jancee pornick casino - Ox

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Interviews & Artikel
JANCEE PORNICK CASINO
Die gefräßigen
Kannibalen des ...
Gefräßige Kannibalen gibt
es überall. Nicht nur auf
fernen Inseln oder in Horrorfilmen. Kannibalen aus Liebe gibt
es nicht viele. Die drei Musiker von JANCEE PORNICK
CASINO scheinen dazuzugehören. Auf ihrem neuen Album
„Slice Of Your Loving“ geht es gefräßig zu. Nötig haben es
die zwei Russen und ihr US-Band-Leader Jancee nicht.
Immerhin machen sie seit elf Jahren ihre spezielle Art von
Russen-Folk mit Punk, Country, Garage, Surf und Rockabilly
und haben es auch schon auf fünf Vorgängeralben gebracht.
Was es mit dem Kannibalismus und der Musik auf sich hat,
erklärt Jancee im Interview.
Nach eurem Albumtitel- und Artwork von „Slice Of Your
Loving“ zu urteilen scheint ihr ein recht „nahrhaftes“
Verhältnis zur Liebe zu haben. Gibt es jemanden, den ihr
euch stückchenweise einverleiben wollt?
Wie wäre es mit ein paar Bankern von Lehman Brothers und
Goldman Sachs als Hors d’ouevres und als Hauptgang gibt es
dann Josef Ackermann von der Deutschen Bank? Aber das hat
natürlich nichts mit Liebe zu tun – ganz im Gegenteil.
Daneben scheint es auf eurem neuen Album thematisch viel
um Outsider und um alles zu gehen, was mit Drogen oder
Sucht zu tun hat. Wie kommt das?
Der Titelsong, „Slice of your loving“, ist eigentlich ein Liebeslied.
Aber damit die Message nicht so ekelhaft angepasst wie bei
Xavier Naidoo rüberkommt, sondern für mich echt wirkt, ist es viel
schärfer und provokanter geschrieben. „Ich brauche eine Scheibe
von deiner Liebe, ein saftiges Stück, wo ich meine Zähne
reinrammen kann ...“ Natürlich auch nicht ganz so bitterernst
gemeint. „I need to rock“ handelt eigentlich nur von Sex – und ein
bisschen Liebe. In „Cowboys“ geht es definitiv um Outsider. Zur
Geisteshaltung Cowboy gehört auf jeden Fall ein Outsider-Dasein
... „Everybody likes good cocaina“ fasst unsere Spanientour und
die spanische Mentalität, wie wir sie erlebt haben, ganz gut
zusammen. Der Titel stammt auch aus dem Mund eines
spanischen Fans. „I like whiskey“ ist sowohl ein politisches
Pamphlet als auch einfach ein sehr simples Sauflied. Die
Mischung fand ich gut.
Wie viel ist bei euch autobiografisch oder singt ihr eher
„Geschichten“?
Autobiografisches haben wir viel. „Play dead“ und „Me and Olga“
schildern etwa unser Leben auf Tour, unsere elfjährige BandGeschichte mit all den Rattenlöchern, wo wir schon geschlafen
haben, und die ganzen Verrückten, die wir kennen gelernt haben,
und die ganzen Wagenladungen an Alkohol, die wir in der Zeit
vernichtet haben. Wie dir jeder bestätigen kann, ist das kein
Teenager-Geprahle ... Auch „Ein Motherfucker“ ist auf ganz
eigenartige Weise autobiografisch. Der Song ist unserem
Balalayka-Spieler Vladimir auf den Leib geschrieben und es geht
um Kneipenschlägereien. An einer Stelle ist von einer
gebrochener Hand beziehungsweise einem gebrochenem Bein
die Rede. Und ein Jahr, nachdem der Song fertig war, hat sich
Vladimir dann tatsächlich sein Bein und später einen Teil der
Hand gebrochen ... spooky.
Hat sich seit eurem Beginn vor elf Jahren thematisch und
musikalisch viel geändert?
Auf jeden Fall. Musikalisch sind wir härter, schneller und rotziger
geworden. Damals waren wir noch jung und eine ganze Ecke
braver – zumindest musikalisch. Textlich und thematisch ist das
so ähnlich, auch alles ein bisschen härter, ironischer und weniger
romantisch als früher. Das liegt, glaube ich, zum großen Teil
daran, dass mir der musikalische Mainstream im Laufe der Jahre
immer absurder und widerlicher vorgekommen ist.
Wie unterscheidet ihr euch davon, was ist das Besondere an
JANCEE PORNICK CASINO?
Die russisch-amerikanische Freundschaft mit Wohnsitz in
Deutschland, die schon überraschend lange hält, und dass wir
uns trotz unserer ganz unterschiedlichen Backgrounds
musikalisch ziemlich gut verstehen und manchmal auch echt ganz
gut zusammenspielen können ...
Wie habt ihr euch als Band gefunden?
Nachdem ich 1992 nach Deutschland gekommen bin, bin ich in
Köln irgendwie in diese Russen-Szene reingestolpert, und fand da
ganz viele Leute echt nett und super. Mit zweien von denen habe
ich dann die Band gegründet. Was uns verbunden hat, war
vielleicht so ein gewisses Outsidertum.
Ist dadurch euer typischer Stil entstanden?
Ja, durch unsere unterschiedlichen Backgrounds und drei
egomanischen Persönlichkeiten.
Warum covert ihr auf dem neuem Album ausgerechnet Ike und
Tina Turner – und Beethoven?
„River deep, mountain high“ von Phil Spector ist einfach eine
Burner-Nummer, das mussten wir unbedingt mal im GYPSYKINGS-Style probieren. Beethovens Fünfte auf Surf-Gitarre, ja,
das spricht für sich, glaube ich.
Worauf seid ihr am meisten stolz?
Da gibt es ein paar Sachen. Aber auf unsere aktuelle Platte sind
wir, glaube ich, alle ein bisschen stolz, weil sie die Erste ist, die
uns allen echt gut gefällt. Das war in elf Jahren noch nie so ...
Willst du noch etwas loswerden?
„Hui Sabachi“ heißt: „Pimmel von Hund“.
Na dann ...
Igor Eberhard
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© by Ox-Fanzine / Ausgabe #99 (Dezember 2011/Januar 2012)
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