Wenn der Peso purzelt

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Berliner Landesarbeitsgemeinschaft
Umwelt und Entwicklung
Wenn der
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Die Auswirkungen des
internationalen Währungssystems
für die Entwicklungsländer
Von Philipp Hersel
und Daniel Craffonara
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Wenn der Peso purzelt
Die Auswirkungen des internationalen
Währungssystems für die Entwicklungsländer – Berlin 2006
Herausgegeben von:
Berliner Landesarbeitsgemeinschaft
Umwelt und Entwicklung e.V. (BLUE 21)
Gneisenaustraße 2a
D-10961 Berlin
Fon: +49-(0)30-694 61 01
Fax: +49-(0)30-692 65 90
eMail: [email protected]
Internet: http://www.blue21.de
Redaktion: Philipp Hersel
Autoren: Philipp Hersel und Daniel Craffonara
Verlag:
FDCL-Verlag, Berlin
Layout:
Druck:
Mathias Hohmann, Berlin
agit Druck, Berlin
Diese Publikation wurde gefördert mit Mitteln der Kommission
der Europäischen Gemeinschaften. Die Verantwortung für die hier
vertretenen Positionen liegt ausschließlich bei den Autoren.
Titelbild:
rien ne va plus von tourist (photocase.com)
ISBN-10: 3-923020-36-8
ISBN-13: 978-3-923020-36-2
Diese Publikation wurde gefördert von
Inwent gGmbH mit Mitteln des BMZ.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung - Wieso ist das internationale Währungssystem wichtig für Entwicklung im Süden?.......2
Kapitel 1 – Welche Rolle spielen Wechselkurse für die wirtschaftliche Entwicklung?...........................4
1.1 Die Entstehung des Geldes
1.2 Was ist ein Währungssystem und wozu braucht man es?
1.3 Die Folgen für Entwicklung
4
5
7
Kapitel 2 – Die Entwicklung des Weltwährungssystems................................................................................11
2.1 Der erste Goldstandard bis 1914
2.2 Der zweite Goldstandard der Zwischenkriegszeit
2.3 Das Weltwährungssystem von Bretton Woods
2.4 Von 1973 bis heute: Ein flexibles Wechselkurssystem
11
12
13
14
Kapitel 3 – Das System des Währungshandels
– Die Rolle von Banken, institutionellen Investoren und transnationalen Konzernen............................17
3.1 Der Währungsmarkt (Devisenmarkt)
17
3.1.1 Orte, Akteure und Instrumente des Währungshandels
3.1.2 Die Währungsspekulation
20
21
Kapitel 4 – Möglichkeiten und Grenzen einseitiger Wechselkurspolitik...................................................24
4.1 Formen von Wechselkurssystemen
24
4.1.1 Feste Wechselkurssysteme
4.1.2 Intermediäre Regime
4.1.3 Flexible Wechselkurssysteme
24
26
28
4.2. Die Währungspolitik des IWF
28
4.2.1 Der IWF als Anwalt der Extremlösungen
4.2.2 Einfluss auf die Währungspolitik
28
31
Kapitel 5 – Alternativen: Multilaterale Währungszusammenarbeit statt Währungskonkurrenz......32
5.1 Zielzonen
5.2 Langfristige statt kurzfristige Kreditvergabe
5.3 Tobin-Steuer
5.4 Spahn-Steuer
5.5 Die Clearing Union von Keynes
32
32
33
33
33
Abbildungen und Boxen
Literatur.......................................................................................................................................................................35
Box 1:
Tabelle 1:
Abbildung 1:
Box 2:
Box 3:
Abbildung 2:
Tabelle 2:
Box 4:
Box 5:
Abbildung 3:
Box 6:
Box 7:
Box 8:
Abbildung 4:
Box 9:
Verschuldung und Wechselkurs am Beispiel Deutsche Bank und Embraer
Renditen für Anlagen in brasilianischer Währung R$
Außenwertentwicklung der D-Mark (1970 - 1975)
Was ist ein Termingeschäft?
Was ist Spekulation?
Regionalstruktur der Weltwährungsreserven
Die weltweit 10 größten Banken im Devisenhandel
Das Market Maker Prinzip
Wie funktioniert ein Währungsgeschäft?
Kontinuum der Wechselkursregime
Länderbeispiel Currency Board: Argentinien
Länderbeispiel Adjustable Peg: Thailand
Länderbeispiel Flexibler Wechselkurs: Südafrika
Wechselkursverlauf des südafrikanischen Rand (1994-2006)
Der Internationale Währungsfonds
8
9
15
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18
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20
21
22
24
25
27
29
29
30
1
Wenn der Peso purzelt
Einleitung
2
Am 2. Juli 1997 begann in Thailand die sogenannte
Asienkrise. Sie begann damit, dass Investoren, ausländische und thailändische, innerhalb sehr kurzer
Zeit sehr viel Kapital aus Thailand ins Ausland verbrachten, weil sie eine Wirtschaftskrise in Thailand
befürchteten. Investoren und Banken tauschten ihr
Geld von der thailändischen Währung Bath in USDollar und Euro um, um es außer Landes zu bringen.
Bath war nicht mehr gefragt und die Nachfrage
nach Euro und Dollar stieg dramatisch. Das Ergebnis
war ein dramatischer Verfall des Bath: er verlor bis
zum Januar 1998 über 50 Prozent seines Wertes,
der Wechselkurs war auf die Hälfte gefallen.
Dieser Prozess setzte eine ökonomische Kettenreaktion in Gang: Wenn eine thailändische Bank
im Ausland Geld geliehen hatte (und das hatten
viele getan), musste sie Zinsen und Tilgungen in
der Regel in Dollar und Euro bezahlen. Die von ihr
in Thailand erwirtschafteten Bath waren nun aber
nur noch die Hälfte wert, die Auslandsverschuldung
Thailands hatte sich also, in Bath gemessen, verdoppelt. Das brachte viele Banken und sonstige Schuldner ganz schnell an den Rand des Bankrotts. Um ihre
Kredite bezahlen zu können, versuchten die Banken
versuchten, ihre ausstehenden Kredite bei thailän-
dischen Unternehmen einzutreiben. Damit wurden
auch viele Unternehmen zahlungsunfähig. Diese
wiederum entließen ihre Angestellten und so
verdreifachte sich die Arbeitslosigkeit in Thailand
innerhalb weniger Monate. Die betroffene Bevölkerung kam zudem kaum an ihre Ersparnisse auf
der Bank (wenn sie denn welche hatte), denn die
Banken standen ja vor dem Zusammenbruch. Das
Bruttosozialprodukt schrumpfte 1998 um 8 Prozent,
die Armut nahm um 77 Prozent zu (Huffschmid
1999: 162, 165).
Um einen Totalkollaps des thailändischen Bankensystems zu verhindern, übernahm die thailändische
Regierung einen großen Teil der ausländischen
Schulden. Die Auslandschulden des Staates von
knapp 17 Mrd. US$ 1996 haben sich dadurch bis
1999 auf über 31 Mrd. US$ fast verdoppelt (Weltbank 2002). Dennoch brachen viele Banken und
Unternehmen zusammen, wurden zerschlagen,
entließen ihre Belegschaft und wurden im Laufe
der Krise billig an ausländische Investoren
verscherbelt. Dem Staat fehlte wegen der Wirtschaftskrise und der gestiegenen Schuldenbelastung
gleichzeitig das Geld, die Krise abzumildern und die
dramatisch zunehmende Armut zu lindern.
Wie Thailand erging es 1997 auch Südkorea,
Malaysia und Indonesien. Mexiko war von einer
ähnlichen Finanzkrise, der sogenannten „TequilaKrise“, schon 1994 erschüttert worden. Brasilien,
Russland, die Türkei und Argentinien folgten seit
1999 mit Währungs- und Finanzkrisen, die zum Teil
ähnliche Abläufe und Folgen hatten.
Das Beispiel Thailand veranschaulicht eindrücklich,
wie beginnend mit einer Währungskrise, eine ganze
Volkswirtschaft in einen Abwärtsstrudel geraten
kann. Viele Entwicklungserfolge der Krisenländer
wurden damals in nur kurzer Zeit zerstört und viele
Länder, v.a. Indonesien, Brasilien und Argentinien,
leiden bis heute an den Spätfolgen der Finanzkrisen.
Zwar wiesen viele Kennzahlen der Krisenländer
schon bald nach der Krise Zeichen von Erholung
auf. Ein wieder deutlich steigendes Wachstum
oder ein Abbau der Staatsverschuldung sagen aber
noch nichts darüber aus, ob die Opfer der Krise, z.B.
die Verarmten und erwerbslos Gewordenen, auch
diejenigen sind, die „in den Genuss“ der Erholung
kommen. Häufig gehen Wirtschaftskrisen mit Umverteilungsprozesse im großen Stile einher. Dabei hat
es historisch nicht unbedingt immer nur die Ärmsten getroffen. Bei Beginn der Weltwirtschaftskrise
1929 haben nicht nur Millionen ihre Arbeit, sondern
auch viele Millionäre ihr Vermögen verloren. Aber
die Reichen wurden sehr ungleich getroffen. Große
Börsentycoone gingen Pleite, die Immobilienbarone
hingegen kamen sehr glimpflich davon. Traurigerweise festzustellen bleibt aber, dass die unteren
Einkommensschichten, sofern sie sich nichtals KleinbäuerInnen selbst versorgen, meist am härtesten von
Wirtschaftskrisen getroffen wurden.
Die vorliegende Broschüre will aber über akute
Währungskrisen hinaus den Blick auf noch etwas
anderes richten: Wie wirkt sich das internationale
Währungssystem im Alltag auch ohne akute Währungskrisen auf die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Länder des Südens aus? Sind es nur
die Momente der Krisen, die Entwicklungsländern
zu schaffen machen oder ist auch der „alltägliche
Normalzustand“ des Weltwährungssystems ein
Problem für Entwicklung? Warum haben Entwicklungsländer meist schwache Währungen und
warum bestimmen die Industrieländer die
globale Zinspolitik?
Auf diese und ähnliche Fragen versucht die
Broschüre verständliche und handlungsorientierte
Antworten zu geben. Daher darf nach einer Darstellung der ökonomischen Zusammenhänge, einem
Abriss der Währungsgeschichte und einer Bestandsaufnahme der heutigen Akteure und Institutionen
am Schluss der Ausblick auf Alternativen natürlich
nicht fehlen.
3
Wenn der Peso purzelt
Kapitel 1
Welche Rolle spielen Wechselkurse für
die wirtschaftliche Entwicklung?
1.1 Die Entstehung des Geldes
I
4
n der historischen Entwicklung hat sich Geld
schon sehr bald aus dem Handel mit Waren entwickelt. Sobald Menschen anfingen, Güter untereinander zu tauschen (z.B. Vieh gegen Getreide oder
Werkzeuge), stellte es sich als sehr praktisch heraus,
den Tausch zweier Waren über eine zusätzliche
dritte Ware als Vermittlungsinstrument abzuwickeln.
Als Vermittlungsinstrument etablierten sich dabei
solche Güter, die besonders wertvoll und physisch
robust waren. Die Kriterien erfüllten z.B. Edelmetalle
wie Gold, Silber etc., Naturprodukte wie Perlen oder
Kauri-Muscheln, und bisweilen kultische Gegenstände oder Schmuckstücke.
Hatte ein Stück Vieh den gleichen Tauschwert wie
z.B. 100 kg Getreide und war der Tauschwert von
100 kg Getreide gleich dem Wert von 10 Gramm
Gold, dann konnte ein Viehbesitzer sein Stück Vieh
für 10 Gramm Gold verkaufen, für 5 Gramm Gold
50 kg Getreide kaufen und die restlichen 5 Gramm
Gold für andere Käufe zu einem späteren Zeitpunkt
aufbewahren.
Mit diesem Beispiel sind die drei grundlegenden
Geldfunktionen beschrieben.
1. Zahlungsmittelfunktion: Geld wird benutzt,
um beim Kauf von Waren zu bezahlen. Wie man
Gold (als Goldstaub oder keine Goldstückchen) in
beliebige Mengen teilen konnte, so kann man heute
durch die Stückelung von Münzen und Geldscheinen
jeden beliebigen Wert beim Kauf übertragen.
2. Die Recheneinheit: Gleichzeitig wird der Tauschwert der Güter in einer einheitlichen Recheneinheit
(z.B. in Gramm Gold oder Cents und Euro)
ausgedrückt und der Wert der Güter wird
dadurch leicht vergleichbar.
3. Die Wertaufbewahrungsfunktion: Man kann den
Wert von Gütern in Form von Geld aufbewahren,
z.B. wenn man heute etwas verkauft, man für den
erhaltenen Gegenwert aber erst zu einem späteren
Zeitpunkt etwas anderes kaufen will.
Durch diese Funktionen hat Geld eine wichtige Rolle
bei der Herausbildung der Arbeitsteilung gespielt.
Von der Subsistenzwirtschaft, wo jeder die individuell benötigten Güter für sich selbst herstellt, wurde
dadurch der Übergang zu einer Marktgesellschaft
vorangetrieben, wo man statt dessen solche Güter
herstellt, deren Verkauf auf dem Markt einträglich
erscheint (z.B. gebrautes Bier) und für deren Erlöse
man sich die notwendigen Zutaten (z.B. Getreide,
Hopfen, Malz) und die Mittel zum eigenen Leben
(„Lebensmittel“) kaufen kann.
Geld im Sinne des uns heute vertrauten Bargelds hat
sich dabei erst relativ spät entwickelt. Es begann
damit, dass nicht mehr nur ein physische Element,
z.B. Gold, als Geld funktionierte, sondern dass
einzelne HerrscherInnen in ihrem Einflussbereich
Münzen aus diesem Material prägten. Die Münze
drückte mit ihrer Prägung einerseits aus, dass sie
eine bestimmte Menge Gold enthielt und so einen
fest bestimmten Wert hatte. Man konnte sich also
das Abwiegen sparen. Andererseits waren Münzen
auch immer Ausdruck politischer Macht, denn sie
wurden nur im jeweiligen Einflussgebiet der entsprechenden Herrschaft akzeptiert. Anders ausgedrückt:
Die Einflusssphäre des römischen Reiches ließ sich
z.B. als das Territorium definieren, wo Münzen des
römischen Kaisers als Geld akzeptiert wurden.
Dieser Gedanken lässt sich auch durchaus heute
aufrechterhalten: Der Einflussbereich der USA
und Europas endet nicht an ihren Ländergrenzen,
sondern da, wo man mit Dollar und Euro bezahlen
kann. Umgekehrt drückt sich die sehr viel begrenztere Macht Tansanias oder Guatemalas nicht zuletzt
darin aus, dass man außerhalb von Tansania und
Guatemala mit tansanischen Schillingen und guatemaltekischen Quetzal praktisch nichts kaufen kann.
Und selbst innerhalb dieser Länder ist man mit Dollar und Euro oft sehr viel besser dran als mit der landeseigenen Währung. Geld ist offensichtlich ein extrem politisches Phänomen. Im vorgenannten Sinne
drückt der beliebte Ausspruch „Geld ist Macht“ nicht
nur aus, dass derjenige, der Geld hat, auch Macht
hat. Noch viel mehr Macht hat derjenige, der Geld
macht.
Heute liegt das Recht, Geld herzustellen, bei nationalen Zentralbanken. Diese tragen, auch und gerade
in parlamentarisch-repräsentativen Demokratien
das Attribut „unabhängig“, d.h. sie sind der direkten
Kontrolle und Einflussnahme von Parlament und
Regierung entzogen. Sie sind zwar in ihren Statuten bestimmten politischen Zielen unterworfen,
wie z.B. dem Primat der Geldwertstabilität im Fall
der Deutschen Bundesbank bzw. der Europäischen
Zentralbank, oder einer Kombination aus Geldwertstabilität und andern gesamtwirtschaftlichen Zielen
wie Wachstum und Beschäftigung im Fall der Federal Reserve, der US-Zentralbank. Letztlich obliegt es
damit den Zentralbankern (und nicht den nationalen
Finanzministerien), die aus ihrer Sicht „richtige“
Geld- und Währungspolitik zu betreiben.
Bevor Banknoten von Zentralbanken gedruckt wurden, gab es eine Phase des Gelddrucks durch private
Banken. Banknoten sind in der Renaissance als
Papiere entstanden, in denen private Banken versichern, dass sie gegen Vorlage dieses Papier vom
Konto eines bestimmten Kunden einen bestimmten
Betrag in Gold auszahlen, also quasi ein Barscheck.
Dieser Kunde konnte dann, statt entsprechende
Mengen Gold mit sich führen zu müssen, mit dieser
Bescheinigung der Bank bezahlen. Im Laufe der Zeit
entkoppelten sich diese Papiere von konkreten
Kunden und die Verpflichtung, gegen Vorlage des Papiers Gold auszuzahlen, bezog sich nur noch auf die
Bank selbst. Diese „Banknoten“ wurden dadurch ein
allgemeines Zahlungsmittel und erhielten Geldfunktion. Wenn die Banken davon ausgehen konnten,
dass ein bestimmter Anteil ihrer Banknoten als Zahlungsmittel im Umlauf blieb und nicht direkt wieder
bei ihnen eingelöst wurden, dann konnten
sie in diesem Umfang mehr Banknoten ausgeben,
als sie an Goldreserven in der Bank hatten. Die
Banken, die „Banknoten“ ausgaben, konnten auf
diesem Wege zusätzliches Geld schaffen.
Diese Möglichkeit bot natürlich auch Gelegenheit
zum Missbrauch und gelegentlich brachen Banken
zusammen, wenn sie es mit der Ausgaben von
Banknoten übertrieben hatten. Nicht zuletzt aufgrund dieser Missbrauchsmöglichkeiten wurde die
Aufgabe, Banknoten auszugeben, in Laufe der Jahrhunderte auf staatliche Zentralbanken übertragen.
Bis ins 20. Jahrhundert waren die Banknoten der
Zentralbanken, ähnlich wie zuvor die Banknoten
privater Banken, mit Edelmetallbeständen unterlegt,
d.h. es bestand z.B. eine Goldeinlösegarantie für die
umlaufenden Geldscheine. Die Goldeinlösegarantie
des US-Dollars wurde z.B. erst 1971 aufgehoben
(siehe dazu auch das Kapitel 2).
1.2 Was ist ein Währungssystem
und wozu braucht man es?
Wenn man der Einfachheit halber zunächst davon
ausgeht, dass der Geltungsbereich eines nationalen
Geldes (z.B. des polnischen Zloty) auf das Gebiet des
entsprechenden Nationalstaats begrenzt ist (z.B. von
Polen), bedarf es bei grenzüberschreitenden Transaktionen einer Möglichkeit, die nationalen
Gelder, d.h. Währungen, zueinander ins Verhältnis
setzen zu können. Das Verhältnis, wie sich die
Werte zweier Währungen zueinander verhalten, ist
der Wechselkurs. Der Wechselkurs kann entweder in
der Mengen- oder in der Preisnotierung ausgedrückt
werden. Bei der in den USA und Europa üblichen
Mengennotierung gibt der Wechselkurs die Menge
ausländischer Währungseinheiten an, die man für
eine inländische Währungseinheit erhält (1 € = xy
US$). Der Wechselkurs des Euro zum US-Dollar in
der Mengennotierung lag 2006 durchschnittlich bei
ca. 1,26. Bei der Preisnotierung wird der Wechselkurs
als Preis für eine Einheit ausländischer Währung
(xy € = 1 US$) ausgedrückt. In der Preisnotierung
lag der Wechselkurs des Euro zum US-Dollar in
2006 also durchschnittlich bei ca. 0,80.
Da sich historisch in angrenzenden Gebieten häufig
ähnliche Geldformen entwickelt haben (z.B. Goldoder Silbermünzen), konnten nationale Goldmünzen
über ihren Goldgehalt zueinander ins Verhältnis
gesetzt werden. Sobald sich aber der Wert des
physischen Geldmaterials (z.B. bei Geldscheinen)
nicht mehr als Vergleichsmaßstab nutzen lässt,
müssen andere Maßstäbe her. Hierfür gibt es
verschiedene Anhaltspunkte.
Ein nachvollziehbarer Maßstab ist die sogenannte
Kaufkraftparität. Dabei geht man davon aus, dass
der Wechselkurs die unterschiedliche Kaufkraft
zweier Währungen ausgleicht. Wenn ein Pfund
Butter in Polen 5 Zloty kostet und in Tschechien 30
tschechische Kronen, dann ist das Kaufkraftverhältnis zwischen Zloty und Krone 5 zu 30 bzw. 1 zu 6.
Der Wechselkurs des Zloty zur Krone sollte also im
Sinne der Kaukraftparität 6 (in der Mengennotierung) bzw. 1/6 (in der Preisnotierung) sein. Natürlich
kann es z.B. sein, dass die Herstellung von Butter in
Tschechien objektiv billiger ist als in Polen (z.B. wenn
in Tschechien die Viehweiden fruchtbarer oder die
Produktivität der Butterproduktion wegen höherem
Maschineneinsatz höher ist). In der Summe sollte
5
Wenn der Peso purzelt
man die Kaufkraft zweier Währungen daher nicht
allein mittels eines Guts vergleichen, sondern man
nimmt für Kaufkraftvergleiche den Warenkorb, mit
dem im Inland auch die Inflation gemessen wird.
Das Beispiel macht deutlich, wie wichtig der Wechselkurs für Importe und Exporte ist: Wenn eine
Währung aufwertet, d.h. wenn sie im Vergleich zu
anderen Währungen wertvoller wird, kann man mit
dieser Währung im Ausland billiger einkaufen. Steigt
der Wechselkurs des Zloty zur Krone von 6 auf 7
und sieht man von den Transportkosten ab, ist es für
die Polen billiger, nur noch Butter aus Tschechien
statt einheimischer Butter zu kaufen. Die polnischen
Viehbauern werden davon sicherlich wenig begeistert sein, die tschechischen Bauern hingegen umso
mehr. Ein gestiegener Wechselkurs macht also das
einkaufen im Ausland billiger, umgekehrt werden
damit aber auch die einheimischen Produkte teurer,
wenn man sie ans Ausland verkaufen will. Bei einem
Wechselkurs von 7 werden polnische Bauern nicht
nur im Inland weniger Butter verkaufen, sondern
auch in Tschechien wird polnische Butter quasi
unverkäuflich.
6
Natürlich gilt das nicht gleichermaßen für alle
Produkte. Die Ökonomen unterscheiden diesbezüglich
zwischen handelbaren („Tradables“) und nicht-handelbaren („Non-Tradables“) Gütern. Je standardisierter
und transportfähiger ein Produkt ist (z.B. Butter),
umso mehr steht es im internationalen Preiswettbewerb. Gibt es sehr unterschiedliche Ausführungen der
gleichen Produktart (z.B. die verschiedenen Segmente
des Automobilmarktes), umso mehr wird auch über
Qualität, Image und Produktdifferenzierung international konkurriert. Jenseits derartiger Tradables gibt es
Waren, v.a. aber Dienstleistungen, die vor Ort angeboten und konsumiert werden und daher kaum handelbar sind. Ein typisches Beispiel ist ein Haarschnitt.
Ein Friseursalon in Deutschland konkurriert kaum mit
einem Friseur in Holland oder Frankreich. Derartige
Non-Tradables können daher in unterschiedlichen
Länder sehr unterschiedlich teuer sein.
Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten, wie
sich Wechselkurse in der Praxis herausbilden (für
Details siehe das Kapitel 4.1). Entweder wird der
Wechselkurs von einem einzelnen Land oder durch
zwischenstaatliche Vereinbarungen offiziell festgelegt („fester Wechselkurs“) oder er wird auf dem
Devisenmarkt durch das freie Spiel von Angebot und
Nachfrage täglich ermittelt. Im letzten Fall spricht
man von einem freien bzw. flexiblen Wechselkurs.
Theoretisch sollen freie Wechselkurse für eine
automatischen Korrektur ungleichgewichtiger
Handelsbilanzen sorgen und in der Theorie sind
die Argumente durchaus überzeugend. Wenn z.B.
Deutschland etwas in die USA exportiert, dann
tauschen die Käufer in den USA im Umfang dieses
Exports ausländische Währung (d.h. US-Dollar) in
heimische Währung (d.h. Euro), um damit beim
deutschen Herstellern die Rechnung zu bezahlen.
Ein Export aus Deutschland führt also zu einer
Nachfrage nach Euro auf dem Devisenmarkt. Im
Fall eines Imports aus den USA nach Deutschland
ist es genau umgekehrt, dann werden Euro auf dem
Devisenmarkt angeboten und US-Dollar nachgefragt.
Solange sich Import und Export die Waage halten,
sollte der Wechselkurs theoretisch stabil bleiben. Im
Fall eines deutschen Exportüberschusses sollte
durch die Übernachfrage nach Euro der Wechselkurs
des Euro zum US-Dollar steigen. Dadurch werden die
deutschen Produkte aus US-Sicht teuer, die USProdukte aus deutscher Sicht billiger. Durch diese
relative Preisverschiebung in Folge der Aufwertung
sollten die Exporte aus Deutschland zurückgehen
und die Importe aus den USA steigen, sodass sich im
Ergebnis die Handelsbilanz mittel- und langfristig im
Gleichgewicht einpendelt. Die Wirtschaftsgeschichte
der Bundesrepublik zeigt aber diese Tendenz zum
Gleichgewicht nicht. Seit in den 1970er Jahren freie
Wechselkurse eingeführt wurden (und auch in der Zeit
davor bei festen Wechselkursen), hat die Bundesrepublik einen hartnäckigen Exportüberschuss.
Ein Grund dafür liegt darin, dass die zuvor dargestellte Wechselkurstheorie sich nur auf die
Handelsströme konzentriert, sich also nur an der
Funktion nationaler Gelder als Zahlungsmittel und
Recheneinheit orientiert (siehe 1.1). Währungen als
nationale Gelder haben aber daneben eben auch
noch die Wertaufbewahrungsfunktion. Im internationalen Maßstab bedeutet die Wertaufbewahrungsfunktion, dass Menschen ihr Geld vorzugsweise
in der Währung aufbewahren bzw. anlegen, die
den Wert ihres Geldes am besten stabil hält bzw.
vergrößert. Wenn man in den USA für das eigene
Geld höhere Zinsen als in Deutschland erhält, ergibt
das einen Anreiz, Geld in US-Dollar statt in Euro
aufzubewahren und anzulegen. Derartige Anlageentscheidungen sind wichtig dafür, wie sich Kapital
zwischen verschiedenen Ländern und Währungen
bewegt. Kapitalbewegungen verlaufen aber genauso
über den Devisenmarkt wie die oben skizzierten
Handelsströme.
Wenn man in einem System freier Wechselkurse
einen stabilen Wechselkurs haben möchte, müssen
also nicht nur die Handelsströme ausgeglichen sein,
sondern die Summe der Handels- und Kapitalströme
müssen sich im Gleichgewicht befinden. Dabei
können sich Ungleichgewichte aufheben oder
gegenseitig verstärken. Wenn Deutschland einen
Exportüberschuss gegenüber den USA hat und gleichzeitig im Umfang dieses Überschusses Kapital in
den USA anlegt, dann heben sich die Aufwertungswirkung durch den Exportüberschuss (also die
Überschussnachfrage nach Euro) und die Abwertungswirkung durch den Export von Kapital (also
die Überschussnachfrage nach US-Dollar) genau
gegenseitig auf. Solange Länder mehr Kapital exportieren als sie importieren (d.h. ein Nettokapitalexport
vorliegt), bildet sich aus Angebot und Nachfrage auf
dem Devisenmarkt ein Wechselkurs, der tendenziell
zu niedrig für eine ausgeglichene Handelsbilanz
ist und einen Exportüberschuss im Güterhandel befördert.
Diesen Zusammenhang kann man durchaus strategisch nutzen. Deutschland als Exportweltmeister
hat es seit dem Zweiten Weltkrieg stets vermocht,
die Aufwertung der damaligen DM soweit zu bremsen, dass weiterhin ein großer Exportüberschuss
entstand. Die Entstehungsgeschichte der deutschen
Entwicklungshilfe ist dafür ein bemerkenswertes
Beispiel. Als Anfang der 1960er Jahren darüber
nachgedacht wurde, die DM wegen des großen
Exportüberschusses Westdeutschlands gegenüber
dem US-Dollar aufzuwerten (damals wurden die
Wechselkurse im Rahmen des Bretton-WoodsSystems noch staatlich festgelegt, siehe 2.3), hat
die Bundesbank sich massiv dafür eingesetzt, das
Instrument der Entwicklungshilfe auf Kreditbasis einzuführen, um auf diesem Wege Kapital aus
Deutschland zu exportieren und so den Druck zur
Aufwertung der DM gegenüber dem US-Dollar zu
mindern (vgl. Emminger 1986: 111).
Sowohl Kapital- als auch Handelsströme beeinflussen also die Wechselkurse auf den Devisenmärkten.
Umgekehrt führen aber auch Erwartungen über die
zukünftige Wechselkursentwicklung zu Kapitalbewegungen. Hierbei passiert das, was John Maynard
Keynes schon in den 1930er Jahren mit dem Gleichnis eines Preisausschreibens bei Schönheitswettbewerben umschrieben hat. Die TeilnehmerInnen des
Preisausschreibens sollten sagen, wen sie für die
schönste Kandidatin des Wettbewerbs hielten. Der
Gewinn des Preisausschreibens wurde unter den
TeilnehmerInnen verlost, die die Kandidatin gewählt
hatten, die von den Einsendungen am häufigsten
als die Schönste ausgewählt wurde. Wer bei dem
Preisausschreiben gewinnen wollte, durfte sich also
nicht von einer subjektiven Meinung leiten lassen,
sondern es ging darum, am besten zu erraten, wen
die anderen TeilnehmerInnen als die Schönste
auswählen würden. „Wir haben den dritten Grad
erreicht, bei dem wir unsere Intelligenz darauf ver-
wenden, welche Meinungen die meisten Leute über
die Meinung der meisten Leute haben. Und es gibt
einige, glaube ich, die den vierten, fünften oder noch
höhere Grade praktizieren.“ (Keynes 1936: 131)
Wenn z.B. ein wichtiger Regierungswechsel bevorsteht, überlegt sich der einzelne Kapitalanleger X,
was die Mehrheit der Kapitalanleger tun wird. Auch
wenn der einzelne Anleger X annimmt, dass sich
durch die neue Regierung für seine Anlagen keine
direkten Verschlechterungen ergeben (z.B. keine
höheren Steuern), er aber gleichzeitig davon ausgeht, dass die Mehrzahl der Anleger Verschlechterungen (d.h. höhere Steuern) erwarten, wird er sein
Kapital aus dem Land abziehen. X erwartet dann
nämlich, dass die anderen ihr Kapital abziehen, was
zu einer Abwertung der Währung führt. Diese Abwertung wiederum entwertet auch die Anlagen von
X, auch wenn die Steuern nicht erhöht werden.
1.3 Die Folgen für Entwicklung
Offensichtlich wirken sich die Handels- und Finanzströme eines jeden Landes auf seine Währung aus
und umgekehrt beeinflusst der bestehende Wechselkurs und die Erwartungen über seine zukünftige
Entwicklung die Handels- und Finanzströme dieses
Landes. Ein Wechselkurs drückt letztlich immer das
Vertrauen aus, dass man in die Wirtschaft eines
Landes hat, denn mit einer Währung, d.h. dem Geld
einer bestimmten Volkswirtschaft, kann man immer
nur das Kaufen, was diese Volkswirtschaft auch zu
produzieren in der Lage ist.
Angesichts zum Teil krisengeschüttelter Ökonomien
ist es daher nicht verwunderlich, dass die Währungen vieler Entwicklungsländer nicht besonders
gefragt und damit auch nicht besonders wertstabil
sind. Wie im Vorangegangenen beschrieben hat das
positive und negative Folgen, die sich überlagern:
Ein niedriger und abwertender Wechselkurs verbilligt
die Exporte und verteuert Importe, beides an sich ist
gut für die Wettbewerbsfähigkeit und die Handelsbilanz. Umgekehrt führt aber das mangelnde Vertrauen
in die Währungen der Entwicklungsländer dazu dass
die Einwohner dieser Länder ihre Ersparnisse lieber
in US-Dollar oder Euro unter der Matratze, bzw. bei
den Vermögenden, auch auf ausländischen Konten
aufbewahren, statt die heimische Währung dafür zu
benutzen. Aus Sicht des Devisenmarkt bedeutet das
einen Kapitalexport oder, wie es häufig vorwurfsvoll
genannt wird, eine Kapitalflucht, was die einheimische Währung weiter unter Druck setzt.
Die monetär-keynesiansiche Entwicklungstheorie
bzw. die „Theorie der geldwirtschaftlichen Ent-
7
Wenn der Peso purzelt
wicklung“1 hat für die Schwäche der Entwicklungsländerwährungen noch eine zusätzliche Erklärung
anzubieten. Länder, die in ausländischer Währung
verschuldet sind, zahlen in der langen Frist über
Zinsen und Tilgungen stets immer mehr an die
Gläubiger zurück, als sie von diesen ursprünglich
als Kredit bekommen haben. Langfristig führen daher
die direkten Zahlungsströme einer Kreditaufnahme
im Ausland zu einem Netto-Devisenabfluss an das
Ausland. Um diesen Netto-Devisenabfluss auszuglei-
erwirtschaften, dann können sich AnlegerInnen
schon heute leicht ausrechnen, dass die inländische
Währung im Laufe der zukünftigen Kreditrückzahlung noch weiter unter Druck geraten wird. Um
einer zukünftigen Abwertung zu entgehen, legen
AnlegerInnen daher ihr Vermögen lieber schon heute
in ausländischer Währung an. Das Ergebnis ist ein
beschleunigter Kapitalexport und ein beschleunigter
Verfall der Währung.
Box 1: Verschuldung und Wechselkurs am Beispiel Deutsche Bank und Embraer
Die Deutsche Bank in Frankfurt gibt dem brasilianischen Luftfahrtunternehmen Embraer einen Kredit über
100 Mio. €. Der Kredit wird am 1.1.1996 ausgezahlt, der Zinssatz beträgt 10 Prozent pro Jahr. Die Tilgung erfolgt
nach 10 Jahren am 31.12.2005. Angenommen wird ein fester Wechselkurs von 1 € = 3 R$ (Brasilianischer Real).
8
1.1.1996
1.1.1996 31.12.2005
31.12.2005
Die Deutsche Bank
vergibt Kredit an
Embraer über 100
Mio. €. Embraer
tauscht die 100. Mio.
€ bei der brasilianischen Zentralbank
in 300 Mio. R$ um.
Embraer tauscht 10
mal jährlich bei der
Zentralbank 30 Mio.
R$ in 10 Mio. € um,
um die Zinsen an die
Deutsche Bank zu
überweisen.
Embraer tauscht
bei der Zentralbank
300 Mio. R$ in
100 Mio. € um, um
die Tilgung an die
Deutsche Bank zu
überweisen.
Einmalig zusätzliche
Nachfrage nach 300
Mio. R$.
10 Jahre lang zusätzliches Angebot
von 10 x 30 Mio
= 300 Mio. R$.
chen, müssen mit den ausländischen Kredite Investitionen getätigt werden (z.B. in den Exportsektor),
die die notwendigen zusätzlichen Deviseneinnahmen
erwirtschaften. Wenn das nicht gelingt (z.B. weil die
Kredite für binnenwirtschaftliche Investitionen verwandt werden), entsteht aus einem Auslandskredit
ein gesamtwirtschaftlicher und systemischer Devisenabfluss. Auf dem Devisenmarkt bedeutet das ein
Überschussangebot an heimischer Währung, dass
den Wert der inländischen Währung drückt und zu
einer Abwertung der Währung führt (siehe Beispiel
Box 1).
Ein solcher Zusammenhang wirkt sich aber nicht
erst irgendwann in der Zukunft aus. Wenn ein Land
in der Vergangenheit viele Auslandskredite aufgenommen hat, die damit finanzierten Investitionen
zur Zeit aber nicht die nötigen Deviseneinnahmen
1
Einmalig zusätzliches Angebot
von 300 Mio. R$.
Gesamtzeitraum
1.1.1996 31.12.2005
Im Laufe von 10
Jahren gab es eine
Nachfrage nach 300
Mio. R$ und ein Angebot von insgesamt
600 Mio. R$, d.h.
netto ein Überschussangebot von 300
Mio. R$. Umgekehrt:
Angebot von 100
Mio. € und Nachfrage nach 200 Mio.
€, d.h. netto eine
Überschussnachfrage
nach 100 Mio. €.
Um einen solchen Exodus ins Ausland zu begrenzen,
bleibt den meisten Ländern nur eine sehr teure „Notbremse“: Sie müssen den inländischen AnlegerInnen
entsprechend hohe Zinsen anbieten, damit diese ihr
Vermögen nicht in ausländischer Währung anlegen.
Gleichzeitig kann dies ausländische InvestorInnen
dazu bewegen, in die inländische Währung zu investieren, indem z.B. europäische Anleger Anleihen in
brasilianischer Währung (Real – R$) mit entsprechend hoher Verzinsung kaufen. Ein Entwicklungsland mit schwacher Währung muss in- und ausländischen KapitalbesitzerInnen also eine Prämie dafür
anbieten, dass diese ihr Vermögen trotz des Risikos
eines Wertverlusts in seiner Währung anlegen.
Anleihen, aber auch andere Geldanlagen in Währungen von Entwicklungsländern müssen regelmäßig
deutlich höhere Zinssätze und Profitraten bieten, um
Für einen Einstieg in diesen theoretischen Ansatz siehe Schelkle (1995) und Lüken-Klaßen (1993).
Tabelle 1: Renditen für Anlagen in brasilianischer Währung R$
2000
2001
2002
2003
2004
(1) Nominalzins (Refinanzierungssatz SELIC)
16,2
19,1
23,0
16,5
17,8
(2) Inflation (Konsumentenpreisindex)
6,0
7,7
12,5
9,3
7,6
(3) Außenwert (Auf-/Abwertung des R$ gegenüber €)
14,0
-19,2
-21,0
-23,7
-4,7
(4) Realzins Inländer = (1) - (2)
10,2
11,4
10,5
7,2
10,2
(5) Realzins Euro-Ausländer = (1) + (3)
30,2
-0,1
2,0
-7,2
13,1
Quelle: Latin Focus, Eigene Berechnungen
inländische und ausländische Anleger anzulocken.
Das spiegelt zwar einerseits das höhere Risiko eines
Zahlungsausfalls wieder (die Argentinien-Krise hat
dieses Risiko erneut sehr deutlich gemacht), andererseits wird damit aber auch und gerade das Risiko
eines Wertverlusts der Anlagewährung ausgeglichen.
Die Tabelle 1 stellt dar, wie sich die Zinsrenditen für
Anlagen in Brasilien im Zeitraum 2000-2004 entwickelt haben.
Die Rendite einer verzinsten Anlage fällt aus Sicht
inländischer und ausländischer Anleger sehr unterschiedlich aus. Für europäische Anleger kann man
modellhaft davon ausgehen, dass sie ihr Geld mittelund langfristig wieder aus Brasilien abziehen, um es
in ihren Heimatländern oder in anderen Ländern zu
verwenden. Folglich verdienen sie bei einer Anlage
den Nominalzins abzüglich des Wertverlusts der
brasilianischen Währung gegenüber dem Euro. Beim
modellhaften Inländer hingegen geht man davon
aus, dass der Anlagebetrag später einmal für Zwecke
in Brasilien verwendet werden. Inländer verdienen
daher im Umfange des nominalen Zinses abzüglich
der Inflation in Brasilien, denn im Umfang der Inflation verliert ihre Anlage gleichzeitig an inländischer
Kaufkraft.
Tabelle 1 zeigt einerseits, dass die Renditen für
inländische Anleger sehr viel gleichmäßiger ausfielen als die der ausländischen Anleger. Grund dafür
ist, dass sich der Außenwert der brasilianischen
Währung viel wechselhafter entwickelte als die
Inflation. Bemerkenswert an den Zahlen ist aber vor
allem eins: Wenn sich ein Unternehmen in Brasilien
am inländischen Kapitalmarkt in Real verschuldete,
musste es dafür fast durchweg real mehr als 10%
Zinsen zahlen. In Deutschland lag der vergleichbare Wert im selbem Zeitraum zwischen 0,4 und
2,8% Realzins. Derartig hohe Realzinsen wie im Fall
Brasiliens sind für Entwicklungsländer zweifellos ein
sehr großer Hemmschuh, denn sie schmälern und
verhindern private Investitionen einheimischer Unternehmen im Süden.
Entwicklungsländer mit schwachen Währungen
müssen sich also unter den Bedingungen offener
Kapitalmärkte scheinbar zwischen zwei Übeln
entscheiden: Entweder verlieren sie inländische
Finanzressourcen durch Kapitalexport, oder sie unterwerfen die inländische Geldpolitik dem Ziel der
Wechselkursstabilisierung und verlieren damit die
Möglichkeit, eine ihrer Binnenwirtschaft angemessene Zinspolitik zu machen. Die meisten Länder
praktizieren eine Mischung aus beidem. Viele afrikanische und lateinamerikanische Länder erleben
nach wie vor eine Kapitalflucht seitens ihrer inländischen Eliten. Durch hohe Zinsen wird dieser Abfluss allerdings gemildert und werden ausländische
AnlegerInnen angezogen.
Die Theorie der geldwirtschaftlichen Entwicklung
sieht im systemisch höheren Zinsniveau in Entwicklungsländern ein zentrales Entwicklungshindernis,
denn höhere Zinsen bedeuten auch höhere Finanzierungskosten für Investitionen und damit eine
Einschränkung des Wachstumspotentials einer
Ökonomie. In der Konsequenz kommt man zu einem
völlig absurden Ergebnis: Nach keynesianischer und
neoklassischer Theorie soll ausländisches Kapital
mangelnde Ersparnisse in Entwicklungsländern ausgleichen, damit mehr investiert werden kann. Der
Zufluss und langfristige Netto-Abfluss ausländischen
Kapitals führt zu der Erwartung, dass die Währung
des betreffenden Landes in Zukunft zusätzlich geschwächt wird. Das treibt die Zinsen in diesem Land
hoch, was wiederum die Investitionen erheblich
hemmt. Die Theorie der geldwirtschaftlichen Entwicklung rät Entwicklungsländern daher aus gesamtwirtschaftlichen Überlegungen im Grundsatz davon ab,
ihre Entwicklungsstrategie auf ausländisches Kapital
zu gründen.
Für ein Entwicklungsland lässt sich daraus im
Umkehrschluss das Ziel einer erfolgreichen Wechselkurspolitik formulieren, nämlich eine Währung zu
etablieren, der zunehmende Stärke zugetraut wird,
die als unterbewertet gilt und die daher unter Verdacht steht, in Zukunft aufzuwerten, wobei die Aufwertung aber möglichst lange herausgezögert wird.
Eine solche Situation ist aus Sicht eines einzelnen
Landes geradezu perfekt, denn sie begünstigt einerseits durch einen weiterhin relativ niedrigen Wech-
9
Wenn der Peso purzelt
selkurs die laufenden Exportgeschäfte. Andererseits
verstärkt aber ein damit häufig einher gehender
Exportüberschuss die Erwartungen der Anleger, dass
die Währung in Zukunft aufwerten wird. Das macht
sie zu einer sehr attraktiven Anlagewährung, denn
den Anlegern droht dann kein Wechselkursverlust,
sondern es bestehen sogar Hoffnungen auf einen
Wechselkursgewinn.
Das geradezu idealtypische Beispiel einer solchen
Wechselkurs- und Entwicklungsstrategie stellt ist
Westdeutschland. Die D-Mark galt bis in die späten
1970er Jahre als unterbewertet und die BRD hat auf
diesem Wege ihren Status als Exportnation begründet und befestigt.
10
Ein sehr gutes Beispiel, dass dies aber auch Entwicklungsländern gelingen kann, ist die Volksrepublik
China. China hat auf sehr aggressive Weise seit den
1990er Jahren Exportüberschüsse erwirtschaftet,
indem es zunächst systematisch Produkte aus dem
Westen imitiert und zu konkurrenzlos billigen Preisen auf dem Weltmarkt angeboten hat. Heute gilt
die durch Deviseninterventionen der chinesischen
Zentralbank niedrig gehaltene chinesische Währung
Yuan als massiv unterbewertet und es wird insbesondere von den USA ein großer politischer Druck
ausgeübt, den Yuan aufzuwerten. Jenseits der noch
vorhandenen Beschränkungen des Kapitalverkehrs in
China gibt es in so einer Situation auch keinen Anreiz für die neureichen chinesischen UnternehmerInnen, ihr Vermögen ins Ausland zu schaffen.
Kapitel 2
Die Entwicklung
des Weltwährungssystems
2.1. Der erste Goldstandard bis 1914
D
as heutige Weltwährungssystem ist uns vertraut als ein System verschiedener nationaler
Währungen, welche jeweils im Inneren des jeweiligen Staates bzw. Währungsraumes die Geldfunktionen übernehmen und nach Außen zu den anderen
Währungen über Wechselkurse in ein Wertverhältnis
gesetzt werden.
münzen zum dominierenden Zahlungsmittel wurden. Der somit entstandene de facto Goldstandard
wurde etwa hundert Jahre später zu einem de jure
Goldstandard. England hatte damit als erster Staat
offiziell eine vollständige Goldwährung eingeführt
(Eichengreen 2000: 28).
Wie kam es dazu, dass sich gegen Ende des
19. Jahrhunderts aus einer Vielfalt an Währungen
ein internationales System entwickelte, welches auf
einer allen gemeinsamen Grundlage – nämlich dem
Gold – beruhte? Eine große Rolle bei der zumindest
in ihren Ursprüngen „zufälligen“ Herausbildung des
ersten Weltwährungssystems hat ganz einfach dessen zunehmende wirtschaftliche Notwendigkeit
gespielt. „Die Expansion des Außenhandels und die
Integration der liberalen Weltwirtschaft vor dem
Ersten Weltkrieg erforderte ein funktionsfähiges
internationales Währungssystem. Damit Importeure
und Exporteure unbeschränkt am Welthandel teilnehmen konnten, musste gewährleistet sein, dass
die verfügbaren Zahlungsmittel nicht nur national,
sondern auch international verwendbar waren, d.h.
dass die unbegrenzt und zu möglichst schwankungsfreien Wechselkursen in andere Währungen umtauschbar waren. Ein solches Währungssystem
entstand im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts, als
nahezu alle Welthandelsländer [...] zur Goldwährung
übergingen.“ (Czada et al. 1988: 23)
Mehrere Faktoren führten dazu, dass ab den 70er
Jahren des 19. Jahrhunderts immer mehr Staaten,
zunächst in Europa und dann weltweit, den Goldstandard Englands übernahmen. Insbesondere die
zunehmende Dominanz Englands in den internationalen Finanz-, Wirtschafts- und Handelsbeziehungen sowie Stabilitätsprobleme mit den in einigen
Staaten noch existierenden Silber- und Bimetallwährungen (z.B. ausgelöst durch große Silberfunde
und damit einhergehenden inflationären Preisverfall des Silbers) machten eine Anpassung an das
Währungssystem der führenden Wirtschaftsmacht
immer attraktiver. Der Übergang des Deutschen
Reiches, der damals zweitstärksten europäischen
Industriemacht, zum Goldstandard im Jahr 1871
erhöhte zunächst in Europa den Nachahmungszwang für kleinere, handelspolitisch von den beiden
„Großmächten“ abhängige Staaten. Innerhalb kurzer
Zeit entstand dann auf Grund zunehmender handelsund finanzpolitischer Verflechtungen in einer Art
Kettenreaktion ein internationales Währungssystem,
an welchem Länder in Europa, Nord- und Südamerika
und Asien beteiligt waren (Eichengreen 2000: 32ff).
Die „Grundsteinlegung“ des internationalen Goldstandards war gewissermaßen einem Zufall zu
verdanken: 1717 setzte der damalige englische
Münzmeister Isaac Newton einen zu niedrigen Goldpreis für Silber fest; Gold war damit im Vergleich zu
den Weltmarkpreisen in England überbewertet. Für
Arbitrageure lohnte es sich nun, Gold nach England
einzuführen, dort in Silber einzutauschen und dieses
dann zu exportieren. Die logische Konsequenz war,
dass in England vollhaltige Silbermünzen allmählich
aus dem Zahlungsverkehr verschwanden und Gold-
Wie gesagt befanden sich zu diesem Zeitpunkt bereits Banknoten im Umlauf; auch wurde in Goldstandard-Ländern mit Kupfer-, Silber- und Scheidemünzen bezahlt. Darüber hinaus entwickelte sich schon
vor 1914 ein bargeldloser Zahlungsverkehr über Girokonten. „Goldwährung“ bedeutete also nicht, dass
ausschließlich mit Gold bezahlt wurde – auch wenn
in einigen Ländern, z.B. in England und Frankreich,
ein nennenswerter Teil des Geldumlaufs aus vollwertigen Goldmünzen bestand. Die wesentlichen Merkmale des Goldstandards waren andere: Er sah zum
11
Wenn der Peso purzelt
Einen vor, dass die sich im Umlauf befindende Geldmenge (zumindest zu einem festgelegten Anteil)
durch Goldbestände der Zentralbank gedeckt war.
Die Geldmenge hing also von den Goldbeständen
ab, eine „natürliche“ Geldknappheit war dem System
somit inhärent. Papiergeld entsprach gewissermaßen
„Gold-Forderungen“, d.h. – dies war das zweite
zentrale Kennzeichen des Systems – Banknoten
konnten bei der Zentralbank zu einem festgesetzten
Tauschverhältnis jederzeit gegen die entsprechende
Menge Gold eingetauscht werden.2 Jedes am Goldstandard beteiligte Land legte die Goldparität seiner
Währung fest, d.h. die Menge Gold (in Gramm gemessen), die man für eine Währungseinheit erhielt. Indem
also alle Länder ein festes Tauschverhältnis ihrer
Währung zu dem selben Wertmaßstab einrichteten,
wurden ihre Währungen auch untereinander in feste
Wechselverhältnisse gebracht. Drittens herrschte im
Goldstandard Transferfreiheit; Gold konnte also ungehindert ein- und ausgeführt werden.
12
Mit der Ausbreitung des Goldstandards war gegen
Ende des 19. Jahrhunderts zum ersten Mal ein internationales System fester Wechselkurse entstanden.
Dieses System beruhte nicht auf offiziellen internationalen Regeln und Vereinbarungen; es handelte
sich eher um eine Art inoffizielles Regime, welches
in einem historischen Prozess und durch ein Zusammenspiel mehrerer begünstigender Faktoren entstanden war (Czada 1988: 24ff).
Der Goldstandard als gleichzeitig nationales und
internationales Währungssystem unterschied sich
grundlegend von unserem heutigen ZentralbankGeldsystem. Der wichtigste Unterschied besteht darin, dass die Geldmenge im Goldstandard durch die
physisch vorhandene Goldmenge bzw. die Förderung
und Produktion neuen Goldes begrenzt war. Auch
wenn die wenigsten Länder ihre gesamte Geldmenge
1:1 durch Gold gedeckt haben (im Deutschen Reich
war z.B. nur eine Deckung zu mindestens einem
Drittel vorgeschrieben), war der Preis des Geldes,
d.h. der Zins, quasi „natürlich“ bestimmt. In den
Europa und anderen Industrieländern sind wir es
hingegen heute gewohnt, dass das Zinsniveau eines
Landes von einer Zentralbank im Sinne bestimmter
wirtschaftlicher und politischer Ziele (z.B. Geldwertstabilität, Beschäftigung u.a.) bestimmt wird.
Wenn ein Land im Goldstandard ein Handelsbilanzdefizit hatte, das entsprechend mit einem Abfluss von
Goldreserven einherging, musste die Zentralbank die
Zinsen erhöhen, um ausländisches Gold als verzinste
Kapitalanlage anzuziehen. Ähnlich wie bei Entwicklungsländern mit schwachen Währungen heute war
die nationale Zinspolitik dem Zwang unterworfen, für
einen Ausgleich der Zahlungsbilanz zu sorgen.
2.2. Der zweite Goldstandard
der Zwischenkriegszeit
Der Beginn des Ersten Weltkriegs markierte das Ende
des internationalen Goldstandards. Die wesentlichen Charakteristika des Währungssystems – die
Golddeckung und die Konvertibilität der Währungen – wurden in den beteiligten Ländern nach und
nach aufgegeben; die Bindung der Währungen an
das Gold wurde aufgehoben und das System fester
Wechselkurse damit von einem von hoher Volatilität
geprägten System flexibler Wechselkurse abgelöst
(Eichengreen 2000: 70f).3 In den ersten Nachkriegsjahren blieb es zunächst beim freien Floaten der
Wechselkurse. Erst Mitte der 20er Jahre kehrten
mehrere Länder wieder zu einer eingeschränkten
Form des Goldstandards der Vorkriegszeit zurück.
Der zweite Goldstandard – der auf Grund der zunehmenden Praxis, die Währungen nicht nur über Gold,
sondern auch über Devisen zu decken, auch GoldDevisen-Standard genannt wird – stand allerdings
von Anfang an unter schlechten Vorzeichen; seine
Überlebensdauer sollte nur wenige Jahre betragen
und seine Instabilität entscheidend zum Ausbruch
und zur Intensität der Weltwirtschaftskrise Ende
der 20er Jahre beitragen (Czada 1988: 34ff).
Die ersten Länder, z.B. Deutschland, Österreich und
Ungarn, kehrten in den Jahren 1923 bis 1925 zum
Goldstandard zurück, um ihre von hoher Inflation
geplagten Währungen zu stabilisieren. Andere europäische Länder mit eher mäßiger Inflation folgten
bald, und wie bereits beim Entstehen des ersten
Goldstandards resultierte daraus eine Kettenreaktion, welche zur erneuten Etablierung eines internationalen Systems fester Wechselkurse führte. Im Jahr
1926 hatten 39 Länder wieder eine Goldwährung
eingeführt (Eichengreen 2000: 72ff).
Beide beschriebenen Merkmale gelten für den Goldstandard in seiner vollständigen Form, wie er in England praktiziert wurde. Andere
Länder übernahmen nur eine Art „hinkenden Goldstandard“, indem sie beispielsweise nur einen Teil der umlaufenden Geldmenge
durch Goldreserven deckten (wie im Deutschen Reich) oder nur eine eingeschränkte Konvertibilität der Banknoten und Münzen garantierten (wie in Frankreich) (Czada 1988: 24ff).
3
Inwiefern der Goldstandard unabhängig vom Ausbruch des Ersten Weltkrieges ohnehin ein Ende gefunden hätte, ist bis heute
umstritten. Mehrere Ökonomen betonen, dass das „reibungslose Funktionieren“ des Goldstandards ganz spezifischen historischen
Gegebenheiten zu verdanken gewesen sei, welche sich bereits in den Jahren vor dem Krieg auf Grund wirtschaftlicher und politischer
Modernisierungsprozesse zu verändern begannen. Dieser Argumentation zu Folge wäre die Stabilität des Goldstandards auch ohne
Weltkrieg nicht von Dauer gewesen (Eichengreen 2000: 22 und 66f).
2
Mehrere Faktoren trugen von Anfang an zur Instabilität des zweiten Goldstandards bei, so z.B. die in
vielen Ländern aus der Kriegsfinanzierung resultierenden chronischen Haushaltsdefizite sowie insbesondere in Deutschland die Last der Reparationszahlungen. Auch die zunehmend ungleiche Verteilung
der weltweiten Goldbestände sowie die damit einher
gehende Goldknappheit in vielen Staaten belasteten
das neue Währungssystem. Aus heutiger Sicht lässt
sich zudem feststellen, dass es ein Fehler war, unter
völlig veränderten wirtschaftlichen und politischen
Gegebenheiten ohne internationale Koordination
zu fast denselben Konditionen zum Goldstandard
zurück zu kehren. Zum Beispiel mussten die Regierungen der Staaten einem neuen innenpolitischen
Umfeld Rechnung tragen, wodurch eine absolute
Prioritätensetzung auf die Stabilität des Währungssystems – vor dem Krieg eine Selbstverständlichkeit
und tragende Säule des Goldstandards – nicht mehr
möglich war. Erstarkte Gewerkschaften und Unternehmen begannen, die Wirtschaftspolitik ihrer Regierung zu beeinflussen und erzwangen zunehmend
eine Unterordnung außenwirtschaftlicher unter
binnenwirtschaftliche Ziele wie z.B. den Abbau der
Arbeitslosigkeit (Eichengreen 2000: 69f)
Zudem wurde bereits damals von einigen Ökonomen
– so unter anderem von John Maynard Keynes, der
später auf der Konferenz von Bretton Woods Englands Chefunterhändler werden sollte – kritisiert,
dass viele Länder die Goldparitäten ihrer Währungen
auf dem Vorkriegsniveau festsetzten, obwohl sich
die Kaufkraft der Währungen in den einzelnen Ländern unterschiedlich entwickelt hatte. Die somit
festgelegten „falschen“ Wechselkurse brachten
erhebliche Wettbewerbsverzerrungen unter den
am Goldstandard beteiligten Staaten mit sich
(Czada 1988: 40ff).
Der re-etablierte Goldstandard war also von Anfang
an krisenanfällig. „Von keinem der Faktoren, die
vor dem Krieg den internationalen Goldstandard
gestützt hatten, konnte man mehr annehmen, dass
er selbstverständlich sei.“ (Eichengreen 2000: 69f).
Spätestens das Ende des wirtschaftlichen Aufschwungs der „Goldenen Zwanziger“ und der Ausbruch der Weltwirtschafts- und Währungskrise, die
am 25. Oktober 1929 mit dem Börsenkrach in
New York ihren Anfang nahm, versetzten dem
Währungssystem dann seinen Todesstoß. Die Weltwirtschaftskrise war entstanden aus einem Zusammenspiel und einer Kettenreaktion vielfältiger
politischer und wirtschaftlicher Gegebenheiten und
Fehlentscheidungen. Die Instabilität des Goldstandards war dabei einer der auslösenden und krisenverstärkenden Faktoren (Czada 1988: 50ff).
Im September 1931 wurde die Goldkonvertibilität
des britischen Pfunds aufgehoben. Dieses Datum
markierte den Anfang vom Ende des zweiten Goldstandards, wobei auch diesmal wirtschaftliche
Abhängigkeiten und Verflechtungen zu einer umgekehrten Kettenreaktion führten. „Nur wenige Jahre
nach der mühsamen Rückkehr zum Gold-DevisenStandard brach dieses Festkurssystem unter den
Belastungen der Weltwirtschaftskrise zusammen.
Es bildeten sich mehrere lose Währungsblöcke, die
intern bei weitgehenden Devisen- und Handelsbeschränkungen feste Kurse aufrechterhielten; so
z.B. die Sterling-Area, d.h., vor allem die Commonwealth-Länder, die ihre Währungen ans britische
Pfund banden [...], oder der Dollar-Block (vor allem
südamerikanische Länder), der Franc-Block usw.“
(Czada 1988: 55) Außerhalb dieser Währungsblöcke
bewegten sich die Wechselkurse wie schon zu Beginn der 20er Jahre wieder flexibel; jedoch wirkten
Zentralbanken und Devisenausgleichsfonds im Sinne
eines managed floating (siehe Kapitel 4.1.2) mäßigend auf die Wechselkurse ein (Eichengreen 2000:
126ff).
2.3. Das Weltwährungssystem
von Bretton Woods
Bereits in den 1930er Jahren waren Ansätze einer
erneuten währungspolitischen Kooperation auf internationaler Ebene zu beobachten. So vereinbarten
z.B. Frankreich, Großbritannien und die USA Ende
1936 in einem Dreierabkommen, auf weitere Abwertungen ihrer Währungen zu verzichten, um den mit
der Weltwirtschaftskrise ausgebrochenen internationalen Abwertungswettlauf zu stoppen. Eine
grundlegende Neuordnung des Weltwirtschafts- und
-währungssystems wurde dann im Jahr 1944, also
noch während dem Zweiten Weltkrieg, auf der Konferenz in Bretton Woods unternommen.
Die aus währungspolitischer Sicht bedeutendsten
Entscheidungen von Bretton Woods waren die Gründung des Internationalen Währungsfonds (s. Box
9, S. 30), das offizielle Bekenntnis zu einem stark
eingeschränkten internationalen Kapitalverkehr
sowie die Einrichtung eines internationalen Systems
fester Wechselkurse (Eichengreen 2000: 131ff). Es
wurde beschlossen – vor allem auf Drängen der
Amerikaner, die über mehr als die Hälfte der offiziellen Goldreserven verfügten –, die Wechselkurse im
Sinne eines modifizierten Gold-Devisen-Standards
zu definieren, d.h. „dass die Länder Paritäten für ihre
Währungen in Gold oder in einer in Gold konvertierbaren Währung festlegten (was in der Praxis Dollar
bedeutete) und ihren Wechselkurs nur ein Prozent
13
Wenn der Peso purzelt
um diesen Wert nach oben und unten schwanken
ließen.“ (Eichengreen 2000: 137). Eine Deckung der
Währungen durch Gold oder Devisen war im Gegensatz zum alten Goldstandard jedoch nicht vorgesehen. Der Dollar – die einzige Währung im System,
die noch zu einem großen Teil durch Gold gedeckt
war und zugleich das Zahlungsmittel der mittlerweile
weltweit stärksten Wirtschaftsmacht – nahm in dieser Währungsordnung die unangefochtene Position
einer Weltleitwährung ein. Die USA garantierten den
ausländischen Notenbanken, jederzeit Dollar zur festgelegten Parität gegen Gold einzulösen.
Das Wechselkurssystem wurde, vor dem Hintergrund
der schlechten Erfahrungen mit allzu starren Wechselkursen unter dem zweiten Goldstandard, mit einer
gewissen Flexibilität ausgestattet, so dass die Goldparitäten im Falle so genannter „fundamentaler Ungleichgewichte“ nach Absprache mit dem IWF geändert werden konnten. Innerhalb eines Rahmens von
10% konnte eine Änderung auch ohne Rücksprache
mit dem Fonds vorgenommen werden (Czada 1988:
62f). Das Währungsregime von Bretton Woods
entsprach somit dem theoretischen Modell eines
adjustable peg – einem System mit festen, aber anpassbaren Wechselkursen (siehe Kapitel 4.1.2).
14
Gegen Ende der 1960er Jahre geriet das BrettonWoods-System in eine Krise, in deren Folge es stückweise bis 1973 zusammenbrach. Einerseits hatte die
hohe Kreditaufnahme der US-Regierung im Zuge
des Vietnamkrieges eine massive Inflation hervorgerufen. Entsprechend dem Modell des adjustable
peg hätte daraufhin die Parität des US-Dollars zur
Gold und der Wechselkurs des Dollars gegenüber den
anderen Währungen abgewertet werden müssen. Da
sich aber viele Länder, u.a. die Bundesrepublik, der
Aufwertung ihrer eigenen Währungen wiedersetzten und die USA die Inflation des US-Dollars angesichts des Finanzbedarfs des Vietnamkrieges nicht
entschieden bekämpfen wollte, zerbrach das System
von Bretton Woods letztlich an seinen Konstruktionsmängeln: die politischen Zielkonflikt zwischen
dem US-Dollar als nationaler und internationaler
Währung wurden unüberbrückbar, die USA, aber
auch die Bundesrepublik Großbritannien und Frankreich, kündigten das System auf.
Zunächst wurde am 15. August 1971 die Goldkonvertibilität des Dollars von US-Präsident Nixon aufgehoben. Nach einigen Rettungsversuchen stiegen
dann im März 1973 die wichtigsten europäischen
Zentralbanken endgültig aus dem System aus, indem sie aufhörten, auf den Devisenmärkten durch
Interventionen die festgelegten Kurse des BrettonWoods-Systems zu verteidigen.
Mit dem Ende des Währungssystems von Bretton
Woods endete zugleich auch die lange währungspolitische Geschichte des Goldes. Zwar werden von
einigen Staaten und vom IWF auch heute noch
beachtliche Goldbestände gehalten. Die Bedeutung
des Goldes als internationales Währungsmetall war
jedoch ein für allemal vorbei.
2.4. Von 1973 bis heute:
Ein flexibles Wechselkurssystem
Kurz vor seinem Ende hatte das Systems von Bretton
Woods zur Aufrechterhaltung fester Wechselkurse
immer stärkere Interventionen der Zentralbanken
nötig gemacht. Das lag zu einem wesentlichen Teil
daran, dass seit den späten 1950er Jahren die in
Bretton Woods vereinbarten Beschränkungen des
internationalen Kapitalverkehrs immer stärker
ausgehöhlt worden waren. So entwickelte sich in
Europa ein in Dollar ablaufender lebhafter Kapitalmarkt (der sogenannte „Euro-Dollar-Markt“), auf
dem AnlegerInnen und Unternehmen immer größere
Kapitaleinsätze für Kredite und Direktinvestitionen
grenzüberschreitend verschieben konnten. Da dieser
Markt zwar in US-Dollar, aber außerhalb der USA
ablief, gab er einer ganzen Generation von nachfolgenden Finanzprodukten- und -zentren ihren Namen: Off-Shore-Banking.
Die Währungsgeschäfte, die mit der grenzüberschreitenden Verschiebung von Kapital zu tun hatten,
waren gegenüber den Umsätzen zur Abwicklung
des Warenhandels immer bedeutsamer geworden.
Gleichzeitig stiegen die Gesamtumsätze und die
Zentralbanken musste mit immer höheren Einsätzen
intervenieren, um die Wechselkurse entsprechend
ihrer festgelegten Paritäten zu halten.
Konservative Ökonomen, allen voran die Anhänger
der „Chicagoer Schule“ um Milton Friedman, hatten
schon seit den 1960er Jahren gefordert, die Wechselkurse endlich freien Devisenmärkten zu überlassen und auf diese Weise zu „angemesseneren“
und „stabileren“ Wechselkursen zu kommen. Diese
Erwartungen wurden allerdings nicht erfüllt. Zwar
hatte es gerade in den letzten Jahren des BrettonWoods-Systems viele Änderungen in den vereinbarten Wechselkursen gegeben, aber die starken und
v.a. kurzfristigen Wechselkursschwankungen nach
Freigabe der Wechselkurse im März 1973 waren aber
bis dato unbekannt (siehe Abbildung 1, S. 15).
Die unerwartet starken Turbulenzen auf die nun
freien Devisenmärkten wurden durch die weltwirtschaftlichen Wirren der 1970er Jahre noch befeuert. Doch auch die Ölkrise und die nachfolgende
Abbildung 1: Außenwertentwicklung der D-Mark (1970 - 1975; 1.1.1970 = 100)
180
Britisches Pfund
170
Ital. Lira
160
US$
Japanischer Yen
150
Franz. Franc
140
130
120
110
100
90
02.07.75
02.01.75
02.07.74
02.01.74
02.07.73
02.01.73
02.07.72
02.01.72
02.07.71
02.01.71
02.07.70
02.01.70
80
Quelle: Eigene Berechnungen auf der Grundlage von Daten der Bundesbank
weltweiten Rezession hatten die wirtschaftlichen
Fundamentaldaten (z.B. Wirtschaftswachstum, Preisentwicklung, Investitionsquoten etc.) der einzelnen
Länder nicht so weit gegeneinander verschoben,
dass sie die Veränderungen der Wechselkurse hätten
erklären können. So hat die DM zwischen 1970 und
1975 gegenüber dem japanischen Yen 20 Prozent,
ggü. dem US-Dollar 40 Prozent und ggü. Britischen
Pfund über 60 Prozent an Wert gewonnen. Ein wesentlicher Teil dieser Verschiebungen waren einmalige Anpassungen, um die „Fehlbewertungen“ aus der
Zeit des Festkurssystems auszugleichen. Spätestens
die 1980er Jahre brachten aber noch stärkere Verschiebungen, die nach einhelliger Meinung nicht
durch Veränderungen der Fundamentaldaten begründet waren. Von 1980 bis 1985 verlor die DM gegenüber dem US-Dollar ca. die Hälfte ihres Wertes,
um dann zwischen 1985 und 1988 ihren Außenwert
wieder zu verdoppeln. Diese starken Veränderungen
wurden von den großen Industrieländerregierungen
mit Sorge gesehen und führten zu zwei wichtigen
politischen Abkommen, die Wechselkurse politisch
zu stabilisieren. 1985 waren die fünf mächtigsten
Regierungen und Zentralbanken im New Yorker Plaza
Hotel übereingekommen („Plaza-Vereinbarung“),
sich für eine Abwertung des US-Dollar einzusetzen.
Schon allein die Veröffentlichung der Vereinbarung
sorgte noch am selben Tag dafür, dass der US-$ gegenüber DM und Yen vier Prozent verlor, ohne dass
die Zentralbanken intervenieren mussten (Eichen-
green 2000: 198 ff). Schon allein die Ankündigung,
dass die Zentralbanken in der nachfolgenden Zeit
eventuell geschlossen intervenieren könnten, hatte
die privaten Finanzmarktakteure davon überzeugt,
dass der US$ deutlich an Wert verlieren würde.
Ähnlich erfolgreich war das Louvre-Abkommen von
1987, als die G7-Finanzminister feststellten, die
im Plaza-Abkommen befürwortete Abwertung des
US-Dollars sei über das Ziel hinausgeschossen und
es brauche nun wieder eine Stabilisierung und moderate Aufwertung des US-Dollars. Beide Abkommen
haben sehr deutlich gemacht, dass eine gemeinsame
und entschlossene politische Linie wichtiger Regierungen und Zentralbanken einen großen Einfluss auf
die Entwicklung der Wechselkurse habt.
Schon 1972 hatten sich einige europäische Länder
(u.a. Deutschland, Frankreich, Italien, Niederlande)
auf die sogenannte „Währungsschlange“ verständigt.
Diese sah politisch festgelegte Wechselkurse mit
Schwankungsbreiten von +/– 4,5 Prozent zwischen
ihren Währungen vor und bot ein gewisses Auffangnetz nach dem Zusammenbruch von Bretton
Woods. Die Währungsschlange wurde im Rahmen
der Europäischen Gemeinschaft (EG) 1979 zum europäischen Währungssystem weiterentwickelt und
mündete, nach erheblichen Turbulenzen in der ersten Hälfte der 1990er Jahre schließlich in der Europäischen Währungsunion.
15
Wenn der Peso purzelt
Eine Währungsunion ist zweifellos die weitgehendste Form von Wechselkursstabilisierung. Sie hat aber
den Nachteil, dass die alle in der Währungsunion
zusammengeführten Länder dergleichen Zinspolitik
unterworfen sind. Eine Währungsunion ist daher
für solche Ländergruppen geeignet, die ähnliche
Wirtschaftsstrukturen und eine ungefähr gleichlaufende Konjunktur haben. Ob dies im Fall der
Europäischen Währungsunion gegeben ist, ist
stark umstritten. Gibt es in einigen Ländern einer
Währungsunion Inflationsdruck (also Bedarf nach
einer Zinsstraffung) und in anderen Länder gleichzeitig einen Konjunktureinbruch (also Bedarf nach
einer Zinssenkung), dann kann es keine „richtige“
Geldpolitik für die gesamte Währungsunion mehr
geben. In Währungsunionen kommt es daher immer darauf an, dass es eine wirtschaftspolitische
Koordination der beteiligten Länder gibt, in der diese
ihre Wirtschaftsstrukturen aufeinander abstimmen
und es langfristig idealerweise zu einer Angleichung
(„Konvergenz“) kommt. Diesen Anforderungen wird
die Europäische Währungsunion nur eingeschränkt
gerecht, denn viele Politikfelder wie z.B. die Steuerund die Sozialpolitik bleiben in der EU weiterhin
den Nationalstaaten überlassen und dienen eher als
Instrumente der Konkurrenz statt der Kooperation in
der EU.
16
Zu den einschneidenden währungspolitischen Erfahrungen der Entwicklungsländer der jüngeren Zeit
gehören zweifellos die Währungs- und Finanzkrisen
in Mexiko 1994, in Südost-Asien 1997/98 und in
Brasilien, Russland und Argentinien zwischen 1999
und 2001. Diese Krisen begannen, anders als die
Krisen der 1980er Jahre, nicht mit Überschuldungskrisen, sondern mit Zusammenbrüchen unilateraler
Währungssysteme (zu konkreten Krisenbeispielen
Thailand und Argentinien siehe Kapitel 4). Sie
waren unter anderem ein Ergebnis der erheblich
gestiegenen Einbindung der Schwellenländer in den
internationalen Kapitalverkehr mit all seinen Unwägbarkeiten. Der Internationale Währungsfond, der
mit dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems 1973 seine Funktion als Überwachungsinstanz
verloren hatte, hatte erst in den 1980er Jahren als
Manager der Schuldenkrise wieder eine wichtige
Bedeutung erlagt. Die sogenannten „Strukturanpassungsprogramme“, die er seit dieser Zeit den Schuldnerländern als Auflagen für neue Kredite abforderte,
waren von Anfang an sehr umstrittenen. Es waren
aber v.a. die vom IWF geforderten Reformpakete gegenüber den krisengeschüttelten Ländern während
der Asienkrise, die die Akzeptanz und das Ansehen
des Fonds, auch weit in die Szenen konventioneller
Ökonomen hinein, angeknackst haben. Seitdem
steckt der IWF in einer permanenten Legitimationskrise, denn einerseits haben seine Politikempfehlungen die Lage der Krisenländer eher verschlimmert als
verbessert. Andererseits hat die Wirtschaftskraft der
Schwellenländer Asiens dramatisch zugenommen,
ohne dass ihnen die Industrieländer einen stärkeren
Einfluss im IWF eingeräumt haben. Als Reaktion
haben die meisten großen Schwellenländer mit Ausnahme der Türkei seit 2004 ihre Kredite gegenüber
dem IWF so schnell wie möglich zurückgezahlt,
um sich dem Einfluss des Fonds zu entziehen. Für
den IWF hat das zur Folge, dass ihm mit diesen
Hauptkunden zugleich die Finanzquellen abhanden
kommen, denn der IWF finanziert sich v.a. aus den
Zinsen seiner Kreditvergabe (für weitere Details zur
aktuellen Finanzkrise des IWF siehe Temme 2006).
Nicht zuletzt diese Legitimations- und Finanzierungskrise des IWF und die massive Ansammlung von
Devisenreserven in China und Südkorea bieten für
Schwellenländer die Gelegenheit, ihre währungspolitischen Bedürfnisse und Interessen stärker als bisher
durchzusetzen. Die ärmeren Entwicklungsländer
hingegen bleiben mit ihren Währungsproblemen
derzeit weiterhin ungehört.
Kapitel 3
Das System des Währungshandels
– Die Rolle von Banken, institutionellen
Investoren und transnationalen Konzernen
3.1. Der Währungsmarkt (Devisenmarkt)
D
ie Freigabe der Wechselkurse 1973 war der
Beginn einer rasanten Entwicklung auf dem
internationalen Währungsmarkt. Sie wurde befördert durch die etwa zeitgleich einsetzende Welle
der Kapitalverkehrsliberalisierung in den Industrieländern. Viele Regeln wurden aufgehoben, die bis
dahin grenzüberschreitende Kapitalanlage verboten
oder behindert hatten und die anschwellenden
Kapitalbewegungen erhielten im Vergleich zu den
Handelsströmen einen immer stärkeren Einfluss
auf die Preisbildung auf dem Devisenmarkt. Die
von vielen Ökonomen prophezeite beruhigende und
ausgleichende Kraft des Devisenmarktes ließ auf
sich warten, statt dessen schwankten die Hauptwährungen in immer stärkerem und kurzfristigerem
Maße. Gegen diese Unwägbarkeiten flexibler Wechselkurse wollten sich sowohl Staaten als auch die
Privatwirtschaft abzusichern. Sie taten dies durch
den Abschluss von Währungstermingeschäften
(siehe Box 2).
Box 2: Was ist ein Termingeschäft?
Mit „Termingeschäft“ oder „Geschäft auf Termin“ sind
Verträge gemeint, bei denen heute die Bedingungen
zukünftiger Transaktionen festgelegt werden.
Beispiel: Ein französischer Getreidebauer will z.B. schon
vor der Aussaat wissen, was er im Herbst für seinen
Weizen bekommen wird. Ein Termingeschäft auf Weizen besteht also z.B. dann, wenn der noch nicht gewachsene Weizen schon im Voraus zu einem bestimmten
Preis „auf Termin“ verkauft wird. Gibt es in Deutschland
wegen entsprechendem Wetter eine Rekordernte, so
wird mehr Weizen auf dem Markt angeboten und der
Weizenpreis wird fallen. Der französische Bauer ist mit
seinem Termingeschäft gegen einen solchen Preisverfall abgesichert. Mit einem Termingeschäft erhält der
französische Bauer Planungssicherheit.
Der Vertragspartner des Bauers ist entweder jemand,
der den Weizen tatsächlich im Herbst braucht und zum
vereinbarten Preis profitabel weiterverarbeiten kann.
Ebenso gut kann es aber auch ein Spekulant sein, der
davon ausgeht, im Herbst einen höheren Preis für den
Weizen zu erzielen, zu dem er ihn dem Bauern jetzt abkauft. Nehmen wir an, der Bauer will 50 Tonnen Weizen
für 125 Euro/Tonne verkaufen. Der Spekulant erwartet
im Herbst einen Preis von 140 Euro/Tonne. Dem Bauer
sind die heute zugesicherten 125 Euro/Tonne lieber als
unsichere 140 Euro/Tonne im Herbst. Wenn der Spekulant recht behält, kann er im Herbst den Vertrag mit
dem Bauern an einen Endabnehmer von Weizen weiterverkaufen. Kostet der Weizen im Herbst tatsächlich 140
Euro/Tonne, ist der Vertrag den Differenzbetrag von
140 Euro –125 Euro pro Tonne wert, also insgesamt
750 Euro bei 50 Tonnen. Da der Spekulant den Weizen
des Bauern auch erst im Herbst bezahlen muss, muss er
quasi kein eigenes Kapital einsetzen.
Geschichte: Historisch entwickelten sich Termingeschäfte auf Märkten für landwirtschaftlichen Rohstoffe
wie z.B. Getreide, Blumenzwiebeln, Schweinehälften
etc. Sie haben sich aber seit dem 19. Jahrhundert
auch für Aktien, Währungen, Indizes und viele andere
Produkte etabliert. Ein Termingeschäft ist immer die
Zerlegung einer zukünftigen wirtschaftlichen Transaktion in einen garantierten und einen spekulativen
Anteil. Die eine Vertragspartei erlangt durch das Termingeschäft Planungssicherheit und kann sich gegen
die Risiken von Preisänderungen absichern, die andere
Partei erwartet genau solche Preisänderungen und
spekuliert darauf. Da Termingeschäfte für einen Teil
der Beteiligten die Planungssicherheit erhöht, werden
sie von der vorherrschenden Meinung als Beitrag zur
Effizienz des Wirtschaftssystems angesehen.
Hedge-Fonds: Das Motiv der Absicherung bei Termingeschäften wird als „hedging“ bezeichnet (engl.
hedge – absichern). Daher kommt auch der Begriff
der Hedge-Fonds. (Nicht nur) Sie sind das notwendige
Gegenüber zur Absicherung, treten also als die spekulative Seite bei Termingeschäften auf und konzentrieren
so große Risiken.
17
Wenn der Peso purzelt
Box 3: Was ist Spekulation?
Der Begriff der Finanzspekulation ist in der Alltagssprache üblicherweise mit Begriffen wie kurzfristiger
Geldgier, hohem Risiko und Spielcasino verbunden.
In der Ökonomie ist der Begriff nüchterner definiert.
Streng genommen sind alle Aktivitäten, die mit Erwartungen über die Zukunft verbunden sind, in Unterschiedlichem Maße spekulativ. Das rührt daher, dass
die Zukunft nun einmal ungewiss ist und alle Erwartungen für die Zukunft entsprechen mit Unsicherheiten
gehaftet sind.
Das Maß an Unsicherheit variiert natürlich sehr stark,
zum Einen in Abhängigkeit von der geplanten Aktivität
und zum Anderen im Hinblick auf den Zeithorizont.
Wenn ich heute Butter produziere, um sie morgen zu
verkaufen, so kann ich mit großer Sicherheit davon
ausgehen, dass ich sie auch morgen noch zu einem
gewinnbringenden Preis verkaufen kann. Kaufe ich
hingegen heute eine Eigentumswohnung als Kapitalanlage mit einem Anlagehorizont von 30 Jahren, so
weiß ich letztlich wenig darüber, wie sich die Immobilienpreise und die Mieten in den nächsten 30 Jahren
entwickeln werden. Immobiliengeschäfte sind daher,
v.a. wegen ihres langen Frist, rheblich „spekulativer“.
Wenn aber schon Immobilien, das viel gelobte und
vermeintlich so inflationssichere „Betongold“, schon
spekulative Anlagen sind, wie soll man dann Aktieninvestments bezeichnen?
18
Mit diesen Geschäften stiegen gleichzeitig die
Gewinnmöglichkeiten für Währungsspekulanten
(siehe Box 3). Die Auswirkungen auf den Währungsmarkt waren enorm: es war sowohl ein starkes
Anwachsen der weltweiten Währungsreserven als
auch eine massive Zunahme des Handels mit Devisen zu beobachten. Während Ende der 70er Jahre
offiziell Währungsreserven im Umfang von 92 Mrd.
US-Dollar gehalten wurden, waren es Anfang 2005
sagenhafte 3.800 Mrd. Dollar (Huffschmid 1999: 43,
BIZ, 2005: 97). Dies entspricht einer Steigerung um
mehr als das 40-fache. Insbesondere Schwellen- und
Entwicklungsländer erhöhten ihre Währungsreserven
zum Teil drastisch, um auf zunehmende Wechselkursschwankungen und spekulative Angriffe mit Devisenmarkintervention reagieren zu können. Während
sie bis Anfang der 70er Jahre stets um die 25% der
weltweiten Währungsreserven gehalten hatten, ist
ihr Anteil bis Ende 2003 auf mehr als 60% angewachsen – damit werden in Schwellen- und Entwicklungsländern insgesamt mehr Währungsreserven
gehalten als in den Industrieländern (IMF 2004,
UNCTAD 2004: 61f)4.
4
Spekulation ist offensichtlich nicht immer ein bewusster, gewollter Prozess. Wenn ein brasilianischer
Exporteur heute einen Auftrag für die Lieferung von 30
Tonnen Soja in die USA in 8 Monaten erhält, so kalkuliert er den Verkaufspreis in US-Dollar auf Grundlage
der heutigen Kosten und des aktuellen Wechselkurses.
Streng genommen wird er zum Währungsspekulant,
wenn er heute kein Währungsabsicherungsgeschäft
abschließt, dass ihm heute schon einen festen Wechselkurs garantiert, zu dem er in 8 Monaten die dann
erhaltenen US-Dollar in brasilianischen Real umtauschen kann. Ohne ein solches Absicherungsgeschäft
kann es ihm passieren, dass der Real in der Zwischenzeit gegenüber dem US-Dollar aufwertet und er in
8 Monaten einen geringeren Verkaufserlös (in Real
gerechnet) erzielt als geplant.
Natürlich ist es sinnvoll, Geschäfte danach zu unterscheiden, ob die Spekulation das primäre Ziel oder nur
der unerwünschte Nebeneffekt einer wirtschaftlichen
Aktivität ist.
Einem Devisenkauf ist von Außen nicht anzusehen, ob
er zur Abwicklung eines Warengeschäfts, einer Direktinvestition oder eines Termingeschäfts dient. Von daher
ist es kaum möglich, am Währungsmarkt systematisch
zwischen mehr oder weniger spekulativen Geschäften
zu unterscheiden.
Das Halten hoher Reserven bedeutet für Entwicklungsländer einen ökonomischen Verlust. Neben
gewissen Bar- und Goldbeständen wird der größte
Anteil der Devisenreserven zwar üblicherweise in
Form von festverzinslichen staatlichen Wertpapieren gehalten, d.h. z.B. in US-amerikanischen oder
deutschen Staatsanleihen. Dieses Geld könnten die
Entwicklungsländer aber häufig gewinnbringender in
ihren eigenen Ländern investieren (vgl. Dieter 2002).
64% der Devisenreserven werden in US-Dollar geAbbildung 2: Regionalstruktur der Weltwährungsreserven
Quelle: Deutsche Bundesbank (2003: 17)
Dabei muss darauf hingewiesen werden, dass sich der Großteil dieser Währungsreserven auf einige wenige, den Schwellenländern
zuzurechnenden Staaten konzentriert, wie z.B. China, Südkorea, Indien, Mexiko (vgl. Deutsche Bundesbank 2003: 16ff.).
halten, es folgen Euro (20%) und Yen (5%). Damit
entfallen fast 90% der weltweiten Devisenreserven
auf die drei so genannten Weltleitwährungen (IMF,
2004: 119).
Besonders aussagekräftig in Bezug auf die Entwicklung des Währungsmarktes ist der internationale
Handel mit Devisen. Dessen Umfang explodierte seit
Ende der 70er Jahre um mehr als das fünfzehnfache
– von geschätzten 120 Mrd. Dollar pro Börsentag
im Jahr 1979 auf 1.880 Mrd. Dollar pro Arbeitstag
im Jahr 2004 (Huffschmid 1999: 43 und BIZ 2004:
76). Bei angenommenen 250 Börsentagen ergibt
sich ein Jahresumsatz von 470 Billionen Dollar. Vergleicht man diese Zahl nun mit dem Umfang der
realwirtschaftlichen Aktivitäten – das sind internationale Handelsgeschäfte und Investitionen –, so
zeigt sich, dass Devisenmärkte offensichtlich höhere
Umsätze verzeichnen, als sie für unmittelbare Abwicklung realwirtschaftlicher Transaktionen nötig
wären. Die Summe, die für die Finanzierung des
internationalen Güter- und Dienstleistungshandels
notwendig ist, wuchs von 0,6 Billionen US-Dollar
Ende der 70er Jahre auf 10,8 Billionen Dollar im Jahr
2004 (IMF 2005: 229); der gesamte Umfang der ausländischen Direktinvestitionen belief sich 2004 auf
ca. 650 Mrd. Dollar (UNCTAD 2006). Zusammen gerechnet machten Welthandel und Direktinvestitionen
2004 nur knapp zweieinhalb Prozent des jährlichen
Devisenumsatzes aus – 1983 waren es immerhin
noch 9,3% (Staritz 2003: 11). Zugegebenermaßen
relativiert sich die gewaltige Differenz zwischen
realwirtschaftlichen Vorgängen und Devisenmarktumsätzen ein wenig, wenn man das den Devisenmärkten inhärente Prinzip des „hot-potato trading“
(Handel mit „heißen Kartoffeln“) in die Rechnung
mit einbezieht (siehe auch Box 4, S. 21). „Bietet etwa
ein Exporteur seinen Dollarerlös einer deutschen
Bank an, so wird diese den Betrag zwar aufnehmen,
die dadurch entstehende ‘offene Position’ aber
sofort wieder durch Weitergabe an den Markt
schließen. Die Weitergabe des ‘Schwarzen Peters’
(‘hot-potato-trading’) geht so lange fort, bis sich am
Markt ein Partner findet, der den Dollarbetrag defi-
nitiv aufnimmt.“ (Spahn 2002: 34). Jede von einem
Endnachfrager, d.h. aus einem realwirtschaftlichen
Grund ausgelöste Devisentransaktion bringt somit
automatisch mehrere weitere Transaktionen mit
sich; der Umsatz an den Devisenmärkten steigt dementsprechend. „Selbst bei Berücksichtigung mehrfacher Wechselkursabsicherungsgeschäfte für jede
Gütertransaktion ist [jedoch] offensichtlich, dass der
Umfang des Devisenhandels in keinem Verhältnis
zum realen Güter- und Dienstleistungsverkehr steht.
[...] Hier ist das Spekulationsmotiv offensichtlich
maßgeblich.“ (Huffschmid 1999: 45).
Währungen haben also heute eine Funktion, die sie
vor der Freigabe der Wechselkurse und der Kapitalverkehrsliberalisierung zumindest nicht in diesem
Umfang hatten. Sie sind zu einer eigenen, auf den
Devisenmärkten gehandelten „Ware“ und damit zu
einem Gegenstand geworden, mit dessen Kauf und
Verkauf Händler Gewinn erzielen wollen. Der Preis
dieser Ware ist der Wechselkurs – und dieser Kurs
wird von Devisenkäufen und -verkäufen, also von
Angebot und Nachfrage, mit beeinflusst (WEED,
2001: 6)5.
Zunehmende Wechselkursschwankungen zogen
jedoch nicht nur einen verstärkten direkten Handel
mit Währungen nach sich, sondern auch eine Verstärkung der Absicherungs- und Spekulationsgeschäfte.
Parallel zum Devisenmarkt ist auch der Markt für
Derivate in den letzten Jahren enorm gewachsen.
Das tägliches Handelsvolumen lag 2004 bei 2,4
Billionen US-Dollar. Derivative Instrumente, welche
sich auf Devisen beziehen, machten mit 1,3 Billionen
Dollar mehr als die Hälfte davon aus (BIZ 2005a:
16). Noch mehr als der Devisenmarkt ist der Markt
für Derivate von hoch spekulativen Geschäften geprägt. Die BIZ geht davon aus, dass die Risikoabsicherung vor Wechselkurs- oder Preisschwankungen
– eigentlich die Grundfunktion des Derivatemarktes6
– nur noch einen sehr geringen Teil des Marktes ausmacht. Der überwiegende Teil der Geschäfte hat den
Charakter reiner Wetten.
Es erfolgt immer wieder der Einwand, aufgrund der hohen Liquidität des Marktes könnten Devisenmarkttransaktionen Wechselkurse
nicht nachhaltig beeinflussen. Aktionen einzelner Marktteilnehmer hätten auch unter Einsatz hoher Summen lediglich kleinste
Schwankungen zur Folge, welche in einem System flexibler Währungskurse innerhalb kurzer Zeit vom Markt wieder ausgeglichen
würden. Demgegenüber stehen die Theorien der Auswirkungen des so genannten “Herdenverhaltens” sowie Beispiele “erfolgreicher”
kollektiver Spekulationen gegen Währungen, wie z.B. im Falle der Krise des Europäischen Währungssystems, als gegen das britische
Pfund und anschließend die italienische Lira aus dem Währung solange spekuliert wurde, bis das gesamte System aufgegeben werden
musste.
6
Allerdings war auch die Spekulation von Anfang an ein fester Bestandteil derivativer Märkte. Risikoabsicherung vor Preisschwankungen
setzt voraus, dass jemand anders bereit ist , dieses Risiko zu übernehmen. Die Übernahme solcher Schwankungsrisiken ist notwendigerweise spekulativ.
5
19
Wenn der Peso purzelt
3.1.1 Orte, Akteure und Instrumente des
Währungshandels
„Seit dem Zusammenbruch des Festkurssystems von
Bretton Woods hat sich ein globaler, sehr differenzierter internationaler Devisenmarkt herausgebildet.
Die wichtigsten Devisen können heute jederzeit,
von jedem Ort aus und in erheblichen Beträgen zu
geringen Kosten gegen andere Währungen getauscht
werden. [...] Die am Devisenmarkt gehandelten Volumina sind beeindruckend: einzelne Transaktionen
von 200 bis 500 Millionen US-Dollar sind nicht
unüblich, d.h. es handelt sich im wesentlichen um
einen Markt für Großhändler.“ (Spahn 2002, 29). Wie
muss man sich diesen enormen „Marktplatz“ sowie
seine Händler und Waren nun konkret vorstellen?
20
Der Devisenmarkt (Foreign Exchange Market – Forex)
ist ein „außerbörslicher“ Markt, d.h. der Handel
findet größtenteils nicht an einem zentralen physischen Ort (einer Devisenbörse) statt, sondern
funktioniert als sogenannter „Über den Tisch“
– (englisch „Over the Counter“ - OTC-) Handel über
elektronische Handelssysteme, welche ein weitverzweigtes dezentrales Netz an Handelszentren und
-plattformen weltweit miteinander verbinden. Die
Marktteilnehmer schließen von ihren jeweiligen
Handelsplätzen in den verschiedenen Finanzzentren
aus direkt per Telefon oder Internet miteinander
Geschäfte ab – ohne eine Börse als Zwischeninstanz einzuschalten. Im Gegensatz zum Modell
des Börsenhandel treffen bei OTC-Transaktionen
Anbieter und Nachfrager von Devisen direkt aufeinander und können die Bedingungen ihrer Geschäfte
(Zeitpunkt der Abwicklung, Höhe der Orders, Verrechnungsmodalitäten etc.) daher flexibler auf ihre
speziellen Bedürfnisse abstimmen. Großbritannien
ist traditionell das führende Finanzzentrum im Devisenhandel; so auch 2004, als ca. ein Drittel der
weltweiten Währungsgeschäfte in London getätigt
wurden. Weitere wichtige Handelszentren liegen in
den USA (19% Marktanteil), Japan (8%), Singapur
(5%), Deutschland (5%) und Hongkong (4%) (BIZ
2005a: 2). Der Forex ist im Gegensatz zu den traditionellen Börsenparketten ein rund um die Uhr
geöffneter Markt. Bis auf eine kleine Unterbrechung
am Wochenende wird 24 Stunden täglich gehandelt, wobei der Markt im Laufe eines Tages über die
verschiedenen Finanzzentren und deren Zeitzonen
hinweg rund um den Globus wandert, beginnend mit
den Handelsplätzen im asiatisch-pazifischen Raum
(Sydney, Tokio, Hongkong, Singapur), über Westeuropa
(Frankfurt, Zürich, London) hin nach Nordamerika
(New York; nur jeweils die wichtigsten Orte genannt).
7
Am Devisenhandel, den man sich grundsätzlich
wie jeden anderen Handel auch als ein Geschäft
zwischen zwei Parteien vorstellen kann, ist im Normalfall zumindest auf einer Seite eine Bank beteiligt.
Zum einen kann dies eine Zentralbank sein, die
unter Einsatz ihrer Währungsreserven auf den Devisenmärkten interveniert, um den Wechselkurs der
nationalen Währung zu beeinflussen.7 Je nach dem
vorherrschenden Währungssystem sind die Motive
der Intervention dabei unterschiedlich (für Details
siehe Kapitel 5): In einem festen Wechselkurssystem
interveniert die Zentralbank mit dem Ziel, einen
bestimmten erwünschten Kurs der nationalen
Währung zu stützten; bei flexiblen Wechselkursen
soll z.B. eine zu große Volatilität des Wechselkurses
verhindert werden (Moreno 2005: 5). In den letzten
Jahren intervenierten insbesondere Zentralbanken
einiger asiatischer Schwellenländer massiv an den
Devisenmärkten, um eine Aufwertung ihrer Währungen gegenüber dem US-Dollar zu verhindern (BIZ
2005: 97f).
Zum anderen agieren Geschäfts- und Investmentbanken am Währungsmarkt, und zwar auf zweierlei
Art und Weise: Einerseits wickeln sie für ihre Kunden
Aufträge ab und nehmen damit wie ein Zwischenhändler eine Vermittlerposition ein. Andererseits
– und damit unterscheiden sie sich vom Zwischenhändler – spekulieren sie auch auf eigene Rechnung
mit Währungen, also unter Einsatz eigenen Kapitals.
In den letzten Jahren ist eine verstärkte Konzentration innerhalb des Bankensystems zu konstatieren,
mit der Tendenz, dass das Geschäft in den einzelnen
Finanzzentren von immer weniger Großbanken abgewickelt wird. Die Zahl der so genannten „Market
Maker“ (siehe Box 3, S. 18), d.h. der Banken, die
weltweit auf den Devisenmärkten agieren und auf
Tabelle 2: Die weltweit 10 größten Banken im Devisenhandel
Bank
Anteil Devisenhandel %
Deutsche Bank
16,72
USB
12,47
Citigroup
7,50
HSBC
6,37
Barclays Capital
5,85
Meryll Lynch
5,69
JP Morgan
5,29
Goldman Sachs
4,39
ABN Amro
4,19
Morgan Stanley
3,92
Quelle: Euromoney, 2005
Unter einer Intervention wird in einem engen Sinn ausschließlich eine auf den Wechselkurs bezogene Aktion einer Zentralbank verstanden.
Dies heißt jedoch nicht, dass Zentralbanken nicht auch aus anderen Gründen auf Devisenmärkten agieren (vgl. Moreno 2005: 16f).
Box 4: Das Market Maker Prinzip
Das Market Maker Prinzip ist die vorherrschende Handelsmethode auf Devisenmärkten. Market Maker sind Marktteilnehmer, die verpflichtet sind, verbindliche Kurse und Mengen anzugeben, zu denen sie Wertpapiere oder
Währungen dann auch real kaufen und verkaufen. Market-Maker müssen z.B. Kaufkurse für US-Dollar angeben,
auch wenn sie aktuell gar keinen Bedarf an US-Dollar haben. Dadurch ergibt sich das oben genannte „hot-potatotrading“ bei dem ein z.B. von einem Unternehmen in den Devisenmarkt gebrachtes Dollar-Guthaben sehr häufig
zwischen den Market Makern umläuft, bis es endlich bei einer Bank angelangt, die tatsächlich einen zusätzlichen
Bedarf an Dollar-Guthaben hat.
Im Wertpapierhandel wird statt des Market-Maker-Prinzips zumeist das Auktionsprinzip angewandt. Beim Auktionsprinzip werden zwischen Anbietern und Nachfragern zuerst Verhandlungen geführt, bis diese sich hinsichtlich
Preis und Menge einigen. Der konkrete Umsatz erfolgt erst nach Abschluss der Preisverhandlungen. Beim MarketMaker-Prinzip hingegen werden ständig einzelne Geschäfte mit leicht abweichenden Preisen abgeschlossen, so
dass insgesamt sehr viel höhere Umsätze entstehen.
Nachfrage ständig für die wichtigsten Währungspaare Wechselkurse angeben, wird von der BIZ mit
nur noch 20 angegeben (BIZ 2001: 49).
Die Banken können mit verschiedenen Parteien ein
Währungsgeschäft abschließen: mit einer zweiten
Finanzinstitution – dies kann entweder eine andere Bank oder ein institutioneller Investor sein
– oder mit dritten, nicht-finanziellen Kunden (z.B.
transnationale Konzerne, Direktinvestoren, private
Einzelpersonen usw.). Mehr als die Hälfte aller
Währungsgeschäfte sind so genannte Interbankgeschäfte, d.h. sie laufen zwischen zwei Banken ab.
In den letzten Jahren hat allerdings insbesondere
der Handel zwischen Banken und institutionellen
Anlegern wie z.B. Pensionsfonds oder Hedge-Fonds
stark zugenommen und macht mittlerweile über
ein Drittel des gesamten Devisenhandels aus. Der
Handel von Banken mit nicht-finanziellen Kunden
ist zwar auch gestiegen, fällt aber mit 14% nach
wie vor prozentual eher gering aus (BIZ 2005a: 6f).
Im Wesentlichen ist und bleibt der Forex damit ein
Marktplatz für Finanzinstitutionen und institutionelle Anleger. Allerdings können mittlerweile auch
private „Klein-Händler“ über Online-Handelsplattformen unter Einsatz relativ geringer finanzieller Mittel
verlockend hohe Gewinne erzielen – oder entsprechend große Verluste erleiden.
Grundsätzlich lassen sich drei Arten von Devisengeschäften voneinander unterscheiden: Kassageschäfte, Termingeschäfte und Devisen-Swaps.
1. Der Kassamarkt ist sozusagen der konventionelle
„Hier und jetzt Markt“. Im Kassageschäft (Spotgeschäft) werden zwei Währungen zu einem bestimmten Kurs gegeneinander getauscht, wobei die
Verrechnung spätestens am zweiten Werktag nach
Abschluss des Kontraktes erfolgen muss.
2. Ein Termingeschäft ist ein heute abgeschlossener Vertrag über den zukünftigen Handel eines
Währungspaares zu einem bei Vertragsabschluss
festgelegten Kurs. Im Unterschied zum Kassageschäft erfolgt die Abwicklung des Währungsgeschäfts also nicht zeitnah, sondern bei Fälligkeit des
Vertrags, z.B. in drei oder sechs Monaten.
3. Das mittlerweile am häufigsten vorzufindende
Devisengeschäft ist ein kombiniertes Kassa-TerminGeschäft, ein so genannter Devisen-Swap. Unter
einem Devisenswapgeschäft versteht man einen
Kassa-Devisenverkauf (d.h. ein Geschäft mit sofortiger Erfüllung) bei gleichzeitigem Rückkauf desselben Devisenbetrages auf Termin (d.h. mit späterer
Erfüllung) oder umgekehrt. Solche Geschäfte machen z.B. Sinn, wenn ein Anleger 10.000 Euro für 6
Monate in US-Dollar anlegen will, weil die Zinsen
auf Dollar-Festgelder höher sind als die auf EuroFestgelder. Durch den Devisen-Swap kennt der Anleger schon jetzt den genauen Wechselkurs, zu dem
er in 6 Monaten sein Geld von US-Dollar zurück in
Euro tauschen wird. Im konkreten Fall wird ein vorsichtiger Anleger sein Geld dann vorübergehend in
US-Dollar anlegen, wenn der Preis, den er für den
Devisen-Swap bezahlt, geringer ist als der Betrag,
den er durch die höheren Zinsen in den USA erhält.
Der US-Dollar spielt beim Devisenhandel mit Abstand die wichtigste Rolle. Im Jahr 2004 war er
in ca. 89% der weltweiten Devisentransaktionen
eine der beteiligten Währungen (es sind ja immer
zwei Währungen an einer Transaktion beteiligt), es
folgen Euro (37%) und Yen (20%). Der Anteil der
Währungen von Schwellenländern am Devisenhandel
stieg von 4,5% auf 5,2%. Die weltweit am öftesten
gehandelten Währungspaare waren Dollar/Euro mit
28% und Dollar/Yen mit 17% Marktanteil an allen
gehandelten Währungspaaren (BIZ 2005a: 10).
3.1.2 Die Währungsspekulation
Die anhaltende Wechselkursvolatilität der G3 (USDollar, Euro, Yen) eröffnet Währungsspekulanten
große Gewinnpotentiale, die sie an den traditionellen Aktien- und Anleihemärkten nicht erzielen
21
Wenn der Peso purzelt
Box 5: Wie funktioniert ein Währungsgeschäft: Zwei Beispiele
X ist Devisenhändler („Trader“) einer Großbank, die
international Devisengeschäfte tätigt. Sein Arbeitsplatz
ist in einem Londoner Großraumbüro, sein Schreibtisch
bestückt mit mehreren Computerbildschirmen und
mindestens einem Telefon. Sein Auftrag ist die Erzielung eines größtmöglichen Gewinnes im Kassageschäft
durch das Ausnutzen von kleinsten Wechselkursschwankungen, die sich im Bereich der vierten Stelle hinter
dem Komma (genannt ‘Pip’) abspielen. Im Laufe eines
Tages nimmt er unzählige Devisentransaktionen vor.
Anders als noch vor einigen Jahren wird heute der
Großteil der Geschäfte via Internet und nicht mehr
telefonisch getätigt. X wählt einige Währungspaare
aus, mit denen er handeln möchte und deren aktuelle
Kauf- und Verkaufskurse (‘Bid and Ask’) ständig auf den
Bildschirmen zu sehen sind.
22
Auf Grund seiner Marktanalyse rechnet X mit einer
Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar. Per
Mausklick kauft er mit Dollar eine große Summe Euro
zu einem bestimmten Euro-Dollar-Wechselkurs von
einer asiatischen Bank. Wenn der Euro ein wenig
später dann tatsächlich in geringem Maße aufwertet, kann X die zuvor gekauften Euro gegen Dollar
an eine Schweizer Bank verkaufen. X hat damit beim
Verkauf der Euro eine größere Summe Dollar erhält,
als er zuvor beim Kauf eingesetzt hatte. Die Differenz
zwischen Kaufpreis und Verkaufserlös ist der Gewinn,
welcher seinem Arbeitgeber bzw. dessen Kunden
zufließt. Umgekehrt kann X natürlich auch auf eine
Währungsabwertung spekuliert werden. In diesem Fall
muss unser Trader Euro also zuerst verkaufen und sie
später zu einem günstigeren Preis zurück erwerben.
Bei mehreren Hundert Devisentransaktionen pro Tag
– durchaus kein Einzelfall für einen professionellen
Händler – rechnen sich die potentiellen Gewinne
aus den Einzeltransaktionen im besten Fall zu einer
schönen Gewinnsumme zusammen.
können. Währungsspekulation vollzieht sich also in
erster Linie als bewusster Einsatz auf eine Wechselkursbewegung. Aber nicht nur eine gezielte Wette
auf einen steigenden oder fallenden Wechselkurs,
sondern z.B. auch ein nicht ausreichend gegen
Währungsrisiken abgesichertes Exportgeschäft
(ein ‘ungehedgtes’ Geschäft) kann als Spekulation
bezeichnet werden (siehe Boxen 2 und 3).
In erster Linie werden nicht Kleinanleger, sondern
institutionelle Investoren wie Investment-Gesellschaften, Banken, Versicherungen etc. und unter
diesen wiederum insbesondere Hedge-Fonds mit
spekulativen (Währungs)Geschäften in Verbindung
gebracht. In den letzten Jahren wuchs die HedgeFonds Branche enorm, und zwar sowohl hinsichtlich
der absoluten Zahl existierender Fonds als auch
bezüglich der von ihnen kontrollierten finanziellen
Y hat sich entschieden, als Privatkunde über die OnlineHandelsplattform einer Devisenbank ins spekulative
Währungsgeschäft einzusteigen. Bereits mit einem in
Verhältnis zu den Einsätzen von Banken und institutionellen Investoren geringen Betrag (z.B. 10.000 Euro)
kann Y hohe Summen verschieben und damit auch als
Einzelperson von kleinsten Kursschwankungen profitieren. Das funktioniert folgendermaßen: Y eröffnet bei
der Handelsplattform der Devisenbank ein Konto und
muss auf diesem Konto einen gewissen Prozentsatz der
Summe, mit der er spekulieren möchte, zur Absicherung vor möglichen Handelsverlusten einzahlen. Diese
„Leistungsverpflichtung“ gegenüber der Bank nennt
man Margin. Beträgt die Margin z.B. 4%, so kann der
Privathändler mit einem Hebeleffekt (Leverage-Effekt)
von eins zu 25 handeln, d.h. de facto ein 25mal höheres
Volumen zum Handel einsetzen, als er tatsächlich auf
dem Konto hinterlegt hat. Aus einem eingesetzten
Grundkapital von 10.000 Euro werden so 250.000 Euro,
die er zum Kauf von Devisen verwenden kann. Y kann
so unter Umständen hohe Renditen erzielen. Sollte Y
z.B. auf eine Aufwertung des US-Dollars spekulieren,
kauft er für 250.000 Euro zum Kurs von 1,25 312.500
US$. Angenommen der Dollar wertet tatsächlich innerhalb von zwei Börsentagen um einen Viertel-Prozentpunkt (0,25%) auf (fällt also der Euro von 1,25 auf
1,2469), dann bekommt er beim Verkauf der 312.000
US$ 250.625 Euro. Er hat also innerhalb von zwei
Börsentagen bei einem Einsatz von 10.000 Euro 625
Euro bzw. 6,25 Prozent Gewinn gemacht. Sollte Y auf
Jahr hochgerechnet immer so erfolgreich spekulieren,
dann würden aus seinen 10.000 Euro bei 250 Börsentagen 78.125 Euro. Es sind solche, wenngleich extrem
unwahrscheinlichen, Aussichten, die das Spekulationsfieber von spekulativen Privatanlegern antreiben. Mit
etwas weniger Glück verspekuliert Y allerdings innerhalb kurzer Zeit sein Kapital.
Mittel. Schätzungen zu Folge gibt es weltweit über
8.000 Hedge-Fonds, die insgesamt über ein Anlagevermögen von mehr als 1.200 Milliarden Dollar verfügen (Spiegel 2005, Financial Times Deutschland
2006). Ein besonders prominentes und oft zitiertes
Beispiel einer Währungsspekulation eines HedgeFonds sei auch hier erwähnt: Der Quantum Fonds
des George Soros spekulierte Anfang der 90er Jahre
unter Einsatz immenser Summen – Schätzungen
sprechen von einem zweistelligen Milliardenbetrag
– gegen das britische Pfund. Die britische Zentralbank konnte trotz massiver Stützungskäufe eine
Abwertung der Währung nicht verhindern, mit dem
Ergebnis, dass das Pfund aus dem Europäischen
Währungssystem (EWS) ausscheiden musste. Soros
erzielte für seinen Fonds einen geschätzten Gewinn
von einer Mrd. Dollar (Huffschmid 1999: 95).
Aber nicht nur die als „skrupellose Haie“ oder “Heuschrecken“ verschrienen Hedge Fonds, sondern auch
transnationale Konzerne und Banken verdienen oder
verlieren kräftig mit dem Devisengeschäft. DaimlerChrysler z.B. „erwirtschaftete“ über die Hälfte
des operativen Gewinns im zweiten Quartal 2003
nicht etwa durch Autoverkäufe, sondern durch
Währungsgeschäfte und Umrechnungseffekte. Der
Automobilhersteller legte Wert darauf, dass es sich
nicht um spekulative Geschäfte gehandelt habe,
sondern um erfolgreiche Absicherungsstrategien.
Im Gegensatz zu DaimlerChrysler verfolgt der Volkswagen-Konzern bereits seit Jahren eine Strategie
der geringen Absicherung gegen Währungsrisiken.
Im Jahr 2000 zahlte sich diese Taktik noch aus, VW
konnte vom hohen Dollarkurs profitieren und unter
anderem auch deshalb ein weiteres Rekordjahr vermelden. Drei Jahre später dann musste VW auf
Grund der Dollar-Schwäche, gegen die man sich
nicht ausreichend abgesichert hatte, erhebliche Verluste hinnehmen. Bereits Ende der 80er Jahre verlor
VW fast 400 Millionen Dollar durch schief gegangene Dollar-Termingeschäfte mit der ungarischen
Nationalbank (Seifert-Granzin, 1996: 39).
Die hier beschriebene Strategie, sich gegen Kursschwankungen abzusichern und diese quasi nebenbei noch für Spekulationsgewinne zu nutzen, kann
jedoch nur von den so genannten „global players“,
also großen finanzstarken Weltkonzernen, verfolgt werden. Die vom deutschen Bundestag
eingesetzte Enquete-Kommission „Globalisierung
der Weltwirtschaft – Herausforderungen und Antworten“ stellt in ihrem Abschlussbericht im Mai
2002 fest: „Diese Möglichkeiten stehen kleinen und
mittleren Unternehmen im Gegensatz zu Konzernen
in geringerem Maße und manchen Entwicklungsländern gar nicht zur Verfügung. Die große Volatilität
der Kursbewegungen ist für sie wegen der Wirkung
auf Import- und Exportpreise, Zinsbewegungen,
Einkommen und Staatseinnahmen eher schädlich.
Dies betont auch die UNCTAD (2001) in ihrem
World Investment Report (WIR). Daher haben vor
allem Entwicklungsländer und [kleinere und mittlere Unternehmen] Interesse an einer Reduzierung
der Volatilität, nicht die großen „global players“,
die genügend Instrumente zur Verfügung haben,
die Volatilität durch jeweilige Gegengeschäfte zu
kompensieren oder sogar spekulativ auszunutzen.“
(Deutscher Bundestag, 2002: 91).
Die Deutsche Bank z.B. gibt in ihrem Geschäftsbericht 2000 an, 1 Mrd. Euro bzw. 14% ihres erfolgreichen Handelsergebnisses dem Devisenhandel zu
verdanken. Zwar betont die Bank, dass das Devisengeschäft nach wie vor zum Großteil ein Kundengeschäft sei (und damit keine Spekulation auf eigene
Rechnung) – sie hütet sich jedoch davor, den Ertrag
aus dem Handel mit Währungen näher aufzuschlüsseln (Deutsche Bank, o.J.). Mit Devisenspekulation
sind Unternehmen aber auch große Verluste entstanden „Die größte deutsche Landesbank, die WestLB,
verlor Ende der siebziger Jahre zum Beispiel rund
300 Millionen Mark durch Devisenspekulationen.
Und eine der größten Finanzaffären der Nachkriegszeit, die Pleite der Kölner Privatbank I. D. Herstatt,
geht auf Devisentermingeschäfte zurück.“ (Brand
Eins 2001). Solange sie nicht selbst spekulieren, verdienen Banken an Absicherungsgeschäften auf jeden
Fall gut, denn allein die Transaktionsgebühren, die
sie ihren Kunden für solche Geschäfte in Rechnung
stellen, sind ein einträgliches Geschäft.
Der Großteil der täglichen Devisenumsätze ist kurzfristiger Natur mit einer Laufzeit der Anlagen von
weniger als einer Woche. Ziel eines guten Teiles dieser kurzfristigen Anlagen ist das Ausnutzen kleinster
Kursänderungen (WEED 2001: 6). „Dass die Spekulanten – im Gegensatz zu den Unternehmen – nichts
so sehr lieben wie stetige Wechselkursschwankungen, ist [...] unbestritten. Mit Währungsschwankungen wird im Devisenhandel das große Geld verdient.“
(NZZ, 1997)
23
Wenn der Peso purzelt
Kapitel 4
Möglichkeiten und Grenzen
einseitiger Wechselkurspolitik
4.1. Formen von Wechselkurssystemen
S
o lange das globale Währungssystem von hoher
Instabilität und Dominanz der G3 geprägt ist, ist
die Anpassung an dieses System, d.h. die unilateral
bzw. regional gewählte Wechselkursstrategie von
enormer Bedeutung für die wirtschaftliche und soziale
Situation von Entwicklungs- und Schwellenländern.
Diese Tatsache erhält insbesondere vor dem Hintergrund der verheerenden sozialen und ökonomischen
Auswirkungen der Finanz- und Währungskrisen, die
sich seit den 90er Jahren ereigneten, Gewicht.
24
Es stellt sich demnach die Frage, welches Wechselkursregime für welches Land in welchem spezifischen
Entwicklungsstadium das am besten geeignete ist. Die
ökonomische Theorie hält eine Vielzahl an verschiedenen Wechselkurssystemen bereit, die in einem Kontinuum zwischen den Extremen „fester Wechselkurs“
(hard peg) einerseits und „völlig flexibler Wechselkurs“
(free floating) andererseits bewegen.
Innerhalb des Kontinuums lassen sich drei übergeordnete Kategorien ausmachen: die Gruppe der festen
Wechselkurssysteme (hard pegs), die Gruppe der intermediären Regime (soft pegs) und die der flexiblen
Wechselkurssysteme (floating regimes) (vgl. Fisher,
2001: 2). Die Positionierung der verschiedenen Formen im Kontinuum ist nicht unproblematisch und
kann allenfalls einer übersichtlichen Veranschaulichung dienen. So kann z.B. jedes der intermediären
Regime je nach praktischer Handhabung und Konzeption hinsichtlich seines Grades an Flexibilität bzw.
Fixierung erheblich variieren. Zudem schließen sich
die einzelnen Merkmale der Zwischenlösungen gegenseitig nicht aus, sondern können in der Praxis miteinander kombiniert werden (vgl. Fraenkel 2003: 6).
4.1.1 Feste Wechselkurssysteme
Am rigiden Ende des Kontinuums befinden sich Währungsunion, Dollarisierung und Currency Board als
Formen fester Wechselkurssysteme. Die Idee der WähAbbildung 3: Kontinuum der Wechselkurssysteme
rungsunion, d.h. einer regionalen Währungskooperation mit einer Gemeinschaftswährung, unterscheidet
Absolut festes Wechselkurssystem
sich von allen anderen Modellen
Währungsunion
darin, dass es sich zwingend um eine
Feste Wechselkurssysteme
multilaterale Anstrengung handelt.
Dollarisierung, Euroisierung
(Hard Pegs)
Neben einer Währungsunion als sehr
weitgehender Integrationslösung
Currency Board
kommt auch eine WährungskooperaAnpassfähiges Fixkurssystem
tion in Frage. Zwei Möglichkeiten
(Adjustable Peg)
der regionalen Währungskooperation
Fixkurssystem mit Währungskorb (Basket Peg) sind denkbar: zum einen besteht die
Intermediäre Regime
(sicherlich zu bevorzugende) Option
(Soft Pegs)
Crawling Peg / Crawling Band
der Integration in einen Währungsblock mit einer Leitwährung (wie z.B.
Fixkurssystem mit Zielzonen
der D-Mark als Leitwährung bei der
(Band, Target Zone)
Konzeption der Euro-Zone); zum
Managed Floating
Flexible
anderen ist auch eine WährungsWechselkurssysteme
union mehrerer ‘SchwachwährungsVöllig flexibler Wechselkurs
(Floating Regimes)
länder’ vorstellbar, z.B. der Mercosur(Free / Pure Floating)
Zone oder der Staaten des südlichen
Absolut flexibles Wechselkurssystem
Quelle: Frankel 54, 5 und Dieter 8, 32/33 Afrika (vgl. Fritz, 2004).
Box 6: Länderbeispiel Currency Board: Argentinien
Im Jahr 2001 geriet Argentinien in eine tiefe Finanzund Währungskrise, ein Land, welches seit Anfang der
90er Jahre vollständig einen vom IWF empfohlenen
wirtschaftspolitischen Weg eingeschlagen hatte. Damit erlitt auch ein vom internationalen ökonomischen
Mainstream bis dato gefeiertes Währungsmodell, das
so genannte Currency Board, krachenden Schiffbruch.
„[Der] Zusammenbruch der argentinischen Ökonomie
[muss] als einer der schwersten seit der Great Depression gehandelt werden. Nicht nur hat das Land den
bisher größten default [Zahlungsstopp, d. Verf.] der
Weltwirtschaft erklärt, seit es für seine 150 Milliarden
US-Dollar Außenschulden die Zahlungsunfähigkeit
ausrufen musste; die Binnenrezession, die nunmehr ins
vierte Jahr geht, hat inzwischen das nationale Volkseinkommen um annähernd 20% reduziert [...]. Eine Ökonomie befindet sich im freien Fall, und mit ihr die Strukturen von Politik und Gesellschaft.“ (Fritz 2002: 115)
Dabei sah zu Beginn alles nach einer Erfolgsgeschichte
aus: Nach Jahren des erfolglosen Kampfes gegen die
Hyperinflation (die 1989 auf über 4.500% angestiegen war, vgl. WEED 2001, 34f.) beschloss die argentinische Regierung 1990/1991, Währungsstabilität und
wirtschaftliche Gesundung von Außen zu importieren. Die Landeswährung Peso wurde im Rahmen der
Einrichtung eines Currency Board im Verhältnis 1:1
unverrückbar fest an den US-Dollar gebunden; zusätzlich erfolgte eine weitgehende Liberalisierung und
Deregulierung der argentinischen Ökonomie (vgl. WEED
2001a: 34f.). Beide Maßnahmen sollten vor allem dazu
beitragen, ausländisches Kapital ins Land zu locken
und den erhofften Aufschwung damit zu finanzieren.
Die Phase des wirtschaftlichen Niedergangs schien in
der Folge auch tatsächlich durchbrochen zu sein: das
inländische Preisniveau konnte stabilisiert werden,
ausländisches Kapitals floss ins Land, von 1991 bis
1998 wurden fast durchweg hohe Wachstumsraten
erzielt. Spätestens seit Argentinien sich resistent
gegenüber den Ansteckungsgefahren der Asien-Krise
erwiesen hatte, galt das Currency Board als Erfolgsmodell für Entwicklungs- und Schwellenländer (Fritz
2002: 116).
Die Nachteile der absolut festen Bindung der Landeswährung an den Dollar in Form eines Currency Board
und dessen verheerende Folgen sollten jedoch nicht
allzu lange auf sich warten lassen. Eines der Hauptprobleme eines Currency Board – die nicht vorhandene
Reaktionsmöglichkeit auf sich verändernde Wettbewerbsbedingungen – wog im argentinischen Fall
besonders schwer: Der Real (Währung des wichtigen
Handelspartners Brasilien) verlor von 1997 bis 2001
gegenüber dem US-Dollar ca. 60% an Wert, auch
der Euro wertete seit 1999 gegenüber dem Dollar ab
– der Peso dagegen blieb fest an den Dollar gebunden. Die daraus resultierende Peso - Überbewertung
bedeutete für die argentinische Ökonomie, die mehr
als die Hälfte ihrer Exporte nach Brasilien und Europa
lieferte, einen immensen Verlust an internationaler
Wettbewerbsfähigkeit. In der Konsequenz führte dies
zu einem Anstieg der Importe, einem Rückgang der
Exporte und damit zu einem steigenden Handelsbilanzdefizit und einem Mangel an Devisen. Die günstigste
und schnellstmögliche währungspolitische Reaktion
auf eine derartig veränderte Wettbewerbsposition wäre
eine Währungsabwertung gewesen – eine Möglichkeit,
die innerhalb eines Currency Board aber ausgeschlossen ist. Argentinien war also nicht in der Lage, auf sich
verändernde externe Bedingungen angemessen zu reagieren (vgl. auch Sangmeister 2000: 2f.). Die üblichen
Kettenreaktionen traten schon bald ein: Unsicherheiten
über die weitere wirtschaftliche Entwicklung führten
zu Vertrauensverlust der ausländischen Investoren
und damit zu einer Umkehr der Kapitalflüsse, wodurch
das Land in noch größere Zahlungsschwierigkeiten
geriet usw. (vgl. Fritz/Nolte 2004: 3). Nach Beginn der
wirtschaftlichen Probleme im Jahr 2000 beschloss der
IWF, einen internationalen Großkredit im Umfang von
40 Mrd. Dollar bereitzustellen. Nachdem sich die Lage
dann weiter verschlechterte und der IWF im Dezember 2001 die Auszahlung einer fälligen Kredittranche
verweigerte, stürmten die argentinischen Bürger die
Banken, um sich ihre großteils in Dollar gehaltenen
Bankeinlagen auszahlen zu lassen. Wirtschaftsminister
Domingo Cavallo ließ daraufhin über Monate hinweg
die Dollar-Bankkonten der argentinischen Bürger
einfrieren (das so genannte „corralito“). Im Januar
2002 musste Argentinien seine Zahlungsunfähigkeit
erklären. Nachdem der Wechselkurs des Peso am 10.
Januar desselben Jahres freigegeben wurde, wertete er
gegenüber dem Dollar drastisch ab und verlor bis April
2002 ca. 70% seines Außenwertes.
Die Folgen der durch das Currency Board ausgelösten
argentinischen Krise sind dramatisch. Der Zusammenbruch der nationalen und internationalen
Kreditbeziehungen, der freie Fall des Wechselkurses,
ein Ansteigen der Arbeitslosigkeit auf über 20% und
die extreme Unsicherheit über die ökonomische und
politische Zukunft führten dazu, dass die ökonomischen
Aktivitäten weitgehend zusammenbrachen. Im Vergleich
zu 1998 fiel das Bruttoinlandsprodukt bis Ende 2002
um ca. 20% (IMF, 2005). Die Last der Auslandsverschuldung war im Vergleich zu 1990 infolge der Finanz- und
Währungskrise geradezu explodiert; das Verhältnis
Brutto-Auslandsverschuldung zu Exporten lag im Jahr
2001 bei 612% – selbst nach den Kriterien der Weltbank gilt ein Land bereits ab 220% als hochverschuldet
(vgl. Fritz/Nolte 2004). „Das Beispiel Argentiniens zeigt
[...] sehr deutlich, dass die Empfehlungen des IWF zur
Schaffung eines festen Wechselkurses mittels eines
sogenannte Currency Board eine Volkswirtschaft in eine
ausweglose Lage bringen können.“ (Dieter 2002a: 7)
25
Wenn der Peso purzelt
Dollarisierung als Wechselkursregime bedeutet nicht
eine Ablösung der inländischen durch eine ausländische Währung im täglichen Wirtschaftsleben, v.a.
auf Schwarzmärkten und im informellen Sektor,
sondern vielmehr die bewusste politische Entscheidung für die aktive Übernahme einer Fremdwährung
als einziges Zahlungsmittel im Inland. Dies heißt die
völlige Abschaffung der eigenen Währung. Das entsprechende Land gibt damit sowohl den Gewinn durch
die Ausgabe eigenen Geldes („Seigniorage-Gewinn“)
als auch seine währungspolitische Souveränität auf
(vgl. Fritz 2004: 12). „Die Botschaft ist eindeutig: will
man politische und wirtschaftliche Autonomie, sollte
man die eigene Währung nicht durch die eines anderen Landes ersetzen.“ (Dieter 2002: 188)
26
Die härteste Form der unilateralen Währungsanbindung unter Beibehaltung der inländischen Währung
stellt das Currency Board dar. Es hat drei wesentliche Merkmale: erstens wird der Wechselkurs zur
Ankerwährung festgesetzt, zweitens wird eine unbeschränkte Konvertibilität der Landeswährung in
die Ankerwährung garantiert, und drittens erfolgt
die vollständige Deckung des inländischen Geldbestandes durch Devisenreserven (vgl. Dieter 2002a:
19). Die Geldpolitik ist dem Wechselkursregime damit vollständig untergeordnet; die inländische Liquidität und das inländische Zinsniveau sind abhängig
von Kapitalzu- bzw. -abflüssen (vgl. ICEG 2000).
„Verfechter von Currency Boards betonen, diese würden für Glaubwürdigkeit, Transparenz, niedrige Inflationsraten und monetäre wie fiskalische Stabilität
sorgen. [...] Einige dieser Effekte können tatsächlich
erreicht werden, wenn auch nur zeitweise.“ (Dieter
2002: 187) Dem unbestreitbaren Vorteil der Stabilität stehen jedoch zumindest zwei schwerwiegende
Nachteile gegenüber: erstens verliert die nationale
Zentralbank ihre zentralen wirtschaftspolitischen
Steuerungsinstrumente und damit jegliche Kontrollmöglichkeit des inländischen Geldbestandes und
Zinsniveaus. Zweitens kann die Anpassung an externe
Schocks nicht mehr durch Anpassung des nominalen
Wechselkurses, sondern nur durch eine aufwändige
und kostspielige Politik der Deflation, d.h. durch Senkung des inländischen Preis- und Reallohnniveaus,
vorgenommen werden (vgl. Dieter 2002a: 20).
4.1.2 Intermediäre Regime
Zwischen den beiden Extremlösungen hard peg und
free floating befindet sich eine Vielzahl an intermediären Wechselkurssystemen.
8
Ein adjustable peg entspricht dem System, wie es
in Bretton Woods 1944 eingerichtet wurde und wie
es die Mehrzahl der von der Asien-Krise betroffenen
Schwellenländer bis Mitte der 90er Jahre praktizierte: ein anpassfähiges Fixkurssystem. Dabei wird der
Wechselkurs zu einer Ankerwährung zwar festgelegt,
es besteht jedoch – im Unterschied zum Currency
Board – unter bestimmten Umständen die Möglichkeit einer Anpassung. So könnte z.B. Land im Fall
eines „externen Schocks“8 eine kontrollierte Abwertung zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit erfolgen (vgl. Flassbeck 2000: 8). Theoretisch
kann der Stabilitätsvorteil eines „monetären Ankers“
in diesem Fall mit dem Erhalt der geldpolitischen
Autonomie, also der Hoheit über die Zinspolitik, verbunden werden. Nach den Finanzkrisen in Ostasien
wurden adjustable pegs jedoch von vielen Seiten als
extrem spekulationsanfällig erachtet:
„Solche festen, aber prinzipiell anpassfähigen
Wechselkurse sind anfällig gegen spekulative
Attacken, weil Regierungen und Notenbanken, die
einen festen Wechselkurs lange verteidigt und damit
beispielsweise erfolgreich die Inflation im eigenen
Land bekämpft haben, dazu neigen, den Wechselkurs
auch dann noch zu verteidigen, wenn es nicht
mehr gerechtfertigt ist.“ (Flassbeck 2002: 20)
Eine Möglichkeit, die Vorteile eines „monetären
Ankers“ mit einer größeren Anpassungsfähigkeit des
Wechselkurses an externe Veränderungen zu verbinden, bietet ein Fixkurssystem mit einem Währungskorb (basket peg) (ICEG 2000: 2). Der Wechselkurs
wird an einen Währungskorb gebunden, wobei
Anzahl und Gewichtung der Währungen im Korb so
gewählt werden, dass sie das Handelsmuster des betreffenden Landes wiederspiegeln. Theoretisch liegt
der Vorteil eines basket peg darin, dass das Land vor
unberechenbaren Schwankungen ‘dritter’ Wechselkurse (vor allem der Kurse der drei Weltwährungen
Euro, Dollar und Yen) geschützt und der reale Wechselkurs damit stabilisiert werden kann (vgl. Williamson 2000: 3).
Bei einem crawling peg handelt es sich um eine
gegenüber einer Ankerwährung vorgegebene „regelmäßige Anpassung des Wechselkurses aufgrund
der Veränderung eines Indikators, z.B. der unterschiedlichen Inflationsentwicklung zwischen Inland
und Ankerwährungsland“ (Dieter, 2002a: 32). Die
primären Ziele dieses von vielen osteuropäischen
Transformationsländern gewählten Wechselkursregimes sind, den realen Wechselkurs konstant zu
Ein “externer Schock” ist eine starke kurzfristige Veränderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, auf die das betroffene Land
keinen Einfluss hat. Wenn ein Entwicklungsland hauptsächlich aus den USA importiert, in die EU exportiert und seine Währung fest an
den US-Dollar gebunden hat, dann kann eine starke Veränderung des Euro-Dollar-Wechselkurses ein externer Schock sein, auf den das
Land reagieren muss.
halten und/oder hohe Inflationsraten zu bekämpfen
(vgl. VII, 3). Nach Ansicht von Michael Mussa vom
IWF wurde die Mehrzahl der auf den Wechselkurs
zurückzuführenden erfolgreichen Disinflationen seit
den späten 80er Jahren über den Einsatz von crawling pegs bzw. crawling bands erreicht (ICEG, 2000).
Am unteren, ‘flexiblen’ Rand der intermediären Regime liegt das Fixkurssystem mit Bandbreiten bzw.
Zielzonensystem (band bzw. target zone). Der Wechselkurs einer Währung wird zwar auf eine Ankerwährung bzw. einen Währungskorb ausgerichtet,
jedoch werden Bandbreiten definiert, innerhalb derer
der Kurs gegenüber der Ankerwährung schwanken
darf. Auch bei dieser Form ist das zentrale Ziel, den
realen Wechselkurs und damit die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes langfristig konstant zu halten
(vgl. 39, Flassbeck 2002: 16). Inwiefern eine recht
Box 7: Länderbeispiel adjustable peg: Thailand
Der offizielle Beginn der Asienkrise wird im Allgemeinen mit der Freigabe des Wechselkurses des thailändischen Baht im Juli 1997 markiert. Damit brach die
Krise überraschend in einem Land aus, dessen ökonomische Entwicklung vorbildhaft zu verlaufen schien:
Thailand verzeichnete von 1990-1995 mit durchschnittlich 8,5% hohe BIP-Wachstumsraten (vgl. Huffschmid
1999: 162) bei zugleich relativ niedrigen Inflationsraten (zwischen 3 und 6%). Der wirtschaftliche Aufschwung des Landes wurde in erheblichem Maße durch
Kapitalzuflüsse aus dem Ausland finanziert. Die liberale
Wirtschaftspolitik Thailands galt in den Augen des
internationalen ökonomischen Mainstreams als Musterbeispiel des Modells fremdfinanzierter nachholender
Entwicklung (Köhler 1998: 3f.).
Bei der Ursachenanalyse der Krise wurde neben vielen
anderen Faktoren auch das in Thailand praktizierte
System eines festen, prinzipiell anpassfähigen Wechselkurses (adjustable peg) gegenüber dem US-Dollar als
krisenanfällig identifiziert – erstaunlicherweise insbesondere vom IWF, der das Wechselkursregime zuvor
befürwortet hatte. Inwiefern trug der thailändische
adjustable peg zur Krise bei? Grundsätzlich traten zwei
Probleme in Verbindung mit dem festen Wechselkurs
auf (die jedoch nur im Rahmen zuvor erfolgter, vom
IWF vorangetriebener wirtschaftspolitischer Weichenstellungen ermöglichet wurden, z.B. durch die Anfang
der 90er Jahre erfolgte Kapitalverkehrsliberalisierung):
Zum einen begünstigte das Wechselkursregime, in
Verbindung mit im Vergleich zu den Industrieländern
hohen Zinssätzen, den Zufluss großer Mengen an
überschüssigem Kapital aus den Industrieländern, v.a.
in Form von Bankkrediten mit kurzfristiger Laufzeit
(vgl. Huffschmid 1999: 164). „So gesehen erschien
damals die Konstellation der thailändischen Zins- und
Wechselkurspolitik als ein ‘free lunch’ für die internationalen Investoren. Was konnte es besseres geben
als eine kurzfristige Bath-Anlage, die man über eine
preiswerte Kreditaufnahme am US-Dollar-Markt finanzierte?“ (Bofinger 2001: 2). Zum anderen erwies sich
das Wechselkurssystem als nicht resistent gegenüber
der Währungsspekulation. Im thailändischen Fall zeigte
sich das verheerende Zusammenspiel dieser beiden
Faktoren besonders deutlich: Als der US-Dollar – und
damit auch der an ihn gebundene Baht – im Vergleich
zum japanischen Yen aufwertete, verschlechterte sich
die thailändische Wettbewerbsposition gegenüber dem
wichtigen Handelspartner und Exportkonkurrenten
Japan. Als Folge stiegen die Importe, während die
Exporte zurückgingen, das bisher harmlose Leistungsbilanzdefizit wuchs. Infolge erster Unsicherheiten über
die wirtschaftliche Entwicklung des Landes beginnt
nun die Krisen-Spirale: „Die [durch den festen Wechselkurs vorhandene, d. Verf.] Verwundbarkeit schlägt
um in Verwundung. Die ersten durch Überschusskapital
aufgedrückten Projekte platzen. Die ersten Anleger
bezweifeln die Haltbarkeit des Wechselkurses und ziehen ihr Geld ab. [...] Nach den ersten Anzeichen einer
prekären Entwicklung steigt die Währungsspekulation
ein, und das ist das Ende. Innerhalb weniger Stunden
schlägt der hektische Kapitalzufluss in panischen
Kapitalabzug um. Die Währung bricht zusammen, die
auf Dollar lautenden Schulden werden unbezahlbar,
Unternehmen und Banken brechen zusammen, die Aktienkurse gehen in den freien Fall über.“ (Huffschmid:
1999: 164).
Hervorzuheben ist insbesondere die Rolle mächtiger
Währungsspekulanten, die den festen Wechselkurs
gegenüber dem US-Dollar für ihre Zwecke ausnutzten.
Die Spekulanten „wetteten“ unter Einsatz immenser
Kapitalsummen auf eine potentielle Abwertung des
Baht und waren damit letztendlich mit ausschlaggebend für die tatsächliche Abwertung, wodurch sich ihre
erwarteten Gewinne dann realisierten. Alle Verteidigungsanstrengungen der thailändischen Zentralbank,
die noch Ende 1996 über immerhin knapp 40 Mrd.
US-Dollar Devisenreserven verfügte, waren erfolglos.
Der Wechselkurs konnte nicht gehalten werden und
wurde freigegeben (vgl. Köhler 1998: 8). Der thailändische Baht verlor gegenüber dem US-Dollar innerhalb von nur neun Monaten die Hälfte seines Wertes
– entsprechende Gewinne strichen die Spekulanten
ein (vgl. Huffschmid 1999: 162). Bleibt noch festzustellen, dass entgegen den Verlautbarungen des IWF
„hausgemachte“ Probleme Thailands – und damit trotz
offensichtlicher Schwächen auch das Wechselkursregime – keine hinreichende Begründung für spekulative
Attacken auf die thailändische Währung lieferten.
Vielmehr haben sowohl neoliberale wirtschaftspolitische Empfehlungen des IWF im Vorfeld als auch subjektive Annahmen und unverantwortliches Verhalten
internationaler Währungsspekulanten maßgeblich zur
Entstehung der Krise beigetragen (vgl. Köhler 1999: 7f).
27
Wenn der Peso purzelt
enge Definition von Bändern spekulative Attacken
verhindert oder aber provoziert, ist umstritten.
Mussa weißt auf das mögliche Risiko hin:
„Indeed, the principal difficulty of band arrangements
[…] is that when the exchange rate is driven to the
limits of the bands, these arrangements work similarly to and can face the same type of problems as
standard exchange rate pegs.“ (ICEG 2000: 3)
28
Die Gemeinsamkeit aller soft pegs ist, dass sie den
begleitenden Einsatz von Kapitalverkehrskontrollen
erfordern, um Wechselkurs-Instabilitäten zu vermeiden.
Dies liegt in der so genannten impossible trinity der
Finanzpolitik begründet: Wenn ein Land sein Zinsniveau
autonom bestimmen will (z.B. auf einem niedrigeren
Nievau als die USA oder Euroland) und gleichzeitig
einen stabilen Wechselkurs aufrechterhalten will,
dann muss es sich durch Beschränkungen des Kapitalverkehrs vor großen ungewollten Kapitalabflüssen
schützen. Ansonsten werden die inländischen Anleger
ihr Geld ins Ausland übertragen, um es dort anzulegen,
und dabei auf die begrenzten Devisenreserven des
Landes zugreifen. Diese Reserven gehen dann irgendwann zu Ende und der Wechselkurs kann nicht mehr
aufrecht erhalten werden. Gerade Entwicklungs- und
Schwellenländern sollten daher auf vollständig liberalisierten Kapitalverkehr verzichten und zur Stabilisierung
der Wechselkurse selektive Kapitalverkehrskontrollen
einsetzen (vgl. Dieter 2002a: 33ff.).
4.1.3 Flexible Wechselkurssysteme
Intermediäre Wechselkursregime wurden nach der
Asien-Krise vom internationalen ökonomischen
Mainstream als krisen- und spekulationsanfällig
betrachtet. In der Folge wurden Entwicklungs- und
Schwellenländer nicht zuletzt vom IWF (siehe Kapitel 4.2) dazu gedrängt, sich für eine der Ecklösungen
(corner solutions) des Wechselkurskontinuums zu
entscheiden.
Sowohl in der Theorie als auch in der Praxis wurden
flexible Wechselkurse dabei oft bevorzugt. Frei nach
den Kräften des Marktes schwankende Wechselkurse
sollten unterschiedliche Entwicklungen zwischen
den beteiligten Volkswirtschaften ausgleichen,
beispielsweise externe Störungen und Schocks durch
Wechselkursanpassungen auffangen und abfedern,
und damit jegliche Intervention von Seiten der
Zentralbanken unnötig machen (vgl. Flassbeck 2002;
11ff). Diese Hoffnungen können jedoch von einem
free floating regime nicht erfüllt werden. Warum?
Ebenso wie bei anderen Wechselkurssystemen
besteht auch bei floating regimes das Risiko einer
Fehlentwicklung, dass sich die Kurse eben nicht an
der Veränderung der ökonomischen Grunddaten
(fundamentals) der Volkswirtschaft orientieren,
sondern es gemessen an den fundamentals zu Überoder Unterbewertung kommt. zieht folgendes Fazit:
„Es ist vielleicht der größte Irrtum der Ökonomie in diesem Jahrhundert, lange Zeit der Politik die Vorstellung
vermittelt zu haben, es gäbe so etwas wie nationale
Souveränität in der Wirtschaftspolitik, wenn man nur
ein Währungssystem installiert, daß ‘flexibel’ alle von
außen kommenden Schocks abfängt. Das aber kann
es nicht geben, weil die real existierenden Währungssysteme nicht einmal monetäre Störungen relativ friktionsfrei ausgleichen können, ganz zu schweigen von
realen Schocks.“ (Heiner Flassbeck 2002: 15)
Die Regierungen von Entwicklungs- und Schwellenländern sind sich der Risiken flexibler Wechselkurse
bewusst. In Konsequenz hat die Zahl der Staaten mit
de jure free floating regimes seit Ende der 90er Jahre
zwar erheblich zugenommen, de facto schrecken
die meisten Länder jedoch davor zurück, den Wechselkurs vollständig den Kräften des Marktes auszusetzten („fear of floating“). Sie praktizieren vielmehr
ein so genanntes managed floating. Dabei bleiben
die Wechselkurse zwar offiziell flexibel, die Zentralbank wirkt jedoch unter bestimmten Umständen
durch Zinspolitik und/oder gezielte Interventionen
auf den Devisenmärkten auf die Kursentwicklung
ein (vgl. Williamson, 2000: 4). Der Begriff managed
floating ist dabei recht unklar und umfasst je nach
genauer Konzeption „a range of regimes from de
facto pegging to something close to a free float“
(ICEG 2000: 3). Hier verschwimmen also die Grenzen
zwischen flexiblen und intermediären Wechselkurssystemen. John Williamson (2000: 4) hält als Ergebnis seiner Auswertung zweier jüngerer Studien fest:
„These results strongly suggest that most emerging market countries – especially those in East Asia
– are reluctant floaters. Their revealed preference is
for a regime that can at most be described as one
of heavily managed floating. They describe themselves as floating because that is what the IMF
wants to hear, but they do not practice floating in
a form that would be approved by the two-corner
advocates.“
4.2. Die Währungspolitik des IWF
4.2.1 Der IWF als Anwalt der Extremlösungen
Mit Ende des in Bretton Woods etablierten Festkurssystems und dem Übergang zu flexiblen Wechselkursen in den 1970er Jahren gingen zunehmende
Wechselkursunsicherheiten einher. Gleichzeitig
begannen im internationalen ökonomischen Mainstream die Diskussionen, welche Währungsregime
für Entwicklungs- und Schwellenländer geeignet
sind und wie sie diese auch eigenständig, d.h. unilateral, einführen können. Eine Rückkehr zu internationaler, d.h. multilateraler Währungskooperation
wurde kaum in Betracht gezogen.
Box 8: Länderbeispiel Flexibler Wechselkurs: Südafrika
1994 hatte Südafrika im Rahmen wirtschaftspolitischer Liberalisierungsmaßnahmen den Wechselkurs der
Landeswährung Rand freigegeben. Nach mehr einem Jahrzehnt flexibler Wechselkurse kann das afrikanische
Schwellenland heute als Beispiel für die Probleme angeführt werden, die ein floating regime für ein Schwellenland
möglicherweise mit sich bringt.
Unabhängig von den wirtschaftlichen Basisdaten des Landes war der Rand immer wieder starken Schwankungen
ausgesetzt (siehe Abbildung 4 im Kasten), welche sich zumindest kurzfristig auf die wirtschaftliche Entwicklung
des Landes auswirkten. Die jüngste und stärkste Schwankung des Rand- Kurses war im Jahr 2001 zu beobachten.
Gegenüber dem US-Dollar verlor der Rand übers Jahr gesehen 37% seines Wertes, allein im letzten Quartal 2001
betrug der Verlust 27%. Im Jahr 2002 gewann der Rand dann 32% seines Wertes gegenüber dem US-Dollar
zurück. Betrachtet man die makroökonomischen Daten Südafrikas, so findet man keine hinreichenden Gründe für
die starken Währungsumbewertung: Die Wachstumsraten des BIP lagen seit 1999 stets um die 3%, die Inflation
konnte auf einem relativ niedrigen Niveau stabilisiert werden, Auslandsverschuldung und Haushaltsdefizit waren
nicht nennenswert hoch (vgl. DB Research, Lesezeichen Wechselkurs – Südafrika, Tansania). Wie ist der erhebliche
Kursverlust dann zu erklären?
Externe, von der südafrikanischen Regierung nicht beeinflussbare politische Entwicklungen scheinen für die
Währungsabwertung mit entscheidend gewesen zu sein. Insbesondere die Unsicherheiten über die weitere politische Entwicklung Simbabwes könnte eine Rolle gespielt haben. „Die Flucht der Investoren aus Südafrika und die
damit verbundene Schwäche des Rand hätten dann weniger mit der makroökonomischen Situation Südafrikas zu
tun als vielmehr mit der kollektiven Skepsis von Investoren hinsichtlich der weiteren Entwicklung in Südafrika und
den Nachbarländern. Die Währung wäre also zum Barometer für die Empfindungen von Investoren gegenüber der
Region südliches Afrika geworden.“ (Dieter 2002a: 28f). 2000 und 2001 wurden netto Randanleihen im Umfang
von 20,5 (2000) bzw. 26,5 (2001) Mrd. Rand von ausländischen Investoren abgestoßen. Die Investoren stehen in
Verdacht, nicht nur aus Angst vor Verlusten verkauft zu haben, sondern auf die von ihnen erwartete Schwäche
des Rand bewusst spekuliert und damit zur drastischen Abwertung letztendlich maßgeblich beigetragen zu haben.
Laut der Neuen Züricher Zeitung vom 8.12.2001 sollen z.B. die international im Devisenhandel tätigen Großbanken
Deutsche Bank, JP Morgans und Citibank unter Einsatz von 6 bis 8 Mrd. Dollar gegen den Rand spekuliert haben.
In seiner Analyse der Asienkrise 1997/98 kam der
IWF unter anderem zu dem Schluss, die intermediären Wechselkursregime – allen voran die der
so genannten pegged systems, die der IWF vor der
Asien-Krise befürwortet hatte – seien nunmehr als
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
1998
1997
1996
1995
1994
Die südafrikanische Zentralbank stand der Rand-Abwertung machtlos gegenüber. Das System flexibler Wechselkurse erlaubte keine groß angelegten Interventionen am Devisenmarkt, und die ergriffenen geldpolitischen
Maßnahmen wie z.B. das Erhöhen der Zinssätze oder strengere Devisenkontrollen verpufften zunächst mehr oder
weniger wirkungslos. Erst 2002 führte die Aussicht auf hohe Renditen (u.a. auf Grund des mehrmaligen Erhöhens
der Zinssätze durch die südafrikanische Zentralbank) dazu, dass ausländische Investoren wieder in den Rand investierten und der Kurs sich erholte (Die Welt, 2.1.2003). Die Einrichtung flexibler Wechselkurse brachte also für Südafrika nicht einkalkulierbare Risiken mit sich. Entgegen der Theorie verlief der Wechselkurs nicht entsprechend den
makroökonomischen
Abbildung 4: Wechselkurs Südafrikanischer Rand zu US-Dollar (1994-2006)
Daten des Landes,
0,35
sondern es waren
vielmehr unberechen- 0,3
bare und drastische,
durch Spekulation
0,25
zumindest verstärkte
Währungsabwertungen 0,2
erfolgt. Die nega0,15
tiven Auswirkungen
eines stark unterbe0,1
werteten Rand auf
die südafrikanische
0,05
Ökonomie, z.B. durch
eine Aufwertung der
0
Auslandsschulden, sind
nicht zu unterschätzen
(vgl. Dieter 2002a: 29).
Quelle: www.oanda.com
krisenanfällig anzusehen. Die einzig vernünftige
Lösung zur Vermeidung neuer Finanz- und Währungskrisen sei daher die Entscheidung für einen entweder
unverrückbar festen oder einen völlig frei schwankenden Wechselkurs (vgl. Falk 2001: 5f). Der IWF war zu
29
Wenn der Peso purzelt
Box 9: Der Internationale Währungsfonds
Der Internationale Währungsfonds (IWF) wurde – gemeinsam mit seiner Schwesterinstitution, der Weltbank – auf
der Konferenz zur Neugestaltung des Weltwirtschaftssystems in Bretton Woods/USA im Jahr 1944 geschaffen. Der
IWF sollte die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Währungspolitik fördern, um dadurch ein ausgewogenes Wachstum des Welthandels sowie einen hohen Beschäftigungsgrad und ein hohes Einkommensniveau in
seinen Mitgliedsländern zu erreichen. Zu diesem Zweck wurde dem Fonds in erster Linie die Aufgabe übertragen, „die
Stabilität der Währungen zu fördern, geordnete Währungsbeziehungen zwischen den Mitgliedern aufrechtzuerhalten
und Währungsabwertungen aus Wettbewerbsgründen zu verhindern.“ (Artikel 1 der Gründungsstatuten des IWF).
Im Falle von Zahlungsschwierigkeiten eines Mitgliedslandes kann der IWF Kredite aus einem Pool vergeben, in den
alle Mitglieder gemäß einer zuvor festgelegten Quote einzahlen. Diese Quoten, die entsprechend der wirtschaftlichen Größe und der handelspolitischen Bedeutung eines Landes festgelegt werden, sind zudem ausschlaggebend
für die Stimmverteilung im Gouverneursrat, dem höchsten Entscheidungsgremium des IWF. Damit hatten und
haben die finanz- und wirtschaftsstarken Industrieländer stets eine Stimmenmehrheit und können ihre Interessen
gegenüber den zahlenmäßig weitaus stärker vertretenen Entwicklungs- und Schwellenländern durchsetzen. Derzeit
(Stand: Oktober 2006) halten die USA 16,83% der Stimmen (womit die Amerikaner bei Entscheidungen über Satzungsänderungen eine Sperrminorität besitzen!), Japan 6,04% und Deutschland 5,9%. Bei seiner Gründung zählte
der IWF 39 Mitglieder, mittlerweile ist die Mitgliederzahl auf 184 angewachsen. Aufgaben und Struktur des IWF
entsprachen dem Entwurf des amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlers Harry Dexter White; das vom britischen
Ökonomen John Maynard Keynes vorgestellte Modell einer internationalen Clearing Union konnte sich in den
Verhandlungen nicht durchsetzen (das Konzept der Clearing Union wird erläutert in Kapitel 5).
Seit dem Zusammenbruch des Festkurssystems 1973 hat sich der Fonds sukzessive von seiner ursprünglichen Aufgabe der Wechselkursstabilisierung entfernt. Seit der Schuldenkrise der 80er Jahre nimmt er maßgeblichen Einfluss
auf die Wirtschaftspolitik von Entwicklungsländern, indem er Kreditzahlungen mit strengen wirtschaftspolitischen
Auflagen verbindet. Die Bereitstellung von enormen finanziellen Mitteln an Krisenländer bedeutet zudem, dass
Kreditgebern indirekt eine Absicherung vor Verlusten in Aussicht gestellt wird.
30
diesem Zeitpunkt sicherlich der prominenteste Verfechter dieser so genannten Ecklösungstheorie (corner
hypothesis), aber dieselbe Position wurde grundsätzlich auch von den meisten Industrieländern vertreten.9
Im Rahmen von wirtschaftspolitischen Beratungen
wurden Entwicklungs- und Schwellenländer dazu gedrängt, auf Zwischenmodelle zu verzichten und sich
für eine der beiden Extreme des Wechselkurs-Kontinuums zu entscheiden (vgl. UNCTAD 2001: 109).
„Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass
die Motive für die Präferenz der Ecklösungen bei den
großen Ländern weniger in einem wirtschaftlichen,
als in einem politischen Kalkül liegen. Beiden Varianten bieten nämlich scheinbar eine nationale, eine
unilaterale Lösung für ein internationales, ein multilaterales Problem. Bei beiden Ecken kann das betroffene Entwicklungs- oder Schwellenland der Theorie
nach seine Grenzen vollständig für Kapital jeder Fristigkeit öffnen, ohne daß es der Mithilfe anderer wie
der großen Reservewährungen bedürfte.“ (Flassbeck
2002: 22f.) Die Skepsis gegenüber den intermediären
Wechselkurssystemen – welche am besten unter
Einsatz von Kapitalverkehrskontrollen funktionieren
– hängt also eng mit dem Paradigma des uneingeschränkten Kapitalverkehrs zusammen.
Während nach dem Zusammenbruch des Systems
von Bretton Woods in den 1970er Jahren noch die
deutliche Mehrheit der Entwicklungsländer ein mehr
oder weniger festes Wechselkurssystem beibehalten
hatte, schrumpfte die Zahl der Länder mit einem
– offiziell angegebenen – intermediären Regime bis
Ende der 90er Jahre erheblich. Es schien, als hätten
sich die meisten Länder, der Theorie des ökonomischen Mainstreams folgend, für eines der beiden
Extreme entschieden (vgl. UNCTAD 2001: 109).
Internationale Studien stellten jedoch fest, dass
dieses angebliche Aussterben intermediärer Regime
ein Trugschluss war und eine erheblich Differenz
zwischen den offiziell und tatsächlich praktizierten
Wechselkurssystemen besteht. In einem Papier des
IWF wird 2004 festgestellt:
„The divergence was particularly striking among socalled “floating” regimes – only 20 percent were de
facto free floats, while 60 percent were either intermediate or pegged regimes, and another 20 percent had
freely falling currencies.” (Rogoff et al 2004: 6)10
Die Ecklösungs-Theorie wurde in besonderem Maße auch vom US-Kongress (welcher einer Empfehlung der von ihm eingesetzten MeltzerKommission im Jahre 2000 folgte) und in der Folge von der Mehrheit der G7-Staaten vertreten. Nur Japan und Frankreich distanzierten
sich bereits 2001 davon (vgl. Flassbeck 2002: 19f).
10
In diesem Papier wurden Währungen, die wegen hoher Inflationsraten permanent und schnell abwerten, als eigene Kategorie “freely
falling“ behandelt.
9
Die Ansicht, dass ausschließlich extrem feste oder
frei schwankende Wechselkurse dazu beitragen
können, währungsbedingte Krisen zu vermeiden, hat
angesichts der jüngsten Ereignisse in Argentinien
und Südafrika auch unter den bisherigen Befürwortern schwer gelitten (vgl. Fritz 2004: 10f). Selbst
prominente Verfechter der corner hypothesis, so z.B.
mit Stanley Fisher ein ehemaliger Vize-Direktor des
IWF, revidierten in der Folge dieser Krisen ihre zuvor
vertretenen Thesen zumindest teilweise und gestehen Entwicklungs- und Schwellenländern nun unter
bestimmten Umständen auch die Wahl intermediärer
Regime zu (vgl. Fisher 2001: 2f.). Offiziell vertritt
der IWF bereits im Juni 2000 die Position, „dass es
kein einheitliches Wechselkursregime gibt, das für
alle Länder unter allen Umständen optimal ist. Die
Mitgliedsländer haben nach wie vor einen Handlungsspielraum bei der Wahl des für ihre Bedürfnisse
optimalen Wechselkursregimes. [...] Zwischenlösungen [werden] in vielen Fällen voraussichtlich tragfähig und angemessen bleiben. [...] Der Ansatz des
IWF besteht nach wie vor darin, die Mitgliedsländer
in Bezug auf die Auswirkungen der verschiedenen
Wechselkursregime zu beraten, es den einzelnen
Ländern zu überlassen, welches Regime sie wählen
und Politikempfehlungen auszusprechen, die mit der
Aufrechterhaltung des gewählten Regimes im Einklang stehen.“ (IWF 2000: o.S.).
4.2.2 Einfluss auf die Währungspolitik
Liest man im selben Positionspapier des IWF-Stabs
(IWF 2000) weiter, so kommen jedoch Zweifel an
der angeblichen Wahlfreiheit der Entwicklungs- und
Schwellenländer auf: „Die Diskussionen über die
geeignete Wechselkurspolitik und das geeignete
Regime sowie Fragen in Bezug auf Devisenbeschränkungen können wichtig sein und sind manchmal
zentrale Aspekte der Programmverhandlungen und
der Überwachungsgespräche. [...] Das bevorzugte
Wechselkursregime eines Landes zu akzeptieren, hält
den IWF jedoch nicht davon ab, den Behörden eine
Bewertung der Frage vorzulegen, ob das bestehende
Wechselkursregime im Großen und Ganzen mit den
außen- und binnenwirtschaftlichen Zielen des Landes übereinstimmt, oder Politikänderungen zu empfehlen, die erforderlich sein können, um eine solche
Übereinstimmung zu gewährleisten. [...] Für die
IWF-unterstützten Programme gilt, dass der IWF nur
dann Kredite an ein Land vergibt, das einen festen
Wechselkurs oder eine andere Wechselkursvereinbarung verteidigt, wenn er davon ausgeht, dass eine
solche Politik im Rahmen der Programme tragfähig
ist [...].“
Tenor dieser Aussagen ist: Jedes Land darf selbstbestimmt und frei das ihm am sinnvollsten erscheinende Wechselkursregime wählen – es sollte sich
aber darüber im Klaren sein, dass der IWF diese Wahl
bzw. die sie begleitenden wirtschaftspolitischen
Maßnahmen bei Nichtgefallen im Rahmen von Beratungsgesprächen und Programmverhandlungen zu
verändern sucht und Kredite nur dann vergibt, wenn
eine „tragfähige“ Wirtschaftspolitik gewählt wird.
Was bedeutet das in der Praxis? Ein Blick in die
Geschichte der Beziehungen von IWF und Entwicklungs- und Schwellenländer hilft bei der Beantwortung dieser Frage. Anfang der 80er Jahre brach die
bis heute ungelöste internationale Schuldenkrise
aus. In der Folge hat sich der IWF eine zentrale
Rolle beim Schuldenmanagement verschafft, indem
er neue Kredite und Umschuldungsmaßnahmen
– auf welche die verschuldeten Länder kurzfristig
angewiesen waren – an die Umsetzung wirtschaftspolitischer Maßnahmen im Rahmen so genannter
Strukturanpassungsprogramme (SAP) knüpfte Die
haushalts-, finanz-, handels- und arbeitsmarktpolitischen Vorgaben der Programme stellen
weit reichende Eingriffe in die wirtschaftlichen,
politischen und gesellschaftlichen Strukturen der
kreditnehmenden Länder dar. Die SAPs sind dem
neoliberalen Entwicklungsmodell von Deregulierung,
Liberalisierung und Privatisierung verpflichtet und
haben in den Schuldnerländern oft verheerende
ökologische und soziale Folgen nach sich gezogen.
Zugleich ist aber auch der ökonomische Nutzen der
Programme höchst zweifelhaft. In 36 sehr armen
Ländern, denen in den 1980ern und 1990ern von
Weltbank und IWF Schätzungen zu Folge insgesamt
958 SAPs auferlegt wurden, waren im selben Zeitraum fast keine nennenswerten Wachstumsraten
zu verzeichnen (vgl. Falk 2001: 2). Im Rahmen von
SAPs hat der IWF in der Regel Abwertungen der
Schuldnerwährungen durchgesetzt. Da alle Schuldnerländer gleichermaßen zur Abwertung gedrängt
wurden, veränderte sich die Wettbewerbsfähigkeit
der konkurrierenden Schuldnerländer (z.B. im Export
von mineralischen oder agrarischen Rohstoffen)
kaum. Durch die Abwertung haben sich aber ihre
Auslandsschulden relativ gesehen drastisch erhöht.
31
Wenn der Peso purzelt
Kapitel 5
Alternativen: Multilaterale
Währungszusammenarbeit
statt Währungskonkurrenz
I
n der Diskussion um Alternativen zu unregulierten
Devisenmärkten mit stark schwankenden Währungen und drohenden Währungskrisen gibt es eine
ganze Reihe konkreter Vorschläge, wie man diese
Probleme politischen angehen könne. Die folgende
Auswahl soll zeigen, dass ein Nichts-Tun nicht durch
mangelnde Politikalternativen begründet ist, sondern
ausschließlich auf mangelnden politischen Willen
und unzureichende multilaterale Kooperationsbereitschaft zurückzuführen ist.
5.1 Zielzonen
32
Eine Wechselkurszielzone ist ein spezielles Wechselkursregime, bei der die Notenbank einen festen Kurs
der einheimischen Währung zu einer Ankerwährung
festlegt, den Kurs aber innerhalb eines bestimmten
Rahmens darum schwanken lässt (typischerweise
einige Prozent nach oben und unten). Bricht er aus
dem Band heraus, so interveniert die Zentralbank.
Die Bandbreite erlaubt es, auch größere Volumina
an Devisen zu handeln, ohne dass bei jeder einzelnen Transaktion die Zentralbank intervenieren
muss. Die Idealvorstellung eines Zielzonen-Modells
müsste sich an die multilateralen Rahmen des
Bretton-Woods-Systems anlehnen, wo immer die
Notenbank interveniert, deren Währung aufwertet.
Denn einer Aufwertung z.B. des Euro kann immer
durch ein zusätzliches Angebot von Euro durch die
Europäische Zentralbank entgegengewirkt werden.
Euro-Angebote sollten immer von der EZB ausgehen,
denn diese kann Euro in unbegrenzter Menge am
Markt anbieten, für alle anderen Länder hingegen
wäre dies ein Rückgriff auf ihre Devisenreserven. Im
Gegensatz zum Bretton-Woods-System mit festen
Wechselkursen sieht das Zielzonen-Modell hingegen
einen Währungskorridor vor, innerhalb dessen sich
der Wechselkurs frei floatend bewegen darf, ohne
dass es zu Notenbankinterventionen kommt.
5.2 Langfristige statt kurzfristige
Kreditvergabe
Eine wichtige Lektion aus den jüngeren Währungskrisen betrifft die Fristigkeit von Kapitalflüssen.
Grundsätzlich steht außer Frage, dass langfristige
Zuflüsse den kurzfristigen Zuflüssen entwicklungspolitisch vorzuziehen sind. Eine relativ hohe Einigkeit besteht unter ÖkonomenInnen (auch bis weit in
den IWF hinein) darüber, dass Portfolio-Investitionen
und kurzfristige Kredite besonders krisenanfällig sind
und sie daher nicht zum Stopfen von Zahlungsbilanzlöchern genutzt werden dürfen. Zu groß wäre ansonsten die Gefahr, dass kurze Schwankungen der
Erwartungen von AnlegerInnen gleich eine große
Währungs- und Finanzkrise nach sich ziehen. Zwar
sind kurzfristige Kredite oft billiger, d.h. niedriger
verzinst, als langfristige Kredite, aber die unübersehbaren Risiken kurzfristiger Kapitalabflüsse sollten
den Aufschlag für langfristige Kredite allemal wert
sein. Leider ist die bisherige internationale Bankenregulierung dabei keine Hilfe. Statt die Banken zur
Vergabe langfristiger Kredite zu animieren, befördert
sie genau das Gegenteil und erhöht damit das systemische Risiko (siehe Hersel/Eichborn 2006: 45). Je
nach Art und Laufzeit eines Kredits muss eine Bank
einen Kredit nämlich mit mehr oder weniger Eigenkapital „unterlegen“. Langfristige Kredite müssen mit
mehr Eigenkapital „unterlegt“ werden als kurzfristige. Das hat zur Folge, dass eine Bank insgesamt
umso mehr Kredite vergeben kann, je kurzfristiger sie
sind. Aus Sicht der einzelnen Bank macht eine solche
Regulierung Sinn, denn bei Problemen kann sich die
individuelle Bank ihr Geld schneller zurückholen. Aus
Sicht eines Systems von Banken ist die Regelung
aber widersinnig, denn sie schafft Anreize, dass alle
Banken tendenziell kurzfristigere Kredite vergeben.
Eine systemisch sehr viel weitsichtigere Lösung wäre
es daher, die Verlässlichkeit und Dauerhaftigkeit von
Kreditbeziehungen zu stärken, statt die ohnehin oft
kurzsichtigen Planungshorizonte von Finanzdienstleistern noch zu belohnen. Zuständig für diesen Teil
der internationalen Standards der Bankenaufsicht ist
der „Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht“, der bei
der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ)
angesiedelt ist.
5.3 Tobin-Steuer
Das sicherlich bekannteste Instrument zur Entmutigung kurzfristiger Finanzflüsse ist die sogenannte
Tobin-Steuer. Diese ist eine Umsatzsteuer auf
Devisengeschäfte und wirkt sehr ähnlich wie die
Bardepotpflicht. Pro Währungsumtausch muss eine
geringe (z.B. 0,1-1 prozentige) Steuer auf die umgesetzte Summe entrichtet werden. Wenn z.B. einE
Portfolio-AnlegerIn sein bzw. ihr Geld durchschnittlich alle zwei Wochen in Aktien in einem anderen
Land mit einer anderen Währung anlegt (z.B. von
Euro nach US-Dollar nach Real nach Rubel usw.),
so wird die Tobin-Steuer bei 52 Wochen im Jahr 26
mal fällig. Bei einem Tobin-Steuer-Prozentsatz von
0,5 Prozent würde das einen Verlust von 13 Prozent
bedeuten. Die Anlagen müssten also sehr profitabel
sein, um diesen Steuerverlust auszugleichen. Wenn
AnlegerInnen allerdings einen hohen Gewinn oder
Verlust erwarten (z.B. die Abwertung einer Währung
um 30 Prozent im Fall einer Finanzkrise), dann kann
sie die 0,5 prozentige Steuer nicht schrecken und sie
werden ihr Geldvermögen trotzdem entsprechend
umschichten. Auch für langfristige Investitionsentscheidungen macht die Tobin-Steuer kaum einen
Unterschied. Die Tobin-Steuer und die Bardepotpflicht sind also keine harten Kapitalverkehrsbegrenzungen, sondern sie wirken wie „Sand im Getriebe“
der internationalen Finanzmärkte und führen so zu
einer Entschleunigung der Kapitalflüsse und zu einer
Stabilisierung des Gesamtsystems.
Auch wenn die Tobin-Steuer bis heute noch nicht in
der Praxis umgesetzt ist, so gibt es auf dem Weg zu
ihrer Einführung durchaus Fortschritte zu vermelden.
Sowohl das französische als auch das belgische Parlament haben bereits verbindliche Beschlüsse gefasst,
dass Frankreich und Belgien die Tobin-Steuer sofort
einführen werden, sobald andere Länder (z.B. die
Mitglieder der EU) mitziehen11.
11
12
5.4 Spahn-Steuer
Die Spahn-Steuer ist nach Paul Bernd Spahn bezeichnet, der im Auftrag des deutschen Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (BMZ) die Möglichkeit der Einführung
der Tobin-Steuer untersucht hat und dabei noch eine
Weiterentwicklung der Tobin-Steuer vorgeschlagen
hat (Spahn, 2002). Die Spahn-Steuer verbindet die
Idee der Tobin-Steuer mit Elementen des ZielzonenModells. Innerhalb des politisch festgelegten Korridors einer Zielzone schwankt der Wechselkurs frei,
es fällt allerdings die Tobin-Steuer als Devisenumsatzsteuer an. Sobald sich der Kurs von Markt an den
Rand der Zielzone gedrängt wird, wird der Steuersatz der Tobin-Steuer drastisch erhöht (z.B. auf
50 Prozent) und wirkt damit quasi wie ein Verbot
weiterer Devisenumsätze. Diese Form von Kapitalverkehrskontrolle würde es ermöglichen, für den Fall
einer Währungskrise eine automatische Notbremse
einzubauen, die die Währung und das entsprechende
Land vor einem Kollaps schützt. Die Spahn-Steuer
gilt heute als die aktualisierte Form der Tobin-Steuer
und wird von den meisten Akteuren, die sich für die
Tobin-Steuer aussprechen und ausgesprochen haben,
heute ebenso befürwortet.
5.5 Die Clearing Union von Keynes
Anders als solche vorsichtigen Ansätze von Re-Regulierung des internationalen Finanzsystems hatte
John Maynard Keynes die Ungleichgewichte in den
nationalen Zahlungsbilanzen und den damit einhergehenden Druck zur ständigen Anpassung der Wechselkurse grundsätzlicher angehen wollen. 1941/42
entwickelte er für die britische Regierung den „Plan
for an International Currency (or Clearing) Union“
(„Keynes Plan“, vgl. Keynes, 1980: 108ff) als Modell
einer Weltwirtschaftsordnung nach dem Krieg, den
er dann im Namen der britischen Regierung bei den
Verhandlungen mit den USA über die Nachkriegsfinanzordnung vertrat12. Dieser Plan zielte auf einen
mittelfristigen und verbindlichen Ausgleich der Handelsbilanzsalden im neuen Weltwirtschaftssystem.
Unabhängig, ob sich die Handelsbilanzen als Reflex
auf Kapitalflüsse oder aufgrund realwirtschaftlich
induzierter Güterbewegungen ergeben hätten, wären
Weitere Hintergründe zur Tobin-Steuer finden sich z.B. bei Spahn (2002), Jetin/Denys (2005), Spratt (2006).
Als renommierter Wissenschaftler wurde Keynes ab Ende 1940 von der britischen Regierung um Vorschläge hinsichtlich einer
weltwirtschaftlichen Nachkriegsordnung gebeten. Dabei hat er seine ursprünglichen Vorschläge auf Anfragen und Bitten v.a. des Schatzamtes (Finanzministeriums) und der Bank of England modifiziert und relativiert (für eine historische Rekonstruktion siehe Keynes, 1980).
In seinen ersten, noch persönlichen, “Proposals for an International Currency Union” (vgl. Keynes, 1980: 33ff.) vom 8.9.1941 werden den
Gläubigerstaaten noch stärkere Sanktionen auferlegt als in dem ab Ende Januar 1942 als offizielles Diskussionspapier des Schatzamtes
kursierenden “Plan for an International Currency (or Clearing) Union” (ebd.: 108ff). Dieser wurde ab August 1942 in leicht veränderter
Form zur Vorlage Großbritanniens bei den Verhandlungen mit den USA (ebd.: 168ff). Diese Verhandlungen wurden bekanntlich bei einer
Konferenz im amerikanischen Bretton-Woods 1944 mit der Gründung des IWF und der Weltbank beendet.
33
Wenn der Peso purzelt
sie in seinem Modell durch eine supranationale
Instanz (die Clearing Union) gegenüber den Überschuß- und den Defizitländern sanktioniert worden.
The proposal ... differs in one important respect from
the pre-war system because it aims at putting some
part of the responsibility for adjustment on the creditor country as well as the debtor. ... The object is that
the creditor should not be allowed to remain passive
[im Falle außenwirtschaftlicher Ungleichgewichte,
P.H.]. For if he is, an intolerably heavy task may be
laid on the debtor country, which is already four that
reason in the weaker position. (Keynes, 1980: 117)
Der Keynes-Plan sah vor, daß eine neue internationale Reservewährung („bancor“) geschaffen werden
sollte, um die Machtungleichgewichte zwischen
Leit- und Schwachwährungen zu vermeiden. Damit
wäre auch einer der Kardinalsfehler des BrettonWoods-System vermieden worden, dass nämlich
die USA bei der Geldpolitik des US-Dollars häufig
in Zielkonflikte zwischen dem Dollar als nationalem
Geld und seiner Rolle als Weltwährung geraten.
34
Jedes Land hätte, ähnlich wie später auch für den
IWF beschlossen, eine bestimmte Quote (orientiert
an der Summe der durchschnittlichen jährlichen
Exporte und Importe während der letzten drei
Vorkriegsjahre1) zugewiesen bekommen. Diese hätte,
und das ist der zentrale Unterschied zum IWF, die
Obergrenze einer Schuldner- und Gläubigerposition
eines Landes gegenüber dem Rest der Welt festgelegt (vgl. Keynes, 1980: 118). Je stärker und länger
ein einzelnes Land seine Quote als Gläubiger oder
Schuldner in Anspruch genommen hätte, desto
stärker wären ihm Maßnahmen zum wirtschaftspolitischen Gegensteuern, d.h. zu einem Abbau des
Ungleichgewichts, auferlegt worden. Nach Keynes
Vorschlag sollte es durchaus klare Anpassungsmaßnahmen auf Seiten der Schuldnerländer geben. Aber
im Unterschied zum heutigen IWF wären diese symmetrisch zu notwendigen Anpassungsschritten auf
Seiten der Gläubiger- bzw. Exportüberschussländer
gewesen. Ein Teil der Symmetrie hätte darin bestanden, dass Guthaben und Schulden bei der Clearing
Union bis zu einem Viertel der Quote gleichermaßen
mit einer Steuer in Höhe von einem Prozent pro
Jahr belegt worden wären. Bei Kredit oder Debit von
mehr als der Hälfte der Quote wäre die Steuer auf
zwei Prozent gestiegen. In seinen ursprünglichen
Plänen Anfang der 1940er Jahre hatte Keynes extremen Druck auf die Überschussländer ausüben wollte.
13
If at the end of any year the credit balance of the
Clearing Account of any central bank exceeds the
full amount or its index-quota, the excess shall be
transferred to the Reserve Fund of the Clearing Bank.
(Keynes, 1980: 36, Hervorhebung durch Keynes)
Da allerdings die USA zu dieser Zeit (und wegen
des Wiederaufbaus Europas noch für eine länger
absehbare Zeit) Exportüberschüsse hatten und sie
gleichzeitig das mächtigste Land am Konferenztisch
von Bretton Woods waren, hat die britische Regierung diesen weitgehenden Vorschlag schon früh verworfen. Keynes reiste daher nur mit einer sehr viel
weicheren Formulierung nach Bretton Woods. Das
Gläubigerland
shall discuss with the Governing Board [der Clearing
Union, d. Verf.] (but shall retain the ultimate decision
on its own hands) what measures would be appropriate to restore the equilibrium of its international balances ... (Keynes, 1980: 120).
Trotz dieser Verwässerung hätte in jedem Fall die
Steuer auf Guthaben bei der Clearing Union einen
deutlichen Anreiz bedeutet, keine allzu großen
Überschüsse aufzuhäufen. Letztlich blieben die
genannten Aspekte des Keynes-Plans in Bretton
Woods zugunsten des White-Plans der US-Amerikaner weitgehend unberücksichtigt.
Nachdem er lange Zeit in der Versenkung verschwunden war, wurde der Keynes Plan (oder vielmehr der
„Keynes-Vorschlag“ vom September 1941) in jüngerer Vergangenheit als Reaktion auf die 1982er
Schuldenkrise und die schwindende Reichweite
nationaler Sozial- und Wirtschaftspolitik im Rahmen
der Globalisierung wieder ins Gespräch gebracht
(vgl. Richardson, 1985; Hankel, 1995: 192ff; 1998;
Achermann, 1996). Nicht nur inhaltlich, sondern
auch strategisch stellt der Keynes-Plan zweifellos
eine wichtigen Anknüpfungspunkt für die Alternativendiskussion in der globalisierungskritischen
Bewegung dar. Der Verweis auf Keynes und die Tatsache, dass der Vorschlag von der britischen Regierung vorgelegt wurde, macht deutlich, dass man
sich mit solchen Überlegungen nicht im bereicht
„abenteuerlicher Ahnungslosigkeit“ bewegt (wie der
Bewegung vom neoliberalen Mainstream oft vorgeworfen wird), sondern dass es sich um ökonomisch
durchdachte Konzepte handelt, die besser heute als
morgen umgesetzt werden sollten.
In seinem ersten Vorschlag von September 1941 hatte die Quote nur die Hälfte der Ex- und Importe betragen sollen (vgl. Keynes, 1980:
35)
Literatur
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Wechselkurse als „Job-Killer“. Ansätze für beschäftigungsfreundliche Währungssysteme, Europa-Magazin des Forum für direkte Demokratie, http://crossnet.ch/europa-magazin/96/2/Job-Killer.html.
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540475.
Deutsche Bank (o.J.): Management Discussion. Erstes
Geschäftsjahr mit voller Integration von Bankers
Trust und verselbstständigter Deutscher Bank 24,
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Die Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Umwelt und Entwicklung
(BLUE 21) entstand 1995 während des Rio-Nachfolgeprozesses
zu nachhaltiger Entwicklung. Zu den Schwerpunkten der Arbeit
von BLUE 21 gehören die Themen Welthandel, Internationale
Finanzmärkte und Verschuldung. Die zentralen Ziele unserer Arbeit
sind die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die genannten
Themen und die Erzeugung politischen Drucks. Letzteres versuchen wir durch basisorientierte Vernetzungsarbeit, die Erstellung
von Expertise und durch die direkte Auseinandersetzung mit
Entscheidungsträgern in der Politik zu erreichen.
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enge Zusammenarbeit mit dem globalisierungskritischen Netzwerk
Attac und kooperiert mit der internationalen Kampagne Erlassjahr/
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Beitrag. Als gemeinnütziger Verein können wir steuerlich abzugsfähige Spendenquittungen ausstellen (BLUE 21 e.V., Postbank Berlin,
Kt.-Nr. 777896107, BLZ 100 100 10).
Wenn der Peso purzelt
Die Auswirkungen des internationalen Währungssystems für die Entwicklungsländer
– von Philipp Hersel und Daniel Craffonara – Berlin 2006
ISBN-10: 3-923020-36-8 | ISBN-13: 978-3-923020-36-2
Zugehörige Unterlagen
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