Plaza D’Zura, Bondo BAUPHASEN 13./15./18. Jh. 10 Schulhaus Samarovan 11 EWZ Siedlung Brentan Probenummer der Zeitschrift «Heimatschutz/Patrimoine» ADRESSE O Bitte stellen sie mir die aktuelle Ausgabe kostenlos zu Auch wenn das stolze Gebäude gegen den Dorfplatz von Bondo heute eine relativ einheitliche Fassade zeigt, ist die Ciäsa Picenoni Cief das Resultat eines jahrhundertelangen Wandels. Die Ursprünge des Hauses gehen auf einen Wohnturm des 13. Jahrhunderts zurück, der nach dem verheerenden Dorfbrand von 1621 zusammen mit dem später angefügten Treppenhaus wieder aufgebaut werden musste. Nach dem Übergang des Hauses an die Familie Picenoni erhielt der Bau in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine dritte Ergänzung. Acht Generationen nutzten das geschichtsträchtige Haus als Wohnsitz. 2015 entschied sich die Eigentümerschaft, ihren Besitz für Dritte zu öffnen und touristisch zu nutzen. Die Stiftung Ferien im Baudenkmal des Schweizer Heimatschutzes vermietet das ganze Haus wochenweise und ermöglicht Gästen ein Ferienerlebnis in authentischer und sorgfältig bewahrter Atmosphäre. ADRESSE Samarovan, Stampa ADRESSE Brentan, Castasegna ARCHITEKTUR/GESTALTUNG ARCHITEKTUR/GESTALTUNG Bruno Giacometti, 1960/61 ERWEITERUNG Lazzarini Architekten, Samedan, 2002 Bruno Giacometti, 1957/59 9 Gemeindehaus und Mehrzweckhalle 1583 als Rathaus und Sitz der Kriminaljustiz am zentralen Dorfplatz erbaut, schliesst das Gebäude ans Pfarrhaus von 1522 an. Hinter den vergitterten Fenstern des Obergeschosses verbirgt sich die ursprüngliche, mit Arvenholz ausgekleidete Ratsstube. Das Gewölbe im Erdgeschoss diente zugleich für den Warenumschlag. Der rückwärtig ins Ratsgebäude einbezogene Turm wurde im 13. Jh. vom Churer Bischof erbaut und in jener Zeit zu Wohnzwecken genutzt. 1583 BAUZEIT Strada principale, Vicosoprano ADRESSE Ja, ich werde Mitglied beim Schweizer Heimatschutz O CHF 60.– pro Jahr für Einzel- / Paar- / Familienmitgliedschaft O CHF 100.– pro Jahr für Fördermitgliedschaft O CHF 150.– pro Jahr für Kollektivmitgliedschaft Inkl. 4 Nummern der Zeitschrift «Heimatschutz/Patrimoine» Pretorio 15 Gefährdete Baudenkmäler können nicht sprechen. Wir schon! Werden Sie Mitglied beim Schweizer Heimatschutz! 8 Ciäsa Picenoni Cief Crotti, Promontogno ARCHITEKTUR/GESTALTUNG SCHULHAUS Arch. Ottavio Ganzoni, 1905; MEHRZWECKHALLE Arch. Ruinelli&Ass., 1995 RESTAURIERUNG UND UMNUTZUNG EHEM. SCHULHAUS Arch. Ruinelli&Ass., 2009 ADRESSE Der in den 1950er Jahren begonnene Bau der Wasserkraftwerke durch die Elektrizitätswerke der Stadt Zürich war im Bergell das wichtigste wirtschaftliche Ereignis des letzten Jahrhunderts. Die Zürcher Elektrizitätswerke beauftragten Bruno Giacometti, zwei Wohnsiedlungen für Kraftwerk-Angestellte zu bauen. Während die erste Überbauung in Vicosoprano noch stark an eine vorstädtische Reihenhaussiedlung gemahnt, ist die Siedlung in Castasegna von freistehenden Ein- und Zweifamilienhäuschen geprägt, die sich subtil in das Terrain einfügen und sich in den alten Baumbestand im Kastanienhain einordnen. Typische Materialien, Farben und Formen aus den 1950er Jahren verbinden sich durch die lockere Anordnung der bescheidenen Gebäude auf dem Areal mit dem traditionellen Landschaftsbild, das von verstreuten Dörrhäuschen und Stallscheunen in den Kastanien-Selven geprägt ist. Neubauten und sorgfältige Umnutzungen im dichten und städtebaulich eng verzahnten Ortskern von Soglio stellen eine grosse architektonische Herausforderung dar. Wie es gelingen kann, zeigt dieses Projekt für einen Fotografen. An höchst sensibler Lage in direkter Nachbarschaft zum historischen Garten des Palazzo Salis wurde das gewünschte Raumprogramm auf zwei Gebäude verteilt und ein grosses Atelier unter dem Garten angeordnet. Moderne Komfort- und Flächenansprüche haben sich damit qualitätsvoll in die bestehenden Proportionen einfügen lassen. Auf der gegenüberliegenden Seite der Gasse wurde ein ungenutzter Stall in ein Gästehaus umfunktioniert. Die Dimensionen des Stalls blieben ebenso erhalten wie die typische Gestaltung mit vier Eckpfeilern aus Naturstein und dem Steinplattendach. Die Fenster verstecken sich hinter verstellbaren Holz-Lamellen, die nur bei Anwesenheit von Gästen geöffnet sind. Mit der Gemeindefusion 2010 wurden verschiedene Dienste, Schulen und Gemeindehäuser zusammengelegt. Durch eine Neuverteilung der Infrastrukturen und eine gezielte Aktivierungen konnten einige leerstehende Bauten wieder mit Leben gefüllt werden. Das Schulhaus in Bond erhielt seine neue Bestimmung als Gemeindehaus der Talschaft. In Hinblick auf die Gemeindefusion fand 2009 eine Auffrischung des Gebäudes statt. Der Charakter des 1905 von Ottavio Ganzoni im Heimatstil erstellten Gebäudes blieb dank einer sorgfältigen Ausführung erhalten. Zum Ensemble gehört auch die 1995 errichtete benachbarte Mehrzweckhalle, die sich zurückhaltend gibt und sich gut in die Topografie eingefügt. ADRESSE LITERATUR FOTOS ÜBER DEN SCHWEIZER HEIMATSCHUTZ Ludmila Seifert-Uherkovich, Bergell. Architekturrundgänge in Graubünden, Bündner Heimatschutz (Hrsg.), Chur 2012 Christian Beutler, Keystone (1, 7, 15) James Batten, Schweizer Heimatschutz (2, 3, 4, 5, 6, 9, 10a, 11, 12a, 13) Sebastian Heeb, Schweizer Heimatschutz (10b) Ruinelli & Associati (12b) Zeljko Gataric, Gataric Photography (8) Tobias Eichelberg (14) Der Schweizer Heimatschutz (SHS) ist die führende Schweizer Non-Profit-Organisation im Bereich Baukultur. Wir sind ein Verein mit 27 000 Mitgliedern und Gönnern und bestehen seit 1905 als Dachorganisation von 25 kantonalen Sektionen. Wir setzen uns für gefährdete Baudenkmäler ein und fördern gute Architektur bei Neubauten. Jährlich verleihen wir einer Gemeinde den Wakkerpreis. Schweizer Heimatschutz (Hrsg.), Zauberhaft und Zeitlos. Gärten im Bergell. Schulthess Gartenpreis 2009, Zürich 2009 Diego Giovanoli, Costruirono la Bregaglia, Kantonale Denkmalpflege Graubünden / Amt für Kultur (Hrsg.), Chur 2014 Bruno Giacometti, Architekt, Beiheft Bündner Monatsblatt, Bündner Heimatschutz (Hrsg.), Chur 2008 Hochparterre und Bündner Heimatschutz (Hrsg.), Bauen in Graubünden. Ein Architekturführer zu 100 zeitgenössischen Bauten, 4. Auflage, Ed. Hochparterre, Zürich 2013 Beilage zu Hochparterre Nr. 5/2012 (Hrsg.), Kastanien, Granit und Palazzi. Architettura in Val Bregaglia, Ed. Hochparterre, Zürich 2012 14 Wohnhaus Erweite- rung in einem Stall LINKS www.bregaglia.ch www.heimatschutz.ch ADRESSE Via Giavera 66, Bondo 12 Neubauten und Umnutzung Als Kind der berühmten Künstlerfamilie wuchs Bruno Giacometti in Stampa auf. Die Kunst hat den Architekten geprägt, sein berühmtester Bau ist wohl der Schweizer Pavillon für die Biennale in Venedig 1951-52. Zeitlebens hielt Giacometti, der ein Architekturbüro in Zürich führte, den Kontakt zu seinem Heimattal aufrecht. Im Bergell baute er u.a. auch zwei Wohnsiedlungen, die Post in Maloja, das Spital und den Zollpavillion, die einen wichtigen Bestandteil des baukulturellen Erbes der Moderne im Tal ausmachen. Die Schule Samarovan, als Solitär konzipiert, steht am Rande einer erhöhten Terrasse zentral zwischen den verschiedenen Weilern von Stampa. In Anlehnung an die lokale Bautradition verwendete Giacometti lokalen Gneis für die Fassadengestaltung. Ebenso typisch für das Tal ist die Bedeckung des Zeltdachs mit Schieferplatten. In der Verbindung von vorhandenen Materialien mit einer moderat modernen Formensprache schuf Bruno Giacometti eine eigenständige Architektur zwischen Tradition und Aufbruch. Der 2002 hinzugefügte Neubau vermeidet den direkten Kontakt mit dem bestehenden Schulhaus. Ohne sich dem Solitär anzubiedern, ergänzt er das Areal und schafft drei neue Aussenräume. Miteinander verwoben und doch getrennt ist auch die Nutzung der beiden Gebäude: der Altbau ist ein reines Schulhaus, der Neubau ein Spezialtrakt. nicht verloren gehen. Der umgenutzte Stall am Dorfrand von Stampa zeigt eine radikale, aber ebenso subtile Lösung. Während die Aussenhaut mit den typischen Bauformen und Materialien weitgehend unangetastet blieb, entstand im Innern eine Art Wohnkiste mit einem modernen Innenleben und zeitgemässer Dämmung. ARCHITEKTUR/GESTALTUNG Ing. Tobias Eichelberg, Bondo, 1996/97 Soglio (am nord-westlichen oberen Dorfrand) Arch. Ruinelli & Ass., Soglio, 2003 und 2011 ARCHITEKTUR/GESTALTUNG Titelbild: James Batten, Schweizer Heimatschutz Foto: Dorfkern von Soglio HERAUSGEBER Schweizer Heimatschutz Villa Patumbah Zollikerstrasse 128 8008 Zürich T 044 254 57 00 www.heimatschutz.ch Spendenkonto 80-2600-7 IMPRESSUM Konzept und Redaktion Sabrina Németh und Patrick Schoeck, Schweizer Heimatschutz Koordination Sabrina Németh, Schweizer Heimatschutz Gestaltung Stillhart Konzept und Gestaltung, Zurich Druck Stämpfli AG, Bern Zürich/Bergell, 2015 DER WAKKERPREIS Der Schweizer Heimatschutz (SHS) vergibt jährlich einer politischen Gemeinde den Wakkerpreis. Das Preisgeld hat mit 20 000 Franken eher symbolischen Charakter. Der Wert der Auszeichnung liegt in der öffentlichen Anerkennung vorbildlicher Leistung. Erstmals ermöglicht wurde der Wakkerpreis 1972 durch ein Vermächtnis des Genfer Geschäftsmannes Henri-Louis Wakker (1875–1972) an den Schweizer Heimatschutz. Weitere seither eingegangene Legate erlauben es dem SHS, den Preis bis heute vergeben zu können. Der Wakkerpreis zeichnet Gemeinden aus, welche bezüglich Ortsbild- und Siedlungsentwicklung besondere Leistungen vorzeigen können. Die Auszeichnung von Stein am Rhein, Guarda, Ernen etc. in den 1970er Jahren erfolgte vor dem Hintergrund, dass die Erhaltung historischer Zentren nicht selbstverständlich war. Im heutigen Fokus stehen Gemeinden, die ihren Siedlungsraum unter zeitgenössischen Gesichtspunkten sorgfältig weiterentwickeln. Hierzu gehören insbesondere das Fördern gestalterischer Qualität bei Neubauten, ein respektvoller Umgang mit der historischen Bausubstanz sowie eine vorbildliche aktuelle Ortsplanung. Die Preisträger der letzten drei Jahren waren Aarau (2014), Sion (2013) und Köniz (2012). BAUKULTUR ENTDECKEN 13 Umnutzung eines Stalls am Dorfrand ADRESSE Strada Principale 109, Stampa Arch. André Born, Bern, 2011 ARCHITEKTUR/GESTALTUNG Die Kulturlandschaft und die Ortskerne des Bergells sind geprägt von kleinen Scheunen, Ställen, Dörr- und Lagerhäuschen. Diese Zeugnisse einer traditionellen Berglandwirtschaft sind in ihrer Funktion heute von wenigen grossen Stallbauten abgelöst und nicht mehr im Gebrauch. Innerhalb des Siedlungsgebietes bieten diese Bauten die Möglichkeit, Wohnraum und Arbeitsfläche zu schaffen. Dadurch kann ihr Bestand garantiert werden. Umbauten verlangen jedoch viel Fingerspitzengefühl: es gilt, moderne Komfortansprüche so umzusetzen, dass zumindest der äusserliche Charakter der Ställe und Scheunen sowie ihrer Aussenräume Die Verbindung eines Stalls mit dem danebenliegenden Haupthaus ermöglichte der Eigentümerschaft, zusätzlichen Raum für die sechsköpfige Familie zu schaffen. Bewusst verzichtete sie auf einen möglichen Abbruch, um die hohe Qualität des historischen Ortsbildes in Nachbarschaft zum Palazzo Salis aufrechtzuerhalten. Seit seinem Umbau 1996/97 beherbergt der Stall zwei Zimmer mit je einer Galerie. Da auf eine Küche oder ein Bad verzichtet wurde, liessen sich die Eingriffe in die Substanz auf ein Minimum beschränken. Die Umbauten sind durchaus sichtbar, aber zurückhaltend gestaltet: ein Durchgang aus Holz und Glas verbindet die beiden Gebäude, hinter der Stallfassade schimmern die Neubauteile durch, und ein Balkon brachte einen neuen Aussenraum. Zurückhaltung galt auch für den Umgang mit der Umgebung: der Steinbelag des kleinen Brunnenplatzes wurde instand gestellt und kann als Parkplatz wie als Aussensitzplatz genutzt werden. Dies ist die 38. Publikation in der Reihe «Baukultur entdecken». Weitere werden laufend produziert. Zu bestellen im Shop auf www.heimatschutz.ch Bergell Wakkerpreis 2015 Baukultur entdecken 15 1 Mit der Gemeindefusion im Tal 2010 wurde bisher nachbarschaftlich Geregeltes professionalisiert und klare Spielregeln definiert. Der Geist ist derselbe geblieben: die Bewohnerinnen und Bewohner sollen mit Respekt für das Schaffen und Wirken ihrer Vorfahren nachhaltig wirtschaften können. Konkret bedeutet dies etwa: Eine professionelle Bauberatung begleitet von Anfang an Projekte in den Dorfkernen, gibt Ratschläge und wägt verschiedene Vorschläge ab. Aussenraum und Gebäude formen gemeinsam die Identität des Ortsbildes. Dieses Neben- und Miteinander ist mehr als die Summe der einzelnen Teile. Der punktuelle Schutz von architektonischen Höhepunkten sichert den Erhalt und Pflege eines Ortsbildes nicht. Gefragt ist eine Gesamtsicht, die auch unscheinbare Elemente erkennt und benennt, die das Erscheinungsbild von Bauten und Aussenräumen prägen. Für das Bergell besonders wichtig sind die zahlreichen Nutz- und Ziergärten samt ihrer Umfassungsmauern der historischen Siedlungskerne. Mit einer speziellen «Nutz- und Ziergarten-Zone» sichert die Gemeinde Bergell den Fortbestand von kleinen Gemüsegärten ebenso wie von herrschaftlichen Villengärten. Tiefgarage – das Portal und die Zufahrt – gliedern sich möglichst sanft in den Bestand ein. Auf dem Garagendach wurde der ursprüngliche Nutzgarten wieder hergestellt, die originalen Trockenmauern konnten weiterverwendet werden. 10 3 13 6 Swisstopo xxxxx Diese hohe Verantwortung für die Zukunft mit Respekt für die Vergangenheit muss immer wieder neu verhandelt und erkämpft werden. Wir wünschen der Gemeinde Bergell, dass sie sich diesen Diskussionen stellt und weiterhin einen Weg beschreitet, der Veränderung und Kontinuität so verbindet, dass sie gemeinsam Mehrwerte schaffen. Der Schweizer Heimatschutz 2 Private Tiefgarage unter Nutzgärten ADRESSE Soglio (vom Kirchgarten einsehbar) Ing. Martin Gini, Bivio und Maloja, 2011 ADRESSE Coltura ARCHITEKTUR/GESTALTUNG 1723, massgebliche Erweiterung von Giovanni Crassi Marliani, 1850-1854 Strada Principale 115, Stampa ARCHITEKTUR/GESTALTUNG Rodolfo Fasciati, Stampa, 2006 ARCHITEKTUR/GESTALTUNG Eine qualitätsvolle Weiterentwicklung des Siedlungsbildes verlangt nach einer Auseinandersetzung mit dem gebauten Bestand und den vorhandenen Aussenräumen. Im Bergell zeigt sich der gekonnte Umgang insbesondere bei einer oftmals vernachlässigten Bauaufgabe: der Erstellung von Parkplätzen und Tiefgaragen. Um einen Teil eines provisorischen Parkplatzes im Dorfkern aufheben zu können, unterstützte die Gemeinde das Vorhaben, eine Tiefgarage mit 12 privaten Stellplätzen in der «Nutz- und Ziergartenzone» zu erstellen. Ein gemeinsam mit der architektonischen Bauberatung der Gemeinde erstelltes Gestaltungskonzept ermöglichte ein ortsbildverträgliches Projekt. Die sichtbaren Teile der Schweizer Heimatschutz Villa Patumbah Zollikerstrasse 128 8008 Zürich 6 Palazzo Castelmur 3 Privater Hof mit gedeckten Parkplätzen ADRESSE Diese ebenso pragmatische wie ganzheitliche Betrachtung des Ortsbildes ermöglicht Lösungen, die den Interessen des Einzelnen ebenso Rechnung tragen wie dem gemeinschaftlichen Ziel des Erhalts der gebauten Identität. Viele Grundlagen wurden teilweise bereits vor vielen Jahren geschaffen; so etwa spezielle Zonen, die Gärten vor einer unerwünschten Bebauung schützt. friedet grenzt sich das Anwesen vom öffentlichen Geschehen und von der umliegenden landwirtschaftlich betriebenen Talsohle ab. Die Anlage wurde in den 1990er Jahren nach gartendenkmalpflegerischen Kriterien schrittweise instand gestellt und subtil, aber pointiert weiterentwickelt. Aufgrund seines ausserordentlichen Gesamtkonzeptes gehört der Palazzo in Bondo zu den herausragenden Herrschaftshäusern in Graubünden. Er befindet sich immer noch im Besitz der englischen Salis und wird als Sommersitz bewohnt. Die Umwidmung eines Nutzgartens in einen Hof mit drei Stellplätzen hat die Parkierung des Privathauses und die Wirkung des umliegenden öffentlichen Raumes deutlich verbessert. Seit den 196 0er Jahren stand an der nordöstlichen Ecke des Grundstücks eine Doppelgarage, die den angrenzenden öffentlichen Platz mit einem Brunnen beeinträchtigt hatte. Ein umfassendes Projekt von 2006 legte die Zufahrt an die Hausfassade und stellte die einstige Umfriedung mit einer Steinmauer gegen den Platz wieder her. Gegen aussen wirkt das Erscheinungsbild seither einheitlicher. Im Innern schafft die Umfriedung eine Hofsituation, die durch eine angemessene Pflästerung und einen gezielten Einsatz von Grün eine gartenähnliche Atmosphäre bietet. 5 Palazzo Salis Bondo (am nord-westlichen Fuss des Dorfkerns) 17. bis 19. Jahrhundert ADRESSE BAUZEIT Nach Plänen des mailändischen Architekten Francesco Croce errichtete Jerome, 2nd Count de Salis, zwischen 1766 und 1775 den Palazzo als Sommersitz. Haus und Garten bilden eine harmonische Einheit. Im Inneren herrscht der Geist des Rokoko, aussen steht ein zeitloses Sinnbild italienischer Gartenkultur. Vor das Dorf gestellt richten sich der Palazzo und die Gartenanlage auf die weite Ebene nach Westen aus. Von einer Mauer um- Ein besonders geschäftstüchtiger Bergeller Auswanderer war Giovanni Castelmur. Er erbte das florierende Geschäft seiner Familie, eine Patisserie in Marseille. In Coltura bei Stampa liess er Mitte des 19. Jh. ein ehemaliges Patrizierhaus zum Palazzo Castelmur, einem Schloss in venezia- Agostino Garbald, erster eidgenössischer Zolldirektor in Castasegna, und seine Frau Johanna liessen sich vom berühmten Architekten Gottfried Semper ein «italienisches Landhaus» entwerfen. Seit 1958 sind die Villa und der reiche kulturelle Nachlass der Familie im Besitz der Garbald Stiftung. 2004 wurde die Villa in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich sanft renoviert und erhielt durch einen modernen Turm ihre bauliche Ergänzung – ein gekonntes Beispiel der inneren Verdichtung. Dieser präzise und selbstbewusst in das Siedlungsbild eingefügte Neubau ist das Resultat eines Architekturwettbewerbes, der mit Hilfe des Bündner Heimatschutzes von der Stiftung Garbald organisiert wurde. Die Villa ist heute ein Denklabor, ein Seminarzentrum und ein kultureller Begegnungsort mit positiven Auswirkungen auf das Dorfleben. Datum/Unterschrift 8 9 ARCHITEKTUR/GESTALTUNG Beruf/Jahrgang 7 Via Principale, Castasegna (beim westlichen Dorfeingang) Arch. Gottfried Semper, 1862-1864, RESTAURIERT 2002/03; NEUBAU «Roccolo», Arch. Miller & Maranta, 2003/04; GARTENGESTALTUNG Jane Bihr-de Salis ADRESSE E-Mail 14 Der Schweizer Heimatschutz zeichnet mit dem Wakkerpreis 2015 keine Idylle aus, sondern würdigt eine Gemeinde und ihre Bewohnerschaft, die den Wert ihres gebauten Erbes und der erhaltenen Kulturlandschaften als wichtige Standortvorteile erkannt hat und diese nach Kräften pflegt. Entsprechend verfügt die Gemeinde über Inventare und Schutzzonen, die für einen sorgfältigen Umgang mit wertvollen Gebäuden und Siedlungsstrukturen sorgen. Dies soll keinen Stillstand zementieren, sondern ein sinnvolles Weiternutzen des Bestandes ermöglichen. 7 Villa Garbald PLZ/Ort 5 11 Das vielfältige baukulturelle Erbe des Bergells umfasst neben landwirtschaftlichen Nutzbauten und Bauernhäusern auch herrschaftliche Palazzi, die Adlige und geschäftstüchtige Auswanderer nach ihrer Rückkehr ins Tal erbauen liessen. Im Dorfkern von Soglio treffen diese Gegensätze auf engstem Raum aufeinander. Am oberen Ortsrand stehen gleich vier imposante Gebäude aus dem 16. und 18. Jahrhundert nebeneinander. Eines davon ist die Casa Battista. Sie wurde um 1628 erbaut, 1701 zur heutigen Grösse erweitert und 1789 vereinheitlicht umgestaltet. Zur gleichen Zeit wie im Tal in Promontogno das Hotel Bregaglia erstellt wurde, erhielt auch die Casa Battista 1876 eine neue Nutzung als aussergewöhnliches Gasthaus. Der sehenswerte Barockgarten hinter dem Haus wurde dadurch öffentlich zugänglich. Der Schweizer Heimatschutz zeichnete die Bemühungen der privaten Eigentümer, die Salis-Gärten in Soglio und Bondo nach gartendenkmalpflegerischen Grundsätzen instand zu halten, 2009 mit dem Schulthess Gartenpreis aus. Der Barockgarten in Soglio ist dabei keineswegs musealisiert, sondern beherbergt ein Gartenrestaurant und wird während der Saison von zahlreichen Gästen rege genutzt. Strasse/Nr. 2 BAUZEIT Geschäftsantwortsendung Invio commerciale-risposta Envoi commercial-réponse 4 Soglio (Hauptplatz im Zentrum des Dorfes) 16. bis 18. Jahrhundert ADRESSE Die Gemeinde Bergell erhält den Wakkerpreis 2015 für ihr Engagement für den Erhalt und die Belebung ihrer reichhaltigen Baukultur. Wir möchten Sie mit diesem Führer zu einem Rundgang einladen, der auf 15 Stationen eine Talschaft vorstellt, die mit Kreativität – aber ebenso mit Hochachtung – den gebauten Bestand weiternutzt oder neu mit Leben füllt. Unsere Auswahl ist keineswegs abschliessend. Links und rechts des Pfades werden Sie weitere aussergewöhnliche Bauten antreffen. Ebenso konfrontiert Sie die Wanderung auch mit weniger gelungenen Um- und Neubauten. Firma/Organisation 12 Strada Principale, Vicosoprano (am westlichen Dorfeingang) nisch-neogotischem Stil, ausbauen und ergänzte die Anlage durch einen ausgedehnten Park. 1963 vom Kreis Bergell samt Inventar erworben und heute im Besitz der Gemeinde ermöglicht der öffentlich zugängliche Palazzo mit seiner prunkvollen historischen Ausstattung einen Einblick in die gehobene Wohnkultur des 18. und 19. Jh. Ebenso finden regelmässig Anlässe für zeitgenössische Kunst statt. Name/Vorname BILD 4 Hotel Palazzo Salis (Casa Battista) Nicht frankieren Ne pas affranchir Non affrancare 1 Die Identität des Ortes: Nutz- und Ziergärten O Frau O Herr Leben in und mit der Baukultur Lageplan