befristet, unbefristet, nach tarif? Was ist zu beachten?

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Perspektiven
ARBEITSRECHT
Arbeitsverträge – befristet, unbefristet, nach
Tarif? Was ist zu beachten?
von Caroline-Kristina Havers, Fachwirtin für zahnärztliches Praxismanagement
sowie Marketing im Sozial- und Gesundheitswesen, Dortmund
| Vor Beginn eines neuen Arbeitsverhältnisses ist es unverzichtbar, die
Rechte und Pflichten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem Vertrag
festzuhalten. In einem Arbeitsvertrag werden die entscheidenden Eckdaten
des Arbeitsverhältnisses wie zum Beispiel der Arbeitslohn, die Arbeitszeiten, die Art der Arbeitsleistung, der Urlaubsanspruch, die Länge der Probezeit, der Zeitpunkt des Beschäftigungsbeginns, die Kündigungsfrist und
eine eventuelle Befristung sowie Tarifbindung geregelt. Was es bei den einzelnen Rege­lungen zu beachten gilt, erfahren Sie in diesem Beitrag. |
Unbefristeter Arbeitsvertrag
Arbeitsverhältnis auf
unbestimmte Zeit,
das durch Kündigung
beendet werden muss
Ein unbefristeter Arbeitsvertrag wird immer dann geschlossen, wenn der
Arbeit­geber einen Arbeitnehmer für unbestimmte Zeit beschäftigen möchte.
Das Arbeitsverhältnis gilt solange, bis es durch die Kündigung einer der beiden Vertragsparteien beendet wird. Ein unbefristeter Arbeitsvertrag kann
wie folgt geschlossen werden:
„„ Mündlich: Der Arbeitgeber ist allerdings nach den Bestimmungen des
Nachweisgesetzes (§ 2) verpflichtet, die wesentlichen V­ertragsbedingungen
spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses schriftlich
niederzulegen und dem Arbeitnehmer die von ihm unterzeichnete Niederschrift auszuhändigen.
„„ Schriftlich (§ 126 Bürger­liches Gesetzbuch [BGB])
PDF erstellt für Gast am 06.06.2017
„„ Stillschweigend: Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer die Arbeit aufnimmt, ohne dass der Arbeitgeber dem widerspricht.
Jeden Arbeitsvertrag
so detailliert wie
möglich schriftlich
festlegen
PRAXISHINWEIS | Obwohl ein mündlicher Arbeitsvertrag rechtlich den gleichen Stellenwert hat wie ein schriftlicher (vgl. Sozialgericht Heilbronn, Urteil
vom 29.10.2011, Az. S 7 AL 4100/08), ist es ratsam, jeden Arbeitsvertrag so detailliert wie möglich schriftlich festzulegen, um etwaige Beweisschwierigkeiten zu
vermeiden. Bei Differenzen über einzelne Vertragspunkte ist der Arbeitgeber in
der Beweispflicht. Er muss die Behauptungen des Arbeitnehmers zum Vertragsinhalt widerlegen.
Individuelle Klauseln
müssen der
Inhaltskontrolle
genügen
Beachten Sie | Sämtliche Arbeits­verträge unterliegen einer sogenannten
Inhaltskontrolle nach den gesetzlichen Regeln zur Kontrolle der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen. Sollten individuell festgehaltene Klauseln diesen
Anforderungen nicht entsprechen, kann es zur Unwirksamkeit des Arbeitsvertrags kommen.
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PRAXISTEAM12-2014
PROFESSIONELL
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Tarifbindung
Ein Tarifvertrag ist freiwillig anwendbar oder immer dann, wenn der Arbeit­
geber im Arbeitgeberverband und der Arbeitnehmer in der entsprechenden
Gewerkschaft ist.
Anwendungs­
voraussetzungen
des Tarifvertrags
◼◼§ 3 Tarifvertragsgesetz
(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeit­
geber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.
(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungs­
rechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.
(3) D
ie Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.
Befristeter Arbeitsvertrag
Ein Arbeitgeber entscheidet sich aus unterschiedlichen Gründen für einen
befristeten Arbeitsvertrag. Das kann zum Beispiel die Einstellung von Arbeit­
nehmern für eine neu gegründete Praxis sowie die Einstellung als E­lternzeitoder Krankheitsvertretung sein. Das Arbeitsverhältnis endet zu einem fest­
gelegten Zeitpunkt. Es bedarf keiner Kündigung. Kündigungsschutz­
vorschriften wie das Kündigungsschutzgesetz oder das Mutterschutzgesetz
finden daher keine Anwendung. Ein befristeter Arbeitsvertrag muss grund­
sätzlich schriftlich geschlossen werden. Bei zeitlicher Befristung muss die
Dauer bzw. das Datum, bei Zweckbefristung deren Zweck angegeben wer­
den. Man unterscheidet zwischen befristeten Arbeitsverträgen mit und ohne
Sachgrund. Diese unterliegen den Regelungen des Teilzeit- und Befristungs­
gesetzes (TzBfG).
Befristeter Arbeits­
vertrag muss schrift­
lich geschlossen
werden
Befristung ohne Sachgrund
Das TzBfG ermöglicht eine Befristung ohne Sachgrund für die Höchstdauer
von zwei Jahren. Die Beschäftigungsdauer kann einen Tag oder bis zu zwei
Jahre betragen. Innerhalb dieser zwei Jahre ist die dreimalige Verlängerung
möglich – zum Beispiel indem eine MFA zunächst für sechs Monate einge­
stellt und der Vertrag weitere drei Male um je sechs Monate verlängert wird.
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PDF erstellt für Gast am 06.06.2017
MERKE | Die wirksame Verlängerung setzt voraus, dass sich die jeweilige
Verlängerung nahtlos an die vorangegangene Befristung anschließt. Ein gegebe­
nenfalls zuvor bestandenes Arbeitsverhältnis mit der Arbeitnehmerin muss für
eine wirksame Befristung ohne Sachgrund mindestens drei Jahre zurückliegen
(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 6.4.2011, Az. 7 AZR 716/09, Abruf-Nr. 111992).
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Abruf-Nr. 111992
Beachten Sie | Eine Besonderheit gilt laut § 14 Abs. 2a TzBfG für Praxis­
neugründer. Sie haben die Möglichkeit, den Arbeitsvertrag in den ersten vier
Jahren nach Gründung der Praxis ohne Vorliegen eines Sachgrunds bis zur
D­auer von vier Jahren zu befristen und innerhalb dieses Zeitraums mehrfach
zu verlängern.
Besonderheit bei
Praxisneugründung
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Sachgrund kann
Mutterschutz- oder
Elternzeitvertretung
sein
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Befristung mit Sachgrund
Der sachliche Grund muss immer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorliegen. Ein Sachgrund kann zum Beispiel eine Mutterschutz- oder Elternzeitvertretung sein. Hierbei endet das Arbeitsverhältnis mit Erreichen des
Zwecks, zum Beispiel dem Ende der Elternzeit. Eine Befristung mit sach­
lichem Grund ist auch im Anschluss an ein befristetes Arbeitsverhältnis ohne
sachlichen Grund möglich. Umgekehrt ist dies jedoch nicht erlaubt.
Laut Europäischem Gerichtshof dürfen befristete Verträge mit Sachgrund
unbegrenzt verlängert werden. Verlängerungsvereinbarungen müssen vor
Ablauf der ursprünglich vereinbarten Vertragslaufzeit von beiden Parteien
unterzeichnet werden und sich inhaltlich auf die Regelung der Verlängerung
beschränken. Zusätzliche Vereinbarungen wie Gehalt etc. sind gesondert zu
treffen. Werden diese Anforderungen nicht beachtet, ist die Befristung des
Arbeitsverhältnisses unwirksam. Stellt sich heraus, dass die Befristung unzulässig ist, dann wandelt sich der zu Unrecht befristete Arbeitsvertrag automatisch in einen unbefristeten Arbeitsvertrag.
Gründe für die Unwirksamkeit von Befristungsvereinbarungen
Die Unwirksamkeit von Befristungsvereinbarungen tritt in der Praxis häufig
in folgenden Fällen auf:
Tätigkeit von fünf
Minuten genügt für
Unwirksamkeit
„„ Die Arbeitnehmerin war innerhalb der letzten drei Jahre in der Praxis
beschäftigt.
„„ Die Arbeitnehmerin beginnt ihre Tätigkeit, bevor der befristete Arbeitsvertrag von beiden Parteien unterzeichnet worden ist. Eine Tätigkeit von fünf
Minuten vor Unterzeichnung des Vertrags genügt für die Unwirksamkeit!
„„ Bei der Verlängerung der Befristung wird die Verlängerungsvereinbarung
erst nach Ablauf der Laufzeit der vorherigen Vereinbarung unterzeichnet.
„„ Die Verlängerungsvereinbarung regelt nicht nur die Verlängerung, sondern enthält weitere Regelungen – zum Beispiel über eine Gehaltserhöhung (Formfehler).
„„ Die Arbeitnehmerin bleibt trotz Erreichen des Befristungszwecks weiterhin in der Praxis tätig.
Für befristete Arbeitsverträge gilt das gesamte Arbeitsrecht ohne Einschränkung.
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Meldung bei AfA:
Hinweispflicht für
den Arbeitgeber
Wichtig | Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer frühzeitig darüber informieren, dass dieser dazu verpflichtet ist, sich rechtzeitig vor Beendigung des
Beschäftigungsverhältnisses bei der Agentur für Arbeit (AfA) als arbeits­
suchend zu melden. Bei befristeten Verträgen muss die Meldung spätestens
drei Monate vor dem Beendigungszeitpunkt erfolgen.
FAZIT | Zur Sicherheit für beide Seiten sollte ein Arbeitsvertrag grundsätzlich
schriftlich abgefasst werden, bevor der Arbeitnehmer die Tätigkeit aufnimmt. Da
Arbeitsverträge häufig zahlreiche Fallstricke enthalten, erkundigen Sie sich im
Zweifelsfall bei Ihrer zuständigen Ärztekammer oder einem Rechtsanwalt.
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