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September
2002
Psychiatrie und Psychotherapie
DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR PSYCHIATRIE, PSYCHOTHERAPIE UND NERVENHEILKUNDE (DGPPN)
LIEBER KRANK ALS ZUM ARZT
Eine scheinbar harmlose Schwäche:
Menschen, die Angst vor Blut oder
zum Beispiel vor dem Zahnarzt haben,
werden meist belächelt. Bei zwei bis
drei Prozent der Bevölkerung ist diese
Angst jedoch so übermächtig, dass sie
jahrelang nicht zum Arzt gehen und
dafür sogar schwere Gesundheitsschäden in Kauf nehmen. Hilfe bietet
eine spezielle, sehr erfolgreiche Psychotherapie.
Miriam S. lächelt nur noch mit geschlossenem Mund. Sie traut sich nicht,
eine Beziehung einzugehen, weil sie
sich für ihre braunschwarz verfärbten,
teils bis auf die Stümpfe abgenutzten
Zähne schämt. Seit Jahren schluckt sie
starke Schmerzmittel. Aber sie geht
nicht zum Zahnarzt. Schon der Gedanke
daran lässt ihr Herz rasen und jagt ihr
Angst ein, in Ohnmacht zu fallen. Aus
Erfahrung weiß sie, dass diese Angst
berechtigt ist. Denn viele Menschen mit
einer Blut- oder Arztphobie fallen, im
Gegensatz zu Menschen mit anderen
Phobien, etwa einer Spinnenphobie,
tatsächlich in Ohnmacht, wenn sie mit
der gefürchteten Situation konfrontiert
sind. „Etwa drei Prozent der Deutschen
leiden an einer Blut-, Verletzungs-, Arzt-
DGPPN: Blut- und Arztphobien können
gefährliche Folgen haben
oder Zahnarztphobie“, so Prof. Peter
Falkai von der Deutschen Gesellschaft
für Psychiatrie, Psychotherapie und
Nervenheilkunde (DGPPN), „Männer
etwa gleich häufig wie Frauen.“
Dass die panische Angst vor Verletzungen, Blut, Spritzen oder Bohrern eine ernst zu nehmende und behandelbare Krankheit ist, wissen jedoch die
wenigsten. Die Betroffenen verdrängen
ihr Problem meist, so lange es irgend
geht, oft mit ernsthaften gesundheit-
PSYCHISCHE ERKRANKUNGEN – DIE NEUEN
ZIVILISATIONSKRANKHEITEN
Bei Frauen häufigster Grund für Frühverrentung
Depressionen, Angsterkrankungen,
Süchte – so heißen die neuen Zivilisationskrankheiten, die sich immer
mehr zu den „herkömmlichen“
Volkskrankheiten wie Herz-KreislaufErkrankungen, Diabetes und Krebs
gesellen. Die Deutsche Gesellschaft
für Psychiatrie, Psychotherapie und
Nervenheilkunde macht darauf aufmerksam, dass psychische Erkrankungen inzwischen die sechsthäufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit
und bei Frauen sogar der häufigste
Grund für Frühverrentung sind.
Psychische Krankheiten nehmen
inzwischen 13,5 Prozent der Behandlungstage in deutschen Krankenhäusern und damit Rang zwei hinter den
Erkrankungen des Kreislaufsystems
ein. Sie verursachen rund zehn Prozent der Kosten für Krankenhausbehandlungen. Zu den häufigsten
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lichen Folgen. Sie verschleppen Infekte, versuchen, sich selbst zu medikamentieren oder betäuben die Schmerzen mit Alkohol. Viele Frauen vermeiden aus Angst vor der Geburt eine
Schwangerschaft. Mit einer kombinierten Therapie können Blut- und Arztphobien innerhalb kurzer Zeit geheilt werden. „Doch die meisten unserer Patienten kommen erst in psychotherapeutische Behandlung, wenn sie es vor
Schmerzen nicht mehr aushalten“, so
Dr. Eni Becker von der Ambulanz für
Psychotherapie der Psychiatrischen
Klinik der TU Dresden.
Bei der kombinierten Therapie lernt
der Patient zunächst, durch sekundenschnelles Anspannen der Muskeln seine Ohnmachtsanfälle unter Kontrolle zu
bringen. Erst wenn er die so genannte
„angewandte Anspannung“ beherrscht, kann mit der eigentlichen Psychotherapie begonnen werden. Dabei
wird er erst mit Bildern und anschließend mit Videos von Arztszenen
konfrontiert, so dass er schrittweise
lernt, diesen Reizen standzuhalten. „Innerhalb von 15 bis 20 Stunden schaffen
es die meisten Patienten, ihre Blut- oder
Arztphobie mit Hilfe der angewandten
Anspannung zu überwinden“, so
Dr. Becker – „für viele das Ende eines
oft jahrelangen Leidensweges.“
AUS DEM INHALT
2 Allein der Gedanke macht
rückfällig
Suchtdruck verfolgt trockene
Alkoholkranke
3 Haschisch fördert
Schizophrenie
Oft bricht die Krankheit mit Beginn des
Konsums aus
4 Kassen zahlen oft keine
Psychopharmaka mehr
Weigerung zur Kostenübernahme
macht Therapieerfolge zunichte
PRESSE-INFO PSYCHIATRIE UND PSYCHOTHERAPIE
Fortsetzung von Seite 1
Psychische Erkrankungen…
psychiatrischen
Krankheitsbildern
zählen Depressionen, Angsterkrankungen und Abhängigkeit von Alkohol, Medikamenten oder Drogen. „Rund ein
Drittel der Bevölkerung erkrankt mindestens einmal im Leben psychisch so
ernsthaft, dass die Betroffenen stationär behandelt werden müssten“, erklärt DGPPN-Sprecher Prof. Peter Falkai.
Die Gründe für den rasanten Anstieg sind vielschichtig. Zum einen
führen moderne Untersuchungsmethoden dazu, dass mehr psychische Erkrankungen diagnostiziert werden.
Auch die Bereitschaft der Ärzte, psychische Krankheitsbilder mit in Erwägung zu ziehen, ist gestiegen. So werden heute Syndrome, die früher als
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Spleen oder Tick abgetan wurden, als
eigenständige Erkrankungen anerkannt. Gleichzeitig werden in der Bevölkerung Erkrankungen der Psyche
enttabuisiert und, etwa im Falle von
Depressionen, als Zivilisationskrankheit akzeptiert. Prof. Falkai: „Wer sich
früher dazu bekannte, eine Therapie zu
machen, galt als irre und geisteskrank.
Das hat sich heute in einigen Bevölkerungsschichten etwas geändert.“
ZUNAHME IN DEN NEUEN
BUNDESLÄNDERN
Diese äußeren Faktoren sind aber
nicht allein verantwortlich für die starke Zunahme. „Viele Menschen entwickeln Überforderungs- und Abnutzungserscheinungen in unserer immer
schnelleren und unsicheren Welt“, vermutet Prof. Falkai. „Sie müssen
schneller reagieren, mehr Entschei-
dungen treffen; gleichzeitig treten
Strukturen, an denen sie sich orientieren können, in den Hintergrund.“ Der
Anteil der Menschen an der Gesamtbevölkerung, die derzeit unter affektiven Störungen leiden, beträgt im Bundesdurchschnitt rund fünf Prozent, im
Saarland zum Beispiel aber bereits
neun Prozent. „Hier haben viele Menschen den Verlust der traditionellen Industrien und vieler Arbeitsplätze nicht
verkraftet“, betont Prof. Falkai. „Eine
ähnliche Entwicklung beobachten wir
in den neuen Bundesländern, wo sich
gleichzeitig die sozialen Strukturen der
DDR-Zeit auflösten. Ein mentaler Rahmen, ob ideologisch oder religiös,
wirkt stabilisierend. Geld zu verdienen
und Fun zu haben scheint diesen nicht
ersetzen zu können. Es sind geradezu
frühkapitalistische Probleme, die uns
seit den 90er Jahren wieder ereilen.“
ALLEIN DER GEDANKE MACHT RÜCKFÄLLIG
DGPPN: Suchtdruck verfolgt trockene
Alkoholkranke noch lange Zeit
„Trockene“ Alkoholkranke kennen das
gut: Nicht nur die berühmte Schnapspraline führt zu einem unbändigen
psychischen Verlangen. Schon der Geruch oder der Gedanke an Alkohol
reicht aus. Und das, obwohl sie eine
langwierige Entzugsbehandlung hinter sich haben. Grund ist der so genannte „Suchtdruck“, den Forscher
von der Deutschen Gesellschaft für
Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) jetzt erstmals
in bestimmten Gehirnregionen nachweisen konnten.
fanden, mit der funktionellen Kernspintomographie
untersucht. Mit Hilfe dieses
computergestützten,
Im Gehirn von alkoholkranken Patienten werden ganz andere Regionen
aktiviert als im Gehirn gesunder Menschen, wenn sie Alkohol riechen und
Suchtdruck entsteht. Dies konnte ein
Forscherteam um Prof. Dr. Dr. Frank
Schneider (DGPPN) von der Klinik für
Psychiatrie und Psychotherapie der
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
gemeinsam mit dem Forschungszentrum Jülich und der Universität Bonn
mit der funktionellen Kernspintomographie darstellen. Prof. Schneider: „Dazu
haben wir alkoholkranke Patienten, die
sich gerade in Entzugsbehandlung be-
bildgebenden Verfahrens lassen sich
Hirnaktivitäten messen und Veränderungen, zum Beispiel durch verstärkte
Durchblutung bestimmter Regionen,
sichtbar machen.“
Als Vergleichsgruppe wurden in der
Studie gesunde Probanden herangezogen. Beiden Gruppen wurden wiederholt Alkoholdüfte im Wechsel mit neutralen Geruchsreizen unter die Nase gehalten. Dabei zeigten die Alkoholkranken spezifische Aktivierungen im Bereich des Mandelkerns (Amygdala), der
Hirnregion, in der die emotionale Reizverarbeitung erfolgt und die mit verant-
Blick ins Gehirn eines
alkoholkranken Patienten: links ist die
Aktivierung der Amygdala und des Kleinhirns – ausgelöst durch Alkoholduft – zu
sehen. Rechts ist eine erneute Aufnahme
des Gehirns nach erfolgreicher Therapie
dargestellt: es ist keine spezifische Aktivierung der Amygdala mehr sichtbar.
2
wortlich für das Verlangen nach Alkohol
ist. Die gesunden Probanden zeigten
hier keinerlei Auffälligkeiten.
Nach der ersten Untersuchung unterzogen sich die Alkoholkranken einer
Verhaltenstherapie, der eine zweite Untersuchung im Kernspintomographen
folgte. Diese belegte die Wirksamkeit
der Therapie, denn die alkoholkranken
Patienten wiesen nun keine spezifischen Abweichungen ihrer Gehirnaktivitäten mehr auf. Befragungen der Probanden ergaben, dass diese den Suchtdruck auch subjektiv als weniger stark
empfanden. „Wir schließen daraus,
dass emotionale Aspekte der Sucht sich
in Aktivierungen des Mandelkerns widerspiegeln”, erläutert Prof. Frank
Schneider: „Wir haben jetzt die Chance,
den Therapieerfolg zu überprüfen und
die optimale Therapie für alkoholkranke
Patienten zu finden.“
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SEPTEMBER 2002
HASCHISCH FÖRDERT
SCHIZOPHRENIE
NEUES AUS DER
PSYCHIATRIE –
DGPPNKONGRESS IN
BERLIN
DGPPN: Oft bricht die Krankheit mit
Beginn des Konsums aus
In die Diskussion um die Legalisierung
von Haschisch mischt sich ein neues,
gewichtiges Argument: Haschischkonsum kann eine Schizophrenie vorzeitig auslösen und verschlechtert die
Heilungschancen deutlich. Weil die
Substanz aber gleichzeitig bestimmte
Symptome der Krankheit abschwächt,
versuchen viele, sich selbst damit zu
therapieren – mit fatalen Folgen. Dies
ergab jetzt eine repräsentative Studie.
Erstmals haben Psychiater
systematisch
untersucht, wie
sich Drogenkonsum auf die
Krankheit Schizophrenie auswirkt. Die Studie des Mannheimer Zentralinstituts
für
Seelische Gesundheit ergab,
dass die Krankheit bei Patienten, die
Cannabis konsumieren, wesentlich
früher ausbricht als bei abstinenten.
„Bei über einem Drittel ist die Schizophrenie sogar noch in demselben Monat ausgebrochen, in dem sie zum ersten Mal in erheblichem Maße Haschisch konsumiert haben“, so der Leiter der Studie, Prof. Heinz Häfner von
der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN). „Durchschnittlich
bricht sie bei Haschischkonsumenten
sechs bis acht Jahre früher aus als bei
abstinenten Patienten.“ Dies ist umso
gefährlicher, als ein früher Krankheitsausbruch oft einen schwereren Verlauf
der Krankheit bedeutet.
REALITÄT UND EINBILDUNG
WERDEN VERMISCHT
Etwa jeder Hundertste erkankt in
Deutschland mindestens einmal in seinem Leben an Schizophrenie – das
sind ungefähr so viele wie an Diabetes.
Der Ausbruch der Krankheit wird wesentlich von äußeren Faktoren mitbestimmt. Auch wenn eine genetische
Veranlagung besteht, bricht sie erst
aus, wenn persönliche Krisen oder
ungünstige Lebensumstände hinzukommen. Eine Schizophrenie verläuft
meist schubweise, dabei wechseln fast
beschwerdefreie Phasen mit solchen,
in denen die Erkrankten nicht mehr zwischen Realität und Einbildung unterscheiden können. In diesen
Schüben fühlen
sie sich verfolgt,
hören
Stimmen, die
ihnen Befehle
erteilen oder
sehen Dinge,
die außer ihnen
niemand sieht.
ERSCHWERTE
HEILUNG
Bei bereits
Erkrankten führt der Cannabiskonsum
dazu, dass sich Halluzinationen und
Wahnvorstellungen verstärken. Andere
Symptome wie das unangenehme Gefühl der Abstumpfung können jedoch
auch schwächer werden. „Manche Patienten versuchen daher, sich durch
Haschisch selbst zu therapieren“, so
Prof. Häfner. Doch langfristig gesehen
verschlechtern sich dadurch die Heilungschancen. Fünf Jahre nach Beginn
der Schizophrenie waren 28 Prozent
der abstinenten gegenüber 57 Prozent
der nicht abstinenten Patienten arbeitslos gemeldet. Alkohol- und Drogenmissbrauch kommt unter Schizophreniepatienten bereits bei Krankheitsausbruch etwa doppelt so häufig vor wie
in der Allgemeinbevölkerung, wobei
Alkohol eine wesentlich geringere Auslösungswirkung hat. „Bei der derzeitigen Diskussion um eine Legalisierung
von Cannabis sollten diese Ergebnisse
unbedingt berücksichtigt werden,“ so
Prof. Peter Falkai, Sprecher der DGPPN.
3
Psychiatrische Notfälle sind
Schätzungen zufolge inzwischen
die dritthäufigste Ursache von
Notarzteinsätzen. Rund 30 Prozent
der erwachsenen Bevölkerung in
Deutschland entwickeln irgendwann in ihrem Leben vorübergehend eine Zwangssymptomatik.
Solche Zahlen zeigen, dass die
Bedeutung der Psychiatrie und
Psychotherapie erheblich zunimmt. Eine Bilanz über den aktuellen Stand des Faches zieht der
diesjährige Kongress der Deutschen Gesellschaft für
Psychiatrie, Psychotherapie und
Nervenheilkunde (DGPPN) vom
27. bis zum 30. November in
Berlin. „Die Psychiatrie findet in
Deutschland immer stärkere
Beachtung in der breiten Öffentlichkeit. Dieser Tendenz wollen wir
entgegenkommen und präsentieren auf dem Kongress eine
Vielzahl aktueller Forschungsergebnisse und Therapieerkenntnisse, die nicht nur für die Fachwelt,
sondern auch für die Allgemeinheit von großem Interesse sein
dürften“, erläutert Prof. Henning
Saß, Präsident des DGPPN-Kongresses 2002. Zu dem Kongress
werden über 1.600 hochrangige
Experten aus allen Teilgebieten
der Psychiatrie erwartet.
Für Journalisten werden Pressekonferenzen durchgeführt. In einem Pressezentrum stehen Arbeitsplätze zur Verfügung.
Weitere Informationen und Anmeldung bei:
impressum Publikation und PR,
Te l . : 0 4 0 – 3 1 7 8 6 4 1 0 ,
Fax: 040 – 31 78 64 64,
E-Mail: [email protected]
Internet:
w w w. a k m . c h / d g p p n 2 0 0 2 .
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SEPTEMBER 2002
KASSEN ZAHLEN OFT KEINE
PSYCHOPHARMAKA MEHR
DGPPN: Weigerung zur Kostenübernahme macht Therapieerfolge zunichte
Heilungserfolge in der Psychiatrie sind
meist stark verknüpft mit den individuellen Symptomen und Syndromen
des Patienten. Aufgabe des Psychiaters ist es, in einem behutsamen
Annäherungsprozess die optimale
Therapie herauszufinden. Dazu muss
er oftmals verschiedene Medikamente
ausprobieren, auch wenn deren Zulassung auf andere Indikationen beschränkt ist. Beim einzelnen Patienten
können sie dennoch positive Wirkungen erzielen. Für einen solchen Psychopharmaka-Einsatz außerhalb des
eng begrenzten Zulassungsbereichs
verweigern die gesetzlichen Krankenkassen zunehmend die Kostenübernahme – eine schwere Benachteiligung psychisch kranker Patienten, so
die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN).
nie behandelt wird – explizit in der Indikation mit einer Depression zugelassen. Beispiele solcher Verwendung von
Medikamenten außerhalb ihres eigentlichen Zulassungsbereichs, in der Fachsprache „Off-Label-Use“ genannt, gibt
es in der Psychiatrie zuhauf. „Rund 50
Prozent der Psychopharmaka werden
außerhalb zugelassener Indikationen
verordnet“, schätzt Prof. Dr. Jürgen
Fritze, Geschäftsführer der DGPPN.
ZULASSUNGSÜBERSCHREITENDER
EINSATZ IN DER PSYCHIATRIE
UNVERZICHTBAR
deren Gegebenheiten auf Seiten des
Patienten sehr individualisiert angepasst werden muss, abhängig von
Wirkungen und Nebenwirkungen.
Häufig bleibt nur ein Ausprobieren, da
die wissenschaftlichen Daten leider
noch keine sichere Vorhersage für den
einzelnen Patienten erlauben. Das Urteil wird daher den Bedürfnissen psychisch Kranker keinesfalls gerecht.“
NEUARTIGE PSYCHOPHARMAKA
BESONDERS BETROFFEN
Ältere, „klassische“ Psychopharmaka wurden in einer Zeit zugelassen, in
der noch weniger strenge BestimmunNach einem Urteil des Bundessozigen galten: entsprechend sind ihre Inalgerichts vom 19. März dieses Jahres
dikationsbereiche weiter gefasst.
sind die gesetzlichen Krankenkassen
Neuartige, nebenwirkungsärmere Menicht verpflichtet, die Kosten für Arzdikamente haben es sehr viel schweneimittel, die außerhalb ihrer zugelasrer. Die Zulassungsverfahren sind gesenen Indikation verordnet werden, zu
nau festgelegt; nur was sich in kontrolübernehmen. Und das, obwohl das
lierten klinischen Prüfungen für beGericht in seiner Begründung selbst
Beispiel Schizophrenie-Erkrankte:
stimmte Indikationen als wirksam erzugesteht: „Andererseits besteht im
Viele entwickeln zusätzlich zur Schizowiesen hat, wird für diesen Anwenmedizinischen Alltag offenkundig ein
phrenie auch depressive Symptome,
dungsbereich zugelassen. Für andere
dringendes Bedürfnis nach einem zudie mit Antidepressiva zu behandeln
Indikationen, in denen eine Wirksamlassungsüberschreitenden Einsatz von
sind. Kein einziges Antidepressivum ist
keit plausibel ist und für die bereits poArzneimitteln.“ Prof. Fritze (DGPPN):
jedoch zur Behandlung im Rahmen eisitive klinische Erfahrungen oder so„Solcher Einsatz ist in der Psychiatrie
ner schizophrenen Erkrankung zugelasgar positive Studienergebnisse vorliesehr gebräuchlich und auch notwensen. Auf der anderen Seite ist kein Neugen, dürfen nach dem Urteil die Medidig, weil gerade bei psychischen Erroleptikum – mit dem die Schizophrekamente nicht verordnet werden, weil
krankungen die Therapie den besondie formale Hürde der Zulassung nicht überwunden ist. Ob eine solche ZuDie Texte und Grafiken stehen
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folgt, hängt auch davon
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www.dgppn.de
ab, ob der pharmazeutiDeutsche Gesellschaft für Psychiatrie,
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