Wehrpflicht und aktuelle Gerichtsentscheidungen

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Aktuelle Information 05/2002
RK Nürnberg
Wehrpflicht und aktuelle Gerichtsentscheidungen
Juristische Schritte
Wehrpflicht
gegen
heitsbedingungen nicht mehr mit dem Grundgesetz vereinbar seien.
Das BVerfG hat die Vorlage als unzulässig
zurückgewiesen mit der Begründung dass
keine neuen Erkenntnisse vorgelegt wurden,
die nicht schon in den bisherigen Entscheidungen behandelt worden wären. Die Wehrpflicht ist grundsätzlich mit dem Grundgesetz
vereinbar. Eine weitere inhaltliche Auseinandersetzung hat des BVerfG in diesem Verfahren nicht geführt und die Klage rein aus
Formvorschriften zurückgewiesen.
die
Durch die jüngsten Gerichtsentscheidungen ist die
Diskussion über die Wehrpflicht wieder neu entbrannt. Dass immer wieder Gerichte Klagen
gegen den Wehrdienst dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und dem Europäischen
Gerichtshof (EuGH) vorlegen, ist ein Indiz für die
anhaltende Diskussion über die neue Sicherheitslage seit der Wiedervereinigung Deutschlands.
Bundesverfassungsgericht
Das Bundesverfassungsgericht hat seit 1960 in
mehreren Entscheidungen herausgestellt, dass die
Wehrpflicht mit dem Grundgesetz vereinbar
ist. Insbesondere wurde auch dargelegt, dass die
Wehrpflicht nur für Männer vom Verfassungsgeber so vorgesehen worden ist und dies zulässig
sei. Nach dem Grundgesetz kann der Gesetzgeber
die Art und Weise der Landesverteidigung festlegen, ob mit der allgemeinen Wehrpflicht oder
mit einer Freiwilligenarmee. Die Bestimmung
einer Wehrpflicht für die Männer ist ebenfalls mit
dem Grundgesetz vereinbar.
Nichts desto trotz ist es in jüngster Zeit immer
wieder zu Klagen und Vorlagen beim BVerfG
gekommen, wo die allgemeine Wehrpflicht in
Frage gestellt wird. Aktuell hat das BVerfG für
die nachfolgenden Verfahren entschieden, wobei
inhaltlich nichts grundsätzlich neues zur Wehrpflicht hinzugefügt worden ist. Die Abweisung
der Vorlagen beruhen alle auf eher formalen
Gründen. Das BVerfG weißt explizit darauf hin,
dass die Festlegung der Art und Weise der Landesverteidigung Aufgabe des Gesetzgebers sei
und es zur Wehrpflicht als eine zulässige Form
bereits mehrfach entschieden habe.
x
Potsdam-Entscheidung (04/2002)
Vor dem Landgericht Potsdam hat ein Totalverweigerer gegen seine Strafverurteilung
geklagt, die er wegen Dienstflucht (1993) erhalten hatte. Das Gericht stellte in den Raum,
dass die Wehrpflicht und die Strafbarkeit der
Dienstflucht unter den geänderten Sicher-
© Friedwart Lender
x
Düsseldorf-Entscheidung (04/2002)
Das Amtsgericht Düsseldorf hat das Bundesverfassungsgericht angerufen und hat die
Wehrpflicht als Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes angesehen. Die Männer müssten zum Wehrdienst,
die Frauen hätten die freiwillige Möglichkeit.
Das BVerfG wies auch diese Vorlage als unbegründet zurück.
Europäischer Gerichtshof (EuGH)
Nennenswert sind hier zwei Verfahren vor dem
EuGH:
x „Kreil“-Urteil (2000)
Tanja Kreil klagte auf freiwillige Zulassung
der Frauen zur Bundeswehr. Es ging hier
nicht um die Wehrpflicht, sondern um den
Gleichheitsgrundsatz, dass Männer und
Frauen den gleichen Zugang zu allen Berufen
haben. Mit dem „Kreil“-Urteil ist nur eine
Aussage zum freiwilligen Dienst von Frauen
in der Bundeswehr getroffen worden.
x
Stuttgarter Verfahren (04/2002)
Ein 19-jähriger Wehrpflichtiger hat beim
Verwaltungsgericht Stuttgart gegen seine
Einberufung geklagt. Begründung: Die Wehrpflicht für Männer verstößt gegen die Gleichbehandlungs-Richtlinie der EU. Das Gericht
in Stuttgart hat den Europäischen Gerichtshof
(EuGH) angerufen. Die Landesverteidigung
ist aber nicht in den EU-Verträgen geregelt
und unterliegt daher eigentlich nicht dem
europäischen Recht. Es bleibt abzuwarten,
wie der EuGH hier weiter verfährt.
Stand: 01.05.2002
Aktuelle Information 05/2002
RK Nürnberg
Wehrpflicht bei den NATO-Partnern
In den NATO-Staaten sieht die Regelung zur Wehrpflicht sehr unterschiedlich aus. Bei der Wehrpflicht
herrscht bei den NATO-Partner ein Patt vor. 8 Staaten, darunter die USA, haben sich für eine Berufsarmee
entschieden. 9 Staaten besitzen noch eine Wehrpflicht, wobei Italien ab 2005 die Aussetzung beschlossen hat
und zu einer Berufsarmee wechselt.
NATO-Partner
Belgien
Deutschland
Dänemark
Frankreich
Griechenland
Großbritannien
Kanada
Luxemburg
Italien
Niederlande
Norwegen
Polen
Portugal
Spanien
Tschechien
Türkei
Ungarn
USA
Wehrpflicht
Berufsarmee
9 Monate Wehrpflicht
4-12 Monate Wehrpflicht
Berufsarmee
18 Monate Wehrpflicht
Berufsarmee
Berufsarmee
Berufsarmee
10 Monate Wehrpflicht
(Abschaffung ab 2005)
Berufsarmee
12 Monate Wehrpflicht
12 Monate Wehrpflicht
4-12 Monate Wehrpflicht
Berufsarmee
12 Monate Wehrpflicht
18 Monate Wehrpflicht
9 Monate Wehrpflicht
Berufsarmee
Stellung der Parteien zur Wehrpflicht
Die beiden großen Volksparteien stehen zur
Wehrpflicht, die kleineren Parteien wollen eher
eine Berufsarmee. Aber auch in den großen Parteien gibt es einige Verfechter einer Berufsarmee.
x CDU
Wehrpflicht beibehalten
x SPD
Wehrpflicht beibehalten
x FDP
Aussetzung der Wehrpflicht. Aufstellung
einer Berufsarmee
x Grüne
Berufsarmee (Freiwilligenarmee)
x PDS
Berufsarmee
Einstellung der Bevölkerung
Das öffentliche Meinungsbild zur Wehrpflicht oder Berufsarmee hat sich in den letzten Monaten wieder
stark verändert. War im Jahre 2001 die Zustimmung zur Wehrpflicht wieder von 56 % auf 66 % gestiegen,
ist mittlerweile die Zustimmung wieder auf nur 51 % gesunken.
Quelle: IAP-Dienst 04/2002
© Friedwart Lender
Stand: 01.05.2002
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