Fasziale Dehnungs- therapie (FST)

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Therapie und Training
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Fasziale
Dehnungstherapie (FST)
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Faszinierende Faszien
Faszien wurden, ohne ihnen eine andere Funktion zuzutrauen, lange als blosse Hüllen unserer Muskeln
angesehen. In ihrem Buch ‚Functional Atlas of the Human Fascial System’ erklärt Carla Stecco
(orthopädische Chirurgin und Professorin der menschlichen Anatomie und Bewegungswissenschaft an der
Universität von Padua in Italien), dass Anatomen ‚... das Bindegewebe als etwas ansehen, das entfernt
werden muss, damit Gelenke, Muskeln, Organe und Sehnen sorgfältig studiert werden können.’
Diese Ansicht hat sich durch die intensive Forschung der letzten 10 Jahre stark geändert. Vor allem die
Rolle der Faszien (die Bindegewebezellen und deren Matrix) bei Schmerzen, der Schmerzverarbeitung im
zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) und bei Verletzungen und Krankheiten (insbesondere
von Muskeln und Sehnen) wird und wurde viel erforscht.
Ein paar anatomische und physiologische Begriffe
Faszie bezieht sich auf die spezialisierte Bindegewebeschicht. Sie umgibt Muskeln, Knochen und Gelenke
und bietet ihnen Unterstützung und Schutz. Zudem verleiht sie unserem Körper seine Struktur. Sie besteht
aus drei Schichten: der oberflächlichen Faszie, der tiefen Faszie und der subserösen Faszie. Spezielle
Faszien, die die Muskeln umgeben, nennt man Myofaszien.
Die Myofaszie besteht aus spezialisiertem Bindegewebe, das jeden Muskel und jede Sehne umgibt und das
sich mit der Faszie des Knochens verbindet.
Faszien bestehen primär aus Kollagen, Elastin und Wasser. Eine Besonderheit der Kollagenstruktur ist
dessen grossartige Dehnbarkeit. Das Gewebe von Sehnen enthält mehr Kollagen als Elastin und ist daher
belastbarer und widerstandsfähiger gegen Zugkräfte.
Elastin ist der elastische Bestandteil des Bindegewebes und ermöglicht es vielen Gewebearten, nach der
Dehnung und dem Zusammenziehen, zur ursprünglichen Form zurückzukehren. Gewebearten mit höherem
Anteil an Elastin sind einfacher dehnbar und weniger resistent im Vergleich zu Gewebearten mit höherem
Kollagenanteil.
Die Gelenkkapsel besteht aus Bindegewebe, das die Gelenke ummantelt. Sie spielt sowohl
ernährungsphysiologisch (Knorpelernährung), als auch mechanisch eine essenzielle Rolle in der
Gelenksfunktion. Der Faserkortex dient dazu, die Gelenkstruktur zu umfassen und dessen
Bewegungsradius einzuschränken. Die innere Schicht sondert Gelenksflüssigkeit ab, die das Gelenk
schmiert und dieses nährt.
Traktion ist der physische Akt der Dekomprimierung der beiden Schichten des Gelenks. Die manuelle
Druckminderung der Gelenksschichten löst eine Dehnung in der Gelenkkapsel aus. Diese Antwort in der
Gelenkkapsel löst eine reflexive Entspannung der Muskeln aus, die sich die gleiche nervale
Versorgungsquelle teilen und sich beim Gelenk oder in dessen Nähe kreuzen.
Dehnen heilt verletzte Zellen
Ich möchte an dieser Stelle aus dem lesenswerten Buch Faszien Stretching von Ann und Chris Frederick
zitieren:
Wenn also der therapeutische Umbau des Zytoskeletts, das praktisch die Faszien bildet, sowohl dessen
Chemie (Funktion) als auch Struktur (Form) ohne Einfluss des Gehirns oder des Nervensystems zum
besseren verändern kann, ist es dann nicht wahrscheinlich, dass dies auch mit einer Gruppe von Zellen
funktioniert, die Gewebe und Systeme bilden? (Aus: Faszien Stretching, Seite 35)
Es waren Paul Standley und seine Mitarbeiter, die mittels einer wichtigen Studie belegen konnten, dass
verletzte Zellen durch Dehntechniken geheilt wurden. (1)
Schmerzursprung und Faszien
Schmerz, der vom muskuloskelettalen System ausgeht und dessen Ursprung unbekannt ist, wird
idiopathischer Schmerz genannt – er wird oft bagatellisiert. Schmerz kann in diesem Fall aufgrund
Mechanismen der faszialen Funktion erklärt werden. Einzelne Muskeln, Gelenke und Sehnen arbeiten
zusammen und bewegen sich in gegenseitiger Relation – die Faszie sorgt hierbei für die Funktion, für die
Struktur, für die Form und den dosierten Gleitvorgang im Gelenk.
Ihre Muskeln oder Ihre Sehnen können an sich ganz normal funktionieren, wenn aber Ihre Faszien nicht
ordnungsgemäss funktionieren, können alle möglichen ‚unspezifischen’ Symptome auftreten - stechende
oder dumpfe Schmerzen, ein steifes oder brennendes Gefühl in Armen oder Händen, dem Gesäss oder den
Beinen.
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Medizinische Behandlungen, die nur auf Muskeln, Gelenke, Bänder und Sehnen fokussiert waren, waren
bedeutend weniger effektiv, als Behandlungen die zusätzlich von schmerzhaften und verengten Faszien
ausgingen. Aus diesem Grund werden viele Patienten mit unklaren Schmerzen und/oder Ausstrahlungen (in
Nacken und Rücken, Armen, Händen und Beinen) mittels spezifischen manuellen Techniken, die die Faszien
in ihrer anatomischen Komposition und physiologischen Funktion beeinflussen, erfolgreich behandelt.
Aber nicht nur Patienten und interessierte Therapeuten geniessen die Vorteile der gewonnenen Einsichten
des letzten Jahrzehnts. Auch orthopädische Ärzte profitieren vom Wissen und Verständnis der Faszien. Die
Rücksichtnahme auf das gesamte Gewebe ermöglicht es dem Chirurgen/der Chirurgin den bestmöglichen,
blutarmen chirurgischen Eingriff durchzuführen, indem er/sie effektive fasziale Klappen schafft.
Als Folge der verbesserten chirurgischen Techniken und Methoden verbessern sich neben der
Erholungsphasen der Patienten auch die anatomischen und physiologischen Funktionen.
Faszien-Therapie und Faszien-Training
Bewegungsmangel macht das Bindegewebe der Faszien immer dünner und dadurch anfälliger für kleine
Risse, Entzündungen und Vernarbungen, die lange nicht wahrgenommen werden. Eine erste Zerrung heilt
meistens noch unkompliziert, während eine erneute Beschädigung deutlich längere Erholungszeiten
erfordert. Verletzungen an der Lendenfaszie sind besonders bekannt, da die Faszien miteinander verfilzen
und sich nicht mehr unabhängig voneinander bewegen können. Chronische Rückenschmerzen lassen sich
erfolgreich durch die Herstellung der Lendenfaszie in ihrer Struktur und Funktion bahandeln – hier spielt
die Faszien-Therapie und das Faszien-Training eine wichtige Rolle.
Die Zehn Prinzipien der FST
Die Prinzipien, nach denen sich die FST richtet, und die allgemeine Philosophie, die dahintersteht beziehen
sich auf FST-Sitzungen, die in der Regel 15-20 Minuten dauern. Damit stehen die Prinzipien in Einklang mit
ähnlichen manuellen Therapien, die den ganzen Menschen im Kontext klientenspezifischer Probleme
behandeln. Sie sind auch für kürzere Sitzungen geeignet (ebenso wie Mini-Massage und
Gelenkmanipulationen).
Die Zehn Prinzipien der FST:
1. Den Atem mit der Bewegung synchronisieren
2. Das Nervenystem auf aktuelle Bedingungen einstellen.
3. Eine logische anatomische Abfolge einhalten.
4. Den Bewegungsapparat ohne Schmerzen erweitern.
5. Die Neuromyofaszien dehnen - nicht nur den Muskel.
6. Mehrere Bewegungsebenen nutzen.
7. Das gesamte Gelenk ansprechen.
8. Maximale Verlängerung durch Zug erreichen
9. Für optimale Ergebnisse auch Körperreflexe fazilitieren
10. Die Dehnung an aktuelle Ziele anpassen.
FST hilft Ihnen dabei, Ihren inneren Affen zu finden
Mit der Faszialen Dehnungs-Therapie (Engl. Fascial Stretch Therapy) ist ein Therapiekonzept aus den
Vereinigten Staaten nach Europa gekommen, über das sich Herr Dr. Robert Schleip freuen wird. Dr. Robert
Schleip ist Deutschlands renommiertester Faszienforscher und Direktor der Fascia Research Group an der
Universität Ulm. Sein Team nimmt eine führende Rolle in der Erforschung des Bindegewebes ein.
Er ist Mitglied der Fascial Fitness Association, Feldenkrais-Lehrer und Rolfer und plädiert für gesunde
Faszien: ‚Wir müssen uns affenartiger bewegen!’.
Wenn Affen in Zoos zu wenig Bewegungsfreiheit bekommen, entwickeln sie ähnliche Gelenksprobleme wie
wir. Dr. Schleip zeigt die Parallelen zu Schimpansen auf, mit denen uns ja ähnliche Vorfahren verbinden. Er
erklärt, dass wir mit affenähnlichen Bewegungen deutlich weniger Gelenksprobleme entwickeln würden, als
mit unseren einseitigen Bewegungsmustern.
Purzelbäume, öfter in die Hocke gehen oder sich gegenseitig einen Medizinball zuwerfen. Das ist natürlich
leichter gesagt als getan - gerade Stubenhocker und ältere Menschen haben solche Bewegungen oft
jahrzehntelang nicht mehr gemacht. Darum sollten sie diese anfänglich nur mit einem Therapeuten
durchführen.
Mit der personalisierten Faszialen Dehnungs-Therapie und einem FST-Training (Engl. Fascial Stretch
Therapy) werden Sie ein kraftvolles und geschmeidiges Bewegungsgefühl bekommen. ‚Der Nacken weiss,
was die Ferse macht’, sagt Dr. Robert Schleip. Sie werden nach dieser Therapie oder diesem Training eine
neue Lebenskraft verspüren!
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Literatur | Bibliographie
1. Stanley, P.R. et al : In Vitro Modeling of Repetitive Motion Injury and Myofascial Release. Journal of Bodywork and Movement Therapies
2010; 14(2). S.162-171
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