Evaluierung der nationalen Reglementierungen des Berufszugangs

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Evaluierung der nationalen Reglementierungen des Berufszugangs
durch die EU-Kommission
Zahlen und Fakten zur Ausbildungsleistung im zulassungsfreien Handwerk
Im Gesetzentwurf zur HwO-Novelle von 2003 heißt es: „Die Ausbildungsleistung insgesamt wird durch
die vorgesehenen Regelungen nicht beeinträchtigt. Vielmehr soll … die Ausbildungsleistung … erheblich verbessert werden.“ (BT-Drucksache 15/1206).
1. In den Jahren 2002 bis 2012 ist die Zahl der Ausbildungsstätten in Baden-Württemberg in den weiter zulassungspflichtigen Berufen zunächst etwas gestiegen. Ab 2010 ist sie aus demografischen
Gründen etwas zurückgegangen. Das geht aus der Betriebs- und der Ausbildungsstatistik der badenwürttembergischen Handwerkskammern hervor (siehe Tabelle). Zwar hat sich auch in den ab 2004
zulassungsfreien Berufen die Anzahl der Ausbildungsstätten ähnlich wie im zulassungspflichtigen
Handwerk entwickelt, aber die Betriebszahl hat sich mehr als verdoppelt! Das heißt, während die
Meisterbetriebe weiter ausgebildet haben, bilden viele der Neugründungen nicht aus.
2. In den ab 2004 zulassungsfreien Berufen kamen in Baden-Württemberg nach Angaben der Kammern zwischen 1999 und 2003 knapp 30 Auszubildende auf 100 Betriebe. Nach der HwO-Novelle
sank die Quote zunächst auf 20 im Jahr 2004 und auf 17 im Jahr 2005. Heute liegt sie bei knapp 10
Auszubildenden pro 100 Betriebe. Im zulassungspflichtigen Handwerk sank die Quote von knapp 60
Auszubildenden in den Jahren 1999 bis 2002 auf heute knapp 50. Bezogen auf den Betriebsbestand
ging die Anzahl der Auszubildenden in den nun zulassungsfreien Berufen deutlich stärker zurück.
3. Neben den vielen Gründungen nimmt die Zahl der Betriebslöschungen massiv zu. Mittlerweile wird
in Baden-Württemberg laut Betriebsstatistik der Handwerkskammern jeder siebente Betrieb im zulassungsfreien Handwerk pro Jahr gelöscht. (zulassungspflichtiges Handwerk: ca. 5%). Das heißt: Viele
Gründer können sich nicht am Markt halten oder die Gründung ist von vorneherein nicht auf Dauer angelegt. Für diese Gründer lohnt es nicht die Ausbildereignungsprüfung abzulegen. Folglich bilden sie
auch nicht aus!
4. Ein größerer Teil der Gründer hat einen Migrationshintergrund. Zumindest für Gründer aus den 2004
und 2007 zur EU beigetretenen Staaten liegen den Handwerkskammern Daten aus BadenWürttemberg vor. So kommt knapp jeder zehnte Inhaber, der seinen Betrieb ab 2004 eingetragen hat
und 2012 noch eingetragen ist, aus diesen Staaten. Bei den Fliesenlegern ist es sogar knapp jeder
fünfte. Viele dieser Betriebsinhaber kennen das deutsche Berufsausbildungssystem nicht und scheuen
sich daher auszubilden.
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5. Nach Hinweisen aus den Betriebsberatungsstellen der Handwerkskammern ist die Bandbreite der
Qualifikationen der Gründer immens groß. Sie reicht von sehr gut bis hin zu massiven Mängeln bei den
fachlichen, betriebswirtschaftlichen und juristischen Kenntnissen. Gerade letztere Gründer
werden
nicht ausbilden, weil sie es nicht schaffen, den Jugendlichen solide Kenntnisse zum Bestehen der Gesellenprüfung mitzugeben.
6. Viele der Gründer in den stark wachsenden Berufen bleiben Soloselbstständige. Darauf weist die
Handwerkszählung des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg hin. Der durchschnittliche
Fliesenlegerbetrieb aus dem Jahr 1995 hatte sieben Beschäftigte, im Jahr 2008 nur noch drei. Dabei
sind in den Daten des Jahres 2008 Kleinstbetriebe im Nebenerwerb gar nicht enthalten. Nach den Umfragen des BWHT findet Ausbildung vor allem in Betrieben ab ca. vier bis fünf Beschäftigten statt. In
kleineren Betrieben fehlt es zum Teil an Strukturen, die eine Ausbildung möglich machen.
Fazit:
Das im Gesetzentwurf genannte Ziel wurde nicht erreicht. Statt einer verbesserten Ausbildungsleistung
brachte die HwO-Novelle in einigen Berufen eine hohe Anzahl von Gründungen, von denen viele zu
klein für die Ausbildung sind oder aus anderen Gründen die Ausbildung scheuen.
Tabelle zu 1:
AusbildungsstätBetriebsbestand
Ausbildungsstätten
Betriebsbestand
ten zulassungszulassungsfreies
zulassungspflichtizulassungspflichtifreies Handwerk
Handwerk
ges Handwerk
ges Handwerk
indexiert 2002 = 100; ohne Ausbildungsstätten für kaufmännische, sonstige und Behindertenberufe
2002
100,0
100,0
100,0
100,0
2003
99,8
98,0
110,0
98,8
2004
101,0
119,0
117,7
99,4
2005
102,1
140,7
117,3
100,0
2006
103,4
159,9
106,1
100,3
2007
104,8
172,2
107,2
100,4
2008
110,4
179,9
108,8
100,3
2009
104,9
189,7
110,3
100,2
2010
96,3
198,2
102,4
100,2
2011
89,2
210,8
94,8
100,1
2012
86,3
217,6
91,5
99,3
Quelle: Betriebs- und Ausbildungsstatistik der baden-württembergischen Handwerkskammern; alle Daten beziehen sich auf Baden-Württemberg
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