Pharma-News Nr 130 - Januar 2016

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Nr. 130
THEMENAUSWAHL
Editorial
Weitere Neuheiten
Schöne Festtage!
ZYCLARA®
9
Zur Behandlung der aktinischen Keratose
Neuheiten
ALUCOL® PLUS
ZACTYGIS® SKINCTRL
2
Klingt wie ein Arzneimittel, ist aber keins
COSENTYX® und OTEZLA®
Toller Name!
Wissenswertes
4
Mikrobiome und Mikrobiota
- und Sie punkten beim Scrabble!
TRULICITY®
13
7
15
Erhöhtes Interesse an Darmbakterien –
die heilsame Drecksapotheke
Einmal wöchentlich
In Kürze
Bild des Monats:
Seien Sie vorsichtig…
19
Editorial
Starten Sie entspannt ins neue Jahr
Das Jahr neigt sich dem Ende zu und Sie haben sicherlich alle Hände voll zu tun. Damit Sie
trotzdem Zeit und Musse finden, diese Pharma News in aller Ruhe zu geniessen, geben wir Ihnen
quasi als Jahresendgeschenk einen Monat länger Zeit, um die spannenden Artikel zu geniessen
und zu verdauen. Im März kommen wir dann wieder mit Neuheiten und Hintergrundinformationen.
Viel Spass beim Lesen und alles erdenklich Gute zum neuen Jahr!
Jérôme Berger
Anne-Laure Guntern
Pierre Bossert
Séverine Huguenin
Marie-Théreèse
Guanter Germanier
Elodie Resenterra
Martine Ruggli
Neuheiten
ALUCOL PLUS® (Chondroitinsulfat, Hyaluronsäure, Aluminiumhydroxid)
Was unterscheidet ALUCOL PLUS® von ALUCOL®? Worin liegt der Vorteil des neuen Präparates?
Im nachfolgenden Artikel betrachten wir das neue Präparat genauer.
ALUCOL® ist ein Kombinationspräparat mit Aluminiumoxid und Magnesiumhydroxid, das zur kurzzeitigen symptomatischen Behandlung von Magenbrennen und saurem Aufstossen zugelassen ist.
Erhältlich ist es als Kautabletten und als Gel mit Frucht- oder Pfefferminzgeschmack. Alle drei
Darreichungsformen sind in der SL und werden von der Grundversicherung bezahlt. ALUCOL
PLUS® ist ausschliesslich in Form von Kautabletten verfügbar, als Medizinprodukt und nicht als
Arzneimittel registriert und wird nicht von den Krankenkassen bezahlt. Es wird zur symptomatischen Behandlung der gastro-ösophagalen Refluxkrankheit (GÖRK oder engl. auch GERD, GastroEsophageal Reflux-Disease) und der Hyperazidität (gelegentliche Magenschmerzen und Magenbrennen) angewendet. Mit Chondroitinsulfat, Hyaluronsäure und Aluminiumhydroxid weist ALUCOL PLUS® eine neue Zusammensetzung auf. Gemäss dem Hersteller beruht die Wirkung auf einen
physikalischen Effekt:
• Chondroitinsulfat soll an der gastroösophagalen Schleimhaut anhaften und sie so gegen die aggressive Magensäure schützen
• Hyaluronsäure, in Kombination mit den adhäsiven Eigenschaften von Chondroitinsulfat, soll das Magengewebe
schützen und dessen Wiederherstellung fördern
• Aluminiumhydroxid wirkt als Antazidum
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Nummer 130, Januar 2016
Antazida wie Aluminiumhydroxid neutralisieren die
Magensäure und erhöhen so den pH-Wert des Magens.
Dies fördert wiederum die Magenentleerung, weshalb
ihre Wirkung nur kurz anhält. Zudem begünstigt ein zu
hoher pH-Wert den so genannten „Rebound-Effekt“.
Dieser Effekt beschreibt das Phänomen, dass der Magen
zu verstärkter Säureproduktion angehalten wird, wenn
sich der pH-Wert ausserhalb des natürlichen sauren
Milieus (pH 1 - 5) befindet. Dies erfordert dann eine
wiederholte Anwendung des Antazidums und erklärt,
warum diese Arzneimittelgruppe nur zur symptomatischen Behandlung bei gelegentlichem Magenbrennen
empfohlen ist.1
Behandlung der GÖRK und der Hyperazidität
Hier kommen drei unterschiedliche Arzneimittelgruppen zum Einsatz. Bei leichten Beschwerden werden zunächst Antazida wie z.B. RENNIE®, ALUCOL® und RIOPAN® empfohlen. Sie
werden nach Bedarf bzw. zwischen den Mahlzeiten und zur Nacht eingenommen. Alternativ
können H2-Antihistaminika - wie z.B. ZANTIC®
und Generika eingesetzt werden - mit vergleichbarer Wirksamkeit wie die der Antazida.
Die H2- Antihistaminika wirken aber nicht nur
symptomatisch, sondern auch prophylaktisch
als Erhaltungstherapie. Bei schweren Beschwerden kommen Protonenpumpenhemmer (PPI)
zum Einsatz: ANTRA® und Generika (in OTC
ANTRAPRO® und OMED ANTACID SANDOZ®),
PANTOZOL® und Generika (in OTC PANTOPRAZOL ANTACID SANDOZ®, PANTOZOL CON4
TROL®).
Chondroitinsulfat kommt bekannterweise bei Arthrose
zum Einsatz. Wenngleich dessen Wirksamkeit in dieser
Indikation noch nicht klar etabliert ist, wird es breit
eingesetzt und ist z.B. in STRUCTUM® oder CONDROSULF® enthalten.2,3 Die Anwendung zur
symptomatischen Behandlung des gastroösophagalen Reflux und der Hyperazidität hingegen ist
nur sehr spärlich dokumentiert. Trotz intensiver Nachforschung haben wir keine seriösen
Unterlagen über den Wirkmechanismus des Chondroitinsulfats im Magen und auch keine
wissenschaftliche Studie gefunden, die dessen Wirksamkeit bei Magenbeschwerden untermauern
würde. Auch der Hersteller hat uns trotz Nachfrage keine Studien zukommen lassen. In diesem
Sinne fällt es uns schwer, die Wirksamkeit von ALUCOL PLUS® beurteilen. Wir denken, dass dieses
Medizinprodukt keinen Vorteil im Vergleich zu ALUCOL® bringt.4
ALUCOL PLUS® ist erhältlich als Kautabletten. Die Dosierung beträgt eine bis zwei Tabletten nach
den Hauptmahlzeiten und zur Nacht, oder bei Bedarf beim Auftreten von Symptomen wie
Schmerzen und Brennen im Magen. Mangels Studien wird das Präparat nicht empfohlen bei
schwangeren und stillenden Frauen ohne vorherige Absprache mit dem behandelnden Arzt. Es ist
kontraindiziert bei Niereninsuffizienz. Der Hersteller gibt keine Information betreffend seiner
Anwendung bei Leberinsuffizienz. Die wichtigste unerwünschte Wirkung ist Verstopfung aufgrund
der adstringierenden Wirkung von Aluminium.5 In Bezug auf Wechselwirkungen kann Aluminium
die Aufnahme anderer Arzneimittel (wie z.B. Tetrazykline) beeinträchtigen und somit deren Wirksamkeit vermindern.
Medizinprodukt versus Arzneimittel
Zur Erinnerung: In den PN Nr. 88 im Januar 2011 hatten wir die Unterschiede zwischen Arzneimitteln (wie ALUCOL®) und Medizinprodukten (wie ALUCOL PLUS®) näher betrachtet. Für den Hersteller hat die Vermarktung von Medizinprodukten verschiedene
Vorteile: Er erspart sich so die teure, von Swissmedic erteilte Genehmigung für die Vermarktung als Arzneimittel und muss somit
auch die Wirksamkeit des Präparates nicht beweisen. Der Preis ist frei, Werbung ist erlaubt und die Vertriebsmöglichkeiten sind
breiter (als z.B. im Supermarkt).
1
ème
Pharmacologie médicale, Michael Neal, 3 édition de Boeck
Analgésiques, CQ 2014, pharmaSuisse
3
www.swissmedicinfo.ch
4
Système gastro-intestinal, CQ 2014, pharmaSuisse
5
www.melisana.ch/images/alucol_plus.pdf
2
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ALUCOL PLUS® - wichtig für die Beratung:
Medizinprodukt mit Aluminiumhydroxid, Hyaluronsäure und Chondroitinsulfat zur symptomatischen Behandlung von Magenbrennen und Magenschmerzen
Pharma-News hat keine seriösen Unterlagen zum Wirkmechanismus und zur Wirksamkeit
des Chondroitinsulfats in dieser Indikation gefunden. Das Präparat bringt möglicherweise
keinen Vorteil im Vergleich zu ALUCOL®.
Nicht kassenzulässig, der Verkaufspreis ist frei
Erhältlich als Kautabletten
Ein bis zwei Tabletten nach den Hauptmahlzeiten und zur Nacht, oder bei Bedarf
COSENTYX® (Secukinumab) und OTEZLA® (Apremilast):
Neue Arzneimittel zur Behandlung der Psoriasis
Bei der Psoriasis (Schuppenflechte) handelt es
sich um eine gutartige, nicht ansteckende,
chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung,
bei der in erster Linie die Haut betroffen ist. 95%
der Betroffenen leiden an der gewöhnlichen
Schuppenflechte (Psoriasis vulgaris, im angloamerikanischen Sprachraum auch als Psoriasis
vom Plaque-Typ bezeichnet), die an runden
oder ovalen, geröteten oder schuppenden
Herden an der Hautoberfläche erkennbar ist.
Diese Hautveränderungen können den ganzen Körper betreffen, die am häufigsten befallenen
Stellen sind jedoch die behaarte Kopfhaut, die Ellbogen, die Kniestreckseiten, die Kreuzbandregion
und die Analfalte.
Bei etwa zwei Dritteln aller Betroffenen tritt zusätzlich Nagelpsoriasis auf, d. h. Finger- und
Zehennägel bekommen kleine Dellen, werden
dicker oder verformen sich. Rund 20% der
Erkrankten leiden zusätzlich an Psoriasis-Arthritis, einer schmerzhaften und die Bewegung
einschränkenden Entzündung der Gelenke.
Die Plaque-Psoriasis äussert sich typischerweise in
symmetrisch auftretenden, scharf begrenzten, hellroten,
erhobenen Plaques, die von silbernen Schuppen bedeckt
sind. Typischerweise betroffene Stellen sind die Ellenbogen,
die Knie und die Kopfhaut. Juckreiz, ein Brennen und
Schmerzen sind weitere Symptome und das Kratzen
verschlimmert die Erkrankung zusätzlich.
Psoriasis gilt als eine der häufigsten und am meisten verbreiteten Hautkrankheiten. Betroffen sind
etwa 2% (zwischen 0.1 und 5%) der Weltbevölkerung, Männer etwas häufiger als Frauen. Sie kann
sowohl im Kindes- als auch im Erwachsenenalter auftreten. Die wichtigsten verursachenden Faktoren sind erbliche Anlagen, Immunreaktionen und bestimmte Auslöser wie Infektionskrankheiten,
Arzneimittel, hormonelle Faktoren, Stoffwechselstörungen, Stress, psychische Faktoren, Alkohol,
Nikotin, umweltbedingte Einflüsse, Verletzungen (z.B. Sonnenbrand), mechanische Reizungen u.a.
Die Bildung der typischen geröteten oder schuppenden Herde an der Hautoberfläche ist auf eine
zu schnelle Erneuerung der Oberhaut zurückzuführen. Die Zellen in den Herden erneuern sich in
nur acht Tagen, während dieser Vorgang bei der gesunden Haut 28 Tage dauert. Durch den unvollständigen Verhornungsprozess entstehen silbrig glänzende Schuppen. Die betroffenen Hautstellen
trocknen aus, und es können Blutungen auftreten. 6,7 Die Erkrankung ist meist nicht lebensbedroh6
Prescrire, Idées-Forces, janvier 2014, Psoriasis en bref
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lich, dennoch ist sie mit einem erheblichen persönlichen Leidensdruck, sozialer Stigmatisierung
und einer deutlich beeinträchtigten Lebensqualität der Patienten assoziiert. Der Verlauf der
Psoriasis ist variabel und schwer vorhersagbar. Die Krankheit verläuft meist in Schüben, die sich
mit ruhigeren Phasen abwechseln.
Therapien: Es ist bis heute nicht möglich, Psoriasis zu heilen. Es gibt jedoch viele therapeutische
Optionen, die es ermöglichen, die Häufigkeit und den Schweregrad der Schübe so weit reduzieren,
dass die Patienten ein weitgehend normales Leben führen können. Die Therapieauswahl hängt
von der Art der Psoriasis, der Ausdehnung, dem Schwerwergrad und dem Verlauf der Krankheit,
sowie vom Alter, Geschlecht und den Lebensumständen der Patienten ab. Die Versorgung der
Krankheit umfasst die Anwendung folgender Therapien, die oftmals kombiniert werden:
Lokale Therapien mit Salben bei leichten, wenig invalidisierenden Formen, z.B.:
o
weichmachende Salben (ANTIDRY®, BEPANTHOL®, usw.) zur regelmässigen Pflege
und zur Wiederherstellung der Hautbarriere
topische Glucocorticoide, allein oder in Kombination mit Vitamin-D3-Analoga
o
(DAIVOBET®, XAMIOL®)
o
Vitamin-D3-Analoga (SILKIS®, CURATODERM®)
o
Salicylsäure, teerhaltige Salben usw.
Phototherapie (äussere Behandlung mit Licht) bei mittelschweren und schweren Formen:8
o
besonders bewährt haben sich gegenüber der traditionellen Breitband-UV-B-Therapie die selektive UV-Phototherapie (SUP) mit UV-B-Licht der Wellenlänge 311 nm:
zwei bis drei Sitzungen pro Woche über mehrere Monate
o
PUVA-Therapie: kombinierte Applikation von synthetisch hergestellten Psoralenen
(nicht mehr erhältlich in der Schweiz) und UVA-Licht, die lokal in Form einer Badeoder Creme-PUVA-Therapie, beziehungsweise oral als systemische PUVA-Therapie
erfolgt: drei Sitzungen pro Woche über 6 - 8 Wochen
Systemische Therapien bei schwersten Formen, z.B.:
o
Methotrexat per os (METHOTREXAT®) oder subkutan (METOJECT®): zytostatisch und
antirheumatisch wirksam, hemmt Methotrexat auch die bei der Psoriasis überschiessende Zellproliferation
o
Ciclosporin (SANDIMMUN®): Das Immunsuppressivum sollte nur in schweren, therapieresistenten Fällen und nicht länger als zwei Jahre eingesetzt werden
o
Acitretin (NEOTIGASON®): das Retinoid kommt lediglich zur Behandlung schwerster
therapieresistenter Verhornungen, wie bei erythrodermatischen und pustulösen
Formen zum Einsatz. Bei gebärfähigen Frauen sind wegen der teratogenen Eigenschaften zudem monatliche Schwangerschaftstests und Verhütung bis zwei Jahre
nach Absetzen der Therapie erforderlich.
o
Biologicals wie TNF-α-Blocker (HUMIRA®, ENBREL®, REMICADE®), Ustekinumab
(STELARA®) und Secukinumab (COSENTYX®)
o
Apremilast (OTEZLA®): erstes Arzneimittel einer neuen Klasse zur gezielten Therapie
der mittelschweren und schweren Plaque-Psoriasis und der psoriatischen Arthritis
(siehe Kasten). Apremilast gehört zu den sog. niedermolekularen Verbindungen. Als
niedermolekulare Verbindung (englisch small molecule, dt. „kleine Moleküle“) wird
7
SSPh, CQ, Psoriasis, 12.2012
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eine Klasse von Stoffen mit niedriger Molekülmasse bezeichnet. Der Begriff „small
molecules“ dient in der pharmazeutischen Praxis englischsprachiger Länder primär
zur Abgrenzung von Biologika, bei denen es sich meist um Proteine und damit um
sehr „grosse Moleküle“ handelt.
Mit COSENTYX® und OTEZLA® wurden zwei neuartige Arzneimittel zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis zugelassen, die auf eine andere
systemische Therapie nicht angesprochen haben, eine solche nicht vertragen, oder wenn eine
solche kontraindiziert ist.
COSENTYX® (Secukinumab) ist ein monoklonaler Antikörper, der selektiv an das proinflammatorische Zytokin Interleukin-17A (IL-17A) bindet und es neutralisiert. Secukinumab wirkt gezielt auf
IL-17A und hemmt dessen Interaktion mit dem IL-17-Rezeptor, der auf verschiedene Zelltypen,
einschliesslich Keratinozyten, exprimiert wird. Als Folge hemmt Secukinumab die Freisetzung von
proinflammatorischen Zytokinen, Chemokinen und gewebeschädigenden Mediatoren und
reduziert die IL-17A-vermittelte Beteiligung an autoimmunen und entzündlichen Erkrankungen.8
COSENTYX® ist erhältlich als Fertigspritze oder als Fertigpen mit jeweils 150 mg Wirkstoff (zwei
Spritzen pro Packung). Die empfohlene Dosis beträgt 300 mg als subkutane Injektion mit
Startdosen in den ersten fünf Wochen, gefolgt von monatlichen Erhaltungsdosen ab der 6. Woche.
Jede 300-mg-Dosis wird in Form von zwei subkutanen Injektionen zu je 150 mg verabreicht, wobei
Hautbezirke, die Anzeichen der Psoriasis aufweisen, als Injektionsstellen zu vermeiden sind. Die
am häufigsten beobachteten unerwünschten Wirkungen hängen mit der immunsuppressiven
Wirkung von COSENTYX® zusammen: Infektionen der oberen Atemwege, oraler Herpes,
Rhinorrhöe. Seltener können auch orale Candidosen auftreten, die eine Dosisreduktion von 300
mg auf 150 mg erfordern.9 Die monatlichen Kosten nach dem ersten Behandlungsmonat betragen
3719 CHF.
OTEZLA® (Apremilast) ist ein oraler kleinmolekularer Inhibitor der Phosphodiesterase 4 (PDE4).
Dieses körpereigene Enzym regelt die Freisetzung von Zytokinen, die an der Entstehung der
Psoriasis beteiligt sind. Durch die Hemmung der PDE4 werden also Symptome der Psoriasis
gelindert.10 Apremilast gehört zu den neuen gezielten Basistherapien mit „small molecules“. Im
Gegensatz zu den bisher eingesetzten Biologika, wie zum Beispiel dem Tumor-Nekrose-Faktor
alpha (TNF-α), die entzündungsfördernden Zytokine im extrazellulären Raum angreifen, sollen die
neuen „small molecules“ nun innerhalb der Zellen wirken. Tatsächlich blockieren die neuen
Substanzen die Weiterleitung des Signals von der Zelloberfläche in den Zellkern der Immunzellen
und hemmen damit die Wirkung wichtiger inflammatorischer Zytokine.11
OTEZLA® ist als Filmtabletten zu 10, 20 und 30 mg erhältlich. Die empfohlene Dosierung von
Otezla beträgt 30 mg zweimal täglich oral, unter Anwendung eines initialen Titrationsschemas,
wobei mit 10 mg am ersten Tag begonnen und während einer Woche bis zur Erhaltungsdosis
langsam auftitriert wird. Es gibt eine Starterpackung mit 27 Tabletten für dieses Titrationsschema
4 x 10, 4 x 20, 19 x 30mg).
Die häufigsten unerwünschten Wirkungen unter OTEZLA® sind: Magen-Darm-Beschwerden
(Durchfall, Übelkeit, Erbrechen), Infektionen der oberen Atemwege und Kopfschmerzen. Sie treten
hauptsächlich innerhalb der ersten zwei Wochen der Behandlung auf und bilden sich in der Regel
innerhalb von vier Wochen wieder zurück. Ausserdem haben 20% der Patienten einen Gewichts-
8
EMA, résumé EPAR à l’intention du public, Cosentyx®, 2014
Compendium suisse du médicament, 2015
10
EMA, résumé EPAR à l’intention du public, Otezla®, 2014
11
Revue Médicale Suisse, 14 janvier 2015, J. Berner, P. Zufferey, Rhumatisme psoriasique
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verlust von über 5% nach einem Jahr Behandlung. Unter den selteneren unerwünschten Wirkungen wurden Depressionen sowie eine leichte Erhöhung des Herzrhythmus beschrieben.12
Wer mehr wissen möchte…
Nebst seiner Indikation zur Behandlung der mittelschweren bis schweren Plaque-Psoriasis ist OTEZLA® auch zugelassen als
Monotherapie oder in Kombination mit krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARDs) zur Behandlung der aktiven
Psoriasis-Arthritis bei erwachsenen Patienten, die auf eine vorhergehende Therapie mit DMARD’s nicht angesprochen haben
oder eine solche nicht vertragen, oder wenn eine solche kontraindiziert ist.
Die Schuppenflechtenarthritis (Fachbegriff: Arthritis psoriatica = Psoriasisarthritis, abgekürzt: PSA) ist eine entzündliche
Erkrankung der Gelenke vorwiegend an Händen und Füssen und/oder an der Wirbelsäule. Sie tritt typischerweise begleitend zu
einer Schuppenflechte (Psoriasis) der Haut oder der Nägel auf, manchmal geht sie auch der Hauterkrankung voraus. 5 bis 15 %
aller Patienten mit einer Schuppenflechte entwickeln diese Arthritis, insgesamt leiden 0.1 - 0.2 % der Gesamtbevölkerung
14
daran. Männer und Frauen sind gleichermassen betroffen, die Krankheit tritt in der Regel zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr auf.
Die Psoriasis-Arthritis hat unterschiedliche Verlaufsformen. Sie kann generell alle Gelenke betreffen, im Gegensatz zur chronischen Polyarthritis typischerweise auch Finger- und Zehenendgelenke und oft auch alle Gelenke eines Fingers oder einer Zehe
(sog. Wurstfinger und -zehen). Der Krankheitsverlauf ist sehr unterschiedlich, teils chronisch kontinuierlich, teils episodisch mit
Phasen geringer oder fehlender Krankheitsaktivität. Die medikamentöse Behandlung orientiert sich an den Grundsätzen, die
auch für andere entzündlich-rheumatische Erkrankungen gelten. Die Therapie muss an die individuell sehr variablen Verläufe
angepasst werden. Zu berücksichtigen ist, dass bestimmte antirheumatisch wirksame Pharmaka die Hautsymptomatik
verschlechtern können. Deshalb ist eine abgestimmte interdisziplinäre Betreuung durch einen Rheumatologen und einen
Dermatologen wünschenswert. Die Psoriasis-Arthritis ist ursächlich nicht heilbar, und das Ziel der Therapie ist - wie bei der
Psoriasis der Haut - eine maximale Linderung der Beschwerden. Nebst nichtsteroidalen Antirheumatika zur Schmerzlinderung
kommen bei fortschreitendem Verlauf im Sinne einer krankheitsmodifizierenden Therapie (sog. Basistherapie) dieselben
Medikamente zum Einsatz, wie bei den schweren Formen der Psoriasis der Haut (Methotrexat, TNF-Blocker, Ciclosporin) und
4
neu auch OTEZLA®.
Mangels hinreichenden und gut kontrollierten Studien zur Anwendung von Apremilast bei
Schwangeren ist Apremilast ist während Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert. Frauen im
gebärfähigen Alter sollen sichere Empfängnisverhütungsmethoden während der Behandlung mit
Apremilast anwenden.3 Die monatlichen Kosten nach der ersten Woche betragen 1224 CHF.
Wie alle anderen Arzneimittel, die zur Behandlung der Psoriasis angewendet werden, haben auch
COSENTYX® und OTEZLA® nur eine symptomatische Wirkung und können die Krankheit nicht
heilen. Ist nach 2- 4 Monaten kein therapeutischer Nutzen erkennbar, sollte die Behandlung
unterbrochen werden. Ausserdem dürfen diese Arzneimittel nur von spezialisierten Dermatologen
oder Universitätsspitälern bzw. dermatologischen Polikliniken verschrieben werden.13 14
COSENTYX® (Secukinumab) und OTEZLA® (Apremilast) – wichtig für die Beratung:
Neue Arzneimittel zur Behandlung der mittelschweren und schweren Plaque-Psoriasis
OTEZLA® ist auch zur Behandlung der psoriatischen Arthritis zugelassen
Sind Patienten vorbehalten, die auf eine andere systemische Therapie nicht angesprochen
haben, eine solche nicht vertragen, oder wenn eine solche kontraindiziert ist
Diese Arzneimittel dürfen nur von einen Dermatologen verschrieben werden
COSENTYX®: 300 mg subkutan einmal wöchentlich über fünf Wochen als Startdosis und
dann einmal monatlich als Erhaltungsdosis
OTEZLA®: 30 mg zweimal täglich oral unter Anwendung eines initialen Titrationsschemas
12
http://www.hc-sc.gc.ca/dhp-mps/prodpharma/sbd-smd/drug-med/sbd_smd_2015_otezla_169862-fra.php
OFAC, OFIS
14
http://francepsoriasis. Org/le-rhumatisme-psorioasique
13
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TRULICITY® (Dulaglutide)
TRULICITY® ist ein einmal wöchentlich subkutan zu verabreichendes Antidiabetikum, das
als Fertigpen zu 0.75 und 1.5 mg erhältlich ist.
Es wirkt als Agonist des GLP-1-Rezeptors wie
BYETTA® (PN Nr. 62 vom Mai 2009), BYDUREON® (PN Nr. 98 vom November 2012),
EPERZAN® und VICTOZA® (PN Nr. 74 vom Juni
2010), wobei BYETTA® und VICTOZA® täglich
und die anderen wöchentlich injiziert werden.
GLP-1 („glucagon-like peptide-1“) ist ein
sogenanntes Inkretin. Inkretine sind im Darm
gebildete Hormone, welche die Insulinsekretion und die Glucoseaufnahme im Gewebe
fördern, die Glukagonwirkung bremsen, die
Magenentleerung verlangsamen, die Sättigung fördern und somit den Appetit vermindern. Das natürliche Hormon GLP-1 wird innerhalb von 2 - 3 Minuten schnell wieder abgebaut und kann nur kurz wirken. Um die Wirkung des GLP-1 zu verlängern, wurden zwei
verschiedene Wirkstoffgruppen entwickelt:
Erstens Wirkstoffe, die das für den Abbau des
GLP-1 zuständige Enzym Dipeptidyl-Peptidase-4 (DPP-4) hemmen, die Gliptine wie z.B. JANUVIA®,
GALVUS® oder TRAJENTA. Zweitens Wirkstoffe, die eine Ähnlichkeit mit GLP-1 haben (sog. GLP-1Analoga oder GLP-1-Mimetika), aber eine längere Halbwertszeit aufweisen.15 Drei dieser GLP1Analoga sind Depot-Formen, die eine wöchentliche Verabreichung ermöglichen. Es handelt sich
um BYDUREON®, EPERZAN® und TRULICITY®.
TRULICITY® wird zur Verbesserung der Blutzuckerkontrolle bei Erwachsenen mit Typ 2 Diabetes
mellitus eingesetzt, stets ergänzend zu einer Diät und zu körperlicher Aktivität:16
• als Monotherapie
• in Kombination mit den folgenden oralen Glukose-senkenden Produkten: Metformin, Metformin + Sulfonylharnstoff, Metformin +P ioglitazon, wenn die Behandlungen mit Metformin
oder mit den jeweiligen Zweifachkombinationen ungenügend wirksam sind.
• in Kombination mit prandialem (kurzwirksamen) Insulin, mit oder ohne Metformin, wenn diese
Behandlungen ungenügend wirksam sind.
Da ihre Wirkung auf der Stimulation der nahrungsabhängigen Insulinsekretion aus pankreatischen
Betazellen beruht, sind GLP-1-Analoga bei Patienten mit Typ 1 Diabetes nicht geeignet, bei denen
überhaupt keine Insulinsekretion mehr stattfindet.
Mit TRULICITY® durchgeführte Studien zeigen eine
Senkung der HbA1c-Werte um ca. 1.5% sowie eine
Gewichtsabnahme von ca. 2.5 kg. Diese Werte
sind mit denen von BYDUREON® und VICTOZA®
vergleichbar (die Wirkung von EPERZAN® und BYETTA® scheint etwas bescheidener zu sein:
15
16
Pharma-kritik 2008; 30 (10): 39-40
Swissmedicinfo.ch consulté en octobre 2015
© Pharma-News
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HbA1c:
HbA1c ist ein Glykohämoglobin, hierbei handelt es sich
um eine Form des roten Blutfarbstoffs (Hämoglobin), an
den Glukose gebunden ist (Glukylierung.) Es gibt Auskunft über die Blutzuckerwerte der letzten 4 - 12 Wochen (im Durchschnitt acht Wochen, das ist ungefähr die
mittlere Lebensdauer der Erythrozyten) und wird daher
umgangssprachlich auch als Langzeit-Blutzucker oder
Blutzuckergedächtnis bezeichnet. Normale Werte liegen
16
zwischen 4 - 6%.
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Senkung der HbA1C-Werte um 1% und Gewichtsabnahme von ca. 1 kg).6 Unter Metformin wird
eine Senkung der HbA1c-Werte um 1.5 - 2% erreicht, sowie eine Gewichtsabnahme.
Mangels klinischer Daten, und weil die Langzeitsicherheit der GLP-1-Analoga derzeit in Frage
gestellt wird (kardiologische und onkologische Komplikationen – siehe unter unerwünschte
Wirkungen), sehen die aktuellen Richtlinien die GLP-1-Analoga hauptsächlich als Alternative zum
Insulin (bzw. um die Insulinmengen zu reduzieren) bei Patienten mit Übergewicht vor.17
Die empfohlene Dosis beträgt 0.75 mg, diese ist einmal wöchentlich subkutan in Abdomen, Ober-
schenkel oder Oberarm zu verabreichen. Falls die Wirkung nicht ausreicht und die Therapie gut
toleriert wird, kann die Dosis auf 1.5 mg einmal wöchentlich erhöht werden. Die Anwendung kann
zu jeder Tageszeit erfolgen, unabhängig von den Mahlzeiten. Falls eine Injektion versäumt wird,
sollte sie sobald wie möglich nachgeholt werden, sofern bis zur nächsten geplanten Injektion
mindestens drei Tage (72 Stunden) verbleiben. Wenn bis zur nächsten geplanten Injektion weniger
als drei Tage (72 Stunden) verbleiben, sollte die versäumte Dosis ausgelassen werden und die
nächste Injektion am nächsten, normal geplanten Tag erfolgen. In jedem Fall kann der Patient
dann wieder seinen gewohnten wöchentlichen Applikationsrhythmus aufnehmen.
Die Fertigspritze bzw. der Fertigpen ist im Kühlschrank zu lagern und kann bis zu 14 Tage ungekühlt bei Temperaturen unter 30 ®C aufbewahrt werden.18
Die unerwünschten Wirkungen TRULICITY® entsprechen denjenigen aller anderen GLP-1 Analoga:
• Übelkeit ist eines der Hauptprobleme dieser Arzneimittelgruppe. Es scheint aber, dass diese
unerwünschte Wirkung unter TRULICITY® besonders stark während der ersten vier Wochen der
Therapie ausgeprägt ist. Je nach Dosierung sind 35 - 43% der Patienten betroffen.19 Nach dieser
Zeit sind nur noch 12 - 20% der Patienten je nach Höhe der Dosierung betroffen. Diese Werte
sind mit denen der anderen GLP-1-Analoga vergleichbar.
• Es besteht praktisch kein Risiko für Hypoglykämien, was aufgrund der Glucose-abhängigen
Erhöhung der GLP-1-Spiegel und -Wirkungen nicht anders zu erwarten ist. Bei Kombinationstherapien sieht dies anders aus: eine Kombination mit Metformin ist unproblematisch, jedoch
besteht bei Einnahme mit Sulfonylharnstoffen (AMARYL®, DIAMICRON®, DAONIL® und Generika) oder Insulin die typische Hypoglykämiegefahr, was eine korrekte Anpassung der Dosierungen erfordert.2
• Erhöhtes Pankreatitis-Risiko unter Gliptinen und der GLP-1-basierten Therapie: wird diskutiert.
Eine akute Pankreatitis scheint hauptsächlich bei Patienten aufzutreten, die neben Diabetes
noch weitere Risikofaktoren für eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse aufweisen, wie
übermässiger Alkoholkonsum, erhöhte Triglyceridwerte oder Gallensteine.20 Treten bei einem
mit TRULICITY® behandelten Patienten Symptome wie ausgeprägte Übelkeit, Erbrechen und
Bauchschmerzen auf, ist möglichst schnell ein Arzt aufzusuchen.
• Eine seltene, aber schlecht evaluierte unerwünschte Wirkung stellt das möglicherweise erhöhte
Risiko für Schilddrüsenkrebs dar. Eine Post-Marketing-Beobachtungsstudie läuft derzeit für alle
GLP-1-Analoga inkl. TRULICITY® um herauszufinden, ob es sich um einen Klasseneffekt handelt
oder nicht.21
• Das kardiovaskuläre Risiko von TRULICITY® steht auch unter Beobachtung: Herzrhythmusstörungen wurden beschrieben, wobei auch hier noch unklar ist, ob es sich hierbei um einen
Klasseneffekt handelt oder nicht.6
17
Diabetes Care 2015;38:140–149
Pharmacists Letter 2014: 301204
19
Trulicity: EPAR - Product Information (19/12/2014)
20
Rev Med Suisse 2013; 9: 72-75
21
EMA/601943/2014: Summary of the risk management plan (RMP) for Trulicity (dulaglutide)
18
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Die Anwendung von TRULICITY® in der Schwangerschaft und der Stillzeit sowie bei Jugendlichen
unter 18 Jahren wird mangels Studiendaten bei diesen Patientengruppen nicht empfohlen.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die GLP-1-Analoga einen bescheidenen Stellenwert bei
der Behandlung des Diabetes Typ 2 haben. Sie sind zu berücksichtigen, wenn eine Gewichtsabnahme im Vordergrund steht, insbesondere wenn dadurch die benötigte Insulinmenge reduziert
werden kann. TRULICITY® ist mit den anderen GLP-1-Analoga vergleichbar, sein Sicherheitsprofil
ist allerdings noch unklar. Ausserdem ist das Präparat ca. 15 - 20% teurer als die anderen Arzneimittel dieser Gruppe.
TRULICITY® - wichtig für die Beratung:
Neues GLP-1-Analogon: subkutan und wöchentlich zu verabreichendes Antidiabetikum
Die empfohlen Dosierung beträgt 0.75 - 1.5 mg einmal wöchentlich
Magen-Darm-Beschwerden und insbesondere Übelkeit sind besonders stark in den ersten
vier Wochen der Therapie ausgeprägt
Beobachtungsstudien sind am Laufen, um das Schilddrüsenkrebs- und Herzkreislauf-Risiko
zu evaluieren
ZYCLARA® CREME (Imiquimod)
Dieses neue Präparat enthält den Wirkstoff Imiquimod, den man bereits kennt von ALDARA® . Es
ist übrigens derselbe Hersteller, der ZYCLARA® und ALDARA® vertreibt. ZYCLARA® wird eingesetzt
für die topische Behandlung der aktinischen Keratose (AK).22 In diesem Artikel beschreiben wir
diese Hauterkrankung und ihre Behandlung und diskutieren den Stellenwert dieses neuen
Arzneimittels und die Unterschiede mit ALDARA®.
Aktinische Keratose
Die aktinische Keratose ist eine häufige Hauterkrankung, die vor allem bei älteren und hellhäutigen Menschen auftritt. Zugrunde liegt eine chronische Bestrahlung mit UV-Licht, das in den
Keratinozyten Mutationen und Proliferation auslöst. Die Hauterkrankung äussert sich in
unterschiedlichen Ausprägungen. Häufig bilden sich rosafarbene oder braune, schuppige, stark
verhornende Flecken oder Papeln auf gerötetem Grund mit einer Grösse im Milli- bis
Zentimeterbereich. Die Läsionen können am ganzen Körper auftreten, betroffen sind aber
üblicherweise sonnenexponierte Stellen wie der Kopf, die Glatze, die Ohren, der Ausschnitt, der
Nacken, die Extremitäten und Handrücken. An der unteren Lippe wird von einer aktinischen
Cheilitis gesprochen.2324
Der Grund ist eine Vermehrung von atypischen Keratinozyten in der Epidermis. Als Hauptursache
gilt die chronische bzw. kumulative Bestrahlung mit UV-Licht, vor allem mit Sonnenlicht (aktinisch
bedeutet strahlenverursacht). Dies führt zu einer Mutation der Hautzellen. Der Erkrankungsgipfel
liegt jenseits des 50. Lebensjahres, in 80% der Fälle bei Männern ab dem 70. Lebensjahr, wobei
abhängig von der Dauer und Intensität der Lichtexposition auch jüngere Patienten betroffen sein
können.
22
www.swissmedicinfo.ch
Revue Prescrire, Kératose actinique en bref, Idées-Forces, juillet 2014
24
www.clubpharmaweb.com
23
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Die Hautveränderung stellt ein initiales Spinaliom dar, aus dem sich ein mit der Zeit
ausbreitendes und metastasierendes Karzinom entwickeln kann. Das Risiko wird auf
0.1 - 0.6% pro Jahr geschätzt. Da bisher nicht
exakt vorhersehbar ist, welche Läsionen sich
weiterentwickeln, ist grundsätzlich für jeden
Patienten eine Behandlung zu erwägen.
Die beste Verhütung ist die regelmässige Anwendung eines hauttypgerechten Sonnenschutzmittels und das in allen Lebensphasen.2
Therapien
Die Behandlung zielt auf eine Entfernung
oder Zerstörung der veränderten Hautareale, der Effekt ist also hauptsächlich ästhetischer Natur. Die Auswahl der Therapie
hängt massgebend von der Anzahl betroffener Hautareale ab, ob diese vereinzelt oder
eher flächig ausgeprägt sind, an welchen
Stellen sie sich befinden, wie stark verhornt
deren Oberflächen sind und welche unerwünschten Wirkungen die verschiedenen
Behandlungsmethoden hervorrufen.
Therapien der aktinischen Keratose:
Anzahl
Hautveränderungen
Behandlung der ersten Wahl
Therapie-Alternativen
„Moderate“ Anzahl
Kryotherapie
Kürettage oder chirurgische Excision oder Dermabrasion
„Hohe“ Anzahl
EFUDIX® (Fluorouracil)
SOLARAZE ® (Diclofenac), photodynamische
Therapie, ZYCLARA® oder ALDARA® (Imiquimod)
Kryotherapie
Sie stellt die Therapie der ersten Wahl mit dem günstigsten Nutzen/Risiko-Verhältnis dar, wenn es
sich nur um wenige Hautveränderungen handelt. Dabei zerstört der Arzt gezielt die Krebs-Frühformen, indem er flüssigen Stickstoff darauf sprüht und sie auf diese Weise für einige Sekunden
tieffriert. Dies kann zu Blasen und zu schorfig belegten oder nässenden oberflächlichen Hautdefekten führen. Je länger das Gewebe tief gefroren wird, desto höher ist die therapeutische Wirksamkeit, aber auch die Intensität der Nebenwirkungen.
Kürettage oder Abrasion
Vereinzelt stehende, besonders stark ausgeprägte aktinische Keratosen behandelt der Arzt operativ: nach örtlicher Betäubung trägt er sie oberflächlich mit dem Skalpell oder mit dem scharfen
Löffel (Kürette) ab. Das letztgenannte Verfahren wird als Kürettage bezeichnet. In beiden Fällen
lässt der Arzt das erkrankte Gewebe histologisch untersuchen. Diese Technik ist invasiv, benötigt
eine Lokalanästhesie und kann Narben hinterlassen.4
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EFUDIX® (Fluorouracil)
Diese Behandlung ist angezeigt, wenn es sich um viele Hautveränderungen handelt, die im
Gesicht, auf der Kopfhaut oder auf den Handrücken lokalisiert sind. Fluorouracil ist ein Zytostatikum, das die DNA- und RNA-Synthese stört. Es wird lokal als Salbe oder Lösung aufgetragen und
führt zu einer starken entzündlichen Reaktion, einem Geschwür und schliesslich zum Absterben
der Zellen und zur Abheilung. Die Behandlung dauert je nach Schema etwa 2 - 8 Wochen. Ein
Nachteil stellen die unangenehmen lokalen Nebenwirkungen dar. Fluorouracil wirkt photosensibilisierend und kann bei Sonnenexposition zu starken Schmerzen an den Applikationsorten führen.
Wird das Präparat irrtümlicherweise auf gesunde Hautareale appliziert kann es zu Rötungen
kommen, die spontan nach Therapieabbruch abheilen. Aufgrund der extremen Entzündungsreaktionen wird diese Therapie von vielen Patienten nicht toleriert.1,4
SOLARAZE® (Diclofenac) (siehe PN 87, Oktober 2011)
Das Gel wird empfohlen wenn eine Kryotherapie nicht möglich ist oder die Behandlung mit
Fluorouracil nicht vertragen wird. Es enthält 3% Diclofenac im Gegensatz zu den schmerzlindernden Gels, die in der Regel 10% Diclofenac enthalten. SOLARAZE® Gel wird über mehrere Wochen
zweimal täglich auf die betroffenen Hautstellen aufgetragen und leicht eingerieben. Der genaue
Wirkmechanismus von topischem Diclofenac bei aktinischer Keratose ist nicht bekannt. Die
Blockierung der Cyclooxygenase hemmt wahrscheinlich die Gefässbildung (Angiogenese). Im
Gegensatz zu den anderen Arzneimitteln wird das Gel in der Regel sehr gut vertragen. Unerwünschte Wirkungen treten selten auf: lokale Hautreaktionen wie Kontaktdermatitis, Erythem und
Hautausschlag sowie eine Verzögerung der Wundheilung sind möglich. Wenn das Präparat auf
grosse Hautareale und über einen längeren Zeitraum aufgetragen wird, so dass die systemische
Resorption von Diclofenac hoch ist, können Nebenwirkungen (Magen-Darm-Beschwerden), wie sie
durch oral verabreichtes Diclofenac hervorgerufen werden, nicht ausgeschlossen werden.1,25
Photodynamische Therapie (PDT)
Die PDT ist ein Therapieverfahren zur Behandlung von Gewebeveränderungen (z.B. Tumoren) mit
Licht und einem Photosensitizer, wie z.B. Methylaminolevulinat (Metvix®). Dieser reichert sich in
Tumorzellen an und reagiert mit dem zugeführten roten Licht zu reaktiven Radikalen, die lokal zu
einer Zellzerstörung führen. Dabei kommt es meist zu brennenden Schmerzen. Anschliessend
bilden sich schorfig belegte oder nässende oberflächliche Hautdefekte (Erosionen). Die PDT wird
empfohlen, wenn die aktinische Keratose flächig ausgeprägt ist. Sie ist sehr wirksam. Falls eine
Sitzung nicht ausreicht, kann die Behandlung nach drei Monaten wiederholt werden. Alternativ
kommt eine milde Nachbehandlung mit SOLARAZE® Gel in Betracht.4,26
ZYCLARA® (Imiquimod)
Imiquimod ist ein Immunmodulator, der als Crème
zur Behandlung zugelassen ist. Der Wirkmechanismus bei der aktinischen Keratose ist nicht bekannt,
Imiquimod soll das Immunsystem aktivieren und
die Synthese von Zytokinen, die antitumoral wirken, fördern. Dies führt zu einer Entzündungsreaktion und schliesslich zum Abheilen. Gemäss direkter Vergleichsstudien ist Imiquimod weniger wirksam als die Kryotherapie oder die topische Anwendung von Fluorouracil. Die Häufigkeit der Nebenwirkungen (nicht aber die Art) ist vergleichbar mit
25
Revue Prescrire, Kératose actinique: traitement, Idées-Forces, juillet 2014
Revue Médicale Suisse, 2005, Nr. 16, D. Salomon, La photothérapie dynamique en dermatologie, un nouvel outil
thérapeutique
26
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der von SOLARAZE®.1,4 Imiquimod gilt als alternative Therapieoption der zweiten Wahl.
Was unterscheidet ZYCLARA® von ALDARA®?
In der Schweiz ist Imiquimod in zwei Präparaten
enthalten: ALDARA® und ZYCLARA®. Beide werden von MEDA Pharma vertrieben. Die folgende
Tabelle vergleicht die beiden Produkte:1
ZYCLARA®
ALDARA®
• topische Behandlung von äusserlichen spitzen Kondylomen im
Genital- und Perianalbereich
• topische Behandlung von multiplen oberflächlichen Basalzellkarzinomen (sBBC)
• topische Behandlung der
aktinischen Keratose
Indikation(en)
Topische Behandlung der aktinischen
Keratose
Galenik
Crème
Crème
Wirkstoffgehalt
3.75%
5.0%
Behandlungsbereich
Gesicht und unbehaarte Kopfhaut
Gesicht und Kopf
Darreichungsform
Crème in Sachet, 9.375 mg Imiquimod in
250 mg weisser bis leicht gelblicher
Crème
Crème in Sachet, 12.5mg Imiquimod
in 250 mg Salbengrundlage
Ein bis maximal 2 Sachets Crème, einmal
täglich vor dem Zubettgehen über zwei
Anwendung zur
Behandlungszyklen von jeweils zwei
Behandlung der
Wochen, die durch einen zweiwöchigen
aktinischen Keratinose behandlungsfreien Zeitraum getrennt
sind. Insgesamt dauert die Behandlung
also 6 Wochen.
Ein Sachet à 250 mg Imiquimod
Creme dreimal wöchentlich vor dem
Zubettgehen auftragen.
Behandlungsdauer: 16 Wochen
Rückvergütung und
Therapiekosten
SL mit Einschränkung: das Präparat wird
nur rückvergütet, wenn andere topische
Behandlungsmöglichkeiten kontraindiziert oder weniger geeignet sind.
Gesamkosten: ein bis zwei Packungen zu
jeweils 28 Stück kosten 184.65 bzw.
369.30 CHF
SL (ohne Einschränkung)
Gesamtkosten: vier Packungen von
jeweils 12 Stk = 98.60 CHF kosten
insgesamt 394 CHF
Gemäss dem Hersteller liegt der Hauptvorteil von ZYCLARA® im Vergleich zu ALDARA® beim
Dosierungsschema. Die kürzere Behandlungsdauer mit ZYCLARA® soll die Therapie-Adhärenz
verbessern und somit ein Versagen der Behandlung durch frühzeitigen Therapieabbruch verhin© Pharma-News
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dern. Die tiefere Dosierung reduziert nicht das Risiko für unerwünschte Wirkungen, da diese dosisunabhängig sind und von Person zu Person variieren. 27
ZYCLARA®
Vor dem Auftragen der ZYCLARA® Crème sollte der Patient den Behandlungsbereich mit milder
Seife und Wasser waschen und dann gründlich trocknen lassen. Die Crème ist als dünner Film auf
den gesamten Behandlungsbereich aufzutragen und in die Haut einzureiben, bis die Crème
eingezogen ist. Zyclara sollte etwa acht Stunden lang auf der Haut verbleiben; nach dieser Zeit
muss die Crème unbedingt wieder entfernt werden, indem man das Hautareal und die Hände mit
milder Seife und Wasser wäscht. Vor und nach dem Auftragen der Crème sind die Hände gründlich
zu waschen.
Falls eine Anwendung vergessen oder ausgelassen wurde, sollte der Patient bis zum nächsten
Abend mit der Anwendung von ZYCLARA® warten und dann mit dem üblichen Therapieplan fortfahren. Die Crème sollte nicht öfter als einmal täglich aufgetragen werden.
Wegen seiner photosensibilisierenden Wirkung wird die Verwendung eines Sonnenschutzmittels
mit hohem Lichtschutzfaktor während der gesamten Behandlung und auch danach empfohlen
(dies stellt auch die beste Prophylaxe dar). Ein Kontakt mit Augen, Lippen und Nasenlöcher sollte
vermieden werden, da Imiquimod für die Behandlung von aktinischen Keratosen an den Augenlidern, im Inneren von Nasenlöchern oder Ohren oder innerhalb des Lippenrots nicht untersucht
wurde. Diese Empfehlung gelten übrigens auch für ALDARA®.
Während der Behandlung treten nicht selten lokale Hautreaktionen auf. Am häufigsten sind
Hautrötungen, Schorf und Exfoliation bzw. Trockenheit.1 Es soll ein Zusammenhang zwischen der
vollständigen Heilungsrate und der Intensität der lokalen Hautreaktionen (z.B. Erythem) bestehen
(je stärker die Reaktionen, desto wirksamer die Therapie). Diese lokalen Hautreaktionen können
mit der Stimulation der lokalen Immunantwort zusammenhängen. Wenn die lokalen Hautreaktionen dem Patienten grosses Unbehagen verursachen oder sehr stark sind, kann die Behandlung für
einige Tage ausgesetzt werden. Bei Nachlassen der Hautreaktionen kann die Behandlung mit Imiquimod Crème wieder aufgenommen werden. Die lokalen Hautreaktionen fallen tendenziell im
zweiten Behandlungszyklus mit ZYCLARA® milder aus als im ersten.
Systemische Reaktionen können ebenfalls in Form von grippeähnlichen Symptomen auftreten, wie
Müdigkeit, Übelkeit, Fieber, Muskel- und Gelenkschmerzen sowie Schüttelfrost. Weitere systemische unerwünschte Wirkungen von ZYCLARA® sind: Herpes, erhöhte Blutzuckerwerte, Anorexie,
Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und Erbrechen, Durchfall, Muskelschmerzen.
Sind die unerwünschten Wirkungen sehr stark ausgeprägt, wird die Behandlung abgebrochen.
Mangels klinischer Daten wird ZYCLARA® bei Patienten mit Leber- oder Niereninsuffizienz, bei
schwangeren oder stillenden Frauen und bei Kindern nicht empfohlen. Da Imiquimod ein Immunmodulator ist, ist bei Patienten mit eingeschränkter Immunfunktion (z.B. bei organtransplantierten
Patienten) Vorsicht geboten und / oder bei Patienten mit Autoimmunkrankheiten, die mit Immunmodulatoren behandelt werden.
Die Europäische Arzneimittelagentur EMA hat ausserdem eine Pharmakovigilanzmeldung für
schwere Leberschädigungen in Zusammenhang mit der Anwendung von Imiquimod herausgegeben.28
27
28
Service d’informations médicales de Meda, contacté par téléphone le 19.10.2015
Revue Prescrire, Janvier 2009, Tome 29 No. 303, page 22
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ZYCLARA® - wichtig für die Beratung:
Die aktinische Keratose ist eine Hauterkrankung, die überwiegend an Hautstellen, die chronisch der Sonne ausgesetzt sind, auftritt. Typisch sind hautfarbene oder gerötete Stellen mit
rauer, schuppender Oberfläche, die oftmals eher tastbar als sichtbar sind.
Sie betrifft hauptsächlich ältere männliche Patienten
Die Auswahl der Therapie hängt stark von der Anzahl betroffener Hautareale ab.
ZYCLARA® ist zweite Wahl und wird angewendet wenn die aktinische Keratose flächig ausgeprägt ist
ZYCLARA® ist zur Behandlung der aktinischen Keratose zugelassen und enthält Imiquimod,
denselben Wirkstoff wie ALDARA®, allerdings tiefer dosiert
Die unerwünschten Wirkungen sind für eine topische Behandlung ziemlich stark ausgeprägt, weshalb diese Behandlung nur zweite Wahl ist
ZACTIGIS SKINCTRL®
(Nahrungsergänzungsmittel)
ZACTIGIS SKINCTRL® wird als orales Aknemittel im
OTC angeboten, und die Werbung beschreibt das
Präparat als sehr wirksam. Was soll man davon
halten? Gemäss dem Hersteller ist ZACTIGIS
SKINCTRL „ein natürliches Nahrungsergänzungsmittel in Kapseln, das der Haut helfen soll, wieder
ins Gleichgewicht zu kommen. Es richtet sich an
alle, die unter Akne oder Hautunreinheiten leiden
und eine sanfte Lösung für ihre Hautprobleme
suchen“.29
ZACTIGIS SKINCTRL® besteht aus einer Mischung
von „gesundheitsfördernden Stoffen“, die der
Haut helfen sollen, im Fall von Akne oder Hautirritationen aufgrund von Hormonschwankungen, Stress, unpassender Körperpflege oder falscher
Ernährung wieder ins Gleichgewicht zu kommen.29 ZACTIGIS SKINCTRL® besteht aus Laktoferrin
(Milchprotein), Vitamin C, Vitamin B6, Niacin, Kupfer und Zink. Der Tagesbedarf an Vitamin C,
Vitamin B6, Niacin, Kupfer und Zink ist mit der Tagesdosis von ZACTIGIS ®, also 2 Kapseln einmal
täglich, abgedeckt.
Der Hersteller stützt seine Aussagen auf eine mit Laktoferrin durchgeführten Studie, die eine
signifikante Reduktion der Anzahl entzündlicher Hautläsionen, des Schweregrads der Akne und der
Talgmenge zeigt. Die anderen Wirkstoffe werden mit keinem Wort erwähnt.1 Die oben genannte
Studie wurde in Korea mit 36 Patienten im Alter zwischen 18 und 30 Jahren durchgeführt, wobei
zwölf Wochen lang 18 Patienten mit Placebo (Kontrollgruppe) und 18 Patienten mit Laktoferrin
behandelt wurden.30 Es ist schwierig, sich aufgrund dieser einen Studie ein Urteil zu bilden denn:
• 18 Patienten sind zu wenig, um die Wirksamkeit des Produktes zu bestimmen
• Die Patienten waren zwischen 18 und 30 Jahre alt. Das ist nicht die typische Zielgruppe denn
80% der Patienten mit Akne sind zwischen 11 und 18 Jahre alt. In den meisten Fällen geht
29
Publicité Zactigis SKINCTRL octobre 2015
Dietary effect of lactoferrin enriched fermented milk on skin surface lipid and clinical improvement of acne vulgaris,
2010 sep 26 (9) 902-9 doi 10.1016
30
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die Akne spontan zurück - vor dem 20. Lebensjahr bei den Jungen und zwischen 22 und 25
Jahren bei den Mädchen.31
• Dauer der Studie von zwölf Wochen: Wie sieht es mit der Langzeitwirksamkeit aus? Man
weiss, dass Akne eine langwierige Hauterkrankung ist, die schubweise verläuft. Zwölf
Wochen sind definitiv zu kurz angesichts des langwierigen Verlaufs der Krankheit.
• Sind die Ergebnisse aus Korea auf unsere Bevölkerung übertragbar? Es gibt Unterschiede,
u.a. bei den Ernährungsgewohnheiten, aber auch sicherlich bei den Hautmerkmalen.
Das in ZACTIGIS SKINCTRL® enthaltene Zinkgluconat könnte eine leichte Wirksamkeit haben. Es
wird manchmal in den Sommermonaten als Alternative zu den anderen Aknebehandlungen empfohlen, die photosensibilisierend sind.32
Die Studienlage ist relativ spärlich, was Nahrungsergänzungsmittel zur Behandlung der Akne
anbelangt. Eine kürzlich publizierte Cochrane Studie stellt die Dürftigkeit der Datenlage fest und
betont, dass es keine Wirksamkeitsevidenz für komplementärmedizinische Verfahren wie Phytotherapie, Akupunktur usw. zur Behandlung der Akne gibt.33 Andere Publikationen kommen zu
einem ähnlichen Schluss.34
Wenngleich dieses Präparat keine unerwünschten Wirkungen zu verursachen scheint, lohnt es sich
die bewährten Akne-Behandlungen nicht zu vergessen:4,35
• Basisbehandlung: milde Reinigung, Zurückhaltung beim Schminken und möglichst keine
Manipulationen (auch wenn’s in den Fingern juckt, die Komedonen auszuquetschen, ist auch
hier Zurückhaltung geboten)
• kosmetische oder Hygienemittel sind schlecht evaluiert, können aber einen gewissen Nutzen
haben
• Benzoylperoxid (cave Bleichung) oder, auf Rezept, lokale Antibiotika oder Retinoide werden
als erste Wahl eingesetzt, einzeln oder in Kombination.
• in der oralen Therapie werden Antibiotika (maximal über drei bis sechs Monate), orale
Kontrazeptiva (wenn eine Verhütung gewünscht ist) oder Retinoide eingesetzt
Für Patienten, die ihre Behandlung auf „natürliche Weise“ ergänzen möchten kann ZACTIGIS
SKINCTRL® eine Option darstellen, wenngleich
die Wirksamkeit des Präparates nicht eindeutig
etabliert ist. Einiges ist herbei allerdings zu
beachten: Laktoferrin ist kontraindiziert bei
Patienten, die eine Lactosintoleranz haben.36 Da
Zink die Aufnahme der Tetracycline vermindert,
darf das Präparat Patienten, die mit MINAC®
oder MINOCIN® ACNE behandelt werden, nicht
empfohlen werden.
31
Rev Prescrire – Idées Forces 7/2011: „Acné vulgaire, en bref“
Rev Prescrire – Idées Forces 7/2011: „Acné vulgaire: traitement“
33
Cochrane Database of systematic reviews 2015 ; issue 1: « complementary therapies for acne vulgaris”
34
Lancet 2012; 379: 361-372
35
Lancet 2012; 379: 361-372
36
Gouvernement canadien: le lait, un des dix allergènes alimentaires prioritaires.
32
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ZACTIGIS SKINCTRL® - wichtig für die Beratung:
Nahrungsergänzungsmittel zur Behandlung der Akne
Enthält Milcheiweiss (Laktoferrin), Vitamine und Mineralien
Die Wirksamkeit ist nicht eindeutig bewiesen
2 Kapseln einmal täglich einzunehmen
Stellt keine Alternative zu den herkömmlichen Behandlungen der Akne dar, kann sie aber
ergänzen
Darf nicht mit einer Tetracyclin-basierten Aknebehandlung kombiniert werden
Nicht empfohlen bei Patienten mit Lactoseintoleranz
Wer mehr wissen möchte
Das MIKROBIOM
Wie die Erde ist der menschliche Körper ein Planet, auf dem sich inmitten faszinierender
Landschaften ein wildes Leben tummelt. Die Anzahl der Bakterien, die der menschliche Körper
beherbergt, ist grösser als die der Zellen, aus denen er besteht. Diese Organismen gedeihen und
konkurrieren, ernähren und vermehren sich, entstehen und sterben. Jeder Mensch ist also in
ständiger Interaktion mit unzähligen Mikroorganismen. Dies stimmt nachdenklich und könnte
sogar die Inspiration für einen Science-Fiction-Film sein, der von auf einem von Bakterien
besiedelten „Menschplaneten“ handelt. Nach Jahren systematischer Desinfizierung, zügelloser
Reinigung und Kuren mit Antibiotika entdecken wir plötzlich dass wir diese „verhassten Mikroorganismen“ zum Leben brauchen. Nun ist die Zeit der Versöhnung gekommen, um von den
Vorteilen einiger dieser Bakterien zu profitieren!
Das menschliche Mikrobiom umfasst alle Mikroorganismen (Bakterien, Hefen, Pilze, Viren…) die im
oder auf dem menschlichen Organismus leben, auf der Haut und den Schleimhäuten. Das
menschliche Mikrobiom bezeichnet die Gesamtheit aller Gene der uns besiedelnden Organismen.
Das Darmmikrobiom – die Summe aller Gene der mikroskopisch kleinen Bewohner, die unseren
Verdauungstrakt vom Mund bis zum After besiedeln - ist das grösste und das am besten
erforschte. Früher auch Darmflora genannt, besteht das Darmmikrobiom aus mehr als 100 Billionen Bakterien, wiegt ein bis zwei Kilogramm (wie das Gehirn!) und wird von Mikrobiomforschern
als eine Art Superorgan betrachtet, das mit vielen Körperfunktionen in dynamischer, wechselseitiger Verbindung steht. Störungen in der Zusammensetzung des intestinalen Mikrobioms (man
spricht auch von Dysbiose) sollen mit sehr unterschiedlichen Krankheiten assoziiert sein, etwa mit
Übergewicht, Diabetes, entzündlichen Darmerkrankungen oder sogar Verhaltensstörungen.37
Das 2007 vom National Institute Of Health initiierte „Human Microbiom Project“, mit dem Ziel alle
uns besiedelnden Mikroorganismen zu identifizieren, sowie das
Weitere Mikrobiome:
2008 gestartete „Meta-HIT-Project“ (Metaenomics of the Hudem Darm sind auch andere
man Intestinal Tract, das die Zusammenhänge zwischen den Neben
Körperregionen von Mikroorganismen
bakteriellen Genen und unserer Gesundheit oder unseren besiedelt und weisen eigene MikrobioKrankheiten erforscht, haben die Forschungsaktivitäten beflü- me auf. So gibt es z.B. auch Mikrobiome
Mundhöhle, des Urogenitaltrakts,
gelt.3 Dies war der Beginn einer neuen Ära, denn lange wurde der
der Haut und der Atemwege.
37
www.planetesante.ch: le microbiote intestinal est un trésor pour la santé (consulté le 6.10.15)
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das Darmmikrobiom nur oberflächlich erforscht, weil die Mehrheit der Bakterien sich nicht mit
den klassischen Methoden auf Nährböden anzüchten lassen und die Zusammensetzung des Darmmikrobioms deshalb nur mit molekularbiologischen Methoden bestimmt werden kann.
Diese Studien haben eine grosse bakterielle Variabilität zwischen den Individuen aufgezeigt. Dennoch obwohl jeder Mensch ein ganz eigenes Mikrobiom trägt, also eine Art „bakterielle Darmsignatur“ besitzt, konnten die Forscher die untersuchten Menschen anhand ihrer bakteriellen
Darmbesiedlung drei charakteristischen Typen, sogenannten Enterotypen zuteilen. Jeder dieser
Darmtypen repräsentiert eine Mikrobengesellschaft mit einer anderen Bakterienzusammensetzung: Bacteroides, Prevotella und Ruminococcus. Der Enterotyp scheint unabhängig vom
Geschlecht, vom Alter und von der geographischen Herkunft zu sein, kann aber einer bestimmten
Ernährung zugeordnet werden (eher reich an Fetten und tierischen Eiweissen oder eher reich an
Carbohydraten und vegetarisch).2
Die Bildung des Mikrobioms beginnt mit der Geburt und setzt sich bis zum dritten Lebensjahr fort.
Die Zusammensetzung des Darmmikrobioms wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst: wurde
das Kind vaginal oder per Kaiserschnitt geboren, wurde es gestillt oder nicht, Ernährungsgewohnheiten, Umwelt, Lebenstil, usw. Wie dynamisch sich das Darmmikrobiom entwickelt, variiert von
Kind zu Kind erheblich. Generell gilt, dass Phasen mit rascher Änderung der Zusammensetzung der
Bakterienspezies mit Phasen relativer Stabilität abwechseln. Häufig ist der Übergang zwischen den
Entwicklungsphasen abrupt, das heisst, neue Spezies erscheinen plötzlich und in grosser Zahl. Die
Anwendung von Antibiotika, Magen-Darm-Infekte, chronischer Alkoholkonsum, Rauchen oder
Veränderungen der Diät können ausserdem zu signifikanten Veränderungen des Mikrobioms
führen.38,39
38
39
World Journal of Gastroenterology 2015 ; 21 (29): 8787-8803
Forum Med Suisse 2014 ; 14 (16-17): 342-344
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Rolle des intestinalen Mikrobioms
Die normale Interaktion zwischen Darmbakterien und Wirt ist symbiotisch, das heisst dass beide
etwas davon haben. Die Bakterien profitieren von einem geschützten und nährstoffreichen Milieu,
das ihr Wachstum begünstigt. Als Gegenleistung bieten sie dem Wirt verschiedene Dienstleistungen an, wie:
• Hilfe bei der Verdauung: Die Bedeutung der Bakterien für unsere Verdauung ist seit langem
bekannt, sie liefern eine ganze Reihe von Enzymen, die uns helfen die Nahrung zu zerlegen. So
ermöglichen es uns die Bakterien, Energie aus sonst unverdaulichen Nahrungsbestandteilen wie
Zellwänden von Gemüse und Getreide zu gewinnen. Sie sind an komplexen Stoffwechselvorgängen beteiligt: Sie produzieren Vitamine (z.B. K und B12) und kurzkettige Fettsäuren, die
zum einen eine wichtige Quelle für Enterozyten darstellen. Auf diese Weise unterstützen sie die
Darmgesundheit des Wirtes und regen zum anderen die Darmperistaltik an, um so Verstopfungen vorzubeugen. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Umwandlung von Medikamenten,
Toxinen und Kanzerogenen in ungiftige Substanzen, und sie sind am Umbau einer Vielzahl von
Polyphenolen beteiligt.2
• Immunregulation: Die Darmflora ist wesentlich an der
Entwicklung des körpereigenen Abwehrsystems beteiligt. Von Geburt an tragen Darmbakterien zur Reifung
des Immunsystems beim Säugling über das darmassoziierte lymphatische Gewebe (GALT = gut-associated lymphoid tissue) bei. Das intestinale Mikrobiom
schützt aktiv und passiv vor pathogenen Eindringlingen. Darmbakterien bilden eine Barriere, um die
Ansiedlung pathologischer Keime zu verhindern. Da
die Zellwandstrukturen der „guten“ Darmbakterien als
sogenannte Antigene wirken können, verursachen sie
eine physiologische Entzündungsreaktion, die wiederum dazu führt, dass das darmspezifische Immunsystem aktiviert und dadurch der Körper zur Abwehr
angeregt wird. Zudem kontrollieren die nützlichen Bakterien die Resorption körpereigener sowie fremder
Substanzen über die Darmschleimhaut und sorgen auf diese Weise dafür, dass nur jene
Substanzen ins Blut gelangen, die dort keinen Schaden anrichten können.4 Ausserdem gibt es
Hinweise darauf, dass das Mikrobiom bei der Entwicklung von Allergien eine Rolle spielt.40 Eine
übertriebene Hygiene und einer übermässiger Konsum von Antibiotika könnten an der
Entwicklung von Überempfindlichkeitsreaktionen wie Asthma oder atopische Dermatitis
mitbeteiligt sein.1 Das Mikrobiom spielt somit eine wichtige Rolle für das Gleichgewicht des
Immunsystems und ermöglicht einen wirksamen Schutz gegen pathogene Keime ohne diesen
Schutz zu übertreiben (Allergien).
• Prävention von Stoffwechselstörungen: Seit Langem wird ein Zusammenhang zwischen Zusammensetzung und Funktion des Darm-Mikrobioms und des Fettstoffwechsels vermutet.
Mittlerweile belegen zahlreiche Studien, dass es solche Interaktionen gibt. So soll eine geringe
Vielfalt der Bakteriengesellschaft im Verdauungstrakt mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit
für Fettleibigkeit und Insulin-Resistenz einhergehen. Personen mit Adipositas und Typ-2Diabetes weisen eine andere Darmflora auf als die restliche Bevölkerung. Diese Studien liefern
einen Erkenntnisgewinn und eröffnen eine neue Spielwiese für therapeutische Konzepte bei
diesen sich epidemieartig entwickelnden Erkrankungen.1
40
World Gastroenterology Organisation Guidelines 2011: probiotics and prebiotics
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• Schutz vor chronisch-entzündlichen Erkrankungen des Darms: eine Störung des intestinalen
Mikrobioms könnte diese Erkrankungen auslösen bzw. unterhalten.1 Von weiteren Studien werden diesbezüglich neue Erkenntnisse erwartet.
• Schutz vor psychischen Erkrankungen: Autismus und Angststörungen scheinen Mikrobiomabhängig zu sein, zumindest bei Mäusen. Grossangelegte Studien sind erforderlich, um einen
solchen Zusammenhang auch beim Menschen zu evaluieren.41
Therapien
Eine grosse Vielfalt der Bakteriengesellschaft im Verdauungstrakt weist auf ein gesundes Mikrobiom hin. Hingegen geht eine geringe Vielfalt der Bakterien mit einer Vielzahl von Erkrankungen
einher.3 Ziel der Therapie ist es also, diese Vielfalt wiederherzustellen.
Stuhltransplantation
Eine Stuhltransplantation ist die Übertragung von Stuhl eines gesunden Spenders in den Darm
einer erkrankten Person. Sie wird in erster Linie bei Patienten mit therapie-refraktären
Clostridium-difficile-assoziierten Diarrhoen (CDAD) eingesetzt.3 Zur Erinnerung: die Clostridiumdifficile-assoziierte Diarrhoe tritt meist in Form einer Antibiotika-assoziierten Diarrhoe auf, das
heisst im Zusammenhang mit der Anwendung von Antibiotika ohne andere erkennbare Ursachen.
Sie wird in der Regel mit Metronidazol behandelt, allerdings sind gewisse Bakterienstämme
resistent und es können Komplikationen auftreten. In diesen Fällen hat sich die Stuhltransplantation als sehr wirksam erwiesen. Dabei werden nicht die pathogenen Keime eliminiert und dadurch
das Gleichgewicht der Darmflora beeinträchtigt, sondern man versucht im Gegenteil das Gleichgewicht des Mikrobioms wieder herzustellen, um die pathogenen Keime in Schach zu halten.3
Weitere Studien sind notwendig, um diese Methode bei der Behandlung anderer Darmerkrankungen wie z.B. beim Reizdarmsyndrom zu etablieren.42
Prä- oder Prebiotika
Prebiotika sind als natürliche nicht-verdauliche Nahrungsbestandteile definiert, die die Gesundheit
verbessern sollen, indem sie das intestinale Mikrobiom durch selektive Stimulation gewisser probiotisch aktiver Bakterien, wie z.B. mit Hilfe von Bifidobakterien (siehe unten) beeinflussen.43 Es
handelt sich in der Regel um kurzkettige Kohlenhydrate, die im Dünndarm nicht verdaut werden
und deshalb unverdaut den Dickdarm erreichen und dann den Dickdarmbakterien als Substrat zur
Verfügung stehen. Die Bakterien fermentieren die prebiotischen Fasern und bauen sie zu kurzkettigen Fettsäuren ab, was den osmotischen Gradient im Kolon und den Wassergehalt des Koloninhalts steigert. Damit wird das Stuhlgewicht erhöht und der Stuhlgang gesteigert, allerdings kann es
zu Blähungen kommen. Prebiotika verbessern ausserdem die Calciumresorption.
Die quantitativ bedeutendsten natürlich vorkommenden Prebiotika in unseren Nahrungsmitteln
sind Frukto-Oligosaccharide (FOS) und Inulin. Sie bilden wichtige Speicherkohlenhydrate in vielen
Pflanzen (wie z.B. Lauch, Zwiebeln, Knoblauch,
Artischocken, Chicorée, Spargeln), Früchten (Bana- Gut zu wissen:
nen) und Getreide (Roggen, Weizen). Im Gegen- Man bezeichnet das „normale“ mikrobielle, zwischen
und ihrem Wirtsorganismus bestehende Gleichsatz zur Kuhmilch enthält auch Muttermilch grosse Erregern
gewicht als Eubiose. Wird dieses Gleichgewicht gestört,
Mengen Oligosaccharide, die teilweise prebiotisch spricht man von einer Dysbiose. Eine Störung des Gleichaktiv sind. Dabei handelt es sich um Galaktose- gewichtes des Mikrobioms kann zu Krankheiten führen.
es grosse inter-individuelle Variationen gibt, ist dies
haltige Oligosaccharide, die deshalb als Galacto- Da
aber schwer zu erfassen. Das am ehesten sichtbare
Oligosaccharide (GOS) bezeichnet werden. 43
Merkmal einer Dysbiose scheint die Verminderung der
Bakterienvielfalt zu sein.
39
41
www.letemps.ch/sciences/2015/01/16/microbes-manipulent-cerveau
World Journal of Gastrointestinal Pathophysiology 2015 ; 6 (3): 79-85
43
Pediatrica 2004; 15 (6): 22-23
42
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Nummer 130, Januar 2016
Probiotika
Als Probiotika werden in der Regel lebende Mikroorganismen bezeichnet, die dem Wirtsorganismus einen gesundheitlichen Nutzen bringen, falls sie in ausreichender Menge verabreicht werden.
Mit Mikroorganismen sind hauptsächlich Bakterien gemeint, Pilze spielen eine untergeordnete
Rolle. Echte Probiotika enthalten lebende Bakterien, die in den Darm gelangen und sich dort
vermehren und ansiedeln können. Es sind aber auch Produkte mit abgetöteten Mikroorganismen,
ihren Bestandteilen und Fermenten im Handel. Probiotika können als Nahrungsmittel wie z.B. Joghurt, Nahrungsergänzungsmittel oder Arzneimittel eingenommen werden. Am häufigsten kommen Hefepilze (wie Saccharomyces), Milchsäurebakterien der Gattung Lactobacillus und Bifidobacterium zum Einsatz. Milchsäurebakterien werden seit Jahrtausenden zur Konservierung von
Nahrungsmitteln durch Fermentierung eingesetzt und werden heute häufig industriell hergestellten Milchprodukten beigefügt.
Es ist anzumerken, dass die in Studien geprüften Wirkungen typisch für einen bestimmten
Bakterienstamm sind und nicht auf eine ganze Bakterien-Gattung oder Sorte extrapoliert werden
können. Probiotika werden seit vielen Jahren eingesetzt, z.B. zur Behandlung und Prophylaxe von
Antibiotika-induzierten Durchfallerkrankungen. Eine positive Wirkung konnte für einige Probiotika
aufgezeigt werden, viele Fragen bleiben aber noch offen, z.B. welche Bakterienstämme am wirksamsten sind oder welche Patienten prioritär behandelt werden sollten. 44 Manche Präparate sind
in der Liste C oder D registriert, z.B. BIOFLORIN®, PERENTEROL®, LACTEOL® oder INFLORAN®;
manche werden von den Krankenkassen bezahlt, andere nicht. Für weitere Informationen siehe
die PN Nr. 105 vom Juli 2013.
Weitere klinische Anwendungen der Probiotika, wie z.B. die Behandlung von Allergien und akuten
Durchfällen, Prävention von Darmkrebs, Eradikation von Helicobacter pilori, Behandlung der
Lactoseintoleranz, Stimulation der Immunantwort, Therapie des Reizdarmsyndroms u.a. werden
diskutiert. Grossangelegte Studien, um die wirksamsten Bakterienstämme, die richtige Dosierung,
das Zielpublikum und die Risiken genauer zu definieren, fehlen aber noch.4
In Folge der Studien zum Mikrobiom und der vielen angedachten Therapiemöglichkeiten sind viele
neue Präparate als Nahrungsergänzungsmittel auf den Markt gekommen (das Zulassungsverfahren
bei Nahrungsergänzungsmitteln ist deutlich einfacher und kostengünstiger als bei Arzneimitteln,
siehe die PN Nr. 88 vom November 2011).
Darunter finden sich z.B. BACTOSAN PRO FOS® (+ Präbioti
ka), die Produktepalette PHARMALP® und LACTIBIANE®,
VITAFOR PROBI-INTESTIS® und VITAFOR PROBI-IMMUN®
oder PROBACTIOL®. Diese Präparate werden eher zur Verbesserung der Verdauung, zur Stimulation des Immunsystems oder zur Prävention von allergischen Reaktionen
angepriesen, und zwar meist auf inoffiziell.
Zu betonen an dieser Stelle ist, dass diese Anpreisungen
meist nur dank des Zusatzes eines weiteren Wirkstoffs neben dem Probiotikum möglich sind. So enthält VITAFOR
PROBI-IMMUN® neben zwei verschiedenen Stämmen von
Lactobazillen auch Folsäure sowie die Vitamine B12 und D. Es
ist der Wirkung dieser Vitamine zu verdanken und nicht der
Wirkung der Probiotika auf das Immunsystem, welche in der
Werbung erwahnt wird. Dennoch wird im Bereich des Mikrobioms und der Probiotika intensiv geforscht, und neue
Therapiefelder könnten sich eröffnen. Fortsetzung folgt!
44
Rev Med Suisse 2012 ; 8: 1907-1910
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Probiotika scheinen in der Regel gut verträglich zu sein. Sie sind jedoch nicht empfohlen bei
Patienten, die immunsupprimiert sind oder einen zentralvenösen Katheter haben, da Probiotika
bei diesen Patienten ein Infektionsrisiko darstellen.8
Das Mikrobiom – wichtig für die Beratung:
Das Mikrobiom umfasst alle Mikroorganismen (Bakterien, Hefen, Pilze, Viren…) die im oder
auf dem menschlichen Organismus leben, auf der Haut und den Schleimhäuten
Im engeren Sinne bezeichnet das Mikrobiom die Gesamtheit aller Gene der uns besiedelnden Organismen
Jeder Mensch trägt sein ganz eigenes Mikrobiom
Das Mikrobiom spielt eine wichtige Rolle in der Verdauung, im Immunsystem, bei der Entwicklung von Allergien und spielt möglicherweise eine Rolle bei Übergewicht, Typ-2-Diabetes, entzündlichen Darmerkrankungen und psychischen Störungen
Therapien, die das Mikrobiom beeinflussen wie Stuhltransplantation, Präbiotika, Probiotika
befinden sich in Entwicklung
In Kürze
BEROCCA BOOST®: neues Design und etwas mehr Koffein
BEROCCA BOOST® (siehe PN Nr. 89 vom Dezember 2011) ist ein Nahrungsergänzungsmittel, mit
einer etwas niedrigeren Vitamindosierung als das herkömmliche BEROCCA®. Bis jetzt enthielt es
Guarana als Koffeinquelle. In der neuen Formulierung wurde der Koffeingehalt von 32 auf 75 mg
erhöht. Dies entspricht in etwa dem Gehalt einer RED BULL® Dose (mit etwas weniger Koffein als
ein Espresso).
PLEGRIDY® (Peginterferon beta-1a):
Weniger Injektionen zur Behandlung der Multiplen Sklerose (MS)
Die Multiple Sklerose (MS) ist eine chronische Erkrankung, die das Zentralnervensystem (ZNS),
einschliesslich des Gehirns und Rückenmarks, betrifft. Hierbei schädigt das Immunsystem des
Körpers die Schutzschicht (das Myelin), die die Nerven im Gehirn und Rückenmark umgibt.
Dadurch werden die Botschaften zwischen dem Gehirn und anderen Körperteilen unterbrochen
und so die MS-Symptome verursacht. Patienten mit schubförmig remittierender MS haben
zwischen dem Aufflackern von Symptomen (Schübe) Phasen, in denen die Krankheit nicht aktiv ist
(Remission). Siehe auch die PN Nr. 89 vom Dezember 2011. PLEGRIDY® ist das erste Arzneimittel
zur Behandlung schubförmig-remittierender multipler Sklerose (RRMS), der häufigsten MS-Form.
PLEGRIDY® muss nur einmal alle zwei Wochen mit einer Fertigspritze verabreicht werden. Es
scheint gleich wirksam zu sein wie die anderen Behandlungen dieser Art wie REBIF®, AVONEX®
oder BETAFERON®, die subkutan dreimal pro Woche verabreicht werden. Die Standarddosierung
beträgt 125 µg pro Anwendung, nach einer Titrationsphase (63, dann 94 und schliesslich 125 µg
alle 2 Wochen).
BIOTINE MERZ® 5mg mit neuem Outfit
Biotin, auch als Vitamin B7 oder Vitamin H bezeichnet, ist ein wasserlösliches Vitamin aus dem BKomplex. Biotin ist in sehr vielen Nahrungsmitteln enthalten, jedoch meistens nur im einstelligen
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Mikrogramm-Bereich, insbesondere in Eiern, Leber, Nüssen, Sojabohnen, Hefe und Haferflocken.
Es spielt eine wichtige Rolle bei der Bildung und Erneuerung der Haut, der Haare und Nägel. Ein
Biotinmangel ist selten und führt zu Hautveränderungen und Haarausfall. Als Nahrungsergänzungsmittel wird Biotin deshalb zur Behandlung von Haarausfall und brüchigen Nägeln
empfohlen. Es ist in verschiedenen Präparaten wie BIOTIN-BIOMED® FORTE, ROMBELLIN® oder
VITA BIOTINE® enthalten. All diese Spezialitäten haben mit 5 mg dieselbe Dosierung. Dies gilt auch
für BIOTINE MERZ®, das kürzlich ein neues Erscheinungsbild erhalten hat. Wie bei den anderen
Präparaten zu Behandlung von Haarausfall ist auch bei Biotin die Wirksamkeit nicht klar etabliert.
Wer mehr über Biotin und die Vitamine aus dem B-Komplex erfahren möchte, schaut in die PN Nr.
84 vom Juni 2011.
Anmerkung des Herausgebers
Die Empfehlungen in Pharma-News geben die Meinung der Autoren auf Grund der bei
Redaktionsschluss vorhandenen Daten wieder. Der CAP trägt dafür keinerlei Verantwortung..
Resultate des Lesetests der PN 126 – Die Gewinnerinnen::
Eine oder zwei entschuldigte Fehler!
Lucic Mladenka
pharmacieplus du léman
Fatio Marie-Jeanne
Pharmacie de St-Légier
Pedretti Valérie
pharmacieplus des fontaines
Peguiron Nicole
Pharmacie de la Vallombreuse
Steiner Maude
Pharmacie Dr A Marca
Cestele Nathalie
pharmacieplus franches-montagnes
Martinoli-Baume Christine pharmacieplus franches-montagnes
Chappatte Estelle
pharmacieplus franches-montagnes
Rossel Valérie
pharmacieplus franches-montagnes
Thiévent Ariane
pharmacieplus franches-montagnes
Jeanbourquin Chantal
pharmacieplus franches-montagnes
Martigny
St-Légier
Carouge
Prilly
Fribourg
Saignelégier
Saignelégier
Saignelégier
Saignelégier
Saignelégier
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Die glückliche Gewinnerin Valérie Pedretti!
Sie gewinnt einen Bon Ihrer Wahl über 100.- CHF
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LESETEST
Pharma-News Nr. 129
Kreuzen Sie die richtige Antwort oder die richtigen Antworten an, machen Sie einen Kreis um RICHTIG
oder FALSCH oder beantworten Sie die Frage.
1) Aripiprazol (mehrere Antworten sind möglich):
a)
b)
c)
d)
e)
ist ein Antidepressivum
ist der Wirkstoff von ABILIFY®
gehört zur Gruppe der sogenannten typischen Neuroleptika
ist ein Antipsychotikum
kann das Auftreten von Diabetes begünstigen
2) Nennen Sie die drei Situationen, bei welchen sich eine Generika-Substitution nicht empfiehlt
−
−
−
3)
RICHTIG oder FALSCH zu LERCANIDIPIN MEPHA®?
a)
b)
c)
d)
kann Zahnfleischwucherungen verursachen
hat eine gefässerweiternde Wirkung, was zu Ödemen oder Flush führen kann
ist ein Blutdrucksenker aus derselben Gruppe wie Enalapril
ist ein Kalziumantagonist, der nicht mit anderen blutdrucksenkenden Mitteln
kombiniert werden darf
e) wie alle Blutdrucksenker wird es in der Regel am Morgen eingenommen
Richtig / Falsch
Richtig / Falsch
Richtig / Falsch
Richtig / Falsch
Richtig / Falsch
4) Wählen Sie aus:
a) ESCITALOPRAM MEPHA® ist das Generikum von
SEROPRAM®
CIPRALEX®
b) Escitalopram ist indiziert bei
Depression
Schizophrenie
c) Im Vergleich zu Citalopram ist Escitalopram
wirksamer
gleich wirksam
d) Escitalopram ist kontraindiziert
unter 18 Jahren
während der Schwangerschaft
e) Im Vergleich zu Citalopram ist die Dosierung von Escitalopram
höher
tiefer
5) Was trifft auf Citalopram, was auf Escitalopram zu?
a) Es besteht aus zwei verschiedenen chemischen Verbindungen,
deren Moleküle wie Bild und Spiegelbild aufgebaut sind
b) Es ist indiziert bei Zwangsstörungen
c) Es ist auch erhältlich in Tropfenform
d) Es ist als Tabletten zu 10mg erhältlich
e) Es gehört zur selben Arzneimittelgruppe wie Fluoxetin
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Citalopram / Escitalopram
Citalopram / Escitalopra
Citalopram / Escitalopram
Citalopram / Escitalopram
Citalopram / Escitalopram
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6) Kreuzen Sie die richtigen Aussagen zu Gliclazid an:
a)
b)
c)
d)
e)
Wie Metformin begünstigt Gliclazid die Gewichtsabnahme bei Patienten mit Diabetes
Alkoholkonsum ist kontraindiziert unter Gliclazid-Behandlung
Gliclazid ist am Abend einzunehmen, um das Risiko von Hypoglykämien zu vermindern
Die Wirkung von Gliclazid beruht auf der Hemmung der Kohlenhydrataufnahme im Darm
Gliclazid ist erhältlich als retardierte Tabletten zu 60 mg, die jedoch teilbar sind
7) Ergänzen Sie den folgenden Satz mit einer der unten vorgeschlagenen Fortsetzungen: Neben
ihrem blutdrucksenkenden Effekt, verursachen Diltiazem und Verapamil….
a)
b)
c)
d)
e)
...eine verstärkte Diurese
...eine Stimulierung des Herzmuskels
...eine Bradykardie
...eine periphere arterielle Gefässverengung
...eine Verminderung der Anzahl von Migräneanfällen
8) Streichen Sie diejenigen Arzneimittelkombinationen durch, die kontraindiziert sind bzw.
miteinander interagieren:
a) LERCANIDIPIN MEPHA®- RENITEN®
b) CIPRALEX® - PULMOFOR®
c) MOTILIUM® - ABILIFY®
d) CIPRALEX® - MOTILIUM®
e) DAKTARIN® - DIAMICRON®
9) Eine 65-Jährige Frau kommt in die Apotheke, um ihre DIAMICRON® -Tabletten erneut zu holen. Sie
stellen fest, dass sie stark schwitzt, aufgeregt ist und dass ihre Hände zitten.
−
Woran denken Sie?
−
−
Was können Sie für die Patientin tun
−
10) Über welche Themen würden Sie gerne in den nächsten Pharma-News mehr erfahren?
Senden Sie einen Test pro Pharma-AssistentIn vor dem 25. Januar 2016 per Fax an die Nr. 022-3630085
Name
Vorname
Unterschrift
Stempel der Apotheke
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Nummer 130, Januar 2016
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