INFORMATION Armut Die Anzahl Menschen, die in extremer Armut leben, konnte in den UNICEF, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, hat 70 Jahre vergangenen 20 Jahren massiv gesenkt werden. Dennoch müssen Erfahrung in Entwicklungszusammenarbeit und Nothilfe. weiterhin rund eine Milliarde Menschen von weniger als UNICEF setzt sich ein, dass Kinder überleben und eine wohlbe- 1.20 Franken pro Tag leben. Die Bekämpfung von Kinderarmut hütete Kindheit erhalten. Zu den zentralen Aufgaben gehören gehört zu den zentralen Anliegen von UNICEF. Gesundheit, Ernährung, Bildung, Wasser und Hygiene sowie der Schutz der Kinder vor Missbrauch, Ausbeutung, Gewalt und HIV/Aids. UNICEF finanziert sich ausschliesslich durch freiwillige Beiträge. © UNICEF/NYHQ2011-2219/Marco Dormino Chancengleichheit ist ein Kinderrecht, und dies mit gutem Grund: Nur wenn sich jedes Kind von Geburt weg bestmöglich entwickeln kann und bestmöglich gefördert wird, kann sich auch die Gesellschaft weiterentwickeln. Mangelnde finanzielle Mittel hingegen beeinflussen das physische und psychische Entwicklungs- und Bildungspotenzial der Kinder. Armut stellt somit ein enormes Hindernis für die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen eines Landes dar. Verbesserung trotz Rückfällen 1990 lebten noch 47 Prozent der Weltbevölkerung von weniger als 1.20 Franken pro Tag, 2014 waren es noch 20 Prozent extrem arme Menschen. Doch diese erfreuliche Entwicklung wurde in den letzten Jahren durch den Ausbruch der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise massiv verlangsamt. Rund eine Milliarde Menschen müssen auch 2015 noch von weniger als 1.20 Franken leben. Am stärksten leiden die Kinder, die den Folgen der Armut ausgeliefert sind. Teufelskreis Armut Armut hat viele Ursachen, natürliche, aber auch von Menschen geschaffene: Naturkatastrophen wie Dürreperioden oder Überschwemmungen, die die Ernte vernichten, Epidemien, Kriege, sehr niedrige Löhne und hohe Arbeitslosigkeit, Korruption, starke Verschuldung von Staaten. Meistens sind mehrere Gründe gleichzeitig für die Armut von Menschen verantwortlich. Armut ist ein Teufelskreis: Die Ursachen sind oft auch deren Folgen. So fehlen von extremer Armut betroffenen Kindern beispielsweise für Schule und Bildung meist das Geld, die Zeit oder die Energie, an einem langen Arbeitstag INFORMATION noch die Schulbank zu drücken. Womit sich der Teufelskreis schliesst. Denn: Armut verhindert Bildung, Bildung aber verhindert Armut. Zudem werden viele Kinder nach ihrer Geburt nicht registriert. Diese Kinder sind für ihre Regierungen und die Behörden «unsichtbar». Sie haben nicht nur einen beschränkten Zugang zu Gesundheits- und Bildungsangeboten, sondern sind auch stärker dem Risiko für Ausbeutung, Missbrauch und Gewalt ausgesetzt. Zu den Hauptgründen für Kinderarbeit und Kinderhandel beispielsweise gehören Armut und fehlende Geburtenregistrierung. Tödliche Folgen Armut kann gar das Leben der Kinder gefährden: Noch immer sterben 5.9 Millionen Kinder an vermeid- oder leicht behandelbaren Krankheiten. Kinder aus armen Verhältnissen haben eine 10-mal geringere Chance, das Alter von 5 Jahren zu erreichen, als andere Kinder. Die Mädchen und Buben bekommen von klein auf nicht genug Nahrung, kein sauberes Trinkwasser, keine medizinische Versorgung und haben kein Dach über dem Kopf. Zu wenig Nahrung sowie fehlende Nährstoffe führen zu Mangelernährung, Unterentwicklung und Auszehrung. Dadurch sind sie wiederum anfälliger für Krankheiten. Kinder aus armen Familien haben kaum die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten zu entwickeln und als gleichberechtigte Mitglieder an der Gesellschaft teilzunehmen. Volkswirtschaften mit extremer Armut verlieren bis zu 30 Prozent ihrer Leistungsfähigkeit. Alleine durch den Ausfall von produktiven Arbeitskräften im Zusammenhang mit Krankheiten ihrer Kinder werden die Volkswirtschaften stark geschwächt. Vielfältige Massnahmen So vielfältig wie die Ursachen müssen auch die Massnahmen gegen Kinderarmut sein. UNICEF setzt dabei auf ein breites Massnahmenspektrum in den Bereichen Gesundheit, Ernährung, Wasser und Bildung. Schulbildung nimmt dabei eine zentrale Rolle ein. Bildung, insbesondere für Mädchen, ist oft der sicherste Ausweg aus der Armut. In der Schule lernen die Kinder nicht nur rechnen und schreiben, sondern auch, wie wichtig z.B. Händewaschen für die Gesundheit ist. Die Erfahrung zeigt, dass Länder, die sich auf Gleichberechtigung bei der Ausbildung konzentrieren, ihre Wirtschaft bedeutend stärken können. Gleichzeitig ermöglichen mobile Gesundheitskliniken und die Einrichtung von BasisGesundheitszentren, Geburtshäusern sowie sanitären Anlagen, Krankheiten vorzubeugen oder früh zu behandeln und dadurch die Kindersterblichkeit langfristig zu senken. Absolute und relative Armut Als extrem arm gelten gemäss der Definition der Weltbank Menschen, die von weniger als 1.25 US Dollar respektive 1.20 Franken pro Tag leben müssen und ihre Existenzbedürfnisse nicht befriedigen können. Die Mehrheit aller von absoluter Armut betroffener Menschen lebt in Südasien oder in Afrika südlich der Sahara. Während sich die sogenannte absolute Armut nach einem fixen, weltweit gültigen Wert richtet, orientiert sich die relative Armut an der Situation in einer bestimmten Region oder einem Land. Wer weniger als 50 Prozent des durchschnittlichen Einkommens hat, gilt demnach als von Armut betroffen. Der Begriff relative Armut wird insbesondere im Zusammenhang mit Industrienationen verwendet, wo 76 Millionen Kinder davon betroffen sind, 2,6 Millionen mehr als vor der Wirtschaftskrise 2008. Der UNICEF Ländervergleich zur Situation der Kinder in Industrienationen, «Report Card 12» – siehe rechte Seitenspalte –, zeigt auf, dass auch in der Schweiz beinahe jedes zehnte Kind von Armut betroffen ist. Pfingstweidstrasse 10 8005 Zürich Telefon +41 (0)44 317 22 66 [email protected] www.unicef.ch www.facebook.com/unicef.ch Postkonto Spenden: 80-7211-9 UNICEF verfolgt regelmässig die Situation der Kinder in industrialisierten Ländern und zeigt sie in der Studienreihe «Report Card» auf. Ein Vergleich zwischen 41 Industrieländern zeigt, dass Kinderarmut nicht unvermeidbar ist, sondern massgeblich von politischen Entscheiden beeinflusst wird. So haben einige Länder einen deutlichen Vorsprung darin, sich benachteiligten Kindern anzunehmen. Kinder, die in einem Land materiell hinter den anderen zurückfallen, tun dies von Geburt weg und tragen die Konsequenzen dieser sozialen Ungleichheit ein Leben lang. Die Studie zeigt ebenfalls, dass die Lage der Kinder in einem reichen Industrieland nicht automatisch besser ist, als in einem ärmeren. Die Studie weist in der Schweiz einen Rückgang der Kinderarmut von 19,5 Prozent im Jahre 2008 auf 14,7 Prozent im 2013 aus. Die Jugendarbeitslosigkeit in der Schweiz stieg in der Krise um 0,8 Prozent auf 7,1 Prozent an. Aufgrund der unterschiedlichen Handhabungen der Kantone ist es schwierig, eine genaue Aussage über die Wirkung von politischen Massnahmen in der Schweiz zur Bekämpfung der Kinderarmut zu machen. Weitere Informationen: www.unicef-irc.org/publications/733/ Stand: Oktober 2015 Schweizerisches Komitee für UNICEF Armut in Industrieländern