Artikel als PDF herunterladen

Werbung
Das Patientenzentrierte Medical Home als
Managementlösung und Ansatz den
rechtlichen Gegebenheiten im Spital zu
begegnen
Hausarbeit
(Herbstsemester 2009)
Eingereicht beim
Lehrstuhl von Prof. Rüegg-Stürm
am Institut für Betriebswirtschaft
der Universität St. Gallen
am 15.01.2010
Thomas Stadelmann
Matr.-Nr.: 01-801-224
Mathias Enderli
Matr.-Nr.: 05-606-413
Umfang: 17‘077 Zeichen ohne Titelblatt und Verzeichnisse.
Health Care Management
Inhaltsverzeichnis
LITERATURVERZEICHNIS .......................................................................................III
1.
EINLEITUNG .....................................................................................................1
2.
AUSGANGSLAGE ..............................................................................................1
3.
FOKUSSIERUNG AUF DEN KUNDENPROZESS ...................................................2
4.
INFORMATIKGESTÜTZTE PATIENTENVERSORGUNG ......................................3
5.
KLINISCHES RISIKOMANAGEMENT ................................................................5
6.
BEGEGNUNG MIT DEM RECHT ........................................................................5
EIGENSTÄNDIGKEITSERKLÄRUNG ............................................................................9
Hausarbeit - Herbstsemester 09
II
Health Care Management
Literaturverzeichnis
Deloitte Center for Health Solutions. (2008). adfammed. Abgerufen am 10. November 2009 von
http://www.adfammed.org/documents/MedicalHome.pdf
Eichenberger, Thomas & Mario Marti. Recht für Ärzte - Einführung in die Grundlagen,
Gesundheitsrecht für Ärzte und Juristen. Bern: Haupt, 2004.
Roberto, Vito. Ärzte- und Spitalhaftung - (Fehl-)Entwicklungen und aktuelle Rechtsfragen. Nicht
publizierte Vorlesungsunterlagen, Universität St. Gallen, Herbstsemester 2009.
Waespi, Oliver. Organisationshaftung - Risiko und Unsorgfalt bei der Geschäftsherrenhaftung. Bern:
Stämpfli, 2005.
Hausarbeit - Herbstsemester 09
III
Health Care Management
1.
Einleitung
Das Patientenzentrierte Medical Home (PCMH, engl. patient centred medical home) ist ein
Hausarztmodell, welches in den USA entwickelt wurde. Dabei steht die Beziehung zwischen
Hausarzt und Patient im Mittelpunkt, mit dem Ziel die Gesundheit des Patienten effizienter
zu managen. Studien mit diesem Modell haben gezeigt, dass damit vor allem bei chronisch
kranken oder multimorbiden Personen bessere klinische Ergebnisse bei höherer
Patientenzufriedenheit erreicht werden. Durch die Verbesserung der Versorgungsprozesse
und deren vorbeugende Wirkung auf Notfallsituationen hat sich in diesem Bereich der
medizinischen Versorgung ein beachtliches Sparpotential eröffnet. Damit genannte Erfolge
erreicht werden können, bildet der Hausarzt die zentrale Anlaufstelle des Patienten in allen
Gesundheitsfragen und koordiniert den Beizug von medizinischen und nicht medizinischen
Spezialisten oder Angeboten. Damit die dabei anfallende Flut von ein- und ausgehenden
Informationen sinnvoll gehandhabt werden kann, spielt der Einsatz von klinischen
Informationstechnologien eine wichtige Rolle. Zudem muss der Hausarzt grösstenteils von
seinen nicht medizinischen Aufgaben entbunden werden, damit er überhaupt Zeit findet,
seine Patienten so umfangreich zu betreuen1.
Die angesprochenen Elemente des PCMH sollen der nachfolgenden Arbeit zugrunde liegen,
denn die definierten Lösungsansätze aus der Hausarztmedizin bieten unserer Ansicht nach
auch für einen Spitalbetrieb wertvolle Innovationsschritte, welche das Management bei der
Prozessorganisation im Rahmen der rechtlichen Gegebenheiten unterstützen könnten.
2.
Ausgangslage
In einem Spitalbetrieb entstehen durch den Schichtbetrieb, die (hierarchische)
Aufgabenteilung und die Anwesenheit von verschiedensten Spezialisten unzählige
Schnittstellen. Diese Schnittstellen bedeuten einen betriebswirtschaftlichen Mehraufwand
aber auch ein Risiko bezüglich Patientensicherheit. Zudem bergen zu viele Schnittstellen die
1
Deloitte Center for Health Solutions, adfammed (2008, Abgerufen am 10. November 2009 von http://www.adfammed.org/documents/
MedicalHome.pdf)
Hausarbeit - Herbstsemester 09
Seite 1/10
Health Care Management
Gefahr, dass ein kundenorientiertes Arbeiten in den Hintergrund gerät.
3.
Fokussierung auf den Kundenprozess
Eine medizinische Intervention ist als schwerwiegender Eingriff in die persönliche Freiheit
einer Person und Verletzung der körperlichen Integrität grundsätzlich rechtswidrig. Er kann
jedoch durch die Einwilligung eines Patienten gerechtfertigt werden. Die Möglichkeit einen
Eingriff zuzulassen aber auch abzulehnen entstammt dem Selbstbestimmungsrecht eines
jeden Menschen frei über seine Behandlung entscheiden zu können. Das Arzt-PatientenVerhältnis zeichnet sich jedoch durch eine extreme Informationsasymmetrie aus2. Damit ein
Patient überhaupt von seinem Selbstbestimmungsrecht gebrauch machen kann, bedarf es der
Aufklärung durch den Arzt. Der Patient soll klar, verständlich und umfassend über die
möglichen Eingriffe informiert werden. Entfällt die Aufklärung und damit eine
rechtsgenügende Einwilligung, bleibt der Eingriff grundsätzlich rechtswidrig und kann die
entsprechenden rechtlichen Folgen nach sich ziehen. Ergänzend ist anzumerken, dass
Patienten heute tendenziell besser informiert und selbstbewusster auftreten als früher. Für
den Arzt gilt es also sicherzustellen, dass seine Patienten nicht bloss ordnungsgemäss
aufgeklärt werden, sondern dass ebenfalls auf mögliche selbst angeeignete Fehlinformationen und auf daraus resultierende Missverständnisse eingegangen wird.
In Anlehnung an das PCMH-Modell haben wir bezüglich der Spitalorganisation die Idee
entwickelt, die vom Hausarzt wahrgenommenen Aufgaben der Information und Betreuung
einem sog. Case Manager zu übertragen. Der Case Manager wäre innerhalb des Spitals für
eine ganzheitliche Information des Patienten zuständig und würde des weiteren die
Informationskoordination zwischen den Spezialisten (horizontale Arbeitsteilung) lenken.
Dadurch könnte der Patient nicht nur punktuell vor einem Eingriff spezifisch aufgeklärt,
sondern während seines ganzen Spitalaufenthalts, mit den richtigen Auskünften versorgt,
durch die Schnittstellen geführt werden. Durch die Informationskoordination werden bei
einem gleichzeitig effizienteren Wissensabgleich zwischen den einzelnen Schnittstellen
Fehler vermieden. Zusätzlich wird durch die ganzheitliche Betreuung des Patienten dessen
2
Thomas Eichenberger & Mario Marti, Recht für Ärzte (Bern: Haupt, 2004) 145.
Hausarbeit - Herbstsemester 09
Seite 2/10
Health Care Management
Verständnis für das ganze System erhöht und die Patientenzufriedenheit gesteigert.
Schliesslich kann der Case Manager auch als Vermittler zwischen den Spezialisten oder
zwischen dem Spital und dem Patienten fungieren. Für das Spitalmanagement stellt der Case
Manager eine interessante Informationsquelle dar, denn dank seiner breiten Kontakte
innerhalb des Spitals, wäre er durchaus befähigt Risiken oder betriebswirtschaftliches
Optimierungspotential für das Prozessmanagement zu orten.
Nebst genannten Chancen sind beim Einsatz eines Case Managers verschiedene Gefahren
ersichtlich, die in der Folge kurz angesprochen werden. Vorab gilt es zu vermeiden, dass
durch die Schaffung eines Case Managers eine Verlagerung der Anknüpfungspunkte
stattfindet, zusätzliche Schnittstellen geschaffen werden oder im Allgemeinen Redundanzen
und Fehlerquellen entstehen. Solchen kann vor allem mittels der im nächsten Abschnitt
angesprochenen informatikgestützten Patientenversorgung vorgebeugt werden. Eine weitere
Schwierigkeit besteht darin, die Case Manager erfolgreich in den Spitalbetrieb zu
integrieren. Primär muss ihnen unter den Spezialisten Akzeptanz verschafft werden, denn
nur bei gegenseitiger Achtung und gegenseitigem Vertrauen werden die gesammelten
Informationen effizient weitergegeben resp. verwertet. Die Vorbildung der Case Manager
dürfte für deren Akzeptanz von ausschlaggebender Bedeutung sein. Auch bezüglich der
angemessenen Patienteninformation wäre eine Besetzung dieser Posten durch Ärzte zu
empfehlen, wenn nicht sogar notwendig. Die zusätzlichen Personalkosten der Case Manager
dürften für die Spitäler abschreckend wirken. Unserer Meinung nach ist jedoch davon
auszugehen, dass diese Kosten durch die Prozessoptimierung v.a. auch in Verbindung mit der
informatikgestützten Patientenversorgung wieder gutgemacht werden. Ergänzend ist
dennoch abzuklären, ob der Einsatz eines Case Managers nur bei Patienten mit einem
„komplizierten“ medizinischen Bedürfnis gerechtfertigt ist.
4.
Informatikgestützte Patientenversorgung
Um die bereits erwähnten Schnittstellenprobleme zu entschärfen und möglichen
Redundanzen im Datenerhebungsprozess vorzubeugen bietet sich der Einsatz von klinischen
Informationstechnologien - wie sie bei der Vorstellung des PCMH erwähnt wurden - an.
Hausarbeit - Herbstsemester 09
Seite 3/10
Health Care Management
Zudem wird sich zeigen, dass Informationstechnologien die Patientensicherheit im
Spitalalltag verbessern können.
Mittels Informatik können sämtliche Stellen eines Spitals miteinander vernetzt werden.
Dadurch entsteht die Möglichkeit Informationen zentral zu sammeln und diese anschliessend
verschiedenen Stationen gleichzeitig zugänglich zu machen. Die stets aktuellen Daten
können zwischen den horizontalen und vertikalen Schnittstellen ausgetauscht und ergänzt,
aber auch an Dritte weitergegeben werden. Mittels angepasster Zugriffs- und Vergaberechten
könnte auch die horizontale Kompetenzverteilung in einem Spital berücksichtigt werden.
Eine systematische Erfassung von Patientendaten würde einer doppelten Erfassung, deren
Verlust, sowie dem Einsatz der sog. Aktenfischern vorbeugen. Ärzte wie auch das
Pflegepersonal könnten sich damit auf die Sammlung und nicht auf die Suche von Daten
konzentrieren.
Eine fehlende oder mangelhafte Dokumentation der Krankengeschichte eines Patienten kann
für das Spital wie auch für den Patienten negative Folgen haben. Die einheitliche und
methodische Informationserhebung lässt sich mittels Informatik übersichtlich darstellen und
mit Hilfe von Eingabemasken derart gestalten, dass die Fehlerquote bei der Dateneingabe
wie auch bei der Datenentnahme minimiert würde. Zudem werden diverse Abläufe in der
Datenerhebung automatisiert. Beispielsweise könnten mit Hilfe von Lesegeräten
Medikamente vor der Verabreichung gescannt und deren Anwendung automatisch in der
elektronischen Krankenakte mit Datum, Zeit und dem Anwender gespeichert werden.
Unvollständige oder fehlende Einträge bezüglich der Medikamentenausgabe würden so der
Vergangenheit angehören. Zusätzlich könnten sich die einzelnen Informationen so
kombinieren lassen, dass eine Ausgabe von nicht mit dem Patienten kompatiblen
Medikamenten vom System erkannt und verhindert würde. Schlussendlich können auch die
Resultate elektronischer Analyse- und Diagnosegeräte automatisch an die elektronische
Krankenakte übergeben werden. Daraus resultiert eine weitere Entlastung des Personals und
Abschreibefehler und deren evt. verheerende Folgen können verhindert werden.
Abschliessend gilt auch hier zu beachten, dass die Einführung der erwähnten
Informationstechnologien erhebliche Investitionskosten verursacht und Programmierfehler
eine neue Art von Sicherheitsrisiken darstellen können.
Hausarbeit - Herbstsemester 09
Seite 4/10
Health Care Management
5.
Klinisches Risikomanagement
Das klinische Risikomanagement beinhaltet die systematische Erfassung und Bewertung von
Risiken. Dabei wird vorab festgelegt welches der Akzeptanzbereich des Produkts von
Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenausmass darstellt, so dass die konkret festgestellten
Risiken anschliessend in den akzeptablen Bereich gelenkt werden können. Oftmals ist in
Spitälern das Risikomanagement eine Aufgabe der Finanzabteilung, da die Risikobeurteilung
unter anderem grosse Auswirkungen auf die Haftpflichtprämien und bei einem Schadensfall
auf das Betriebsergebnis haben kann.
Der aus dem PCMH entwickelte Posten des Case Managers und die klinischen
Informationstechnologien können wertvolle Ergänzungen zur systematischen Erfassung und
Bewertung von Risiken im Spitalbetrieb sein. So dürfte eine quasi unabhängige Person in
Form des Case Managers wertvolle Zusatzinformationen für das Critical Incident Reporting
(CIR) liefern, welche mit Hilfe der klinischen Informationssysteme ebenfalls erfasst und der
Finanzabteilung direkt zugänglich gemacht werden können. Die Organe eines Spitals werden
aufgrund dieser Risikoanalyse besser befähigt sein, die Organisation den stets verändernden
Bedürfnissen und Risiken anzupassen und somit Patientensicherheit zu garantieren.
6.
Begegnung mit dem Recht
Im Laufe des interdisziplinären Seminars „Health Care Management“ wurden die
haftungsrechtlichen Aspekte der ärztlichen Tätigkeit, sowie jene der Spitalorganisation
angesprochen. Die haftungsrechtlichen Konsequenzen basieren meist auf folgenden sich
verwirklichten Risiken: Auftreten einer Sorgfaltspflichtverletzung der ärztlichen oder
medizinischen Tätigkeit in den Bereichen Aufklärung, Behandlung oder Dokumentation
sowie das Vorliegen einer Pflichtverletzung in der zweckmässigen Organisation des
Betriebes. Das auf die Spitalorganisation angewandte PCMH soll ganzheitlich die genannten
Risiken und damit eventuelle Haftungsfolgen minimieren. Unzweifelhaft werden jedoch
aufgrund der Einführung neuer Praktiken gleichzeitig stets neue Risiken geschaffen. Der
folgende Abschnitt soll zeigen, dass die Unterstützung des Managements durch die
Hausarbeit - Herbstsemester 09
Seite 5/10
Health Care Management
Innovationen des PCMH auch in Hinblick auf die rechtlichen Gegebenheiten in der Schweiz
positive Effekte mit sich bringen kann. Von positiven Effekten kann grundsätzlich
gesprochen werden, wenn die Chance der Verwirklichung oben genannter Risiken und damit
Haftungsfolgen minimiert werden können.
Vorab soll das Risiko der mangelhaften Aufklärung des Patienten betrachtet werden. Wie in
Abschnitt 3. angesprochen wurde, setzt eine rechtsgenügende Einwilligung eine umfassende
Aufklärung des Patienten voraus. Bis anhin erfolgt diese Aufklärung meist ausschliesslich
durch den operierenden Arzt. Da die direkte Kundenbetreuung sehr zeitaufwendig ist, diese
jedoch im Vergleich zu einer Operation nicht zu den „heilenden Kerntätigkeiten“ gezählt
wird, misst ein Arzt der Aufklärungspflicht oftmals nicht jene Bedeutung bei, die er ihr aus
rechtlicher Sicht eigentlich beimessen sollte. Es besteht die Gefahr, dass aufgrund von
Zeitmangel, Stress etc. wichtige Informationen über einen Eingriff oder über dessen
möglichen Verlauf vergessen gehen und sich der Patient anschliessend auf diese mangelhafte
Aufklärung beruft. An dieser Stelle wird die Bedeutung des Case Managers ersichtlich, der
nebst einer ganzheitlichen Information des Patienten durchaus befähigt ist, weitere
Auskünfte über einen bevorstehenden Eingriff zu erteilen. Der Case Manager kann sich
vollumfassend mit der Patientenaufklärung befassen und aufgrund seiner medizinischen
Ausbildung den operierenden Arzt kompetent ergänzen. Unzweifelhaft wird so das Risiko
einer mangelhaften Aufklärung reduziert.
Bezüglich Behandlungsfehler ist vorab anzumerken, dass menschliches Versagen niemals
gänzlich ausgeschlossen werden kann. Es ist dem Management jedoch durchaus möglich,
Einfluss auf die Arbeitsbedingungen zu nehmen, um zumindest die besten Voraussetzungen
für einen glücklichen Verlauf der Operation zu schaffen. Diesbezüglich dürfte die
informatikgestützte Patientenversorgung Entscheidendes bewirken, indem sie den Ärzten
und dem Pflegepersonal stets die aktuellsten Informationen über den Patienten und dessen
bisherigen Behandlungsverlauf zugänglich macht. Gleichzeitig wird, wie unter Abschnitt 4.
angesprochen, das Risiko von Schäden minimiert, die aufgrund einer mangelhaften
Dokumentation verursacht werden. Der Case Manager sorgt des weiteren gleichermassen für
eine Entlastung unter den Ärzten wie auch unter dem Pflegepersonal, indem er nebst der
umfassenden Information der Patienten auch die korrekte Dokumentation relevanter
Hausarbeit - Herbstsemester 09
Seite 6/10
Health Care Management
Gegebenheiten unterstützt. Im Allgemeinen werden der Case Manager in Verbindung mit der
informatikgestützten Patientenversorgung für Entlastung und damit für einen Rückgang der
spezifischen Fehlerquoten sorgen. Die Risiken aufgrund einer Sorgfaltspflichtverletzung in
der ärztlichen oder medizinischen Tätigkeit bezüglich Aufklärung, Behandlung oder
Dokumentation dürften ganzheitlich abnehmen.
Nun stellt sich die Frage, ob die geplanten organisationalen Änderungen mit der Einführung
des PCMH-Modells auch das Risiko einer möglichen Organisationshaftung senken. Eine
Organisationshaftung kann nach schweizerischem Recht grundsätzlich an vier Tatbestände
geknüpft werden: An jenen der Geschäftsherrenhaftung nach Art. 55 OR, jenen der Haftung
der juristischen Person für das deliktische Verhalten ihrer Organe nach Art. 55 II ZGB, jenen
der Staatshaftung des Bundes nach Art. 3 VG sowie an jenen der vertraglichen Haftung des
Schuldners für seine Erfüllungsgehilfen nach Art. 101 OR. Sämtliche dieser vier Formen der
Organisationshaftung scheinen sich strukturell zu gleichen, denn sie statuieren alle die
Haftung eines Organisationsträgers für das deliktische Verhalten seiner Organisationsmitglieder, unabhängig von der Art der schädigenden Tätigkeit3. Auf die Unterschiede bei
der konkreten Ausgestaltung der Haftungsnormen wird in dieser Arbeit nicht eingegangen.
Grundsätzlich soll die Organisationshaftung die Patientensicherheit unterstützen indem der
Organisation die allgemeine Pflicht auferlegt wird, den Betrieb zweckmässig zu
organisieren4. Fehler und Schäden, die Organisationsmitglieder aufgrund einer mangelhaften
Organisation verursachen könnten, muss das Management zu verhindern wissen. Wie oben
angesprochen wurde, kann man menschliche Fehler niemals gänzlich ausschliessen, die
bestmöglichen Voraussetzungen für einen reibungslosen Ablauf können jedoch geschaffen
werden. So kann sich die Organisationshaftung auf sämtliche grundlegenden Voraussetzungen der ärztlichen Tätigkeit beziehen. Die Schwierigkeit besteht darin, das
Optimierungspotential in der jeweiligen Organisation zu erkennen. Der von uns
vorgeschlagene Einsatz des Case Managers in Kombination mit der informatikgestützten
Patientenversorgung und dem Risk Management sollen diesbezüglich Mängel analysieren,
bewerten und dem Management Handlungsmöglichkeiten unterbreiten. Zentral ist nun
3
4
Oliver Waespi, Organisationshaftung (Bern: Stämpfli, 2005) 73.
BGE 90 II 90
Hausarbeit - Herbstsemester 09
Seite 7/10
Health Care Management
jedoch zu erkennen, dass die Beobachtungen durch das Risk Management, respektive die
Informationen vom Case Manager, alleine nicht reichen, um sich einer möglichen
Anknüpfung der Organisationshaftung zu erwehren. Insbesondere das Wissen über mögliche
Verbesserungsmöglichkeiten in der Organisation lösen eine Reaktionspflicht des
Managements aus. So wäre es durchaus denkbar, dass die Folgen einer Organisationshaftung
aufgrund einer fehlenden Organisationsanalyse, im Vergleich zu jenen aufgrund der
bewussten Inkaufnahme von möglichen Gefahren, weniger erheblich sind. Abschliessend
bleibt demnach festzuhalten, dass die Anwendung des PCMH auf eine Spitalorganisation nur
in jenem Fall eine Risikosenkung bezüglich der Organisationshaftung zur Folge hat, in dem
das Management das erkannte Optimierungspotential auch nutzt.
Gesamthaft und im Sinne einer Schlussbemerkung erkennen wir in den Lösungsansätzen des
PCMH wertvolles Innovationspotential bezüglich der Organisation eines Spitalbetriebes,
welches nicht nur die Betriebsführung erleichtert, sondern ebenso einen Ansatz aufzeigt, den
rechtlichen Gegebenheiten in der Schweiz zu begegnen.
Hausarbeit - Herbstsemester 09
Seite 8/10
Health Care Management
Eigenständigkeitserklärung
Wir erklären hiermit,
–
dass wir die vorliegende Arbeit ohne fremde Hilfe und ohne Verwendung anderer als der angegebenen
Hilfsmittel verfasst haben,
–
dass wir sämtliche verwendeten Quellen erwähnt und gemäss gängigen wissenschaftlichen Zitierregeln
korrekt zitiert haben,
–
dass wir ohne schriftliche Zustimmung des Rektors keine Kopien dieser Arbeit an Dritte aushändigen
werde, ausgenommen nach Abschluss des Verfahrens an Studienkollegen und -kolleginnen oder an
Personen, die uns wesentliche Informationen für die Seminararbeit zur Verfügung gestellt haben,
–
dass das Thema der vorliegenden Seminararbeit nicht bereits Gegenstand eines Leistungsnachweises im
Rahmen eines Kurses gewesen ist.
St. Gallen, den 15.01.2010,
Thomas Stadelmann,
Mathias Enderli
Hausarbeit - Herbstsemester 09
Seite 9/10
Health Care Management
Hausarbeit - Herbstsemester 09
Seite 10/10
Zugehörige Unterlagen
Herunterladen