierungserfahrungen haben das Leben vieler, besonders älterer Lesben und Schwuler geprägt. Die Angst, in einer abhängigen Situation (in einem Seniorenheim) mit Diskriminierung und Ablehnung von MitbewohnerInnen und Pflegepersonal konfrontiert zu sein, hindert ältere Menschen daran, sich offen zu ihrer Lebensweise zu bekennen.
Die Folge sind eine noch stärkere Isolation und Einsamkeit. Um hier Abhilfe zu schaffen, müssten die Möglichkeiten, neue Kontakte zu anderen Lesben und Schwulen zu knüpfen, aktiv in den Senioreneinrichtungen
gefördert werden.
Die von uns oft gehörte Aussage „bei uns sind alle gleichermaßen willkommen, egal wie sie leben“ reicht nicht
aus. Sie weist eher auf einen unreflektierten Umgang mit Menschen anderer Kulturen und Lebensweisen hin.
Wir sind froh, dass in dem Besuchsdienst lesbische Frauen aktiv sind, die sich in die älteren und alten frauenliebenden Frauen einfühlen können. Durch den Kontakt zu den meist offen lesbisch lebenden Frauen eröffnet sich
für die Seniorinnen die Chance, sich im Alter doch noch jemandem anvertrauen und von ihrer Liebe zu Frauen
erzählen oder über Diskriminierungserfahrungen sprechen zu können. Sie können über Erlebnisse und Gefühle
sprechen, über die sie vielleicht noch nie gesprochen haben. Nicht nur im Faschismus, auch in den 50er und 60er
Jahren haben viele Frauen schmerzhafte Diskriminierungserfahrungen machen müssen, sich oft verleugnen müssen. In der Gesellschaft der Ehrenamtlichen können die älteren Frauen über ihre Biografie sprechen, ohne
Diskriminierung befürchten zu müssen und sie erfahren ein echtes Interesse an ihrer Lebenserfahrung.
Eine Anmerkung, die vielleicht nachdenklich macht:
Wir hatten im Verlauf des Besuchsdienstes insgesamt vier Anfragen von Senioreneinrichtungen, die uns ansprachen, weil sie interessiert waren, mit uns entweder Pflegeetagen oder ein Wohnhaus für Lesben im Alter
aufzubauen. Die Initiative ging jeweils von einer engagierten Heimleitung aus. Aber immer in dem Moment, in
dem die Verhandlungen konkreter wurden und der Träger der entsprechenden Einrichtung seine Einwilligung
geben musste, eine Einrichtung aufzumachen, die sich öffentlich an lesbische Frauen richtet, wurden die Verhandlungen abgebrochen. In der Konsequenz haben wir begonnen, an einem eigenen Hausprojekt für Lesben
im Alter zu arbeiten.
Öffentlichkeits- und Aufklärungsarbeit sind demzufolge fast zwangsläufig zu einem wichtigen Bestandteil des
Besuchsdienstes geworden. Wir stellen fest, dass es in den Senioreneinrichtungen, aber auch in den Verbänden, zuständigen Stellen und Ämtern kaum Bewusstsein oder Bereitschaft gibt, sich mit Lesben und Schwulen
zu befassen.
Es bedarf kontinuierlicher Werbung, vieler Gespräche, persönlicher Kontakte, um darauf aufmerksam zu machen, dass es unter den Senioren und Seniorinnen auch viele mit einer anderen Lebensform gibt - gerade hier
in Berlin; Seniorinnen und Senioren, die andere Bedürfnisse haben, - die auch ein Recht haben, dass auf sie
eingegangen wird. Den meisten Menschen ist nicht bewusst, dass Diskriminierung auch durch Ignorieren,
Nichtbeachtung und Verschweigen stattfindet.
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Lesben und Schwule – (k)ein Thema in der Altenpflege?
Seit dem Start des Besuchsdienstes 2005 geben wir begleitend die Aufklärungsbroschüre „Lesben und
Schwule-(k)ein Thema in der Altenpflege“ heraus. Wir verteilen sie seitdem an Senioreneinrichtungen und
Institutionen.
Wir arbeiten in einer Reihe von Gremien und Arbeitskreisen mit, um auch in den Vernetzungen der Seniorenarbeit und in den Verbänden präsent zu sein und die Interessen von Lesben dort zu vertreten.
Da wir mit älteren und auch mit behinderten Frauen arbeiten, begleitet uns die Auseinandersetzung mit dem
Thema „Pflege“ immer wieder. Wir stellen jedoch fest, dass es ein eher schwieriges und ungeliebtes Thema
ist. Zwar ist vielen Frauen bewusst, dass sie die Auseinandersetzung damit irgendwann betreffen kann, aber
das wird weit weggeschoben selbst bei älteren Frauen. Im Winterhalbjahr haben wir im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Lesben managen ihre Verschiedenheit-Themen rund ums Alter und um Behinderung“ Informationsabende angeboten. Im Vergleich zu den anderen Veranstaltungen in dieser Reihe gab es bei den Abenden
mit Informationen zur Pflege auffallend wenig Resonanz.
Pflege ist ein unangenehmes Thema. Es konfrontiert mit dem Älterwerden, mit der möglichen eigenen Hilfsbedürftigkeit, mit der Vergänglichkeit. Dieses Phänomen haben wir auch auf der bundesweiten Tagung „Lesben und Alter“ im Herbst 2007 diskutiert. Zwar ist das Thema „Pflege“ immer wieder präsent im RuT, aber als
Frage, die sich mit Angehörigen beschäftigt, mit Freundinnen, die es betrifft. Erst bei eigener Betroffenheit
(eigener Erkrankung, der Pflegebedürftigkeit von Angehörigen oder der Freundin) beginnt die aktive Beschäftigung damit.
Das erleben wir so: Immer wieder und immer häufiger bekommen wir Anfragen, wenn akut Hilfe gebraucht
wird. Nachgefragt wird nach Unterbringungsmöglichkeiten und ambulanter Pflege, nach Beratung zur Beantragung von Pflegestufen, der Organisation von Pflege.
Wir vermitteln bei diesen Anfragen an entsprechende Stellen weiter beispielsweise an die Koordinierungsstellen „Rund uns Alter“ oder Netzwerk ambulante Pflege. Wir sind froh, jetzt auch auf das Asta-Nielsen-Haus
verweisen zu können.
Wir stellen fest, dass viele Frauen ein großes Interesse an dem Thema „Wohnen im Alter“ haben. Das Thema
Wohnen ist im RuT durch den Besuchsdienst präsent, aber auch durch viele der älteren Besucherinnen. Das
Interesse der Frauen hat uns dazu veranlasst, den Treffpunkt Wohnen für Lesben im Alter einzurichten.
Das ist eine offene Zusammenkunft für frauenliebende Frauen, die sich darüber Gedanken machen, wie sie im
Alter leben möchten. Den Treffpunkt gibt es jetzt seit Februar 2006 und wird von uns moderiert.
Inzwischen hat sich ergänzend zu den offenen Treffen eine Arbeitsgruppe gebildet, die gezielt am Aufbau
eines Wohnprojektes arbeitet, die Treffen vorbereitet und Informationen recherchiert.
Hinter dem Interesse an dem Wohnen/Wohnthema steht oft auch der Gedanke, für das Alter vorzusorgen, sich
eine Umgebung zu schaffen, in der frau Unterstützung bekommt, wenn sie alleine nicht mehr richtig zurechtkommt. Die Option, irgendwann eventuell eingeschränkt zu sein, Hilfe zu brauchen, wird an das Thema
„Wohnen“ geknüpft. Das Thema Pflege „versteckt“ sich mitunter hinter dem „Wohnen“.
Damit verbindet sich der Wunsch, im Alter oder im Falle der Hilfsbedürftigkeit nicht allein mit den traditionellen Versorgungsformen konfrontiert zu sein, sondern eine Alternative zu schaffen.
Lesben und Schwule scheinen in der Altenpflege noch immer ein Tabu zu sein:
Wir hoffen sehr, dass unsere Arbeit dazu beiträgt, dass dieser Zustand sich bald ändert.
Am 23./24. Mai 2008 hat das RuT eine bundesweite Fachtagung „Besuchsdienste für Lesben im Alter“ durchgeführt. Die Idee dazu ist auf der Tagung „Lesben und Alter“ im November 2007 entstanden.
Wir haben unsere Erfahrungen weitergegeben und wir wollten mit anderen in einen intensiven Austausch treten zu einzelnen Fragen – auch im Vergleich mit den Niederlanden. Die Tagung war eine Bilanz, ein Resümee
von drei Jahren Besuchdienst und diente der Weiterentwicklung des bisherigen Konzepts.
Zu der Besuchsdienst-Tagung ist eine Dokumentation erschienen. (erhältlich im RuT)
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Lesben und Schwule – (k)ein Thema in der Altenpflege?
Bezirksamt Neukölln von Berlin
Abteilung Finanzen und Wirtschaft
Beauftragte für Menschen mit Behinderung
und RuT – Rad und Tat e.V.
Einladung Fachtag : Lesben und Schwule – (k)ein Thema in der Altenpflege?
Lesbische und schwule Lebensweise als ein Aspekt kultureller Vielfalt
Zielgruppe: Leitung und Fachpersonal der Altenhilfe in Wohn- und Pflegeheimen, Pflege- und Sozialstationen, betreute Wohngemeinschaften, Kurzzeitpflege, Seniorenfreizeiteinrichtungen, Lehrkräfte in Fachhochschulen und Altenpflegeschulen und
Interessierte sind herzlich eingeladen
Termin:
25. April 2008
10-15 Uhr
Ort: Haus des älteren Bürgers, Neukölln, Werbellinstr. 42, 12053 Berlin
10:00
Eröffnung durch Frau Smaldino, Behindertenbeauftragte Neukölln
Grußwort von der Bezirksstadträtin für Bürgerdienste und Gesundheit und stellvertretenden Bürgermeisterin,
Stefanie Vogelsang (angefragt)
10:15
Referate:
Altersdiskriminierung – kein Kavaliersdelikt
Berliner Seniorenpolitik für ältere Lesben und Schwule mit und ohne Migrationshintergrund
Claus Nachtwey, Senatsverwaltung für Integration, Soziales und Arbeit, Landesstelle für Gleichbehandlung –
gegen Diskriminierung, Fachbereich für gleichgeschlechtliche Lebensweisen
Pflege Andersrum
11:45
Kriterien einer lesben- und schwulenrespektierenden Pflege
Bea Trampenau, Pflege Andersrum - Intervention Hamburg e.V.
Pause
Achtung, Respekt und Menschenbilder
Ist es möglich, Auszubildende in der Pflege für die Lebenswelt homosexueller Menschen zu sensibilisieren?
Dipl. Päd. Heide Trautzburg, PMG – Pflege, Management, Gesundheit GmbH, Berlin
Pflegeetage für Schwule und Lesben in Berlin
Kerstin Wecker, Asta-Nielsen-Haus und Christian Hamm, Village e.V.
Älter, alt, aber nicht allein – Arbeit mit Lesben und Schwulen im Alter
Marco Pulver, Netzwerk Anders Altern, Schwulenberatung e.V.,
Jutta Brambach, RuT-Rad und Tat e.V./Besuchsdienst
14:00
Marktplatz
14:00
Büffet
Der Fachtag dient der Information und Sensibilisierung von Leitung und Fachpersonal der Altenhilfe in Wohn- und Pflegeheimen, Pflege- und Sozialstationen, betreuten Wohngemeinschaften, Kurzzeitpflege, Seniorenfreizeiteinrichtungen, Lehrkräften in Fachhochschulen und Altenpflegeschulen und Interessierten.
Das Modellprojekt „Kultursensible Altenhilfe“ hat vor allem die unterschiedlichen Kulturen von MigrantInnen im Blick. Lesben
und Schwule leben ebenfalls in einer sich von der Dominanzkultur unterscheidenden Kultur. Ein kultursensibler Umgang,
sprich: ein Lesben- und Schwulen-respektierender Blick, ist auch in den Angeboten der Altenhilfe dringend vonnöten.
In dieser Fachveranstaltung geht es darum, den Blick zu schärfen für die Bedürfnisse von Lesben und Schwulen im Alter.
Die Referate geben einen Einblick in Modelle und Perspektiven in der Altenpflege für lesbische Seniorinnen und schwule
Senioren.
Der Marktplatz gibt einen Überblick über bestehende Einrichtungen und Initiativen, die sich mit dem Thema beschäftigen.
Der Marktplatz ist von !4:00 –15.30 geöffnet.
Zum Abschluss wird ein Büffet gereicht.
Katharina Smaldino / Jutta Brambach
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Lesben und Schwule – (k)ein Thema in der Altenpflege?
Veranstalterinnen
Teilnehmende Organisationen und Projekte
Bezirksamt Neukölln, Beauftrage für Menschen mit
Behinderung, Katharina Smaldino,
Karl-Marx-Str. 83, 12040 Berlin
Tel: 6809-4168, Fax: 6809-3742
[email protected]
AIDS-Hilfe Potsdam e.V.
Altenpflegeheim Haus Ruth
AWO Bundesverband e.V.
AWO Ida-Wolff-Geriatriezentrum Neukölln gGmbH
BALSAM (Berliner Arbeitskreis Lesben und Schwule im
Alter)
Besuchsdienst „Zeit für Dich“ des RuT-Rad und Tat e.V.
Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, Offener Treff
Frauenliebender Frauen
Bezirksamt Lichtenberg, Seniorenberatung
Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf, Plan-und Leitstelle
Gesundheit und Soziales-Altenhilfekoordinatorin
Bezirksamt Neukölln, Gleichstellungsbeauftragte
BIGHELP e.V.
Can-Vital Pflegedienst
Deutsch-Türkisches Zentrum e.V. Mittenmang
Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe,
Regionalverband Nord-Ost
DRK Seniorenpflegeheim Wedding
Ehm. Selbst. Hauspflege, BV-stellvertr. Sozialausschuss
Elisabeth-Hospiz Berlin
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus
von Berlin
Jahresringe e.V.
Lesbenberatung Berlin e.V.
Paula Panke e.V.
Pflegeberatung
PMG-GmbH, Pflege Management Gesundheit
Praxisgemeinschaft für Musik- u. Psychotherapie
Pro Seniore Residenz
Reha-Steglitz e.V.
Residenz Ambiente
Seniorenamt Friedrichshain-Kreuzberg, Gesprächskreis
älterer Männer
Seniorenvertretung Neukölln
Sozialamt Fachbereich 2, Beratungsstelle für Senioren
und Nicht Erwerbsfähige
SPD-Fraktion Neukölln
Stadtteilzentrum Marzahn Mitte
RuT-Rad und Tat e.V., Jutta Brambach
Schillerpromenade 1, 12049 Berlin
Tel: 030-621 47 53, Fax: 030- 621 47 53
[email protected]
www.lesbischeinitiativerut.de
ReferentInnen
Claus Nachtwey,
Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales
Landesstelle für Gleichbehandlung - gegen
Diskriminierung
[email protected]
www.berlin.de/lb/ads/gglw/
Bea Trampenau, Intervention Hamburg e.V.,
Pflege Andersum
[email protected]
www.lesbenverein-intervention.de
Heide Trautzburg, PMG-Pflege, Management,
Gesundheit GmbH Berlin
Kerstin Wecker, Pflegezentrum Asta-Nielsen
[email protected]
www.haus-asta-nielsen.de
Christian Hamm, Village e.V.
Marco Pulver, Netzwerk Anders Altern
Schwulenberatung Berlin e.V.
www.schwulenberatungberlin.de
Veranstaltungsort
Haus des älteren Bürgers gGmbH
Frau Friedberger, Frau Fritsch-Behrens
Werbellinstr. 42, 12053 Berlin
Tel: 681 80 62, Fax: 681 80 64
[email protected]
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