Aus alter Bausubstanz Neues schaffen ist das Ziel bei Renovationen

Werbung
NZZ am Sonntag
Spezial
Immobilien
Aus eins mach vier
In einem Bauernhaus
entsteht zeitgemässer
Wohnraum. Seite 5
Leben auf der Baustelle
Während der Sanierung
im Haus zu bleiben, geht
an die Nerven. Seite 8
5. September 2010
Farbenspiel an Fassaden
Mit Mut zu frischen
Farben werden Häuser
in Szene gesetzt. Seite 17
REBECCA ROTH
Lohnende Eingriffe
Aus alter Bausubstanz Neues schaffen ist das Ziel bei Renovationen, Umbauten und
Sanierungen. Bestehendes zu erneuern, ist nicht nur nötig, sondern auch eine wertvolle Investition
NZZ am Sonntag
§
5. September 2010
Immobilien
3
REBECCA ROTH
Sorgfältige Isolation des Daches bei einer von Rüegg Architekten, Zürich, geplanten Aufstockung und Sanierung eines Doppeleinfamilienhauses in Gockhausen (ZH).
Investition für die Zukunft
Die Erneuerung des Gebäudeparks Schweiz ist eine Herkulesaufgabe. Die öffentliche
Hand hilft dabei den privaten Hauseigentümern. Die Programme sind heiss begehrt. Von Paul Knüsel
M
it insgesamt 200
Mio. Fr. hat die
Stiftung Klimarappen von 2006
bis 2009 die Sanierung
bestehender Gebäude
unterstützt. 9000 Hauseigentümern
wurde mit dem Geld geholfen, Energie
zu sparen. Seit diesem Jahr haben Bund
und Kantone das Ruder in der Hand.
Gemeinsam fördern sie energetische
Gebäudesanierungen mit zunächst
rund 133 Mio. Fr. pro Jahr.
Die staatliche Förderaktion wird aus
der CO2-Brennstoff-Abgabe und kantonalen Mitteln finanziert. Interessenten
für das aufgestockte Fördergeld hat es
auf jeden Fall genug: Bereits sind
14 000 Gesuche in den kantonalen Bearbeitungszentren eingegangen. Zwar
ist die Bearbeitung der Gesuche föderalistisch geregelt; die Kriterien sind
aber für alle Kantone gleich.
Der Auftakt sei «erfreulich», so der
zufriedene Kommentar von Andreas
Meyer von der Programmzentrale
«Das Gebäudeprogramm» zur ersten
Semesterbilanz. Ein Ende der Fördermassnahmen ist erst für das Jahr 2020
in Sicht. Bis dann sollen – die Entschädigungen für klimafreundliche Heizsysteme einbezogen – insgesamt gegen
3 Mrd. Fr. für weniger Treibhausgase
zur Verfügung gestellt werden.
Ob die bisherigen Anstrengungen
genügen, ist aber ungewiss. Denn die
Stiftung Klimarappen und das momentane Gebäudeprogramm haben zusammengerechnet erst 3% aller Besitzer sanierungsbedürftiger Ein- und Mehrfamilienhäuser in der Schweiz erreicht.
Immerhin: Die Einstiegshürden sind
bedeutend gesunken. Wer einen Förder-Antrag stellen will, kann sich daher auf das Nötigste beschränken.
War die Klimarappen-Stiftung wählerisch und hat nur fossil beheizte Gebäude unterstützt, sind Hausbesitzer
beim staatlichen Sanierungsprogramm
frei: Gefördert werden auch minimale
bauliche Eingriffe, etwa der Austausch
alter Fenster oder das Dämmen an Fassade, Dach und am Gebäudesockel.
Dreifachverglasung ist Standard
Diese Massnahmen werden im Kombipack oder auch einzeln akzeptiert.
Bisher wurden Sanierungsprojekte mit
einer durchschnittlichen Investitionssumme von rund 100 000 Fr. eingereicht. Der abgegoltene Anteil kann im
Einzelfall bis zu 20% der hausbezogenen Ausgaben betragen. Das Fördermodell hat aber nicht nur mehr Hausbesitzer angelockt, sondern auch Industrie und Handel in Bewegung ver-
setzt. Auf dem Bauteile-Markt ist ein
Trend zu hochwertigeren und energieeffizienteren Produkten deutlich erkennbar. So ist seit diesem Frühjahr die
Nachfrage nach dreifach verglasten
Wärmeschutzfenstern sprunghaft gestiegen. Laut Informationen der Hersteller haben die Bestellungen diejenigen für Fenster mit Zweifachverglasung sogar überholt.
Den Weg zum allgemeinen Standard
dürften auch die sinkenden Preise begünstigen. Die Kosten für ein Fenster
mit Dreifachverglasung sind zuletzt
um einen Drittel gesunken, und sie
sind inzwischen derart tief, dass der
Aufpreis mit dem Förderbeitrag aus
..................................................................................
In der Pflicht sind
trotz aller staatlichen
Förderung zunächst
einmal die privaten
Eigentümer.
..................................................................................
Viel Platz an der Sonne
Gelder für Energiemassnahmen
Aktive Gemeinden
Beiträge der öffentlichen Hand aus dem Förderprogramm Gebäudesanierungen
Was es wo gibt
Geförderte Massnahmen
Empfohlene Anforderungen
Förderbeiträge
Neue Fenster
Fenster mit Dreifachverglasung
_ 0,70 W/m²K)
(U-Wert Glas <
70 Fr. /m²
Aussendämmung
Dach, Fassade, Boden, Erdreich
Min. Dämmschicht ca. 16 cm
_ 0,20 W/m²K)
(U-Wert <
40 Fr. /m²
Dämmung gegen unbeheizte
Räume; Wand, Decke, Boden
(auch Sockel)
Min. Dämmschicht ca. 14 cm
_ 0,25 W/m²K)
(U-Wert <
15 Fr. /m²
Gesamtsanierung
bzw. nach Standard Minergie/
Minergie-P
Kantonal unterschiedlich geregelt
Erneuerbare Energieträger/
Energieeffiziente Haustechnik
(Lüftung, Beleuchtung)
Kantonal unterschiedlich geregelt
Ausbau, Anbau, Aufstockung
bestehender Gebäude
–
Neubauten
Baujahr nach 2000
Kantonal unterschiedlich geregelt
(Minergie, Minergie-P)
Quelle: Das Gebäudeprogramm
keine Beiträge
dem staatlichen Gebäudeprogramm
vollumfänglich abgegolten wird.
Wenig konsistent ist dagegen die
finanzielle Unterstützung für erneuerbare Energieträger geregelt. Nicht alle
Kantone fördern dieselbe Palette an
CO2-armen Heizsystemen. Und auch
um den Ersatz einer fossilen Heizung
oder von Elektroheizungen anzutreiben, wurde bisher kein gemeinsamer
Nenner gefunden: In den Kantonen
Basel-Landschaft, Aargau, Zürich oder
Solothurn wird ein Umstieg auf Wärmepumpen favorisiert, während etwa
Schwyz und Bern auf Holzheizungen
setzen.
Spendabel sind nicht nur Bund und
Kantone. Auch Gemeinden und lokale
Energieversorger haben die Dringlichkeit von energetischen Gebäudesanierungen erkannt. Die im Verein «Energiestadt» zusammengeschlossenen Städte
und Gemeinden verfügen über eigene
Förderprogramme und haben das dafür
nötige Geld organisiert. Das Spektrum
der kommunal geförderten Massnahmen reicht von der energieeffizienten
Heizungspumpe über mechanische
Wohnungslüftungen bis zur MinergieBeleuchtung. Bisweilen werden die kantonalen Zuschüsse ergänzt.
Tatsächlich aber wird der Förderdschungel an den meisten Orten dichter.
Bei allem guten Willen der öffentlichen
Hand: Wo, was und mit wie viel Geld
unterstützt wird, ist schwierig herauszufinden. Und wer sich einen Überblick
über die immer zahlreicheren Förderstellen verschaffen will, kommt ohne die
Hilfe von Fachleuten oder Energieberatern kaum mehr aus. Paul Knüsel
Eine Ausnahme stellt einzig die Förderung von Sonnenkollektoren dar. Alle
Kantone geben dafür Geld aus, wenn
auch nicht überall gleich viel. Auch die
Bewilligungspraxis ist noch nicht harmonisiert: Im Kanton Schwyz werden
neue Solaranlagen nur auf bestehenden Häusern subventioniert; den Zürchern, Aargauern oder Baslern sind sie
auch auf Neubauten willkommen.
Markante Unterschiede sind zudem
bei der Beitragshöhe auszumachen:
Kleine Solaranlagen mit bis zu 8 m2 Gesamtfläche, die für die Warmwassererzeugung eines Einfamilienhauses genügen, werden mit Beträgen zwischen
1500 bis 2000 Fr. abgegolten. Bei grösseren Flächen variieren die Förderbeiträge zwischen 110 Fr./m2 (Aargau) und
200 Fr./m2 (Bern, Zürich oder Thurgau). Der Blick ins benachbarte Ausland zeigt dazu einen interessanten
Vergleich. Die Gemeinden im Fürstentum Liechtenstein entschädigen die Installation von Sonnenkollektoren sogar
mit 350 Fr./m2. In der Pflicht für die Investitionen zugunsten der Zukunft
sind trotz aller staatlichen Förderung
zunächst die privaten Eigentümer.
..................................................................................
www.DasGebaeudeprogramm.ch;
www.e-kantone.ch; www.energiefranken.ch
§
5. September 2010
Immobilien
Aus eins
mach vier
5
FOTOS: DRANSFELD ARCHITEKTEN
NZZ am Sonntag
Wie in einem alten Bauernhaus im
thurgauischen Weerswilen
ansprechender und bezahlbarer
Wohnraum für vier Parteien entsteht.
Von Christine Sidler
E
ine der häufigsten und
wichtigsten Bauaufgaben im ländlichen Raum
ist wohl die Umnutzung
von leerstehenden alten
Bauernhäusern. «Das ist
nicht nur in der Schweiz,
sondern in ganz Mitteleuropa ein
wichtiges Thema», so Architekt Peter
Dransfeld. Er hat bereits mehrere solche Umbauprojekte realisiert, so auch
im thurgauischen Weerswilen.
Der Beweggrund für den Umbau
war weder reine Liebhaberei noch die
Realisierung eines Traumdomizils mit
Hilfe eines umfangreichen Budgets.
Die Bauherrschaft wollte, dass der zusätzlich entstehende Wohnraum am
Markt besteht und gut vermietbar ist.
«Der wirtschaftliche Aspekt war sicher die grösste Herausforderung an
diesem Projekt», erklärt Dransfeld.
Wie die Vorfahren
Zu Beginn der Planung wurde auch ein
Ersatzneubau in Erwägung gezogen.
Als sich jedoch zeigte, dass sich auch
mit dem Erhalten der alten, schützenswerten Substanz eine gute Lösung
erzielen liesse, war das für die Bauherrschaft eindeutig die erste Wahl.
Denn die Bio-Bauern wollen trotz der
Typische Details des ehemaligen Landwirtschaftsbetriebs blieben erhalten: Futtertröge an der Wand.
Schaffung von neuem Wohnraum den
bäuerlichen Charakter des Anwesens
erhalten. Auf Anregung des Denkmalpflegers wurden die Scheunen- und
Stallbereiche sowie das angebaute
Wohnhaus seitlich um vier Meter erweitert. Das steht ganz in der Tradition
der Region. Über die Jahrhunderte
wurden so die Gebäude bei Platzbedarf
vergrössert. «Wir wollten das mit
derselben Selbstverständlichkeit machen wie unsere Vorfahren», sagt der
Architekt.
Entstanden sind vier unabhängige,
dreigeschossige Einheiten von je rund
130 m2 Wohnfläche unter einem Dach,
ohne dass dabei die Typologie des bäuerlichen Einhauses zerstört wurde. Die
Raumaufteilung ist sehr unterschiedlich: «Grosse Flächen wechseln sich
mit kleinen ab, was zu eigenständigen
Grundrissen führt», sagt der Architekt.
Jede Wohnung besitzt einen separaten, ebenerdigen Eingang, einen Gartenteil und einen grosszügigen Ausblick nach Süden. Neue Fenster an der
Nordfassade bringen zusätzlich Tageslicht ins Innere. Die schmalen Fensterbänder sind als Kasten ausgestaltet,
ohne dabei den ursprünglichen Charakter der alten Holzfassade zu stören.
Viele alte Details wie beispielsweise
Umbau/Neubau
Bauernhaus Weerswilen
Standort: Weerswilen (TG)
Umbau: 2007–2008
Anzahl Wohnungen: 4
Wohnfläche: je 130 m2
Bauherrschaft: Lis und Christoph
Surbeck
Architektur: Dransfeld Architekten,
Ermatingen (TG)
Bilder und Pläne: Dransfeld Architekten
Die exponierte Westseite des Gebäudes.
Fensterband mit Ständerwerk.
die Futtertröge oder das alte Ständerwerk blieben erhalten. Sie kontrastieren mit den modernen Gestaltungselementen, so etwa den beweglichen, filigranen Holzlamellen, die an der Südfassade die grossen Glasflächen verschatten und das Gebäude im Sommer
vor Überhitzung schützen. Gleichzei-
tig schaffen sie den Bezug zum Ortsbild. Geheizt wird – ganz traditionell –
ausschliesslich mit Holz. Ein zentraler
Stückholzkessel trägt die Grundlast.
oder der Holzherd zum Einsatz. Dank
ausgezeichneter Dämmung und der
passiven Solarnutzung muss das Haus
an sonnigen Wintertagen kaum geheizt
werden. Für das Warmwasser sorgen
40 m2 Sonnenkollektoren auf dem
Dach. Geachtet wurde auch auf die
Verwendung von schadstoffarmen
Baustoffen wie eine Zellulosedämmung oder unbehandeltes Holz. Auf
Spanplatten wurde ganz verzichtet.
Das Ergebnis dieses Umbaus ist ein
zeitgemässes, funktionales und wirtschaftliches Mehrfamilienhaus, das
den heutigen Komfortansprüchen
mehr als genügt – in räumlicher wie
auch in energetischer Hinsicht.
Schadstoffarme Baustoffe
An sehr kalten Tagen oder in der Übergangszeit kommen ein Schwedenofen
In sanftes Schwarz gehüllt
Das Haus fällt auf: Eine dunkle, matt
bis glänzend schimmernde Hülle aus
Holz umgibt das eingeschossige Gebäude mit Giebeldach und eigenwillig
abgewinkeltem Grundriss mit zwei
Seitenflügeln. Bei dem 1953 erbauten
Haus stand für die neuen Besitzer auch
ein Abbruch und ein kompakter zweigeschossiger Neubau zur Diskussion.
Doch sehr bald zeigten sich die Qualitäten des Objekts: «Die Seitenflügel
fassen den Garten und schützen ihn gegen die Strasse. Die niedrige Gebäudehöhe ergibt zusammen mit dem Aussenraum ein in sich stimmiges Ganzes», wie Architekt Beat Egli die Ausgangslage erklärt.
«Mit einem Neubau hätte man aufgrund der heutigen Bauordnung nicht
mehr die gleiche räumliche Intimität
im Aussenraum erzeugen können.»
Die Familie mit drei kleinen Kindern
entschied sich deshalb für den Erhalt
der bestehenden Volumetrie.
Die zusätzlich notwendige Fläche
wurde über den Ausbau des Estrichs
gewonnen. In jedem der beiden Flügel
entstand ein grosser Raum. Drei neue
Lukarnen sorgen unter dem Dach für
genügend Tageslicht. Gegenwärtig
schlafen im einen Zimmer die Eltern,
das andere ist das Kinderzimmer.
«Denkbar ist auch, dieses zu einem
späteren Zeitpunkt als Wohnraum zu
nutzen oder in zwei Zimmer zu unterteilen», so Beat Egli. Gleichzeitig ge-
RUEDI WALTI
Ein Wohnhaus aus den 1950er Jahren bekommt ein zeitgemässes Kleid
Umbau Einfamilienhaus
Riehen (BS)
Umbau: 2007/08
Anzahl Zimmer: 6
Wohnfläche: 285 m2
Architektur: Beat Egli, Basel
Erfüllt den Minergie-Standard (erste
zertifizierte Modernisierung eines Einfamilienhauses im Kanton Basel-Stadt)
Platz gefunden
lang es, die räumliche Enge im Erdgeschoss aufzubrechen: Durch die Öffnung des Treppenhauses entstand ein
grosszügiger Eingangsbereich mit geschwungener Treppe. Ess- und Wohnzimmer sowie die Küche wurden zu einem einzigen grossen Raum. «Bis auf
ein als Büro genutzter Eckraum umfassen jetzt alle Zimmer 15 oder mehr
Quadratmeter», sagt der Architekt.
Wandelbar über die Zeit
Ausschlaggebend für den MinergieStandard, den das Gebäude heute
erfüllt, waren die Komfortansprüche
und die Senkung des Heizenergiebedarfs – neben der räumlichen Öffnung
im Innern ein zweites Ziel des Umbaus. «Erreicht haben wir dies mit
einer konsequenten Umhüllung des
Gebäudes», so Beat Egli. Ein Aufbau
von 24 Zentimetern umgibt das bestehende Mauerwerk. Gedämmt wurde
mit Steinwolle und Holzdämmstoffen.
Die abgerundeten Ecken bei den seitlichen Fensterleibungen und den Gebäudekanten betonen das Hüllenhafte
der Holzverkleidung und lassen die
neue Schicht weniger dick erscheinen,
als sie tatsächlich ist. Eine unscheinbare, aber effektvolle Massnahme, die
auch den Blick von innen nach aussen
weniger einschränkt.
Dezente Eleganz: Erneuerte Hülle mit matt schimmernder Holzfassade.
Auch für den Einbau der Lüftungsanlage war Einfallsreichtum gefragt. Wie
so oft in älteren Häusern war dafür im
Deckenbereich kein Platz, und auch die
damit verbundene Schallproblematik
war ein Thema: Lösung bot der ungenutzte Kniestock im Dachbereich, wo
die Rohre schliesslich zu liegen kamen.
Mit der Dämmung der Aussenhülle,
einer Wärmepumpe mit Erdsonden für
die Heizung und der durch die Heizung unterstützten solaren Warmwasseraufbereitung sank der Verbrauch
der jetzigen Bewohner trotz einer um
einen Viertel grösseren Wohnfläche
unter ein Drittel des früheren Energieaufwands. Dass das Haus in Riehen in
jeder Hinsicht zukunftsfähig ist, zeigt
der jetzt geplante Eingriff: Mit dem
Einbau weiterer Lukarnen und der vorübergehenden Unterteilung des Zimmers werden für die Kinder die nun
notwendigen individuellen Bereiche
geschaffen. Jutta Glanzmann Gut
NZZ am Sonntag
§
5. September 2010
Immobilien
7
Sonne als Energiespender
Seit 20 Jahren wird der Schweizer Solarpreis verliehen. In diesem Jahr steht er im Zeichen der
Plus-Energie-Häuser. Sie erzeugen mehr Energie, als sie im Durchschnitt verbrauchen. Für Stararchitekt
Norman Foster vereint die Solararchitektur Nutzen und Ästhetik. Von Stefan Hartmann
ren» verliehen wurde. Insgesamt bewertete die Jury 93 Solarprojekte. 11
davon sind sogenannte Plus-EnergieBauten, die 2008/09 realisiert und jetzt
prämiert wurden. Solche Häuser erzeugen aus erneuerbaren Quellen mehr
Energie, vorab Solarstrom, als sie im
Jahresdurchschnitt für die gesamte
Eigen-Energieversorgung verbrauchen.
Diese Kategorie hat in den letzten 15
Jahren eine erstaunliche Entwicklung
durchlaufen: Galt Mitte der 1990er Jahre der Bau von Sonnenkollektoren
noch als eine Pionierleistung, so gelten
heute Gebäude als Vorbilder, die im
Betrieb wenig oder gar keine Fremdenergie mehr benötigen. Das PlusEnergie-Haus ist auf dem Weg zur
Norman Foster
Nachhaltiges Bauen
und hohe ästhetische
Ansprüche sind
keine Gegensätze,
sagt der britische
Stararchitekt.
2000-Watt-Gesellschaft. «Es ist einfach
und rasch machbar, ohne gesellschaftlichen oder technologischen Wandel»,
sagt der Aargauer Solararchitekt Reto
Miloni. Mit einer Kombination aus
neuen Fenstern und Gebäudeisolation
sowie intelligenter Haustechnik könnten viele der Altbauten in der Schweiz
zu Plus-Energie-Bauten werden.
FOTOS: SOLAR-AGENTUR SCHWEIZ
Solararchitektur ist bei vielen Architekten immer noch ein Stiefkind. Dabei, so sagte Norman Foster am Freitag
in Zürich, gehöre die Zukunft der ökologischen Architektur; Ästhetik und
Nachhaltigkeit seien keine Gegensätze.
Foster gehört der Jury des 20. Solarpreises an, der in diesem Jahr im Rahmen der Messe «Bauen & Modernisie-
Ansehnlicher Überschuss: Die Photovoltaik-Zellen produzieren fast doppelt so viel Strom, wie die Bewohner des Hauses benötigen.
Saubere Massarbeit auf dem Dach.
Ein ganz neues, altes Arbeiterhaus
Christoph und Nuala Ospelt sanierten
ein altes, 57-jähriges Arbeiterhaus
gründlich und bauten es um zu einem
Plus-Energie-Haus. Heute erzielt es einen Eigenversorgungsgrad von 182%.
Für diesen Einsatz erhält das Paar den
Schweizer Solarpreis 2010 sowie dazu
den Spezialpreis für Plus-EnergieBauten. Für Norman Foster zeigt gerade dieses Beispiel, wie einfach es ist,
«gewöhnliche Bauten mittels der Sanierung der Gebäudehülle und einer
Photovoltaik-Anlage mustergültig zu
sanieren». Dank der Wärmeisolierung
(mit einer 27 cm dicken Dämmung der
Gebäudehülle und 3-fach verglasten
Fenstern) wird der bisherige Gesamtenergiebedarf (Warmwasser, Heizung
und Strom) um 86% reduziert.
Beide Dachflächen sind mit Photovoltaik-Anlagen (PV) bestückt. Die Solaranlage sei in «jeder Hinsicht vorbildlich integriert», heisst es in der
Laudatio. Die Nutzung des Daches auf
der Ost- und Westseite garantiert einen Eigenversorgungsgrad von 182%.
Das Haus produziere damit fast doppelt so viel Energie, wie seine Bewohner in einem Jahr benötigen. Der
Stromüberschuss wird an das öffentliche Stromnetz verkauft. Im Vergleich
zu ähnlichen Wohnbauten wird der
CO2-Ausstoss um jährlich 18 Tonnen
gesenkt.
Das alte Wohnhaus hatte vor der
Sanierung eine Energiebezugsfläche
Haus Ospelt
Vaduz (FL)
von 139 m2. Neu verfügt das Gebäude
mit 220 m2 über eine beinahe 60%
grössere Fläche. Möglich wurde dies,
weil nach der Sanierung der Tankraum
für die Ölspeicherung überflüssig geworden ist. Im so gewonnenen Raum
wurde ein Büro eingebaut, und die Garage wurde zu einer grosszügigen Garderobe umfunktioniert. Dazu kann
auch der Hauswirtschaftsraum genutzt
werden, da er nun innerhalb des
Dämmperimeters liegt.
Bauherr: Christoph und Nuala Ospelt,
Vaduz
Baujahr: 1953, erneuert 2009
Planer: Lenum AG, Vaduz
Gesamtenergiebedarf vor Sanierung:
50 200 kWh/a
Energiebedarf nach der Sanierung:
7000 kWh/a
Energiebezugsfläche: 220 m2
Solarstromanlage: 12 700 kWh/a
Solarstromüberschuss: 5700 kWh/a
Gallus Cadonau
«Plus-EnergieHäuser stärker
fördern»
Was lehren uns Plus-Energie-Bauten?
Häuser, die bis heute aufgrund unzähliger Studien als völlig ungeeignet
galten für Solarnutzung, namentlich
die Ost- und Westausrichtung von
Dachflächen, erweisen sich nach den
neusten Erfahrungen als optimal geeignet für Plus-Energie-Bauten.
Solarenergie-Förderer
Solarstrom vom Dach, Warmwasser aus dem Vorgarten.
Nachhaltig saniert: Das 77 Jahre als Haus «Berghalde» in neuer Eleganz.
Gute Substanz noch besser machen
Solarstrom auf der Lukarne
Der Zentralschweizer Solarpionier Otmar Spescha erstellte schon 1998 eine
der ersten zertifizierten Passivbauten
der Schweiz. Die bestehende, gut gedämmte Gebäudehülle bildete den
Grundstein für eine noch höhere Energieeffizienz. Mit relativ geringem Aufwand realisierte Spescha die Umwandlung des Wohn- und Geschäftshauses
zum Plus-Energie-Bau: Die thermische
Anlage mit 30 m2 Kollektorfläche wurde vom Dach in den Garten verlegt, so
dass auf dem Dach Platz für eine 113 m2
grosse Solarstromanlage geschaffen
wurde. Der Grad der Eigenenergie-Erzeugung beträgt stolze 153%.
Das 1933 errichtete Einfamilienhaus
«Berghalde» in Wil (SG) wurde 2009
zum Minergie-P/Plus-Energie-Bau saniert. Neben der guten Dach-Wärmedämmung erhielt das Gebäude 3-fach
verglaste Fenster; der Energiebedarf
sank um 88%. Für Heizung und Warmwasser inkl. Haushaltsstrom sorgt nun
eine Photovoltaik-Anlage. Sie erzeugt
einen Stromüberschuss von 550 kWh
pro Jahr, der ins öffentliche Netz eingespeist wird. Der Eigenversorgungsgrad
beträgt 109%; die Betriebskosten liegen
40% tiefer als bei einer Sanierung nach
den massgeblichen Mustervorschriften
der Kantone im Energiebereich.
Haus Spescha
Schwyz
Bauherr und Planer: Otmar Spescha,
Schwyz
Baujahr: 1998, erneuert 2009
Gesamtenergiebedarf nach Sanierung:
14 560 kWh
Energiebezugsfläche: 374 m2
Energieerzeugung (15,4 kWp PV auf
dem Dach und 30 m2 Kollektorfläche
im Garten): 22 340 kWh
Bilanz Energieüberschuss (53%):
7780 kWh
Haus Fent
Wil (SG)
Bauherrin: Katharina Fent-Burri
Architektur: Fent Solare Architektur, Wil
Baujahr: 1933, Umbau 2009
Gesamtenergiebedarf vor Sanierung:
48 720 kWh/a
Gesamtenergiebedarf nach Sanierung:
5885 kWh/a
Energiebezugsfläche: 224 m2
Energieerzeugung PV-Anlage:
(5,9 kWp): 6435 kWh/a
Solarstrom-Überschuss: 550 kWh/a
Der Bündner
Gallus Cadonau ist
Geschäftsführer der
der vor 20 Jahren
gegründeten SolarAgentur Schweiz.
Noch vor einem Jahrzehnt galt Minergie als Ei des Kolumbus, und heute stehen wir bereits bei Plus-Energie-Bauten.
Wohin geht die Reise?
Der Gebäudepark in der Schweiz
wird zum grössten Solarkraftwerk im
Land. In welchem Zeitraum das geschehen soll, bestimmt aber die Politik.
Würde diese Bauweise schneller vorankommen, wenn die Förderung nicht so
umständlich und langsam wäre?
Ja, Plus-Energie-Bauten müssen
stärker gefördert werden. Es gibt
ökonomisch und ökologisch im
Energiesektor keine sinnvolleren
Investitionen.
Interview: Stefan Hartmann
Immobilien
Mit Holz
frisch
eingepackt
NZZ am Sonntag § 5. September 2010
KÀMPFEN FÜR ARCHITEKTUR
8
Beinahe jedes dritte Wohnhaus in der
Schweiz wurde zwischen 1946 und 1970
gebaut. Für diesen Gebäudetyp ist ein
angepasstes Sanierungsverfahren gesucht.
Der Zürcher Architekt Beat Kämpfen
ist diesem auf der Spur. Von Paul Knüsel
nungsgrössen und die Architektur: Aus
der «Energieschleuder» mit einem
Heizölverbrauch von 20 Litern pro m2
Wohnfläche ist eines der sparsamsten
Häuser der Schweiz geworden.
Kämpfens Sanierungs-Werk: Komfortabel
erweitert und energetisch verbessert.
vorschrift erstellte Neubauten benötigen mindestens das Doppelte. Doch so
komplett sich das Gesicht gewandelt
hat und so wirkungsvoll der Umbau
war: «Im Grunde genommen galt es,
diesen möglichst einfach zu realisieren», sagt Architekt Kämpfen.
Das Gros der Wohnhäuser, die
schlecht oder gar nicht gedämmt sind
Alles in die Fassade integriert
Dank der neuen Gebäudehülle erfüllt
das über ein halbes Jahrhundert alte
Mehrfamilienhaus sogar die Kriterien
des Labels Minergie-P, was einem
Heizölverbrauch von weniger als 2 Litern pro m2 entspricht. Nach MinimalJUSTIN HESSION
B
estehendes abzureissen
und neu zu bauen, ist
nicht sein Ding. Zwar
wünschte ein älteres
Besitzerpaar, das über
60-jährige
Mehrfamilienhaus in Zürich Oerlikon durch eine moderne Immobilie
zu ersetzen. «Die bestehende Substanz
und die Architektur waren gut genug,
um erhalten zu werden», hielt Beat
Kämpfen dagegen. Sein Vorschlag war,
das dreistöckige Wohnhaus mit Baujahr 1946 auszubauen und die bestehende Gebäudehülle komplett neu einzupacken. Offeriert wurde die Alternative zum Ersatzneubau gar mit einem
günstigeren Preis sowie mit einem wesentlich tieferen Energieverbrauch.
Kämpfens Plan wird nun realisiert.
Nicht zuletzt darum, weil der Architekt bereits ein vergleichbares Erneuerungsprojekt vorweisen kann. In Zürich Höngg hat er ein typisches Objekt
aus den 1950er Jahren mit Giebeldach,
länglicher Form und weissem Wandverputz zu einem zeitgemässen und
neuerdings in Holz eingekleideten
Wohnhaus umgebaut. Verwandelt haben sich dabei aber nicht nur die Woh-
Architekt Beat Kämpfen.
verfahren mit Hilfe von vorfabrizierten
und grossformatigen Holzelementen
entwickelt, mit denen ein Haus von
oben bis unten neu eingepackt werden
kann. Das Besondere daran: Die Fassadenmodule werden gedämmt angeliefert, haben die Fensterrahmen bereits eingebaut und sind zudem mit
sämtlichen Lüftungskanälen versehen.
Danach werden sie aussen an den noch
verputzten Wänden fixfertig montiert.
Der Umbau in Zürich Höngg erfolgte in weniger als einem halben Jahr,
wobei gleichzeitig dazu der Dachstock
einem bewohnbaren Attikageschoss
gewichen ist. Mit dem Umbau und dem
seitlichen Anbau hat sich die Wohnfläche auf allen Etagen um einen Drittel
vergrössert. «So konnte der Gebäudewert massiv erhöht werden, was für die
Finanzierung eine bedeutende Rolle
spielt», sagt Beat Kämpfen. Im Gegenzug erhält die Mieterschaft sechs geräumige 31⁄2- und 41⁄2-Zimmer-Wohnungen und muss für die Heiznebenkosten
fast nichts mehr bezahlen.
Auch das Zürcher Hochbauamt
prüft inzwischen den Einsatz dieses rationellen Verfahrens für die Sanierung
städtischer Wohnsiedlungen. Trotz-
und technisch und beim Wohnkomfort
die Leistungsgrenzen häufig überschritten haben, ist älter als 30 Jahre.
Wie aber können diese vielen Immobilien ökologisch und ökonomisch wieder fit für kommende Generationen gemacht werden, ohne dass der Aufwand
ins Unermessliche schnellt? Beat
Kämpfen hat auch dafür eine Antwort
gesucht und ist in der ETH-Forschungsanstalt Empa fündig geworden.
Im Rahmen eines europäischen Projekts wird ein modulares Erneuerungs-
Sanierung von Altliegenschaften
Zwei Drittel sind geeignet
Die Abteilung Technik und Architektur an
der Hochschule Luzern (HSLU) hat sich
mit dem Sanierungspotenzial des Gebäudeparks Schweiz beschäftigt. Grundsätzlich für das Einpacken mit den grossformatigen integralen Fassadenmodulen
geeignet seien Mehrfamilienhäuser mit
mindestens drei Stockwerken. Gemäss
den Abschätzungen, die im Rahmen
eines Projekts der Internationalen Energie-Agentur durchgeführt worden sind,
kommen zwei Drittel der insgesamt rund
100 000 Wohnhäuser für die rationelle
Erneuerungsmethode in Betracht. Nicht
mitgezählt wurden diejenigen Mehrfamilienhäuser, welche in den letzten 20 Jahren neu oder zusätzlich an der Aussenwand gedämmt worden sind. Paul Knüsel
Wohnen auf der Baustelle
Mitten im aargauischen Tafeljura
duckt sich das 172-Seelen-Dorf Böbikon in ein schmales, von Wiesen und
Wäldern gesäumtes Tal. Das kleine
Dorf nahe Zurzach besteht aus einigen
Dutzend Häusern und Scheunen, einer
Kirche und der Dorfbeiz. Vor mehr als
25 Jahren hat sich hier Familie Baschnagel in der alten Wagnerei niedergelassen. Das Leben im 1868 erbauten
Haus war anfänglich «eine echte Umstellung», so erinnert sich Mutter Ilona
Baschnagel. Die Heizung bestand aus
einem Kachelofen in der Küche, und
die oberen Stockwerke konnten nur
über eine Holztreppe an der Aussenseite des Hauses erreicht werden.
Etappenweise bauten die Baschnagels das Haus innen aus, um es an die
heutigen Wohnansprüche anzupassen.
So ganz zufrieden waren sie mit den
über die Jahre gewachsenen Umbauarbeiten allerdings nicht. Vor zwei Jahren entschieden sie deshalb, das Haus
innen und teilweise auch aussen zu
modernisieren. Die angebaute Werkstatt sollte in den Wohnraum integriert
werden und diesen vergrössern. Zudem wünschten sich die Hausbesitzer
eine einheitliche Innenarchitektur.
MASTERFILE
Bleiben oder vorübergehend ausziehen?
Eine Sanierung schränkt
die Lebensqualität im
Eigenheim stark ein. Wer
trotzdem bleibt, braucht
viel Durchhaltewillen.
Von Raphael Hegglin
Sanierung aktiv miterleben
Die Baschnagels liessen ihr Haus vom
Zürcher Architekturbüro «nijo architekten» umbauen. Betritt man das
Haus heute, fällt als Erstes die gelungene Kombination aus alter Bausubstanz und moderner Innenarchitektur
auf. Die Böden der nun offenen Räume
sind mit indischem Schiefer belegt, neben Weiss sorgen Violett, Pink und
Grau an den Wänden für Atmosphäre.
Eine Fensterfront bildet nun die Südostseite des Hauses, doch überall ist
noch das ursprüngliche Haus zu erkennen. In der zur Stube umgebauten
Werkstatt befindet sich ein zweiter
Holzofen mit Wärmespeicher.
Bis auf die Schlafzimmer und ein Badezimmer liessen die Baschnagels das
gesamte Haus umbauen – und blieben
während der ganzen Bauzeit darin
wohnen. Für Ilona Baschnagel war klar,
dass sie die Verwandlung ihres Heims
aktiv miterleben wollte. «So konnte ich
auf die Arbeiten Einfluss nehmen und,
von den Umbauarbeiten nicht betroffen sind. «Diese Rückzugsorte braucht
man, sonst wird der Umbau zu belastend», das weiss Ilona Baschnagel aus
Erfahrung. Es sei während eines Umbaus kaum möglich, zwischen den
Zimmern zu jonglieren. Denn oft
kommt es zu Bauverzögerungen, wie
bei Baschnagels, wo der Umbau statt
der geplanten zwei Monate sieben dauerte. Zudem müssen Gipser- und Malerarbeiten meist in allen Räumen zur
gleichen Zeit erledigt werden. Dann
wird es für die Bewohnerinnen und die
Bewohner besonders eng.
Unvorhergesehenes akzeptieren
Belastungsprobe: Wenn Handwerker die Wohnung in Beschlag nehmen.
wo immer möglich, mitwirken.» Rückblickend würde sie es zwar wieder tun
– sie ist jedoch froh, nicht im Voraus
gewusst zu haben, wie schwierig das
Wohnen auf einer Baustelle sein kann.
Fragt man nach den Beschwerlichkeiten, nennt Ilona Baschnagel als Erstes den Staub. «Der Baustaub kriecht in
jedes Zimmer, in jede Ritze. Er ver-
schmutzt auch gut abgedeckte Möbel,
selbst zwei Jahre nach dem Umbau finde ich immer noch Staubdepots.» Wer
sein Eigenheim während eines grossen
Umbaus bewohnen möchte, muss mit
Staub, Dreck und Lärm leben können –
über Wochen und Monate.
Wichtig sei deshalb, dass mindestens ein Schlaf- und ein Badezimmer
Nicht zu unterschätzen ist auch der
Eingriff in die eigene Privatsphäre:
Mindestens an den Wochentagen sind
Bauarbeiter zwischen 7 und 17 Uhr am
Werk – bei Bauverzögerungen sogar
noch länger. Ilona Baschnagel holte die
Arbeiter täglich an den Tisch zur gemeinsamen Pause mit Kaffee. «Man
muss den Bauarbeitern Vertrauen entgegenbringen können. Sie machen lassen und trotzdem die Zügel in den
Händen behalten.» Das klinge einfach,
sei es aber meist nicht.
Als Letztes rät Ilona Baschnagel, flexibel zu sein und Unvorhergesehenes
zu akzeptieren. Mit den Unannehmlichkeiten sollte man klarkommen,
sonst sei es besser, während des Umbaus an einem anderen Ort zu wohnen.
NZZ am Sonntag
§
5. September 2010
Immobilien
9
Richtungsweisende Sanierung
eines Abbruchobjekts
Aus einem verlotterten Stadthaus wurde ein modellhaftes Minergie-P-Objekt mit
hochwertigen Mietwohnungen. Dass derartige Investitionen sogar rentabel sein
können, hat die Eigentümerin der Liegenschaft überrascht. Von Moritz Kulawik
dem bleibt die Ummantelung bestehender Häuser technisch anspruchsvoll. «Die Schwierigkeit besteht darin,
die millimetergenau vorfabrizierten
Holzelemente auf krumme und schiefwinklige Hauswände abzustimmen»,
lautet Beat Kämpfens Erfahrung. Zudem müsse viel mehr Wert auf vorhergehende Analysen der Tragstruktur gelegt werden.
Aktive Energiegewinnung
Um beim Folgeprojekt in Oerlikon von
den eigenen Erfahrungen zu profitieren, hat der Architekt deshalb dieselben Fachleute, insbesondere den Baumeister und den Holzbauer, beigezogen. In beiden Fällen wurde in die aktive Gewinnung von Sonnenenergie investiert. In Oerlikon werden zwar nur
Photovoltaik-Panels auf das Dach montiert, während das umgebaute 7-Familien-Haus in Höngg zusätzlich mit Sonnenkollektoren bestückt worden ist.
Das mit den neuartigen Holzmodulen
verpackte Wohnhaus hat seinen Praxistest bestanden, und Architekt
Kämpfen hat aus den Händen von Lord
Norman Foster dafür sogar den
Schweizer Solarpreis 2010 erhalten.
Das Haus Nummer 83 an der vielbefahrenen Güterstrasse im Basler «Gundeli»-Quartier ist nicht wiederzuerkennen. Viel hat sich getan, seit das zuvor baufällige Gebäude hinter einem
Baugerüst und einem grossen Plakat
mit der Aufschrift «Sanierungswettbewerb» verschwand. Dank den hellblauen Einfassungen der Fenster, welche die neue Fassade durchdringen,
fällt es heute sofort auf. Aufgrund des
schlechten baulichen Zustands sah sich
der Eigentümer der Liegenschaft, der
Pensionskassenverbund CoOpera in
Bern, zur Totalsanierung gezwungen.
Der Weg zu diesem Entschluss war
nicht ganz einfach: Ursprünglich sollte
das Wohnhaus in ein anthroposophisch geführtes Biohotel umgewandelt werden. Auch über ein Nutzungskonzept als Heim für schwererziehbare
Jugendliche und Wohnen in der zweiten Lebenshälfte wurde nachgedacht.
Letztlich gab ein von der Stadt Basel
ausgeschriebener Sanierungswettbewerb (siehe Kasten) den Ausschlag,
das Haus für das urbane Wohnen wieder nutzbar zu machen. Das Mehrfamilienhaus wurde dazu nach den Kriterien des Minergie-P-Standards, als
Vorgabe des Wettbewerbs, saniert. Die
Entscheidung zur Teilnahme am Wettbewerb und zugunsten der umfassenden Sanierung fiel im Konsens von
Fachplanern, Architekten und Hauseigentümern.
Wohnfläche dazugewonnen
Wesentlichen Anteil daran hatte das
Baubüro Insitu, das sich mit nachhaltigem Bauen im Bestand im selben Quartier bereits einen Namen gemacht hat.
«Als im November 2006 der erste Basler Sanierungswettbewerb Minergie-P
ausgeschrieben wurde, konnten wir
die Bauherrschaft überzeugen, daran
teilzunehmen», sagt Oliver Seidel von
Insitu. Das Gebäude bot jedenfalls
ideale und beispielhafte Voraussetzungen dafür: Das fünfstöckige Haus an
der Güterstrasse 83 war nicht
gedämmt, und die Einbettung in die
Häuserzeile ergab ein für den Wärmeschutz gutes Verhältnis von Energiebezugsfläche zur Hüllfläche. Die Anforderungen im Wettbewerb wurden offenbar erfüllt: «Wir gewannen und erhielten so einen Investitionszuschuss
für die Umsetzung», sagt Oliver Seidel.
Basel vergibt Preise für
Modell-Sanierungen
Ob die Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft
erreicht werden können, hängt massgeblich vom zukünftigen Gebäudebestand ab. Während es bei Neubauten
relativ einfach ist, den Minergie-P-Standard für energieeffiziente Gebäude
zu erreichen, ist dies bei Sanierungen
schwierig.
Um Innovationen in diesem Bereich
zu fördern, hat das Bau- und Verkehrsdepartement von Basel-Stadt als «Pilotregion der 2000-Watt-Gesellschaft»
im November 2006 erstmals einen
Sanierungswettbewerb veranstaltet.
Gesucht wurden Sanierungen, die in
möglichst vielerlei Hinsicht Vorbild für
nachhaltiges Bauen und den Unterhalt
von Gebäuden sein können. Insgesamt
200 000 Fr. vergab die Jury dabei als
Investitionszuschuss für prämierte Projekte. Im November 2010 startet der
zweite Wettbewerb. Moritz Kulawik
Kaum wieder zu erkennen: Das Stadthaus an der Güterstrasse vorher und nachher.
Stichwort Minergie-P
Die Messlatte
Minergie-P ist ein Gebäudestandard,
der sich an einem sehr niedrigen Energieverbrauch orientiert, das «P» steht
für Passivhaus. Voraussetzungen sind
ein tiefer Heizwärmebedarf, der Einsatz
von erneuerbaren Energien, 3-fach verglaste Fenster, eine Komfortlüftung und
der Einbau von Haushaltsgeräten mit
der Energieeffizienz-Klasse A. (dst.)
Vor dem Umbau beherbergte das Gebäude ausschliesslich 2-Zimmer-Wohnungen. Kombiniert mit der energetischen Sanierung galt es deshalb, einen
attraktiven Wohnungsmix anzubieten
und die bisherige Struktur zugunsten
eines breiteren Miet- und Nutzungsangebots zu durchbrechen. Im nach oben
aufgestockten Zeilenhaus wird heute
nicht nur gewohnt, sondern auch im
Gemeinschaftsbüro gearbeitet und in
Wohngemeinschaften gelebt.
Die Erweiterung des Wohnraumes
ist der grosse Pluspunkt bei diesem Sanierungsprojekt. Die neue Wohnfläche
steht auf allen Geschossen zur Verfügung. Anstelle des Dachs wurde eine
grosse Maisonnette eingerichtet. Und
gegen den Innenhof laden jetzt vergrösserte dreieckige Balkone zum Verweilen ein. Entstanden sind urbane
Wohnungen mit zeitgemässem Grundriss und Innenausbau, die den Charme
einer Altbauwohnung bewahrt haben.
Bewohner und Eigentümer profitieren von der Aufwertung des Wohnkomforts an diesem lärmbelasteten
Standort enorm. Und die Energieeffizienz des Gebäudes wird durch bessere Wärmedämmung, dreifach ver-
glaste Fenster und eine Komfortlüftung, welche bis zu 90% der Wärme
zurückgewinnt, deutlich gesteigert.
Geheizt wird das Gebäude mit Fernwärme. Auch der Wasserhaushalt wurde verbessert. Ein nicht mehr benötigter Öltank speichert neu Regenwasser
für WC-Spülung, Waschmaschinen
und Gartenbewässerung.
6 Prozent Rendite
Die Pensionskasse als Eigentümerin
sieht sich aber nicht nur der Ökologie
verpflichtet, sondern erwartet in erster
Linie einen Rücklauf der investierten
Gelder. Insgesamt wurden dafür 3,3
Mio. Fr. an Vorsorgegeldern angelegt.
Auch dies ist genau kalkuliert: Dank
dem gesteigerten Immobilienwert und
den angepassten Mietpreisen werde
eine Rendite von 6% realistisch sein,
gibt Architekt Seidel an.
Eine zusätzliche Kapitalanlage wurde zudem auf das Dach montiert. Mit
der Siegerprämie aus dem SanierungsWettbewerb, immerhin 160 000 Fr.,
konnte eine Photovoltaikanlage finanziert werden. Den verkauften Solarstrom kann die Hauseigentümerin nun
als Rendite verbuchen.
Gemeinsam sicher zum Energieziel.
Sie. Wir. Als Partner.
<wm>10CAsNsjY0MDAx1jUxsDQ1MwEAHCIZbA8AAAA=</wm>
<wm>10CEXKIQ6AMAwF0BOt-e1a6KgcQy0IIJyAoLm_IsEgnnu9hxE-ta1H24IBzUlRbNBwUXKXUC5k4gHPEDAmHlVYIPHnVOe0Awtwgum57herj2HGXAAAAA==</wm>
Alpiq EcoServices entwickelt energieeffiziente Lösungen über den gesamten Lebenszyklus von
Gebäuden. Von der Gebäudetechnik über Energiecontrolling bis hin zum Einsatz erneuerbarer
Energien. Wir verstehen Gebäude.
www.alpiq-ecoservices.ch
NZZ am Sonntag
§
5. September 2010
Immobilien
11
Auf ehemaligen
Industriearealen in
der Agglomeration
entstehen städtische
Subzentren. Der
Unternehmer
Balz Halter erklärt,
warum es
Investitionen in
Infrastruktur und
neue Technologien
braucht
NZZ am Sonntag: Die Agglomeration
ist im Umbau begriffen; vor den Toren
Zürichs wird sehr viel gebaut. Sie erstellen selber mehrere Siedlungen im
Limmattal. Was können Sie den künftigen Bewohnern bieten?
Balz Halter: Wir schaffen primär
ein städtisches Umfeld und bieten
schöne Wohnungen zu einem zahlbaren Preis. Im Vergleich zu den
Stadtzentren können sich die Neuzuzüger das Wohnen in der Agglomeration eher leisten. Auch für Städter
sind diese Standorte interessant, weil
sie grösseren Wohnraum bieten. Solche Standorte können auf den ersten
Blick gewöhnungsbedürftig sein. Aber
die Ausgangslage ist wirklich attraktiv: Das Areal der ehemaligen Färberei
in Schlieren liegt beispielsweise fast
unmittelbar neben dem Bahnhof und
dank S-Bahn nur eine Viertelstunde
von der Zürcher Innenstadt entfernt.
Die Distanzen zu den Naherholungsgebieten sind ebenfalls kurz. Gerade
solche vermeintlichen B-Standorte
sind entwicklungsfähig.
Neue Siedlungen auf ehemaligen Industriearealen schonen die grüne Wiesen.
Sie benötigen aber, ergänzend zum
Wohnungsbau, Investitionen in die
öffentliche Infrastruktur.
Wir entwickeln die Subzentren der
Metropole Zürich mit. Viele der nun
umgenutzten Standorte sind verkehrstechnisch ausgezeichnet erschlossen
und bieten spannende Voraussetzungen für die städtische Verdichtung.
Je nach Grösse der Überbauung versuchen wir, vielseitige Angebote zu
schaffen und das Gebiet zu beleben.
Im Limmatfeld in Dietikon (ZH),
einem neuen Quartier für rund 3000
Bewohner, werden zusätzlich Betreuungsangebote, Schulen, Restaurants
und Einkaufsmöglichkeiten erstellt.
Solche Siedlungen sind auf eine
Grund-Infrastruktur für die Versorgung und im Bereich Unterhaltung
und Freizeit angewiesen. Inzwischen
ist es auch in der Agglomeration ein
Bedürfnis, sich ohne Auto zu bewegen. Identitätsstiftende Orte, an denen
es sich wohnen und leben lässt, werden immer wichtiger.
DOMINIC BÜTTNER / PIXSIL
«Das Potenzial ist erheblich»
Balz Halter
Der Verwaltungsratspräsident der
Zürcher Halter Unternehmungen hat
aus der ehemaligen Baufirma eine breit
diversifizierte Immobiliengruppe geschaffen. Im Kern stehen heute die
Tätigkeiten als Generalunternehmung
und – immer mehr – die Entwicklung
von Investorenprojekten. In Zusammenarbeit mit namhaften Architekturbüros
aus der Schweiz, Deutschland und
Österreich werden derzeit mehrere
grosse Entwicklungsprojekte in den
Agglomerationen Zürich, Bern und Luzern realisiert. Weitere sind in Planung.
Ausserhalb des Immobilienbereichs
engagiert sich Balz Halter an mehreren
ETH-Spin-offs, die innovative energieeffiziente Systeme für die Gebäudetechnik – unter anderem Lüftungsanlagen
und Digital-Strom-Chips – entwickeln
und zur Marktreife bringen. Paul Knüsel
..................................................................................
«Es wird zu viel in teure
Bausubstanz investiert
und viel zu wenig in die
Entwicklung innovativer
Technologien.»
..................................................................................
Wie offen sind die Agglomerationsgemeinden für eine umfassende Arealentwicklung, beziehungsweise wie sehr
sind sie auf die Investoren angewiesen?
Bei grossen Arealen haben wir sehr
viel in den eigenen Händen, um den
Ort zu entwickeln und Qualität zu
schaffen. Trotzdem suchen wir die
enge Zusammenarbeit mit den Behörden. In vielen Gemeinden muss jedoch das Bewusstsein für die Chancen
derartiger Entwicklungen zuerst geschaffen werden. Da ist frühzeitig das
Gespräch mit den Behörden und mit
den benachbarten Grundeigentümern
zu suchen. Unsere Erfahrungen mit
Entwicklungsgebieten zeigen, dass die
Gesprächsbereitschaft in den letzten
Jahren deutlich zugenommen hat und
sehr viel Goodwill vorhanden ist.
Die Nachfrage nach zusätzlichen Wohnungen ist im Grossraum Zürich enorm.
Kann dieses Wachstum durch den Umbau von ehemaligen Industriearealen
ausreichend abgedeckt werden, oder
braucht es auch die grüne Wiese?
Ich denke, das Potenzial für die
weitere Verdichtung und die Umnutzung von Arealen ist erheblich. Es
wird noch ein paar Jahre reichen.
Die Stadt Zürich entwickelt sich zur
Metropole, was mit Wachstum und
geografischer Expansion verbunden
ist. Der Siedlungsdruck stösst im Zentrum an seine Grenzen, weshalb bezahlbarer Wohnraum am Stadtrand
attraktiv geworden ist. Dabei müssen
wir sorgsam mit der nichterneuerbaren Ressource Boden umgehen.
Das kann auch bedeuten, dass bestehende Überbauungen im Sinne einer
Verdichtung ersetzt werden.
In der Debatte um die Verdichtung des
Gebäudebestands geht es auch um die
Reduktion des Energieverbrauchs. Unter anderem wird die tiefe Erneuerungsquote kritisiert. Was kann der Markt
von sich aus dazu beitragen?
Der Ansatz ist grundsätzlich falsch,
die Erneuerungsquote der Bausubstanz steigern zu wollen, nur um den
Energieverbrauch zu senken. Das Ziel
von Erneuerungen muss immer auch
sein, die Objekte den Marktbedürf-
nissen anzupassen und wenn möglich
zu verdichten. Nur dadurch gewährleisten wir einen sinnvollen Einsatz
von Mitteln, aber auch von grauer
Energie. Wir haben heute in der
Schweiz ohnehin die Tendenz, die
Gebäude zu dick einzupacken und
mit teuren und schadenanfälligen
Konstruktionsdetails zu versehen.
Die Grenzkosten stehen dann oft in
keinem Verhältnis zum Nutzen. Um
die Emissionsbilanz des Gebäudebestands spürbar zu verbessern, reichen oft geringe Eingriffe, vor allem
bei der Haustechnik. Wärmepumpen
erfordern zum Beispiel keine riesigen
Investitionen mehr und lassen sich
heute schon amortisieren.
Im Segment der Einfamilienhäuser ist
die Wärmepumpe häufiger erste Wahl
als bei Mehrfamilienhäusern. Sind die
privaten Hauseigentümer aufgeschlossener als grosse Investoren?
Private Hausbesitzer treiben die
Innovationen im Immobilienmarkt auf
jeden Fall voran. Viele Entscheidungen gründen dabei auf einer persönlichen Einstellung. Dagegen mag es
scheinen, dass Investoren stärker auf
kurzfristig wirtschaftliche Lösungen
setzen. Doch ich denke, auch bei
Mehrfamilienhäusern wird die Nutzung erneuerbarer Energieträger
weiter vorankommen. Zudem ist bei
grossen Siedlungen zu beachten, dass
bestehende Energieverbundnetze
mitgenutzt werden müssen.
Inwiefern ist die Energieeffizienz ein
Argument für den Absatz von Wohnraum in der Agglomeration?
Ökologische und energetische Kriterien sind für den einheimischen
Immobilienmarkt ein wichtiges Thema. Das ist den Diskussionen zur
2000-Watt-Gesellschaft und über das
Minergie-Label zu verdanken. Doch
das ökologische Argument ist nur ein
untergeordnetes Kriterium bei Vermietung oder Verkauf einer Wohnung.
Die wichtigeren Argumente sind nach
wie vor die Lage, das Umfeld, die
Qualität des Objektes sowie monetäre
Aspekte. Beim Dämmen von Gebäuden teure Lösungen mit relativ be-
Generalunternehmer Balz Halter auf
einer Baustelle in Schlieren (ZH).
scheidener Wirkung anzustreben,
steht daher dem Interesse an wirtschaftlichem und bezahlbarem Wohnraum durchaus entgegen.
Wie lässt sich der Energieverbrauch
fürs Wohnen senken?
Ein Gebäude kann noch so dicht
gebaut sein – wenn die Bewohner
trotzdem die Fenster offen stehen lassen, ist alles vergebens. So geht es
denn auch weniger um den Energieverbrauch als vielmehr darum, die
CO2-Emissionen zu reduzieren. Mit
intelligenten Konzeptionen der Haustechnik und Energieerzeugung für das
Heizen und Kühlen sind zahlbare und
vernünftige Strategien heute bereits
verfügbar. Voraussetzung ist, dass man
weiss, was man tut, und nicht einfach
irgendwelche Label-Kriterien erfüllt.
Der Energiepreis ist der Schlüsselfaktor. Fossile oder nukleare Energieerzeugung wird sehr schnell obsolet,
wenn die Kosten für erneuerbare
Energie günstiger sind als für nichterneuerbare. Leider ist die Bauwirtschaft nicht sehr innovationsfreundlich. Es wird zu viel in teure Bausubstanz investiert, zu wenig in die Entwicklung innovativer Technologien.
An welche Technologien denken Sie?
Die Mehrzahl der Gebäude wird
heute völlig ineffizient betrieben. Mit
dem Einsatz moderner Elektronik und
Informationstechnologie, wie wir sie
in anderen Lebensbereichen täglich
nutzen – oft ohne es zu merken –,
könnten Gebäude absolut energieeffizient betrieben werden, ohne spürbare Einschränkung der Nutzung, aber
durchaus mit zusätzlichem Komfort.
Die heute verfügbaren Technologien
funktionieren selbstregulierend, sparen Energie und überfordern den Nutzer nicht. Komfort beim Wohnen entspricht einem individuellen Bedürfnis,
weshalb die raumbezogene Steuerung
sämtlicher Geräte oder das gezielte
Sichtbarmachen des Energieverbrauchs beim Wohnen wichtig wären.
Interview: Paul Knüsel
NZZ am Sonntag
§
5. September 2010
Immobilien
13
DDP
Selbst Hand anlegen bereitet Freude. Vor allem, wenn es ums eigene Heim geht.
Eigenbau mit Tücken
M
artin Streckeisen
schaut zufrieden
auf sein Werk.
Letzten Frühling
hat er die Gebäudehülle
seiner
Doppelhaushälfte in Spiegel bei Bern isoliert. Zusätzlich hat er neue Fenster eingebaut. Der
gelernte Mechaniker verfügt über ein
gutes handwerkliches Verständnis.
«Selbermachen ist keine Hexerei, und
es macht Spass», sagt er.
Dank der Eigenleistung konnte er
den finanziellen Aufwand für die
Wärme-Isolation des Hauses massiv
senken. Mit Materialkosten von 20 000
Franken und insgesamt vier Wochen
Arbeit in eigener Regie hat er den
Energieverbrauch des 50-jährigen
Doppeleinfamilienhauses um einen
Drittel gesenkt. Hätte er die Arbeiten
durch Handwerker ausführen lassen,
wären die Kosten «auf ein Mehrfaches» zu stehen gekommen, äussert er
überzeugt.
Hang zur Perfektion
Die Identifikation mit dem Zuhause
steigt unweigerlich, wenn der eigene
Schweiss drinsteckt. In Deutschland
sind solche Eigenleistungen viel selbstverständlicher; dort haben Hausbesitzer auch weniger Ängste, etwas falsch
zu machen. Fernsehmagazine demonstrieren die Kniffe des kostengünstigen
und rationellen Umbaus.
Anders in der Schweiz. «Bei uns
fehlt die Kultur des Eigenbaus weitgehend», stellen Peter Schneider und
Christoph Franz von Team4 Architekten in Zürich fest. Das habe auch mit
der Mentalität zu tun: «Schweizer Bauherren sind Perfektionisten und lassen
lieber den teureren Baufachmann ran.»
Das leuchtet ein – eine selber verpatzte
Fassade oder Eingangstüre kann einen
schliesslich jahrelang ärgern.
Das Gefühl, etwas zu verbocken,
kennt auch Martin Streckeisen. Doch
ein Blick auf sein perfekt saniertes
Haus zeigt, dass dafür kein Anlass besteht. Damit er alles richtig anging,
hatte sich Streckeisen zuvor bei Handwerkern und beim Energieberater der
Gemeinde über Wärmedämmung in-
STEFAN HARTMANN
Manch ein Hausbesitzer werkelt mit Leidenschaft am eigenen Haus. Oft werden dabei der nötige
Zeitbedarf unter- und die eigene Fertigkeiten überschätzt. Von Stefan Hartmann
Hilfe zur Selbsthilfe
Informationen
vom Baumarkt
Baumärkte bieten auf ihren Websites
viel Know-how für den Eigenbau und
die nötigen Arbeiten an. So lässt sich
lernen, wie man in wenigen Arbeitsschritten Parkett, Fliesen und Plättli
oder Teppiche verlegt. Einige Baumärkte bieten zudem entsprechende Kurse
an. Den Bauwilligen steht ausserdem
eine breite Palette an einschlägiger Literatur zur Verfügung, wobei viele der
Handbücher von deutschen Verlagen
stammen und die dortigen Verhältnisse
berücksichtigen. Stefan Hartmann
formiert. «Bauliches Wissen und eine
realistische Einschätzung der eigenen
handwerklichen Fähigkeiten sind beim
Selbstbau unabdingbar», sagt Architekt Christoph Franz. Nur so gehe die
Rechnung auch auf. «Wenn der Hausbesitzer unbezahlte Ferien fürs Umbauen nimmt, zahlt er unter Umständen mehr, als wenn er den Profi-Bauer
ans Werk liesse.» Der entgangene Verdienst sei oft grösser als die Einsparung am Bau des eigenen Hauses.
Je grösser der Eigenbau-Anteil des
Bauherrn ist, desto mehr Terminprobleme gibt es erfahrungsgemäss im
Bauablauf, wie Team4 Architekten
feststellen. Viele unterschätzten den
Zeitaufwand und würden mit ihren
Vorarbeiten, zum Beispiel dem Abbruch, nicht rechtzeitig fertig. Dabei
warten bereits Elektriker, Küchenbauer und Sanitärinstallateur ungeduldig
an der Haustür. Die Lehre daraus ist
klar: «Eigenleistungen müssen zwingend mit Handwerkerleistungen abgestimmt werden, denn Bauverzögerungen machen den Umbau unnötig teuer
und sind ärgerlich.»
Bei einer hohen Selbstbeteiligung
verzögere sich die Bauzeit um das 2bis 3-Fache, sagt auch Gottfried
Haefele, Autor des Umbau-Klassikers
«Hauserneuerung», der bereits in
suchte der ambitionierte Hobbybauer
«mit Augenmass und ohne Panikattacken» zu bewältigen. Sein Fazit:
«Man muss jederzeit unterscheiden,
was man sich zutrauen kann und wo
externe Hilfe nötig ist.» Auch gelte es,
die finanziellen Folgen seines Tuns
stets im Auge zu behalten, vor allem
dort, wo Darlehen und Hypotheken im
Spiel seien. Heute ist Häfeli trotz «zeitweiliger Überforderung», wie er einräumt, stolz auf das Dreifamilienhaus
im Minergiestandard.
Kein Steuervorteil
10. Auflage vorliegt. Eine eingehende
Beratung durch einen Profi sei daher in
jedem Fall sinnvoll. «Wer bei der Planung spart, baut teurer.»
«Zupackende Bauherren sind beim
Umbauen durchaus erwünscht, denn
sie helfen Kosten sparen», sagt Kundenmaurer Franco Valle aus Wetzikon:
Sinnvoll seien Eigenleistungen besonders im Vorfeld der eigentlichen Umbauarbeiten, nämlich bei Abbruch- und
Demontagearbeiten. Solche Vorarbeiten seien zeitintensiv, erforderten aber
kaum Fachkenntnisse. Auch später,
beim Umbau, könne ein Bauherr gewisse Nebenarbeiten erledigen.
Es gibt sie trotzdem, die Eigenbauer,
die sich gleich einen Gesamtumbau in
Eigenregie zutrauen. Nach seiner Pensionierung hat der erfahrene Bauingenieur Ueli Häfeli im Selbstbau eine 200
Jahre alte Liegenschaft auf der Forch
schonend und umweltbewusst umgebaut und dabei auch gleich alle
Funktionen selber wahrgenommen –
als Planer, Konstrukteur, Energiefachmann und Bauleiter.
Gleichzeitig führte er als Arbeitgeber und Vorarbeiter ein Team von
Störhandwerkern und Hilfskräften des
alternativen Arbeitsmarktes. Bröckelnde Mauerfundamente, morsche Holzbalken und Grundwasser im Keller ver-
«Wer bei der Planung spart, baut teurer»,
sagt Gottfried Häfele, Autor des UmbauKlassikers «Hauserneuerung».
..................................................................................
Der Bauablauf muss
sorgfältig koordiniert
werden. Verzögerungen
machen den Umbau
teurerundsindärgerlich.
..................................................................................
Steuerlich lassen sich Eigenleistungen
beim Bauen nicht absetzen. Anderseits
werden Eigenleistungen von Banken
als Eigenkapital akzeptiert. So rechnet
etwa Raiffeisen die Eigenleistungen
von Hausbesitzern beim Haus(um)bau
als Eigenmittel an. Einen Abschlag
beim Baukredit gibt es deswegen aber
nicht. Raiffeisen verlangt, dass die
handwerklichen Fähigkeiten sowie die
zeitlichen Möglichkeiten ausgewiesen
und mit dem allfällig einbezogenen Architekten abgesprochen sind.
Der Eigenbauer muss auf die Umgebung Rücksicht nehmen: Laute samstägliche Arbeiten auf der Baustelle
bereiten den Nachbarn keine Freude.
Bauschutt, alte Böden oder ausrangierte Geräte müssen entsorgt und dabei
auch mögliche gesundheitliche Risiken
beachtet werden. Sicherheit ist grosszuschreiben: Generell sollten Handwerker daran denken, sich gegen Unfall auf der Baustelle zu versichern.
Ein Eigenbauer muss das Baumaterial wie Parkett, Isolationsplatten
oder Kies selber auswählen und transportieren. Er braucht ferner Baugeräte,
die zu mieten oder zu kaufen sind.
Ohnehin gibt es viel zu entscheiden;
das kann den komplexen Bauablauf
verzögern, vor allem, wenn er nicht
sorgfältig koordiniert ist. Kundenmaurer Franco Valle wurde auch schon
gerufen, wenn ein Eigenbauer nicht
mehr weiterkam oder von der zeitlichen Beanspruchung überfordert
war. «Manche werkeln jahrelang an
ihrem Haus. Aber irgendwann hat die
Familie die endlose Bauerei und die
ewige Baustelle satt.»
§
5. September 2010
Immobilien
15
REBECCA ROTH
NZZ am Sonntag
Nützliche Adressen
Namen und Infos
aus dem Internet
« Mitgliederverzeichnis Verband der
Architekten und Ingenieure:
www.sia.ch
« Mitgliederverzeichnis der Landschaftsarchitekten: www.bsla.ch
« Baumaterialien: www.baumuster.ch
« Produkte: www.baudokumentation.ch
« Verzeichnis von Handwerkern:
www.yellow.local.ch
« Handwerker-Offerten einholen und
vergleichen: www.renovero.ch
« Verein für Minergie-Zertifizierung:
www.minergie.ch
« Informationsplattform für Solarenergie: www.swissolar.ch
« Förderprogramm für energieeffizientes Bauen:
www.dasgebaeudeprogramm.ch
Für das Dämmen der Gebäudehülle stehen Fördergelder aus dem «Gebäudeprogramm» zur Verfügung.
Prioritäten setzen
Umbauten, Sanierungen und Renovationen steigern nicht nur den Wert von Immobilien, sondern
helfen auch, Kosten zu sparen. Am Beizug eines Experten führt kein Weg vorbei. Grundwissen
über die möglichen Massnahmen ist aber auch für Auftraggeber unabdingbar. Von Luca Rehsche
Wer sich für eine Umgestaltung seiner
Wohnung oder seines Einfamilienhauses interessiert, findet in der Schweizer Baumuster-Centrale Zürich Inspiration. Geschäftsleiter Werner Rüegger hat langjährige Erfahrung als Architekt und Tipps auf Lager, was es bei
Renovationen zu beachten gilt. Der
wichtigste: «Bei Sanierungen ergibt
nur eine ganzheitliche Betrachtung
Sinn.» Gerade was die Energieeffizienz
anbelangt, sollte das ganze System einbezogen werden – wird ein einzelner
Aspekt isoliert betrachtet, schiessen
Massnahmen oft über das Ziel hinaus.
Gebäudehülle
Welche Massnahmen zusammengehören
Aussen
Innen
Hauptpakete
Gebäudestruktur
Eine beliebte Umbaumassnahme bei
Altbauten ist das Herausbrechen von
Wänden. Kleinteilige Strukturen lassen sich so in offene Grundrisse überführen. Für Laien ist oft nicht einfach
zu erkennen, ob eine Wand tragend ist,
weshalb sich der Beizug eines Spezialisten empfiehlt. Auch wenn eine
Wand für die Statik des Gebäudes relevant ist, kann sie unter Umständen
ausgebrochen werden: Mittels Klebarmierungen lassen sich Lasten auf tragende Bauteile oder Aussenwände
übertragen.
Technologie ermöglicht die individuelle Steuerung aller Geräte und damit die
Optimierung des Verbrauchs, bis hin
zur Rückgabe von Überproduktion ans
öffentliche Netz.
Pakete schnüren bei der Sanierung
Ergänzungspakete
Fassade erneuern
Küche und Bad
Neue Fenster
Ersatz der Leitungen
Sonnenschutz
Innenrenovation
Option:
Balkone vergrössern
Option:
Lüftungsanlage
Kellerdecke dämmen
Ersatz des Heizkessels
Ersatz des Wasserwärmers
Haustechnik
«Über die Heizung überhaupt nachzudenken, lohnt sich erst, sobald alle
Fragen bezüglich der Gebäudehülle
geklärt sind», schickt Rüegger voraus.
Drängt sich im Anschluss eine Erneuerung der Heizung auf, lohnt es sich, abzuklären, was vom vorhandenen System noch brauchbar ist. Öl, auch wenn
nicht en vogue, muss nicht die schlechteste Wahl sein. Unter Umständen
reicht der relativ günstige Ersatz des
Brenners.
Andere Möglichkeiten zu Öl und
Gas stellen etwa Holzpellets-Heizungen dar oder die lokale Gewinnung von
Wärmeenergie über Erdsonden oder
thermische Solaranlagen. Eine weitere
Möglichkeit, die Sonne anzuzapfen,
sind stromerzeugende Photovoltaikanlagen. Alle diese Formen erneuerbarer
Energie sind umweltfreundlich und liegen im Trend, sind aber nicht billig.
Zur Erreichung des Minergie-Labels
ist der Einbau einer Komfortlüftung
Pflicht. Bei Umbauten ist dies nicht immer einfach zu bewerkstelligen. Rohre
müssen in alle Zimmer verlegt werden.
Will man die Decken nicht abhängen,
bleiben diese sichtbar.
Ein aktuelles Thema sind Sparmassnahmen mittels digitalen Stroms. Diese
im nahen Ausland bereits erprobte
Option:
Erneuerbare Energien
Erweiterung
Dachausbau für zusätzlichen Wohn- oder Büroraum
Quelle: Bauherrenhandbuch
Lebenszyklus eines Gebäudes
Investitions- und Renovationsbedarf im Zeitverlauf
50
Gebäude
Haustechnik
Ausstattung
Umgebung
40
35
Renovation
30
25
au
ckb
Rü
Die Gebäudehülle ist gewissermassen
die Quintessenz eines Hauses. Für
energetische Verbesserungen stehen
Fördergelder des Gebäudeprogramms
bereit. Ausschlaggebend ist der erreichte U-Wert, der sogenannte Wärmedurchgangskoeffizient. Subventionen sollten aber nicht die einzige Entscheidungsgrundlage sein. Fassadendämmungen können eine Dicke von 16
bis 20 Zentimetern oder mehr aufweisen. Ein grundsätzlicher Unterschied
besteht zwischen kompakter und hinterlüfteter Ausführung. Bei Ersterer
wird eine Verputzschicht direkt auf die
Dämmschicht angebracht, während die
«Wetterschicht» bei Letzterer auf einem Lattenrost montiert wird. Dies ermöglicht eine Luftzirkulation und
beugt Feuchtigkeitsschäden vor.
Für Fenster werden oft zwei U-Werte angegeben, einer für das Glas und
einer für das ganze Fenster. Schwachpunkt ist oft der Rahmen – ein schmaler Rahmen heisst mehr Fensterfläche,
also bessere Isolation und mehr Lichtund Sonneneinstrahlung. Die Erneuerung von Fenstern und Fassade zieht
oft eine Verlängerung des Fenstersimses oder eine zusätzliche Dämmschicht nach sich.
Soll der Estrich als Wohnraum dienen, ist das Dach zwingend zu isolieren. Zu beachten ist die Gefahr einer
Kondenswasserbildung infolge mangelnder Hinterlüftung. Günstiger ist
die Dämmung des Estrichbodens, sofern der Dachstock lediglich als Stauraum dient. Mit trittfesten Dämmplatten aus dem Baumarkt und etwas handwerklichem Geschick lässt sich dies
selbst bewerkstelligen.
Auch beim Keller ist eine Isolation
der Aussenwände nicht unbedingt nötig, vorausgesetzt, dass diese trocken
sind. Wird darauf verzichtet, stellt die
Kellerdecke die eigentliche Hülle des
Gebäudes dar und sollte entsprechend
gedämmt sein. Geübte Heimwerker erledigen das wiederum selbst.
75
20
15
Verjährung
5 Jahre
Quellen: Kehl Treuhand, Erlenbach / SVIT
10
0 –2
Garantiefrist
2 Jahre
Planung/Bewilligung
Neubau
Innenausbau
Beim Innenausbau geht es primär um
den Geschmack, und darin ist jeder
sein eigener Spezialist. Heimwerker
kommen hier auf ihre Kosten. Im
Vergleich zur Haustechnik und zum
Gebäude an sich ist der Innenausbau
relativ kurzlebig und bleibt stärkeren
Modeströmungen unterworfen.
In der Baumuster-Centrale gibt es
rund 25 Arten von Bodenbelägen zu
besichtigen, vom Gussasphalt über
Stahlblech und Linoleum bis zum Parkett. Eine Möglichkeit ist das Freilegen
des Unterlagsbodens, der mit Härtemittel behandelt und abgeschliffen
wird. Bei neu verlegten Belägen ist mit
einer Aufbauhöhe von etwa einem
Zentimeter zu rechnen. Ein richtiger
Holzboden kann hingegen schnell zwei
bis drei Zentimeter dick sein – dafür
kann er beliebig oft abgeschliffen werden und hält ewig.
Auch bei Wand- und Deckenbelägen
steht eine grosse Zahl an Varianten zur
Verfügung. Keramische Platten sind
bei Nasszellen nicht mehr die einzige
Möglichkeit, auch wasserfeste Anstriche sind erhältlich. «Eine elegante Alternative zu den kleinen Plättchen sind
zudem grossformatige Feinsteinzeugplatten oder winziges Glasmosaik»,
findet Rüegger.
Der Einbau von Küche und Bad in
Eigenregie ist möglich. Unterschätzt
wird dabei oft die Schallproblematik,
was den Nachbarschaftsfrieden gefährdet. Die Lebensdauer von Küchengeräten beträgt heute zwischen sieben und
zwölf Jahren. Neben Funktion und Optik ist die Energieeffizienz ein wichtiger Faktor, wobei heute praktisch nur
noch Geräte der Klasse A erhältlich
sind – noch besser sind A+ und A++.
Bezüglich Beleuchtung muss sich
sputen, wer der guten alten Glühbirne
anhängt. Ab Ende 2012 ist nur noch der
Verkauf von energieeffizienten Leuchtmitteln erlaubt. Die Zukunft wird der
Leuchtdiode gehören. Die ökologischen Vorzüge der LED sind unbestritten, und ihr Einsatzbereich ist praktisch unbegrenzt.
§
5. September 2010
Immobilien
Farben
einer
Stadt
17
FOTOS: ANNEMARIE NESER, AUS: FARBRAUM STADT: BOX ZRH, KONTRAST VERLAG ZÜRICH
NZZ am Sonntag
Die Sanierung wird häufig dazu benutzt,
dem Gebäude ein farbigeres Gesicht
und damit mehr Lebensfreude zu geben.
Das Forschungsprojekt «Farbfächer»
zeigt, dass schon jetzt nicht alles grau ist.
Von Jutta Glanzmann
Auch Altstadthäusern, wie an der Augustinergasse in Zürich, steht bunter Anstrich gut. Unten der Fächer der verwendeten Farben.
Mehr Farbkompetenz
D
as Werk ist eindrücklich. Die eben im
Kontrast-Verlag erschienene Publikation
«Farbraum
Stadt: Box ZHR» besteht aus 96 Reproduktionen handgemalter Farbporträts,
einem Plan, der einen Eindruck des
Architekturkolorits der Stadt Zürich
vermittelt, und einem Buch mit vertieften Informationen zur Forschungsstudie und Beiträgen von Fachleuten zum
Thema der Farbe in der Stadt. An über
40 000 Gebäuden hat ein interdisziplinäres Team während fünf Jahren die
Quartier- und Gesamtfarbigkeit der
Stadt Zürich untersucht. Entstanden ist
das Werk im Haus der Farbe in Zürich.
«Die Herausforderung bestand darin, ein Erhebungsinstrument zu entwickeln, das statistische Aussagen zulässt, ohne dass dabei die Farbenvielfalt verflacht wird», erklärt Stefanie
Wettstein, die zusammen mit Lino
Sibillano die Höhere Fachschule für
Farbgestaltung leitet.
Gemeinsam mit den Studentinnen
und Studenten des Diplomlehrgangs
Farbgestaltung erarbeiteten sie einen
Das Haus der Farbe in Zürich, die vom
Verein Höhere Fachschule für Farbgestaltung getragene Schule für Handwerk
und Gestaltung, versteht sich als interdisziplinäre Plattform für das Phänomen Farbe. Sie bietet neben diversen
Kursen zwei berufsbegleitende Weiterbildungen an: den Diplomlehrgang
Farbgestalter(in) und den Lehrgang
Gestalter(in) im Handwerk.
Das Hauptinteresse gilt der farblichen
Gestaltung von Raum und Architektur.
Dabei soll der qualifizierte Umgang mit
Farbe geschult und die Sensibilität für
das Gestaltungsmittel im öffentlichen
und privaten Raum gestärkt werden.
Diese Ziele verfolgt das Haus der Farbe
mittels Weiterbildung, Dienstleistung
und Forschung. www.hausderfarbe.ch
Architektur- und Zürich-spezifischen
Farbfächer. «Der Farbfächer enthält
eine reduzierte Anzahl von Farbtönen,
denen sich jede Fassadenfarbe zuordnen lässt, ohne dabei ihre charakteristischen Merkmale wie Farbton, Buntheit und Helligkeit zu verlieren», fasst
Lino Sibillano die Grundlage der Forschungsarbeit zusammen.
15 Praktikanten und Praktikantinnen
haben dann anhand festgelegter Routen die Farbigkeit jedes einzelnen Gebäudes erfasst. «Die Resultate sind
vielfältig und zum Teil auch für uns
überraschend», erzählt Stefanie Wettstein, «beispielsweise ist Zürich stark
von einer unbunten, zurückhaltenden
und hellen Farbigkeit geprägt, die wir
in diesem Mass nicht erwartet haben.»
Putz und Beigetöne dominieren
Fast 90 Prozent aller Bauten weisen
eine unbunte Fassadenfarbe auf, und
rund zwei Drittel des Baubestandes
zeigen eine helltönige Farbigkeit. «Dabei ist nicht etwa Grau die häufigste
Farbe in der Stadt Zürich», so Lino Sibillano. Beige liegt gemäss der Untersuchung mit fast 35 Prozent an erster
Stelle, vor Weiss. Erst an dritter Stelle
..................................................................................
Über 80 Prozent
der Fassaden in Zürich
sind verputzt, nicht
einmal 3 Prozent
dagegen aus Sichtbeton.
..................................................................................
liegt Grau mit 10 Prozent. «Zudem ist
nur knapp jedes achte Gebäude in Zürich bunt, und Rot kommt am wenigsten vor», so fasst Stefanie Wettstein die
Erkenntnis zusammen.
Im Rahmen der Studie wurden auch
Fassadenmaterialien erfasst: Zürich ist
eine verputzte Stadt. Über 80 Prozent
der Fassaden sind verputzt, und weniger als 3 Prozent von Zürichs Bauten
sind aus Sichtbeton. Zusätzlich zur flächendeckenden Erfassung der Gebäude wurden 96 ausgewählte Bauten in
Farbporträts detailliert dokumentiert.
Die Karten zeigen den Farbklang der
Gebäude auf sinnliche Art und Weise
und liefern zusätzliche Informationen
zum Objekt.
Und auch ein Blick in die Geschichte
ist möglich. Zusammen mit CRB, der
Schweizerischen Zentralstelle für Baurationalisierung (siehe Kasten), entwickelten die Herausgeber von Farbraum
Stadt einen Epochenfächer, der 100 typische Architekturfarben von Zürcher
Gebäuden im Zeitraum zwischen 1900
bis 2010 zeigt.
Farbraum Stadt ist nicht nur eine
eindrückliche Forschungsarbeit, die in
dieser Form noch in keiner anderen
Stadt durchgeführt worden ist. Sie ist
auch ein Arbeitsinstrument für Fachleute und Laien, die mit Bauen zu tun
haben. Was sagen die Verfasser in diesem Zusammenhang zu kritischen
Stimmen, die eine Einschränkung seitens der Farbgestaltung befürchten?
«Wir können dies gut nachvollziehen,
aber wir denken, dass wir diesbezüglich Entwarnung geben können»,
meint Stefanie Wettstein.
Projekte mit Signalwirkung
Ziel von Farbraum Stadt sei es nie
gewesen, einen normierenden Plan
Couleur zu erarbeiten. Im Gegenteil:
«Wir sind vielmehr der Ansicht, dass
die erarbeiteten Grundlagen ein solides Fundament bieten, um differenziert auf einzelne Projekte einzugehen
und sich, wo angebracht, auch auf Experimente einzulassen», erklärt Stefanie Wettstein. Die Ergebnisse der Studie stehen durch die Publikation allen
Baufachleuten zur Verfügung: «Das
heisst, dass künftig auch Architektinnen und Farbgestalter ihre Farbentscheide durch handfeste Argumente
besser vertreten können», hält Lino
Sibillano fest.
«Im besten Fall», so die beiden,
«bietet das erarbeitete Instrument Anregungen zu einem vielfältigeren und
differenzierteren Umgang mit Farbe
und Oberfläche im Raum, der nicht
primär mit plakativ bunten Farben signalisiert werden muss.» Das Interesse
an der Arbeit jedenfalls ist da. Erste
Gemeinden und Städte in der Schweiz
und Deutschland möchten mehr über
die erarbeiteten Methoden und Werkzeuge wissen. Eine eigens dafür eingerichtete Fachstelle am Haus der Farbe
gibt dazu Auskunft und bietet Unterstützung bei der Erhebung weiterer
Stadt-Farbräume.
..................................................................................
Farbraum Stadt: Box ZRH; mit Buch, Kartenset
und Plan. Jürg Rehsteiner, Lino Sibillano & Stefanie
Wettstein (Hrsg.): Haus der Farbe. Kontrast-Verlag,
Zürich 2010.
Bessere Verständigung
Die Schweizerische Zentralstelle für
Baurationalisierung (www.crb.ch) bietet
als Nonprofitorganisation Dienstleistungen für alle Baufachleute. Sie entwickelt
Arbeitsmittel zur effizienten Administration und besseren Verständigung im
Bauwesen. Damit erhöht sie die Rechtssicherheit und die Transparenz für Kosten und vereinbarte Leistungen.
Gleichzeitig vertritt die Stelle exklusiv
in der Schweiz das Natural Colour System, ein Farbsystem, das sich an der
menschlichen Wahrnehmung orientiert
und im Bauwesen weit verbreitet ist.
Neuestes Produkt ist der «Epochenfächer», der die Forschungsergebnisse
von Farbraum Stadt für die Farbanalyse,
die Planung und das Kommunizieren
der Farben für Handwerker, Planerinnen, Architekten und Bauherrschaften
praxistauglich macht. Jutta Glanzmann
Grüne Akzente: Siedlung Hegianwandweg der Familienheim-Genossenschaft Zürich. Der Farbfächer (rechts) zeigt, wie die eingesetzten Farben zusammenspielen.
Immobilien
NZZ am Sonntag § 5. September 2010
GERMAN-IMAGES / F1 ONLINE
18
Intelli
Ein neue Heizung lässt sich
passen gleich gut zu den um
A
Ohne Stufen und
Wände – das
Bad öffnet sich
ANTONIETTY ARCHITEKTEN
Dächer bieten den nötigen Platz für das Einfangen der Wärme. Sonnenkollektoren gelten heute als wirtschaftlich lohnende Ergänzung konventioneller Heizsysteme.
uf 400 Kilowattstunden pro Jahr, entsprechend
40
Litern
Heizöl, veranschlagt
das Bundesamt für
Energie (BFE) den
Ertrag von 1 m2 Sonnenkollektoren. «Selbstverständlich ist
der Energiegewinn von der Lage abhängig, aber auch von der Güte der Anlage», gibt Pius Hüsser, Vizepräsident
von Swissolar, zu bedenken. Hüsser
meint damit neben der Neigung und
der Orientierung der Kollektoren die
Kombination mit der Basisheizung.
Nur wenn die Kollektoren zum Wärmeerzeuger für das Warmwasser und
allenfalls für die Raumheizung passen,
freut sich der Hausbesitzer, so die einhellige Meinung der Experten.
Besonders geeignet sind die Energiesammler als Ergänzung zu Öl- oder
Gasheizungen. Mit 5 m2 Kollektorfläche auf einem Einfamilienhaus lässt
sich gut die Hälfte der Energie für die
Wassererwärmung gewinnen, meint
Andreas Haller vom KollektorenHersteller Ernst Schweizer AG. «Für
Mehrfamilienhäuser rechnen wir mit
maximal 1 m2 pro Person.» Nach dieser
Faustformel ergibt sich auf einem
Zehnfamilienhaus eine Kollektorfläche
von etwa 30 m2. Deutlich grösser wird
Modernes Wohnen heisst: Die Küche
wird nicht mehr vom Rest der Wohnung abgeschottet. Und je länger, je
mehr öffnet sich auch das Bad zum
Wohnbereich hin. Aufsehen erregt hat
zum Beispiel das «Wohnbad» des Luzerner Architekten Carlos Antonietty.
Seine Eigenheit: Das grosszügige Bad
hat einen direkten Bezug zum Schlafraum und ist halbseitig verglast. Der
Raum wird vom Schlafbereich nur
durch zwei Schiebetüren und eine zentrale Schrankwand abgetrennt.
Dunkle Hölzer an Boden und Wänden prägen das gediegene Ambiente.
Und mittendrin – auch dies ein neuer
Trend in der Bäder-Architektur – steht
die Badewanne. Eine durchgehende
Fensterfront lässt den Blick nach aussen frei. «Für uns sind Bäder keine
Nasszellen, sondern Wohnräume»,
führt Carlos Antonietty aus. «Einziger
Unterschied ist, dass man darin badet
oder duscht.» Die Toilette ist aber weiterhin in einem angrenzenden separaten Raum untergebracht.
Das offene, luxuriöse Bad steht standesgemäss in einer neu erstellten Villa
hoch über dem Vierwaldstättersee. Als
«innovative und konzeptionell überzeugende» Variante wurde es kürzlich
zum «schönsten Schweizer Bad» des
letzten Jahres erkoren.
Bei Designern und Architekten stehen fliessende Übergänge zwischen
dem Bade- und dem Schlafzimmer
ebenso wie im Bad selber hoch im
Kurs. Die Ideen beruhen weniger auf
kreativer Spielerei, vielmehr sind sie
das Resultat einer zielgerichteten
Marktforschung: Wann immer Hersteller von Badmöbeln und Sanitäreinrichtungen die potenzielle Kundschaft zu
den möglichen Wünschen befragen,
wird ein nicht zu knappes Raumangebot als häufige Antwort gegeben.
Reduziertes Design
Entsprechend leiten sich daraus die
gestalterischen Versuche ab, das enge
Bad zu erweitern beziehungsweise den
Raum durch reduziertes Design zu öffnen. Die bisherigen Wände weichen
einer transparenten räumlichen Abtrennung, und anstelle der überladenen Möblierung wird die innere Gliederung neuerdings aufgehoben.
Wie das geht, demonstrierte der
Zürcher Architekt Gus Wüstenmann
am Umbau einer Stadtwohnung in
Luzern. Seine fliessende BadezimmerVariante ist nicht weniger spektakulär
BRUNO HELBLING
Mit fliessenden Übergängen zwischen
Nasszelle und Wohnbereich kommt
das Badezimmer immer mehr in die
Lebensmitte. Doch nicht alle Grenzen
verschwinden. Von Paul Knüsel
Fliessendes Bad von Gus Wüstemann.
ausgefallen als das Bad von Carlos
Antonietty. Wüstenmann hat für die
Öffnung der Übergänge das Prinzip
des multifunktionalen Raums genutzt.
Er zeigt, dass auch bei Umbauten ausreichend Platz für ein offenes Wohnbad zur Verfügung stehen kann. Die
Nasszelle ist im unteren Bereich einer
zweigeschossigen Dachmansarde untergebracht. Die offene Zone lässt sich
wahlweise zum Wohnraum oder zum
Schlafraum hin öffnen und schliessen.
Noch konsequenter zusammengebracht werden Bad und Schlafbereich
im Raumkonzept des italienischen
Architekten Antonio Citterio, welches
er für den Hersteller Hans Grohe entworfen hat. Waschtisch, Bett und
Dusche befinden sich im selben Raum,
die Dusche ist aber in eine Seitennische gestellt.
Im Durchschnittshaus fehlt oft der
Platz für derartige Raumlösungen,
oder es wird nach wie vor Wert auf
traditionelles Separieren gelegt. Doch
einige Details aus den Designer-Studien sind bereits auf dem Vormarsch,
und die Abtrennung des Badezimmers
dürfte vielerorts fliessender und sanfter geschehen: Immer häufiger wandert es im Grundriss nach aussen und
Grosszügiges Wohnbad mit direktem
Zugang zum Schlafraum, entworfen vom
Luzerner Architekten Carlos Antonietty.
erhält zusätzlich grosse Fenster. Zentrale Bäder können dagegen mit Glasbausteinen ergänzt werden, um sie von
innen zu belichten. Schiebetüren und
Glaswände sind ebenfalls zum beliebten Trennelement geworden.
Weiche Formen
Derweil wird im Innern aufgeräumt:
Die Duschkabine bleibt offen und ist
stufenlos begehbar. Und weiterer Stauraum wird in die Wände eingebaut.
Zum offenen Charakter gehören aber
auch die weichen Formen und abgerundeten Kanten, welche das Aussehen
der Badmöbel und der Sanitärinstallationen zunehmend prägen.
Der Wunsch nach grosszügigen
Raumverhältnissen sowie mehr Komfort und Bequemlichkeit kommt den
befragten potenziellen Kunden wie
auch den Vertretern der Generation 50
plus entgegen. Sie sind jetzt schon für
ein barrierefreies Wohnen sensibilisiert. Die neue Offenheit moderner Badezimmer richtet sich also auch an die
zeitlosen Bedürfnisse der Bewohner.
NZZ am Sonntag
§
5. September 2010
Immobilien
19
igent kombinieren
h einfach mit Sonnenkollektoren kombinieren. Doch nicht alle Heizsysteme
mweltfreundlichen Energiesammlern. Von Othmar Humm
die Fläche, wenn die Kollektoren neben der Wassererwärmung auch die
Raumheizung alimentieren. Etwa 15 m2
sollten es auf einem Einfamilienhaus
sein, um substanzielle Beiträge an die
Heizung zu leisten. Haller hat dazu einen pragmatischen Ansatz: Wichtiger
ist eine gute gestalterische Einordnung
in die Dachlandschaft – die Fläche resultiert dann aus dieser Lösung. Der
Ingenieur zeigt damit einen Planungsansatz auf: Von den gut geeigneten
Dachabschnitten lässt sich auf die Kollektorfläche schliessen. Und von dieser
Fläche hängt die Grösse des Wärmespeichers im Heizungskeller ab.
Zusammenspiel von Heizanlagen
Vor- und Nachteile von zusätzlichen Sonnenkollektoren
Basisheizung
Wassererwärmung und
Heizungsunterstützung
Öl- oder Gasheizung Kollektoren sehr gut geeignet;
erlaubt die Wassererwärmung
im Sommer ohne Heizung.
Kollektoren sehr gut geeignet.
Holzheizung
(Pelletsheizung)
Kollektoren sehr gut geeignet;
erlaubt die Wassererwärmung
im Sommer ohne Heizung.
Kollektoren gut geeignet.
Wärmepumpe
Mit Wärmepumpen ist die Wassererwärmung bereits effizient.
Kollektoren bedingt geeignet.
Als Ergänzung von Wärmepumpen eignen sich stromerzeugende
Solarzellen besser als Sonnenkollektoren, weil der solare
Energieeintrag von der Wärmeerzeugung völlig getrennt ist.
Ohne Speicher geht gar nichts
Für die Nutzung von Sonnenenergie
gilt: Zwischen Angebot und Nachfrage
liegen Stunden, oft sogar Tage! Der
Speicher hortet den Ertrag und gibt ihn
bei Bedarf an das Haus ab. Heizwärmespeicher für Einfamilienhäuser
fassen etwa 1500 Liter Wasser, für
Mehrfamilienhäuser sollten es zweibis viermal mehr sein. Diese technischen Speicher sind nicht zu verwechseln mit den Boilern, in denen Trinkwasser für Küche und Bad aufbereitet
wird. Im Technikraum sind die Warmwasserbehälter oft gar nicht sichtbar,
weil sie als «einliegende Boiler» in den
Nur Wassererwärmung
Quelle: Energie Schweiz
Heizungsspeicher eingebaut sind. Form
und Fassungsvermögen variieren je
nach Hersteller, eine Eigenschaft ist
aber allen Speichern gemeinsam: Die
Solarenergie wird im untersten Teil,
die Wärme der Heizung zuoberst eingebracht. Das verbessert den Wirkungsgrad der Sonnenkollektoren.
Diese Bauweise ermöglicht im Speicher eine Temperaturschichtung: Unten liegt relativ kaltes Wasser – das ist
..................................................................................
Für die Nutzung von
Sonnenenergie gilt:
Zwischen Angebot und
Nachfrage liegen
Stunden, oft sogar Tage.
..................................................................................
FORSTER
SCHWEIZER
STAHLKÜCHEN
In einer Welt, die komplexer wird, setzt Forster auf die
Schlichtheit. Das Schlichte ist das Starke, im Material und
im Design. Stahl bleibt unerreicht, wo es um Dauerhaftigkeit
und Ästhetik geht. Klare Formen, bündige Linien und glatte
Flächen waren immer schon Avantgarde. So sind Forster
Küchen auch in 50 Jahren noch modern. Konzentration auf
das Wesentliche ist eine Qualität, die auch morgen noch
stimmt. Es ist Schlichtheit, die am längsten währt.
Fragen Sie nach detaillierten Unterlagen:
Forster Küchen- & Kühltechnik AG
Egnacherstrasse 37, CH-9320 Arbon
Telefon +41 71 447 46 45, Telefax +41 71 447 46 50
[email protected], www.forster-kuechen.ch
<wm>10CAsNsjY0MDAx1TU0NDawMAcAI80nqQ8AAAA=</wm>
<wm>10CEXKKw6AMBAFwBN18_b1t7ASimoQQDgBQXN_RYJBjJvePQs-U1uPtrkCKQfVCKtuTGJGL4xSSMcAEopRiays1fzfYZrDDizACZXnul_V8Al4XQAAAA==</wm>
für Wärme aus dem Kollektor ideal.
Das deutlich wärmere Wasser im oberen Teil garantiert, dass genügend Wärme an die Heizung geht. «Damit hat der
Speicher zwei Funktionen», sagt Hüsser, «er lagert Wärme, und er bildet das
Scharnier zwischen Produktion und
Verbrauch.» Was kompliziert tönt, ist
in der Praxis höchst einfach. Denn die
handelsüblichen Produkte sind in dieser Art gefertigt; der Installateur verbindet dann einfach die Anlageteile.
Auf jedes Haus eine Anlage
Eben nicht – findet die Denkmalpflege,
auch wenn die Forderung der Solarbranche bei vielen Hausbesitzern auf
offene Ohren stösst. Häufig lässt sich
eine Lösung für geschützte Objekte
finden. Typisch dafür sind Kollektoren
im Garten oder auf einem Nebengebäude. Für Flachdächer eignen sich
Röhrenkollektoren, die durch Drehung
nach der Sonne ausgerichtet werden.
Sofern dachbündig verlegt, sind sie aus
der Umgebung kaum sichtbar. Im
Unterschied zu den weitverbreiteten
Flachkollektoren bringen sie mehr
Energie, sind aber teurer. Ob Röhrenoder Flachkollektor, der Durchbruch
für die Ökowärmeerzeuger dürfte in
Form von einfachen Anlagen zur Wassererwärmung erfolgen.
Sonnenkollektoren
Solar-Panel
auf dem
Dach wird
Standard
Die unendlich zur Verfügung stehende
Energie der Sonne wird zunehmend
angezapft: Im vergangenen Jahr ist der
Absatz von Sonnenkollektoren zur
Wärme- und Stromerzeugung um beinahe einen Drittel gestiegen. Damit
haben klimafreundliche Energiesysteme, neben den Kollektoren gehören
dazu auch die Wärmepumpen, den
Heizungsmarkt endgültig erobert.
Während die Anteile von Öl, Gas und
Holz sinken, nimmt der Absatz von
Wärmepumpen markant zu. Bei sanierten Einfamilienhäusern liegt ihr
Marktanteil inzwischen bei rund zwei
Dritteln; bei Neubauten ist er sogar
über 75 Prozent angestiegen.
Sonnenkollektoren und Wärmepumpen haben eines gemeinsam: Bei
tieferen Temperaturen der Nutzwärme ist der Ertrag grösser. Deshalb
sind Bodenheizungen vorteilhaft, weil
dadurch Wärme mit 30 bis 40 Grad
Celsius verwertet werden kann. Für
herkömmliche Heizungs-Radiatoren
braucht es dagegen Temperaturen von
mindestens 50 Grad.
Die Kombination von Wärmepumpen und Sonnenkollektoren bringt
demnach zwei Systeme mit den gleichen Stärken und Schwächen zusammen – keine ideale Ergänzung. Gasoder Pelletheizungen passen aus diesem Grund besser zu den Sonnenkollektoren. Auf Solarenergie brauchen
Hausbesitzer mit Wärmepumpen deshalb nicht zu verzichten. Mit Solarzellen zur Stromerzeugung kommt
umweltfreundliche Energie ins Haus,
die sich auch für die Wärmepumpe
einsetzen lässt. Othmar Humm
§
5. September 2010
Immobilien
21
FOTOS: ANDRÉ HEINERMANN
NZZ am Sonntag
Die Südstaaten-Variante: Modell «Alabama» bietet dem Vierbeiner eine adäquate Behausung.
Ein Schloss für Fiffi: Hundehütte «Fairytale» in geschmackvollem Rosa.
Traumschloss für den Schosshund
Designer entwickeln edle Behausungen für die Tierwelt. Die Luxusimmobilien in Klein können
Zehntausende von Franken kosten und sind der letzte Schrei für Hundehalter. Von Susanne Ziegert
Zufrieden betrachtete der Event-Manager André Heinermann den neuen
Sitz seiner Agentur. Gerade war das
Kreativ-Unternehmen in das moderne
Gebäude mit Garten umgezogen – eigentlich genau der richtige Rahmen.
Doch ein entscheidendes Detail fehlte
noch: die passende Behausung für
Hündin Mara. Die zweijährige Australian-Shepherd-Dame sollte nicht in
einer billigen Hütte hausen müssen.
«Ich habe überall nach einem passenden Hundehaus gesucht, sogar
weltweit. Doch es gab einfach nichts»,
sagt André Heinermann. Deshalb entwarf er das gesuchte moderne Luxusheim für Hunde von Welt einfach
selbst und gab es in einer Tischlerei in
Auftrag. Viele Besucher der Agentur
sprachen den Erfinder auf die Hundehütte im Bauhausstil an – so entstand
eine neue Geschäftsidee.
Internet-Verkauf läuft
Seit gut einem Jahr sind die besonderen vier Wände auf der Internet-Seite
von «best friend’s home» zu finden
und zu bestellen. Drei bis vier Stück
der Klein-Immobilien verkauft das Unternehmen in Paderborn im Monat.
«Das sind Hundefreunde, die ein Gespür für schöne Dinge haben», so der
Hüttenbauer. Sogar aus den USA kamen schon Bestellungen.
Der Renner ist das Bauhaus-Modell
«Cubix», in dem auch Mara gerne ihren Hundeträumen nachhängt, wenn
sie nicht gerade wachsam durch die
verglasten Frontscheiben ihr Revier
kontrolliert. «Es scheint ihr zu gefallen», glaubt Herrchen André Heinermann. Das Design dürfte den felligen
Bewohnern zwar herzlich egal sein.
Doch der Erfinder legte auch Wert auf
eine hundegerechte Gestaltung.
Die meisten Modelle bieten wachsamen Hundeaugen Ausblick durch grosse Fenster, die auch Luft hereinlassen.
Doch vor allem in der kalten Jahreszeit
sollen es die Vierbeiner behaglich
haben. So ist der Eingang extra klein,
damit sich der Innenraum durch die
Körperwärme des Bewohners erwärmen kann. Möglich sind Varianten mit
isolierten Wänden und Türvorhang.
Hundebesitzer können unter vier
Stilrichtungen auswählen. So ist das
Modell «Alabama» einer SüdstaatenVilla mit imposanten Säulen nachempfunden. Die kleineren Vierbeiner dürften sich in «Lönneberga» wohlfühlen,
einem roten Schwedenhäuschen. Und
der an Luxus gewöhnte Chihuahua
bekommt gar ein eigenes kleines
Schloss – ganz in Rosa mit zwei Türmchen und Swarovski-Kristallen.
..................................................................................
Im Angebot sind Kopien
des Hauses von Herrchen. Der Bernhardiner
bekommt ein Chalet,
der Pudel sein Schloss.
..................................................................................
Die Luxus-Hundehütten gibt es in
den Größen von XS bis L, die sich an
der Schulterhöhe der künftigen Bewohner orientieren. Sie werden in
Deutschland in Handarbeit aus einem
wetterfesten Hartholz gefertigt und
haben ihren Preis: 2600 bis 3900 Fr. – je
nach Modell und Grösse. Viel Geld für
ein Hundedach, das es im Bausatz auch
schon für 200 Fr. gibt. «Die halten ein
ganzes Hundeleben lang», verspricht
dafür Erfinder Heinermann.
Edelhütte mit Klimaanlage
Noch kostspieligere Häuschen für die
treuen Gefährten lässt der amerikanische Anbieter La petite Maison fertigen. Die Hütten für Pinscher, Golden
Retriever oder Dogge sind Mini-Versionen der Haupthäuser von Herrchen
und Frauchen oder Phantasiehütten.
So bekam ein Bernhardiner beispielsweise ein Schweizer Chalet, ein Pudel
sein Schloss im französischen Stil.
Ein Kunde bestellte eine verkleinerte Ausgabe des typisch amerikanischen
Hauses mit Veranda, aber gross genug,
um den vierbeinigen Freund dort auch
besuchen zu können. Und auch die
Ausstattung ist oft vom Feinsten. So
verfügen manche der Edelhütten über
Klimaanlage, Tapeten, Kronleuchter,
einige sogar über ein eigenes (Fr-)Esszimmer. Bis zu umgerechnet 45 000 Fr.
geben die vermeintlichen Tierliebhaber dafür aus.
Designer haben auch andere Tierarten mit ihren Kreationen bedacht. So
Dauerhafte Kleinbauten
Baubewilligung
nicht vergessen
Wohnungs- und Hofhunde brauchen
einen festen Ruheplatz. An diesem sollte der Hund vor Witterungseinflüssen
und Zugluft geschützt sein und Ruhe
finden können, als geselliges Tier aber
dennoch möglichst nahe bei den Bezugspersonen sein. In Boxen und Zwingern, die zwischen 4 und 10 m2 gross sein
und eine geeignete Liegefläche haben
sollten, müssen Hunde mindestens
paarweise gehalten werden.
Sind die Bauten für Haustiere dauerhaft angelegt und fest installiert, braucht
es für sie, genau wie für Gartenhäuser,
Wintergärten oder eine Pergola, eine
Baubewilligung. In der Regel genügt für
solche Kleinbauten das vereinfachte
Verfahren, das ohne Visionierung und
ohne die öffentliche Auflage auskommt,
sofern die Nachbarn für das Vorhaben
ihr schriftliches Einverständnis im Baubewilligungsverfahren erteilen. (dst.)
haben die Gestalter von Radius Design
aus dem badischen Brühl ein schnörkellos modernes Vogelhaus entwickelt
– mit dem sinnigen Namen «Piep Show
Home». «Das neue Zuhause für den
designbewussten Vogel», wie es in der
Werbung angepriesen wird, kostet
rund 80 Fr. Es besteht aus einem zylinderförmigen Gehäuse in leuchtendem
Orange. Durch eine kleine Öffnung
können Meisen und andere kleine Vögel ins Innere schlüpfen und dort ihr
Nest bauen. Auch mehrere aerodynamisch moderne Futterkästen haben die
Vogelhaus-Designer im Angebot. Ergänzen liesse sich die gehobene Ausstattung für den Piepmatz durch eine
tropfenförmige Tränke aus Porzellan
von Eva Solo und eine Futterstelle aus
mundgeblasenem Glas.
Auch Schmetterlinge müssen nicht
länger nur von Blume zu Blume flattern. Die Hamburger Wildtierstiftung
liess ein hölzernes Schmetterlingshotel
entwickeln. Dort finden Tagpfauenauge, Kleiner Fuchs und Zitronenfalter
ihr Winterquartier. Im Programm ist
auch ein kleines Häuschen für Fledermäuse. Die Umweltorganisation Bund
vertreibt ein «Ritz» für Igel, eine trockene Terrakottahöhle, auf der fünf
Sterne prangen. Manche Tierarten fristen dagegen weiterhin ein designfreies
Dasein. Katzen etwa müssen an meist
nüchternen Kratzbäumen ihre Krallen
schärfen und sich in einfache Körbe
und Decken kuscheln – eine echte Zumutung.
PSP Swiss Property – führendes Schweizer Immobilienunternehmen
<wm>10CAsNsjY0MDAx1TU0NLMwMAMAN9Y0Lw8AAAA=</wm>
<wm>10CEXKMQ6AIBAAwRdB9oAD9ErFilio8QXG2v9XJjYW003vpp7P1NajbSaQ1InkSrYa1Ce1SPZFjIEQEEaKEqrkaP910-x2WOBE_HPdL4pfws1bAAAA</wm>
«Bei PSP Swiss Property ist der Erfolg unter anderem das Resultat
konsequent gelebter Kundenorientierung. Darum legen wir grössten Wert
auf eine gute Partnerschaft mit unseren Mietern.»
PSP Swiss Property – die Nummer 1
für erstklassige Geschäftsflächen
in der Schweiz.
MURAT SAYDAM, IMMOBILIENBEWIRTSCHAFTUNG ZÜRICH
PSP Swiss Property AG, Kolinplatz 2, CH-6300 Zug, Tel. 041 728 04 04, www.psp.info
SIX Swiss Exchange: Symbol PSPN, Valor 1829415
NZZ am Sonntag
§
5. September 2010
Immobilien
23
Architektur, Bauen
und Wohnen sind
unerschöpfliche
Themen. Neue
Bücher zeigen
meisterhafte
Variationen zu alten
Fragen. Von
Irmgard Matthes
STEFAN THURMANN / AUS DEM BUCH «HÄUSER MIT ZUKUNFT», DEUTSCHE VERLAGS-ANSTALT, MÜNCHEN
Quellen der Inspiration
Ein dynamisches Hauskonzept kann auf veränderte Lebensumstände der Bewohner reagieren.
Vorausschauend
Wer an die Zukunft einer Sache glaubt,
legt sich problemlos fest – wer sie genau bedenkt, wird dabei gerne auch
Eventualitäten berücksichtigen. Auf
diese Art von Planung geht der vom
deutschen Architektenteam 3 L herausgegebene Band «Häuser mit Zukunft»
ein. Er stellt 25 Bauprojekte aus dem
deutschsprachigen Raum mit «variablen Grundrissen für flexible Wohnformen» vor. Sie alle tragen der Notwendigkeit baulicher Veränderungen
aus privaten oder beruflichen Gründen
Rechnung.
Gezeigt werden Neu-, Um- und Anbauten bei Häusern verschiedenster
Grössenordnung, wobei durch die
Wahl der Konstruktion, der Materialien und des Ortes eine Anpassung an
veränderte Bedürfnisse möglich wird.
Die jeweils 6-seitigen Porträts enthalten neben einem illustrierten Kurzbeschrieb des variablen Gebäudemodells
ein Interview mit Architekten und/
oder Bewohnern sowie eingängige
Skizzen aller Nutzungsvarianten.
.....................................
Veronika Lenze,
Klaus Th. Luig,
Kristin Köhler:
Häuser mit Zukunft. DVA, München 2009. 160 S.,
205 Farbabb.,
Fr. 84.90.
Wipfelwohnungen
Aus einem Baumhaus spähen wie von
einem Jäger-Hochsitz, das Essen über
eine Seilwinde hochziehen – die Verwirklichung solcher Kindheitsträume
stellt die Manufaktur La Cabane Perchée in ihrem Band «Traumhafte
Baumhäuser» vor. Seit Jahren fertigt
sie in mehreren europäischen Ländern
solche Refugien in Handarbeit: Die Gestalt der Bäume (Eichen, Pinien, Kiefern u. a.) gibt die Konstruktion vor,
Stamm und Haupt-Äste werden ohne
Verletzungen umhüllt. Treppen führen
auf verschlungenen Wegen in luftige
Höhen, meist vorbei an separat placierten Balkonen, zum Herzstück,
einem behaglichen Wohnraum. Die
hervorragenden Farbfotos vermitteln
Romantik pur, die kommentierten
Aquarellskizzen verdeutlichen die planerischen Details der aussergewöhnlichen Wipfelnester. Eine Liste mit
Adressen aus Italien und Frankreich
für «Übernachtungen in den Bäumen»
rückt die Träume in erreichbare Nähe.
.......................................
Alain Laurens,
Daniel Dufour,
Ghislain André:
Traumhafte Baumhäuser. AT-Verlag,
Baden 2009. 224 S.,
120 Farbfotos und
Aquarelle, Fr. 68.–.
Genuss mit Stil
Essen kann mehr sein als Nahrungsaufnahme, aus Essplätzen können
einladende Orte gepflegten Zusammenseins geschaffen werden, und oft
sind sie heute auch Spiel-, Bastel-,
Schreib- oder Leseplatz. Wie aber all
diese Funktionen auf einen Nenner
bringen? Die Lifestyle-Redaktorin
Kirsten Johanson zeigt im Band «40
Essplätze für drinnen und draussen»
ausgesuchte Beispiele, die bei aller
Verschiedenheit eines gemeinsam haben: die bewusste Auswahl von Möbelstücken, Beleuchtung und Accessoires,
welche dem Essplatz funktionell entsprechen, ihm aber auch einen eigenen
Akzent verleihen. Einrichtungs-Erprobte werden hier Produktinformationen und detaillierte Hersteller- und
Händlerlisten schätzen; Neulinge finden in den stimmungsvollen Fotos Inspirationen zum Gestalten.
......................................
Kirsten Johanson:
40 Essplätze für
drinnen und draussen. DVA, München
2010. 208 S., 260
Farbabb., Fr. 66.90.
..................................................................................
Praktikabilität und
stilvolle Beschränkung
sind aktuelle Leitpunkte
beim Planen, Bauen
und Einrichten.
..................................................................................
Umweltbewusst sparen
Regenwasser ist kostbar – es kann zum
Bewässern, Versickern oder Reinigen
genutzt werden, und dabei werden
Abwassergebühren und Trinkwasser
gespart. Der Landschaftsarchitekt Walter Kolb weist in seinem Band «Wasser
sparen im Garten» auf die ökologische
Bedeutung der Regenwassernutzung
hin und zeigt Schritt für Schritt deren
Umsetzung an Projekten in vorhandenen Gärten oder bei Neuanlagen. Im
Detail geht Kolb ein auf Regenwassernutzungs-Anlagen zur Erzeugung von
Brauchwasser, auf Versickerungseinrichtungen zur Neubildung von
Grundwasser, auf die Entsiegelung von
Flächen durch wasserdurchlässige Beläge und nicht zuletzt auch auf trockenresistente Pflanzungen. Der Autor
wendet sich an Fachleute und handwerklich interessierte Laien, doch auch
für Bauherrschaften lohnt sich die umfassende Einführung in das aktuelle
Thema. Der ausführliche Service-Teil
nennt Markt-Angebote, Liefernachweise (auch für die Schweiz) und enthält variantenreiche Listen mit Pflanzen für Trockenstandorte.
.......................................
Walter Kolb: Wasser
sparen im Garten.
Regenwasser optimal nutzen – Kosten
senken. Ulmer-Verlag, Stuttgart 2010.
168 S., Fr. 44.90.
Wohnkisten mit Pfiff
«Winzig kleine Häuser voll grosser
Ideen» präsentiert die New Yorker
Design-Fachfrau Mimi Zeiger mit 36
Modellen aus aller Welt. Das ist wörtlich zu nehmen, geht es doch bei
diesen rund 10 bis 100 Quadratmeter
kleinen Gehäusen um die Reduktion
von Raum, Materialien, Kosten und
immer auch um Beschränkung der
Ansprüche. Den Ideenreichtum der
vorgestellten Architekten hat dies
durchaus beflügelt, so dass unter dem
Stichwort «neue Bescheidenheit»
praktische, wohnliche, unkonventionelle Bauten entstanden sind. Kurze
Texte erläutern den baulichen Kontext
der Winzlinge, die in bestehende
Häuserzeilen eingefügt oder in ländliche Abgeschiedenheit gesetzt wurden.
Der Schwerpunkt des Bandes liegt auf
Fotos und Skizzen, welche in etwas
grösserem Format noch aussagekräftiger wären.
..........................
Mimi Zeiger:
Winzig kleine
Häuser
voll grosser
Ideen. DVA,
München
2010. 240 S.,
208 Farbabb.,
Fr. 49.90.
Einfach dauerhaft
Die Vorzüge von Beton als Werkstoff
sind für die Architektin Malena Skote
evident: Er ist preisgünstig, robust, frostsicher, rau und schlicht grau. Und das
Beste daran: Man kann ihn aus Zement
und Sand selbst anrühren und in Form
giessen und dabei auch seine Farbe und
Feinheit im Hinblick auf den Verwendungszweck verändern. In ihrem Band
«Schönes aus Beton» stellt die erfahrene
Praktikerin Gegenstände für Haus und
Garten vor, von der Vogeltränke über
Schalen, Töpfe, Teller, Trittsteine und
Dekoratives bis zu grösseren Objekten
wie Bänken, Spüle und Komposter. Sie
gibt genaue Anleitungen, weist auf knifflige Arbeitsschritte hin und erläutert
Farb- und Materialvarianten. Dass solches Werken so leicht geht wie Kuchenbacken, nimmt man ihr gerne ab.
..................................
Malena Skote:
Schönes aus
Beton für den
Garten – selbst
gemacht. BLV,
München 2010.
160 S.,
135 Farbfotos,
Fr. 28.50.
Herunterladen