Protokoll des Workshops „Web 2.0 und Sicherheitsforschung“ Im Rahmen des ersten BMBF-Innovationsforums zivile Sicherheit 2012 Veranstalter: Fachdialog Sicherheitsforschung Datum: Mittwoch, 18.04.2012 Ort: Café MOSKAU, Berlin An den Einsatz von Sozialen Medien im Bereich von Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) werden vielfältige Erwartungen geknüpft. Ihre gezielte und sinnvolle Nutzung ist indes voraussetzungsvoll und wirft eine Reihe von Fragen auf. Im Rahmen des vom Fachdialog Sicherheitsforschung organisierten Workshops „Web 2.0 und Sicherheitsforschung“ wurden sowohl Chancen und Potenziale als auch problematische Aspekte der Nutzung des Web 2.0 in Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) in zwei Sessions mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung diskutiert. Session "Web 2.0 und der Wandel von Arbeit und Organisation in BOS" Mittwoch, 18.04.2012; 9:00 - 10:30 Uhr Zum Auftakt der Session „Web 2.0 und der Wandel von Arbeit und Organisation in BOS“ skizzierte Prof. Dr. Sabine Pfeiffer von der Hochschule München zentrale Herausforderungen für Organisationen, die Soziale Medien für die interne und/oder externe Kommunikation nutzen möchten. Prof. Dr. Pfeiffers zentrale Botschaft lautete, dass eine erfolgreiche Nutzung von Web 2.0Technologien sich nicht ohne Wandlungen in Arbeitsprozessen und Organisationsstrukturen vollziehen könne. Vertrauen, Möglichkeiten der (Mit-)Gestaltung sowie größere Autonomie der Beschäftigten seien unverzichtbare Bestandteile einer erfolgreichen Einbindung dieser Technologien. Dr. Sebastian Denef vom Fraunhofer FIT präsentierte Ergebnisse aus der europäischen Vergleichsstudie COMPOSITE zur Nutzung von Sozialen Medien durch Polizeibehörden. Soziale Medien würden bereits in unterschiedlicher Form und Intensität sowohl als Kommunikationsmittel, wie zum Beispiel mit Twitter- Accounts, als auch als Informationsquelle zur polizeilichen Fahndung, wie etwa im Internetdienst Facebook, genutzt. Der wesentliche Nutzen des Einsatzes von Sozialen Medien, liege vor allem, so Dr. Denef, in Image- und Vertrauensgewinnen. Gefordert wurde daher, sich intensiver mit den Ambivalenzen des Einsatzes von Sozialen Netzwerken durch BOS auseinanderzusetzen. Beispielsweise könnten neuartige Kontrolloptionen entstehen, von denen sowohl Beschäftigte als auch Bürgerinnen und Bürger betroffen wären, wie die Fahndungen per Facebook zeigten. Auch mögliche Sicherheitsgewinne wurden nicht in Abrede gestellt. Jedoch 2 solle eine empirische Forschung aber auch Fragen nach der Verlässlichkeit von Informationen im Web 2.0 sowie nach deren Selektion und Reichweite stellen, vor allem mit Blick auf eine „digitale“ Spaltung in Nutzer und Nichtnutzer des Internets. Impulsbeiträge: sicherheit@WORK – Zur Einbindung von Web 2.0 in Arbeitsprozesse und Organisationsstrukturen bei BOS - Prof. Dr. Sabine Pfeiffer (Hochschule München) @police: Die Einführung von sozialen Medien als Kommunikationsmittel europäischer Polizeibehörden - Dr. Sebastian Denef (Fraunhofer IAS) Anschließend Diskussion: Moderation: Peter Zoche (Fachdialog - Gesellschaftliche Aspekte der Sicherheitsforschung) Session "Web 2.0 und die Integration des Bürgers in die Krisen- und Risikokommunikation" Mittwoch, 18.04.2012; 11:15 - 12:45 Uhr Mit Überlegungen aus Sicht der Notfallpädagogik eröffnete Prof. Dr. Harald Karutz von der Medical School Hamburg die Session „Web 2.0 und die Integration des Bürgers in die Krisen- und Risikokommunikation“. Dazu gehörte insbesondere die Fragestellung: Wie kann die Selbstbestimmungsfähigkeit, Selbsthilfefähigkeit und Solidaritätsfähigkeit der Bürgerinnen und Bürger gefördert und durch den Einsatz von Sozialen Medien unterstützt werden? Wenn dafür Kommunikation und Interaktion auf Augenhöhe entscheidend seien, stelle sich laut Prof. Dr. Karutz die Frage, inwiefern auch ein Paradigmenwechsel im traditionell stark hierarchisch organisierten Bevölkerungsschutz erforderlich sei. Dr. Peer Rechenbach von der Behörde für Inneres und Sport Hamburg zufolge müssen Initiativen zur Nutzung von Sozialen Medien durch BOS institutionell von unten nach oben und in einem Prozess des Lernens durch Handeln – also einem Modus von Versuch und Irrtum – vorangetrieben werden. In akuten Notfallsituationen laute die zentrale Frage: Wie können Behörden koordinierte, zielgruppengerechte Informationen bereitstellen und darauf hinwirken, dass die Betroffenen und potenziell Gefährdeten sich richtig verhalten? BOS müssten sich darauf einstellen, dass Bürgerinnen und Bürger Soziale Medien vermehrt nicht nur als Konsumenten sondern auch als Produzenten von Informationen nutzen würden. Dies sei eine Situation, die zwar Risiken, wie unter anderem den Verlust des exklusiven Expertenstatus der BOS berge, aber dennoch nicht zur Abstinenz von Sozialen Netzwerken führen sollte. In der Diskussion wurden die vielfältigen Potenziale von Sozialen Medien für BOS, wie etwa die Lagebilderstellung, Informationsgewinnung und -vermittlung, Organisation von Hilfe etc., betont. Als Voraussetzungen für eine erfolgreiche Nutzung von Sozialen Medien in der Risiko- und 3 Krisenkommunikation wurden folgende Faktoren genannt: finanzielle und personelle Ressourcen, Vertrauen, Offenheit, Transparenz, glaubwürdige und zielgruppengerechte Vermittlung von Informationen. Impulsbeiträge: Krisenkommunikation im Web 2.0: Überlegungen aus Sicht der Notfallpädagogik - Prof. Dr. Harald Karutz (Medical School Hamburg, MSH) Ist die Erreichbarkeit des Bürgers in der Risiko- und Krisenkommunikation bei Katastrophen ausreichend gegeben? - Dr. Peer Rechenbach (Behörde für Inneres und Sport Hamburg) Anschließend Diskussion: Moderation: Prof. Dr. Stefan Kaufmann (Fachdialog - Gesellschaftliche Aspekte der Sicherheitsforschung)