Epidemiologie der Tuberkulose in Deutschland Dr. Bonita Brodhun MPH Robert Koch-Institut Abteilung für Infektionsepidemiologie Fachgebiet für respiratorisch übertragbare Erkrankungen RKI 2016 1 Erkrankungen/100.000 Einwohner 10,0 9,0 29,4 9,3 8,7 20,0 7,9 8,0 7,3 7,3 7,0 6,5 10,0 6,1 6,0 5,5 5,6 5,4 5,4 5,3 5,2 5,4 5,0 -1,8 4,0 -6,7 3,0 -8,7 -1,2 -1,9 -0,7 2,3 4,8 -6,9 -7,9 -10,5 0,0 -10,0 -9,2 2,0 1,0 30,0 -20,0 Änderung zum Vorjahr TB-Inzidenz 0,0 %-Änderung der Inzidenz gegenüber Vorjahr Zeitlicher Verlauf der Tuberkulose-Inzidenz 2002-2015 -30,0 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Jahr Hinweis: Die Inzidenzen für das Jahr 2014 und 2015 basieren auf Bevölkerungsdaten für das Jahr 2013 (aktuellere noch nicht verfügbar) RKI 2016 aktuelle Fallzahlen 2015: 2014: 5.865 4.533 2 Anteil Geburtsland Deutschland bzw. Ausland in % Tuberkulose in Deutschland 2002-2015 nach deutschem bzw. nicht deutschem Geburtsland 100% 90% 28% 80% 70% 43% 58% 56% 54% 55% 57% 57% 56% 55% 53% 51% 38% 50% 60% 50% 40% 72% 30% 20% 57% 42% 44% 46% 2002 2003 2004 45% 43% 43% 2005 2006 2007 44% 45% 47% 49% 50% 2008 2009 2010 2011 2012 62% 10% 0% 2013 2014 2015 Jahr in Deutschland geboren im Ausland geboren RKI 2016 3 Tuberkulose in Deutschland 2002-2015 nach WHO-Regionen (Geburtsland) Geburtsland (WHO-Region) in % 60,0% 50,0% 40,0% 30,0% Deutschland WHO Region Europa (ohne Deutschland) 20,0% WHO Region Östliches Mittelmeer WHO Region Afrika 10,0% WHO Region Südostasien WHO Region West-Pazifik WHO Region Amerika 0,0% 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Jahr RKI 2016 4 Tuberkulose in Deutschland 2015 Die häufigsten nicht-deutschen Geburtsländer (N=3.969) Somalia 11% Eritrea 9% 43% andere Länder 7% 6% Afghanistan Syrien 5% Pakistan 5% 3% Russische Föderation RKI 2016 3% Polen 4% Indien 5% Rumänien Türkei 5 Tuberkulose in Deutschland 2015 nach Bundesland (N= 5.860) im Vergleich mit Vorjahren bundesweite Inzidenz 7,3 Bremen 11,4 Berlin 11,1 Hamburg 10,8 Hessen 9,5 Bayern 8,5 Sachsen-Anhalt 8,2 Nordrhein-… 7,2 Brandenburg 6,8 Rheinland-Pfalz 6,8 Baden-… 6,7 Thüringen 5,5 Niedersachsen 5,4 Sachsen 5,2 Saarland 4,9 Mecklenburg-… 4,2 Schleswig-Holstein 4,1 0 RKI 2016 Median 2010-2014 2015 2015 bundesweit 2 4 6 8 Erkrankungen/100.000 Einwohner 10 12 6 Anteil der Fälle nach Art der Fallfindung in Deutschland, 2002-2015 100% 90% Anteil Art der Fallfindung 80% 70% Asylsuchende 60% Aussiedler Aufenthaltsberechtigung 50% Gemeinschaftseinrichtung 40% Überwachung gesunder Befundträger 30% Umgebungsuntersuchung Passive Fallfindung 20% 10% 0% 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Jahr RKI 2016 7 Anzahl der Fälle nach Art der Fallfindung in Deutschland, 2002-2015 7000 Anzahl der Fälle nach Art der Fallfindung 6000 5000 Asylsuchende 4000 Aussiedler Aufenthaltsberechtigung Gemeinschaftseinrichtung 3000 Überwachung gesunder Befundträger Umgebungsuntersuchung 2000 Passive Fallfindung 1000 0 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Jahr RKI 2016 8 Tuberkulose Organmanifestation und Infektiosität 2014 2015 3.413 2.738 4.515 3.429 1.544 1.850 675 1.086 Extrapulmonale Tuberkulose 1.092 1.325 Gesamt Anteil infektiöse Tuberkulose 4.505 60,8% 5.840 58,7% Pulmonale Tuberkulose offene (infektiöse) Form darunter mikroskopisch positiv geschlossene Form RKI 2016 9 Resistente Tuberkulose in Deutschland 2002-2014 387 Fälle in 2014 89 Fälle in 2014 darunter 9 XDR Fälle Multiresistenz (MDR): jegliche Resistenz: RKI 2016 gleichzeitige Resistenz gegenüber mindestens Isoniazid und Rifampicin Resistenz gegen mindestens eines der fünf Standardmedikamente 10 Multiresistente Tuberkulose in Deutschland 2002-2014 nach Geburtsland RKI 2016 11 Globale Daten zu multiresistenter Tuberkulose 2014 (Quelle WHO) RKI 2016 12 Tuberkulose-Behandlungsergebnis 2013 (N=3.727) Erfolgreiche Behandlung 5,3% 2,2% 0,1% Fortführung der Behandlung 3,5% Patient unbekannt verzogen 4,6% 76,3% Versagen der Behandlung 16,3% 8,0% Abbruch der Behandlung Tod an Tuberkulose Tod andere Ursache Für 592 von 4.319 Fällen wurden keine Angaben zum Behandlungsergebnis übermittelt (13,7%) RKI 2016 13 Erfolgreiche Behandlung in % Tuberkulose-Behandlungsergebnis 2013 (N=3.727) 100 90 85,0% (WHO Ziel) 80 76,3% bundesweit 70 60 50 40 30 20 10 0 <5 5-9 10-14 15-19 20-24 25-29 30-39 40-49 50-59 60-69 70-79 >79 Altersgruppe (Jahre) männlich RKI 2016 weiblich 14 Erfolgreiche Behandlung in % Tuberkulose-Behandlungsergebnis 2013 (N=3.512) nach Alter und Geburtsland 100 90 82,2% 72,4% 80 70 60 50 40 30 20 10 0 <5 5-9 10-14 15-19 20-24 25-29 30-39 40-49 50-59 60-69 70-79 >79 Altersgruppe (Jahre) Geburtsland Deutschland RKI 2016 Geburtsland Ausland 15 Tuberkulose-Behandlungsergebnis 2013 nach Resistenz 100% 90% 80% Behandlungsergebnis 70% 60% Patient unbekannt verzogen 50% nicht erfolgreiche Behandlung 40% Fortführung der Behandlung erfolgreiche Behandlung 30% 20% 10% 0% MDR (N=79) RKI 2016 jegliche Resistenz (N=369) sensibel (N=3.358) 16 Anteil der Tuberkulose-Übermittlungen ohne Angaben zu Merkmalen der Schlüsselvariablen Erfolgreiche Behandlung sichergestellt? RKI 2016 17 Zusammenfassung Nach langjährigem Rückgang werden aktuell steigende Erkrankungszahlen registriert Dieser Anstieg wird gegenwärtig vor allem durch demographische Entwicklungen sowie die aktuellen Migrationsbewegungen beeinflusst, insbesondere auch durch die aktive Fallfindung bei Asylsuchenden Die Meldeinzidenz ist überdurchschnittlich hoch in der Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit in städtischen Gebieten und Ballungszentren in der älteren Bevölkerung Resistente Tuberkulose bleibt weiterhin relevant: Erhöhte Resistenzraten bei Patienten aus den NUS und Vorbehandelten Der Behandlungserfolg ist in der älteren Bevölkerung und bei resistenter Tuberkulose am geringsten Die Datenvollständigkeit einiger Schlüsselvariablen (Behandlungsergebnis) ist verbesserungsbedürftig RKI 2016 18 Fazit Die Tuberkulose ist in Deutschland nach wie vor ein ernst zu nehmendes PublicHealth-Problem Die Bemühungen um eine effektive Tuberkulosekontrolle sind wichtiger denn je: frühe aktive Fallfindung gem. §36 IfSG sowie gezielte Umgebungsuntersuchungen Sicherstellung einer adäquaten und vollständigen Therapie inklusive der Übermittlung des Behandlungsergebnisses Besonderes Augenmerk ist auf die Therapie und engmaschige Begleitung zu richten, insbesondere bei Asylsuchenden, älteren Patienten und jenen mit multiresistenter Tuberkulose Eine wirksame TB-Kontrolle erfordert eine gute und effektive Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure in der TB-Kontrolle RKI 2016 19 Weitere Informationen Robert Koch-Institut: Tuberkulose: http://www.rki.de/tuberkulose Asylsuchende und Gesundheit: http://www.rki.de > Gesundheit A-Z > Asylsuchende und Gesundheit Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose: http://www.dzk-tuberkulose.de > Empfehlungen / > Patientenservice und Therapie-Management Nationales Referenzzentrum für Mykobakterien: http://www.fzborstel.de/cms/forschungszentrum/nationales-referenzzentrumfuer-mykobakterien.html Bürgerinformationen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Erregersteckbriefe: http://www.infektionsschutz.de/erregersteckbriefe/tuberkulose/ RKI 2016 20 Dank an Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Gesundheitsämtern und Landesstellen sowie an Ärzte und Labore, die mit ihrer Arbeit die Tuberkulose-Surveillance maßgeblich unterstützen und an einer erfolgreichen TB-Kontrolle mitwirken TB-Team im Robert Koch-Institut: Lena Fiebig, Barbara Hauer, Walter Haas und Doris Altmann RKI 2016 21 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit RKI 2016 22