NZZ am Sonntag Spezial Immobilien Aus eins mach vier In einem Bauernhaus entsteht zeitgemässer Wohnraum. Seite 5 Leben auf der Baustelle Während der Sanierung im Haus zu bleiben, geht an die Nerven. Seite 8 5. September 2010 Farbenspiel an Fassaden Mit Mut zu frischen Farben werden Häuser in Szene gesetzt. Seite 17 REBECCA ROTH Lohnende Eingriffe Aus alter Bausubstanz Neues schaffen ist das Ziel bei Renovationen, Umbauten und Sanierungen. Bestehendes zu erneuern, ist nicht nur nötig, sondern auch eine wertvolle Investition NZZ am Sonntag § 5. September 2010 Immobilien 3 REBECCA ROTH Sorgfältige Isolation des Daches bei einer von Rüegg Architekten, Zürich, geplanten Aufstockung und Sanierung eines Doppeleinfamilienhauses in Gockhausen (ZH). Investition für die Zukunft Die Erneuerung des Gebäudeparks Schweiz ist eine Herkulesaufgabe. Die öffentliche Hand hilft dabei den privaten Hauseigentümern. Die Programme sind heiss begehrt. Von Paul Knüsel M it insgesamt 200 Mio. Fr. hat die Stiftung Klimarappen von 2006 bis 2009 die Sanierung bestehender Gebäude unterstützt. 9000 Hauseigentümern wurde mit dem Geld geholfen, Energie zu sparen. Seit diesem Jahr haben Bund und Kantone das Ruder in der Hand. Gemeinsam fördern sie energetische Gebäudesanierungen mit zunächst rund 133 Mio. Fr. pro Jahr. Die staatliche Förderaktion wird aus der CO2-Brennstoff-Abgabe und kantonalen Mitteln finanziert. Interessenten für das aufgestockte Fördergeld hat es auf jeden Fall genug: Bereits sind 14 000 Gesuche in den kantonalen Bearbeitungszentren eingegangen. Zwar ist die Bearbeitung der Gesuche föderalistisch geregelt; die Kriterien sind aber für alle Kantone gleich. Der Auftakt sei «erfreulich», so der zufriedene Kommentar von Andreas Meyer von der Programmzentrale «Das Gebäudeprogramm» zur ersten Semesterbilanz. Ein Ende der Fördermassnahmen ist erst für das Jahr 2020 in Sicht. Bis dann sollen – die Entschädigungen für klimafreundliche Heizsysteme einbezogen – insgesamt gegen 3 Mrd. Fr. für weniger Treibhausgase zur Verfügung gestellt werden. Ob die bisherigen Anstrengungen genügen, ist aber ungewiss. Denn die Stiftung Klimarappen und das momentane Gebäudeprogramm haben zusammengerechnet erst 3% aller Besitzer sanierungsbedürftiger Ein- und Mehrfamilienhäuser in der Schweiz erreicht. Immerhin: Die Einstiegshürden sind bedeutend gesunken. Wer einen Förder-Antrag stellen will, kann sich daher auf das Nötigste beschränken. War die Klimarappen-Stiftung wählerisch und hat nur fossil beheizte Gebäude unterstützt, sind Hausbesitzer beim staatlichen Sanierungsprogramm frei: Gefördert werden auch minimale bauliche Eingriffe, etwa der Austausch alter Fenster oder das Dämmen an Fassade, Dach und am Gebäudesockel. Dreifachverglasung ist Standard Diese Massnahmen werden im Kombipack oder auch einzeln akzeptiert. Bisher wurden Sanierungsprojekte mit einer durchschnittlichen Investitionssumme von rund 100 000 Fr. eingereicht. Der abgegoltene Anteil kann im Einzelfall bis zu 20% der hausbezogenen Ausgaben betragen. Das Fördermodell hat aber nicht nur mehr Hausbesitzer angelockt, sondern auch Industrie und Handel in Bewegung ver- setzt. Auf dem Bauteile-Markt ist ein Trend zu hochwertigeren und energieeffizienteren Produkten deutlich erkennbar. So ist seit diesem Frühjahr die Nachfrage nach dreifach verglasten Wärmeschutzfenstern sprunghaft gestiegen. Laut Informationen der Hersteller haben die Bestellungen diejenigen für Fenster mit Zweifachverglasung sogar überholt. Den Weg zum allgemeinen Standard dürften auch die sinkenden Preise begünstigen. Die Kosten für ein Fenster mit Dreifachverglasung sind zuletzt um einen Drittel gesunken, und sie sind inzwischen derart tief, dass der Aufpreis mit dem Förderbeitrag aus .................................................................................. In der Pflicht sind trotz aller staatlichen Förderung zunächst einmal die privaten Eigentümer. .................................................................................. Viel Platz an der Sonne Gelder für Energiemassnahmen Aktive Gemeinden Beiträge der öffentlichen Hand aus dem Förderprogramm Gebäudesanierungen Was es wo gibt Geförderte Massnahmen Empfohlene Anforderungen Förderbeiträge Neue Fenster Fenster mit Dreifachverglasung _ 0,70 W/m²K) (U-Wert Glas < 70 Fr. /m² Aussendämmung Dach, Fassade, Boden, Erdreich Min. Dämmschicht ca. 16 cm _ 0,20 W/m²K) (U-Wert < 40 Fr. /m² Dämmung gegen unbeheizte Räume; Wand, Decke, Boden (auch Sockel) Min. Dämmschicht ca. 14 cm _ 0,25 W/m²K) (U-Wert < 15 Fr. /m² Gesamtsanierung bzw. nach Standard Minergie/ Minergie-P Kantonal unterschiedlich geregelt Erneuerbare Energieträger/ Energieeffiziente Haustechnik (Lüftung, Beleuchtung) Kantonal unterschiedlich geregelt Ausbau, Anbau, Aufstockung bestehender Gebäude – Neubauten Baujahr nach 2000 Kantonal unterschiedlich geregelt (Minergie, Minergie-P) Quelle: Das Gebäudeprogramm keine Beiträge dem staatlichen Gebäudeprogramm vollumfänglich abgegolten wird. Wenig konsistent ist dagegen die finanzielle Unterstützung für erneuerbare Energieträger geregelt. Nicht alle Kantone fördern dieselbe Palette an CO2-armen Heizsystemen. Und auch um den Ersatz einer fossilen Heizung oder von Elektroheizungen anzutreiben, wurde bisher kein gemeinsamer Nenner gefunden: In den Kantonen Basel-Landschaft, Aargau, Zürich oder Solothurn wird ein Umstieg auf Wärmepumpen favorisiert, während etwa Schwyz und Bern auf Holzheizungen setzen. Spendabel sind nicht nur Bund und Kantone. Auch Gemeinden und lokale Energieversorger haben die Dringlichkeit von energetischen Gebäudesanierungen erkannt. Die im Verein «Energiestadt» zusammengeschlossenen Städte und Gemeinden verfügen über eigene Förderprogramme und haben das dafür nötige Geld organisiert. Das Spektrum der kommunal geförderten Massnahmen reicht von der energieeffizienten Heizungspumpe über mechanische Wohnungslüftungen bis zur MinergieBeleuchtung. Bisweilen werden die kantonalen Zuschüsse ergänzt. Tatsächlich aber wird der Förderdschungel an den meisten Orten dichter. Bei allem guten Willen der öffentlichen Hand: Wo, was und mit wie viel Geld unterstützt wird, ist schwierig herauszufinden. Und wer sich einen Überblick über die immer zahlreicheren Förderstellen verschaffen will, kommt ohne die Hilfe von Fachleuten oder Energieberatern kaum mehr aus. Paul Knüsel Eine Ausnahme stellt einzig die Förderung von Sonnenkollektoren dar. Alle Kantone geben dafür Geld aus, wenn auch nicht überall gleich viel. Auch die Bewilligungspraxis ist noch nicht harmonisiert: Im Kanton Schwyz werden neue Solaranlagen nur auf bestehenden Häusern subventioniert; den Zürchern, Aargauern oder Baslern sind sie auch auf Neubauten willkommen. Markante Unterschiede sind zudem bei der Beitragshöhe auszumachen: Kleine Solaranlagen mit bis zu 8 m2 Gesamtfläche, die für die Warmwassererzeugung eines Einfamilienhauses genügen, werden mit Beträgen zwischen 1500 bis 2000 Fr. abgegolten. Bei grösseren Flächen variieren die Förderbeiträge zwischen 110 Fr./m2 (Aargau) und 200 Fr./m2 (Bern, Zürich oder Thurgau). Der Blick ins benachbarte Ausland zeigt dazu einen interessanten Vergleich. Die Gemeinden im Fürstentum Liechtenstein entschädigen die Installation von Sonnenkollektoren sogar mit 350 Fr./m2. In der Pflicht für die Investitionen zugunsten der Zukunft sind trotz aller staatlichen Förderung zunächst die privaten Eigentümer. .................................................................................. www.DasGebaeudeprogramm.ch; www.e-kantone.ch; www.energiefranken.ch § 5. September 2010 Immobilien Aus eins mach vier 5 FOTOS: DRANSFELD ARCHITEKTEN NZZ am Sonntag Wie in einem alten Bauernhaus im thurgauischen Weerswilen ansprechender und bezahlbarer Wohnraum für vier Parteien entsteht. Von Christine Sidler E ine der häufigsten und wichtigsten Bauaufgaben im ländlichen Raum ist wohl die Umnutzung von leerstehenden alten Bauernhäusern. «Das ist nicht nur in der Schweiz, sondern in ganz Mitteleuropa ein wichtiges Thema», so Architekt Peter Dransfeld. Er hat bereits mehrere solche Umbauprojekte realisiert, so auch im thurgauischen Weerswilen. Der Beweggrund für den Umbau war weder reine Liebhaberei noch die Realisierung eines Traumdomizils mit Hilfe eines umfangreichen Budgets. Die Bauherrschaft wollte, dass der zusätzlich entstehende Wohnraum am Markt besteht und gut vermietbar ist. «Der wirtschaftliche Aspekt war sicher die grösste Herausforderung an diesem Projekt», erklärt Dransfeld. Wie die Vorfahren Zu Beginn der Planung wurde auch ein Ersatzneubau in Erwägung gezogen. Als sich jedoch zeigte, dass sich auch mit dem Erhalten der alten, schützenswerten Substanz eine gute Lösung erzielen liesse, war das für die Bauherrschaft eindeutig die erste Wahl. Denn die Bio-Bauern wollen trotz der Typische Details des ehemaligen Landwirtschaftsbetriebs blieben erhalten: Futtertröge an der Wand. Schaffung von neuem Wohnraum den bäuerlichen Charakter des Anwesens erhalten. Auf Anregung des Denkmalpflegers wurden die Scheunen- und Stallbereiche sowie das angebaute Wohnhaus seitlich um vier Meter erweitert. Das steht ganz in der Tradition der Region. Über die Jahrhunderte wurden so die Gebäude bei Platzbedarf vergrössert. «Wir wollten das mit derselben Selbstverständlichkeit machen wie unsere Vorfahren», sagt der Architekt. Entstanden sind vier unabhängige, dreigeschossige Einheiten von je rund 130 m2 Wohnfläche unter einem Dach, ohne dass dabei die Typologie des bäuerlichen Einhauses zerstört wurde. Die Raumaufteilung ist sehr unterschiedlich: «Grosse Flächen wechseln sich mit kleinen ab, was zu eigenständigen Grundrissen führt», sagt der Architekt. Jede Wohnung besitzt einen separaten, ebenerdigen Eingang, einen Gartenteil und einen grosszügigen Ausblick nach Süden. Neue Fenster an der Nordfassade bringen zusätzlich Tageslicht ins Innere. Die schmalen Fensterbänder sind als Kasten ausgestaltet, ohne dabei den ursprünglichen Charakter der alten Holzfassade zu stören. Viele alte Details wie beispielsweise Umbau/Neubau Bauernhaus Weerswilen Standort: Weerswilen (TG) Umbau: 2007–2008 Anzahl Wohnungen: 4 Wohnfläche: je 130 m2 Bauherrschaft: Lis und Christoph Surbeck Architektur: Dransfeld Architekten, Ermatingen (TG) Bilder und Pläne: Dransfeld Architekten Die exponierte Westseite des Gebäudes. Fensterband mit Ständerwerk. die Futtertröge oder das alte Ständerwerk blieben erhalten. Sie kontrastieren mit den modernen Gestaltungselementen, so etwa den beweglichen, filigranen Holzlamellen, die an der Südfassade die grossen Glasflächen verschatten und das Gebäude im Sommer vor Überhitzung schützen. Gleichzei- tig schaffen sie den Bezug zum Ortsbild. Geheizt wird – ganz traditionell – ausschliesslich mit Holz. Ein zentraler Stückholzkessel trägt die Grundlast. oder der Holzherd zum Einsatz. Dank ausgezeichneter Dämmung und der passiven Solarnutzung muss das Haus an sonnigen Wintertagen kaum geheizt werden. Für das Warmwasser sorgen 40 m2 Sonnenkollektoren auf dem Dach. Geachtet wurde auch auf die Verwendung von schadstoffarmen Baustoffen wie eine Zellulosedämmung oder unbehandeltes Holz. Auf Spanplatten wurde ganz verzichtet. Das Ergebnis dieses Umbaus ist ein zeitgemässes, funktionales und wirtschaftliches Mehrfamilienhaus, das den heutigen Komfortansprüchen mehr als genügt – in räumlicher wie auch in energetischer Hinsicht. Schadstoffarme Baustoffe An sehr kalten Tagen oder in der Übergangszeit kommen ein Schwedenofen In sanftes Schwarz gehüllt Das Haus fällt auf: Eine dunkle, matt bis glänzend schimmernde Hülle aus Holz umgibt das eingeschossige Gebäude mit Giebeldach und eigenwillig abgewinkeltem Grundriss mit zwei Seitenflügeln. Bei dem 1953 erbauten Haus stand für die neuen Besitzer auch ein Abbruch und ein kompakter zweigeschossiger Neubau zur Diskussion. Doch sehr bald zeigten sich die Qualitäten des Objekts: «Die Seitenflügel fassen den Garten und schützen ihn gegen die Strasse. Die niedrige Gebäudehöhe ergibt zusammen mit dem Aussenraum ein in sich stimmiges Ganzes», wie Architekt Beat Egli die Ausgangslage erklärt. «Mit einem Neubau hätte man aufgrund der heutigen Bauordnung nicht mehr die gleiche räumliche Intimität im Aussenraum erzeugen können.» Die Familie mit drei kleinen Kindern entschied sich deshalb für den Erhalt der bestehenden Volumetrie. Die zusätzlich notwendige Fläche wurde über den Ausbau des Estrichs gewonnen. In jedem der beiden Flügel entstand ein grosser Raum. Drei neue Lukarnen sorgen unter dem Dach für genügend Tageslicht. Gegenwärtig schlafen im einen Zimmer die Eltern, das andere ist das Kinderzimmer. «Denkbar ist auch, dieses zu einem späteren Zeitpunkt als Wohnraum zu nutzen oder in zwei Zimmer zu unterteilen», so Beat Egli. Gleichzeitig ge- RUEDI WALTI Ein Wohnhaus aus den 1950er Jahren bekommt ein zeitgemässes Kleid Umbau Einfamilienhaus Riehen (BS) Umbau: 2007/08 Anzahl Zimmer: 6 Wohnfläche: 285 m2 Architektur: Beat Egli, Basel Erfüllt den Minergie-Standard (erste zertifizierte Modernisierung eines Einfamilienhauses im Kanton Basel-Stadt) Platz gefunden lang es, die räumliche Enge im Erdgeschoss aufzubrechen: Durch die Öffnung des Treppenhauses entstand ein grosszügiger Eingangsbereich mit geschwungener Treppe. Ess- und Wohnzimmer sowie die Küche wurden zu einem einzigen grossen Raum. «Bis auf ein als Büro genutzter Eckraum umfassen jetzt alle Zimmer 15 oder mehr Quadratmeter», sagt der Architekt. Wandelbar über die Zeit Ausschlaggebend für den MinergieStandard, den das Gebäude heute erfüllt, waren die Komfortansprüche und die Senkung des Heizenergiebedarfs – neben der räumlichen Öffnung im Innern ein zweites Ziel des Umbaus. «Erreicht haben wir dies mit einer konsequenten Umhüllung des Gebäudes», so Beat Egli. Ein Aufbau von 24 Zentimetern umgibt das bestehende Mauerwerk. Gedämmt wurde mit Steinwolle und Holzdämmstoffen. Die abgerundeten Ecken bei den seitlichen Fensterleibungen und den Gebäudekanten betonen das Hüllenhafte der Holzverkleidung und lassen die neue Schicht weniger dick erscheinen, als sie tatsächlich ist. Eine unscheinbare, aber effektvolle Massnahme, die auch den Blick von innen nach aussen weniger einschränkt. Dezente Eleganz: Erneuerte Hülle mit matt schimmernder Holzfassade. Auch für den Einbau der Lüftungsanlage war Einfallsreichtum gefragt. Wie so oft in älteren Häusern war dafür im Deckenbereich kein Platz, und auch die damit verbundene Schallproblematik war ein Thema: Lösung bot der ungenutzte Kniestock im Dachbereich, wo die Rohre schliesslich zu liegen kamen. Mit der Dämmung der Aussenhülle, einer Wärmepumpe mit Erdsonden für die Heizung und der durch die Heizung unterstützten solaren Warmwasseraufbereitung sank der Verbrauch der jetzigen Bewohner trotz einer um einen Viertel grösseren Wohnfläche unter ein Drittel des früheren Energieaufwands. Dass das Haus in Riehen in jeder Hinsicht zukunftsfähig ist, zeigt der jetzt geplante Eingriff: Mit dem Einbau weiterer Lukarnen und der vorübergehenden Unterteilung des Zimmers werden für die Kinder die nun notwendigen individuellen Bereiche geschaffen. Jutta Glanzmann Gut NZZ am Sonntag § 5. September 2010 Immobilien 7 Sonne als Energiespender Seit 20 Jahren wird der Schweizer Solarpreis verliehen. In diesem Jahr steht er im Zeichen der Plus-Energie-Häuser. Sie erzeugen mehr Energie, als sie im Durchschnitt verbrauchen. Für Stararchitekt Norman Foster vereint die Solararchitektur Nutzen und Ästhetik. Von Stefan Hartmann ren» verliehen wurde. Insgesamt bewertete die Jury 93 Solarprojekte. 11 davon sind sogenannte Plus-EnergieBauten, die 2008/09 realisiert und jetzt prämiert wurden. Solche Häuser erzeugen aus erneuerbaren Quellen mehr Energie, vorab Solarstrom, als sie im Jahresdurchschnitt für die gesamte Eigen-Energieversorgung verbrauchen. Diese Kategorie hat in den letzten 15 Jahren eine erstaunliche Entwicklung durchlaufen: Galt Mitte der 1990er Jahre der Bau von Sonnenkollektoren noch als eine Pionierleistung, so gelten heute Gebäude als Vorbilder, die im Betrieb wenig oder gar keine Fremdenergie mehr benötigen. Das PlusEnergie-Haus ist auf dem Weg zur Norman Foster Nachhaltiges Bauen und hohe ästhetische Ansprüche sind keine Gegensätze, sagt der britische Stararchitekt. 2000-Watt-Gesellschaft. «Es ist einfach und rasch machbar, ohne gesellschaftlichen oder technologischen Wandel», sagt der Aargauer Solararchitekt Reto Miloni. Mit einer Kombination aus neuen Fenstern und Gebäudeisolation sowie intelligenter Haustechnik könnten viele der Altbauten in der Schweiz zu Plus-Energie-Bauten werden. FOTOS: SOLAR-AGENTUR SCHWEIZ Solararchitektur ist bei vielen Architekten immer noch ein Stiefkind. Dabei, so sagte Norman Foster am Freitag in Zürich, gehöre die Zukunft der ökologischen Architektur; Ästhetik und Nachhaltigkeit seien keine Gegensätze. Foster gehört der Jury des 20. Solarpreises an, der in diesem Jahr im Rahmen der Messe «Bauen & Modernisie- Ansehnlicher Überschuss: Die Photovoltaik-Zellen produzieren fast doppelt so viel Strom, wie die Bewohner des Hauses benötigen. Saubere Massarbeit auf dem Dach. Ein ganz neues, altes Arbeiterhaus Christoph und Nuala Ospelt sanierten ein altes, 57-jähriges Arbeiterhaus gründlich und bauten es um zu einem Plus-Energie-Haus. Heute erzielt es einen Eigenversorgungsgrad von 182%. Für diesen Einsatz erhält das Paar den Schweizer Solarpreis 2010 sowie dazu den Spezialpreis für Plus-EnergieBauten. Für Norman Foster zeigt gerade dieses Beispiel, wie einfach es ist, «gewöhnliche Bauten mittels der Sanierung der Gebäudehülle und einer Photovoltaik-Anlage mustergültig zu sanieren». Dank der Wärmeisolierung (mit einer 27 cm dicken Dämmung der Gebäudehülle und 3-fach verglasten Fenstern) wird der bisherige Gesamtenergiebedarf (Warmwasser, Heizung und Strom) um 86% reduziert. Beide Dachflächen sind mit Photovoltaik-Anlagen (PV) bestückt. Die Solaranlage sei in «jeder Hinsicht vorbildlich integriert», heisst es in der Laudatio. Die Nutzung des Daches auf der Ost- und Westseite garantiert einen Eigenversorgungsgrad von 182%. Das Haus produziere damit fast doppelt so viel Energie, wie seine Bewohner in einem Jahr benötigen. Der Stromüberschuss wird an das öffentliche Stromnetz verkauft. Im Vergleich zu ähnlichen Wohnbauten wird der CO2-Ausstoss um jährlich 18 Tonnen gesenkt. Das alte Wohnhaus hatte vor der Sanierung eine Energiebezugsfläche Haus Ospelt Vaduz (FL) von 139 m2. Neu verfügt das Gebäude mit 220 m2 über eine beinahe 60% grössere Fläche. Möglich wurde dies, weil nach der Sanierung der Tankraum für die Ölspeicherung überflüssig geworden ist. Im so gewonnenen Raum wurde ein Büro eingebaut, und die Garage wurde zu einer grosszügigen Garderobe umfunktioniert. Dazu kann auch der Hauswirtschaftsraum genutzt werden, da er nun innerhalb des Dämmperimeters liegt. Bauherr: Christoph und Nuala Ospelt, Vaduz Baujahr: 1953, erneuert 2009 Planer: Lenum AG, Vaduz Gesamtenergiebedarf vor Sanierung: 50 200 kWh/a Energiebedarf nach der Sanierung: 7000 kWh/a Energiebezugsfläche: 220 m2 Solarstromanlage: 12 700 kWh/a Solarstromüberschuss: 5700 kWh/a Gallus Cadonau «Plus-EnergieHäuser stärker fördern» Was lehren uns Plus-Energie-Bauten? Häuser, die bis heute aufgrund unzähliger Studien als völlig ungeeignet galten für Solarnutzung, namentlich die Ost- und Westausrichtung von Dachflächen, erweisen sich nach den neusten Erfahrungen als optimal geeignet für Plus-Energie-Bauten. Solarenergie-Förderer Solarstrom vom Dach, Warmwasser aus dem Vorgarten. Nachhaltig saniert: Das 77 Jahre als Haus «Berghalde» in neuer Eleganz. Gute Substanz noch besser machen Solarstrom auf der Lukarne Der Zentralschweizer Solarpionier Otmar Spescha erstellte schon 1998 eine der ersten zertifizierten Passivbauten der Schweiz. Die bestehende, gut gedämmte Gebäudehülle bildete den Grundstein für eine noch höhere Energieeffizienz. Mit relativ geringem Aufwand realisierte Spescha die Umwandlung des Wohn- und Geschäftshauses zum Plus-Energie-Bau: Die thermische Anlage mit 30 m2 Kollektorfläche wurde vom Dach in den Garten verlegt, so dass auf dem Dach Platz für eine 113 m2 grosse Solarstromanlage geschaffen wurde. Der Grad der Eigenenergie-Erzeugung beträgt stolze 153%. Das 1933 errichtete Einfamilienhaus «Berghalde» in Wil (SG) wurde 2009 zum Minergie-P/Plus-Energie-Bau saniert. Neben der guten Dach-Wärmedämmung erhielt das Gebäude 3-fach verglaste Fenster; der Energiebedarf sank um 88%. Für Heizung und Warmwasser inkl. Haushaltsstrom sorgt nun eine Photovoltaik-Anlage. Sie erzeugt einen Stromüberschuss von 550 kWh pro Jahr, der ins öffentliche Netz eingespeist wird. Der Eigenversorgungsgrad beträgt 109%; die Betriebskosten liegen 40% tiefer als bei einer Sanierung nach den massgeblichen Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich. Haus Spescha Schwyz Bauherr und Planer: Otmar Spescha, Schwyz Baujahr: 1998, erneuert 2009 Gesamtenergiebedarf nach Sanierung: 14 560 kWh Energiebezugsfläche: 374 m2 Energieerzeugung (15,4 kWp PV auf dem Dach und 30 m2 Kollektorfläche im Garten): 22 340 kWh Bilanz Energieüberschuss (53%): 7780 kWh Haus Fent Wil (SG) Bauherrin: Katharina Fent-Burri Architektur: Fent Solare Architektur, Wil Baujahr: 1933, Umbau 2009 Gesamtenergiebedarf vor Sanierung: 48 720 kWh/a Gesamtenergiebedarf nach Sanierung: 5885 kWh/a Energiebezugsfläche: 224 m2 Energieerzeugung PV-Anlage: (5,9 kWp): 6435 kWh/a Solarstrom-Überschuss: 550 kWh/a Der Bündner Gallus Cadonau ist Geschäftsführer der der vor 20 Jahren gegründeten SolarAgentur Schweiz. Noch vor einem Jahrzehnt galt Minergie als Ei des Kolumbus, und heute stehen wir bereits bei Plus-Energie-Bauten. Wohin geht die Reise? Der Gebäudepark in der Schweiz wird zum grössten Solarkraftwerk im Land. In welchem Zeitraum das geschehen soll, bestimmt aber die Politik. Würde diese Bauweise schneller vorankommen, wenn die Förderung nicht so umständlich und langsam wäre? Ja, Plus-Energie-Bauten müssen stärker gefördert werden. Es gibt ökonomisch und ökologisch im Energiesektor keine sinnvolleren Investitionen. Interview: Stefan Hartmann Immobilien Mit Holz frisch eingepackt NZZ am Sonntag § 5. September 2010 KÀMPFEN FÜR ARCHITEKTUR 8 Beinahe jedes dritte Wohnhaus in der Schweiz wurde zwischen 1946 und 1970 gebaut. Für diesen Gebäudetyp ist ein angepasstes Sanierungsverfahren gesucht. Der Zürcher Architekt Beat Kämpfen ist diesem auf der Spur. Von Paul Knüsel nungsgrössen und die Architektur: Aus der «Energieschleuder» mit einem Heizölverbrauch von 20 Litern pro m2 Wohnfläche ist eines der sparsamsten Häuser der Schweiz geworden. Kämpfens Sanierungs-Werk: Komfortabel erweitert und energetisch verbessert. vorschrift erstellte Neubauten benötigen mindestens das Doppelte. Doch so komplett sich das Gesicht gewandelt hat und so wirkungsvoll der Umbau war: «Im Grunde genommen galt es, diesen möglichst einfach zu realisieren», sagt Architekt Kämpfen. Das Gros der Wohnhäuser, die schlecht oder gar nicht gedämmt sind Alles in die Fassade integriert Dank der neuen Gebäudehülle erfüllt das über ein halbes Jahrhundert alte Mehrfamilienhaus sogar die Kriterien des Labels Minergie-P, was einem Heizölverbrauch von weniger als 2 Litern pro m2 entspricht. Nach MinimalJUSTIN HESSION B estehendes abzureissen und neu zu bauen, ist nicht sein Ding. Zwar wünschte ein älteres Besitzerpaar, das über 60-jährige Mehrfamilienhaus in Zürich Oerlikon durch eine moderne Immobilie zu ersetzen. «Die bestehende Substanz und die Architektur waren gut genug, um erhalten zu werden», hielt Beat Kämpfen dagegen. Sein Vorschlag war, das dreistöckige Wohnhaus mit Baujahr 1946 auszubauen und die bestehende Gebäudehülle komplett neu einzupacken. Offeriert wurde die Alternative zum Ersatzneubau gar mit einem günstigeren Preis sowie mit einem wesentlich tieferen Energieverbrauch. Kämpfens Plan wird nun realisiert. Nicht zuletzt darum, weil der Architekt bereits ein vergleichbares Erneuerungsprojekt vorweisen kann. In Zürich Höngg hat er ein typisches Objekt aus den 1950er Jahren mit Giebeldach, länglicher Form und weissem Wandverputz zu einem zeitgemässen und neuerdings in Holz eingekleideten Wohnhaus umgebaut. Verwandelt haben sich dabei aber nicht nur die Woh- Architekt Beat Kämpfen. verfahren mit Hilfe von vorfabrizierten und grossformatigen Holzelementen entwickelt, mit denen ein Haus von oben bis unten neu eingepackt werden kann. Das Besondere daran: Die Fassadenmodule werden gedämmt angeliefert, haben die Fensterrahmen bereits eingebaut und sind zudem mit sämtlichen Lüftungskanälen versehen. Danach werden sie aussen an den noch verputzten Wänden fixfertig montiert. Der Umbau in Zürich Höngg erfolgte in weniger als einem halben Jahr, wobei gleichzeitig dazu der Dachstock einem bewohnbaren Attikageschoss gewichen ist. Mit dem Umbau und dem seitlichen Anbau hat sich die Wohnfläche auf allen Etagen um einen Drittel vergrössert. «So konnte der Gebäudewert massiv erhöht werden, was für die Finanzierung eine bedeutende Rolle spielt», sagt Beat Kämpfen. Im Gegenzug erhält die Mieterschaft sechs geräumige 31⁄2- und 41⁄2-Zimmer-Wohnungen und muss für die Heiznebenkosten fast nichts mehr bezahlen. Auch das Zürcher Hochbauamt prüft inzwischen den Einsatz dieses rationellen Verfahrens für die Sanierung städtischer Wohnsiedlungen. Trotz- und technisch und beim Wohnkomfort die Leistungsgrenzen häufig überschritten haben, ist älter als 30 Jahre. Wie aber können diese vielen Immobilien ökologisch und ökonomisch wieder fit für kommende Generationen gemacht werden, ohne dass der Aufwand ins Unermessliche schnellt? Beat Kämpfen hat auch dafür eine Antwort gesucht und ist in der ETH-Forschungsanstalt Empa fündig geworden. Im Rahmen eines europäischen Projekts wird ein modulares Erneuerungs- Sanierung von Altliegenschaften Zwei Drittel sind geeignet Die Abteilung Technik und Architektur an der Hochschule Luzern (HSLU) hat sich mit dem Sanierungspotenzial des Gebäudeparks Schweiz beschäftigt. Grundsätzlich für das Einpacken mit den grossformatigen integralen Fassadenmodulen geeignet seien Mehrfamilienhäuser mit mindestens drei Stockwerken. Gemäss den Abschätzungen, die im Rahmen eines Projekts der Internationalen Energie-Agentur durchgeführt worden sind, kommen zwei Drittel der insgesamt rund 100 000 Wohnhäuser für die rationelle Erneuerungsmethode in Betracht. Nicht mitgezählt wurden diejenigen Mehrfamilienhäuser, welche in den letzten 20 Jahren neu oder zusätzlich an der Aussenwand gedämmt worden sind. Paul Knüsel Wohnen auf der Baustelle Mitten im aargauischen Tafeljura duckt sich das 172-Seelen-Dorf Böbikon in ein schmales, von Wiesen und Wäldern gesäumtes Tal. Das kleine Dorf nahe Zurzach besteht aus einigen Dutzend Häusern und Scheunen, einer Kirche und der Dorfbeiz. Vor mehr als 25 Jahren hat sich hier Familie Baschnagel in der alten Wagnerei niedergelassen. Das Leben im 1868 erbauten Haus war anfänglich «eine echte Umstellung», so erinnert sich Mutter Ilona Baschnagel. Die Heizung bestand aus einem Kachelofen in der Küche, und die oberen Stockwerke konnten nur über eine Holztreppe an der Aussenseite des Hauses erreicht werden. Etappenweise bauten die Baschnagels das Haus innen aus, um es an die heutigen Wohnansprüche anzupassen. So ganz zufrieden waren sie mit den über die Jahre gewachsenen Umbauarbeiten allerdings nicht. Vor zwei Jahren entschieden sie deshalb, das Haus innen und teilweise auch aussen zu modernisieren. Die angebaute Werkstatt sollte in den Wohnraum integriert werden und diesen vergrössern. Zudem wünschten sich die Hausbesitzer eine einheitliche Innenarchitektur. MASTERFILE Bleiben oder vorübergehend ausziehen? Eine Sanierung schränkt die Lebensqualität im Eigenheim stark ein. Wer trotzdem bleibt, braucht viel Durchhaltewillen. Von Raphael Hegglin Sanierung aktiv miterleben Die Baschnagels liessen ihr Haus vom Zürcher Architekturbüro «nijo architekten» umbauen. Betritt man das Haus heute, fällt als Erstes die gelungene Kombination aus alter Bausubstanz und moderner Innenarchitektur auf. Die Böden der nun offenen Räume sind mit indischem Schiefer belegt, neben Weiss sorgen Violett, Pink und Grau an den Wänden für Atmosphäre. Eine Fensterfront bildet nun die Südostseite des Hauses, doch überall ist noch das ursprüngliche Haus zu erkennen. In der zur Stube umgebauten Werkstatt befindet sich ein zweiter Holzofen mit Wärmespeicher. Bis auf die Schlafzimmer und ein Badezimmer liessen die Baschnagels das gesamte Haus umbauen – und blieben während der ganzen Bauzeit darin wohnen. Für Ilona Baschnagel war klar, dass sie die Verwandlung ihres Heims aktiv miterleben wollte. «So konnte ich auf die Arbeiten Einfluss nehmen und, von den Umbauarbeiten nicht betroffen sind. «Diese Rückzugsorte braucht man, sonst wird der Umbau zu belastend», das weiss Ilona Baschnagel aus Erfahrung. Es sei während eines Umbaus kaum möglich, zwischen den Zimmern zu jonglieren. Denn oft kommt es zu Bauverzögerungen, wie bei Baschnagels, wo der Umbau statt der geplanten zwei Monate sieben dauerte. Zudem müssen Gipser- und Malerarbeiten meist in allen Räumen zur gleichen Zeit erledigt werden. Dann wird es für die Bewohnerinnen und die Bewohner besonders eng. Unvorhergesehenes akzeptieren Belastungsprobe: Wenn Handwerker die Wohnung in Beschlag nehmen. wo immer möglich, mitwirken.» Rückblickend würde sie es zwar wieder tun – sie ist jedoch froh, nicht im Voraus gewusst zu haben, wie schwierig das Wohnen auf einer Baustelle sein kann. Fragt man nach den Beschwerlichkeiten, nennt Ilona Baschnagel als Erstes den Staub. «Der Baustaub kriecht in jedes Zimmer, in jede Ritze. Er ver- schmutzt auch gut abgedeckte Möbel, selbst zwei Jahre nach dem Umbau finde ich immer noch Staubdepots.» Wer sein Eigenheim während eines grossen Umbaus bewohnen möchte, muss mit Staub, Dreck und Lärm leben können – über Wochen und Monate. Wichtig sei deshalb, dass mindestens ein Schlaf- und ein Badezimmer Nicht zu unterschätzen ist auch der Eingriff in die eigene Privatsphäre: Mindestens an den Wochentagen sind Bauarbeiter zwischen 7 und 17 Uhr am Werk – bei Bauverzögerungen sogar noch länger. Ilona Baschnagel holte die Arbeiter täglich an den Tisch zur gemeinsamen Pause mit Kaffee. «Man muss den Bauarbeitern Vertrauen entgegenbringen können. Sie machen lassen und trotzdem die Zügel in den Händen behalten.» Das klinge einfach, sei es aber meist nicht. Als Letztes rät Ilona Baschnagel, flexibel zu sein und Unvorhergesehenes zu akzeptieren. Mit den Unannehmlichkeiten sollte man klarkommen, sonst sei es besser, während des Umbaus an einem anderen Ort zu wohnen. NZZ am Sonntag § 5. September 2010 Immobilien 9 Richtungsweisende Sanierung eines Abbruchobjekts Aus einem verlotterten Stadthaus wurde ein modellhaftes Minergie-P-Objekt mit hochwertigen Mietwohnungen. Dass derartige Investitionen sogar rentabel sein können, hat die Eigentümerin der Liegenschaft überrascht. Von Moritz Kulawik dem bleibt die Ummantelung bestehender Häuser technisch anspruchsvoll. «Die Schwierigkeit besteht darin, die millimetergenau vorfabrizierten Holzelemente auf krumme und schiefwinklige Hauswände abzustimmen», lautet Beat Kämpfens Erfahrung. Zudem müsse viel mehr Wert auf vorhergehende Analysen der Tragstruktur gelegt werden. Aktive Energiegewinnung Um beim Folgeprojekt in Oerlikon von den eigenen Erfahrungen zu profitieren, hat der Architekt deshalb dieselben Fachleute, insbesondere den Baumeister und den Holzbauer, beigezogen. In beiden Fällen wurde in die aktive Gewinnung von Sonnenenergie investiert. In Oerlikon werden zwar nur Photovoltaik-Panels auf das Dach montiert, während das umgebaute 7-Familien-Haus in Höngg zusätzlich mit Sonnenkollektoren bestückt worden ist. Das mit den neuartigen Holzmodulen verpackte Wohnhaus hat seinen Praxistest bestanden, und Architekt Kämpfen hat aus den Händen von Lord Norman Foster dafür sogar den Schweizer Solarpreis 2010 erhalten. Das Haus Nummer 83 an der vielbefahrenen Güterstrasse im Basler «Gundeli»-Quartier ist nicht wiederzuerkennen. Viel hat sich getan, seit das zuvor baufällige Gebäude hinter einem Baugerüst und einem grossen Plakat mit der Aufschrift «Sanierungswettbewerb» verschwand. Dank den hellblauen Einfassungen der Fenster, welche die neue Fassade durchdringen, fällt es heute sofort auf. Aufgrund des schlechten baulichen Zustands sah sich der Eigentümer der Liegenschaft, der Pensionskassenverbund CoOpera in Bern, zur Totalsanierung gezwungen. Der Weg zu diesem Entschluss war nicht ganz einfach: Ursprünglich sollte das Wohnhaus in ein anthroposophisch geführtes Biohotel umgewandelt werden. Auch über ein Nutzungskonzept als Heim für schwererziehbare Jugendliche und Wohnen in der zweiten Lebenshälfte wurde nachgedacht. Letztlich gab ein von der Stadt Basel ausgeschriebener Sanierungswettbewerb (siehe Kasten) den Ausschlag, das Haus für das urbane Wohnen wieder nutzbar zu machen. Das Mehrfamilienhaus wurde dazu nach den Kriterien des Minergie-P-Standards, als Vorgabe des Wettbewerbs, saniert. Die Entscheidung zur Teilnahme am Wettbewerb und zugunsten der umfassenden Sanierung fiel im Konsens von Fachplanern, Architekten und Hauseigentümern. Wohnfläche dazugewonnen Wesentlichen Anteil daran hatte das Baubüro Insitu, das sich mit nachhaltigem Bauen im Bestand im selben Quartier bereits einen Namen gemacht hat. «Als im November 2006 der erste Basler Sanierungswettbewerb Minergie-P ausgeschrieben wurde, konnten wir die Bauherrschaft überzeugen, daran teilzunehmen», sagt Oliver Seidel von Insitu. Das Gebäude bot jedenfalls ideale und beispielhafte Voraussetzungen dafür: Das fünfstöckige Haus an der Güterstrasse 83 war nicht gedämmt, und die Einbettung in die Häuserzeile ergab ein für den Wärmeschutz gutes Verhältnis von Energiebezugsfläche zur Hüllfläche. Die Anforderungen im Wettbewerb wurden offenbar erfüllt: «Wir gewannen und erhielten so einen Investitionszuschuss für die Umsetzung», sagt Oliver Seidel. Basel vergibt Preise für Modell-Sanierungen Ob die Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft erreicht werden können, hängt massgeblich vom zukünftigen Gebäudebestand ab. Während es bei Neubauten relativ einfach ist, den Minergie-P-Standard für energieeffiziente Gebäude zu erreichen, ist dies bei Sanierungen schwierig. Um Innovationen in diesem Bereich zu fördern, hat das Bau- und Verkehrsdepartement von Basel-Stadt als «Pilotregion der 2000-Watt-Gesellschaft» im November 2006 erstmals einen Sanierungswettbewerb veranstaltet. Gesucht wurden Sanierungen, die in möglichst vielerlei Hinsicht Vorbild für nachhaltiges Bauen und den Unterhalt von Gebäuden sein können. Insgesamt 200 000 Fr. vergab die Jury dabei als Investitionszuschuss für prämierte Projekte. Im November 2010 startet der zweite Wettbewerb. Moritz Kulawik Kaum wieder zu erkennen: Das Stadthaus an der Güterstrasse vorher und nachher. Stichwort Minergie-P Die Messlatte Minergie-P ist ein Gebäudestandard, der sich an einem sehr niedrigen Energieverbrauch orientiert, das «P» steht für Passivhaus. Voraussetzungen sind ein tiefer Heizwärmebedarf, der Einsatz von erneuerbaren Energien, 3-fach verglaste Fenster, eine Komfortlüftung und der Einbau von Haushaltsgeräten mit der Energieeffizienz-Klasse A. (dst.) Vor dem Umbau beherbergte das Gebäude ausschliesslich 2-Zimmer-Wohnungen. Kombiniert mit der energetischen Sanierung galt es deshalb, einen attraktiven Wohnungsmix anzubieten und die bisherige Struktur zugunsten eines breiteren Miet- und Nutzungsangebots zu durchbrechen. Im nach oben aufgestockten Zeilenhaus wird heute nicht nur gewohnt, sondern auch im Gemeinschaftsbüro gearbeitet und in Wohngemeinschaften gelebt. Die Erweiterung des Wohnraumes ist der grosse Pluspunkt bei diesem Sanierungsprojekt. Die neue Wohnfläche steht auf allen Geschossen zur Verfügung. Anstelle des Dachs wurde eine grosse Maisonnette eingerichtet. Und gegen den Innenhof laden jetzt vergrösserte dreieckige Balkone zum Verweilen ein. Entstanden sind urbane Wohnungen mit zeitgemässem Grundriss und Innenausbau, die den Charme einer Altbauwohnung bewahrt haben. Bewohner und Eigentümer profitieren von der Aufwertung des Wohnkomforts an diesem lärmbelasteten Standort enorm. Und die Energieeffizienz des Gebäudes wird durch bessere Wärmedämmung, dreifach ver- glaste Fenster und eine Komfortlüftung, welche bis zu 90% der Wärme zurückgewinnt, deutlich gesteigert. Geheizt wird das Gebäude mit Fernwärme. Auch der Wasserhaushalt wurde verbessert. Ein nicht mehr benötigter Öltank speichert neu Regenwasser für WC-Spülung, Waschmaschinen und Gartenbewässerung. 6 Prozent Rendite Die Pensionskasse als Eigentümerin sieht sich aber nicht nur der Ökologie verpflichtet, sondern erwartet in erster Linie einen Rücklauf der investierten Gelder. Insgesamt wurden dafür 3,3 Mio. Fr. an Vorsorgegeldern angelegt. Auch dies ist genau kalkuliert: Dank dem gesteigerten Immobilienwert und den angepassten Mietpreisen werde eine Rendite von 6% realistisch sein, gibt Architekt Seidel an. Eine zusätzliche Kapitalanlage wurde zudem auf das Dach montiert. Mit der Siegerprämie aus dem SanierungsWettbewerb, immerhin 160 000 Fr., konnte eine Photovoltaikanlage finanziert werden. Den verkauften Solarstrom kann die Hauseigentümerin nun als Rendite verbuchen. Gemeinsam sicher zum Energieziel. Sie. Wir. Als Partner. <wm>10CAsNsjY0MDAx1jUxsDQ1MwEAHCIZbA8AAAA=</wm> <wm>10CEXKIQ6AMAwF0BOt-e1a6KgcQy0IIJyAoLm_IsEgnnu9hxE-ta1H24IBzUlRbNBwUXKXUC5k4gHPEDAmHlVYIPHnVOe0Awtwgum57herj2HGXAAAAA==</wm> Alpiq EcoServices entwickelt energieeffiziente Lösungen über den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden. Von der Gebäudetechnik über Energiecontrolling bis hin zum Einsatz erneuerbarer Energien. Wir verstehen Gebäude. www.alpiq-ecoservices.ch NZZ am Sonntag § 5. September 2010 Immobilien 11 Auf ehemaligen Industriearealen in der Agglomeration entstehen städtische Subzentren. Der Unternehmer Balz Halter erklärt, warum es Investitionen in Infrastruktur und neue Technologien braucht NZZ am Sonntag: Die Agglomeration ist im Umbau begriffen; vor den Toren Zürichs wird sehr viel gebaut. Sie erstellen selber mehrere Siedlungen im Limmattal. Was können Sie den künftigen Bewohnern bieten? Balz Halter: Wir schaffen primär ein städtisches Umfeld und bieten schöne Wohnungen zu einem zahlbaren Preis. Im Vergleich zu den Stadtzentren können sich die Neuzuzüger das Wohnen in der Agglomeration eher leisten. Auch für Städter sind diese Standorte interessant, weil sie grösseren Wohnraum bieten. Solche Standorte können auf den ersten Blick gewöhnungsbedürftig sein. Aber die Ausgangslage ist wirklich attraktiv: Das Areal der ehemaligen Färberei in Schlieren liegt beispielsweise fast unmittelbar neben dem Bahnhof und dank S-Bahn nur eine Viertelstunde von der Zürcher Innenstadt entfernt. Die Distanzen zu den Naherholungsgebieten sind ebenfalls kurz. Gerade solche vermeintlichen B-Standorte sind entwicklungsfähig. Neue Siedlungen auf ehemaligen Industriearealen schonen die grüne Wiesen. Sie benötigen aber, ergänzend zum Wohnungsbau, Investitionen in die öffentliche Infrastruktur. Wir entwickeln die Subzentren der Metropole Zürich mit. Viele der nun umgenutzten Standorte sind verkehrstechnisch ausgezeichnet erschlossen und bieten spannende Voraussetzungen für die städtische Verdichtung. Je nach Grösse der Überbauung versuchen wir, vielseitige Angebote zu schaffen und das Gebiet zu beleben. Im Limmatfeld in Dietikon (ZH), einem neuen Quartier für rund 3000 Bewohner, werden zusätzlich Betreuungsangebote, Schulen, Restaurants und Einkaufsmöglichkeiten erstellt. Solche Siedlungen sind auf eine Grund-Infrastruktur für die Versorgung und im Bereich Unterhaltung und Freizeit angewiesen. Inzwischen ist es auch in der Agglomeration ein Bedürfnis, sich ohne Auto zu bewegen. Identitätsstiftende Orte, an denen es sich wohnen und leben lässt, werden immer wichtiger. DOMINIC BÜTTNER / PIXSIL «Das Potenzial ist erheblich» Balz Halter Der Verwaltungsratspräsident der Zürcher Halter Unternehmungen hat aus der ehemaligen Baufirma eine breit diversifizierte Immobiliengruppe geschaffen. Im Kern stehen heute die Tätigkeiten als Generalunternehmung und – immer mehr – die Entwicklung von Investorenprojekten. In Zusammenarbeit mit namhaften Architekturbüros aus der Schweiz, Deutschland und Österreich werden derzeit mehrere grosse Entwicklungsprojekte in den Agglomerationen Zürich, Bern und Luzern realisiert. Weitere sind in Planung. Ausserhalb des Immobilienbereichs engagiert sich Balz Halter an mehreren ETH-Spin-offs, die innovative energieeffiziente Systeme für die Gebäudetechnik – unter anderem Lüftungsanlagen und Digital-Strom-Chips – entwickeln und zur Marktreife bringen. Paul Knüsel .................................................................................. «Es wird zu viel in teure Bausubstanz investiert und viel zu wenig in die Entwicklung innovativer Technologien.» .................................................................................. Wie offen sind die Agglomerationsgemeinden für eine umfassende Arealentwicklung, beziehungsweise wie sehr sind sie auf die Investoren angewiesen? Bei grossen Arealen haben wir sehr viel in den eigenen Händen, um den Ort zu entwickeln und Qualität zu schaffen. Trotzdem suchen wir die enge Zusammenarbeit mit den Behörden. In vielen Gemeinden muss jedoch das Bewusstsein für die Chancen derartiger Entwicklungen zuerst geschaffen werden. Da ist frühzeitig das Gespräch mit den Behörden und mit den benachbarten Grundeigentümern zu suchen. Unsere Erfahrungen mit Entwicklungsgebieten zeigen, dass die Gesprächsbereitschaft in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat und sehr viel Goodwill vorhanden ist. Die Nachfrage nach zusätzlichen Wohnungen ist im Grossraum Zürich enorm. Kann dieses Wachstum durch den Umbau von ehemaligen Industriearealen ausreichend abgedeckt werden, oder braucht es auch die grüne Wiese? Ich denke, das Potenzial für die weitere Verdichtung und die Umnutzung von Arealen ist erheblich. Es wird noch ein paar Jahre reichen. Die Stadt Zürich entwickelt sich zur Metropole, was mit Wachstum und geografischer Expansion verbunden ist. Der Siedlungsdruck stösst im Zentrum an seine Grenzen, weshalb bezahlbarer Wohnraum am Stadtrand attraktiv geworden ist. Dabei müssen wir sorgsam mit der nichterneuerbaren Ressource Boden umgehen. Das kann auch bedeuten, dass bestehende Überbauungen im Sinne einer Verdichtung ersetzt werden. In der Debatte um die Verdichtung des Gebäudebestands geht es auch um die Reduktion des Energieverbrauchs. Unter anderem wird die tiefe Erneuerungsquote kritisiert. Was kann der Markt von sich aus dazu beitragen? Der Ansatz ist grundsätzlich falsch, die Erneuerungsquote der Bausubstanz steigern zu wollen, nur um den Energieverbrauch zu senken. Das Ziel von Erneuerungen muss immer auch sein, die Objekte den Marktbedürf- nissen anzupassen und wenn möglich zu verdichten. Nur dadurch gewährleisten wir einen sinnvollen Einsatz von Mitteln, aber auch von grauer Energie. Wir haben heute in der Schweiz ohnehin die Tendenz, die Gebäude zu dick einzupacken und mit teuren und schadenanfälligen Konstruktionsdetails zu versehen. Die Grenzkosten stehen dann oft in keinem Verhältnis zum Nutzen. Um die Emissionsbilanz des Gebäudebestands spürbar zu verbessern, reichen oft geringe Eingriffe, vor allem bei der Haustechnik. Wärmepumpen erfordern zum Beispiel keine riesigen Investitionen mehr und lassen sich heute schon amortisieren. Im Segment der Einfamilienhäuser ist die Wärmepumpe häufiger erste Wahl als bei Mehrfamilienhäusern. Sind die privaten Hauseigentümer aufgeschlossener als grosse Investoren? Private Hausbesitzer treiben die Innovationen im Immobilienmarkt auf jeden Fall voran. Viele Entscheidungen gründen dabei auf einer persönlichen Einstellung. Dagegen mag es scheinen, dass Investoren stärker auf kurzfristig wirtschaftliche Lösungen setzen. Doch ich denke, auch bei Mehrfamilienhäusern wird die Nutzung erneuerbarer Energieträger weiter vorankommen. Zudem ist bei grossen Siedlungen zu beachten, dass bestehende Energieverbundnetze mitgenutzt werden müssen. Inwiefern ist die Energieeffizienz ein Argument für den Absatz von Wohnraum in der Agglomeration? Ökologische und energetische Kriterien sind für den einheimischen Immobilienmarkt ein wichtiges Thema. Das ist den Diskussionen zur 2000-Watt-Gesellschaft und über das Minergie-Label zu verdanken. Doch das ökologische Argument ist nur ein untergeordnetes Kriterium bei Vermietung oder Verkauf einer Wohnung. Die wichtigeren Argumente sind nach wie vor die Lage, das Umfeld, die Qualität des Objektes sowie monetäre Aspekte. Beim Dämmen von Gebäuden teure Lösungen mit relativ be- Generalunternehmer Balz Halter auf einer Baustelle in Schlieren (ZH). scheidener Wirkung anzustreben, steht daher dem Interesse an wirtschaftlichem und bezahlbarem Wohnraum durchaus entgegen. Wie lässt sich der Energieverbrauch fürs Wohnen senken? Ein Gebäude kann noch so dicht gebaut sein – wenn die Bewohner trotzdem die Fenster offen stehen lassen, ist alles vergebens. So geht es denn auch weniger um den Energieverbrauch als vielmehr darum, die CO2-Emissionen zu reduzieren. Mit intelligenten Konzeptionen der Haustechnik und Energieerzeugung für das Heizen und Kühlen sind zahlbare und vernünftige Strategien heute bereits verfügbar. Voraussetzung ist, dass man weiss, was man tut, und nicht einfach irgendwelche Label-Kriterien erfüllt. Der Energiepreis ist der Schlüsselfaktor. Fossile oder nukleare Energieerzeugung wird sehr schnell obsolet, wenn die Kosten für erneuerbare Energie günstiger sind als für nichterneuerbare. Leider ist die Bauwirtschaft nicht sehr innovationsfreundlich. Es wird zu viel in teure Bausubstanz investiert, zu wenig in die Entwicklung innovativer Technologien. An welche Technologien denken Sie? Die Mehrzahl der Gebäude wird heute völlig ineffizient betrieben. Mit dem Einsatz moderner Elektronik und Informationstechnologie, wie wir sie in anderen Lebensbereichen täglich nutzen – oft ohne es zu merken –, könnten Gebäude absolut energieeffizient betrieben werden, ohne spürbare Einschränkung der Nutzung, aber durchaus mit zusätzlichem Komfort. Die heute verfügbaren Technologien funktionieren selbstregulierend, sparen Energie und überfordern den Nutzer nicht. Komfort beim Wohnen entspricht einem individuellen Bedürfnis, weshalb die raumbezogene Steuerung sämtlicher Geräte oder das gezielte Sichtbarmachen des Energieverbrauchs beim Wohnen wichtig wären. Interview: Paul Knüsel NZZ am Sonntag § 5. September 2010 Immobilien 13 DDP Selbst Hand anlegen bereitet Freude. Vor allem, wenn es ums eigene Heim geht. Eigenbau mit Tücken M artin Streckeisen schaut zufrieden auf sein Werk. Letzten Frühling hat er die Gebäudehülle seiner Doppelhaushälfte in Spiegel bei Bern isoliert. Zusätzlich hat er neue Fenster eingebaut. Der gelernte Mechaniker verfügt über ein gutes handwerkliches Verständnis. «Selbermachen ist keine Hexerei, und es macht Spass», sagt er. Dank der Eigenleistung konnte er den finanziellen Aufwand für die Wärme-Isolation des Hauses massiv senken. Mit Materialkosten von 20 000 Franken und insgesamt vier Wochen Arbeit in eigener Regie hat er den Energieverbrauch des 50-jährigen Doppeleinfamilienhauses um einen Drittel gesenkt. Hätte er die Arbeiten durch Handwerker ausführen lassen, wären die Kosten «auf ein Mehrfaches» zu stehen gekommen, äussert er überzeugt. Hang zur Perfektion Die Identifikation mit dem Zuhause steigt unweigerlich, wenn der eigene Schweiss drinsteckt. In Deutschland sind solche Eigenleistungen viel selbstverständlicher; dort haben Hausbesitzer auch weniger Ängste, etwas falsch zu machen. Fernsehmagazine demonstrieren die Kniffe des kostengünstigen und rationellen Umbaus. Anders in der Schweiz. «Bei uns fehlt die Kultur des Eigenbaus weitgehend», stellen Peter Schneider und Christoph Franz von Team4 Architekten in Zürich fest. Das habe auch mit der Mentalität zu tun: «Schweizer Bauherren sind Perfektionisten und lassen lieber den teureren Baufachmann ran.» Das leuchtet ein – eine selber verpatzte Fassade oder Eingangstüre kann einen schliesslich jahrelang ärgern. Das Gefühl, etwas zu verbocken, kennt auch Martin Streckeisen. Doch ein Blick auf sein perfekt saniertes Haus zeigt, dass dafür kein Anlass besteht. Damit er alles richtig anging, hatte sich Streckeisen zuvor bei Handwerkern und beim Energieberater der Gemeinde über Wärmedämmung in- STEFAN HARTMANN Manch ein Hausbesitzer werkelt mit Leidenschaft am eigenen Haus. Oft werden dabei der nötige Zeitbedarf unter- und die eigene Fertigkeiten überschätzt. Von Stefan Hartmann Hilfe zur Selbsthilfe Informationen vom Baumarkt Baumärkte bieten auf ihren Websites viel Know-how für den Eigenbau und die nötigen Arbeiten an. So lässt sich lernen, wie man in wenigen Arbeitsschritten Parkett, Fliesen und Plättli oder Teppiche verlegt. Einige Baumärkte bieten zudem entsprechende Kurse an. Den Bauwilligen steht ausserdem eine breite Palette an einschlägiger Literatur zur Verfügung, wobei viele der Handbücher von deutschen Verlagen stammen und die dortigen Verhältnisse berücksichtigen. Stefan Hartmann formiert. «Bauliches Wissen und eine realistische Einschätzung der eigenen handwerklichen Fähigkeiten sind beim Selbstbau unabdingbar», sagt Architekt Christoph Franz. Nur so gehe die Rechnung auch auf. «Wenn der Hausbesitzer unbezahlte Ferien fürs Umbauen nimmt, zahlt er unter Umständen mehr, als wenn er den Profi-Bauer ans Werk liesse.» Der entgangene Verdienst sei oft grösser als die Einsparung am Bau des eigenen Hauses. Je grösser der Eigenbau-Anteil des Bauherrn ist, desto mehr Terminprobleme gibt es erfahrungsgemäss im Bauablauf, wie Team4 Architekten feststellen. Viele unterschätzten den Zeitaufwand und würden mit ihren Vorarbeiten, zum Beispiel dem Abbruch, nicht rechtzeitig fertig. Dabei warten bereits Elektriker, Küchenbauer und Sanitärinstallateur ungeduldig an der Haustür. Die Lehre daraus ist klar: «Eigenleistungen müssen zwingend mit Handwerkerleistungen abgestimmt werden, denn Bauverzögerungen machen den Umbau unnötig teuer und sind ärgerlich.» Bei einer hohen Selbstbeteiligung verzögere sich die Bauzeit um das 2bis 3-Fache, sagt auch Gottfried Haefele, Autor des Umbau-Klassikers «Hauserneuerung», der bereits in suchte der ambitionierte Hobbybauer «mit Augenmass und ohne Panikattacken» zu bewältigen. Sein Fazit: «Man muss jederzeit unterscheiden, was man sich zutrauen kann und wo externe Hilfe nötig ist.» Auch gelte es, die finanziellen Folgen seines Tuns stets im Auge zu behalten, vor allem dort, wo Darlehen und Hypotheken im Spiel seien. Heute ist Häfeli trotz «zeitweiliger Überforderung», wie er einräumt, stolz auf das Dreifamilienhaus im Minergiestandard. Kein Steuervorteil 10. Auflage vorliegt. Eine eingehende Beratung durch einen Profi sei daher in jedem Fall sinnvoll. «Wer bei der Planung spart, baut teurer.» «Zupackende Bauherren sind beim Umbauen durchaus erwünscht, denn sie helfen Kosten sparen», sagt Kundenmaurer Franco Valle aus Wetzikon: Sinnvoll seien Eigenleistungen besonders im Vorfeld der eigentlichen Umbauarbeiten, nämlich bei Abbruch- und Demontagearbeiten. Solche Vorarbeiten seien zeitintensiv, erforderten aber kaum Fachkenntnisse. Auch später, beim Umbau, könne ein Bauherr gewisse Nebenarbeiten erledigen. Es gibt sie trotzdem, die Eigenbauer, die sich gleich einen Gesamtumbau in Eigenregie zutrauen. Nach seiner Pensionierung hat der erfahrene Bauingenieur Ueli Häfeli im Selbstbau eine 200 Jahre alte Liegenschaft auf der Forch schonend und umweltbewusst umgebaut und dabei auch gleich alle Funktionen selber wahrgenommen – als Planer, Konstrukteur, Energiefachmann und Bauleiter. Gleichzeitig führte er als Arbeitgeber und Vorarbeiter ein Team von Störhandwerkern und Hilfskräften des alternativen Arbeitsmarktes. Bröckelnde Mauerfundamente, morsche Holzbalken und Grundwasser im Keller ver- «Wer bei der Planung spart, baut teurer», sagt Gottfried Häfele, Autor des UmbauKlassikers «Hauserneuerung». .................................................................................. Der Bauablauf muss sorgfältig koordiniert werden. Verzögerungen machen den Umbau teurerundsindärgerlich. .................................................................................. Steuerlich lassen sich Eigenleistungen beim Bauen nicht absetzen. Anderseits werden Eigenleistungen von Banken als Eigenkapital akzeptiert. So rechnet etwa Raiffeisen die Eigenleistungen von Hausbesitzern beim Haus(um)bau als Eigenmittel an. Einen Abschlag beim Baukredit gibt es deswegen aber nicht. Raiffeisen verlangt, dass die handwerklichen Fähigkeiten sowie die zeitlichen Möglichkeiten ausgewiesen und mit dem allfällig einbezogenen Architekten abgesprochen sind. Der Eigenbauer muss auf die Umgebung Rücksicht nehmen: Laute samstägliche Arbeiten auf der Baustelle bereiten den Nachbarn keine Freude. Bauschutt, alte Böden oder ausrangierte Geräte müssen entsorgt und dabei auch mögliche gesundheitliche Risiken beachtet werden. Sicherheit ist grosszuschreiben: Generell sollten Handwerker daran denken, sich gegen Unfall auf der Baustelle zu versichern. Ein Eigenbauer muss das Baumaterial wie Parkett, Isolationsplatten oder Kies selber auswählen und transportieren. Er braucht ferner Baugeräte, die zu mieten oder zu kaufen sind. Ohnehin gibt es viel zu entscheiden; das kann den komplexen Bauablauf verzögern, vor allem, wenn er nicht sorgfältig koordiniert ist. Kundenmaurer Franco Valle wurde auch schon gerufen, wenn ein Eigenbauer nicht mehr weiterkam oder von der zeitlichen Beanspruchung überfordert war. «Manche werkeln jahrelang an ihrem Haus. Aber irgendwann hat die Familie die endlose Bauerei und die ewige Baustelle satt.» § 5. September 2010 Immobilien 15 REBECCA ROTH NZZ am Sonntag Nützliche Adressen Namen und Infos aus dem Internet « Mitgliederverzeichnis Verband der Architekten und Ingenieure: www.sia.ch « Mitgliederverzeichnis der Landschaftsarchitekten: www.bsla.ch « Baumaterialien: www.baumuster.ch « Produkte: www.baudokumentation.ch « Verzeichnis von Handwerkern: www.yellow.local.ch « Handwerker-Offerten einholen und vergleichen: www.renovero.ch « Verein für Minergie-Zertifizierung: www.minergie.ch « Informationsplattform für Solarenergie: www.swissolar.ch « Förderprogramm für energieeffizientes Bauen: www.dasgebaeudeprogramm.ch Für das Dämmen der Gebäudehülle stehen Fördergelder aus dem «Gebäudeprogramm» zur Verfügung. Prioritäten setzen Umbauten, Sanierungen und Renovationen steigern nicht nur den Wert von Immobilien, sondern helfen auch, Kosten zu sparen. Am Beizug eines Experten führt kein Weg vorbei. Grundwissen über die möglichen Massnahmen ist aber auch für Auftraggeber unabdingbar. Von Luca Rehsche Wer sich für eine Umgestaltung seiner Wohnung oder seines Einfamilienhauses interessiert, findet in der Schweizer Baumuster-Centrale Zürich Inspiration. Geschäftsleiter Werner Rüegger hat langjährige Erfahrung als Architekt und Tipps auf Lager, was es bei Renovationen zu beachten gilt. Der wichtigste: «Bei Sanierungen ergibt nur eine ganzheitliche Betrachtung Sinn.» Gerade was die Energieeffizienz anbelangt, sollte das ganze System einbezogen werden – wird ein einzelner Aspekt isoliert betrachtet, schiessen Massnahmen oft über das Ziel hinaus. Gebäudehülle Welche Massnahmen zusammengehören Aussen Innen Hauptpakete Gebäudestruktur Eine beliebte Umbaumassnahme bei Altbauten ist das Herausbrechen von Wänden. Kleinteilige Strukturen lassen sich so in offene Grundrisse überführen. Für Laien ist oft nicht einfach zu erkennen, ob eine Wand tragend ist, weshalb sich der Beizug eines Spezialisten empfiehlt. Auch wenn eine Wand für die Statik des Gebäudes relevant ist, kann sie unter Umständen ausgebrochen werden: Mittels Klebarmierungen lassen sich Lasten auf tragende Bauteile oder Aussenwände übertragen. Technologie ermöglicht die individuelle Steuerung aller Geräte und damit die Optimierung des Verbrauchs, bis hin zur Rückgabe von Überproduktion ans öffentliche Netz. Pakete schnüren bei der Sanierung Ergänzungspakete Fassade erneuern Küche und Bad Neue Fenster Ersatz der Leitungen Sonnenschutz Innenrenovation Option: Balkone vergrössern Option: Lüftungsanlage Kellerdecke dämmen Ersatz des Heizkessels Ersatz des Wasserwärmers Haustechnik «Über die Heizung überhaupt nachzudenken, lohnt sich erst, sobald alle Fragen bezüglich der Gebäudehülle geklärt sind», schickt Rüegger voraus. Drängt sich im Anschluss eine Erneuerung der Heizung auf, lohnt es sich, abzuklären, was vom vorhandenen System noch brauchbar ist. Öl, auch wenn nicht en vogue, muss nicht die schlechteste Wahl sein. Unter Umständen reicht der relativ günstige Ersatz des Brenners. Andere Möglichkeiten zu Öl und Gas stellen etwa Holzpellets-Heizungen dar oder die lokale Gewinnung von Wärmeenergie über Erdsonden oder thermische Solaranlagen. Eine weitere Möglichkeit, die Sonne anzuzapfen, sind stromerzeugende Photovoltaikanlagen. Alle diese Formen erneuerbarer Energie sind umweltfreundlich und liegen im Trend, sind aber nicht billig. Zur Erreichung des Minergie-Labels ist der Einbau einer Komfortlüftung Pflicht. Bei Umbauten ist dies nicht immer einfach zu bewerkstelligen. Rohre müssen in alle Zimmer verlegt werden. Will man die Decken nicht abhängen, bleiben diese sichtbar. Ein aktuelles Thema sind Sparmassnahmen mittels digitalen Stroms. Diese im nahen Ausland bereits erprobte Option: Erneuerbare Energien Erweiterung Dachausbau für zusätzlichen Wohn- oder Büroraum Quelle: Bauherrenhandbuch Lebenszyklus eines Gebäudes Investitions- und Renovationsbedarf im Zeitverlauf 50 Gebäude Haustechnik Ausstattung Umgebung 40 35 Renovation 30 25 au ckb Rü Die Gebäudehülle ist gewissermassen die Quintessenz eines Hauses. Für energetische Verbesserungen stehen Fördergelder des Gebäudeprogramms bereit. Ausschlaggebend ist der erreichte U-Wert, der sogenannte Wärmedurchgangskoeffizient. Subventionen sollten aber nicht die einzige Entscheidungsgrundlage sein. Fassadendämmungen können eine Dicke von 16 bis 20 Zentimetern oder mehr aufweisen. Ein grundsätzlicher Unterschied besteht zwischen kompakter und hinterlüfteter Ausführung. Bei Ersterer wird eine Verputzschicht direkt auf die Dämmschicht angebracht, während die «Wetterschicht» bei Letzterer auf einem Lattenrost montiert wird. Dies ermöglicht eine Luftzirkulation und beugt Feuchtigkeitsschäden vor. Für Fenster werden oft zwei U-Werte angegeben, einer für das Glas und einer für das ganze Fenster. Schwachpunkt ist oft der Rahmen – ein schmaler Rahmen heisst mehr Fensterfläche, also bessere Isolation und mehr Lichtund Sonneneinstrahlung. Die Erneuerung von Fenstern und Fassade zieht oft eine Verlängerung des Fenstersimses oder eine zusätzliche Dämmschicht nach sich. Soll der Estrich als Wohnraum dienen, ist das Dach zwingend zu isolieren. Zu beachten ist die Gefahr einer Kondenswasserbildung infolge mangelnder Hinterlüftung. Günstiger ist die Dämmung des Estrichbodens, sofern der Dachstock lediglich als Stauraum dient. Mit trittfesten Dämmplatten aus dem Baumarkt und etwas handwerklichem Geschick lässt sich dies selbst bewerkstelligen. Auch beim Keller ist eine Isolation der Aussenwände nicht unbedingt nötig, vorausgesetzt, dass diese trocken sind. Wird darauf verzichtet, stellt die Kellerdecke die eigentliche Hülle des Gebäudes dar und sollte entsprechend gedämmt sein. Geübte Heimwerker erledigen das wiederum selbst. 75 20 15 Verjährung 5 Jahre Quellen: Kehl Treuhand, Erlenbach / SVIT 10 0 –2 Garantiefrist 2 Jahre Planung/Bewilligung Neubau Innenausbau Beim Innenausbau geht es primär um den Geschmack, und darin ist jeder sein eigener Spezialist. Heimwerker kommen hier auf ihre Kosten. Im Vergleich zur Haustechnik und zum Gebäude an sich ist der Innenausbau relativ kurzlebig und bleibt stärkeren Modeströmungen unterworfen. In der Baumuster-Centrale gibt es rund 25 Arten von Bodenbelägen zu besichtigen, vom Gussasphalt über Stahlblech und Linoleum bis zum Parkett. Eine Möglichkeit ist das Freilegen des Unterlagsbodens, der mit Härtemittel behandelt und abgeschliffen wird. Bei neu verlegten Belägen ist mit einer Aufbauhöhe von etwa einem Zentimeter zu rechnen. Ein richtiger Holzboden kann hingegen schnell zwei bis drei Zentimeter dick sein – dafür kann er beliebig oft abgeschliffen werden und hält ewig. Auch bei Wand- und Deckenbelägen steht eine grosse Zahl an Varianten zur Verfügung. Keramische Platten sind bei Nasszellen nicht mehr die einzige Möglichkeit, auch wasserfeste Anstriche sind erhältlich. «Eine elegante Alternative zu den kleinen Plättchen sind zudem grossformatige Feinsteinzeugplatten oder winziges Glasmosaik», findet Rüegger. Der Einbau von Küche und Bad in Eigenregie ist möglich. Unterschätzt wird dabei oft die Schallproblematik, was den Nachbarschaftsfrieden gefährdet. Die Lebensdauer von Küchengeräten beträgt heute zwischen sieben und zwölf Jahren. Neben Funktion und Optik ist die Energieeffizienz ein wichtiger Faktor, wobei heute praktisch nur noch Geräte der Klasse A erhältlich sind – noch besser sind A+ und A++. Bezüglich Beleuchtung muss sich sputen, wer der guten alten Glühbirne anhängt. Ab Ende 2012 ist nur noch der Verkauf von energieeffizienten Leuchtmitteln erlaubt. Die Zukunft wird der Leuchtdiode gehören. Die ökologischen Vorzüge der LED sind unbestritten, und ihr Einsatzbereich ist praktisch unbegrenzt. § 5. September 2010 Immobilien Farben einer Stadt 17 FOTOS: ANNEMARIE NESER, AUS: FARBRAUM STADT: BOX ZRH, KONTRAST VERLAG ZÜRICH NZZ am Sonntag Die Sanierung wird häufig dazu benutzt, dem Gebäude ein farbigeres Gesicht und damit mehr Lebensfreude zu geben. Das Forschungsprojekt «Farbfächer» zeigt, dass schon jetzt nicht alles grau ist. Von Jutta Glanzmann Auch Altstadthäusern, wie an der Augustinergasse in Zürich, steht bunter Anstrich gut. Unten der Fächer der verwendeten Farben. Mehr Farbkompetenz D as Werk ist eindrücklich. Die eben im Kontrast-Verlag erschienene Publikation «Farbraum Stadt: Box ZHR» besteht aus 96 Reproduktionen handgemalter Farbporträts, einem Plan, der einen Eindruck des Architekturkolorits der Stadt Zürich vermittelt, und einem Buch mit vertieften Informationen zur Forschungsstudie und Beiträgen von Fachleuten zum Thema der Farbe in der Stadt. An über 40 000 Gebäuden hat ein interdisziplinäres Team während fünf Jahren die Quartier- und Gesamtfarbigkeit der Stadt Zürich untersucht. Entstanden ist das Werk im Haus der Farbe in Zürich. «Die Herausforderung bestand darin, ein Erhebungsinstrument zu entwickeln, das statistische Aussagen zulässt, ohne dass dabei die Farbenvielfalt verflacht wird», erklärt Stefanie Wettstein, die zusammen mit Lino Sibillano die Höhere Fachschule für Farbgestaltung leitet. Gemeinsam mit den Studentinnen und Studenten des Diplomlehrgangs Farbgestaltung erarbeiteten sie einen Das Haus der Farbe in Zürich, die vom Verein Höhere Fachschule für Farbgestaltung getragene Schule für Handwerk und Gestaltung, versteht sich als interdisziplinäre Plattform für das Phänomen Farbe. Sie bietet neben diversen Kursen zwei berufsbegleitende Weiterbildungen an: den Diplomlehrgang Farbgestalter(in) und den Lehrgang Gestalter(in) im Handwerk. Das Hauptinteresse gilt der farblichen Gestaltung von Raum und Architektur. Dabei soll der qualifizierte Umgang mit Farbe geschult und die Sensibilität für das Gestaltungsmittel im öffentlichen und privaten Raum gestärkt werden. Diese Ziele verfolgt das Haus der Farbe mittels Weiterbildung, Dienstleistung und Forschung. www.hausderfarbe.ch Architektur- und Zürich-spezifischen Farbfächer. «Der Farbfächer enthält eine reduzierte Anzahl von Farbtönen, denen sich jede Fassadenfarbe zuordnen lässt, ohne dabei ihre charakteristischen Merkmale wie Farbton, Buntheit und Helligkeit zu verlieren», fasst Lino Sibillano die Grundlage der Forschungsarbeit zusammen. 15 Praktikanten und Praktikantinnen haben dann anhand festgelegter Routen die Farbigkeit jedes einzelnen Gebäudes erfasst. «Die Resultate sind vielfältig und zum Teil auch für uns überraschend», erzählt Stefanie Wettstein, «beispielsweise ist Zürich stark von einer unbunten, zurückhaltenden und hellen Farbigkeit geprägt, die wir in diesem Mass nicht erwartet haben.» Putz und Beigetöne dominieren Fast 90 Prozent aller Bauten weisen eine unbunte Fassadenfarbe auf, und rund zwei Drittel des Baubestandes zeigen eine helltönige Farbigkeit. «Dabei ist nicht etwa Grau die häufigste Farbe in der Stadt Zürich», so Lino Sibillano. Beige liegt gemäss der Untersuchung mit fast 35 Prozent an erster Stelle, vor Weiss. Erst an dritter Stelle .................................................................................. Über 80 Prozent der Fassaden in Zürich sind verputzt, nicht einmal 3 Prozent dagegen aus Sichtbeton. .................................................................................. liegt Grau mit 10 Prozent. «Zudem ist nur knapp jedes achte Gebäude in Zürich bunt, und Rot kommt am wenigsten vor», so fasst Stefanie Wettstein die Erkenntnis zusammen. Im Rahmen der Studie wurden auch Fassadenmaterialien erfasst: Zürich ist eine verputzte Stadt. Über 80 Prozent der Fassaden sind verputzt, und weniger als 3 Prozent von Zürichs Bauten sind aus Sichtbeton. Zusätzlich zur flächendeckenden Erfassung der Gebäude wurden 96 ausgewählte Bauten in Farbporträts detailliert dokumentiert. Die Karten zeigen den Farbklang der Gebäude auf sinnliche Art und Weise und liefern zusätzliche Informationen zum Objekt. Und auch ein Blick in die Geschichte ist möglich. Zusammen mit CRB, der Schweizerischen Zentralstelle für Baurationalisierung (siehe Kasten), entwickelten die Herausgeber von Farbraum Stadt einen Epochenfächer, der 100 typische Architekturfarben von Zürcher Gebäuden im Zeitraum zwischen 1900 bis 2010 zeigt. Farbraum Stadt ist nicht nur eine eindrückliche Forschungsarbeit, die in dieser Form noch in keiner anderen Stadt durchgeführt worden ist. Sie ist auch ein Arbeitsinstrument für Fachleute und Laien, die mit Bauen zu tun haben. Was sagen die Verfasser in diesem Zusammenhang zu kritischen Stimmen, die eine Einschränkung seitens der Farbgestaltung befürchten? «Wir können dies gut nachvollziehen, aber wir denken, dass wir diesbezüglich Entwarnung geben können», meint Stefanie Wettstein. Projekte mit Signalwirkung Ziel von Farbraum Stadt sei es nie gewesen, einen normierenden Plan Couleur zu erarbeiten. Im Gegenteil: «Wir sind vielmehr der Ansicht, dass die erarbeiteten Grundlagen ein solides Fundament bieten, um differenziert auf einzelne Projekte einzugehen und sich, wo angebracht, auch auf Experimente einzulassen», erklärt Stefanie Wettstein. Die Ergebnisse der Studie stehen durch die Publikation allen Baufachleuten zur Verfügung: «Das heisst, dass künftig auch Architektinnen und Farbgestalter ihre Farbentscheide durch handfeste Argumente besser vertreten können», hält Lino Sibillano fest. «Im besten Fall», so die beiden, «bietet das erarbeitete Instrument Anregungen zu einem vielfältigeren und differenzierteren Umgang mit Farbe und Oberfläche im Raum, der nicht primär mit plakativ bunten Farben signalisiert werden muss.» Das Interesse an der Arbeit jedenfalls ist da. Erste Gemeinden und Städte in der Schweiz und Deutschland möchten mehr über die erarbeiteten Methoden und Werkzeuge wissen. Eine eigens dafür eingerichtete Fachstelle am Haus der Farbe gibt dazu Auskunft und bietet Unterstützung bei der Erhebung weiterer Stadt-Farbräume. .................................................................................. Farbraum Stadt: Box ZRH; mit Buch, Kartenset und Plan. Jürg Rehsteiner, Lino Sibillano & Stefanie Wettstein (Hrsg.): Haus der Farbe. Kontrast-Verlag, Zürich 2010. Bessere Verständigung Die Schweizerische Zentralstelle für Baurationalisierung (www.crb.ch) bietet als Nonprofitorganisation Dienstleistungen für alle Baufachleute. Sie entwickelt Arbeitsmittel zur effizienten Administration und besseren Verständigung im Bauwesen. Damit erhöht sie die Rechtssicherheit und die Transparenz für Kosten und vereinbarte Leistungen. Gleichzeitig vertritt die Stelle exklusiv in der Schweiz das Natural Colour System, ein Farbsystem, das sich an der menschlichen Wahrnehmung orientiert und im Bauwesen weit verbreitet ist. Neuestes Produkt ist der «Epochenfächer», der die Forschungsergebnisse von Farbraum Stadt für die Farbanalyse, die Planung und das Kommunizieren der Farben für Handwerker, Planerinnen, Architekten und Bauherrschaften praxistauglich macht. Jutta Glanzmann Grüne Akzente: Siedlung Hegianwandweg der Familienheim-Genossenschaft Zürich. Der Farbfächer (rechts) zeigt, wie die eingesetzten Farben zusammenspielen. Immobilien NZZ am Sonntag § 5. September 2010 GERMAN-IMAGES / F1 ONLINE 18 Intelli Ein neue Heizung lässt sich passen gleich gut zu den um A Ohne Stufen und Wände – das Bad öffnet sich ANTONIETTY ARCHITEKTEN Dächer bieten den nötigen Platz für das Einfangen der Wärme. Sonnenkollektoren gelten heute als wirtschaftlich lohnende Ergänzung konventioneller Heizsysteme. uf 400 Kilowattstunden pro Jahr, entsprechend 40 Litern Heizöl, veranschlagt das Bundesamt für Energie (BFE) den Ertrag von 1 m2 Sonnenkollektoren. «Selbstverständlich ist der Energiegewinn von der Lage abhängig, aber auch von der Güte der Anlage», gibt Pius Hüsser, Vizepräsident von Swissolar, zu bedenken. Hüsser meint damit neben der Neigung und der Orientierung der Kollektoren die Kombination mit der Basisheizung. Nur wenn die Kollektoren zum Wärmeerzeuger für das Warmwasser und allenfalls für die Raumheizung passen, freut sich der Hausbesitzer, so die einhellige Meinung der Experten. Besonders geeignet sind die Energiesammler als Ergänzung zu Öl- oder Gasheizungen. Mit 5 m2 Kollektorfläche auf einem Einfamilienhaus lässt sich gut die Hälfte der Energie für die Wassererwärmung gewinnen, meint Andreas Haller vom KollektorenHersteller Ernst Schweizer AG. «Für Mehrfamilienhäuser rechnen wir mit maximal 1 m2 pro Person.» Nach dieser Faustformel ergibt sich auf einem Zehnfamilienhaus eine Kollektorfläche von etwa 30 m2. Deutlich grösser wird Modernes Wohnen heisst: Die Küche wird nicht mehr vom Rest der Wohnung abgeschottet. Und je länger, je mehr öffnet sich auch das Bad zum Wohnbereich hin. Aufsehen erregt hat zum Beispiel das «Wohnbad» des Luzerner Architekten Carlos Antonietty. Seine Eigenheit: Das grosszügige Bad hat einen direkten Bezug zum Schlafraum und ist halbseitig verglast. Der Raum wird vom Schlafbereich nur durch zwei Schiebetüren und eine zentrale Schrankwand abgetrennt. Dunkle Hölzer an Boden und Wänden prägen das gediegene Ambiente. Und mittendrin – auch dies ein neuer Trend in der Bäder-Architektur – steht die Badewanne. Eine durchgehende Fensterfront lässt den Blick nach aussen frei. «Für uns sind Bäder keine Nasszellen, sondern Wohnräume», führt Carlos Antonietty aus. «Einziger Unterschied ist, dass man darin badet oder duscht.» Die Toilette ist aber weiterhin in einem angrenzenden separaten Raum untergebracht. Das offene, luxuriöse Bad steht standesgemäss in einer neu erstellten Villa hoch über dem Vierwaldstättersee. Als «innovative und konzeptionell überzeugende» Variante wurde es kürzlich zum «schönsten Schweizer Bad» des letzten Jahres erkoren. Bei Designern und Architekten stehen fliessende Übergänge zwischen dem Bade- und dem Schlafzimmer ebenso wie im Bad selber hoch im Kurs. Die Ideen beruhen weniger auf kreativer Spielerei, vielmehr sind sie das Resultat einer zielgerichteten Marktforschung: Wann immer Hersteller von Badmöbeln und Sanitäreinrichtungen die potenzielle Kundschaft zu den möglichen Wünschen befragen, wird ein nicht zu knappes Raumangebot als häufige Antwort gegeben. Reduziertes Design Entsprechend leiten sich daraus die gestalterischen Versuche ab, das enge Bad zu erweitern beziehungsweise den Raum durch reduziertes Design zu öffnen. Die bisherigen Wände weichen einer transparenten räumlichen Abtrennung, und anstelle der überladenen Möblierung wird die innere Gliederung neuerdings aufgehoben. Wie das geht, demonstrierte der Zürcher Architekt Gus Wüstenmann am Umbau einer Stadtwohnung in Luzern. Seine fliessende BadezimmerVariante ist nicht weniger spektakulär BRUNO HELBLING Mit fliessenden Übergängen zwischen Nasszelle und Wohnbereich kommt das Badezimmer immer mehr in die Lebensmitte. Doch nicht alle Grenzen verschwinden. Von Paul Knüsel Fliessendes Bad von Gus Wüstemann. ausgefallen als das Bad von Carlos Antonietty. Wüstenmann hat für die Öffnung der Übergänge das Prinzip des multifunktionalen Raums genutzt. Er zeigt, dass auch bei Umbauten ausreichend Platz für ein offenes Wohnbad zur Verfügung stehen kann. Die Nasszelle ist im unteren Bereich einer zweigeschossigen Dachmansarde untergebracht. Die offene Zone lässt sich wahlweise zum Wohnraum oder zum Schlafraum hin öffnen und schliessen. Noch konsequenter zusammengebracht werden Bad und Schlafbereich im Raumkonzept des italienischen Architekten Antonio Citterio, welches er für den Hersteller Hans Grohe entworfen hat. Waschtisch, Bett und Dusche befinden sich im selben Raum, die Dusche ist aber in eine Seitennische gestellt. Im Durchschnittshaus fehlt oft der Platz für derartige Raumlösungen, oder es wird nach wie vor Wert auf traditionelles Separieren gelegt. Doch einige Details aus den Designer-Studien sind bereits auf dem Vormarsch, und die Abtrennung des Badezimmers dürfte vielerorts fliessender und sanfter geschehen: Immer häufiger wandert es im Grundriss nach aussen und Grosszügiges Wohnbad mit direktem Zugang zum Schlafraum, entworfen vom Luzerner Architekten Carlos Antonietty. erhält zusätzlich grosse Fenster. Zentrale Bäder können dagegen mit Glasbausteinen ergänzt werden, um sie von innen zu belichten. Schiebetüren und Glaswände sind ebenfalls zum beliebten Trennelement geworden. Weiche Formen Derweil wird im Innern aufgeräumt: Die Duschkabine bleibt offen und ist stufenlos begehbar. Und weiterer Stauraum wird in die Wände eingebaut. Zum offenen Charakter gehören aber auch die weichen Formen und abgerundeten Kanten, welche das Aussehen der Badmöbel und der Sanitärinstallationen zunehmend prägen. Der Wunsch nach grosszügigen Raumverhältnissen sowie mehr Komfort und Bequemlichkeit kommt den befragten potenziellen Kunden wie auch den Vertretern der Generation 50 plus entgegen. Sie sind jetzt schon für ein barrierefreies Wohnen sensibilisiert. Die neue Offenheit moderner Badezimmer richtet sich also auch an die zeitlosen Bedürfnisse der Bewohner. NZZ am Sonntag § 5. September 2010 Immobilien 19 igent kombinieren h einfach mit Sonnenkollektoren kombinieren. Doch nicht alle Heizsysteme mweltfreundlichen Energiesammlern. Von Othmar Humm die Fläche, wenn die Kollektoren neben der Wassererwärmung auch die Raumheizung alimentieren. Etwa 15 m2 sollten es auf einem Einfamilienhaus sein, um substanzielle Beiträge an die Heizung zu leisten. Haller hat dazu einen pragmatischen Ansatz: Wichtiger ist eine gute gestalterische Einordnung in die Dachlandschaft – die Fläche resultiert dann aus dieser Lösung. Der Ingenieur zeigt damit einen Planungsansatz auf: Von den gut geeigneten Dachabschnitten lässt sich auf die Kollektorfläche schliessen. Und von dieser Fläche hängt die Grösse des Wärmespeichers im Heizungskeller ab. Zusammenspiel von Heizanlagen Vor- und Nachteile von zusätzlichen Sonnenkollektoren Basisheizung Wassererwärmung und Heizungsunterstützung Öl- oder Gasheizung Kollektoren sehr gut geeignet; erlaubt die Wassererwärmung im Sommer ohne Heizung. Kollektoren sehr gut geeignet. Holzheizung (Pelletsheizung) Kollektoren sehr gut geeignet; erlaubt die Wassererwärmung im Sommer ohne Heizung. Kollektoren gut geeignet. Wärmepumpe Mit Wärmepumpen ist die Wassererwärmung bereits effizient. Kollektoren bedingt geeignet. Als Ergänzung von Wärmepumpen eignen sich stromerzeugende Solarzellen besser als Sonnenkollektoren, weil der solare Energieeintrag von der Wärmeerzeugung völlig getrennt ist. Ohne Speicher geht gar nichts Für die Nutzung von Sonnenenergie gilt: Zwischen Angebot und Nachfrage liegen Stunden, oft sogar Tage! Der Speicher hortet den Ertrag und gibt ihn bei Bedarf an das Haus ab. Heizwärmespeicher für Einfamilienhäuser fassen etwa 1500 Liter Wasser, für Mehrfamilienhäuser sollten es zweibis viermal mehr sein. Diese technischen Speicher sind nicht zu verwechseln mit den Boilern, in denen Trinkwasser für Küche und Bad aufbereitet wird. Im Technikraum sind die Warmwasserbehälter oft gar nicht sichtbar, weil sie als «einliegende Boiler» in den Nur Wassererwärmung Quelle: Energie Schweiz Heizungsspeicher eingebaut sind. Form und Fassungsvermögen variieren je nach Hersteller, eine Eigenschaft ist aber allen Speichern gemeinsam: Die Solarenergie wird im untersten Teil, die Wärme der Heizung zuoberst eingebracht. Das verbessert den Wirkungsgrad der Sonnenkollektoren. Diese Bauweise ermöglicht im Speicher eine Temperaturschichtung: Unten liegt relativ kaltes Wasser – das ist .................................................................................. Für die Nutzung von Sonnenenergie gilt: Zwischen Angebot und Nachfrage liegen Stunden, oft sogar Tage. .................................................................................. FORSTER SCHWEIZER STAHLKÜCHEN In einer Welt, die komplexer wird, setzt Forster auf die Schlichtheit. Das Schlichte ist das Starke, im Material und im Design. Stahl bleibt unerreicht, wo es um Dauerhaftigkeit und Ästhetik geht. Klare Formen, bündige Linien und glatte Flächen waren immer schon Avantgarde. So sind Forster Küchen auch in 50 Jahren noch modern. Konzentration auf das Wesentliche ist eine Qualität, die auch morgen noch stimmt. Es ist Schlichtheit, die am längsten währt. Fragen Sie nach detaillierten Unterlagen: Forster Küchen- & Kühltechnik AG Egnacherstrasse 37, CH-9320 Arbon Telefon +41 71 447 46 45, Telefax +41 71 447 46 50 [email protected], www.forster-kuechen.ch <wm>10CAsNsjY0MDAx1TU0NDawMAcAI80nqQ8AAAA=</wm> <wm>10CEXKKw6AMBAFwBN18_b1t7ASimoQQDgBQXN_RYJBjJvePQs-U1uPtrkCKQfVCKtuTGJGL4xSSMcAEopRiays1fzfYZrDDizACZXnul_V8Al4XQAAAA==</wm> für Wärme aus dem Kollektor ideal. Das deutlich wärmere Wasser im oberen Teil garantiert, dass genügend Wärme an die Heizung geht. «Damit hat der Speicher zwei Funktionen», sagt Hüsser, «er lagert Wärme, und er bildet das Scharnier zwischen Produktion und Verbrauch.» Was kompliziert tönt, ist in der Praxis höchst einfach. Denn die handelsüblichen Produkte sind in dieser Art gefertigt; der Installateur verbindet dann einfach die Anlageteile. Auf jedes Haus eine Anlage Eben nicht – findet die Denkmalpflege, auch wenn die Forderung der Solarbranche bei vielen Hausbesitzern auf offene Ohren stösst. Häufig lässt sich eine Lösung für geschützte Objekte finden. Typisch dafür sind Kollektoren im Garten oder auf einem Nebengebäude. Für Flachdächer eignen sich Röhrenkollektoren, die durch Drehung nach der Sonne ausgerichtet werden. Sofern dachbündig verlegt, sind sie aus der Umgebung kaum sichtbar. Im Unterschied zu den weitverbreiteten Flachkollektoren bringen sie mehr Energie, sind aber teurer. Ob Röhrenoder Flachkollektor, der Durchbruch für die Ökowärmeerzeuger dürfte in Form von einfachen Anlagen zur Wassererwärmung erfolgen. Sonnenkollektoren Solar-Panel auf dem Dach wird Standard Die unendlich zur Verfügung stehende Energie der Sonne wird zunehmend angezapft: Im vergangenen Jahr ist der Absatz von Sonnenkollektoren zur Wärme- und Stromerzeugung um beinahe einen Drittel gestiegen. Damit haben klimafreundliche Energiesysteme, neben den Kollektoren gehören dazu auch die Wärmepumpen, den Heizungsmarkt endgültig erobert. Während die Anteile von Öl, Gas und Holz sinken, nimmt der Absatz von Wärmepumpen markant zu. Bei sanierten Einfamilienhäusern liegt ihr Marktanteil inzwischen bei rund zwei Dritteln; bei Neubauten ist er sogar über 75 Prozent angestiegen. Sonnenkollektoren und Wärmepumpen haben eines gemeinsam: Bei tieferen Temperaturen der Nutzwärme ist der Ertrag grösser. Deshalb sind Bodenheizungen vorteilhaft, weil dadurch Wärme mit 30 bis 40 Grad Celsius verwertet werden kann. Für herkömmliche Heizungs-Radiatoren braucht es dagegen Temperaturen von mindestens 50 Grad. Die Kombination von Wärmepumpen und Sonnenkollektoren bringt demnach zwei Systeme mit den gleichen Stärken und Schwächen zusammen – keine ideale Ergänzung. Gasoder Pelletheizungen passen aus diesem Grund besser zu den Sonnenkollektoren. Auf Solarenergie brauchen Hausbesitzer mit Wärmepumpen deshalb nicht zu verzichten. Mit Solarzellen zur Stromerzeugung kommt umweltfreundliche Energie ins Haus, die sich auch für die Wärmepumpe einsetzen lässt. Othmar Humm § 5. September 2010 Immobilien 21 FOTOS: ANDRÉ HEINERMANN NZZ am Sonntag Die Südstaaten-Variante: Modell «Alabama» bietet dem Vierbeiner eine adäquate Behausung. Ein Schloss für Fiffi: Hundehütte «Fairytale» in geschmackvollem Rosa. Traumschloss für den Schosshund Designer entwickeln edle Behausungen für die Tierwelt. Die Luxusimmobilien in Klein können Zehntausende von Franken kosten und sind der letzte Schrei für Hundehalter. Von Susanne Ziegert Zufrieden betrachtete der Event-Manager André Heinermann den neuen Sitz seiner Agentur. Gerade war das Kreativ-Unternehmen in das moderne Gebäude mit Garten umgezogen – eigentlich genau der richtige Rahmen. Doch ein entscheidendes Detail fehlte noch: die passende Behausung für Hündin Mara. Die zweijährige Australian-Shepherd-Dame sollte nicht in einer billigen Hütte hausen müssen. «Ich habe überall nach einem passenden Hundehaus gesucht, sogar weltweit. Doch es gab einfach nichts», sagt André Heinermann. Deshalb entwarf er das gesuchte moderne Luxusheim für Hunde von Welt einfach selbst und gab es in einer Tischlerei in Auftrag. Viele Besucher der Agentur sprachen den Erfinder auf die Hundehütte im Bauhausstil an – so entstand eine neue Geschäftsidee. Internet-Verkauf läuft Seit gut einem Jahr sind die besonderen vier Wände auf der Internet-Seite von «best friend’s home» zu finden und zu bestellen. Drei bis vier Stück der Klein-Immobilien verkauft das Unternehmen in Paderborn im Monat. «Das sind Hundefreunde, die ein Gespür für schöne Dinge haben», so der Hüttenbauer. Sogar aus den USA kamen schon Bestellungen. Der Renner ist das Bauhaus-Modell «Cubix», in dem auch Mara gerne ihren Hundeträumen nachhängt, wenn sie nicht gerade wachsam durch die verglasten Frontscheiben ihr Revier kontrolliert. «Es scheint ihr zu gefallen», glaubt Herrchen André Heinermann. Das Design dürfte den felligen Bewohnern zwar herzlich egal sein. Doch der Erfinder legte auch Wert auf eine hundegerechte Gestaltung. Die meisten Modelle bieten wachsamen Hundeaugen Ausblick durch grosse Fenster, die auch Luft hereinlassen. Doch vor allem in der kalten Jahreszeit sollen es die Vierbeiner behaglich haben. So ist der Eingang extra klein, damit sich der Innenraum durch die Körperwärme des Bewohners erwärmen kann. Möglich sind Varianten mit isolierten Wänden und Türvorhang. Hundebesitzer können unter vier Stilrichtungen auswählen. So ist das Modell «Alabama» einer SüdstaatenVilla mit imposanten Säulen nachempfunden. Die kleineren Vierbeiner dürften sich in «Lönneberga» wohlfühlen, einem roten Schwedenhäuschen. Und der an Luxus gewöhnte Chihuahua bekommt gar ein eigenes kleines Schloss – ganz in Rosa mit zwei Türmchen und Swarovski-Kristallen. .................................................................................. Im Angebot sind Kopien des Hauses von Herrchen. Der Bernhardiner bekommt ein Chalet, der Pudel sein Schloss. .................................................................................. Die Luxus-Hundehütten gibt es in den Größen von XS bis L, die sich an der Schulterhöhe der künftigen Bewohner orientieren. Sie werden in Deutschland in Handarbeit aus einem wetterfesten Hartholz gefertigt und haben ihren Preis: 2600 bis 3900 Fr. – je nach Modell und Grösse. Viel Geld für ein Hundedach, das es im Bausatz auch schon für 200 Fr. gibt. «Die halten ein ganzes Hundeleben lang», verspricht dafür Erfinder Heinermann. Edelhütte mit Klimaanlage Noch kostspieligere Häuschen für die treuen Gefährten lässt der amerikanische Anbieter La petite Maison fertigen. Die Hütten für Pinscher, Golden Retriever oder Dogge sind Mini-Versionen der Haupthäuser von Herrchen und Frauchen oder Phantasiehütten. So bekam ein Bernhardiner beispielsweise ein Schweizer Chalet, ein Pudel sein Schloss im französischen Stil. Ein Kunde bestellte eine verkleinerte Ausgabe des typisch amerikanischen Hauses mit Veranda, aber gross genug, um den vierbeinigen Freund dort auch besuchen zu können. Und auch die Ausstattung ist oft vom Feinsten. So verfügen manche der Edelhütten über Klimaanlage, Tapeten, Kronleuchter, einige sogar über ein eigenes (Fr-)Esszimmer. Bis zu umgerechnet 45 000 Fr. geben die vermeintlichen Tierliebhaber dafür aus. Designer haben auch andere Tierarten mit ihren Kreationen bedacht. So Dauerhafte Kleinbauten Baubewilligung nicht vergessen Wohnungs- und Hofhunde brauchen einen festen Ruheplatz. An diesem sollte der Hund vor Witterungseinflüssen und Zugluft geschützt sein und Ruhe finden können, als geselliges Tier aber dennoch möglichst nahe bei den Bezugspersonen sein. In Boxen und Zwingern, die zwischen 4 und 10 m2 gross sein und eine geeignete Liegefläche haben sollten, müssen Hunde mindestens paarweise gehalten werden. Sind die Bauten für Haustiere dauerhaft angelegt und fest installiert, braucht es für sie, genau wie für Gartenhäuser, Wintergärten oder eine Pergola, eine Baubewilligung. In der Regel genügt für solche Kleinbauten das vereinfachte Verfahren, das ohne Visionierung und ohne die öffentliche Auflage auskommt, sofern die Nachbarn für das Vorhaben ihr schriftliches Einverständnis im Baubewilligungsverfahren erteilen. (dst.) haben die Gestalter von Radius Design aus dem badischen Brühl ein schnörkellos modernes Vogelhaus entwickelt – mit dem sinnigen Namen «Piep Show Home». «Das neue Zuhause für den designbewussten Vogel», wie es in der Werbung angepriesen wird, kostet rund 80 Fr. Es besteht aus einem zylinderförmigen Gehäuse in leuchtendem Orange. Durch eine kleine Öffnung können Meisen und andere kleine Vögel ins Innere schlüpfen und dort ihr Nest bauen. Auch mehrere aerodynamisch moderne Futterkästen haben die Vogelhaus-Designer im Angebot. Ergänzen liesse sich die gehobene Ausstattung für den Piepmatz durch eine tropfenförmige Tränke aus Porzellan von Eva Solo und eine Futterstelle aus mundgeblasenem Glas. Auch Schmetterlinge müssen nicht länger nur von Blume zu Blume flattern. Die Hamburger Wildtierstiftung liess ein hölzernes Schmetterlingshotel entwickeln. Dort finden Tagpfauenauge, Kleiner Fuchs und Zitronenfalter ihr Winterquartier. Im Programm ist auch ein kleines Häuschen für Fledermäuse. Die Umweltorganisation Bund vertreibt ein «Ritz» für Igel, eine trockene Terrakottahöhle, auf der fünf Sterne prangen. Manche Tierarten fristen dagegen weiterhin ein designfreies Dasein. Katzen etwa müssen an meist nüchternen Kratzbäumen ihre Krallen schärfen und sich in einfache Körbe und Decken kuscheln – eine echte Zumutung. PSP Swiss Property – führendes Schweizer Immobilienunternehmen <wm>10CAsNsjY0MDAx1TU0NLMwMAMAN9Y0Lw8AAAA=</wm> <wm>10CEXKMQ6AIBAAwRdB9oAD9ErFilio8QXG2v9XJjYW003vpp7P1NajbSaQ1InkSrYa1Ce1SPZFjIEQEEaKEqrkaP910-x2WOBE_HPdL4pfws1bAAAA</wm> «Bei PSP Swiss Property ist der Erfolg unter anderem das Resultat konsequent gelebter Kundenorientierung. Darum legen wir grössten Wert auf eine gute Partnerschaft mit unseren Mietern.» PSP Swiss Property – die Nummer 1 für erstklassige Geschäftsflächen in der Schweiz. MURAT SAYDAM, IMMOBILIENBEWIRTSCHAFTUNG ZÜRICH PSP Swiss Property AG, Kolinplatz 2, CH-6300 Zug, Tel. 041 728 04 04, www.psp.info SIX Swiss Exchange: Symbol PSPN, Valor 1829415 NZZ am Sonntag § 5. September 2010 Immobilien 23 Architektur, Bauen und Wohnen sind unerschöpfliche Themen. Neue Bücher zeigen meisterhafte Variationen zu alten Fragen. Von Irmgard Matthes STEFAN THURMANN / AUS DEM BUCH «HÄUSER MIT ZUKUNFT», DEUTSCHE VERLAGS-ANSTALT, MÜNCHEN Quellen der Inspiration Ein dynamisches Hauskonzept kann auf veränderte Lebensumstände der Bewohner reagieren. Vorausschauend Wer an die Zukunft einer Sache glaubt, legt sich problemlos fest – wer sie genau bedenkt, wird dabei gerne auch Eventualitäten berücksichtigen. Auf diese Art von Planung geht der vom deutschen Architektenteam 3 L herausgegebene Band «Häuser mit Zukunft» ein. Er stellt 25 Bauprojekte aus dem deutschsprachigen Raum mit «variablen Grundrissen für flexible Wohnformen» vor. Sie alle tragen der Notwendigkeit baulicher Veränderungen aus privaten oder beruflichen Gründen Rechnung. Gezeigt werden Neu-, Um- und Anbauten bei Häusern verschiedenster Grössenordnung, wobei durch die Wahl der Konstruktion, der Materialien und des Ortes eine Anpassung an veränderte Bedürfnisse möglich wird. Die jeweils 6-seitigen Porträts enthalten neben einem illustrierten Kurzbeschrieb des variablen Gebäudemodells ein Interview mit Architekten und/ oder Bewohnern sowie eingängige Skizzen aller Nutzungsvarianten. ..................................... Veronika Lenze, Klaus Th. Luig, Kristin Köhler: Häuser mit Zukunft. DVA, München 2009. 160 S., 205 Farbabb., Fr. 84.90. Wipfelwohnungen Aus einem Baumhaus spähen wie von einem Jäger-Hochsitz, das Essen über eine Seilwinde hochziehen – die Verwirklichung solcher Kindheitsträume stellt die Manufaktur La Cabane Perchée in ihrem Band «Traumhafte Baumhäuser» vor. Seit Jahren fertigt sie in mehreren europäischen Ländern solche Refugien in Handarbeit: Die Gestalt der Bäume (Eichen, Pinien, Kiefern u. a.) gibt die Konstruktion vor, Stamm und Haupt-Äste werden ohne Verletzungen umhüllt. Treppen führen auf verschlungenen Wegen in luftige Höhen, meist vorbei an separat placierten Balkonen, zum Herzstück, einem behaglichen Wohnraum. Die hervorragenden Farbfotos vermitteln Romantik pur, die kommentierten Aquarellskizzen verdeutlichen die planerischen Details der aussergewöhnlichen Wipfelnester. Eine Liste mit Adressen aus Italien und Frankreich für «Übernachtungen in den Bäumen» rückt die Träume in erreichbare Nähe. ....................................... Alain Laurens, Daniel Dufour, Ghislain André: Traumhafte Baumhäuser. AT-Verlag, Baden 2009. 224 S., 120 Farbfotos und Aquarelle, Fr. 68.–. Genuss mit Stil Essen kann mehr sein als Nahrungsaufnahme, aus Essplätzen können einladende Orte gepflegten Zusammenseins geschaffen werden, und oft sind sie heute auch Spiel-, Bastel-, Schreib- oder Leseplatz. Wie aber all diese Funktionen auf einen Nenner bringen? Die Lifestyle-Redaktorin Kirsten Johanson zeigt im Band «40 Essplätze für drinnen und draussen» ausgesuchte Beispiele, die bei aller Verschiedenheit eines gemeinsam haben: die bewusste Auswahl von Möbelstücken, Beleuchtung und Accessoires, welche dem Essplatz funktionell entsprechen, ihm aber auch einen eigenen Akzent verleihen. Einrichtungs-Erprobte werden hier Produktinformationen und detaillierte Hersteller- und Händlerlisten schätzen; Neulinge finden in den stimmungsvollen Fotos Inspirationen zum Gestalten. ...................................... Kirsten Johanson: 40 Essplätze für drinnen und draussen. DVA, München 2010. 208 S., 260 Farbabb., Fr. 66.90. .................................................................................. Praktikabilität und stilvolle Beschränkung sind aktuelle Leitpunkte beim Planen, Bauen und Einrichten. .................................................................................. Umweltbewusst sparen Regenwasser ist kostbar – es kann zum Bewässern, Versickern oder Reinigen genutzt werden, und dabei werden Abwassergebühren und Trinkwasser gespart. Der Landschaftsarchitekt Walter Kolb weist in seinem Band «Wasser sparen im Garten» auf die ökologische Bedeutung der Regenwassernutzung hin und zeigt Schritt für Schritt deren Umsetzung an Projekten in vorhandenen Gärten oder bei Neuanlagen. Im Detail geht Kolb ein auf Regenwassernutzungs-Anlagen zur Erzeugung von Brauchwasser, auf Versickerungseinrichtungen zur Neubildung von Grundwasser, auf die Entsiegelung von Flächen durch wasserdurchlässige Beläge und nicht zuletzt auch auf trockenresistente Pflanzungen. Der Autor wendet sich an Fachleute und handwerklich interessierte Laien, doch auch für Bauherrschaften lohnt sich die umfassende Einführung in das aktuelle Thema. Der ausführliche Service-Teil nennt Markt-Angebote, Liefernachweise (auch für die Schweiz) und enthält variantenreiche Listen mit Pflanzen für Trockenstandorte. ....................................... Walter Kolb: Wasser sparen im Garten. Regenwasser optimal nutzen – Kosten senken. Ulmer-Verlag, Stuttgart 2010. 168 S., Fr. 44.90. Wohnkisten mit Pfiff «Winzig kleine Häuser voll grosser Ideen» präsentiert die New Yorker Design-Fachfrau Mimi Zeiger mit 36 Modellen aus aller Welt. Das ist wörtlich zu nehmen, geht es doch bei diesen rund 10 bis 100 Quadratmeter kleinen Gehäusen um die Reduktion von Raum, Materialien, Kosten und immer auch um Beschränkung der Ansprüche. Den Ideenreichtum der vorgestellten Architekten hat dies durchaus beflügelt, so dass unter dem Stichwort «neue Bescheidenheit» praktische, wohnliche, unkonventionelle Bauten entstanden sind. Kurze Texte erläutern den baulichen Kontext der Winzlinge, die in bestehende Häuserzeilen eingefügt oder in ländliche Abgeschiedenheit gesetzt wurden. Der Schwerpunkt des Bandes liegt auf Fotos und Skizzen, welche in etwas grösserem Format noch aussagekräftiger wären. .......................... Mimi Zeiger: Winzig kleine Häuser voll grosser Ideen. DVA, München 2010. 240 S., 208 Farbabb., Fr. 49.90. Einfach dauerhaft Die Vorzüge von Beton als Werkstoff sind für die Architektin Malena Skote evident: Er ist preisgünstig, robust, frostsicher, rau und schlicht grau. Und das Beste daran: Man kann ihn aus Zement und Sand selbst anrühren und in Form giessen und dabei auch seine Farbe und Feinheit im Hinblick auf den Verwendungszweck verändern. In ihrem Band «Schönes aus Beton» stellt die erfahrene Praktikerin Gegenstände für Haus und Garten vor, von der Vogeltränke über Schalen, Töpfe, Teller, Trittsteine und Dekoratives bis zu grösseren Objekten wie Bänken, Spüle und Komposter. Sie gibt genaue Anleitungen, weist auf knifflige Arbeitsschritte hin und erläutert Farb- und Materialvarianten. Dass solches Werken so leicht geht wie Kuchenbacken, nimmt man ihr gerne ab. .................................. Malena Skote: Schönes aus Beton für den Garten – selbst gemacht. BLV, München 2010. 160 S., 135 Farbfotos, Fr. 28.50.