Chemische Gasphasenabscheidung (CVD) von keramischen Verschleißschutzschichten auf Basis von Chromcarbid und Titancarbid Der Technischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg zur Erlangung des Grades DOKTOR - INGENIEUR vorgelegt von Michael Satschko Erlangen 2004 II Als Dissertation genehmigt von der Technischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg Tag der Einreichung: Tag der Promotion: Dekan: Berichterstatter: 05.05.2004 21.10.2004 Prof. Dr. A. Winnacker Prof. Dr. G. Emig Prof. Dr. G. Wahl III Zusammenfassung Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der chemischen Gasphasenabscheidung von Chromcarbid und Titancarbid. Die metallorganische chemische Gasphasenabscheidung (MOCVD) von BisEthylbenzol-Chrom (BEBCr, Cr(C6H5-C2H5)2) ermöglicht die Abscheidung von Chromcarbidschichten bei Temperaturen unter 500°C und somit die Beschichtung von Stählen und anderen temperaturempfindlichen Materialien. Die chemische Gasphasenabscheidung im System TiCl4 und CH4 ermöglicht die Abscheidung von TiC-Schichten ab 1000°C. Die Abscheiderate und der Precursorumsatz werden bei der Abscheidung von Cr7C3 und bei der Abscheidung von TiC bei verschiedenen Verweilzeiten, Konzentrationen, Abscheidetemperaturen und Drücken untersucht und diskutiert. Die vorliegende Arbeit zeigt eine kinetische Betrachtung des Cr7C3-MOCVDProzesses und des TiC-Prozesses. Für beide Prozesse wird ein vereinfachtes kinetisches Modell vorgestellt. Die abgeschiedenen TiC und Cr7C3-Schichten werden hinsichtlich ihrer tribologischen Eignung untersucht. Abstract The present work shows the results of the chemical vapour deposition of chromium carbide and titanium carbide. Metal organic chemical vapour deposition (MOCVD) of bis-ethylbenzene-chromium (BEBCr, Cr(C6H5-C2H5)2) allows to produce chromium carbide (Cr7C3) hard coatings at temperatures below 500°C and enables to coat alloys and other temperature sensitive materials. The chemical vapour deposition in the system TiCl4 and CH4 enables the deposition of TiC at 1000°C. The deposition rate and the precursor conversion is investigated and discussed for different residence times, concentrations, deposition temperatures and pressures in the deposition process of Cr7C3 and in the deposition process of TiC. The present work shows some kinetic aspects of the Cr7C3-MOCVD process and the TiC process. For both processes a simplified kinetic model is proposed. The TiC and Cr7C3 coatings are investigated concerning their tribological behaviour. IV Die vorliegende Arbeit entstand am Lehrstuhl für Technische Chemie I der FriedrichAlexander-Universität Erlangen-Nürnberg im Zeitraum Januar 1999 bis April 2002. Den Abschluss meiner Dissertation habe ich vielen Personen, die mich während dieser Zeit am Lehrstuhl begleitet haben, zu verdanken. Mein besonderer Dank gilt an erster Stelle Herrn Prof. Dr. G. Emig für das entgegengebrachte Vertrauen und die Unterstützung meiner Tätigkeit, sowie dem großzügig gewährtem Freiraum bei der Durchführung und der Gestaltung meiner Arbeit. Herrn Prof. Dr. G. Wahl danke ich für die freundliche Übernahme des Koreferates. Bei Frau Priv.-Doz. Dr. Nadejda Popovska möchte ich mich für die konstruktiven und hilfreichen Diskussionen im Rahmen der von Ihr betreuten „CVD-Gruppe“ bedanken. Ihre freundliche und offene Art trug wesentlich zu einer kollegialen, freundlichen Atmosphäre und zu einem angenehmen Arbeitsklima bei, ein entscheidender Faktor für das Gelingen der Arbeit. Ein weiterer Dank gilt in diesem Zusammenhang Herrn Dipl.-Ing. (FH) Helmut Gerhard, der für komplizierte Fragestellungen jederzeit ein offenes Ohr hatte und wertvolle Anregungen und Hinweise sowie in vielen Diskussionen den Fortgang der Arbeiten wesentlich förderte. Ebenso Danke ich allen Kolleginnen und Kollegen insbesondere Herrn Dr.-Ing. V. K. Wunder, Herrn Dipl.-Ing. S. Schmidt und Herrn Dipl.-Ing. F. Kiesslich die mir oft mit Rat und Tat zur Seite standen und viele hilfreiche Diskussionen mit mir führten. Einen wesentlichen Beitrag zum erfolgreichen Gelingen dieser Arbeit trugen folgende Diplomanden, Studienarbeiter und wissenschaftliche Hilfskräfte bei: Dipl.-Ing. Jan Anuschek, Dipl.-Ing. André Schade, BSc. Maya Dimitrova, MSc. Hristo Strakov. Ferner möchte ich allen Mitarbeitern des Lehrstuhls für Ihren Einsatz danken. Besonders erwähnt sei hier Herr M. Schmacks der durch seinen Einsatz den schnellen Umbau der Versuchsanlagen erst ermöglichte. Weiterer Dank gelten Herrn G. Dommer und Herrn M. Walter für die Hilfe bei der Behebung zahlreicher elektronischer Probleme im Laufe der Arbeit. I Inhaltsverzeichnis INHALTSVERZEICHNIS........................................................................................I KAPITEL 1 ........................................................................................................................ 1 EINLEITUNG UND AUFGABENSTELLUNG ................................................................... 1 KAPITEL 2 ........................................................................................................................ 3 THEORETISCHE GRUNDLAGEN...................................................................................... 3 2.1. TRIBOLOGIE................................................................................................................... 3 2.1.1. Reibung.................................................................................................................. 3 2.1.2. Verschleiß.............................................................................................................. 4 2.2. DÜNNSCHICHTTECHNOLOGIE ................................................................................ 5 2.2.1. Vorbehandlung von Substratoberflächen ......................................................... 5 2.2.2. Materialien für tribologische Schichten ............................................................. 6 2.2.3. Beschichtungsverfahren...................................................................................... 7 2.2.4. Schichtstruktur und Schichthaftung ................................................................. 10 2.3. GRUNDLAGEN DER CHEMISCHEN GASPHASENABSCHEIDUNG (CVD) .... 12 2.3.1. Allgemeines und Prozessklassifizierung ........................................................ 12 2.3.2. Precursoren ......................................................................................................... 14 2.3.3. Beschreibung des CVD-Prozesses ................................................................. 16 2.4. STAND DER TECHNIK ÜBER CVD VON CHROMCARBID UND TITANCARBID ..................................................................................................................... 20 2.4.1. MOCVD von Chromcarbid ................................................................................ 20 2.4.2. CVD von Titancarbid.......................................................................................... 31 KAPITEL 3 ...................................................................................................................... 42 EXPERIMENTELLER TEIL............................................................................................... 42 3.1. MOCVD VON CHROMCARBID................................................................................. 42 3.1.1. Chromcarbidabscheidung in einem Strömungsrohrreaktor......................... 43 3.1.2. Chromcarbidabscheidung in einer Technikumanlage .................................. 47 3.2. CVD VON TITANCARBID........................................................................................... 49 3.2.1. Titancarbidabscheidung in einem Strömungsrohrreaktor ............................ 49 3.3. CHARAKTERISIERUNG DER CRC- UND TIC-SCHICHTEN.............................. 51 3.3.1. Morphologie......................................................................................................... 52 3.3.2. Mikrostruktur........................................................................................................ 53 3.3.3. Chemische Zusammensetzung........................................................................ 54 3.3.4. Oberflächenrauheit............................................................................................. 55 3.3.5. Haftfestigkeit........................................................................................................ 56 3.3.6. Reibung und Verschleiß .................................................................................... 56 II KAPITEL 4 ...................................................................................................................... 58 ERGEBNISSE UND DISKUSSION DER MOCVD VON CHROMCARBID................. 58 4.1. PRECURSORANALYSE............................................................................................... 58 4.2. CHROMCARBIDABSCHEIDUNG IM STRÖMUNGSROHRREAKTOR ............ 59 4.2.1. Variation der Prozessparameter ...................................................................... 59 4.2.2. Charakterisierung der Chromcarbidschichten ............................................... 68 4.2.3. Kinetische Modellierung der Chromcarbid-Abscheidung ............................. 71 4.4. CHROMCARBIDABSCHEIDUNG IN EINER TECHNIKUMANLAGE............... 83 4.4.1. Ermittlung der Abscheidungsverteilung .......................................................... 83 4.4.2. Ermittlung der Abscheiderate auf verschiedenen Materialien..................... 84 4.4.3. Charakterisierung der Chromcarbidschichten ............................................... 85 4.5. ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE DER CHROMCARBIDABSCHEIDUNG .................................................................................................................... 87 KAPITEL 5 ...................................................................................................................... 90 ERGEBNISSE UND DISKUSSION DER CVD VON TITANCARBID........................... 90 5.1. VARIATION DER PROZESSPARAMETER ............................................................. 90 5.2. CHARAKTERISIERUNG DER TIC-SCHICHTEN ................................................ 100 5.3. KINETISCHE MODELLIERUNG DER TIC-ABSCHEIDUNG ............................ 105 5.4. ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE DER TIC-ABSCHEIDUNG.......... 119 KAPITEL 6 .................................................................................................................... 122 TRIBOLOGIE...................................................................................................................... 122 6.1. CHROMCARBIDSCHICHTEN ................................................................................. 122 6.1.1. Oberflächenrauheit........................................................................................... 122 6.1.2. Haftungsmechanismus .................................................................................... 123 6.1.3. Haftfestigkeit...................................................................................................... 124 6.1.4. Verschleiß.......................................................................................................... 126 6.2. TITANCARBIDSCHICHTEN .................................................................................... 128 6.2.1. Haftungsmechanismus .................................................................................... 128 6.2.2. Verschleiß.......................................................................................................... 129 6.3. VERGLEICH VON CHROMCARBID- MIT TITANCARBIDSCHICHTEN ...... 130 6.3.1. Haftungsmechanismus .................................................................................... 130 6.3.2. Verschleiß.......................................................................................................... 130 KAPITEL 7 .................................................................................................................... 131 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK...................................................................... 131 7.1. MOCVD VON CHROMCARBID............................................................................... 132 7.2. CVD VON TITANCARBID......................................................................................... 133 7.3. TRIBOLOGIE VON CHROMCARBID UND TITANCARBID ............................. 135 III LITERATURVERZEICHNIS ........................................................................... 136 ANHANG A ................................................................................................................... 144 SYMBOLVERZEICHNIS................................................................................................... 144 ANHANG B ................................................................................................................... 147 TEMPERATURPROFILE.................................................................................................. 147 B.1. STRÖMUNGSROHRREAKTOR CHROMCARBIDABSCHEIDUNG................ 147 B.2. TECHNIKUMANLAGE CHROMCARBIDABSCHEIDUNG ............................... 148 B.3. STRÖMUNGSROHRREAKTOR TITANCARBIDABSCHEIDUNG ................... 149 ANHANG C ................................................................................................................... 150 STOFFDATEN ..................................................................................................................... 150 C.1. PRECURSOREN.......................................................................................................... 150 C.1.1. Bis-Ethylbenzol-Chrom ................................................................................... 150 C.1.2. Titantetrachlorid ............................................................................................... 150 C.2. SCHICHTMATERIALIEN ........................................................................................ 151 C.2.1. Chromcarbid Cr7C3 .......................................................................................... 151 C.2.2. Titancarbid TiC ................................................................................................. 151 ANHANG D ................................................................................................................... 152 ZUSAMMENSETZUNG DER GETESTETEN STÄHLE .............................................. 152 IV INDEX...................................................................................................I CHAPTER 1.........................................................................................1 INTRODUCTION AND TASK……………………………………………………………...1 CHAPTER 2.........................................................................................3 THEORY...................................................................................................................................3 2.1. TRIBOLOGY....................................................................................................................3 2.1.1. Friction.........................................................................................................3 2.1.2. Wear............................................................................................................4 2.2. COATING TECHNOLOGY............................................................................................5 2.2.1. Pre-treatment of substrate surface........................................................…...5 2.2.2. Materials for tribological coatings………………………………………………6 2.2.3. Coating technique........................................................................................7 2.2.4. Layer structure and layer adhesion................................…………………..10 2.3. FUNDAMENTALS OF CHEMICAL VAPOUR DEPOSITION (CVD)...…………12 2.3.1. Process classification.................................................................................12 2.3.2. Precursors……...........................................................................................14 2.3.3. CVD-Process.............................................................................................16 2.4. CVD OF CHROMIUM CARBIDE UND TITANIUM CARBIDE…………..….…..20 2.4.1. MOCVD of chromium carbide..…………………………………...………......20 2.4.2. CVD of titanium carbide…………………………………………..………...…31 CHAPTER 3.......................................................................................42 EXPERIMENTAL..................................................................................................................42 3.1. MOCVD OF CHROMIUM CARBIDE.……………………………………...……….42 3.1.1. Deposition of chromium carbide in a tubular reactor.........………..……....43 3.1.2. Deposition of chromium carbide in a technical reactor……………...……...47 3.2. CVD OF TITANIUM CARBIDE…………………………………...……………...….49 3.2.1. Deposition of titanium carbide in a tubular reactor………………….….……49 3.3. CHARACTERIZATION OF CRC- UND TIC-COATINGS………………………...51 3.3.1. Morphology................................................................................................52 3.3.2. Microstructure............................................................................................53 3.3.3. Chemical composition................................................................................54 3.3.4. Surface roughness.....................................................................................55 3.3.5. Adhesive strength.....………………………………………………………......56 3.3.6. Friction and Wear........…………………………………………………..........56 V CHAPTER 4.......................................................................................58 RESULTS OF THE MOCVD OF CHROMIUM CARBIDE……………………...……..58 4.1. ANALYSIS OF THE PRECURSOR..............................................................................58 4.2. DEPOSITION OF CHROMIUM CARBIDE IN A TUBULAR REACTOR…...…..59 4.2.1. Variation of the process parameters..............……………………………….59 4.2.2. Characterization of the chromium carbide layers…………………….……..68 4.2.3. Kinetic modelling of the chromium carbide deposition………………..……71 4.4. DEPOSITION OF CHROMIUMCARBIDE IN A TECHNICAL REACTOR…….83 4.4.1. Determination of the deposition distribution....………………………….......83 4.4.2. Determination of the deposition rate on different materials.……….………84 4.4.3. Characterization of the chromium carbide layers………………………..….85 4.5. SUMMARY OF THE CHROMIUM CARBIDE DEPOSTION.............…...……….87 CHAPTER 5.......................................................................................90 RESULTS OF THE CVD OF TITANIUM CARBIDE………………………..…...……..90 5.1. VARIATION OF THE PROCESS PARAMETERS…………………………...…….90 5.2. CHARACTERIZATION OF THE TIC-LAYERS…………………….....................100 5.3. KINETIC MODELLING OF THE TIC-DEPOSITION……………………..…….105 5.4. SUMMARY OF THE TIC- DEPOSTION………………………………………..…119 CHAPTER 6......................................................................................122 TRIBOLOGY........................................................................................................................122 6.1. CHROMIUM CARBIDE LAYERS….........................................................................122 6.1.1. Surface roughness…………………...………………………………............122 6.1.2. Adhesion mechanism......…………………………………………….….......123 6.1.3. Adhesive strength...………………………………………………………......124 6.1.4. Wear.....………………………………………………………………………...126 6.2. TITANIUM CARBIDE LAYERS................................................................................128 6.2.1. Adhesion mechanism...............................................................................128 6.2.2. Wear.........................................................................................................129 6.3. COMPARISON OF CRC- WITH TIC-LAYERS………………………………..…130 6.3.1. Adhesion mechanism...............................................................................130 6.3.2. Wear.........................................................................................................130 CHAPTER 7......................................................................................131 SUMMARY...........................................................................................................................131 7.1. MOCVD OF CHROMIUM CARBIDE…………………………………..………….132 7.2. CVD OF TITANIUM CARBIDE.................................……………............................133 VI 7.3. TRIBOLOGY OF CHROMIUM CARBIDE AND TITANIUM CARBIDE…..….135 BIBLIOGRAPHY.............................................................................136 APPENDIX A....................................................................................144 SYMBOLS.............................................………....................................................................144 APPENDIX B....................................................................................147 TEMPERATURE PROFILES.............................................................................................147 B.1. TUBULAR REACTOR CHROMIUM CARBIDE DEPOSITION..........................147 B.2. TECHNICAL REACTOR CHROMIUM CARBIDE DEPOSITION.....................148 B.3. TUBULAR REACTOR TITANIUM CARBIDE DEPOSITION.............................149 APPENDIX C....................................................................................150 MATERIAL DATAS............................................................................................................150 C.1. PRECURSORS..............................................................................................................150 C.1.1. Bis-Ethylbenzene-Chromium...................................................................150 C.1.2. Titanium tetrachloride.......................................................................................150 C.2. COATING MATERIALS............................................................................................151 C.2.1. Chromium carbide Cr7C3........................................................................151 C.2.2. Titanium carbide TiC................................................................................151 APPENDIX D....................................................................................152 COMPOSITION OF THE TESTED STEELS......…………………………………........152 1 Kapitel 1 Einleitung und Aufgabenstellung Reibung, Verschleiß und Schmierung waren für den Menschen schon immer von Interesse denn sie bestimmen über Standzeiten von Maschinen und Anlagen und besitzen somit eine wesentliche wirtschaftliche Bedeutung [1]. Aus der Zeit der Sumerer und Ägypter (3500 bis 30 v. Chr.) sind einfache Lager zur Entfachung von Feuer sowie Töpferscheiben mit Holz- und Steinlagern bekannt. Auch der Einsatz von Schmiermitteln wie Öl, Fett und Wasser und der Transport schwerer Steine mittels Schlitten geht auf diese Zeit zurück [2]. Leonardo da Vinci (1452–1519) führte bereits Untersuchungen zur Reibung an horizontaler und schiefer Ebene, sowie zum Verschleiß von Gleitlagern durch. Guillaume Amontons (1663-1705), der Untersuchungen auf dem Gebiet der Mischreibung durchführte, kam zu der Erkenntnis, dass die Reibungskraft von der Normalkraft abhängt und die Oberflächenrauheit eine Ursache für Reibung ist. Mit der Einführung des Reibkoeffizienten durch den Schweizer Mathematiker und Naturwissenschaftler Leonhard Euler (1707-1783) wurde ein Parameter geschaffen, der auch heute noch in der Tribologie (griechisch: tribein = reiben) die Grundlage für die Auswahl eines geeigneten Tribosystems bildet. Der Begriff Tribologie umfasst das Wissen und die technischen Anwendungen aus dem Bereich Reibung, Verschleiß und Schmierung. Nach DIN 50323 ist die Tribologie definiert als die Wissenschaft und Technik von aufeinander einwirkenden Oberflächen in Relativbewegung und schließt entsprechende Grenzflächenwechselwirkungen sowohl zwischen Festkörpern als auch zwischen Festkörpern und Flüssigkeiten und Gasen ein [3]. Unerwünschte Folgen von Reibung und Verschleiß wie z.B. Wärme, Verschleißteilchen und Geometrieänderungen reichen bis zum Verlust der Funktionsfähigkeit des Tribosystems. Eine Optimierung tribologischer Systeme unter Berücksichtigung ökonomischer und ökologischer Aspekte führte im Maschinenbau in den letzten Jahrzehnten zur Entwicklung spezieller Tribowerkstoffe, zu denen gezielt modifizierte Oxid- und Nichtoxidkeramiken gehören [4]. Zur Eindämmung von abrasivem Verschleiß und chemischen Angriff werden heute meist Hartstoffschichten wie z.B. TiN, TiCN, CrN, AlTiN eingesetzt, die über physikalische Gasphasenabscheidung (PVD – Physical Vapor Deposition) bei niedrigen 2 Temperaturen (ca. 200°C) erzeugt werden. Bei diesen Verfahren werden metallische Ausgangsstoffe thermisch, durch Zerstäuben oder durch Lichtbögen verdampft und in Gegenwart von Reaktivgasen auf ein Substrat abgeschieden [5]. Diese physikalischen Verfahren haben jedoch den Nachteil, dass Substrate mit komplexen Geometrien nicht homogen beschichtet werden können. Mit Hilfe der chemischen Gasphasenabscheidung (CVD – Chemical Vapor Deposition) können Werkstoffe allseitig homogen beschichtet werden. Die Schichten werden durch chemische Reaktionen von gasförmigen Edukten auf der Substratoberfläche abgeschieden. Klassische CVD-Prozesse erfordern im allgemeinen hohe Substrattemperaturen (ca. 1000°C) so dass diese Verfahren vor allem bei der Beschichtung von Hartmetallwerkzeugen eingesetzt werden können. Ein Beispiel hierfür ist die Beschichtung mit TiC welche sich in der Industrie etabliert hat. Sollen jedoch temperaturempfindliche Substrate wie z.B. Wälzlagerstähle (100Cr6) mittels CVD-Verfahren mit einer verschleißfesten Schicht beschichtet werden, muss man metallorganische Edukte einsetzen. Das hat zur Folge, dass auf diesen Substraten keine TiC-Schichten durch thermisch induzierte CVD erzeugt werden können. Im Gegensatz zu TiC ist eine Abscheidung von Chromcarbid aus metallorganischen Edukten bei Temperaturen von ca. 450°C möglich. Zudem erhofft man, dass die erzeugten Chromcarbidschichten einen kleineren Reibungskoeffizienten haben als die TiC-Schichten. Die Aufbringung von Chromcarbidschichten mittels MOCVD ist eine vielversprechende Möglichkeit zur Lösung von Korrosions- und Abrasionsproblemen da Chromcarbid auf Grund seiner chemischen Natur ideale Voraussetzungen nämlich Korrosionsschutz bis zu 900°C in oxidierender Atmosphäre, bei gleichzeitig hoher Härte mit sich bringt. Die Aufbringung anwendungsoptimierter Chromcarbidschichten kann somit die Standzeit von Maschinenbau- und Geräteteilen, sowie Werkzeugen, die der Korrosion, der Reibung und dem Verschleiß unterliegen, deutlich erhöhen [6]. Ziel dieser Arbeit ist die Abscheidung tribologisch geeigneter Hartstoffschichten auf der Basis von TiC und CrC unter ökonomischen und ökologischen Aspekten. Dies umfasst auf der einen Seite eine Ermittlung der optimalen Beschichtungsparameter des jeweiligen CVD-Prozesses und die zugehörige reaktionstechnische Beschreibung des Vorganges und auf der anderen Seite eine Charakterisierung der erzeugten Schichten. Mit den daraus gewonnenen Erkenntnissen erfolgt dann eine Untersuchung der Schichten hinsichtlich ihrer tribologischen Eigenschaften. 3 Kapitel 2 Theoretische Grundlagen 2.1. Tribologie Durch Reibung und Verschleiß entstehen den Volkswirtschaften der Industrieländer jährliche Verluste in Höhe von etwa 5% des Bruttosozialproduktes. Das bedeutet für Deutschland ca. 35 Milliarden €/Jahr [7]. Durch Umsetzen des bereits vorhandenen tribologischen Wissens könnten davon 10 Milliarden €/Jahr eingespart werden. Durch weitere tribologische Forschung kann dieses Sparpotential noch gesteigert werden. In der Praxis beschäftigt sich die Tribologie mit der Optimierung mechanischer Bewegungssysteme in Hinblick auf: • • • • • • • Verbesserung der Leistung Steigerung des Wirkungsgrades Reduzierung des Energieverbrauchs durch verringerte Reibung Ressourcenschonung durch Verschleißreduzierung Erhöhung der Zuverlässigkeit Erhöhung der Gebrauchsdauer Senkung der Wartungs- und Instandhaltungskosten Damit dient die Tribologie aktiv dem Umweltschutz, indem sie hilft Energieverbrauch und Verschleiß zu reduzieren und somit wertvolle Rohstoffe und Ressourcen zu schonen [7]. 2.1.1. Reibung Bei der Reibung unterscheidet man zwischen äußerer und innerer Reibung. Unter äußerer Reibung versteht man die Reibung zwischen festen Körpern. Sie bezeichnet den auf einen festen Körper wirkenden Widerstand (Reibungswiderstand, Reibungskraft), der die Bewegung des Körpers behindert [8]. Es gibt drei verschiedene Reibungsarten bei festen Körpern zu unterscheiden und man spricht je nachdem, ob 4 ein Körper auf seiner Unterlage haftet, gleitet oder rollt, von Haftreibung, Gleitreibung oder Rollreibung. Unter dem Begriff innere Reibung versteht man den Widerstand, den die einzelnen Teilchen eines festen, flüssigen oder gasförmigen Körpers ihrer relativen Bewegung untereinander entgegensetzten. Die innere Reibung bewirkt bei durch Rohrleitungen strömenden Fluiden eine Geschwindigkeitsverringerung in der Nähe der Rohrwandung, da direkt an der Rohrwandung in der Regel eine ruhende Fluidschicht haftet, an der sich die benachbarten strömenden Schichten reiben. Als Reibungsmechanismen werden die im Kontaktbereich eines tribologischen Systems auftretenden, bewegungshemmenden und energiedissipierenden Elementarprozesse der Reibung bezeichnet. Folgende Reibungsmechanismen können auftreten: • • • • Adhäsion plastische Deformation Furchung elastische Hysterese 2.1.2. Verschleiß Verschleiß ist definiert als ein mechanisch verursachter fortschreitender Materialverlust der Oberfläche eines Festkörpers durch einen Gegenkörper. Verschleiß äußert sich in Stoff- und Formänderungen sowie durch Auftreten von Verschleißpartikeln (DIN 50320). Zu den gebräuchlichen direkten Verschleißmessgrößen gehören nach DIN 50321 der lineare, planimetrische, volumetrische und massenmäßige Verschleißbetrag. Die beim Verschleißvorgang ablaufenden physikalischen und chemischen Prozesse werden als Verschleißmechanismen bezeichnet. Dazu gehören: Adhäsion Ausbildung von Grenzflächen-Haftverbindungen die bei einer Relativbewegung der Festkörperoberflächen abgeschert werden. Die Trennung der Mikrokontakte in der Grenzfläche oder in den angrenzenden Oberflächenbereichen eines oder beider Körper führt vor allem bei metallischen Paarungen zum Materialübertrag. Abrasion Abrasion wird verursacht durch Eindringen eines härteren Körpers in einen weicheren Körper bei tangentialer Bewegung. Eine Verschleißerscheinungsform hierfür ist z.B. Materialabtrag durch Spanbildung. 5 Oberflächenzerrüttung Diese wird hervorgerufen durch Rissbildung in Oberflächenbereichen aufgrund wechselnder mechanischer Spannungen. Tribochemische Reaktion Tribochemische Reaktionen werden durch reibbedingte Temperaturerhöhungen sowie entstandene Gitterfehler hervorgerufen und führen zur Bildung von Partikeln und Schichten zwischen den sich berührenden Oberflächen. In Tabelle 2.1 sind die oben genannten Verschleißmechanismen und ihre Erscheinungsformen nochmals zusammengefasst. Tabelle 2.1: Verschleißmechanismen und Verschleißerscheinungsformen Verschleißmechanismen Verschleißerscheinungsformen Adhäsion Abrasion Oberflächenzerrüttung Tribochemische Reaktion Löcher, Kuppen, Schuppen, Materialübertrag Kratzer, Riefen, Mulden, Wellen Risse, Grübchen Reaktionsprodukte (Partikel, Schichten) 2.2. Dünnschichttechnologie 2.2.1. Vorbehandlung von Substratoberflächen Bevor ein Substrat beschichtet werden kann, ist es notwendig, dass die zu beschichtenden Oberflächen frei von jeglichen Verunreinigungen sind. Reste von Verunreinigungen wie z.B. Fette oder Öle führen zu einer verminderten Schichthaftung auf dem Substrat und zu einem ungleichmäßigen Schichtwachstum. Zu Beginn eines industriellen Reinigungsprozesses erfolgt meist eine wässrige Reinigung der Substrate mittels diversen neutralen, sauren, alkalischen oder organischen Reinigern. Diese wässrige Reinigung kann dabei in mehreren Stufen bei unterschiedlichen Temperaturen und Reinigerkonzentrationen erfolgen. Anschließend werden die Substrate getrocknet. Als Fein- oder Feinstreinigung schließt dann eine Plasmareinigung den Prozess ab. Im folgenden wird nun auf die Plasmareinigung näher eingegangen, da diese als letzte Stufe des Reinigungsprozesses entscheidend für den Beschichtungsprozess ist. 6 Die Plasmareinigung ist ein trockenes, berührungsloses Feinreinigungsverfahren zur Entfettung von Oberflächen mit elektrisch angeregten Gasen. Die Plasmareinigung wird standardmäßig als Niederdruckplasma (p = 1mbar) in der Halbleiterindustrie eingesetzt. Dabei wird ein Gasgemisch (Ar/H2 oder Ar/O2) mittels Elektronen ionisiert. Das Ion kann, wenn es auf die Substratoberfläche trifft, chemisch abreagieren und so z.B. dünne Fettschichten abtragen. Organische Verunreinigungen wie Fette, Öle und Tenside können entfernt werden, wenn diese Schichtdicken < 1µm sind. Anorganische Verunreinigungen und mechanische Verschmutzungen können nur bedingt mittels Plasmareinigung entfernt werden [9]. 2.2.2. Materialien für tribologische Schichten Grundsätzlich kann man tribologische Schichten in zwei Klassen unterteilen. Zum einen in verschleißmindernde Schichten und zum anderen in reibungsmindernde Schichten. Verschleißminderung Zu den verschleißmindernden Schichten gehören Hartstoffschichten z.B. auf der Basis von Titan und Chrom. In Tabelle 2.2 sind Beispiele industriell eingesetzter Schichten, ihre Herstellverfahren und ihre Einsatzgebiete zusammengefasst [5,10]. Man sieht, dass fast alle Schichten mit PVD- oder CVD-Verfahren hergestellt werden können und somit die Verfahren in unmittelbarer Konkurrenz zueinander stehen. Tabelle 2.2: Beispiele für Verschleißschutzschichten Schicht Beschichtungsverfahren Einsatzgebiet TiN TiCN TiC TiAlN CrN Cr7C3 Fe2B PVD/CVD PVD/CVD PVD/CVD PVD PVD CVD CVD Granulierwerkzeuge Zerrspanwerkzeuge Kugellager Bohrer Umformwerkzeuge Reaktoren Schneidwerkzeuge 7 Reibungsminderung Will man auf klassische Schmierstoffe wie Fette oder Öle verzichten, so kann Reibungsminderung durch Einsatz von kohlenstoffhaltigen Schichten oder mittels Festschmierstoffen erreicht werden. Der Begriff kohlenstoffhaltige Schichten umfasst einen großen Bereich von Schichtmaterialien. Dazu gehören harte, amorphe wasserstoffhaltige Kohlenstoff-Schichten, die wegen ihrer diamantähnlichen Eigenschaften wie z.B. hohe Härte und chemische Resistenz auch als DLC , diamond like carbon, bezeichnet werden. Durch Einbau von Metallen (Ti, W) in diese Schichten (Me-DLC) kann man die elektrische Leitfähigkeit erhöhen und Druckeigenspannungen senken was zu einer besseren Haftfestigkeit führt [11]. Me-DLC-Schichten werden mittels reaktivem Magnetronsputtern hergestellt. Durch Einbau nichtmetallischer Elemente wie z.B. Si, B, F, O, N (XDLC) kann man gegenüber den DLC niedrigere Reibkoeffizienten erreichen. Bei Anwendungen von DLC- und modifizierten DLC-Schichten ist zu beachten, dass Einsatztemperaturen nur bis maximal 350°C möglich sind. Eingesetzt werden diese Schichten im Bereich der Zerrspan-, Umform- und Schneidtechnik [11]. Im Bereich der Schmierungstechnik werden die in der Herstellung noch teuren Festschmierstoffe immer wichtiger gegenüber den billigeren Ölen und Fetten, da Ölaufbereitungskosten und Entsorgungskosten wegfallen. Festschmierstoffe finden ein ideales Anwendungsgebiet in verunreinigungsempfindlichen Produktionsbereichen wie z.B. der Lebensmittelindustrie oder der Pharmaindustrie da von ihnen keine Toxizität ausgeht. Am häufigsten zum Einsatz kommen MoS2-Schichten, Graphit und PTFE (TEFLON) während für Hochtemperaturanwendungen hexagonales Bornitrid verwendet wird. 2.2.3. Beschichtungsverfahren Die Auswahl der Beschichtungsverfahren ist groß und reicht von der elektrochemischen Abscheidung (Galvanik), über die Konversionsschichtbildung, die Lackiertechnik, die Sol-Gel-Technik, die thermischen Spritzverfahren bis hin zu den PVD und CVD-Verfahren. Um einen Überblick zu bekommen ist in Abbildung 2.1 eine Klassifizierung der wichtigsten Beschichtungstechnologien dargestellt. Die Beschichtungstechnologien lassen sich in drei unterschiedliche Gruppentechniken untergliedern. Der erste Bereich umfasst sämtliche Flüssigkeitstechniken, zu denen die Sol-Gelund die elektrolytischen Prozesse gehören. Im zweiten Bereich sind die thermischen Spritzverfahren angesiedelt. Der dritte Bereich, bei dem die Abscheidung aus der Gasphase erfolgt, beinhaltet die PVD- und CVD-Prozesse. 8 Beschichtungstechnologien Flüssigkeitstechniken Thermische Spritzverfahren Abscheidung aus der Gasphase Sol - Gel Präkeramische Polymere Elektrolytische Prozesse PVD CVD Abbildung 2.1: Klassifizierung der Beschichtungstechnologien Im folgenden wird nun näher auf die PVD-Verfahren eingegangen, da diese in unmittelbarer Konkurrenz zu den CVD-Verfahren bei den Verschleißschutzschichten stehen. Bei allen PVD-Verfahren wird das abzuscheidende Material über einen physikalischen Prozess in die Gasphase überführt. Die beiden Prozesse, die hier in Frage kommen sind das Aufdampfen unter thermischer Energiezufuhr oder mittels Ionenstrahl sowie das Zerstäuben über die Stoßenergie der einzelnen Teilchen [12]. Nach der Überführung des Schichtmaterials in den dampfförmigen Zustand erfolgt der Transport des Dampfes durch die verdünnte Gasatmosphäre zwischen Quelle und Substrat. Um einen Transport der Teilchen von der Quelle zum Substrat zu ermöglichen benötigen alle PVD-Verfahren ein Vakuum kleiner 10-2mbar. Diese Bedingung führt zu einem gerichteten Fluss der Teilchen (line-of-sight), in dem nur die der Quelle zugewandten Substratflächen beschichtet werden. Für eine gleichmäßige Beschichtung ist daher meist eine systematische Bewegung der Substrate notwendig. Dieser line-of-sight Prozess ermöglicht somit eine gezielte Beschichtung einzelner Flächen, wodurch sich die PVD-Verfahren grundlegend von den CVD-Verfahren unterscheiden [12]. Das Verfahren, die Prozessparameter und die Quellengeometrie bestimmen die Energie, Richtungsverteilung und Teilchenstromdichte der von der Quelle emittierten Teilchen. 9 Die PVD-Verfahren kann man in Aufdampf- und Zerstäubungsverfahren unterteilen. Zu den Aufdampfverfahren, die im Druckbereich kleiner 10–5mbar durchgeführt werden, gehören: • Thermisches Verdampfen Das zu verdampfende Material, aus dem die Schicht erzeugt werden soll, wird in einem hochtemperaturfesten Tiegel im Hochvakuum bei Temperaturen zwischen 1500 und 2000°C erhitzt. • Widerstandsbeheiztes Verdampfen Das zu verdampfende Material wird in ein zwischen zwei Elektroden gespanntes Schiffchen, z.B. aus Wolfram oder Tantal, gefüllt und mittels eines durchfließenden elektrischen Stromes erhitzt. • Flash Verdampfung Flash Verdampfung ist eine widerstandsbeheizte Verdampfung, bei der das Schiffchen vor dem Befüllen bereits auf eine Temperatur gebracht wird, die höher als die Verdampfungstemperatur des Materials ist. Das Material wird dann als Pulver zudosiert und verdampft so schlagartig bei Kontakt mit dem heißen Schiffchen. • Elektronenstrahl Verdampfung Das zu verdampfende Material wird mit Hilfe eines durch Magnetfelder abgelenkten Elektronenstrahl in einem gekühlten Kupfertiegel erhitzt. Bei den Zerstäubungsverfahren liegt der Arbeitsdruck im allgemeinen kleiner 10–2 mbar. Die Schichtbildung erfolgt nicht über eine Verdampfung sondern über eine Sublimation. Durch Ionenstoß wird Beschichtungsmaterial aus dem festen in den gasförmigen Zustand überführt. Diesen Prozess bezeichnet man auch als Sputtern oder Kathodenzerstäubung. Zu den Zerstäubungsverfahren gehören: • Magnetronsputtern Elektronen werden im Magnetfeld „eingefangen“, was zu einer Erhöhung des Ionisierungsgrades bzw. der Plasmadichte führt. • Ionenstrahl unterstütztes Sputtern Mittels eines in einer Ionenquelle erzeugten Ionenstrahls können abgeschiedene Schichten durch Ionenplatieren verdichtet werden. 10 Aufdampf- und Zerstäubungsverfahren können auch reaktiv betrieben werden, das heißt, durch Zugabe von Reaktivgas wie z. B. Stickstoff, oder Sauerstoff lassen sich Metallnitride bzw. –oxide abscheiden. Die wichtigsten Vorteile der PVD-Verfahren sind folgende [13]: • • • • • • hohe Abscheiderate breite Auswahl an Beschichtungsmaterialien Abscheidung bei niedrigen Temperaturen Beschichtung temperatursensitiver Materialien hohe Reinheit der Schichten umweltfreundlich, da keine Nebenprodukte entstehen als Limitierungen bei Anwendung der PVD-Verfahren erweisen sich: • • • • sehr aufwendige, teure Produktionsanlagen keine Abscheidung von Polymermaterialien hoher Energieverbrauch keine homogene Beschichtung 3-dimensionaler Substrate mit inneren Oberflächen möglich 2.2.4. Schichtstruktur und Schichthaftung Die Reinheiten der Ausgangsstoffe und die Einstellung der Abscheidungsparameter sind entscheidend für die Stöchiometrie der gebildeten Schichten. Die Struktur der abgeschiedenen Schichten kann von epitaktischem Schichtwachstum bei niedrigen Konzentrationen und langsamer Wachstumsgeschwindigkeit, aufgrund niedriger Temperaturen, über die Bildung von Plättchen, Whiskern, sowie polykristallinen- oder amorphen Schichten bis hin zur Pulverbildung in der Gasphase bei hohen Temperaturen und hohen Eduktkonzentrationen führen. Die gewünschten Eigenschaften wie hohe Härte und Bruchzähigkeit lassen sich bei Verschleißschutzschichten erreichen, indem gleichmäßige, polykristalline oder amorphe Strukturen über einen CVD-Prozess abgeschieden werden. Die schnell aufwachsenden regellosen polykristallinen Schichten werden hauptsächlich im kinetisch kontrollierten Bereich des CVD-Prozesses bei niedrigen Drücken und Temperaturen erzeugt. Die Haftfestigkeit und damit verbunden die Funktionsfähigkeit der abgeschiedenen Schichten bestimmt im wesentlichen die Einsatzmöglichkeiten des beschichteten 11 Werkstoffes in einer technischen Anwendung. Das Interface zwischen Substrat und Schicht, welches von atomaren Bindungskräften, inneren Spannungen und den jeweiligen Beanspruchungen abhängt, ist für die Adhäsion der Schicht verantwortlich. Eine gute Adhäsion wird durch starke Atom-Atom-Bindung in der Interfacezone und geringen Spannungen in der Schicht erreicht. Somit hängt die Haftfestigkeit des Verbundes von den Werkstoffpartnern, dem Interfacetyp und der über die Abscheidungsbedingungen steuerbaren Mikrostruktur der Schicht ab. Eine rein mechanische Haftung aufgrund mechanischer Verankerung an der Grenzfläche durch Formschluss zwischen dem Schichtmaterial und der rauen Substratoberfläche bzw. den Poren stellt einen Interfacetypen dar, in dem nur van-derWaals-Kräfte auftreten [14]. Bei Monoschicht/Monoschicht Systemen kommt es zu einem abrupten Übergang vom Substrat zum Schichtmaterial innerhalb weniger Atomlagen wobei keine Diffusion oder chemische Reaktion auftritt und nur van-der-Waals-Kräfte auftreten. Eine intermetallische- oder eine oxidische bzw. eine andere Verbindung aufgrund chemischer Bindung in einer über viele Atomabstände umfassenden Verbindungszone wird durch chemische Reaktion zwischen den Partnern gebildet. Als Bindungskräfte können kovalente oder metallische und/oder ionische Bindungen auftreten. Die Diffusion ist ein Interfacetyp mit kontinuierlichem Übergang der chemischen Zusammensetzung, der Gitterparameter und der inneren Spannungen vom Substrat zum Schichtmaterial bei gegenseitiger Löslichkeit beider Partner. Für Diffusionsvorgänge sind generell hohe Temperaturen notwendig. Als Bindungskräfte können kovalente oder metallische und/oder ionische Bindungen auftreten. Als Pseudodiffusion bezeichnet man einen Interfacetypen, ohne gegenseitige Löslichkeit der beiden Partner, der aufgrund starker Energieeinwirkung auf das Substrat durch Eindringen von hochenergetischen Ionen bis zu einer bestimmten Tiefe in das Gitter, z.B. Ionenimplantation oder Ionenbombardement, entsteht. Als Bindungskräfte sind nur ionische Bindungen möglich, metallische oder kovalente Bindungen sind nicht möglich. Bei diesen fünf genannten Interfacetypen kann keine eindeutige Aussage über das Vorhandensein der Bindungskräfte gemacht werden, es sind lediglich die Möglichkeiten der Bindungskräfte angegeben wobei die van-der-Waals-Kräfte jederzeit in jeder Übergangszone auftreten können sobald Dipole vorhanden sind. 12 2.3. Grundlagen der chemischen Gasphasenabscheidung (CVD) 2.3.1. Allgemeines und Prozessklassifizierung Unter CVD-Verfahren versteht man alle Beschichtungsprozesse bei denen aus der Gasphase durch chemische Reaktionen eine feste Schicht auf der Substratoberfläche abgeschieden wird [10]. Im Gegensatz zu PVD-Verfahren, bei denen festes Material durch Verdampfen oder Zerstäuben in die Gasphase überführt wird, benötigt man bei den CVD-Verfahren leicht flüchtige Edukte, die sowohl fest wie auch flüssig oder idealer weise schon gasförmig vorliegen können und durch Zuführung von Energie in einem Reaktor zur Reaktion gebracht werden. Unterscheiden kann man die CVD-Verfahren nach der Art der Aktivierung. Die Zuführung der Energie kann entweder thermisch oder mittels eines Plasmas erfolgen. Eine Aktivierung durch Photonenbeschuss ist ebenfalls möglich. Die thermischen CVD-Verfahren lassen sich durch den verwendeten Arbeitsdruck, die Reaktionstemperatur und die eingesetzten Edukte wie folgt untergliedern: • Arbeitsdruck o Normaldruck (Atmospheric Pressure CVD: APCVD) o Niederdruck (Low Pressure CVD: LPCVD) • Temperatur o Hoch-Temperatur (HTCVD) o Mittel-Temperatur (MTCVD) o Nieder-Temperatur (NTCVD) • Edukte o Anorganische (ACVD) o Organometallische (OMCVD) o Metallorganische (MOCVD) 13 Die Plasmaverfahren teilen sich in zwei Arten auf: • • Plasma unterstützte (Plasma Enhanced CVD: PECVD) Plasma aktivierte (Plasma Activated CVD: PACVD) Die beiden letzteren Verfahren existieren in den folgenden Varianten: o o o o DC-Anregung Gepulste DC-Anregung Radiofrequenz (RF)-Anregung Mikrowellen (MW)-Anregung Photonenaktivierte CVD-Prozesse unterscheiden sich in der Art der zur Anregung verwendeten Lichtquelle unterteilt in Laser und Lampen. Die thermisch induzierten CVD-Prozesse kann man nach dem Reaktortyp klassifizieren. Die Einteilung erfolgt dabei in Heißwand- und Kaltwandreaktoren. Heißwandreaktoren haben den Vorteil, dass sie einfach zu betreiben sind und dass mehrere Substrate gleichzeitig im Reaktor positioniert werden können. Durch den isothermen Betrieb können bei einer exakten Temperaturregelung alle Substrate gleichmäßig beschichtet werden. Als wesentlicher Nachteil erweist sich die unvermeidbare Beschichtung aller Anlagenkomponenten innerhalb der Reaktionszone was zu einem erhöhten Precursorverbrauch führt. Zudem führt eine Eduktverarmung zu einer ungleichmäßigen Beschichtung entlang des Reaktors. In Kaltwandreaktoren wird lediglich das Substrat erhitzt, was zu einem effektiverem Precursorverbrauch führt. Von Nachteil ist jedoch, dass ein aufwändigeres Beheizungssystem notwendig ist, was höhere Anlagenkosten verursacht. 14 Nachfolgend sind die wichtigsten Vorteile und Limitierungen der CVD-Verfahren dargestellt [15]: Vorteile: • • • • breite Auswahl an Beschichtungsmaterialien Abscheidung von Polymermaterialien möglich hohe Abscheiderate und Schichtreinheit homogene Beschichtung 3-dimensionaler Substrate mit inneren Oberflächen möglich Limitierungen: • • • • hohe Prozesstemperaturen für anorganische Precursoren teure und schwer verfügbare metallorganische Precursoren toxische und korrosive Precursoren bzw. Abgasprodukte Nachbehandlung und Entsorgung der Abgasprodukte 2.3.2. Precursoren Precursoren sind Vorläufersubstanzen, deren Moleküle die materialkonstituierenden chemischen Strukturelemente entweder vollständig oder teilweise in ihrer Molekülstruktur enthalten [16]. Precursoren können in folgende Verbindungsklassen eingeteilt werden [10]: • • • • • Halogenide Carbonyle Hydride Alkyle Metallorganische Verbindungen Für CVD-Prozesse werden am häufigsten Halogenide, Salze aus Halogenen wie z.B. Fluor oder Chlor und Metallen, verwendet, die jedoch den Nachteil haben, dass sie sich besonders bei hohen Temperaturen recht aggressiv verhalten. Innerhalb der Halogenide ist die Abscheidung aus Chloriden am weitesten verbreitet. Die Abscheidung von Titancarbid, aus Titantetrachlorid und Methan, wie sie in dieser Arbeit erfolgt, stellt hierfür ein klassisches Beispiel dar. Carbonyle sind Komplexverbindungen, bei denen Kohlenmonoxid an ein Metallatom gebunden ist. Dem Vorteil der niedrigen Beschichtungstemperatur (ca. 300°C) steht 15 der Nachteil der hohen Giftigkeit gegenüber, so dass Carbonyle nur selten wie z. B. für die Reinnickelherstellung verwendet werden. In der Halbleitertechnologie werden Hydride auf Siliziumbasis verwendet. Obwohl hohe Sicherheitsvorkehrungen notwendig sind bzgl. Toxizität und Explosivität haben sich die Hydride bei der Beschichtung hochwertiger Ausgangsprodukte der Halbleiterbauelemente durchgesetzt. Alkyle sind einwertige, unbeständige, sehr reaktionsfähige Molekülreste (z.B. Methyl) die bisher in der CVD keine große Bedeutung erlangt haben. Die Abscheidung von Aluminium aus Tri-Isobutyl-Aluminium kann hier als Beispiel genannt werden. Der Einsatz von metallorganischen und organometallischen Precursoren hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Metallorganische Verbindungen sind Komplexe, deren Liganden aus organischen Strukturen bestehen, wobei jedoch keine direkte Metall-Kohlenstoffbindung vorhanden ist. Organometallische Precursoren sind Komplexe mit Metall-Kohlenstoffbindungen. Häufig wird jedoch nicht mehr zwischen metallorganisch und organometallisch unterschieden. Metallorganische Verbindungen sind reaktionsfähige, meist wenig stabile Verbindungen von Metallen und Alkylgruppen, die Vorteile gegenüber den Metallhalogeniden haben, denn bei der thermischen Zersetzung entstehen seltener korrosive oder toxische Nebenprodukte, die Abscheidetemperaturen sind niedrig, neue Komponenten können in die Gasphase gebracht und neue Strukturen abgeschieden werden [10]. Der Nachteil der metallorganischen Precursoren liegt in ihrem hohen Preis. Da es sich meist um neuartige Substanzen handelt, ist es schwer, thermodynamische, physikalische oder chemische Daten zu erhalten, so dass diese oftmals abgeschätzt oder berechnet werden müssen. Im allgemeinen werden an Precursoren folgende physikochemische, sicherheitstechnische und wirtschaftliche Anforderungen gestellt [17]: • physikochemisch o leichter Übergang in die Gasphase o thermische Stabilität während der Verdampfung o ausreichend große Temperaturdifferenz zwischen Verdampfungs- und Zersetzungstemperatur o niedrige Zersetzungstemperatur o Langzeitstabilität o hohe Reinheit 16 • sicherheitstechnisch o leichtes Handling o nicht toxisch, pyrophor oder korrosiv o keine umweltschädlichen Abfallprodukte • wirtschaftlich o kostengünstig o kommerziell erhältlich Im Rahmen dieser Arbeit wird die metallorganische chemische Gasphasenabscheidung (MOCVD) von Chromcarbid aus Bis-Ethylbenzol-Chrom (BEBCr) untersucht. 2.3.3. Beschreibung des CVD-Prozesses Der Vorgang bei der chemischen Gasphasenabscheidung kann als heterogenes Stoffsystem betrachtet werden, bei dem analog zu Gas-Feststoffreaktionen auch konvektive und diffusive Transportvorgänge in der Gasphase sowie Sorptionseffekte auf der Substratoberfläche die chemische Reaktion beeinflussen [18]. Als Randbedingung wird zum einen festgelegt, dass die Substratoberfläche nicht porös ist. Zum anderen sind Wärmetönungen, verursacht durch Reaktionen, die zu Temperaturgradienten zwischen Gas und Substrat sowie innerhalb des Substrates führen, zu vernachlässigen, so dass von isothermen Bedingungen ausgegangen werden kann. Unter diesen Voraussetzungen können die Teilschritte eines CVD-Prozesses wie in Abbildung 2.2 gezeigt, dargestellt werden. 17 c Trägergas Reaktanden f Gasphasenreaktionen zu Zwischenspezies d Transport zur i Trägergas Rest-Reaktanden Abgasprodukte h Transport der Substratoberfläche Abgasprodukte Grenzschicht g Desorption e Adsorption f´ Oberflächendiffusion + chemische Reaktion Substrat c d h i Stofftransport e g Sorptionsprozesse f f´ chemische Reaktionen Abbildung 2.2: Teilvorgänge des CVD-Prozesses 1. Konvektiver Antransport der Precursoren 2. Diffusiver Antransport der Precursoren und Zwischenspezies aus vorgelagerten Gasphasenreaktionen durch die Grenzschicht zur Substratoberfläche 3. Adsorption der Precursoren und Zwischenspezies auf der Substratoberfläche 4. Oberflächendiffusion und chemische Reaktion 5. Desorption gasförmiger Nebenprodukte von der Substratoberfläche 6. Diffusiver Abtransport der Nebenprodukte durch die Grenzschicht in die Gasphase 7. Konvektiver Abtransport der Nebenprodukte Der CVD-Prozess setzt sich somit aus den Bereichen der Fluiddynamik (Konvektion), des Stofftransports (Diffusion) und der chemischen Reaktion zusammen, wobei in letzterer die Thermodynamik und die chemische Reaktionstechnik enthalten sind. Die Fluiddynamik ist abhängig von den Prozessparametern Gesamtdruck und Temperatur sowie von der Reaktorgeometrie und liefert Ergebnisse über Geschwindigkeitsprofile und Strömungsvorgänge. Der Stofftransport im Grenzfilm kann über Diffusion erfolgen und/oder durch Strömungen, welche durch volumenverändernde chemischen Reaktionen verursacht werden. Diffusion über die Grenzschicht findet nur dann statt, wenn eine Potentialdifferenz als treibende Kraft den Transportwiderstand aufgrund von z.B. Konzentrationsgradienten, Temperaturgradienten oder 18 Dichtegradienten überwindet. Die Thermodynamik gibt Aufschluss über die Richtung und Spontaneität des Ablaufes einer chemischen Reaktion und kann mittels Massenwirkungsgesetz und der Gibbs`schen freien Reaktionsenthalpie abgeschätzt werden. Die chemische Reaktionstechnik kann den CVD-Prozess mit Reaktionsgeschwindigkeitsansätzen beschreiben. Die Lösung kann entweder über allgemeine Potenzansätze oder durch Ableitung hyperbolischer Gesetze aus heterogenen Reaktionsmechanismen erfolgen. Die komplexen Vorgänge eines heterogenen Systems, wie es der CVD-Prozess darstellt, werden durch Potenzansätze nur pauschal beschrieben, da Sorptions- und Oberflächenvorgänge nicht berücksichtigt werden. Hyperbolische Ansätze wie z.B. nach Langmuir-Hinshelwood, Eley-Rideal oder Hougen-Watson sind in der Lage diese Vorgänge nach vorheriger Bestimmung eines geschwindigkeitsbestimmenden Teilschrittes der Teilreaktionen den CVD-Prozess genauer zu beschreiben [18]. Jeder der oben genannten sieben Teilschritte kann dabei geschwindigkeitsbestimmend sein. • Stofftransport durch Konvektion (Teilschritt 1 und 7) Charakteristisch hierfür ist ein proportionaler Zusammenhang zwischen Precursorumsatz und Verweilzeit, wie in Abbildung 2.3 zu sehen ist. Eine starke Temperaturabhängigkeit (Abb. 2.4) der Abscheiderate ist nicht festzustellen. Abbildung 2.3: Verweilzeitverhalten bei verschiedenen Limitierungen 19 • Stofftransport durch Diffusion (Teilschritt 2 und 6) Wie bei der Konvektion ist auch bei der Diffusion der Umsatz von der Verweilzeit abhängig. Im Unterschied zur Konvektion sinkt der Precursorumsatz bei höheren Verweilzeiten wie Abbildung 2.3 (rechts) zeigt, aufgrund der Ausbildung eines dickeren laminaren Grenzfilms. Hohe Temperaturen und Drücke begünstigen eine Diffusionslimitierung. Die scheinbare Aktivierungsenergie ist kleiner 10 kJ mol-1 [19]. Somit ist die Temperaturabhängigkeit sehr gering. Abbildung 2.4: Konzentrations- und Temperaturverhalten bei verschiedenen Limitierungen In Abbildung 2.5 ist die Limitierung durch die Diffusion (links) bzw. durch die Oberflächenreaktion (rechts) schematisch dargestellt. Eine Limitierung des Prozesses durch Diffusion erfolgt dann, wenn die Edukte aufgrund einer dicken Grenzschicht langsamer an die Substratoberfläche antransportiert werden, als sie dort abreagieren. Eine Limitierung durch die Oberflächenreaktion erfolgt, wenn diese langsamer ist als die Diffusion. • Sorption (Teilschritt 3 und 5) Alle Sorptionsvorgänge sind stark druckabhängig. Die Temperaturabhängigkeit bei der Physisorption ist wegen ihrer niedrigen Aktivierungsenergie (20-40 kJ mol-1) nicht so ausgeprägt wie bei der Chemisorption (>80 kJ mol-1) [20]. 20 Unterscheiden kann man beide mit Hilfe der charakteristischen Verläufe der Anfangsreaktionsgeschwindigkeiten über dem Gesamtdruck [18]. Abbildung 2.5: Limitierung des CVD-Prozesses durch Diffusion und chemische Reaktion • Oberflächenreaktion (Teilschritt 4) Werden die Edukte aufgrund einer dünnen Grenzschicht schneller an die Substratoberfläche herangeführt als sie dort abreagieren, so ist die Oberflächenreaktion der rate determining step (RDS) des Gesamtprozesses (Abb. 2.5). Dieser Teilschritt wird bestimmend bei niedriger Temperatur (Abb. 2.4), niedrigen Druck und kleiner Verweilzeit (Abb. 2.3). 2.4. Stand der Technik über CVD von Chromcarbid und Titancarbid 2.4.1. MOCVD von Chromcarbid Das Einsatzgebiet für Chromcarbid-Hartmetalle liegt in vielen Bereichen der chemischen, pharmazeutischen, der Leder- und Papier-Industrie. Unter Hartmetallen (engl: Cemented Carbides, Hard Metals) versteht man im allgemeinen gesinterte Werkstoffe aus harten hochschmelzenden Carbiden, hauptsächlich aus der IV A- bis VI A- 21 Gruppe des Periodensystems, und niedrigschmelzenden Bindemetallen welche zumeist der Eisengruppe angehören. Im folgenden wird ein Überblick über den Stand der Technik zur CVD von Chromcarbid dargelegt. Chromorganische Precursoren für die Niedertemperatur-MOCVD von Chromcarbidschichten Chromhexacarbonyl Cr(CO)6 Die Pyrolyse von Cr(CO)6 tritt bei Temperaturen zwischen 250 und 710°C ein. Dabei entstehen Verunreinigungen wie Sauerstoff und Kohlenstoff in der Schicht. Die Kohlenstoffverunreinigung ist auf die Disproportionierungsreaktion von CO zu CO2 und C sowie auf die dissoziative Chemisorption von CO auf der abgeschiedenen Schicht zurückzuführen. Die Disproportionierung kann durch niedrigen Gesamtdruck und niedrige Verweilzeiten des Gases limitiert werden, da in beiden Fällen das CO schnell aus der Reaktionszone entfernt wird. Die Gegenwart von H2S, H2O und CO2 in der Gasphase hemmt die homogene Gasphasenreaktion der Carbonyle. Die Zugabe von Wasserstoff, welcher bei anderen CVD-Prozessen die Bildung von Kohlenstoff unterdrückt, eignet sich hier nicht [21]. Bei Verwendung von Cr(CO)6 werden neben Chromcarbid auch Chromoxid und metallisches Chrom abgeschieden. Tricarbonyl-Aren-Chromkomplexe Die Verwendung von Tricarbonyl-Aren-Chromkomplexen ist für reaktionsmechanistische Untersuchungen interessant, da hierbei sowohl strukturelle Merkmale von Cr(CO)6 als auch der Bis-Arenverbindungen auftreten. Die Abscheidung von Chromcarbid beginnt bei Temperaturen ab 275°C. Bei höheren Temperaturen ist der Kohlenstoffanteil relativ hoch. Als Beispiel soll hier die Abscheidung von Chromcarbid bei Verwendung von Cycloheptatrien-Tricarbonyl-Chrom CrC7H5(CO)3 als Precursor genannt werden. Die Abscheidungstemperatur beträgt 300 - 600°C wobei Schichten mit ca. 9-12 Gewichtsprozent Kohlenstoff und 4 Prozent Sauerstoff entstehen. Der Hauptanteil (>85%) des Kohlenstoffes wird aus dem Cycloheptatrienring gebildet. Somit ist der Arenligand für die Bildung von Chromcarbid reaktiver als die Carbonylgruppe [21]. Bis-Cyclopentadienyl-Chrom Um Sauerstoffverunreinigungen in den Schichten zu vermeiden müssen Precursoren verwendet werden die keinen Sauerstoff enthalten. Bis-Cyclopentadienyl-Chrom 22 Cr(C5H6)2 ist ein Precursor, der bei Abscheidungstemperaturen unter 630°C angewendet wird. Der Kohlenstoffgehalt der Schichten liegt bei etwa 9,8 Gewichtsprozent und ist signifikant niedriger als bei Verwendung von Bis-Arenkomplexen, wo der Kohlenstoffgehalt bei etwa 12,5 Gewichtsprozent liegt [21]. Die Verwendung von alkylsubstituierten Cyclopentadienyl-Chromkomplexen wurde bisher noch nicht erprobt, könnte aber zukünftig aufgrund ihrer niedrigen Schmelztemperatur für den Einsatz als Flüssigprecursoren interessant sein. Bei MethylCyclopentadienyl-Chrom Cr(C5H5)CH3 liegt der Schmelzpunkt bei 35°C, während Bis-Cyclopentadienyl-Chrom einen Schmelzpunkt von 173°C aufweist. Bis-Aren-Chromverbindungen Die Durchführbarkeit der Abscheidung von chromhaltigen Schichten wurde 1962 unter Verwendung von Bis-Cumen-Chrom, Cr[C6H5iPr]2, demonstriert. Ein weiterer Vertreter ist Bis-Benzol-Chrom Cr(C6H6)2. Beide Precursoren scheiden chromhaltige Schichten in einem Temperaturbereich von 300 – 550°C ab. Die Einlagerung von Kohlenstoff in der Schicht bei Bis-Cumen-Chrom erfolgt nicht auf Grund der Spaltung der aliphatischen Seitenkette sondern ist zurückzuführen auf Nebenreaktionen welche eine katalytische Dehydrierung unter Bildung aromatischer Kohlenwasserstoffe zur Folge hat. Maury et al. (1992) scheiden bei beiden Precursoren unter ähnlichen Abscheidungsbedingungen Chromcarbidschichten ab, die keinen signifikanten Unterschied im Kohlenstoffgehalt aufweisen [21]. Des weiteren zeigen kinetische Untersuchungen von Aleksandrov und Dyagileva (1977), dass Alkylsubstituenten am Benzolring keine Veränderungen der kinetischen Parameter zur Folge haben [22]. Reine Chromschichten mit einem C-Gehalt kleiner 0,1 Gewichtsprozent können unter Zugabe von Hexachlorbenzol erzielt werden [23]. Neben den bisher genannten Precursorklassen gibt es noch die Tetra-AlkylChromverbindungen, die aber nur eine untergeordnete Rolle spielen. Ziel dieser Arbeit ist die wirtschaftliche Abscheidung von verschleißbeständigen, sauerstofffreien Chromcarbidschichten bei niedrigen Temperaturen. Aus diesem Grund scheiden Carbonylverbindungen aus. Cyclopentadienyl-Verbindungen und Tetra-Alkyl-Verbindungen sind Exoten, die kommerziell nicht erhältlich sind, und zu denen es nur wenig Untersuchungsergebnisse gibt, so dass letztendlich nur die Chrom-Arenverbindungen übrig bleiben. In dieser Arbeit wird ein Aromatengemisch mit Hauptbestandteil Bis-EthylbenzolChrom als Precursor verwendet, da dieser von allen Bis-Arenprecursoren der billigste ist. Gegenüber dem Feststoff Bis-Benzol-Chrom hat er neben dem niedrigeren 23 Preis zudem den Vorteil dass das Precursorgemisch als Flüssigkeit vorliegt. BisBenzol-Chrom beginnt erst bei 284°C zu schmelzen. Synthese von Bis-Ethylbenzol-Chrom Bis-Ethylbenzol-Chrom ist kein Massenprodukt der chemischen Industrie und wird als Sonderchemikalie von Strem Chemicals nur in geringen Mengen (einige kg/a) hergestellt. Der Verkaufpreis liegt bei 34 €/g (Stand 2003). Die Synthese von Bis-Ethylbenzol-Chrom kann analog der Synthese von Bis-BenzolChrom auf zwei Arten erfolgen. Der klassische Weg ist eine nasschemische Synthese nach Fischer-Hafner. Hier wird CrCl3 mit Al und AlCl3 sowie Ethylbenzol versetzt. Anschließend wird dieses Reaktionsgemisch in Tetrahydrofuran gelöst und mit Diethylether gefällt. Bei einer anschließenden Zersetzung mit Methanol und Wasser und Reduktion mit Na2SO4 im alkalischem Medium entsteht Bis-Ethylbenzol-Chrom. Die Ausbeute beträgt maximal 60% [24]. Eine alternative Darstellung des Precursors kann mittels Elektronenstrahlverdampfens erfolgen. Bei einem Betriebsdruck kleiner 10-5 Torr wird ein Elektronenstrahl auf Chromchips fokussiert. Das Chrom beginnt im Focus zu schmelzen und sofort zu verdampfen. Der Metalldampf kondensiert anschließend an einer gekühlten Reaktorwand und reagiert dort mit Ethylbenzol zu Bis-Ethylbenzol-Chrom [25]. Dieses Verfahren ist sehr energieintensiv und produziert derzeit nur Mengen im Labormaßstab, so dass hier die Herstellungskosten deutlich über 34 €/g Precursor liegen. Dieses Verfahren ist sehr einfach und es entstehen keine Abfallprodukte. Ein ScaleUp für größere Mengen ist realisierbar [25]. In Abbildung 2.6 ist die Strukturformel von Bis-Ethylbenzol-Chrom dargestellt. Es handelt sich um eine Sandwich-Struktur, bei der zwischen den beiden Ethylbenzolliganden ein sechsfach koordiniertes Chromatom liegt. Die Oxidationsstufe des Chromatoms ist null [26]. 24 CH2 CH3 Cr CH2 CH3 Abbildung 2.6: Strukturformel von Bis-Ethylbenzol-Chrom Der Komplex ist luftempfindlich wie alle anderen neutralen Bis-Aren-Metall-Komplexe mit reinen Kohlenwasserstoffliganden [26]. Für BEBCr wurde mit dem Programm Cerius2 eine Analyse der Struktur und der Bindungslängen durchgeführt [27]. Der RingRing Abstand beträgt 322pm und entspricht in etwa dem van-der-Waals Abstand zweier π-Systeme. Der C-C Abstand beträgt 142pm. Die Ergebnisse führen zu einer Bestätigung der Bindungslängen, wie sie aus der Literatur für Bis-Benzol-Chrom bekannt sind [26]. Tieftemperatur-Röntgenstrukturanalyse und Elektronenbeugung belegen für Bis-Benzol-Chrom eine Struktur mit ausgeglichenen Bindungslängen und einer D6h Symmetrie. Thermische Zersetzung von Bis-Ethylbenzol-Chrom Die physikalischen Eigenschaften von Bis-Ethylbenzol-Chrom (BEBCr) sind im Anhang C tabellarisch dargestellt. Fomin et al. untersuchten bereits 1973 die Kinetik und die Auto-Oxidation von BEBCr in verschiedenen Kohlenwasserstoffen [28]. Die Auto-Oxidation von BEBCr mit trockenem Sauerstoff vollzieht sich in diversen Kohlenwasserstoffen schon bei Raumtemperatur. Eine Zugabe von Wasser bewirkt eine Steigerung der Oxidationsrate. 25 Travkin et al. (1969) kamen bei ihrer Studie zu dem Ergebnis, dass die Siedetemperatur von BEBCr bei Atmosphärendruck bei 322°C liegt und die Zersetzungstemperatur bei 330°C. Für die Ermittlung des Dampfdruckes von BEBCr im Temperaturbereich von 150 bis 250°C finden sie folgende Beziehung [29]: log p = -4039 T-1 + 9,66 (2.1) Der Druck wird dabei in Torr angegeben und die Temperatur in Kelvin. Diese Dampfdruckkurve stimmt mit der von Devyatykh et al. (1969), welche im selben Temperaturbereich ermittelt wurde, gut überein [30]. log p = -3610 T-1 + 8,81 (2.2) Zur Ermittlung des Dampfdruckes von BEBCr wird in dieser Arbeit Gleichung 2.1 verwendet. Domrachev und Vyshinskii (1970) untersuchten die thermische Zersetzung von BEBCr und stellten fest, dass die Geschwindigkeit der Zersetzung durch die Anzahl der aktivierten Moleküle bestimmt wird und der Kohlenstoffgehalt in der Schicht durch schnellen Abtransport der Reaktionsprodukte vermindert werden kann [31]. Petukhov und Artemov (1969) untersuchten die Hauptzersetzungsprodukte der thermischen Zersetzung von BEBCr im Temperaturbereich von 300 – 500°C und fanden dabei Benzol, Toluol, Ethylbenzol, Methyl-Ethylbenzol, Diethylbenzol, Triethylbenzol sowie Wasserstoff und Methan [32]. Sie stellten auch fest, dass bei Änderung der Liganden, z.B. Isopropyl-Benzol, sich die Gasphasenzusammensetzung kaum, jedoch die Zusammensetzung der flüssigen Zersetzungsprodukte deutlich ändert. Neben Benzol und Toluol entstehen zusätzlich in nennenswerten Mengen höher substituierte Aromaten wie Methyl-Isopropylbenzol und Ethyl-Isopropylbenzol. Bei der Zersetzung von Isobutylbenzol entstehen sechs weitere aromatische Kohlenwasserstoffe. Somit steht fest, dass die Zahl der Spaltprodukte mit der Länge der substituierten aliphatischen Seitenkette wächst. Grundsätzlich bestehen zwei Möglichkeiten für die Bildung der Nebenprodukte. Die erste Möglichkeit ist die Abspaltung der aliphatischen Seitenkette vom Metallorganyl selbst. Die 2. Variante ist die Abspaltung der aliphatischen Seitenkette nach der Spaltung des Metallorganyls. Zur Überprüfung des Abspaltmechanismus wurden die alkylierten Benzolverbindungen neben Chrom in einer Ampulle eingeschlossen und erhitzt. Bei allen Versuchen blieb die Anfangszusammensetzung erhalten. Die Kohlenwasserstoffe änderten sich nicht bei der Thermolyse. Aus diesem Ergebnis wurde gefolgert, dass sich die aliphatische Seitenkette vom Metallorganyl abspaltet [32]. 26 Dyagileva und Pudeev (1975) untersuchten die thermische Zersetzung von BEBCr in einem Temperaturbereich von 340 - 400°C bei einem Druck von 133 – 400mbar [33]. Die Hauptkomponente (72%) der verwendeten Substanz war BEBCr. Die Verunreinigungen waren homologe Verbindungen mit verschiedenen Substituenten am Benzolring. Die Geschwindigkeitskonstante k der Pyrolyse wird durch Zugabe von Benzol oder Ethylbenzol zur Ausgangssubstanz nicht bemerkbar beeinflusst. Flüssige Produkte der BEBCr Pyrolyse in % sind in Abhängigkeit von der Zusammensetzung der Ausgangssubstanz: • • • • • • Benzol 29,6 Toluol 1,1 Ethylbenzol 52,0 Diethylbenzol 15,4 Triethylbenzol 1,2 nicht identifizierte Produkte 0,6 Das feste Produkt ist pyrolysiertes Chrom mit 10 – 19 Prozent Kohlenstoff. Experimente haben gezeigt, dass eine Einführung von Ethylsubstituenten am Benzolring nur geringen Einfluss auf die Reaktivität der Bis-Aren-Chromverbindungen haben. Die thermische Stabilität wurde durch die Substituenten etwas geringer. Eine Änderung des metallischen Zentralatoms in Bis-Arenverbindungen hat einen starken Einfluss auf die Pyrolysegeschwindigkeit. Ersetzt man Cr durch V erhält man eine kleinere Geschwindigkeitskonstante. Dieses Ergebnis stimmt gut damit überein, dass die durchschnittliche Dissoziationsenergie von Metall-Ligand-Bindungen in BisArenen entlang der ersten Reihe der Nebengruppenelemente abnimmt [33]. Die Zugabe von chlorierten Kohlenwasserstoffen (CKW) katalysieren die thermische Zersetzung von BEBCr und reduzieren den Kohlenstoffgehalt in der Schicht, wie Polikarpov et al. (1984) zeigen [23]. Der katalytische Effekt ist von der Anzahl und der Position der Chloratome abhängig. Die katalytische Aktivität steigt bis zu einer maximalen Zugabe von 5 Molprozent CKW an und fällt bei weiterer Zugabe wieder ab. CKW mit mehr als zwei Chloratomen erschweren die Wasserstoffabspaltung von den Liganden, was zur Folge hat, dass die Abscheiderate von Chrom abnimmt. Leonov et al. (1979) konnten durch Zugabe von Kohlenwasserstoffen wie z.B. Benzol und Ethylbenzol den Kohlenstoffgehalt in den abgeschiedenen Schichten von 3,5 Gewichtsprozent auf bis zu 9 Gewichtsprozent erhöhen. Dabei stellten sie fest, dass der erhöhte Kohlenstoffgehalt nicht von den Additiven selbst kommt, sondern vom eigentlichen Precursor BEBCr. Die Additive aktivieren lediglich die Sekundärreaktionen der Liganden während der thermischen Zersetzung von BEBCr insbesondere bei der Abscheidung und Disproportionierung [34]. 27 Reaktionsmechanismus und Kinetik In der Literatur ist kein Reaktionsmechanismus bzw. eine Beschreibung der Kinetik zur Abscheidung von Chromcarbid aus BEBCr zu finden. Bisher konzentrierte man sich bei der MOCVD von Bis-Ethylbenzol-Chrom auf die Abscheidung von reinen Chromschichten, wobei es das Ziel war den Kohlenstoffanteil in der Schicht zu minimieren. Fakt ist, dass der Kohlenstoff nicht aus der Spaltung der aliphatischen Seitenketten gebildet wird, sondern über sekundär, durch Dehydrierung, gebildete aromatische Kohlenwasserstoffe, die auf der Oberfläche adsorbieren [21]. Gefolgert wurde auch, dass vor der Spaltung des Metallorganyls die Seitenketten abgespaltet werden [32]. Polikarpov et al. (1984) ermittelten die Aktivierungsenergie für die Abscheidung von Chrom aus BEBCr bei 300 – 400°C mit 145 kJ/mol. Die Geschwindigkeitskonstante k berechnet sich zu [23]: k = 2,3 • 104 • e-34600/RT (2.3) Devyatykh et al. (1975) berechneten die Aktivierungsenergie mit 186kJ/mol bei Temperaturen kleiner 400°C [35]. Lieberman und Gorovoy (1994) stellen bei der Abscheidung von Chromcarbid aus Bis-Arenverbindungen drei temperaturabhängige Abscheidungsbereiche fest. Die Versuche wurden jedoch bei Drücken kleiner 1mbar durchgeführt. Die maximale Abscheiderate von Chromcarbid beträgt 150 – 180µm/h [36]. Schichtzusammensetzung Schuster et al. (1990) geben für die Schichtzusammensetzung bei Verwendung von Bis-Ethylbenzol-Chrom bei 300 – 500°C mehrere Carbide an, ohne diese genauer zu definieren. Zwischen 450 und 700°C soll neben Chrom und Kohlenstoff noch Cr23C6 entstehen. Bei Temperaturen unter 475°C soll nur Chrom auftreten [37]. Für Bis-Benzol-Chrom zeigen Vahlas et al. (1998) simulierte und auf Experimente abgeglichene Diagramme bei denen deutlich wird, dass die Schichtzusammensetzung von dem Gesamtdruck, dem Molenbruch des Precursors und der Abscheidungstemperatur abhängig ist. Je niedriger die Temperatur und der Gesamtdruck und je höher der Molenbruch, desto kohlenstoffreichere Carbide werden abgeschieden. Es wird deutlich, dass eine Temperaturänderung nur eine geringe 28 Änderung der Schichtzusammensetzung bewirkt, während Änderungen des Molenbruchs und des Druckes die Schichtzusammensetzung stärker beeinflussen [38]. Für Bis-Benzol-Chrom (BBCr) erwartet man bei 450°C, 10mbar und einem BBCrMolenbruch von 10-3 die Abscheidung einer Mischung aus Cr7C3 und Cr3C2. Diese Prozessparameter entsprechen in etwa denen, die in dieser Arbeit zur Abscheidung von Chromcarbid aus Bis-Ethylbenzol-Chrom verwendet werden. Zusammenfassend kann man sagen, dass es noch Klärungsbedarf hinsichtlich des Reaktionsmechanismus und der Kinetik der Abscheidung von Chromcarbid aus BisEthylbenzol-Chrom gibt. Die Aktivierungsenergie sollte bei etwa 150kJ/mol liegen. Beim Abscheidungsprozess der bei ca. 450°C, und reduzierten Druck, abläuft erwartet man eine Mischung von verschiedenen Chromcarbiden. Schichthaftung Die Haftung von Chromschichten, hergestellt aus Bis-Arenverbindungen durch MOCVD bei 425°C, auf verschiedenen Substraten wurde von Kostenkov et al. (1979) untersucht [39]. Getestet werden dabei scheibenförmige Substrate (20 x 10mm, 1mm hoch) aus Aluminium, Kupfer, Nickel, Stahl (X12CrNi18-10), Titan, Niob, Zirkon, Molybdän, Silizium und Wolfram. Alle Substrate werden vor der Beschichtung mit Aceton und Ethanol entfettet. Es wird festgestellt, dass die Substrate Ti, Nb, Zr und Mo, die einen ähnlichen thermischen Ausdehnungskoeffizienten α wie Chrom (α ≈ 6,1 – 6,6 x 10-6K-1) besitzen, niedrige Schichtspannungen erzeugen und eine Deformation der Chromschicht erst bei Schichtdicken größer 25 µm auftritt. Die anderen Proben wie Stahl, Al, Ni und Cu haben wesentlich höhere thermische Ausdehnungskoeffizienten (α > 12 x 10-6K-1) was zur Folge hat, dass bei Schichtdicken kleiner 15 µm schon Deformationen auftreten, die letztendlich zu Abplatzungen führen. Substrate mit einem höheren thermischen Ausdehnungskoeffizienten als Chrom verursachen Druckspannungen, Substrate mit einem niedrigeren Ausdehnungskoeffizienten als Chrom führen zu Zugspannungen in der Schicht. Freller und Lorenz (1992) geben für Cr3C2 einen thermischen Ausdehnungskoeffizienten von 10,3 x 10-6K-1an. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass sich in Hartstoffschichten, zu denen Chromcarbid gehört, Druckspannungen ausbilden, wenn Stähle als Substrate dienen. Druckspannungen erhöhen einerseits die Schichthärte können aber andererseits die Haftfestigkeit herabsetzten [40]. Kleer und Döll (1993) zeigen bei Titannitridschichten (α ≈ 9,3 x 10-6K-1), dass Druckspannungen in der Nähe von Schichtdefekten die Haftfestigkeit der Schicht übersteigen und so zu Schäden in der Schicht führen, was zur Folge hat, dass Schichtaufwölbungen und Schichtablösungen entstehen [41]. 29 Umilin et al. (1989) stellen bei der Beschichtung von Stahlproben mit Chrom aus BEBCr fest, dass die Kohäsionskraft und die Plastizität mit Abnahme des Kohlenstoffes in der Schicht zunimmt, die Härte der Schicht jedoch abnimmt [42]. Um Schichten mit guter Haftung und hoher Härte auf Stahl herstellen zu können dosierten sie an einer Stelle im Reaktor Chlorkohlenwasserstoffe zu BEBCr hinzu um reine Chromschichten bei 480°C zu erzielen. Durch Verschiebung der Probe im Reaktionsraum konnte ein Gradient hinsichtlich des Kohlenstoffgehaltes erzielt werden, der zu einer härteren Schicht führte. Pashkin und Shiryaev (1982) untersuchen den Einfluss der Oberflächenbehandlung auf die Haftung von Chromcarbidschichten [43]. Sie verwenden Substrate aus Edelstahl, X12CrNi18-10, welche vor der Beschichtung geschliffen, poliert und mit Säure behandelt wurden. Die Haftung zwischen Schicht und Stahl wird mittels einer Kontaktschicht bestehend aus FeO und Cr erzeugt. Diese Kontaktschicht entsteht durch Diffusion bei hohen Temperaturen. Da die Beschichtung bei 400 – 550°C erfolgt und es zu keiner Diffusionsschicht kommt, muss FeO auf der Substratoberfläche mittels Säurebehandlung erzeugt werden. Proben ohne Säurebehandlung weisen eine niedrige Haftfestigkeit von 0,2 – 0,4 Jm-2 auf. Durch eine Vorbehandlung mit HNO3, H2SO4 und HCl und anschließender Entfernung der Säurereste lässt sich die Haftfestigkeit auf 5,6 Jm-2 erhöhen. Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass der Haftvermittler Chromoxid auf der Schichtunterseite, die eigentliche Kontaktschicht, nur nach Säurevorbehandlung des Substrates entsteht und dass mit steigendem Anteil von pyrolytischem Kohlenstoff in der Schicht die Haftfestigkeit abnimmt. Die Schichthaftung wird neben der chemischen Vorbehandlung auch von der mechanischen Vorbehandlung und vom Phasenzustand des Substrates (z.B. Restspannungen) beeinflusst [43]. Fainshtein et al (1975) untersuchen Chromschichten auf Stahl die mittels Elektronenstrahlverdampfen bei einem Betriebsdruck von 10-5mbar erzeugt werden. Die Diffusion von Chrom beginnt bei diesen Bedingungen erst bei 442°C. Bei niedrigeren Temperaturen sind nur ausgebildete van-der-Waals-Kräfte zwischen Chrom und Eisenoxid vorhanden, so dass es zu einer physikalischen Bindung Cr-O-Fe kommt. Die Haftfestigkeit dieser Schicht ist jedoch gering. Diffusionsschichten mit einer guten Haftfestigkeit entstehen erst bei Temperaturen ab 500°C, wobei das Eisen um ein vielfaches schneller diffundiert als das Chrom [44]. Chemische und mechanische Beständigkeit von CrC-Schichten Chromcarbidschichten aus Bis-Arenverbindungen werden von Hankó et al. (1995) hinsichtlich Säurebeständigkeit untersucht. Die silber-grau metallisch glänzenden Schichten werden bei Temperaturen unter 600°C und einem Gesamtdruck von 30 0,2mbar auf Glas abgeschieden. Die Schichten sind gegenüber heißer konzentrierter Salzsäure und Salpetersäure beständig [45]. Kostenkov et al. (1986) leiten ab, dass die Porosität der Chromcarbidschichten die chemische Beständigkeit negativ beeinflusst. Verunreinigungen wie Öle, Oxide und feste Partikel auf Substratoberfläche führen zu Nebenreaktionen bei der Zersetzung des Eduktes und zur Gasentwicklung auf der Substratoberfläche, wodurch Poren entstehen [46]. Die Porosität der Schichten kann auch durch eine hohe Precursorreinheit vermindert werden. Bei einer Reinheit von 90% ist keine Porosität zu erwarten. Eine hohe Schichtdicke führt ebenfalls zur Senkung der Porosität. Die chemische Beständigkeit wurde bei Schichtdicken von 10 - 30µm untersucht. Dabei zeigt sich, dass die Schichten in sauren Medien (H3PO4)) beständig sind. Steigt die Härte der Schichten, so steigt auch die Verschleißfestigkeit und die mechanische Festigkeit. Die Abscheidungsbedingungen beeinflussen diese Eigenschaften. Die Mikrohärte steigt von 1700 auf 2500N/mm2, wenn die Abscheidungstemperatur von 400 auf 600°C erhöht wird. Ebenso nimmt mit zunehmender Reinheit des Precursors die Härte zu. Das bedeutet, dass bei einer Reinheit von 90% sehr große Härte zu erwarten ist [46]. Tribologie Habig et al. (1980) führen Reibungs- und Verschleißprüfungen an 10µm dicken Chromcarbidschichten mit einer Rauhtiefe Rz kleiner 2µm durch, die über CVDVerfahren hergestellt wurden. Als Grundwerkstoff des Stift-Scheibe-Systems dient ein vergüteter Stahl (X205CrWMoV12-1). Ebenfalls untersucht werden Titancarbid-, Titannitrid und Eisenboridschichten [47]. Die Parameter für die Festkörperreibung sind: Relative Luftfeuchte 50%, Prüfkraft 2,5 und 5N, Gleitgeschwindigkeit 0,1m/s, Gleitweg 1000m, Temperatur 23°C. Bei der Festkörperreibung ist der Verschleißbetrag der Substrate mit den Chromcarbidschichten, auf Grund von Abrasion, größer als bei allen anderen Schichten. Bei einer Prüfkraft von 2,5N ist die Verschleißrate bei Chromcarbid mit 8,3 x 10-6mm3/m sechsmal höher als bei Titancarbid. Der Reibungskoeffizient stieg von 0,1 zu Beginn auf einen Endwert von 0,41. Der Reibungskoeffizient von Titancarbid liegt bei etwa 0,13. Bei 5N Prüfkraft beträgt die Verschleißrate von Chromcarbid 21 x 10-6mm3/m und liegt sieben mal höher als die von Titancarbid. Der Endreibungskoeffizient beträgt 0,29 und ist im Vergleich zu Titancarbid mit 0,14 etwa doppelt so hoch [47]. Hintermann (1981) notiert bei gleichen Prüfbedingungen in einem System 100Cr6 gegen Cr7C3 einen Reibungskoeffizienten von 0,79 und bei 100Cr6 gegen TiC einen 31 Reibungskoeffizienten von 0,25 [48]. Bei Cr7C3 gegen Cr7C3 beträgt der Reibungskoeffizient nur noch 0,29. Thienel und Saß (1991) geben bei Festkörperreibung einen Reibungskoeffizienten für Chromcarbidschichten von 0,3 – 0,51 an, ohne jedoch die Prüfbedingungen anzuführen [49]. Aus den Literaturstellen geht hervor, dass bisher abgeschiedene Chromcarbidschichten gegenüber Titancarbidschichten wesentlich höhere Reibungskoeffizienten haben und sie sich auf keinen Fall als Tribopartner für unbeschichtete Stähle eignen. Da die Abscheidungsbedingungen bzw. die eingesetzten Verfahren zur Erzeugung der Chromcarbidschichten nicht näher beschrieben werden, kann man nicht ausschließen, dass es trotzdem möglich ist Chromcarbidschichten mit niedrigeren Reibungskoeffizienten zu erzeugen. Ein Ziel dieser Arbeit ist es mittels der MOCVD Chromcarbidschichten mit einem niedrigen Reibungskoeffizienten abzuscheiden. 2.4.2. CVD von Titancarbid Schichten aus Titancarbid sind in vielen industriellen Anwendungen weit verbreitet da dieses Material verschiedene wichtige Eigenschaften wie hohen Schmelzpunkt, hohe Härte und niedrigen Reibungskoeffizienten besitzt. Das Schneiden von Metallen ist ein sehr bekanntes Anwendungsgebiet dieser Schutzschichten aber sie werden ebenso als Diffusionsbarrieren in der Halbleitertechnologie und thermische Barriereschichten in Fusionsreaktoren eingesetzt [50]. Im Bereich der Textilindustrie findet man mit Titancarbid beschichtete Fasermesser, Fadenführungselemente und Stauchrollen. Im Maschinenbau kommen Titancarbidschichten bei Trockenlauflagern zum Einsatz [10]. Die physikalischen Eigenschaften von Titancarbid sind im Anhang C dargestellt. 32 Precursoren für die CVD von TiC-Schichten TiCl4 und CH4 Das am weitesten verbreitete System zur Abscheidung von Titancarbid ist die Reaktion von Titantetrachlorid mit Methan in Wasserstoffatmosphäre. TiCl4 + CH4 H2 TiC Æ + 4HCl (2.5) Die Abscheidung wird gewöhnlich im Temperaturbereich von 850 – 1050°C durchgeführt. Der Druckbereich variiert zwischen 1Torr und Atmosphärendruck. Bei Temperaturen höher 1300°C werden Einzelkristalle aus TiC abgeschieden [51]. Neben Methan kann auch Propan [52], Heptan und Toluol als Kohlenstoffquelle verwendet werden. Bartsch et al (1995) haben als Kohlenstoffquelle für die TiCAbscheidung auch Benzol, Xylol, Ethylbenzol und Cyclohexan getestet [53]. Konyashin (1996) verwendet als Kohlenstoffquelle CCl4, welches reaktiver als Methan ist und deshalb nicht im Überschuss gegenüber TiCl4 zugegeben werden muss. Die Abscheidungstemperatur liegt zwischen 1200 und 1450°C [54]. TiCl4 und C Titancarbid kann auch durch Reaktion von Titantetrachlorid mit Kohlenstoffsubstraten bei Temperaturen ab 1750°C in Wasserstoffatmosphäre erzeugt werden. TiCl4 + C + 2H2 Æ TiC + 4HCl (2.6) Die Titancarbidabscheidung über MOCVD-Precursoren erfolgt bei Temperaturen unterhalb 700°C mittels Dichlorotitacen. Tetraneopentyltitanium wird bei Temperaturen von 150 – 300°C eingesetzt [51]. Reaktionsmechanismus Teyssandier et al. (1999) untersuchen die chemische Gasphasenabscheidung von TiC im Reaktionssystem TiCl4, CH4 und H2 [55]. Zunächst werden Berechnungen zum thermodynamischen Gleichgewicht in der Gasphase in Abhängigkeit vom Gesamtdruck (1 und 760Torr) und Temperatur (1000 – 2000K) präsentiert. Die Gleichgewichtsdaten wurden ausgehend von einem Eingangsgemisch aus TiCl4 (Molenbruch = 2,5%), CH4 (Molenbruch = 2,5%) und 95% Wasserstoff berechnet. Bei Atmosphärendruck wird das Methan erst bei Temperaturen über 1400K zu Acetylen (C2H2) und Ethylen (C2H4) zersetzt. Bei Temperaturen über 1600K nimmt die Konzentration von Ethylen ab, da Methylradikale gebildet werden. Im Gegensatz zu der hohen Stabilität des Methans wird TiCl4 nahezu vollständig 33 zu anderen Spezies umgesetzt. Am meisten wird TiCl4 zu TiCl3 und HCl zersetzt. Bei 1600K ist der Anteil beider Spezies gleich groß. Neben TiCl3 entsteht ab 1200K auch noch in geringen Mengen TiCl2, dessen Konzentration mit steigender Temperatur zunimmt. Bei Temperaturen kleiner 1500K kann man jedoch die TiCl2 Konzentration gegenüber der TiCl3 Konzentration vernachlässigen. Bei reduziertem Druck (1Torr) ist die Gleichgewichtssituation anders, da TiCl4 und CH4 bei Temperaturen ab 1000K anfangen sich zu zersetzen. Obwohl TiCl4 sich zu den analogen Spezies zersetzt wie unter Atmosphärendruck werden bei der Methanzersetzung bei niedrigen Temperaturen zwischen 1000 und 1200K Aromaten wie Benzol und Pyren gebildet, die bei Atmosphärendruck nicht entstehen. Bei Temperaturen über 1200K werden die Aromaten durch Acetylen ersetzt, welches nahezu 100% der Kohlenstoffquelle in der Gasphase ausmacht. Teyssandier et al. simulieren eine verweilzeitabhängige Gaszusammensetzung bei bestimmten Reaktionsbedingungen [55]. Bei Atmosphärendruck und 1500K wird das zuvor beschriebene thermodynamische Gleichgewicht innerhalb von zwei Sekunden erreicht. Jedoch läuft die Zersetzung der beiden Reaktanden unterschiedlich schnell ab. TiCl4 wird fast vollständig innerhalb 0,1 Sekunden zu überwiegend TiCl3 und HCl zersetzt, während von der eingesetzten Methanmenge nur etwa 2 Prozent zu Acetylen und Ethylen reagieren. TiCl2 kommt in geringen Mengen vor. Bei Atmosphärendruck und 1200K beträgt die Zeit zum Einstellen des Gleichgewichtes wiederum zwei Sekunden. Jedoch ist die Anzahl der Spezies wegen der geringeren Reaktion signifikant niedriger als bei 1500K. Eine signifikante Methanzersetzung wird nicht festgestellt und 43% des eingesetzten TiCl4 werden ausschließlich zu TiCl3 und HCl zersetzt. Bei reduziertem Druck (1Torr) ist es sehr schwer das thermodynamische Gleichgewicht zu erreichen, da Verweilzeiten von annähernd 50 Sekunden benötigt werden. Bei 1500K wird für die Titanspezies eine Verweilzeit von 10 Sekunden benötigt, damit sich ein Gleichgewicht einstellen kann. Im Gegensatz dazu hat vom Methan nur ein sehr geringer Teil reagiert. Bei 1200K hat nach 50 Sekunden noch kein Reaktand das Gleichgewicht erreicht. Zusammenfassend kann man sagen, dass der Anteil der Gasphasenspezies beim CVD-Prozess von TiC signifikant sein kann, wenn bei Temperaturen über 1200K und Atmosphärendruck mit Verweilzeiten von etwa 5 Sekunden gearbeitet wird. Methan ist sehr viel stabiler als TiCl4, so dass die Zugabe von Methan keinen Einfluss auf die Zersetzungsgeschwindigkeit von TiCl4 hat. So lange die Temperaturen nicht höher als 1500K sind , treten beim CVD Prozess von TiC, bei geringen Verweilzeiten, in der Gasphase lediglich TiCl4, TiCl3,CH4, C2H2 und HCl auf [55]. 34 Unter der Annahme, dass Methan auf der Substratoberfläche adsorbiert, lassen sich somit in H2-Atmosphäre auf Kohlenstoff freien Substraten bei einer Reaktionszeit von 5s vier verschiedene Reaktionsmechanismen formulieren (z = Oberflächenplatz): 1. Atmosphärendruck und 1200K Die auftretenden Hauptspezies sind TiCl4 und TiCl3 (im Verhältnis 1:1) sowie CH4. • Homogene Gasphasenreaktion: TiCl4 (g) + • • ½ H2 Æ TiCl3 (g) + TiCl4 (g) + z ↔ TiCl4-z (2.8) TiCl3 (g) + z ↔ TiCl3-z (2.9) CH4 (g) + z ↔ CH4-z (2.10) H2 (g) + z ↔ H2-z (2.11) Oberflächenreaktion: 2 TiCl3-z + 3 H2-z + 3z Æ 2 Ti-z + 4 HCl-z (2.12) + 6 HCl-z (2.13) Schichtbildungsreaktion (RDS): Ti-z+ • (2.7) Adsorption: TiCl4-z + 2 H2-z + 2z Æ Ti-z • HCl CH4-z Æ TiC + 2 H2-z (2.14) Desorption: HCl-z ↔ HCl + z (2.15) H2-z ↔ H2 + z (2.16) 35 2. Atmosphärendruck und 1500K Die auftretenden Hauptspezies sind TiCl4 und TiCl3 (im Verhältnis 1:10) sowie CH4 und C2H2 (im Verhältnis 100:1). • Homogene Gasphasenreaktion: TiCl4 (g) + ½ H2 Æ C2H2 (g) + 2 CH4 (g) • 3 H2 (2.18) z ↔ TiCl4-z (2.19) TiCl3 (g) + z ↔ TiCl3-z (2.20) + H2 (g) z + z ↔ CH4-z (2.21) z (2.22) ↔ C2H2-z ↔ H2-z (2.23) Oberflächenreaktion: TiCl4-z + 2 H2-z + 2z Æ Ti-z 2 TiCl3-z + 3 H2-z + 3z Æ 2 Ti-z + 4 HCl-z (2.24) + 6 HCl-z (2.25) + 2 H2-z (2.26) H2-z + Schichtbildungsreaktion (RDS): Ti-z+ 2 Ti-z • (2.17) TiCl4 (g) + C2H2 (g) + • HCl Adsorption: CH4 (g) • Æ TiCl3 (g) + + CH4-z Æ TiC C2H2-z Æ 2 TiC + 2z (2.27) Desorption: HCl-z ↔ HCl + z (2.28) H2-z ↔ H2 + z (2.29) 36 3. Gesamtdruck von 1Torr und 1200K Die auftretenden Hauptspezies sind TiCl4 und TiCl3 (im Verhältnis 100:1) sowie CH4. • Homogene Gasphasenreaktion (findet nur wenig statt): TiCl4 (g) + • • ½ H2 Æ TiCl3 (g) + TiCl4 (g) + z ↔ TiCl4-z (2.31) TiCl3 (g) + z ↔ TiCl3-z (2.32) CH4 (g) + z ↔ CH4-z (2.33) H2 (g) + z ↔ H2-z (2.34) Oberflächenreaktion: 2 TiCl3-z + 3 H2-z + 3z Æ 2 Ti-z + 4 HCl-z (2.35) + 6 HCl-z (2.36) + 2 H2-z (2.37) Schichtbildungsreaktion (RDS): Ti-z+ • (2.30) Adsorption: TiCl4-z + 2 H2-z + 2z Æ Ti-z • HCl CH4-z Æ TiC Desorption: HCl-z ↔ HCl + z (2.38) H2-z ↔ H2 + z (2.39) 37 4. Gesamtdruck von 1Torr und 1500K Die auftretenden Hauptspezies sind TiCl3 und TiCl2 (im Verhältnis 10:1) sowie CH4. • • • Homogene Gasphasenreaktion: TiCl4 (g) + ½ H2 Æ TiCl3 (g) + HCl (2.40) TiCl3 (g) + ½ H2 Æ TiCl2 (g) + HCl (2.41) Adsorption: TiCl3 (g) + z ↔ TiCl3-z (2.42) TiCl2 (g) + z ↔ TiCl2-z (2.43) CH4 (g) + z ↔ CH4-z (2.44) H2 (g) + z ↔ H2-z (2.45) Oberflächenreaktion: 2 TiCl3-z + 3 H2-z + 3z Æ 2 Ti-z TiCl2-z • + 6 HCl-z (2.46) z Æ Ti-z + 2 HCl-z (2.47) Æ TiC + 2 H2-z (2.48) Schichtbildungsreaktion (RDS): Ti-z+ • H2-z + + CH4-z Desorption: HCl-z ↔ HCl + z (2.49) H2-z ↔ H2 + z (2.50) Kinetik Bei der CVD von TiC unter Verwendung von TiCl4, CH4 und H2 können zwei von einander unabhängige chemische Prozesse ablaufen. Zum einen die Reduktion der adsorbierten Titanchloride auf der Substratoberfläche durch Wasserstoff zu Titan und zum anderen die Aufkohlung von Titan zu Titancarbid. 38 Die Aufkohlungsgeschwindigkeit wird beeinflusst durch die Anzahl der aktiven Kohlenstoffspezies auf der Substratoberfläche welche wiederum abhängig sind von der zur Verfügung stehenden Kohlenstoffmenge und der Reaktionsgeschwindigkeit zur Bildung der aktiven Spezies [56]. Diese beiden Vorgänge sind stark miteinander verbunden und sie werden beeinflusst durch die Kohlenstoffmenge in der Gasphase, in Form von Methan oder anderen Kohlenwasserstoffen, und deren Reaktivität. Die Kohlenstoffmenge in der Gasphase wird definiert über das Partialdruckverhältnis von Methan zu Titantetrachlorid. Das Maximum der Abscheiderate von TiC wird bei einem Partialdruckverhältnis von ungefähr eins auf Substraten erreicht, die kein Fe, Co oder Ni enthalten. In dem Fall, wo höhere Partialdruckverhältnisse vorliegen, kommt es neben der Bildung von TiC auch zur Bildung von freiem Kohlenstoff [56]. Substrate, die Metalle aus der Eisengruppe enthalten, wirken katalytisch auf die Zersetzung von Methan und führen zur vermehrten Bildung von aktiven Kohlenstoffspezies auf der Substratoberfläche. Die maximale Abscheidungsgeschwindigkeit von TiC auf diesen Substraten wird bei Partialdruckverhältnissen pCH4/pTICl4 von 3 bis 8 erreicht. Die Abscheidungsgeschwindigkeit auf Al2O3 Substraten sinkt jedoch bei steigendem Partialdruckverhältnis. Als Ergebnis kann man festhalten, dass die Aufkohlung des Titans auf der Substratoberfläche den limitierenden Schritt darstellt, was sich verstärkt auf die Abscheiderate, die Schichtstruktur und Morphologie der TiC Schicht auswirkt [56]. Die Beschichtung von Graphitsubstraten mit TiC im Reaktionssystem TiCl4, CH4 und H2 wird von Eroglu und Gallois (1995) beschrieben [57]. Die Abscheidung wird bei 100mbar und 1400 – 1425K durchgeführt. Die Abscheiderate von TiC steigt mit zunehmender Methanmenge, aber ändert sich nicht mit der Wasserstoffmenge. Dieses Verhalten wird mittels Stofftransporttheorie erklärt. Bei einem Partialdruckverhältnis von Methan zu Titantetrachlorid von 2,5 sollte nach der Thermodynamik neben TiC auch freier Kohlenstoff abgeschieden werden. Im Gegensatz zu den Ergebnissen aus thermodynamischen Berechnungen stellen Eroglu und Gallois mit XRD und AES-Analysen nur eine stöchiometrische Phase von TiC fest [57]. Vincent et al. (1992) beschichten bei Atmosphärendruck und 1200 – 1800°C Graphitsubstrate mit TiC im System TiCl4 und H2 [58]. Der Kohlenstoff zur Titancarbidbildung kommt aus dem Substrat. Eine Reaktion von Substratkohlenstoff mit TiCl4 zu TiC ist nach Pierson erst bei höheren Temperaturen ab 1750°C möglich [51]. Vincent et al. erzeugen Titancarbidschichten schon bei 1200°C, wobei das Verhältnis von Wasserstoff zu TiCl4 = 60:1 ist. Die Abscheiderate von Ti ist bei 1200°C 2,2mg/h und bei 1800°C 2,8mg/h. Die Schichten sind etwa 8µm dick und weisen einen Gradienten im Kohlenstoffgehalt auf. Unmittelbar über der Substratoberfläche 39 wird stöchiometrisches TiC abgeschieden, während auf der Schichtoberfläche TiC0,6 festgestellt wird. Stjernberg et al. (1977) beschichten Hartmetalle mit TiC und stellen fest, dass die Abscheiderate (a) annähernd unabhängig vom Gesamtdruck ist, (b) proportional zur Methankonzentration und (c) indirekt proportional zur HCl-Konzentration, in der Vermutung, dass das HCl, durch die Zersetzung von TiCl4 in verschiedene Subchloride bei homogener Gasphasenreaktion, gebildet wird [59]. Ein kinetisches Modell nach Langmuir-Hinshelwood wird für das Reaktionssystem TiCl4, CH4 und H2 aufgestellt, in der Annahme, dass der Prozess durch die Oberflächenreaktion limitiert wird. Die Abscheiderate sinkt mit steigender HCl-Konzentration, da HCl auf der Substratoberfläche adsorbiert und so die Adsorption der anderen Reaktanden hemmt. Es wird gezeigt, dass die Abscheiderate mit steigender TiCl4-Konzentration sinkt. Für den Mechanismus, der bei hohen HCl-Konzentrationen gültig ist, wird folgender Ansatz abgeleitet (Gl. 2.51): RD = kk1k 2 K C ⋅ cCH 4 eq . K Cl ⋅ c HCl (2.51) RD ist die mittlere Abscheiderate, k, k1und k2 sind Proportionalitätsfaktoren, KC und KCl sind die Adsorptionskonstanten für Kohlenstoff und Chlor, cCH4 und cHCleq. sind die Konzentrationen für Methan und HCl. Werte werden für die Konstanten nicht angegeben [59]. Fukunaka et al. (1994) präsentieren einen Reaktionsmechanismus nach LangmuirHinshelwood für die Beschichtung von Graphitsubstraten bei 1000°C im System TiCl4, CH4, H2 und Ar [60]. Die gleichzeitige Adsorption von TiCl4 und CH4 stellt den limitierenden Teilschritt dar. Da sie befürchten, dass der Kohlenstoff aus dem Substrat den Reaktionsmechanismus beeinflussen könnte, beschichten sie zusätzlich Aluminiumoxidsubstrate. Sie verwenden einen höheren Partialdruck für Methan gegenüber Titantetrachlorid und stellen fest, dass die Abscheiderate einerseits mit steigendem TiCl4-Partialdruck und andererseits mit steigendem CH4-Partialdruck bis auf ein Maximum ansteigt. Die kinetische Gleichung sieht folgendermaßen aus (Gl. 2.52): R=k K TiCl4 ⋅ p TiCl4 ⋅ KCH4 ⋅ p CH4 (1 + K TiCl4 ⋅ p TiCl4 + KCH4 ⋅ p CH4 )2 (2.52) R ist die Abscheiderate, k = 5,51mg/cm2h, KTiCl4 = 32,9atm-1 und KCH4 = 116,0atm-1 [60]. 40 Die Reaktion von Titantetrachlorid mit Methan zur Abscheidung von TiC ist in der Vergangenheit bereits vielfach untersucht worden und es liegen dementsprechend auch Ergebnisse hinsichtlich Reaktionsmechanismen und kinetischen Betrachtungen vor. Die Gasphasenzusammensetzung bei verschiedenen Prozessparametern ist ebenfalls bekannt. Obwohl bereits viele Erkenntnisse zu diesem Prozess vorliegen, gibt es noch Aufklärungsbedarf hinsichtlich des Reaktionsmechanismus und der Kinetik der Abscheidung von Titancarbid auf Kohlenstoffsubstraten, da bisher keine Fittung zwischen experimentellen und berechneten Ergebnissen vorliegt. Morphologie, Struktur, Schichtzusammensetzung und Haftung der TiCSchichten Wie bereits erwähnt, ist die Schichtzusammensetzung abhängig von den zu beschichteten Substraten, der Beschichtungstemperatur, dem Gesamtdruck und den verwendeten Kohlenstoffprecursoren. Die Beschichtung von Graphitsubstraten im System TiCl4 und H2 bei Atmosphärendruck, bei denen nur das Substrat als Kohlenstoffquelle dient führt bei Temperaturen zwischen 1200 und 1800°C zu unterstöchiometrischen Titancarbid TiC0,6 nahe der Schichtoberfläche, während unmittelbar über der Substratoberfläche stöchiometrisches TiC gebildet wird. Die Diffusionsgeschwindigkeit des Kohlenstoffes durch die TiC-Schicht ist von der Temperatur und der Morphologie des Carbides abhängig. Die Gesamtmenge des Kohlenstoffes der mit dem Reaktionsgas in Kontakt kommt nimmt mit zunehmender Schichtdicke ab [58]. Im System TiCl4, CH4 und H2 entsteht bei hohen Methan-TiCl4Partialdrückverhältnissen neben TiC noch freier Kohlenstoff [56]. Die Textur der aus Methan und TiCl4 abgeschiedenen TiC-Schichten ändert sich mit steigender Temperatur von texturlosem Gefüge bei 1000°C nach <200> bei 1100°C [61]. In diesem Temperaturbereich beobachtet man einen Anstieg der Gitterkonstante von 4,316Ǻ auf 4,327Ǻ was eine Erhöhung der Stöchiometrie bedeutet. Erklärt wird diese Beobachtung damit, dass der Kohlenstoff aus Methan bei der Schichtbildung erst bei Temperaturen größer 1070°C beteiligt ist [61]. Die Erhöhung des Partialdruckverhältnisses von Methan zu TiCl4 von 1:1 auf 3:1 bewirkt eine Verstärkung des <200> Peaks bei XRD-Messungen [50]. Choy und Derby (1992) zeigen, dass die Kristallgröße mit steigender Temperatur und abnehmenden Gesamtdruck zunimmt [62]. Die Beschichtung von Graphitsubstraten zeigt, dass sich die Wachstumsart mit zunehmender Abscheidungsdauer ändert. Nahe der Substratoberfläche wachsen feine Körner auf, während später kolumnares Schichtwachstum zu beobachten ist [60]. 41 Die Beschichtung mit TiC aus TiCl4 läuft immer unter Bildung von HCl ab. Wenn HCl mit dem Substrat eine stabile Bindung bildet, dann entsteht eine Barriere zwischen Schicht und Substrat, welche die Haftung schädigen kann. Besonders Fe und Cr bilden mit HCl stabile Chloride während Ni und Co keine Verbindung eingehen [63]. TiC welches auf Graphitsubstraten abgeschieden wird zeigt eine sehr gute Haftung [58]. Pinn-Pull-Tests welche von Maiya et al. an beschichteten Graphitsubstraten durchgeführt werden zeigen, dass die Schicht bis zur Zerstörung des Substrates haftet [64]. Maiya et al. (1998) zeigen, dass TiC-Schichten aus dem System C6H5Cl, TiCl4 und H2 auf Graphitsubstraten in korrosiven Medien, wie CaCl2-Salzschmelzen und flüssigen Metallschmelzen, die Zn und Mg enthalten, beständig sind [64]. Das Verschleißverhalten von TiC-Schichten auf Hartmetallen kann durch sogenannte Wechselschichten verbessert werden. Bei Wechselschichten werden mit TiCl4 abwechselnd die Precursoren n-Heptan und Benzol verwendet [61]. Dies hat zur Folge, dass die wachstumsinduzierten Texturen durch den Wechsel der Kohlenstoffquelle gestoppt werden und so texturlose Schichtsysteme geschaffen werden. Die Oberflächenrauhigkeit der Schichten wird durch die Rauhigkeit des Substrates bestimmt. Der Wachstumsprozess führt zu keiner Erhöhung der Schichtrauhigkeit. Bei der Verwendung von Methan als Kohlenstoffquelle entsteht zwar bei Temperaturen unter 1350K auch ein texturloses Gefüge, jedoch weisen solche TiC-Schichten Gefügeauflockerungen im grenzflächennahen Bereich auf, was zur Folge hat, dass diese Schicht-Substrat-Verbunde unbrauchbar sind. Im allgemeinen kann man sagen, dass eine besonders hohe mechanische Stabilität bei feinkristallinen, granularen Schichten erreicht wird [61]. Tribologie Wie schon zuvor in Kapitel 2.4.1 für Chromcarbid beschrieben wurde, führen Habig et al. (1980) auch Reibungs- und Verschleißprüfungen an 10µm dicken Titancarbidschichten mit einer Rauhtiefe Rz kleiner 2µm durch, die über CVD-Verfahren hergestellt wurden [47]. Als Grundwerkstoff des Stift-Scheibe-Systems dient wiederum ein vergüteter X205CrWMoV12-1 Stahl. Die Parameter für die Festkörperreibung sind analog zu denen der Chromcarbid Versuche: Relative Luftfeuchte 50%, Prüfkraft 2,5 und 5N, Gleitgeschwindigkeit 0,1m/s, Gleitweg 1000m, Temperatur 23°C. Bei der Festkörperreibung, mit einer Prüfkraft von 2,5N, beträgt die Verschleißrate der Substrate mit den Titancarbidschichten 1,4 x 10-6mm3/m und ist im Vergleich zu 42 Chromcarbid sechsmal niedriger und gegenüber TiN dreimal höher. Der Reibungskoeffizient liegt während der Belastung unverändert zwischen 0,1 und 0,16. Bei 5N Prüfkraft verdoppelt sich die Verschleißrate von Titancarbid auf 3 x 10-6mm3/m, liegt aber im Vergleich zu Chromcarbid sieben mal niedriger. Die Verschleißrate von TiC ist bei dieser Prüfkraft auch geringfügig niedriger als bei TiN. Der Reibungskoeffizient verändert sich nicht merkbar und liegt zwischen 0,13 und 0,16 [47]. Mit TiN werden höhere Reibungskoeffizienten erreicht, diese liegen zwischen 0,1 und 0,4. Hintermann (1981) stellt bei gleichen Prüfbedingungen in einem System 100Cr6 gegen TiC einen Reibungskoeffizienten von 0,25 und bei 100Cr6 gegen TiN einen Reibungskoeffizienten von 0,49 fest [48]. Bei TiC gegen TiC beträgt der Reibungskoeffizient nur noch 0,14. Thienel und Saß (1991) geben bei Festkörperreibung einen Reibungskoeffizienten für Titancarbidschichten von 0,11 – 0,15 an [49]. Aus den o.g. Literaturstellen kann man ersehen, dass Titancarbidschichten gegenüber Titannitridschichten und Chromcarbidschichten einen deutlich niederen Reibungskoeffizienten haben und sich als Tribopartner für unbeschichtete Stähle eignen. Kapitel 3 Experimenteller Teil 3.1. MOCVD von Chromcarbid Erste Erkenntnisse über den MOCVD-Prozess von Chromcarbid wurden mittels einer vorab durchgeführten Machbarkeitsstudie [68] gewonnen. Gleichung 3.1 zeigt die Bruttoreaktion von Bis-Ethylbenzol-Chrom zu Chromcarbid unter Bildung verschiedener Nebenprodukte. 7(C6H5C2H5)2Cr Æ Cr7C3 + NP (3.1) Das in der Machbarkeitsstudie verwendete Dosierkonzept erwies sich nachträglich als ungeeignet, da bei der gasförmigen Dosierung des Precursors aus dem Verdampfer in den Reaktor eine hohe Temperatur (170°C) notwendig war um ausreichende Mengen an Precursor zu verdampfen. Die hohe Verdampfertemperatur 43 in Verbindung mit den pyrophoren Eigenschaften des Precursors unter Luftatmosphäre stellen ein Sicherheits- und Gesundheitsrisiko dar, so dass ein flüssiges Dosierkonzept erarbeitet wird. Die Beschichtungsversuche im Strömungsrohrreaktor haben das Ziel, ein Parameterfenster für die Abscheidung von Chromcarbid festzulegen und eine Abscheidungskinetik zu ermitteln. Die daraus gewonnenen Ergebnisse sollen dann auf eine Technikumanlage zur Beschichtung von industriellen Bauteilen übertragen werden. 3.1.1. Chromcarbidabscheidung in einem Strömungsrohrreaktor Anlagenaufbau In Abbildung 3.1 ist das Anlagenfließbild zur Chromcarbidabscheidung im Heißwandströmungsrohrreaktor mit flüssiger Precursordosierung mit den folgenden vier Hauptkomponenten zu sehen: ¾ Dosiervorrichtung für flüssigen Precursor und Trägergas ¾ Heißwandströmungsrohrreaktor ¾ Abgasreinigung ¾ Vakuumpumpe Abbildung 3.1: Anlagenfließbild Strömungsrohrreaktor zur CrC-Abscheidung 44 Die Dosiervorrichtung bestehend aus Precursorvorlage und einer Schlauchdosierpumpe (Fa. Ismatec Laboratoriumstechnik GmbH, Typ ISM 596) ist in Abbildung 3.2 dargestellt. Der flüssige Precursor wird aus der Precursorvorlage über einen Dosierschlauch und anschließender Dosierlanze in den Reaktor gefördert. In der Dosierlanze, welche bis zur Vorderseite des Ofens in den Reaktor hineinragt, wird der Precursor von einem Teil des Trägergases umströmt. Dort verdampft der flüssige Precursor bei 180°C und einem Absolutdruck von 10mbar. Die Verweilzeit des Reaktionsgases wird im wesentlichen durch den Volumenstrom des Trägergases Helium bestimmt, welcher über zwei Massendurchflussregler (Fa. Bronkhorst) gesteuert wird. Das Strömungsrohr besteht aus Aluminiumoxid mit einem Innendurchmesser von 4,2cm und einer Länge von 133cm. An beiden Enden sind Metallflansche angeklebt, über die der Reaktor mit den anderen Anlagenkomponenten verbunden ist. Die Beheizung des Reaktors erfolgt mittels eines Dreizonen-Hochtemperaturofens der Fa. Gero. Die Temperaturprofile für diesen Reaktor sind im Anhang B dargestellt, die isotherme Zone beginnt etwa 30cm nach Ofeneingang und ist ca. 40cm lang. Schlauchdosierpumpe Dosierlanze Reaktoreingang Precursorvorlage Abbildung 3.2: Flüssigdosierung und Reaktoreingang 45 Der Gesamtdruck im Reaktor wird mit einem Drucksensor (Fa. Bronkhorst) am Reaktorausgang gemessen, wie in Abbildung 3.3 zu sehen ist. Die Abgasreinigung besteht aus einem Partikelfilter und einer Kühlfalle welche mit flüssigem Stickstoff befüllt ist. Der Abgasreinigung folgt eine Vakuumpumpe (Fa. Brand Vakuumtechnik), über die das gereinigte Abgas in den Abzug geleitet wird. Sämtliche Anlagenkomponenten bis auf die Vakuumpumpe sind aus sicherheitstechnischen Aspekten in einem Abzug aufgebaut. Partikelfilter DruckVakuumpumpe Kühlfalle Reaktorausgang sensor Abbildung 3.3: Reaktorausgang und Abgasreinigung Probenanordnung Die Ergebnisse aus der Machbarkeitsstudie, reichen für eine sinnvolle Ermittlung kinetischer Parameter nicht aus, da dort unterschiedliche Materialien für Substrat, Probenhalter und Reaktorwand innerhalb eines Versuches verwendet wurden, und die Abscheidungsmengen nur auf den Substraten bestimmt werden konnten. Die Ermittlung der Reaktionskinetik für die Abscheidung von Chromcarbid im Strömungsrohrreaktor erfolgt deshalb mittels einer Probenanordnung wie sie in Abbildung 3.4 gezeigt wird. 46 Als Substrate für die Kinetikversuche werden 33 Stück gebogene Graphitfolieplättchen (30mm x 20mm x 0,5mm) verwendet. Um die Wandabscheidung mit berücksichtigen zu können, wird das Strömungsrohr mit Graphitfolie ausgekleidet. Die Substrate werden versetzt hintereinander positioniert, um eine gleichmäßige Anströmung der Ober- und Unterseite zu ermöglichen. Der Anfang der ersten Probe, welcher den Nullpunkt der Reaktorlängsachse z festlegt, beginnt direkt unterhalb des Endes der Dosierlanze am Ofeneingang. Seitenansicht Ofen 1 2 3 31 32 33 Dosierlanze 0 Reaktorlängsachse z 100 30 mm 42 mm 3 Frontalansicht 7 5 4 6 8 Draufsicht Abbildung 3.4: Probenanordnung im Reaktor Prozessparameter Die Variation der Prozessparameter für die Untersuchung der Kinetik ist in Tabelle 3.1 dargestellt. Die Parameterstartwerte werden aus der Machbarkeitsstudie [68] übernommen. Die Beschichtungszeit beträgt bei allen Versuchen zwei Stunden. Tabelle 3.1: Prozessparameter für die Chromcarbidabscheidung auf gebogenen Graphitfolieplättchen Prozessparameter Temperatur Gesamtdruck Verweilzeit Strömungsgeschwindigkeit Precursormolanteil [°C] [mbar] [s] [cm/s] [mol-%] Parameterbereich 400 - 550 5 - 20 0,3 - 2 50 - 200 1,5 - 6 47 3.1.2. Chromcarbidabscheidung in einer Technikumanlage Anlagenaufbau Die Versuche zur Chromcarbidabscheidung auf kommerziellen Bauteilen werden in der von der Fa. Linn-High-Therm bereitgestellten Technikumanlage durchgeführt. Die Anlage ist prinzipiell aus den gleichen Komponenten aufgebaut, wie alle anderen in dieser Arbeit verwendeten CVD-Anlagen, lediglich der Reaktor ist anders gestaltet. Anstatt eines Heißwand-Strömungsrohres ist der Reaktor der Technikumanlage ein zylindrischer Kaltwandreaktor mit einem kuppelförmigen Deckel. Bevor diese Anlage in Betrieb genommen werden konnte mussten einige wichtige Modifizierungen hinsichtlich Isothermie, Aufheizzeit, Dosierung und Reaktionsraumgestaltung unternommen werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Reaktionsraumgestaltung hinsichtlich effektiver Precursordosierung und homogener Abscheidung von glatten, geschlossenen Chromcarbidschichten. Der Querschnitt des Reaktors wird in Abbildung 3.5 gezeigt. Um die Isothermie im Reaktionsraum zu verbessern und die Aufheizzeit zu reduzieren wurde neben einem stärkeren Heizleiter ein Abschirmpaket in den Reaktor eingebracht. Zudem wurde die Heizleistung durch Einbau eines Vortrafos erhöht. Die Abscheidung von homogenen Chromcarbidschichten auf den Substraten wurde entschieden verbessert indem das Precursorgemisch aus Bis-Ethylbenzol-Chrom und Helium über einen Duschkopf in den Reaktionsraum dosiert wurde. Der Duschkopf ist so gestaltet, dass das Gemisch zunächst auf eine Prallplatte trifft und es somit zu einer Verwirbelung und Verteilung kommt. Danach strömt das Gemisch durch drei Sieblagen mit definierter Maschenweite und wird somit gleichmäßig über den gesamten Bereich des Duschkopfes verteilt. Das abreagierte Gasgemisch verlässt den Reaktionsraum über Bohrungen, die radial an der Außenseite der Bodenplatte angebracht sind. 48 Precursorgemisch Schwenkbarer Deckel Kühlwasser Abschirmblech Prallplatte Duschkopf 136 mm Dichtung Sieblage 130 mm 20 mm Heizschlangen Vakuumpumpe Radiale Bohrungen Abbildung 3.5: Probenanordnung im Reaktor der Technikumanlage Probenanordnung Die Substrate befinden sich unterhalb des Duschkopfes auf der beheizten Bodenplatte und werden somit von oben angeströmt. Beschichtet werden in dieser Anlage Substrate der Industriepartner aus diversen Stählen sowie Keramikbauteile. Prozessparameter Die Beschichtung kommerzieller Werkstücke in der Technikumanlage verläuft analog zu den Beschichtungsversuchen im Strömungsrohrreaktor. Die Festlegung der Parameter basiert auf den Ergebnissen der Parametervariation im Strömungsrohr. In Tabelle 3.2 sind die optimalen Betriebsparameter für die Beschichtung in der Technikumanlage dargestellt. 49 Tabelle 3.2: Prozessparameter für die Chromcarbidbeschichtung von kommerziellen Werkstücken Prozessparameter Parameterbereich 450 2 100 2 Temperatur [°C] Gesamtdruck [mbar] Strömungsgeschwindigkeit über den Substraten [cm/s] Precursormolanteil [mol-%] 3.2. CVD von Titancarbid Die Bildung von stöchiometrischem TiC im Reaktionssystem TiCl4, CH4 und H2 kann mit Gleichung 3.2 formal beschrieben werden. TiCl4 + CH4 Æ TiC + 4HCl (3.2) Die Beschichtungsversuche zur Titancarbidabscheidung auf Graphitsubstraten haben das Ziel, ein Parameterfenster festzulegen und eine Abscheidungskinetik zu ermitteln. Anschließend sollen keramische Bauteile beschichtet werden um die tribologische Eignung der TiC-Schichten zu untersuchen. 3.2.1. Titancarbidabscheidung in einem Strömungsrohrreaktor Anlagenaufbau Der Anlagenaufbau bei der TiC-Abscheidung ist in Abbildung 3.6 dargestellt. Die Gase Helium und Wasserstoff können entweder über den thermostatisierten Sättiger, in dem sich das TiCl4 befindet, in den Reaktor geleitet werden oder, wie beim Methan, direkt dem Reaktor zugeführt werden. Alle Leitungen vom Sättiger bis zum Reaktor sind beheizt, um ein auskondensieren des Titantetrachlorides zu vermeiden. 50 Abbildung 3.6: Fließbild der CVD-Anlage zur Abscheidung von TiC Der Reaktor besteht aus einem Aluminiumoxidrohr mit einem Innendurchmesser von 3,2cm und einer Länge von 130cm. An beiden Enden sind Metallflansche angeklebt, über die der Reaktor mit den anderen Anlagenkomponenten verbunden ist. Die Beheizung des Reaktors erfolgt mittels eines Dreizonen-Hochtemperaturofens der Fa. Gero. Die Temperaturprofile für diesen Reaktor sind im Anhang B dargestellt, die isotherme Zone beginnt etwa 24cm nach Ofeneingang und ist ca. 52cm lang. Probenanordnung Die Anordnung der 33 Graphitproben bei der TiC Abscheidung erfolgt analog der Positionierung der Proben bei Abscheidung von CrC im Strömungsrohr, welche in Kapitel 3.1.1. beschrieben wurde. Der Anfang der ersten Probe, welcher den Nullpunkt der Reaktorlängsachse z festlegt, liegt bei der TiC-Abscheidung 6cm vor dem Ofeneingang. 51 Prozessparameter Die Variation der Prozessparameter für die Untersuchung der Kinetik von TiC zeigt Tabelle 3.3. Die Beschichtungszeit beträgt bei allen Versuchen zwei Stunden. Tabelle 3.3: Prozessparameter für die Titancarbidabscheidung Prozessparameter Temperatur [°C] Gesamtdruck [mbar] Strömungsgeschwindigkeit [cm/s] Verweilzeit [s] Molanteil TiCl4 [mol-%] Molanteil CH4 [mol-%] Molanteil H2 [mol-%] Parameterbereich 1000 - 1200 1000 5 - 45 2 - 18 1-4 2 - 10 21 - 84 3.3. Charakterisierung der CrC- und TiC-Schichten Die Charakterisierung der abgeschiedenen Schichten erfolgt hinsichtlich Morphologie, Mikrostruktur, chemischer Zusammensetzung, Oberflächenrauheit, Haftfestigkeit, Reibung und Verschleiß mittels folgender Methoden: • Morphologie o Raster-Elektronen-Mikroskopie (REM) • Mikrostruktur o Röntgenbeugungsanalyse (X-Ray-Diffraction: XRD) • Chemische Zusammensetzung o Röntgen-Photoelektronen-Spektroskopie (XPS) o Energiedispersive Röntgenanalyse (Energy-Dispersive-Analysis of Xrays: EDX) o Glimmentladungsspektroskopie (Glow Discharge Optical Spectroscopy: GDOS) • Oberflächenrauheit o Tastschnittverfahren 52 • Haftfestigkeit o Rockwell-Härteprüfung • Reibung und Verschleiß o Kugel-Scheibe-Tribometer 3.3.1. Morphologie Raster-Elektronen-Mikroskopie (REM) Die Raster-Elektronen-Mikroskopie ist eine elektronenmikroskopische Methode zur Untersuchung von Oberflächen. Dabei wird die Probenoberfläche von einem gebündelten Elektronenstrahl abgetastet. Dieser erzeugt an jedem Ort der Probenoberfläche Sekundärelektronen, Rückstreuelektronen und Röntgenstrahlen, wobei am häufigsten die Sekundärelektronen zur Abbildung verwendet werden. Man misst dabei die Menge der Sekundärelektronen als Strom, der ebenfalls die Helligkeit des Bildpunktes einer Bildröhre regeln kann. Um eine Störung des Elektrodenstrahls durch Stöße mit Gasmolekülen zu vermeiden, muss sich die Probe im Vakuum befinden [65]. Die Austrittswahrscheinlichkeit der Sekundärelektronen ist abhängig von der Oberflächenmorphologie. Der topographische Kontrast kann dabei auf mehrere Arten entstehen: • • • Durch das Relief der Probe, da Spitzen und Kanten mehr Elektronen emittieren als Vertiefungen Durch unterschiedliche chemische Zusammensetzung der Probe, insbesondere Ausscheidung zweiter Phasen Bei passender Einstellung des Absaugfeldes können auch Unterschiede des elektrischen Potentials in der Probe abgebildet werden Das Raster-Elektronenstrahl-Mikroskop ist besonders gut geeignet für die Untersuchung von Oberflächenmorphologien von Bruchgefügen, Sintervorgängen und Pulverteilchen. Des Weiteren findet es Anwendung in der Mikroelektronik, da durch Messung der Ladungsverteilung Schaltvorgänge mikroskopisch verfolgt werden können [66]. Die REM-Aufnahmen wurden am Lehrstuhl für Werkstoffwissenschaften WTM an einem Raster-Elektronenstrahl-Mikroskop Philips XL aufgenommen. Um die elektrische Leitfähigkeit zu erhöhen, wurden die Proben mit Gold besputtert. 53 3.3.2. Mikrostruktur Röntgenbeugungsanalyse (X-Ray-Diffraction: XRD) Im Gegensatz zu den bisher vorgestellten Analysenmethoden wird bei der XRDAnalytik nicht mit einem Elektronenstrahl, sondern mit einem Röntgenstrahl gearbeitet, wobei die Röntgenemission ausgenutzt wird. Die Wellenlänge dieser Röntgenstrahlen liegt in etwa in der selben Größenordnung wie die Abstände der Gitterebenen. Das hat zur Folge, dass die Röntgenstrahlen an den Gitterebenen in ähnlicher Weise gebeugt werden wie die Strahlen des UV-VIS (ultraviolet-visible) an Strichgittern. Diese Beugung kann wie eine Reflexion aufgefasst werden, wobei der Beugungswinkel der Strahlen gleich dem Einfallswinkel ist. Der Unterschied zur UV-VIS Strahlung besteht darin, dass die Röntgenstrahlen einer bestimmten Wellenlänge nur bei einem entsprechend bestimmten Beugungswinkel (Glanzwinkel) reflektiert werden. Dieser Winkel hängt vom Gitterabstand d ab. Mit der Braggschen Gleichung (3.3) kann dieser für jedes Element spezifische Gitterabstand bestimmt werden. d= n∗λ 2 ∗ sin θ (3.3) d Gitterebenenabstand nm n Gitterkonstante λ Wellenlänge nm θ Beugungswinkel - Die Art der Peaks gibt Aufschluss über die Fehlstellen im Kristall, während man über die Peakbreite auf die Schichtdicke schließen kann. Erhält man einen sehr scharfen Peak, so lässt sich dies auf einen fast perfekten Kristall zurückführen. Unscharfe Peaks basieren entweder auf vielen Fehlstellen im Kristall oder auf einer amorphen Struktur der Schicht. Des Weiteren bekommt man aber auch unscharfe Peakverläufe bei sehr kleinen Kristalliten (< 100nm). Dort besteht nicht die Möglichkeit, dass sich die Interferenzen in Streurichtung vollständig auslöschen. 54 3.3.3. Chemische Zusammensetzung Röntgen-Photoelektronen-Spektroskopie (XPS) Bei der Röntgen-Photoelektronen-Spektroskopie (XPS) handelt es sich um eine zerstörungsfreie sensitive Oberflächenanalysenmethode welche Mitte der 60'er Jahre an der Universität von Uppsala in Schweden entwickelt wurde [67]. Die Proben werden im Vakuum mit einem monochromatischen Röntgenstrahl bestrahlt. Die Photonen dringen in die Oberfläche der Probe ein. Dort kommt es zu elastischen Stößen mit Elektronen aus verschiedenen Orbitalen der getroffenen Atome. Dies führt dazu, dass Photoelektronen emittiert werden (Photoeffekt). Die emittierten Elektronen werden von einem Detektor aufgefangen und in ein Messsignal umgewandelt. Die mittlere freie Weglänge der Elektronen ist in Feststoffen sehr gering, deshalb werden nur die freigesetzten Photoelektronen aus den obersten Atomlagen detektiert, dies macht die XPS zu einer sehr sensitiven Oberflächenanalysenmethode. Aus der Anzahl der detektierten Elektronen pro Energieintervall als Funktion ihrer Bindungsenergie erhält man ein Spektrum, über dessen Fläche bzw. Höhe der Peaks man die Konzentration einzelner Elemente in der Oberfläche ermittelt. Aus der Peaklage kann auf die chemische Zusammensetzung der Oberfläche geschlossen werden, da diese elementspezifisch ist. Die kinetische Energie der emittierten Elektronen ergibt sich folgendermaßen: Ekin = h*ν - EB,i - ΦS Ekin EB,i h*ν ΦS (3.4) kinetische Energie des Elektrons [eV] Bindungsenergie des Elektrons aus dem Atomorbital i [eV] Energie des Photons [eV] Konstante des Spektrums [eV] Wegen der hohen Bindungsenergie der Elektronen muss die Strahlung mindestens im UV-Bereich bei Wellenlängen < 200nm liegen, um Photoelektronen zu erzeugen. Je nach eingesetzter Strahlungsquelle unterscheidet man deshalb zwischen Photoelektronen-Spektroskopie im Ultravioletten (UPS) und Röntgen-PhotoelektronenSpektroskopie (XPS). Als Energiequelle werden gewöhnlich Mg Kα (1253,6eV)- oder Al Kα (1486,6eV)- Röntgenstrahlen eingesetzt. 55 Die XPS-Untersuchungen wurden am Lehrstuhl für Korrosion und Oberflächentechnik der FAU-Erlangen-Nürnberg an einem Röntgen-Photoelektronen-Spektroskop vom Typ Physical Electronics PHI 5600 Multi Technique System mit einem monochromatischen Al Kα (1486,6 eV)-Röntgenstrahl durchgeführt. Energiedispersive Analyse (Energy-Dispersive-Analysis of X-rays: EDX) Bei dieser Analysentechnik werden die bei der Bestrahlung einer Probe mit einem Elektronenstrahl entstehenden spezifischen Röntgenquanten in einem Detektor energiedispersiv ausgewertet. Der Detektor besteht aus einem Silicium-LithiumKristall. Diese Analysentechnik nutzt neben dem Augereffekt auch die spezifische Röntgenstrahlung. Jedoch können wegen apparativer Bedingungen nur Elemente erfasst werden deren Ordnungszahl größer zehn ist [68]. Die energiedispersive Analyse bietet den Vorteil, dass sowohl geringste Mengen als auch sehr kleine Probenabschnitte analysiert werden können. Die EDX-Analysen wurden von der Firma INA Wälzlager Schäffler oHG durchgeführt. Glimmentladungsspektrometrie (Glow Discharge Optical Spectroscopy: GDOS) Tiefenprofilanalysen an Schichten und Schichtsystemen können mittels GDOS schnell durchgeführt werden. Für die Bestrahlung der Probe mit niederenergetischen Ionen wird eine Gleichspannungsglimmentladung (Plasma) als Primärionenquelle zwischen der Probe (Kathode) und einer Elektrode eingesetzt. Durch den hohen Arbeitsdruck im Plasma kommt es zu Stößen zwischen zerstäubten Sekundärteilchen und Teilchen des Arbeitsgases (Argon). Diese Stoßprozesse führen zu einer Anregung der Sekundärteilchen, die dann durch die Emission von Licht wieder abgebaut wird. Die Strahlung ist charakteristisch für die angeregten Atome oder Ionen. Durch die Messung ihrer Intensität kann die Elementzusammensetzung bestimmt werden [10]. Die GDOS Analysen wurden von der Firma INA Wälzlager Schäffler oHG durchgeführt. 3.3.4. Oberflächenrauheit Tastschnittverfahren Das mechanische Tastschnittverfahren nutzt einen harten Tastfühler aus Diamant, welcher an der Spitze einer leicht biegsamen Messzunge befestigt ist und über die zu messende Oberfläche gezogen wird. Die Durchbiegung der Messzunge kann induktiv oder über Widerstandsänderung erfasst werden. 56 So wird nun in sehr hoher Auflösung das Profil der gemessenen Oberfläche aufgezeichnet und kann nach bestimmten Verfahren ausgewertet und quantifiziert werden. Aus den daraus ermittelten Ergebnissen können dann Rückschlüsse über die Beschaffenheit der Oberfläche gezogen werden. Die für die Untersuchungen wichtige Kenngröße ist der Traganteil, welcher ein Maß für die Oberflächenrauheit darstellt. Ziel ist es sehr glatte Schichten zu erzeugen, die einen Traganteil größer 90% haben. Der Industriepartner INA Wälzlager Schäffler oHG untersuchte die mit Chromcarbid beschichteten Keramik- und Stahlscheiben mittels Tastschnittverfahren und lieferte auch die Auswertungsergebnisse. 3.3.5. Haftfestigkeit Rockwell-Härteprüfung (HRC) Eines der möglichen Härteprüfverfahren für metallische Werkstoffe ist jenes durch einen statisch belasteten Eindringkörper. Ihm liegt folgende Definition zugrunde, in der die Härte als ein Maß für den Widerstand eines Stoffes gegenüber dem Eindringen eines anderen Körpers angesehen wird. Dabei wird bei diesen Härteprüfverfahren der durch plastische Verformung erzeugte Härteeindruck nach der Entlastung des Eindringkörpers ausgemessen. Ein Verfahren ist der sog. Rockwelleindrucktest, der es ermöglicht, eine genaue Aussage über die Haftfestigkeit zu gewinnen. Die Härteprüfung nach Rockwell C-Test mit einer Diamantspitze als Eindringkörper wird bei der Firma INA Wälzlager Schäffler oHG durchgeführt und ausgewertet. Der Ermittlung der Haftfestigkeit liegt die VDI-Richtlinie 3198 zugrunde. 3.3.6. Reibung und Verschleiß Kugel-Scheibe-Tribometer Am Lehrstuhl für Konstruktionstechnik der FAU steht für die Untersuchungen von Reib- und Verschleißeigenschaften von Werkstoffpaarungen ein Kugel-Scheibe-Tribometer zur Verfügung. Bei diesem Prüfverfahren gleitet eine fest eingespannte Kugel (Gegenkörper) mit definierter Kraft auf einer rotierenden Prüfscheibe (Grundkörper). Diese Scheibe ist ebenfalls fest eingespannt und wird über einen Zahnriemen angetrieben. In Tabelle 3.3 sind die Prüfbedingungen beim Kugel-Scheibe-Tribometer gezeigt. Alle Versuche werden in Anlehnung an DIN 50324/34 im Trockenlauf durchgeführt. 57 Tabelle 3.3: Prüfbedingungen beim Kugel-Scheibe-Tribometer Prüfkraft Gleitweg Gleitgeschwindigkeit Radius der Reibspur Relative Feuchte Umgebungstemperatur 20N 500m 0,05m/s 15,9mm 50% 18°C Der Gleitweg und die Gleitgeschwindigkeit werden durch Anpassen der Drehzahl sowie der Anzahl der Umdrehungen eingestellt. Ein Kraftaufnehmer misst kontinuierlich die Reibkraft. Mittels dieser wird dann der Reibkoeffizient µ berechnet. µ= FR FN Reibungskraft Normalkraft FR FN (3.5) [N] [N] Nach Versuchende wird der Verschleiß der beiden Tribopartner bestimmt. Der Scheibenverschleiß lässt sich durch das Ausmessen des Profils der Spur und durch das Vermessen der abgeriebenen Kalotte errechnen. Neben dem Scheibenverschleiß (WV,Scheibe) wird auch der Kugelverschleiß (WV,Kugel) und die Summe der beiden, der Gesamtverschleiß (WV,ges.) wie folgt ermittelt: WV,Scheibe = π·D·Wq,Scheibe (3.6) WV,Scheibe Verschleiß der Scheibe [mm3] D mittlerer Durchmesser der Verschleißspur [mm] Wq,Scheibe planimetrischer Verschleißbetrag der Scheibe [mm2] WV,Kugel = 1/3·π·h2·(3R-h) wobei WV,Kugel Verschleiß der Kugel [mm3] (3.7) 58 h = R − (R 2 − d 2Kugel 4 (3.8) ) R Kugelradius [mm] 2 d Kugel Durchmesser der Kugelverschleißfläche [mm] Die Ergebnisse werden in Form von Reibkurven, durch Auftragen des Reibungskoeffizienten über den Gleitweg, dargestellt. Die Gleitreibwerte bei Versuchsbeginn (µStart) und während des Gleitens (µmin und µmax) werden ermittelt und daraus ein Mittelwert (µav.) gebildet. Damit die Verschleißeigenschaften verglichen werden können, werden die Verschleißraten berechnet und in entsprechenden Diagrammen aufgetragen. Der Werkstoffabtrag wird als lineare Verschleißrate dargestellt. Kapitel 4 Ergebnisse und Diskussion der MOCVD von Chromcarbid 4.1. Precursoranalyse Der Precursor Bis-Ethylbenzol-Chrom wird von der Firma Strem Chemicals in den USA hergestellt und von der deutschen Firma ABCR in Karlsruhe vertrieben. Über den Industriepartner Linn-High-Therm, wurde aus Russland ebenfalls ein BisEthylbenzol-Chrom Precursor geliefert. Die beiden Precursoren wurden im Rahmen des Projektes von der Firma STAEDTLER MARS GmbH & Co analysiert und miteinander verglichen. Eine durchgeführte anorganischen Analyse über ICP-OES lieferte folgende Chromgehalte: USA 16,71% Das Ergebnis der qualitativen Analyse mit GC-MS: Gehalt an freien Aromaten: RUS 17,08% 59 Benzol Ethylbenzol Diethylbenzol Triethylbenzol Summe: USA -----0,1% ca. 0,12% ca. 0,03% ca. 0,25% Gehalt der organischen Chromkomplexe: USA Cr + Benzol + Ethylbenzol -----Cr + 2x Ethylbenzol 32% Cr + Ethylbenzol + Diethylbenzol 41% Cr + 2x Diethylbenzol 27% RUS ca. 0,003% 0,2% ca. 0,26% ca. 0,06% ca. 0,52% RUS ca. 4% ca. 22% ca. 44% ca. 30% Die Analyse zeigt, dass der Gehalt an Bis-Ethylbenzol-Chrom in der Probe aus den USA um 10 Prozentpunkte höher ist als in der Probe aus Russland. Zudem enthält die Probe aus Russland deutlich mehr Bodensatz und Schwebeteilchen gegenüber der aus den USA. Für alle Versuche wird deshalb der Precursor von Strem Chemicals verwendet. 4.2. Chromcarbidabscheidung im Strömungsrohrreaktor 4.2.1. Variation der Prozessparameter Die Ermittlung kinetischer Daten für den CVD-Prozess von Chromcarbid basiert auf ortsaufgelösten Reaktionsgeschwindigkeitsprofilen. Der Prozess wird bei reduzierten Druck und Temperaturen kleiner 550°C untersucht. Die Strömungsgeschwindigkeit wird bei den Versuchsreihen durch Zugabe von Helium konstant gehalten. Tabelle 4.1 zeigt die Betriebsparameter für den Standardversuch, von dem ausgehend innerhalb jeder Versuchsreihe nur ein Parameter variiert wird. 60 Tabelle 4.1: Prozessparameter für den Standardversuch bei der Chromcarbidbeschichtung von Graphitfolieplättchen Prozessparameter Gesamtdruck Verweilzeit Strömungsgeschwindigkeit Konzentration BEBCr Temperatur [mbar] [s] [cm/s] [mol-%] [°C] Parameterbereich 10 0,9 100 3,0 450 Einfluss von Wasserstoff Von anderen Schichtsystemen ist bekannt, dass Wasserstoff die Carbidbildung hemmt deshalb soll durch die Zugabe von Wasserstoff untersucht werden, ob der Kohlenstoffgehalt der Chromcarbidschichten und die Abscheiderate verändert werden. Um den Einfluss von H2 auf die Abscheidung zu untersuchen wird der Partialdruck von Helium von 97 auf 20% gesenkt und der Wasserstoffpartialdruck von 0 auf 77% erhöht, so dass ein H2:He-Verhältnis von 4:1 entsteht. Die Abscheiderate von Chromcarbid über die Reaktorlänge (Abb. 4.1) zeigt, dass H2 keinen Einfluss auf die Abscheiderate von Chromcarbid hat und der Versuch sehr gut reproduzierbar ist. Die durchschnittliche Standardabweichung beträgt ±10%. 61 Abbildung 4.1: Einfluss von H2 auf die Abscheiderate von CrC Gesamtdruck Der Gesamtdruck wird zwischen 5 und 20mbar variiert. Drücke kleiner 5mbar können anlagenbedingt bei Strömungsgeschwindigkeiten von 100cm/s nicht erreicht werden. Drücke über 20mbar werden aus wirtschaftlichen Gründen nicht untersucht, da bei konstanten Molenbruch die dosierte Precursormenge mit steigendem Gesamtdruck zunimmt. Bei 10mbar werden 6,7g Precursor pro Stunde verbraucht, während es bei 20mbar 13,4g sind. In Abbildung 4.2 wird die Abscheiderate für die Gesamtdruckvariation entlang des Reaktors gezeigt. Man sieht, dass sich am Beginn der isothermen Zone, bei 30cm, ein Abscheidungsmaximum ausbildet. Die höchste Abscheiderate wird bei 20mbar erreicht, jedoch ist die eingesetzte Precursormenge gegenüber 10mbar doppelt so hoch. Bei 5mbar ist die maximale Abscheiderate mit 8 x 10-6mol m-2 s-1 fast genau so hoch wie bei 10mbar, jedoch ist über die Reaktorlänge eine stärkere Verarmung sichtbar. Bei 70cm, am Ende der isothermen Zone, ist eine Abscheidung kaum mehr zu beobachten, während bei 10mbar und 20mbar an dieser Stelle noch deutliche Mengen abgeschieden werden. 62 Abbildung 4.2: Abscheiderate von Cr7C3 bei unterschiedlichen Gesamtdrücken (T = 450°C; xBEBCr = 3,0%) Betrachtet man den integralen Umsatz in Abbildung 4.3, so stellt man fest, dass bei 5mbar ein vollständiger Umsatz des Precursors zu Chromcarbid erreicht wird. Mit steigendem Druck sinkt der Umsatz, so dass bei 20mbar noch etwa 80% erreicht werden. Für die folgenden Versuchsreihen wird ein Gesamtdruck von 10mbar gewählt, da bei 5mbar Strömungsgeschwindigkeiten von mehr als 100cm/s nicht möglich sind. 63 Abbildung 4.3: Integraler Umsatz von BEBCr bei unterschiedlichen Gesamtdrücken Der MOCVD-Prozess von BEBCr wird bei 10mbar ohne Zugabe von H2 in Abhängigkeit von folgenden Prozessparametern untersucht. • Verweilzeit • Konzentration BEBCr • Reaktortemperatur Verweilzeit Um den geschwindigkeitsbestimmenden Teilschritt des Abscheidungsprozesses zu bestimmen wird zunächst das Verweilzeitverhalten untersucht. Die Abhängigkeit der Abscheiderate von der Strömungsgeschwindigkeit ist in Abbildung 4.4 an drei Positionen im Reaktor gezeigt. Position 27cm (Reaktoranfang) ist am Beginn der isothermen Zone, Position 51cm in der Reaktormitte und Position 75cm (Reaktorende) liegt am Ende der isothermen Zone. Man sieht, dass sich das Maximum der Abscheiderate mit zunehmender Strömungsgeschwindigkeit gegen Reaktorausgang verschiebt. 64 Bei Strömungsgeschwindigkeiten kleiner 150cm/s liegt das Maximum am Beginn der isothermen Zone, während bei höheren Strömungsgeschwindigkeiten das Maximum in der Reaktormitte liegt. Die höchste Abscheiderate wird bei 200cm/s erreicht, obwohl bei 250cm/s mehr Precursor in den Reaktor dosiert wird um einen konstanten Molenbruch zu erreichen. Dies lässt darauf schließen, dass bei 250cm/s bereits Limitierung durch Konvektion vorliegt. Bestätigt wird diese Vermutung, dass bei dieser Strömungsgeschwindigkeit unverbrauchtes BEBCr in der nachgeschalteten Kühlfalle auskondensiert, was sich durch eine gelbbraune Färbung der ansonsten klaren flüssigen Phase bemerkbar macht. Für die Positionen in der Reaktormitte und am Reaktorende zeigt der Vergleich von Abb. 4.4 mit Abb. 2.3, dass der reaktionskontrollierte Bereich bei Strömungsgeschwindigkeiten zwischen 150cm/s und 200cm/s liegt. Auf Grund von Verarmungseffekten bei niedrigen Strömungsgeschwindigkeiten kann man den Bereich der Stofftransportkontrolle anhand von Diffusion nicht genau festlegen. Abbildung 4.4: Abscheiderate von Cr7C3 bei unterschiedlichen Strömungsgeschwindigkeiten und Probenpositionen 65 In Abbildung 4.5 ist der integrale Umsatz von BEBCr zu Chromcarbid über der Verweilzeit τ aufgetragen. Um in den reaktionskontrollierten Bereich zu gelangen, muss man Verweilzeiten größer 0,4s wählen, was einer Strömungsgeschwindigkeit kleiner als 200cm/s entspricht. Für Verweilzeiten kleiner 0,4s kommt man in den Übergangsbereich zur konvektiven Stofftransportkontrolle. Bei Verweilzeiten größer 0,6s sieht man, dass der Umsatz von 95% abnimmt auf 85% und dann konstant bleibt. Der hohe Umsatz bei 50cm/s kann dadurch erklärt werden, dass auf Grund der geringen abgeschiedenen Menge Wägefehler stärker ins Gewicht fallen und in Wirklichkeit der Umsatz geringer ist als hier angegeben. Das würde bedeuten, dass der Bereich der Diffusionskontrolle bereits bei Verweilzeiten größer 0,6 Sekunden beginnt. Eine optimale Strömungsgeschwindigkeit liegt demnach zwischen 150 und 200cm/s. Abbildung 4.5: Integraler Umsatz von BEBCr bei unterschiedlichen Verweilzeiten Um teuren Precursor zu sparen werden die folgenden Versuchsreihen mit Strömungsgeschwindigkeiten von 100cm/s durchgeführt, auch auf die Gefahr hin bereits im diffusionslimitierten Bereich zu liegen. 66 Konzentration von BEBCr In Abbildung 4.6 wird gezeigt, dass mit steigender BEBCr-Konzentration, bei Molenbrüchen zwischen 1,5 und 6%, die Abscheidung zunimmt, wobei sich ein Maximum der Abscheidung am Beginn der isothermen Zone ausbildet. Auf Grund von Verarmungseffekten von BEBCr in der Gasphase sinkt deshalb die Abscheiderate gegen Reaktorende hin ab. Abbildung 4.6: Abscheiderate von Cr7C3 bei unterschiedlichen BEBCrMolenbrüchen Der reaktionskontrollierte Bereich liegt bei Molenbrüchen zwischen 1,5 und 4,5%, da die Abscheiderate mit zunehmender Konzentration stark ansteigt. Zwischen 4,5 und 6% steigt die Abscheiderate nur noch gering an was auf Precursorverarmung durch Keimbildung in der Gasphase zurückzuführen ist. Dies sieht man deutlich auf den Proben, da bei 6% verstärkte Rußbildung zu beobachten ist. Der integrale Umsatz liegt bei Molenbrüchen zwischen 1,5 und 4,5% nahezu unverändert zwischen 82 und 92% wie Abbildung 4.7 zeigt, so dass man annähernd von vollständigen Umsatz ausgehen kann. Lediglich bei 6% ist der Umsatz kleiner 80% was auf eine beginnende Limitierung durch Adsorption auf der Substratoberfläche hindeuten kann. 67 Abbildung 4.7: Integraler Umsatz von BEBCr bei unterschiedlichen BEBCrKonzentrationen Temperatur Der Einfluss der Reaktortemperatur auf die Abscheiderate und den zugehörenden BEBCr-Umsatz wird im Folgenden untersucht. Abbildung 4.8 zeigt, dass die Abscheiderate mit steigender Temperatur ansteigt. Bei niedrigen Temperaturen ist die Abscheiderate über die Reaktorlänge gleichmäßig. Mit steigenden Temperaturen kommt es zur Ausbildung von immer stärker ausgeprägten Maxima, die sich in Richtung Reaktoreingang verschieben. Bei 475°C liegt das Maximum der Abscheiderate bereits am Beginn der isothermen Zone. Dadurch macht sich die Konzentrationsverarmung von BEBCr in Richtung des Reaktorausganges stärker bemerkbar. Eine leichte Rußbildung auf den Proben wird ebenfalls beobachtet, was auf homogene Gasphasenreaktion schließen lässt. Als optimale Beschichtungstemperatur für den MOCVD-Prozess ergeben sich somit 450°C. 68 Abbildung 4.8: Abscheiderate von Cr7C3 bei unterschiedlichen Reaktortemperaturen 4.2.2. Charakterisierung der Chromcarbidschichten Schichtmorphologie Die Morphologie der abgeschiedenen Chromcarbidschichten auf den Graphitsubstraten wird mittels Rasterelektronenmikroskopie (REM) untersucht. Die Veränderung der Oberflächenstruktur der Schichten in Abhängigkeit von den Prozessbedingungen bei Atmosphärendruck wird in Abbildung 4.9 gezeigt. Die Parameter für den Standardversuch sind in Tabelle 4.1 dargestellt. Alle im Folgenden gezeigten REM-Aufnahmen sind von Proben gemacht worden, die 27cm vom Ofeneingang entfernt, im vorderen Bereich der isothermen Zone positioniert sind. Die Standardprobe ist bei T = 450°C, xBEBCr = 3,0% und u = 100cm/s beschichtet worden. Sie zeigt eine glatte Schicht, welche die Substratoberfläche nachbildet. Vereinzelt sind auf der Schichtoberfläche Partikel von ca. 5µm Durchmesser zu finden. Ausgehend von der Standardprobe bewirkt eine Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit von 100cm/s auf 250cm/s und somit eine Reduzierung der Verweilzeit eine rauere Schichtoberfläche, da es zur Bildung von Agglomeraten auf der Oberfläche 69 kommt. Die Agglomerate setzen sich aus vielen kleinen Partikeln zusammen und sind ungefähr 10µm groß. Normalerweise führt eine Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit im reaktionskontrollierten Bereich zu glatteren Oberflächen, da die Produkte schneller aus dem Reaktionsraum entfernt werden. Bei 250cm/s wird die Oberfläche jedoch rauher, was man auf konvektiven Stofftransport zurückführen könnte. Eine Verdopplung des Precursormolenbruches von 3,0% auf 6,0% führt ebenfalls zu einer rauheren Oberfläche, da die Korngröße zunimmt. Wie schon zuvor bei 250cm/s sind auch hier Agglomerate auf der Schichtoberfläche zu finden. Die Erhöhung der Substrattemperatur von 450°C auf 475°C bewirkt keine Änderung der Schichtmorphologie. Beurteilt man die untersuchten Proben hinsichtlich ihrer Farbe, so stellt man fest, dass die abgeschiedenen Chromcarbidschichten im allgemeinen silbrig glänzend sind. Standard 10 µm xBEBCr = 6,0% 10 µm u = 250cm s-1 10 µm T = 500°C 10 µm Abbildung 4.9: Oberflächenmorphologie von Chromcarbidschichten auf Graphitsubstraten in Abhängigkeit von den Prozessparametern 70 Schichtstruktur C C Für die Ermittlung der Schichtstruktur wird neben einem unbeschichteten Graphitsubstrat eine bei 470°C beschichtete Probe ausgewählt. Das Diffraktogramm in Abbildung 4.10 zeigt ausgeprägte Reflexe, welche eindeutig der Modifikation Cr7C3 zugeordnet werden können. Die Intensitäten sind auf den Maximalwert der Messung normiert. Graphit unbeschichtet 30 40 50 60 70 80 C C Cr7C3 C Cr7C3 Cr7C3 Cr7C3 C Cr7C3 Cr7C3 Cr7C3 Cr7C3 Cr7C3 C Intensität [-] Graphit beschichtet 90 Beugungswinkel, 2 Theta [°] Abbildung 4.10: Struktur von CrC-Schichten auf Kohlenstoffsubstraten Schichtzusammensetzung Die Schichtzusammensetzung wird aus den Ergebnissen der durchgeführten XPSMessungen abgeleitet. Das rhombische Cr3C2, das hexagonale Cr7C3 und das kubischflächenzentrierte Cr23C6 sind die drei verschiedenen Modifikationen in denen Chromcarbid auftreten kann. In Abbildung 4.11 ist das Atomverhältnis von Chrom zu Kohlenstoff über der Variation der Reaktortemperatur im Temperaturbereich von 400°C bis 500°C gezeigt. Man sieht, dass alle gemessenen Atomverhältnisse über 1,5 liegen, so dass Cr3C2 als Hauptmodifikation ausgeschlossen werden kann. In dem untersuchten Bereich 71 von 400-500°C liegen die Verhältnisse bei ca. 2,3 was einer Modifikation von Cr7C3 entspricht. Atomverhältnis Cr / C [-] 3,0 2,5 Cr7C3 2,0 Cr3C2 1,5 1,0 0,5 0,0 380 400 420 440 460 480 500 520 Temperatur T [°C] Abbildung 4.11: Schichtzusammensetzung der Chromcarbidschichten in Abhängigkeit der Beschichtungstemperatur 4.2.3. Kinetische Modellierung der Chromcarbid-Abscheidung Für die kinetische Modellierung wird angenommen, dass nur stöchiometrisches Cr7C3 im Reaktionssystem gebildet wird, welches mit folgender Gleichung formal beschrieben werden kann. Zu den in Gleichung 4.1 mit NP bezeichneten Nebenprodukten gehören H2, CH4, sowie verschiedene aromatische Kohlenwasserstoffe wie Benzol, Toluol, Ethylbenzol, Methyl-Ethylbenzol, Diethylbenzol, Triethylbenzol [32]. 7(C6H5C2H5)2Cr Æ Cr7C3 + NP (4.1) Potenzansatz Die Ableitung eines Potenzansatzes aus Gleichung 4.1 führt zu folgender Reaktionsgeschwindigkeitsgleichung (Gl. 4.2). Der Ansatz wird mit der Reaktionsordnung für 72 BEBCr, dem Stoßfaktor k0 und der Aktivierungsenergie EA,BEBCr als Modellparameter an die experimentellen Ergebnisse angeglichen. E n r = k 0 ⋅ exp − A ⋅ c BEBCr R ⋅T (4.2) Die Reaktionsordnung kann bei linearem Zusammenhang zwischen der Abscheiderate und der Eduktkonzentration als Geradensteigung bei einer doppeltlogarithmischen Auftragung bestimmt werden. Reaktionsordnung für BEBCr Die Ermittlung der Reaktionsordnung für BEBCr ist in Abbildung 4.12 dargestellt. Verwendet werden bei der Konzentrationsvariation von BEBCr jeweils die ersten sechs Proben aus der isothermen Zone. Man sieht, dass sich für BEBCr eine Reaktionsordnung von 0,75 ergibt, was auf einen komplexen Reaktionsmechanismus hindeutet. -4,5 log r -5,0 -5,5 nBEBCr = 0,75 -6,0 -3,5 -3,0 log c BEBCr -2,5 -2,0 Abbildung 4.12: Reaktionsordnung für BEBCr Aktivierungsenergie und Stoßfaktor Die Aktivierungsenergie wird aus der Temperaturabhängigkeit der Abscheiderate zwischen 400°C und 500°C ermittelt. Die Temperaturvariation wurde bei Molenbrü- 73 chen von 3% durchgeführt, wobei die aus Abb. 4.12 ermittelte Reaktionsordnung von 0,75 verwendet wird. Um Verarmungseffekte bei der Abscheidung zu minimieren werden bei 500°C nur die vorderste Probe und bei 475°C die ersten drei Proben in der isothermen Zone für die Bestimmung der Aktivierungsenergie eingesetzt. Bei 450°C und 425°C werden die ersten sechs Proben verwendet. Bei 400°C werden auf Grund der niedrigen Abscheiderate nur die ersten drei Proben benutzt. Aus der Temperaturabhängigkeit lässt sich über die Geradensteigung in Abbildung 4.13 die Aktivierungsenergie von 83,9kJ mol-1 ermitteln. Der Stoßfaktor der BEBCrAbscheidung beträgt 751[(mol/m3)1-n(m s-1)]. -6,0 ln k [-] -7,0 -8,0 EA = 83,9 kJ mol-1 k0 = 750,9 [(mol/m3)1-n(m s-1)] -9,0 0,00125 0,00135 0,00145 1/T [K-1] Abbildung 4.13: Arrhenius-Diagramm für die Abscheidung von Cr7C3 Simulation der Abscheidung mittels formalkinetischem Potenzansatz Die berechneten formalkinetischen Parameter werden zur Simulation der Abscheiderate mittels folgenden Potenzmodells verwendet. [ 83900 0,75 −2 −1 r = 751 ⋅ exp − ⋅ c BEBCr mol ⋅ m ⋅ s R⋅T ] (4.3) Die Ergebnisse der simulierten Abscheideraten werden mit den experimentell ermittelten Abscheideraten in Abhängigkeit von den Prozessparametern miteinander verglichen. In Abbildung 4.14 ist die Druckabhängigkeit dargestellt. Die experimentel- 74 le Abscheiderate ist durch Messpunkte gekennzeichnet, die simulierte Abscheiderate durch Kurven. Man sieht, dass unabhängig vom Gesamtdruck in der isothermen Zone zwischen 30cm und 70cm die Abscheiderate sehr gut simuliert werden kann. Im nicht isothermen, Bereich des Reaktors kann die Temperaturabhängigkeit der Abscheidung ebenfalls gut modelliert werden. Abscheiderate, r [*10-6mol / (m2*s)] 25 20mbar 20 15 10mbar 10 5 5mbar 0 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Reaktorlänge, l [cm] Abbildung 4.14: Simulierte (-) und experimentell (Symbol) ermittelte Druckabhängigkeit der Abscheiderate Die Verweilzeitabhängigkeit ist in Abbildung 4.15 dargestellt. Mit dem Potenzansatz kann zwar der Trend der Abscheidung simuliert werden, jedoch weichen die Absolutwerte der experimentellen Abscheideraten von den simulierten deutlich ab. Hier bestätigt sich, dass bei 100cm/s immer noch Diffusionslimitierung vorliegt, da die Strömungsgeschwindigkeiten bei 150 und 200cm/s, die im reaktionskontrollierten Bereich liegen nicht simuliert werden können. Ein Vergleich der BEBCr-Molenbruchabhängigkeit in Abbildung 4.16 zeigt, dass bei allen verwendeten Molenbrüchen die simulierte Abscheiderate gut mit der experimentellen Abscheiderate übereinstimmt. 25 200cm/s -6 2 Abscheiderate, r [*10 mol / (m *s)] 75 20 150cm/s 15 10 100cm/s 5 0 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Reaktorlänge, l [cm] 25 6,0% -6 2 Abscheiderate, r [*10 mol / (m *s)] Abbildung 4.15: Simulierte (-) und experimentell (Symbol) ermittelte Verweilzeitabhängigkeit der Abscheiderate 20 4,5% 15 3,0% 10 2,25% 5 1,5% 0 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Reaktorlänge, l [cm] Abbildung 4.16: Simulierte (-) und experimentell (Symbol) ermittelte BEBCrMolenbruchabhängigkeit der Abscheiderate 76 20 2 Abscheiderate, r [*10 mol / (m *s)] Die Temperaturabhängigkeit der simulierten und experimentellen Abscheideraten sind von 400°C bis 475°C in Abbildung 4.17 dargestellt. Bei Temperaturen kleiner 475°C stimmen die Abscheideraten über den gesamten Beschichtungsbereich gut überein. Bei 475°C, beginnend bei einer Reaktorlänge von etwa 35cm, weicht die simulierte von der experimentellen Abscheiderate gegen Reaktorende hin immer stärker ab. Dies kann man auf den Beginn einer homogenen Gasphasenreaktion von BEBCr zurückführen, da die Proben gegen Reaktorende hin nicht mehr silbrig glänzend erscheinen sondern matt hellgrau sind, was auf freien Kohlenstoff schließen lässt. Das könnte daher kommen, dass die zuvor abgespalteten Kohlenwasserstoffe readsorbieren und sich als C oder CxHy abscheiden. 475°C -6 15 450°C 10 425°C 5 400°C 0 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Reaktorlänge, l [cm] Abbildung 4.17: Simulierte (-) und experimentell (Symbol) ermittelte Temperaturabhängigkeit der Abscheiderate In einem Paritätsdiagramm, Abbildung 4.18, werden die simulierten und experimentell ermittelten Abscheideraten aus der isothermen Zone mit Ausnahme der Verweilzeitvariation und der Abscheidung bei 475°C, für alle durchgeführten Parametervariationen abschließend miteinander verglichen. Man sieht, dass alle Werte in einem Toleranzbereich von ±25% liegen. Der allgemein formulierte Potenzansatz eignet sich somit relativ gut zur Beschreibung der Abscheidungskinetik von Chromcarbid. 77 Abscheiderate berechnet, r [*10-6mol / (m2*s)] 25 +25% 20 15 -25% 10 5 0 0 5 10 15 20 -6 25 2 Abscheiderate gemessen, r [*10 mol / (m *s)] Abbildung 4.18: Paritätsdiagramm bei Anwendung des Potenzansatzes Hyperbolischer Ansatz Für die Beschreibung des MOCVD-Prozesses von Chromcarbid wird ein hyperbolischer Ansatz unter Berücksichtigung von Adsorptionsvorgängen verwendet. Für den Ansatz werden folgende Annahmen getroffen: • • • Homogene Gasphasenreaktion wird ausgeschlossen. Es wird ausschließlich hexagonales Cr7C3 gebildet. Die Oberflächenreaktion ist irreversibel und geschwindigkeitsbestimmend. Für die Adsorption, die Oberflächenreaktion und die Desorption lassen sich folgende Gleichungen formulieren: • Adsorption: 7 BEBCr (g) + 7 z ↔ 7 BEBCr-z (4.4) 78 • • Oberflächenreaktion: 7 BEBCr-z Æ Cr7C3 + 7 NP-z (4.5) 7 NP-z ↔ 7 NP + 7z (4.6) Desorption: Bei einem monomolekularen Langmuir-Hinshelwood Mechanismus adsorbiert das Edukt auf der Substratoberfläche und reagiert dort. Charakteristisch für diesen Mechanismus ist, dass die Abscheiderate mit zunehmender Strömungsgeschwindigkeit ansteigt, bis sie ein Maximum erreicht. Bei weiterem Anstieg der Strömungsgeschwindigkeit sinkt die Abscheiderate ab. Ursache für das Absinken der Abscheiderate bei hohen Strömungsgeschwindigkeiten ist die langsame Desorption der im Überschuss vorhandenen gasförmigen Produkte, welche eine weitere Adsorption der Edukte verhindert da die aktiven Zentren der Oberfläche bereits belegt sind. Nach Abbildung 4.4 ist ein Langmuir-Hinshelwood-Mechanismus (LH-Mechanismus) bei der Abscheidung von Chromcarbid möglich. Betrachtet man die irreversibel verlaufende Oberflächenreaktion als geschwindigkeitsbestimmenden Teilschritt, so kann anhand des formalen Reaktionsmechanismus folgende Reaktionsgeschwindigkeitsgleichung abgeleitet werden (Gl. 4.7). rBEBCr = k Cr7C3 ⋅ Θ7BEBCr (4.7) Da die Konzentration der Nebenprodukte auf der Substratoberfläche zu Beginn sehr gering ist, kann die Desorption vernachlässigt werden, so dass man Gleichung 4.8 erhält. rCr7C3 = k Cr7C3 ⋅ K ads.BEBCr ⋅ c 7BEBCr (1 + 7 K ads.BEBCr ⋅ c BEBCr ) 7 (4.8) durch Umordnung von Gl. 4.8 kommt man zu Gleichung 4.9 c BEBCr = 7 r Cr7C3 1 7 k Cr7C3 ⋅ c BEBCr + 7 1 k Cr7C3 ⋅ K ads.BEBCr (4.9) 79 Die graphische Darstellung der Gleichung 4.9 ist in Abbildung 4.19 gezeigt, aus deren Auswertung man folgende Werte für die Reaktionsgeschwindigkeitskonstante kCr7C3 und die Adsorptionskonstante Kads.BEBCr erhält: kCr7C3 = 2,8 x 10-5mol m-2 s-1 Kads.BEBCr = 1,33 x 1024(m3 mol-1)1/7 5,0E-02 cBEBCr/(r1/7) = 1 /(kCr7C31/7) cBEBCr + 1/(kCr7C3 Kads.BEBCr)1/7 (cBEBCr)/ r 1/7 [] 4,0E-02 3,0E-02 2,0E-02 Kads.BEBCr = 1,33*1024(m3 mol-1)1/7 1,0E-02 kCr7C3 = 2,8*10-5 mol m-2 s-1 0,0E+00 0 0,002 0,004 0,006 0,008 0,01 Konzentration BEBCr, cBEBCr [mol*m-3] Abbildung 4.19: Linearisierung des hyperbolischen Ansatzes Simulation der Abscheidung mittels hyperbolischem Ansatz Beim hyperbolischen Ansatz werden die Ergebnisse der simulierten Abscheideraten bei 450°C in der isothermen Zone mit den experimentell ermittelten Abscheideraten in Abhängigkeit von den Prozessparametern miteinander verglichen, da die Geschwindigkeitskonstante kCr7C3 temperaturabhängig ist. Die Druckabhängigkeit ist in Abbildung 4.20 dargestellt. Die simulierte Abscheiderate bei 5mbar liegt unter der experimentell ermittelten und bei 20mbar ist die simulierte Abscheidung höher als die experimentell ermittelte, was darauf rückschließen lässt, dass die Abscheidung bei niedrigen Drücken favorisiert wird. Dies wird auch in der Literatur bestätigt [36]. 25 -6 2 Abscheiderate, r [*10 mol / (m *s)] 80 20 15 20mbar 10mbar 10 5 5mbar 0 30 40 50 60 70 Reaktorlänge, l [cm] Abbildung 4.20: LH-simulierte (-) und experimentell (Symbol) ermittelte Druckabhängigkeit der Abscheiderate Die Verweilzeitabhängigkeit dargestellt in Abbildung 4.21 zeigt, dass mit dem hyperbolischen Ansatz wie bereits zuvor mit dem Potenzansatz keine befriedigende Übereinstimmung erzielt werden kann. Die Molenbruchabhängigkeit kann wiederum gut simuliert werden, wenngleich es im vorderen Bereich der isothermen Zone bei Molenbrüchen kleiner 4,5% zu stärkeren Abweichungen kommt (Abbildung 4.22). 25 200cm/s -6 2 Abscheiderate, r [*10 mol / (m *s)] 81 20 15 150cm/s 10 100cm/s 5 0 30 40 50 60 70 Reaktorlänge, l [cm] 25 -6 2 Abscheiderate, r [*10 mol / (m *s)] Abbildung 4.21: LH-simulierte (-) und experimentell (Symbol) ermittelte Verweilzeitabhängigkeit der Abscheiderate 20 6,0% 4,5% 15 10 3,0% 5 2,25% 1,5% 0 30 40 50 60 70 Reaktorlänge, l [cm] Abbildung 4.22: LH-simulierte (-) und experimentell (Symbol) ermittelte BEBCrMolenbruchabhängigkeit der Abscheiderate 82 Das Paritätsdiagramm unter Anwendung eines hyperbolischen Ansatzes nach Langmuir-Hinshelwood wird in Abbildung 4.23 gezeigt. Da hier kein detaillierter Reaktionsmechanismus aufgestellt wurde, liefert der hyperbolische Ansatz eine breite Streuung der Punkte. Der Großteil der simulierten Abscheideraten aus dem reaktionskontrollierten Bereich der isothermen Zone liegt in einem Toleranzbereich von ±25%. Abscheiderate berechnet, r [*10-6mol / (m2*s)] 25 +25% 20 -25% 15 10 1,5% 5 5mbar 0 0 5 10 200cm/s 15 20 -6 25 2 Abscheiderate gemessen, r [*10 mol / (m *s)] Abbildung 4.23: Paritätsdiagramm bei Anwendung des LH- Reaktionsmechanismus Vergleicht man die beiden Modelle miteinander, so stellt man fest, dass mit dem LHMechanismus die Verweilzeitabhängigkeit besser dargestellt werden kann als mit dem Potenzansatz. Der Vorteil des Potenzansatzes liegt darin, dass in einem breiteren Temperaturbereich simuliert werden kann, während der LH-Mechanismus nur für eine Reaktionstemperatur verwendet werden darf. Die Druckabhängigkeit kann mit dem dargestellten Potenzansatz ebenfalls besser simuliert werden. 83 4.4. Chromcarbidabscheidung in einer Technikumanlage 4.4.1. Ermittlung der Abscheidungsverteilung Nachdem die Kinetik für den MOCVD-Prozess im Strömungsrohr ermittelt wurde, und auch die optimalen, realisierbaren Parameterwerte für die Technikumanlage bestimmt wurden (siehe Tabelle 3.2), wird zunächst in einem Vorversuch die Abscheidungsverteilung auf der Bodenplatte unterhalb des Duschkopfes untersucht. Aluminiumoxidplättchen (30mm x 20mm x 0,5mm) werden zu einer quadratischen Fläche von 18 x 18cm2 auf dem Reaktorboden unterhalb der Dosierung ausgelegt. In Abbildung 4.24 sind auf dem linken Bild die Proben vor der Beschichtung zu sehen während das rechte Bild die Substrate nach der Beschichtung zeigt. Auf diesem Bild erkennt man eine deutliche Graufärbung der Substrate, wobei die mittleren Proben etwas dunkler erscheinen als die äußeren. Beim genauen Betrachten des Fotos kann man ein kreisförmiges Abscheidungsprofil erkennen mit einer dunkleren Kreisscheibe von ca. 14cm Durchmesser, was in etwa der Grundfläche des Duschkopfes (Abb. 3.7) entspricht, und einem helleren Kreisring mit ca. 23 cm Durchmesser. Außerhalb des äußeren Kreisringes kommt es nur noch zu einer minimalen Abscheidung, was optisch durch eine Blaufärbung der Bodenplatte zu Beobachten ist. Abbildung 4.24: Aluminiumoxidplättchen, links unbeschichtet ,rechts beschichtet Durch Auswiegen der beschichteten Proben kann ein Abscheideprofil berechnet werden. Dieses ist in Abbildung 4.36 dreidimensional dargestellt. Innerhalb einer kreisförmigen Abscheidezone mit einem Durchmesser von ca. 14 cm erhält man eine Schichtdicke von 18 ± 2µm, was auf eine ziemlich gleichmäßige Abscheidung unter- 84 halb des Duschkopfes hinweist. Außerhalb dieses Bereiches fällt die Abscheiderate jedoch sehr stark ab. 4.4.2. Ermittlung der Abscheiderate auf verschiedenen Materialien Nachdem eine gleichmäßige Abscheidung von Chromcarbid im Reaktionsraum unterhalb des Duschkopfes gewährleistet ist, werden unterschiedliche Materialien beschichtet, um zu sehen ob die Abscheiderate von Chromcarbid substratabhängig ist. 20 18 16 18,0-20,0 16,0-18,0 14,0-16,0 12,0-14,0 14 10,0-12,0 12 10 2 3 4 5 6,0-8,0 8 4,0-6,0 6 2,0-4,0 4 0,0-2,0 2 1 8,0-10,0 [µm] 0 6 7 8 A 9 B C D E F Abbildung 4.25: Abscheidungsprofil im Kaltwandreaktor der CVDTechnikumanlage In Tabelle 4.2 sind die ausgewählten Materialien und über die Abscheiderate ermittelten zugehörigen Schichtdicken dargestellt. Die beschichteten Oberflächen der Substrate liegen im selben Größenbereich von etwa 6 cm2 je Probe. Bei der Abscheidung ist festzustellen, dass keine Unterschiede hinsichtlich der Abscheiderate festzustellen sind, diese also vom Material unabhängig ist. 85 Tabelle 4.2: Auswahl an verschiedenen Materialien als Substrate Substrat Material Graphitfolie Mikroplan Aluminiumoxidplättchen Siliziumnitridscheibe 100Cr6 Kohlenstoff MgSiOx-Keramik Al2O3-Keramik Si3N4-Keramik Wälzlagerstahl Schichtdicke [±1 µm] 10 10 10 10 10 4.4.3. Charakterisierung der Chromcarbidschichten Schichtmorphologie Die Morphologie der abgeschiedenen CrxCy-Schichten auf unterschiedlichen Substratmaterialien wird erneut mit der Rasterelektronenmikroskopie (REM) untersucht. Die REM-Aufnahmen der beschichteten Materialien sowie der Einfluss der Strömungsgeschwindigkeit auf die Schichtmorphologie bei der Beschichtung von MgSiOx-Substraten wird in Abbildung 4.26 gezeigt. Die eingestellten Versuchsparameter sind in Tabelle 3.2 dargestellt. Betrachtet man die drei REM-Aufnahmen auf der linken Seite, so stellt man fest, dass bei MgSiOx, Al2O3 und 100Cr6 die Schichtmorphologie identisch ist. Auf allen drei Proben ist die Korngröße etwa 4µm im Durchmesser. Das bedeutet, dass die Morphologie vom Substratmaterial unabhängig ist. Vergleicht man die Graphitprobe, mit den anderen Materialien, dann erkennt man, dass dort die Oberflächenstruktur glatter aussieht. Wie bei den anderen Proben wird auch hier die Oberfläche durch die Schicht nachgebildet. Dass die Oberfläche nachgebildet wird, erkennt man deutlich auf der X40CrMoV5-1 Probe. Diese Probe wurde vor der Beschichtung im Gegensatz zu den anderen Substraten als einzige geschliffen. Die Schicht wächst entlang der beim Schleifen gebildeten Riefen auf. 86 MgSiOx 10 µm Al2O3 10 µm Graphitfolie 100Cr6 10 µm X40CrMoV5-1 10 µm 10 µm Abbildung 4.26: Oberflächenmorphologie von Chromcarbidschichten auf verschiedenen Substraten Schichtzusammensetzung Die Bestimmung der Schichtzusammensetzung wird anhand einer beschichteten 100Cr6-Probe mittels Glimmentladungsspektroskopie (Glow Discharge Optical Spectroscopy: GDOS) durchgeführt. In Abbildung 4.27 wird der Anteil der detektierten Elemente in Gewichtsprozent über der Schichtdicke aufgetragen. Für die Elemente Chrom und Eisen ist die Achse auf 100% normiert während sie für Kohlenstoff auf 10% und für Mn auf 1% normiert ist. Als Ergebnis kann man festhalten, dass 87 über die Tiefe ein konstantes Verhältnis an Cr/C besteht, was auf nur einen Typ der drei möglichen CrxCy-Modifikationen schließen lässt. Rechnet man die Gewichtsprozent in Atomprozent um, so bekommt man ein Cr/C-Verhältnis von 2,3:1. Dieses stimmt gut mit dem von Cr7C3 (2,33:1) überein. Ab einer Tiefe von ca. 10µm sinken der Cr- und C-Anteil rapide ab, während der Fe-Anteil und der Mn-Anteil ansteigen. Dies ist damit zu erklären, dass hier bereits die unbeschichtete Substratoberfläche bestrahlt wird. 100 Cr Gewichtsprozent [%] 90 Fe C 80 70 60 50 40 Mn 30 20 10 0 0 5 10 15 20 25 30 35 Tiefe [µm] Abbildung 4.27: GDOS-Spektrum zur Ermittlung der Schichtzusammensetzung 4.5. Zusammenfassung der Ergebnisse der Chromcarbid-Abscheidung Variation der Prozessparameter • H2-Konzentration Das Abscheidungsprofil entlang des Reaktors zeigt, dass Wasserstoff keinen Einfluss auf die Abscheiderate von Chromcarbid hat. • Verweilzeit Die Verweilzeituntersuchungen im Strömungsrohrreaktor zeigen, dass sich das Maximum der Abscheiderate mit zunehmender Strömungsgeschwindigkeit gegen Reaktorausgang verschiebt. Bei Strömungsgeschwindigkeiten kleiner 88 150cm/s liegt das Maximum am Beginn der isothermen Zone, während bei höheren Strömungsgeschwindigkeiten das Maximum in der Reaktormitte liegt. Bei 250cm/s liegt bereits Limitierung durch Konvektion vor. Der reaktionskontrollierte Bereich liegt zwischen 150 und 200cm/s. • Konzentration von BEBCr Im Strömungsrohrreaktor beobachtet man, dass mit steigender BEBCrKonzentration, bei Molenbrüchen zwischen 1,5 und 6%, die Abscheiderate zunimmt, wobei sich auch hier ein Maximum der Abscheidung am Beginn der isothermen Zone ausbildet. Der reaktionskontrollierte Bereich liegt bei Molenbrüchen zwischen 1,5 und 4,5%, da die Abscheiderate mit zunehmender Konzentration stark ansteigt. Der integrale Umsatz liegt bei Molenbrüchen zwischen 1,5 und 4,5% nahezu unverändert zwischen 82 und 92%, so dass man von vollständigen Umsatz ausgehen kann. • Temperatur Mit steigenden Temperaturen kommt es zur Ausbildung von immer stärker ausgeprägten Maxima, die sich in Richtung Reaktoreingang verschieben. Dadurch macht sich die Konzentrationsverarmung von BEBCr in Richtung des Reaktorausganges stärker bemerkbar. Der integrale Umsatz von BEBCr steigt mit zunehmender Temperatur von 400°C auf 450°C bis er ein Maximum erreicht. Durch weitere Erhöhung der Temperatur auf 475°C fällt der Gesamtumsatz ab. Als optimale Beschichtungstemperatur für den MOCVDProzess ergeben sich somit 450°C. Schichtmorphologie • Substratmaterial Die Morphologie der abgeschiedenen CrxCy-Schichten ist unabhängig vom verwendeten Substratmaterial. Die Schicht bildet die Substratoberfläche nach, was auf einer geschliffenen Probe gut zu sehen, da dort die Schicht entlang der beim Schleifen gebildeten Riefen aufwächst. • Verweilzeit Erheblichen Einfluss auf die Schichtmorphologie hat die Strömungsgeschwindigkeit. Im reaktionskontrollierten Bereich werden glatte, geschlossene Schichten mit einer Korngröße von ca. 4µm abgeschieden. Bei Strömungsgeschwindigkeiten größer 200cm/s wird die Schichtoberfläche rauher, da es zur Bildung von Agglomeraten auf der Oberfläche kommt. Normalerweise führt eine Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit zu glatteren Oberflächen, da die Produkte schneller aus dem Reaktionsraum entfernt werden. Bei 250cm/s wird 89 die Oberfläche jedoch rauher, was man auf konvektiven Stofftransport zurückführen kann. • Konzentration Eine Reduzierung der BEBCr-Konzentration bewirkt, dass die Oberfläche glatter wird. Eine Erhöhung des Precursormolenbruches im Strömungsrohrreaktor auf 6% führt zu einer rauen Oberfläche, da die Korngröße zunimmt. Wie schon zuvor bei 250cm/s sind auch hier Agglomerate auf der Schichtoberfläche zu finden. • Temperatur Eine Temperaturänderung von 425°C auf 500°C bewirkt keine Änderung der Oberflächenrauheit. Eine Temperatursenkung auf 400°C führt jedoch zu einer raueren Oberfläche, was bei der geringen Schichtdicke auf die Nachbildung der Substratoberfläche zurückzuführen ist, da die Täler nicht geglättet werden. Chemische Zusammensetzung der Schicht Die Schichtzusammensetzung wird aus den Ergebnissen der durchgeführten XPSMessungen abgeleitet. Das Atomverhältnis von Chrom zu Kohlenstoff über der Variation der Reaktortemperatur im Temperaturbereich von 400°C bis 500°C zeigt, dass alle gemessenen Atomverhältnisse über 1,5 liegen, so dass Cr3C2 als Hauptmodifikation ausgeschlossen werden kann. Die Verhältnisse liegen bei ca. 2,3 und entsprechen folglich einer Modifikation von Cr7C3. Dieses Ergebnis wird durch die Glimmentladungsspektroskopie bestätigt, da für die Elemente Chrom und Kohlenstoff über die Tiefe ein konstantes Atomverhältnis von 2,3:1 ermittelt wird, welches dem von Cr7C3 (2,33:1) entspricht. Reaktionstechnische Beschreibung des Abscheidungsprozesses • Potenzansatz Im Strömungsrohrreaktor erhält man eine Reaktionsordnung von 0,75. Die Aktivierungsenergie beträgt 83,9kJ mol-1 und der Stoßfaktor liegt bei 751m s-1. In einem Paritätsdiagramm werden die simulierten und experimentell ermittelten Abscheideraten aus der isothermen Zone miteinander verglichen. Man sieht, dass alle Werte in einem Toleranzbereich von ±25% liegen. Der allgemein formulierte Potenzansatz eignet sich somit gut zur Beschreibung der Kinetik von Chromcarbid. 90 • Hyperbolischer Ansatz Für die Beschreibung des Prozesses bei 450°C wird ein hyperbolischer Ansatz nach Langmuir-Hinshelwood für eine monomolekulare Reaktion verwendet, bei dem eine irreversibel ablaufende Oberflächenreaktion als geschwindigkeitsbestimmender Teilschritt betrachtet wird. Die graphische Darstellung ergibt für die Reaktionsgeschwindigkeitskonstante 2,8 x 10-5mol m-2 s-1 und die Adsorptionskonstante 1,33 x 1024(m3 mol-1)1/7. Das Paritätsdiagramm zeigt, dass der hyperbolische Ansatz eine breite Streuung der Punkte liefert, da kein detaillierter Reaktionsmechanismus zugrunde gelegt wurde. Der Großteil der simulierten Abscheideraten liegt in einem Toleranzbereich von ±25%. Der hyperbolische Ansatz hat gegenüber dem Potenzansatz den Nachteil, dass kein Temperaturbereich simuliert werden kann. Kapitel 5 Ergebnisse und Diskussion der CVD von Titancarbid 5.1. Variation der Prozessparameter Die Ermittlung kinetischer Daten für den CVD-Prozess von Titancarbid basiert auf ortsaufgelösten Reaktionsgeschwindigkeitsprofilen. Der Prozess wird bei Atmosphärendruck und Temperaturen kleiner 1223°C untersucht, so dass die auftretenden Hauptspezies TiCl4 und TiCl3, sowie CH4 und H2 sind [55]. Um den Einfluss des Substratkohlenstoffes bei der Bildung von TiC zu minimieren wird in Vorversuchen ein optimales CH4/TiCl4-Partialdruckverhältnis, hinsichtlich Umsatz und gleichmäßiger TiC-Abscheidung über die gesamte Reaktorlänge, ermittelt. Tabelle 5.1 zeigt die Betriebsparameter für den Standardversuch, von dem ausgehend innerhalb jeder Versuchsreihe ein Parameter variiert wird. 91 Tabelle 5.1: Prozessparameter für den Standardversuch bei der Titancarbidabscheidung auf Graphitfolieplättchen Prozessparameter Gesamtdruck [mbar] Verweilzeit [s] Strömungsgeschwindigkeit [cm/s] Konzentration TiCl4 [mol-%] Konzentration H2 [mol-%] Konzentration CH4 [mol-%] Temperatur [°C] Parameterwerte 1000 4,5 20 2 42 6 1100 Konzentration von CH4 Die Abscheiderate von Titancarbid über der Reaktorlänge bei verschiedenen CH4/TiCl4-Verhältnissen wird in Abbildung 5.1 gezeigt. Der Ofeneingang entspricht im Diagramm der Reaktorlänge 0cm. Die isotherme Zone liegt im Bereich 24 – 76cm. Die Positionierung der Proben beginnt bereits außerhalb des Ofens um den Beginn der Abscheidung gravimetrisch bestimmen zu können. Aus den Kurvenverläufen wird deutlich, dass die Bildung von TiC auf Kohlenstoffsubstraten bei 1100°C auch ohne Methan vonstatten geht, wenngleich die Abscheiderate von TiC sehr gering ist. Mit zunehmender Methankonzentration steigt die Abscheiderate unter Ausbildung eines Maximums am Beginn der isothermen Zone. Die Verarmung an TiCl4 im Reaktionssystem wird durch die abnehmende Abscheiderate zum Reaktorausgang hin deutlich. Je größer die eingesetzte Methanmenge, desto stärker ist die Verarmung an TiCl4. 92 2 Abscheiderate, r [mmol / (m *s)] 0,6 5:1 0,5 0,4 3:1 0,3 2:1 0,2 1:1 0,1 0:1 0,0 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Reaktorlänge, l [cm] Abbildung 5.1: Abscheiderate von TiC bei unterschiedlichen CH4/TiCl4Verhältnissen Betrachtet man den integralen Umsatz von TiCl4 bei unterschiedlichen CH4/TiCl4Verhältnissen (Abb. 5.2) so sieht man, dass ohne Zugabe von Methan ein Umsatz von 24% erzielt werden kann. Durch schrittweise Erhöhung der Methankonzentration, angegeben durch das CH4/TiCl4-Verhältnis, von 0 auf 3 kann pro Schritt der Umsatz um jeweils 16% angehoben werden. Eine Erhöhung des Verhältnisses von 3 auf 5 bewirkt keine Umsatzsteigerung mehr. Der maximale Umsatz von TiCl4 zu TiC beträgt 71%. 93 integraler Umsatz TiCl 4, X [%] 80 5:1 70 3:1 60 2:1 50 1:1 40 30 0:1 20 10 0 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Reaktorlänge, l [cm] Abbildung 5.2: Integraler Umsatz von TiCl4 bei unterschiedlichen CH4/TiCl4Verhältnissen Der CVD-Prozess von TiC wird bei Atmosphärendruck und einem konstanten CH4/TiCl4-Partialdruckverhältnis von 3 in Abhängigkeit der im folgenden aufgelisteten Prozessparameter untersucht und deren Einfluss auf die Abscheiderate von TiC und den integralen Umsatz von TiCl4 zu TiC dargestellt. • Verweilzeit • Konzentration von TiCl4 • Konzentration von H2 • Reaktortemperatur Verweilzeit Um den geschwindigkeitsbestimmenden Teilschritt der TiC-Abscheidung zu bestimmen wird zunächst das Verweilzeitverhalten untersucht. Die Abhängigkeit der Abscheiderate von der Strömungsgeschwindigkeit am Beginn der isothermen Zone ist in Abbildung 5.3 dargestellt. Ein Vergleich von Abb. 5.3 mit Abb. 2.3 zeigt, dass der Bereich der Stofftransportkontrolle auf Grund von Diffusion bei Strömungsge- 94 schwindigkeiten kleiner 15cm/s liegt und der reaktionskontrollierte Bereich bei Strömungsgeschwindigkeiten ab etwa 15cm/s beginnt. 2 Abscheiderate, r [mmol / (m *s)] 0,35 Reaktionskontrolle 0,30 Diffusion 0,25 0,20 0,15 0,10 0,05 0,00 0 10 20 30 40 50 Strömungsgeschwindigkeit, u [cm*s-1] Abbildung 5.3: Abscheiderate von TiC bei unterschiedlichen Strömungsgeschwindigkeiten In Abbildung 5.4 ist der integrale Umsatz von TiCl4 zu TiC über der Verweilzeit τ aufgetragen. Um in den reaktionskontrollierten Bereich zu gelangen, muss man Verweilzeiten größer 4s wählen, was einer Strömungsgeschwindigkeit kleiner 25cm/s entspricht. Für Verweilzeiten kleiner 4s kommt man in den Übergangsbereich zur konvektiven Stofftransportkontrolle. Das bedeutet, dass bei der Abscheidung von TiC bei Strömungsgeschwindigkeiten größer 25cm/s ein Teil des Precursors den Reaktor ohne Reaktion verlässt. Bestätigt wird diese Tatsache, dass bei diesen Strömungsgeschwindigkeiten unverbrauchte Titansubchloride in der nachgeschalteten Kühlfalle auskondensieren, was sich durch eine violette Färbung der ansonsten klaren flüssigen Phase bemerkbar macht. Bei Verweilzeiten größer 6s sieht man, dass der Umsatz leicht abnimmt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass ein Übergangsbereich zur Diffusionskontrolle beginnt. Als optimale Strömungsgeschwindigkeit zur TiCAbscheidung werden 20cm/s gewählt. 95 5cm/s 15cm/s 25cm/s 45cm/s 80 40 20 0 0 5 Diffusion chem. Reaktion 60 Konvektion integraler Umsatz TiCl 4, X [%] 100 10 15 20 Verweilzeit, τ [s] Abbildung 5.4: Integraler Umsatz von TiCl4 bei unterschiedlichen Verweilzeiten Konzentration von TiCl4 Das CH4/TiCl4-Gasphasenverhältnis wird konstant bei 3 gehalten um eine konstante Kohlenstoffmenge im Überschuss für die Abscheidung bereitzuhalten. In Abbildung 5.5 sieht man, dass mit steigender TiCl4-Konzentration die Abscheidung zunimmt, wobei sich ein Maximum der Abscheidung am Beginn der isothermen Zone ausbildet. Auf Grund von Verarmungseffekten von TiCl4 in der Gasphase sinkt die Abscheiderate gegen Reaktorende hin ab. Der integrale Umsatz bleibt mit 71% bei TiCl4-Molenbrüchen von 2 bis 4% unverändert, wie in Abbildung 5.6 gezeigt wird. Lediglich bei einem Molenbruch von 1% wird ein nahezu vollständiger Umsatz von 95% erreicht. Dies kann daran liegen, dass bei der geringen TiCl4-Konzentration auch weniger HCl entsteht, welches auf der Oberfläche adsorbiert und so die Reaktion von TiCl4 mit CH4 weniger stark zurückdrängen kann. 96 2 Abscheiderate, r [mmol / (m *s)] 0,70 4,0% 0,60 3,0% 0,50 0,40 2,0% 0,30 1,0% 0,20 0,10 0,00 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Reaktorlänge, l [cm] Abbildung 5.5: Abscheiderate von TiC bei unterschiedlichen TiCl4Molenbrüchen integraler Umsatz TiCl 4, X [%] 100 1,0% 90 80 2,0% 3,0% 4,0% 70 60 50 40 30 20 10 0 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Reaktorlänge, l [cm] Abbildung 5.6: Integraler Umsatz von TiCl4 bei unterschiedlichen TiCl4Molenbrüchen 97 Konzentration von H2 Der Wasserstoff ist für die Reduzierung des TiCl4 notwendig, so dass dessen Einfluss auf die Abscheidung von TiC als nächstes untersucht wird. Aus der Literatur ist bisher bekannt, dass eine Änderung des Wasserstoffpartialdruckes keine Auswirkung auf den CVD-Prozess hat [57]. Betrachtet man Abbildung 5.7 so ist jedoch ein signifikanter Einfluss des H2-Molenbruches auf die Abscheiderate zu beobachten. Mit sinkendem H2-Molenbruch steigt die Abscheiderate unter verstärkter Ausbildung eines Maximums zu Beginn der isothermen Zone. Jedoch nimmt die Gleichmäßigkeit der Beschichtung über die Reaktorlänge hin ab. Bei Molenbrüchen über 42% ist der Einfluss des Wasserstoffs auf die Abscheiderate weniger stark ausgeprägt. 2 Abscheiderate, r [mmol / (m *s)] 0,40 21% 0,35 42% 0,30 0,25 0,20 84% 0,15 0,10 0,05 0,00 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Reaktorlänge, l [cm] Abbildung 5.7: Abscheiderate von TiC bei unterschiedlichen H2-Molenbrüchen Der integrale Umsatz ist vom Wasserstoffmolenbruch zwischen 21% und 84% nahezu unabhängig wie Abbildung 5.8 zeigt. Jedoch sind leichte Tendenzen bemerkbar. Bei 42% H2-Molenbruch ist der Umsatz von TiCl4 mit 71% am höchsten. Der Umsatz fällt mit sinkendem H2-Molenbruch auf 66% ab. Bei einer weiteren Reduzierung des H2-Molenbruch, wird der Umsatz weiter abnehmen, da der Wasserstoff für die Reduzierung des TiCl4 benötigt wird. 98 integraler Umsatz TiCl 4, X [%] 80 42% 70 60 21% 50 84% 40 30 20 10 0 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Reaktorlänge, l [cm] Abbildung 5.8: Integraler Umsatz von TiCl4 bei unterschiedlichen H2Molenbrüchen Temperatur Der Einfluss der Reaktortemperatur auf die Abscheiderate und den dazugehörenden TiCl4-Umsatz wird im Folgenden untersucht. Abbildung 5.9 zeigt, dass die Abscheiderate am Beginn der isothermen Zone mit steigender Temperatur nicht linear ansteigt sondern exponentiell, wie es nach Arrhenius zu erwarten ist. Ein Temperaturanstieg von 1000 auf 1200°C bewirkt einen Anstieg der Abscheiderate von 0,1 auf 0,8 mmol/m2s. Bei höheren Temperaturen macht sich die Konzentrationsverarmung von TiCl4 in Richtung des Reaktorausganges stärker bemerkbar, da am Reaktoreingang wesentlich höhere Abscheideraten erzielt werden. Die Ausbildung des Maximums der Abscheiderate verschiebt sich mit steigender Temperatur zum Reaktoreingang hin. Der integrale Umsatz von TiCl4 steigt zunächst mit zunehmender Temperatur bis er ein Maximum erreicht. Bei 1000°C werden in etwa 25% des eingesetzten TiCl4 zu TiC umgesetzt, während bei 1100°C ein Umsatz von 71% erreicht wird. Durch weitere Erhöhung der Temperatur kann der Gesamtumsatz nicht gesteigert werden. 2 Abscheiderate, r [mmol / (m *s)] 99 0,9 1200°C 0,8 0,7 0,6 0,5 1150°C 0,4 0,3 1100°C 0,2 1000°C 0,1 0,0 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Reaktorlänge, l [cm] Abbildung 5.9: Abscheiderate von TiC bei unterschiedlichen Reaktortemperaturen integraler Umsatz TiCl 4, X [%] 80 70 60 1150°C 1200°C 1100°C 50 40 30 1000°C 20 10 0 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Reaktorlänge, l [cm] Abbildung 5.10: Integraler Umsatz von TiCl4 bei unterschiedlichen Reaktortemperaturen 100 5.2. Charakterisierung der TiC-Schichten Schichtmorphologie Die Morphologie der abgeschiedenen TiC-Schichten wird mit der Rasterelektronenmikroskopie (REM) untersucht. Die Veränderung der Oberflächenstruktur der Schichten in Abhängigkeit von den Prozessbedingungen bei Atmosphärendruck wird in Abbildung 5.11 gezeigt. Die Parameter für den Standardversuch sind in Tabelle 5.1 dargestellt. Alle im Folgenden gezeigten REM-Aufnahmen sind von Proben gemacht worden, die 30cm vom Ofeneingang entfernt, im vorderen Bereich der isothermen Zone positioniert sind. Ausgehend von der Standardprobe (T=1100°C, xTiCl4=2,0%, xCH4=6,0%, xH2=42,0% und u=20cm/s) bewirkt eine Halbierung der Strömungsgeschwindigkeit auf 10cm/s und somit eine Verdoppelung der Verweilzeit eine rauere Schichtoberfläche, da die Kristallgröße bei unveränderter Struktur zunimmt. Die Kristalle sind nun ungefähr 10µm groß. Betrachtet man in Abbildung 5.11 die Aufnahme der Standardprobe und vergleicht diese mit der darrunterliegenden Aufnahme, so sieht man, dass eine Verdoppelung des TiCl4-Molenbruches von 2% auf 4% zur Folge hat, dass die Kristallgröße von etwa 5µm auf über 20µm ansteigt. Die Oberfläche weist demnach bei gleicher Struktur eine höhere Rauhigkeit auf. Eine Verdoppelung des H2-Molenbruches auf 84% bewirkt im Vergleich mit der Standardprobe eine Strukturänderung der Oberfläche und eine verminderte Rauheit, da die Kristalle nicht mehr so scharfkantig sind. Die Kristallgröße bleibt mit 5µm unverändert. Durch Reduzierung des CH4-Molenbruches von 6% (Standard) auf 2% kommt es zu einer Strukturänderung der Oberfläche wobei die Kristallgröße mit 3µm etwas kleiner ist als beim Standardversuch. Ein Anstieg der Beschichtungstemperatur von 1100°C (Standard) auf 1200°C hat zur Folge, dass die Kristalle auffallend an Größe zunehmen und eine Veränderung der Struktur zu beobachten ist. Die Kristalle haben eine Größe von etwa 50µm. Diese Beobachtung stimmt mit der von Choy und Derby (1992) überein, die ebenfalls festgestellt haben, dass die Kristallgröße mit steigender Temperatur zunimmt [62]. 101 Standard 10 µm u = 10 cm*s-1 10 µm xTiCl4 = 4% 10 µm xH2 = 84% 10 µm xCH4 = 2% 10 µm T = 1200°C 10 µm Abbildung 5.11: Oberflächenmorphologie von TiC-Schichten in Abhängigkeit von den Prozessparametern Zusammenfassend kann man sagen, dass niedrige Eduktkonzentrationen an TiCl4 und CH4 sowie ein großer H2-Überschuß bei niedrigen Temperaturen und kleinen Verweilzeiten zu weniger rauhen Schichtoberflächen führt, da bei diesen Parametern die Wachstumsgeschwindigkeit langsamer ist. Dargestellt sind diese Zusammenhänge nochmals in Abbildung 5.12. 102 Niedrige Temperatur Niedrige TiCl4 Konzentration Kleine Verweilzeit Niedrige CH4 Konzentration Hohe H2 Konzentration Reduzierung der Rauhigkeit und der Korngröße Abbildung 5.12: Abhängigkeit der Oberflächenmorphologie von TiC-Schichten von den Prozessparametern Beurteilt man die soeben abgebildeten Proben hinsichtlich ihrer Farbe, so stellt man fest, dass die abgeschiedenen TiC-Schichten im Allgemeinen hellgrau sind. Lediglich die Schicht auf der Probe welche bei 1200°C abgeschieden wurde ist schwarz. Dies ist aber darauf zurückzuführen, dass die Position der Probe in einem Bereich liegt, wo bereits sehr starke Precursorverarmung auftritt und so neben TiC auch Kohlenstoff auf der Oberfläche zu sehen ist. Schichtstruktur Die Untersuchung der Mikrostruktur der TiC-Schichten mit Röntgendiffraktometrie (XRD) wird an den denselben Proben durchgeführt, die zuvor mittels REM charakterisiert wurden. In Abbildung 5.13 sind die Diffraktogramme der Schichten abgebildet. Die verwendete Referenz für stöchiometrisches TiC ist in der Datenbank des XRD mit der Nummer 73-0472 hinterlegt und zeigt fünf charakteristische Peaklagen. Man sieht, dass die Peaklagen mit denen eines untersuchten, polykristallinen TiC-Pulver sehr gut übereinstimmen. Interessant für die Strukturcharakterisierung der untersuchten Proben sind folgende drei Peaks. Der erste Peak bei einem Beugungswinkel von 35,91° weist auf eine kolumnare, d.h. senkrecht zur Oberfläche gewachsene <111>-Struktur hin, während der <220>-Peak bei 60,45° für eine zur Oberfläche parallele Orientierung steht. 103 Schichten die eine <220>-Struktur aufweisen haben eine sog. Blumenkohlstruktur. Die<200>-Struktur bei 41,70° besitzt bei allen untersuchten Proben die höchste Intensität nur die 1200°C-Probe weicht davon ab. Wie schon auf den REM-Bildern zu sehen war, steht die <200>-Struktur für eine facettenartige oder pyramidenförmige Struktur. Der Aufbau aller Schichten ist polykristallin, da immer mehrere TiC-Peaks gleichzeitig auftreten. Man sieht in Abbildung 5.13, dass die Schicht der Standardprobe (T=1100°C, xTiCl4=2,0%, xCH4=6,0%, xH2=42,0%, u=20cm/s) im wesentlichen eine facettenartige <200>-Struktur besitzt. Eine Reduzierung der Strömungsgeschwindigkeit auf 10cm/s hat keinen großen Einfluss auf die Struktur, obgleich <111> und <220>-Peaks hinzukommen. Im Vergleich mit der Standardprobe verursacht eine Reduzierung des Molenbruches von TiCl4 auf 1% bzw. CH4 auf 2% oder eine Erhöhung des H2-Partialdruckes auf 84% jeweils eine Strukturänderung hinsichtlich <111> und <220> auch wenn der <200>-Peak immer noch die größte Intensität aufweist. Diese Feststellung stimmt mit den REM-Aufnahmen aus Abbildung 5.11 überein. Aus der Literatur ist bekannt, dass die Erhöhung des Partialdruckverhältnisses von Methan zu TiCl4 von 1:1 auf 3:1 eine Verstärkung des <200>-Peaks bei XRDMessungen bewirkt [50]. Leon et al. haben festgestellt, dass die Textur der aus Methan und TiCl4 abgeschiedenen TiC-Schichten sich mit steigender Temperatur von texturlosen Gefüge bei 1000°C nach <200> bei 1100°C ändert [61]. Die Erhöhung der Beschichtungstemperatur auf 1200°C zeigt in Abbildung 5.13, dass nun der <111>-Peak die höchste Intensität aufweist und zudem bei etwa 54° ein zusätzlicher Peak erscheint, der freiem Kohlenstoff zugeordnet werden kann. Dies stimmt auch mit der optischen Farbänderung der Schicht von grau nach schwarz sehr gut überein. 104 <200> C T = 1200°C <111> xCH4 = 2% Intensität [-] xH2 = 84% <220> xTiCl4 = 1% u = 10cm*s-1 <311> Standard 30 40 50 60 70 TiC TiC TiC TiC TiC TiC-Pulver 80 73-0472 90 Beugungswinkel, 2 Theta [°] Abbildung 5.13: Struktur von TiC-Schichten in Abhängigkeit von den Prozessparametern 105 Schichtzusammensetzung Die Schichtzusammensetzung wird aus Literaturergebnissen und den Ergebnissen der durchgeführten XRD-Messungen abgeleitet. Eroglu und Gallois stellen bei einem Partialdruckverhältnis von Methan zu Titantetrachlorid von 2,5 bei 1125°C mit XRD und AES-Analysen nur eine stöchiometrische Phase von TiC fest, obwohl nach thermodynamischen Berechnungen neben TiC auch freier Kohlenstoff abgeschieden werden sollte [57]. Die Beschichtung von Graphitsubstraten mit TiC im System TiCl4 und H2 zeigt, dass es bereits bei 1200°C und Atmosphärendruck zur Titancarbidbildung kommt, wobei der Kohlenstoff aus dem Substrat stammt. Das Verhältnis von Wasserstoff zu TiCl4 ist 60:1 und die Schichten weisen einen Gradienten im Kohlenstoffgehalt auf. Unmittelbar über der Substratoberfläche wird stöchiometrisches TiC abgeschieden, während auf der Schichtoberfläche TiC0,6 festgestellt wird [58], was durch eine Titan Koabscheidung verursacht wird. Die Stöchiometrie TiC0,6 welche von Vincent et al. festgestellt wurde soll durch die Zugabe von Methan verhindert werden. Wie die durchgeführten XRD-Messungen zeigen, wird nur bei 1200°C neben TiC freier Kohlenstoff in der Schicht detektiert. Die Peaklagen aller Proben stimmen mit denen der Referenz für stöchiometrisches TiC überein. Es werden neben den stöchiometrischen TiC-Peaks keine weiteren Peaks detektiert, die unter- oder überstöchiometrischen TiC zugeordnet werden könnten, so dass man davon ausgehen kann, dass nur stöchiometrisches TiC abgeschieden wurde. 5.3. Kinetische Modellierung der TiC-Abscheidung Die Bildung von stöchiometrischen TiC im Reaktionssystem TiCl4, CH4 und H2 kann mit folgender Gleichung formal beschrieben werden. TiCl4 + CH4 Æ TiC + 4HCl (5.1) Da ein Einfluss des Wasserstoffanteils in der Gasphase auf die Abscheiderate festgestellt wurde, wird Gleichung 5.1 ergänzt zu: TiCl4 + CH4 + H2 Æ TiC + 4HCl + H2 (5.2) 106 Potenzansatz Die Ableitung eines Potenzansatzes aus Gleichung 5.2 unter Berücksichtigung sämtlicher Edukte führt zu folgender Reaktionsgeschwindigkeitsgleichung (Gl. 5.3). Der Ansatz wird mit der Reaktionsordnung für TiCl4, CH4 und H2, dem Stoßfaktor k0 und der Aktivierungsenergie EA als Modellparameter an die experimentellen Ergebnisse angeglichen. E n m l r = k 0 ⋅ exp − A ⋅ cTiCl 4 ⋅ cCH 4 ⋅ c H 2 R ⋅T (5.3) Die Methankonzentration bleibt konstant und wird für die Parametervariationen im Überschuss gegenüber TiCl4 gehalten, so dass der Ansatz nach Gleichung 5.4 folgendermaßen umformuliert werden kann. E n l r = A0 ⋅ exp − A ⋅ cTiCl 4 ⋅ cH 2 R ⋅T (5.4) Der eingeführte, formalkinetische Parameter A0 wird in Gleichung 5.5 beschrieben. A0 = k0 c m CH 4 und cmCH4 = const. (5.5) Mit einer doppeltlogarithmischen Auftragung der Abscheiderate über der entsprechenden Eduktkonzentration kann die Reaktionsordnung, bei linearem Zusammenhang, als Geradensteigung abgelesen werden. Mit den erhaltenen Reaktionsordnungen können über das Arrhenius-Diagramm die Aktivierungsenergie und der Stoßfaktor ermittelt werden. Reaktionsordnung für TiCl4 Die Reaktionsordnung für TiCl4 ist in Abbildung 5.14 dargestellt. Die restlichen Reaktanden liegen im Überschuss vor. Verwendet werden bei der Konzentrationsvariation von TiCl4 jeweils die ersten sechs Proben aus der isothermen Zone. Der Versuch mit TiCl4-Molenbruch von 1% wird dabei nicht verwendet. Man sieht, dass sich für TiCl4 eine Reaktionsordnung von 1,0 ergibt. 107 -3,00 log r -3,25 -3,50 -3,75 nTiCl4 = 1,0 -4,00 -1,25 -1,00 -0,75 -0,50 -0,25 log c TiCl4 Abbildung 5.14: Bestimmung der Reaktionsordnung für TiCl4 Reaktionsordnung für H2 Die Reaktionsordnung von H2 kann nicht direkt ermittelt werden, da der Wasserstoff gegenüber TiCl4 immer im Überschuss vorhanden ist. Aus diesem Grund wird nicht die logarithmierte Abscheiderate aufgetragen, sondern eine von der TiCl4-Konzentration unabhängige Abscheiderate. Dies erreicht man, indem man die Abscheiderate durch die TiCl4-Konzentration dividiert. Die Reaktionsordnung für H2 ist in Abbildung 5.15 dargestellt. Dadurch, dass die H2-Konzentration während der Reaktion konstant bleibt, wird für die Ermittlung der Reaktionsordnung die Anfangskonzentration von Wasserstoff (c0,H2), am Beginn der isothermen Zone, verwendet. An der negativen Geradensteigung sieht man, dass der H2 die Abscheidung hemmt. Die Reaktionsordnung für Wasserstoff beträgt -0,3. 108 log r/cTiCl4 -2,40 -2,60 -2,80 nH2 = -0,3 -3,00 0,00 0,25 0,50 0,75 1,00 log c0, H2 Abbildung 5.15: Bestimmung der Reaktionsordnung für H2 Aktivierungsenergie und formalkinetischer Parameter A0 Die Aktivierungsenergie wird aus der Temperaturabhängigkeit in der isothermen Zone zwischen 1000°C und 1200°C ermittelt. Verwendet werden jeweils die ersten sechs Proben in der isothermen Zone zwischen 1000°C und 1150°C sowie die erste Probe bei 1200°C. Man sieht in Abbildung 5.16, dass bei Temperaturen kleiner 1125°C, entspricht 1/T größer 0,00071, die Geschwindigkeitskonstante bei gleicher Temperatur unverändert ist, da die Messpunkte übereinander liegen. Bei höheren Temperaturen nimmt die Geschwindigkeitskonstante entlang der Position im Reaktor leicht ab, da hier bereits Verarmungseffekte auftreten. Aus diesem Grund kann bei 1200°C nur die erste Probe in der isothermen Zone für die Berechnung der Aktivierungsenergie verwendet werden. Aus der Temperaturabhängigkeit lässt sich über die Geradensteigung die Aktivierungsenergie von 210,2kJ mol-1 ermitteln. Der formalkinetische Parameter A0 der TiC-Abscheidung beträgt 3,04 x 105 m s-1. 109 -4,0 ln k [-] -5,0 -6,0 EA = 210,2 kJ mol-1 -7,0 -8,0 0,00064 A0 = k0/cmCH4 = 3,04*105 m s-1 0,00068 0,00072 0,00076 0,0008 1/T [K-1] Abbildung 5.16: Arrhenius-Diagramm für die Abscheidung von TiC Simulation der Abscheidung mittels formalkinetischen Potenzansatz Die berechneten formalkinetischen Parameter werden zur Simulation der Abscheiderate mittels folgendem Potenzmodell verwendet. [ 2100000 − 0,3 −2 −1 r = 3,04 ⋅ 10 5 ⋅ exp − ⋅ c TiCl4 ⋅ c H2 mol ⋅ m ⋅ s R⋅T ] (5.6) Die Ergebnisse der simulierten Abscheideraten werden mit den experimentell ermittelten Abscheideraten in Abhängigkeit von den Prozessparametern miteinander verglichen. In Abbildung 5.17 ist die Verweilzeitabhängigkeit dargestellt. Die experimentelle Abscheiderate ist durch Messpunkte gekennzeichnet, die simulierte Abscheiderate durch Kurven. Man sieht, dass unabhängig von der Verweilzeit im reaktionskontrollierten Bereich, im vorderen, nichtisothermen Bereich des Reaktors, die Temperaturabhängigkeit der Abscheiderate sehr gut simuliert werden kann. Auch in der isothermen Zone stimmen die simulierten Abscheideraten gut mit den experimentell ermittelten überein. Gegen Reaktorende weicht die Simulation nur bei einer Strömungsgeschwindigkeit von 15cm/s ab. Ursache könnte der langsamere Abtransport der gasförmigen Reaktionsprodukte sein. 110 2 Abscheiderate, r [mmol / (m *s)] 0,40 45cm/s 0,35 0,30 25cm/s 0,25 20cm/s 0,20 15cm/s 0,15 0,10 0,05 0,00 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Reaktorlänge, l [cm] Abbildung 5.17: Simulierte(-) und experimentell (Symbol) ermittelte Verweilzeitabhängigkeit der Abscheiderate Ein Vergleich der TiCl4-Konzentrations-Abhängigkeit in Abbildung 5.18 zeigt, dass bei TiCl4-Molenbrüchen größer 1% die simulierte Abscheiderate am Reaktorende etwas höher liegt als die experimentelle Abscheiderate. Dies kann man auf Adsorption von HCl auf der Substratoberfläche zurückführen, welches die Abscheidung von TiC hemmt. Bei einem sehr kleinen Molenbruch von 1% zeigt sich, dass die simulierte Abscheiderate etwas niedriger ist als die tatsächliche. In Abbildung 5.19 werden die simulierten und experimentellen Abscheideraten hinsichtlich des Wasserstoffüberschusses miteinander verglichen. Man sieht, dass bei einem Wasserstoffmolenbruch von 21% ab Reaktormitte die simulierte Abscheiderate über der Experimentellen liegt und zum Reaktorausgang hin immer stärker davon abweicht, was daran liegen kann, dass das entstehende HCl die Abscheidung unterdrückt. Bei größeren Wasserstoffüberschüssen beobachtet man keine starke Abweichung zwischen den simulierten und den experimentell ermittelten Abscheideraten. 111 2 Abscheiderate, r [mmol / (m *s)] 0,70 4,0% 0,60 3,0% 0,50 0,40 2,0% 0,30 0,20 1,0% 0,10 0,00 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Reaktorlänge, l [cm] Abbildung 5.18: Simulierte (-) und experimentell (Symbol) ermittelte TiCl4Molenbruchabhängigkeit der Abscheiderate 2 Abscheiderate, r [mmol / (m *s)] 0,40 21% 0,35 42% 0,30 0,25 84% 0,20 0,15 0,10 0,05 0,00 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Reaktorlänge, l [cm] Abbildung 5.19: Simulierte (-) und experimentell (Symbol) ermittelte H2Molenbruchabhängigkeit der Abscheiderate 112 2 Abscheiderate, r [mmol / (m *s)] Die Temperaturabhängigkeiten der simulierten und experimentellen Abscheideraten sind von 1000°C bis 1150°C in Abbildung 5.20 dargestellt. Bei Temperaturen kleiner 1150°C stimmen die Abscheideraten über den gesamten Beschichtungsbereich gut überein. Bei 1150°C, beginnend bei einer Reaktorlänge von etwa 40cm, weicht die simulierte von der experimentellen Abscheiderate gegen Reaktorende hin immer stärker ab. Dies kann man auf den Beginn einer homogenen Gasphasenreaktion von Methan zurückführen, da die Proben gegen Reaktorende hin nicht mehr hellgrau erscheinen sondern schwarz sind, was auf freien Kohlenstoff schließen lässt. Die Schichtcharakterisierung mit XRD hat bereits gezeigt, dass bei 1200°C freier Kohlenstoff in den schwarz abgeschiedenen Schichten zu finden ist. Ein weiterer Grund zwischen der Diskrepanz der Abscheideraten kann auch in der Bildung von HCl liegen. Betrachtet man nochmals Abbildung 5.10, so sieht man, dass von insgesamt 70% umgesetzten TiCl4 im Reaktor bei einer Länge von 40cm davon bereits fast alles umgesetzt worden ist. Das dabei entstandene HCl adsorbiert auf der Substratoberfläche und hemmt die TiC-Bildung. 0,6 1150°C 0,5 0,4 1100°C 0,3 1050°C 0,2 0,1 1000°C 0,0 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Reaktorlänge, l [cm] Abbildung 5.20: Simulierte (-) und experimentell (Symbol) ermittelte Temperaturabhängigkeit der Abscheiderate 113 In einem Paritätsdiagramm, Abbildung 5.21, werden die simulierten und experimentell ermittelten Abscheideraten aus dem vorderen Bereich der isothermen Zone wo der Prozess reaktionskontrolliert ist, für alle durchgeführten Parametervariationen abschließend miteinander verglichen. Man sieht, dass alle Werte in einem Toleranzbereich von ±15% liegen. Der allgemein formulierte Potenzansatz eignet sich somit sehr gut zur Beschreibung der Kinetik der Abscheidung von TiC. Abscheiderate berechnet, 2 r [mol / (m *s)] 0,0008 +15% 0,0006 -15% 0,0004 0,0002 0,0000 0,0000 0,0002 0,0004 0,0006 0,0008 Abscheiderate gemessen, r [mol / (m2*s)] Abbildung 5.21: Paritätsdiagramm bei Anwendung des Potenzansatzes Hyperbolischer Ansatz Für die Beschreibung des CVD-Prozesses von TiC wird ein hyperbolischer Ansatz unter Berücksichtigung von Adsorptionsvorgängen verwendet. Grundlage ist die Gleichung 5.7. TiCl4 + CH4 Æ TiC Für den Ansatz werden folgende Annahmen getroffen: + 4HCl (5.7) 114 • Homogene Gasphasenreaktion: TiCl4 (g) + • Æ TiCl3 (g) + (5.8) TiCl4 (g) + z ↔ TiCl4-z (5.9) TiCl3 (g) + z ↔ TiCl3-z (5.10) + z ↔ H2-z (5.11) Oberflächenreaktion: TiCl4-z + 2 H2-z + 2z Æ Ti-z 2 TiCl3-z + 3 H2-z + 3z Æ 2 Ti-z • HCl Adsorption: H2 (g) • ½ H2 + 4 HCl-z (5.12) + 6 HCl-z (5.13) + 2 H2-z (5.14) Schichtbildungsreaktion: Ti-z+ CH4 (g) + z Æ TiC Die Bildung von TiC erfolgt nicht direkt aus Methan, wie in Gleichung 5.14 vereinfacht dargestellt ist, sondern durch Bildung aktivierter, CSpezies aus der Zersetzung von Methan. • Desorption: HCl-z ↔ HCl + z (5.15) H2-z ↔ H2 + z (5.16) 115 Wie bereits in Kapitel 2.4.2. beschrieben, werden bei der CVD von TiC in der Literatur Reaktionsmechanismen nach Langmuir-Hinshelwood verwendet. Bei einem Langmuir-Hinshelwood Mechanismus adsorbieren beide Edukte, TiCl4 und CH4, auf der Substratoberfläche und reagieren dann miteinander. Charakteristisch für diesen Mechanismus ist, dass die Abscheiderate mit zunehmender Strömungsgeschwindigkeit ansteigt, bis sie ein Maximum erreicht. Bei weiterem Anstieg der Strömungsgeschwindigkeit sinkt die Abscheiderate ab. Ursache für das Absinken der Abscheiderate bei hohen Strömungsgeschwindigkeiten ist die langsame Desorption der im Überschuss vorhandenen gasförmigen Produkte, welche eine Adsorption der Edukte verhindern da die aktiven Zentren der Oberfläche bereits belegt sind. Nach Abbildung 5.3 ist jedoch auch ein bimolekularer Eley-Rideal Mechanismus möglich, da die Abscheiderate auch bei hohen Strömungsgeschwindigkeiten nicht absinkt sondern konstant bleibt. Ein Eley-Rideal Mechanismus setzt voraussetzt, dass nur ein Edukt auf der Oberfläche adsorbiert, und der Reaktionspartner aus der Gasphase kommt. In diesem Fall adsorbiert das TiCl4 auf der Oberfläche und das CH4 zersetzt sich in der Gasphase unter Bildung verschiedener kohlenstoffhaltigen Spezies. Betrachtet man die irreversibel verlaufende Oberflächenreaktion als geschwindigkeitsbestimmenden Teilschritt, so kann anhand des formalen Reaktionsmechanismus folgende Reaktionsgeschwindigkeitsgleichung abgeleitet werden (Gl. 5.17). rTiC = k TiC ⋅ ΘTiCl4 ⋅ cCH 4 (5.17) K ads.TiCl4 ⋅ c TiCl4 1 + K ads.TiCl4 ⋅ c TiCl4 (5.18) mit: ΘTiCl4 = Da Methan in einem Partialdruckverhältnis von 3:1 gegenüber TiCl4 eingesetzt wird, kann Gleichung 5.17 folgendermaßen umgeformt werden. rTiC = k TiC ⋅ K ads.TiCl4 ⋅ 3 ⋅ c 2TiCl4 1 + K ads.TiCl4 ⋅ c TiCl4 (5.19) 116 Durch Substitution mit k aus Gleichung 5.20 k = k TiC ⋅ K ads.TiCl4 ⋅ 3 (5.20) und Linearisierung erhält man folgende Gleichung 5.21 c 2TiCl4 1 K ads.TiCl4 = + ⋅ c TiCl4 rTiC k k (5.21) Die graphische Darstellung der Linearisierung ist in Abbildung 5.22 gezeigt, aus deren Auswertung man folgende Werte für die Reaktionsgeschwindigkeitskonstante kTiC und die Adsorptionskonstante Kads.TiCl4 erhält: kTiC = 7,60 x 10-4 [m s-1] Kads.TiCl4 = 115,46 [m3 mol-1] 140 2 c /r = Kads.TiCl4 /k cTiCl4 + 1/k 2 -4 (cTiCl4) / r [mol*s*m ] 120 3 -1 Kads.TiCl4 = 115,46 [m mol ] 100 4 -1 -1 k = 0,2633 [m mol s ] 80 60 40 20 0 0 0,05 0,1 0,15 0,2 0,25 Konzentration TiCl4, cTiCl4 [mol*m-3] Abbildung 5.22: Linearisierung des hyperbolischen Ansatzes 0,3 117 Simulation der Abscheidung mittels hyperbolischem Ansatz nach Eley-Rideal Beim hyperbolischen Ansatz werden die Ergebnisse der simulierten Abscheideraten bei 1100°C in der isothermen Zone mit den experimentell ermittelten Abscheideraten in Abhängigkeit von den Prozessparametern miteinander verglichen, da die Geschwindigkeitskonstante kTiC temperaturabhängig ist. In Abbildung 5.23 ist die Verweilzeitabhängigkeit dargestellt. Die experimentelle Abscheiderate ist wiederum durch Messpunkte gekennzeichnet, die simulierte Abscheiderate durch Kurven. Die simulierten Abscheideraten stimmen gut mit den experimentell ermittelten Abscheideraten überein. Bei einer Strömungsgeschwindigkeit von 15cm/s weicht die simulierte Kurve gegen Reaktorende deutlich von der experimentell ermittelten Abscheiderate ab. Dieser Effekt konnte auch bei der Simulation mit dem Potenzansatz beobachtet werden. Die Ursache könnte wie bereits zuvor genannt an einem langsameren Abtransport der gasförmigen Reaktionsprodukte liegen. Abscheiderate, r [mmol / (m2*s)] 0,4 45cm/s 0,3 25cm/s 20cm/s 0,2 15cm/s 0,1 0,0 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Reaktorlänge, l [cm] Abbildung 5.23: Eley-Rideal simulierte (-) und experimentell (Symbol) ermittelte Verweilzeitabhängigkeit der Abscheiderate Der Vergleich der TiCl4-Konzentrations-Abhängigkeit in Abbildung 5.24 zeigt, dass bei einem sehr kleinen Molenbruch von 1% die simulierte Abscheiderate niedriger ist als die tatsächliche Abscheiderate. Bei TiCl4-Molenbrüchen größer 2% ist eine sehr gute Übereinstimmung zwischen der simulierten Abscheiderate und der experimen- 118 tellen Abscheiderate zu sehen. Nur gegen Ende der isothermen Zone treten deutliche Unterschiede der Abscheideraten auf, was man auf Adsorption von HCl und anderer Nebenprodukte auf der Substratoberfläche zurückführen kann, was die Abscheidung von TiC hemmt. 2 Abscheiderate, r [mmol / (m *s)] 0,70 4,0% 0,60 3,0% 0,50 0,40 2,0% 0,30 1,0% 0,20 0,10 0,00 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Reaktorlänge, l [cm] Abbildung 5.24: Eley-Rideal simulierte (-) und experimentell (Symbol) ermittelte TiCl4-Molenbruchabhängigkeit der Abscheiderate Das Paritätsdiagramm unter Anwendung eines hyperbolischen Ansatzes nach EleyRideal zeigt in Abbildung 5.25, dass die simulierten und experimentell ermittelten Abscheideraten aus dem reaktionskontrollierten Bereich der isothermen Zone für die durchgeführten Parametervariationen in einem Toleranzbereich von ±15% liegen. Der hyperbolische Ansatz eignet sich somit ebenfalls zur Beschreibung der Kinetik von TiC, auch wenn man bei einem niedrigen TiCl4-Molenbruch von 1% leicht außerhalb der Toleranzgrenzen liegt. Vergleicht man das Paritätsdiagramm des Potenzansatzes (Abb. 5.21) mit dem des hyperbolische Ansatzes (Abb. 5.25), so sieht man, dass beide Modelle die Abscheidung von TiC in etwa gleich gut beschreiben, wobei mit dem Potenzansatz zusätzlich noch die Temperaturvariation bzw. der nicht isotherme Bereich simuliert werden kann. 119 0,0008 Abscheiderate berechnet, 2 r [mol / (m *s)] +15% 0,0006 -15% 0,0004 0,0002 0,0000 0,0000 1,0% TiCl4 0,0002 0,0004 0,0006 0,0008 2 Abscheiderate gemessen, r [mol / (m *s)] Abbildung 5.25: Paritätsdiagramm bei Anwendung des Eley-Rideal Reaktionsmechanismus 5.4. Zusammenfassung der Ergebnisse der TiC-Abscheidung Variation der Prozessparameter • CH4-Konzentration Mit zunehmender Methankonzentration steigt die Abscheiderate von TiC unter Ausbildung eines Maximums am Beginn der isothermen Zone. Die Verarmung an TiCl4 nimmt mit Erhöhung der eingesetzte Methanmenge zu. • Verweilzeit Die Verweilzeituntersuchungen zeigen, dass sich das Maximum der Abscheiderate mit zunehmender Strömungsgeschwindigkeit gegen Reaktorausgang verschiebt. Bei Strömungsgeschwindigkeiten kleiner 15cm/s. liegt Stofftransportkontrolle auf Grund von Diffusion vor. Der reaktionskontrollierte Bereich liegt bei Strömungsgeschwindigkeiten zwischen 15 und 25cm/s. 120 • Konzentration von TiCl4 Mit steigender TiCl4-Konzentration nimmt die Abscheidung von TiC zu, wobei sich ein Maximum am Beginn der isothermen Zone ausbildet. Auf Grund von Verarmungseffekten von TiCl4 in der Gasphase sinkt die Abscheiderate gegen Reaktorende hin ab. Bei einem TiCl4-Molenbruch von 1% wird ein nahezu vollständiger Umsatz von 95% erreicht. Bei TiCl4-Molenbrüchen zwischen 2 bis 4% liegt der Umsatz bei 71%. • Konzentration von H2 Es ist ein signifikanter Einfluss des H2-Partialdruckes auf die Abscheiderate zu beobachten. Mit sinkendem H2-Partialdruck steigt die Abscheiderate unter verstärkter Ausbildung eines Maximums zu Beginn der isothermen Zone. • Temperatur Der Einfluss der Reaktortemperatur auf die Abscheiderate und den dazugehörenden TiCl4-Umsatz zeigt, dass die Abscheiderate am Beginn der isothermen Zone mit steigender Temperatur nicht linear ansteigt sondern exponentiell. Die Ausbildung des Maximums der Abscheiderate verschiebt sich mit steigender Temperatur zum Reaktoreingang hin. Bei 1000°C werden in etwa 25% des eingesetzten TiCl4 zu TiC umgesetzt. Bei 1100°C wird ein Umsatz von 71% erreicht, der durch weitere Temperaturerhöhung nicht mehr vergrößert werden kann. Schichtmorphologie und Schichtstruktur Niedrige Eduktkonzentrationen an TiCl4 und CH4 sowie ein großer H2Überschuß bei niedrigen Temperaturen und kleinen Verweilzeiten führen zu weniger rauen Schichtoberflächen, da bei diesen Parametern die Wachstumsgeschwindigkeit langsamer ist. Die<200>-Struktur bei 41,70° steht für eine facettenartige oder pyramidenförmige Struktur und besitzt bei allen untersuchten Proben die höchste Intensität mit Ausnahme der 1200°C-Probe. Der Aufbau aller Schichten ist polykristallin, da immer mehrere TiC-Peaks gleichzeitig auftreten. Chemische Zusammensetzung der Schicht Die XRD-Messungen zeigen, dass nur bei 1200°C neben TiC freier Kohlenstoff in der Schicht detektiert wird. Die Peaklagen aller Proben stimmen mit denen der Referenz für stöchiometrisches TiC überein. Es werden keine wei- 121 teren Peaks detektiert, so dass man davon ausgehen kann, dass nur stöchiometrisches TiC abgeschieden wird. Reaktionstechnische Beschreibung des Abscheidungsprozesses • Potenzansatz Im Strömungsrohrreaktor erhält man eine Reaktionsordnung für TiCl4 von 1 wobei die Methanmenge im Überschuss konstant gehalten wird. Bei der Variation der Strömungsgeschwindigkeit wird festgestellt, dass man erst bei Strömungsgeschwindigkeiten größer 15cm/s im reaktionskontrollierten Bereich liegt. Die Aktivierungsenergie beträgt 210,2kJ mol-1 und der formalkinetische Parameter A0 der TiC-Abscheidung liegt bei 3,04 x 105 m s-1. In einem Paritätsdiagramm werden die simulierten und experimentell ermittelten Abscheideraten aus der isothermen Zone miteinander verglichen. Man sieht, dass alle Werte in einem Toleranzbereich von ±15% liegen. Der allgemein formulierte Potenzansatz eignet sich somit sehr gut zur Beschreibung der Kinetik von Titancarbid. • Hyperbolischer Ansatz Für die Beschreibung des Prozesses bei 1100°C wird ein bimolekularer EleyRideal Mechanismus verwendet, unter der Annahme, dass TiCl4 auf der Oberfläche adsorbiert und das CH4 sich in der Gasphase unter Bildung verschiedener C-haltigen Spezies zersetzt. Die graphische Darstellung ergibt für die Reaktionsgeschwindigkeitskonstante kTiC = 7,60 x 10-4 [m s-1] und die Adsorptionskonstante Kads.TiCl4 = 115,46 [m3 mol-1]. Das Paritätsdiagramm zeigt, dass der Großteil der simulierten Abscheideraten ebenfalls in einem Toleranzbereich von ±15% liegen. Der hyperbolische Ansatz hat gegenüber dem Potenzansatz jedoch den Nachteil, dass keine Temperaturabhängigkeit simuliert werden kann. 122 Kapitel 6 Tribologie Im Rahmen der tribologischen Untersuchungen werden zunächst die erzeugten Chromcarbidschichten und Titancarbidschichten getrennt voneinander hinsichtlich Oberflächenrauheit, Haftfestigkeit sowie Reibung und Verschleiß beurteilt, wobei als zu messende Größen neben dem Traganteil, die Haftfestigkeitsklasse, der Reibungskoeffizient und der volumetrische Verschleiß der Schichten zu bestimmen sind. Anschließend werden die Chromcarbidschichten mit den Titancarbidschichten hinsichtlich Haftungsmechanismus sowie Reibung und Verschleiß miteinander verglichen. 6.1. Chromcarbidschichten 6.1.1. Oberflächenrauheit Das Tastschnittverfahren liefert als Ergebnis den Traganteil der abgeschiedenen Schicht und somit die Rauheit der Oberfläche. Der Profiltraganteil ist definiert als das Verhältnis der tragenden Länge des Profils zur Bezugsstrecke. Je höher der Traganteil, desto glatter ist die Oberfläche. Dieser Traganteil sollte unabhängig von der Schichtdicke größer 90% sein, um technisch brauchbare Schichten erzeugen und tribologisch testen zu können. In Tabelle 6.1 ist der Traganteil bei einer Strömungsgeschwindigkeit von 100cm/s der abgeschiedenen Chromcarbidschichten für unterschiedliche Substrate wie Magnesiumsilikatkeramik und diverse Stähle in 1µm Schichttiefe dargestellt. Es wird deutlich, dass der minimale Traganteil von 90% auf allen beschichteten Substraten erreicht wird und es somit zu einer konturgetreuen Nachbildung der Substratoberfläche kommt. 123 Tabelle 6.1: Traganteil der Chromcarbidschichten auf unterschiedlichen Substraten Substrat MgSiOx X40CrMoV5-1 X5CrNi18-10 X5CrNi18-9 X6Cr17 X90CrMoV18 X210CrW12 16MnCr5 S6-5-2 100Cr6 Traganteil [%] 100 100 100 100 100 100 100 94 100 100 6.1.2. Haftungsmechanismus Mittels EDX werden an einem Kalottenschliff der Proben die Elemente Chrom und Kohlenstoff in den Schichten auf einer Mikroplanscheibe (MgSiOx) nachgewiesen. Der Haftungsmechanismus am Interface zwischen der Schicht und dem Substrat wird mittels Elementverteilungsbildern (Röntgenmapping) untersucht, um evtl. Reaktionsschichten feststellen zu können. In Abbildung 6.1 ist das Röntgenmapping der Elemente Cr und C für die Schicht sowie Mg und Si für das Substrat dargestellt. Die hellen Bereiche in jedem Bild stehen für das jeweils auf der Schliffoberfläche in der Übergangszone zwischen Substrat und Schicht detektierte Element. Abbildung 6.1 zeigt, dass es einen breiten Übergangsbereich zwischen der kompakten Schicht (Cr und C)und dem reinen Substrat (Mg und Si) gibt, in der Inseln aus Cr7C3 zu finden sind. Man sieht außerdem, dass keine Reaktionszonen entstehen, die Schichthaftung also nur auf Mikroverzahnung beruht. Eine rein mechanische Haftung aufgrund mechanischer Verankerung an der Grenzfläche durch Formschluss zwischen dem Schichtmaterial und der rauhen Substratoberfläche bzw. den Poren stellt einen Interfacetypen dar, in dem nur vander-Waals-Kräfte auftreten [14]. 124 C Mg Cr Si Abbildung 6.1: Röntgenverteilungsbilder für die Elemente Cr, C, Mg und Si 6.1.3. Haftfestigkeit Die Haftfestigkeit der abgeschiedenen Schichten bestimmt im wesentlichen die Einsatzmöglichkeiten des beschichteten Werkstoffes in einer technischen Anwendung. Das Interface zwischen Substrat und Schicht welches von atomaren Bindungskräften, inneren Spannungen und den mechanischen sowie thermischen Beanspruchungen abhängt ist für die Adhäsion der Schicht verantwortlich. 125 Die Überprüfung der Haftfestigkeit nach VDI3198 liefert folgende Ergebnisse, die in Tabelle 6.2 gezeigt werden. Die Bewertung der Haftfestigkeit erfolgt in Stufen von 1 bis 6, wobei die 1 für „sehr gut“ steht und die 6 für „ungenügend“. Tabelle 6.2: Rockwell-Haftfestigkeit nach VDI 3198 Substrat MgSiOx X40CrMoV5-1 X5CrNi18-10 X5CrNi18-9 X6Cr17 X90CrMoV18 X210CrW12 16MnCr5 S6-5-2 100Cr6 Haftfestigkeit 1 1 1 1-2 2 3 3-4 3-4 3-4 6 Eine „sehr gute“ Haftfestigkeit der Schichten wird neben der MgSiOx-Keramik nur auf Stählen mit einem hohen Chromgehalt erreicht. Freller und Lorenz (1992) kommen zu dem Ergebnis, dass sich in Hartstoffschichten, zu denen Chromcarbid gehört, Druckspannungen ausbilden, wenn Stähle als Substrate dienen. Druckspannungen erhöhen einerseits die Schichthärte können aber andererseits die Haftfestigkeit herabsetzten. Kleer und Döll (1993) zeigen bei Titannitridschichten (α ≈ 9,3 x 10-6K-1) dass Druckspannungen in der Nähe von Schichtdefekten die Haftfestigkeit der Schicht übersteigen und so zu Schäden in der Schicht führen, was zur Folge hat, dass Schichtaufwölbungen und Schichtablösungen entstehen [41]. Da Cr7C3 einen höheren thermischen Ausdehnungskoeffizienten (α ≈ 10,6 x 10-6K-1) hat als TiN, kann man davon ausgehen, dass die schlechte Schichthaftung auf 100Cr6 durch Druckspannungen im Zusammenhang mit Schichtdefekten verursacht wird. In Abbildung 6.2 sieht man, dass dort wo die aufgewölbte Schicht entfernt wurde Korrosionsflecken auf dem Substrat zu beobachten sind. Diese Korrosion wurde durch Rückstände der verwendeten Reinigungsmittel bei der Substratvorreinigung ausgelöst. Somit kann auch die gute Haftung auf den Stählen mit hohem Chromgehalt erklärt werden, da diese allesamt korrosionsbeständig sind. In den abgeschiedenen Schichten auf den Stählen treten aber immer noch Druckspannungen auf. Bei der MgSiOxKeramik entstehen in der Schicht Zugspannungen, da der thermische Ausdehnungs- 126 koeffizient der Keramik kleiner ist, als der Ausdehnungskoeffizient der abgeschiedenen Schicht. Diese Zugspannungen wirken sich positiv auf die Schichthaftung aus. Abbildung 6.2: Abgehobene Cr7C3-Schicht auf 100Cr6 6.1.4. Verschleiß Auf Grund der Haftungsproblematik der Chromcarbidschichten auf Stählen werden die Verschleißuntersuchungen nur auf beschichteten MgSiOx-Keramikscheiben durchgeführt. Die Verschleißeigenschaften der beschichteten Proben werden mit der Hilfe eines Kugel-Scheibe-Tribometers im Trockenlauf untersucht. Als Gegenkörper werden Kugeln aus 100Cr6 sowie aus Si3N4 mit einem Durchmesser von 3,969mm verwendet, so dass zu Beginn der tribologischen Beanspruchung ein punktförmiger Kontakt entsteht, der sich mit zunehmendem Verschleiß zu einer Fläche ausbreitet. Die Prüfbedingungen sind in Tabelle 6.3 gezeigt. Tabelle 6.3: Prüfbedingungen beim Kugel-Scheibe Test Prüfkraft Gleitweg Gleitgeschwindigkeit Radius der Reibspur Relative Feuchte Umgebungstemperatur 20N 500m 0,05m/s 15,9mm 50% 18°C 127 In Tabelle 6.4 sind die Ergebnisse der tribologischen Untersuchungen zusammengefasst. Im System MgSiOx/100Cr6 liegt der Reibungskoeffizient bei etwa 0,5 während er im System MgSiOx/Si3N4 bei 0,7 liegt. Man sieht, dass ohne Beschichtung der Magnesiumsilikatkeramik mit Chromcarbid sich 100Cr6 besser als Gegenkörper eignet als Si3N4. Der Kugelverschleiß ist bei der Si3N4-Kugel zwar nur halb so hoch wie bei der 100Cr6-Kugel, jedoch wird die Keramikscheibe durch die Si3N4-Kugel total verschlissen. Beschichtet man die MgSiOx-Keramik nun mit Chromcarbid und führt die Verschleißuntersuchungen mit 100Cr6 und Si3N4 als Gegenkörper durch, so stellt man fest, dass unabhängig vom Material der Kugel der mittlere Reibkoeffizient für das System (MgSiOx/Cr7C3) bei 0,5 liegt. Der Reibwert entspricht dem der unbeschichteten MgSiOx-Keramik, mit 100Cr6 als Gegenkörper. Bei Verwendung von 100Cr6 als Gegenkörper bestimmt die Verschleißrate der Kugel den Gesamtverschleiß. Dieser kann mit einer Cr7C3-Schicht auf der Scheibe nicht verringert werden. Bei Verwendung von Si3N4 als Gegenkörper bestimmt die Verschleißrate der Scheibe den Gesamtverschleiß. Der Gesamtverschleiß kann mit einer Cr7C3-Schicht auf der Scheibe von 1,1mm3 auf 0,2mm3 verringert werden, er liegt aber immer noch doppelt so hoch als bei Verwendung einer 100Cr6 Kugel. Als Ergebnis der Verschleißuntersuchungen kann man bestätigen, dass sich Chromcarbid gegenüber 100Cr6 nicht als reibungsmindernde Schicht eignet, wie bereits aus der Literatur entnommen werden konnte [47]. Chromcarbid eignet sich jedoch als reibungs- und verschleißmindernde Schicht auf MgSiOx gegen Si3N4-Kugeln, da zum einen der Reibungskoeffizient von 0,7 auf 0,5 sinkt und zum anderen der Verschleiß der Scheibe und damit auch der Gesamtverschleiß von 1,1mm3 auf 0,208mm3 deutlich reduziert wird. Tabelle 6.4: Ergebnisse beim Kugel-Scheibe Test mit Chromcarbid Material Scheibe Schicht Kugel MgSiOx MgSiOx MgSiOx MgSiOx - 100Cr6 100Cr6 Si3N4 Si3N4 Cr7C3 Cr7C3 Reibkoeff.: Verschleiß: Verschleiß: Verschleiß: gemittelt Kugel Scheibe Gesamt WV,Kugel WV,Scheibe WV,ges µAv 3 3 [-] [mm ] [mm ] [mm3] 0,52 0,110 0,00004 0,110 0,48 0,113 0,004 0,117 0,73 0,060 1,000 1,100 0,55 0,036 0,172 0,208 128 6.2. Titancarbidschichten 6.2.1. Haftungsmechanismus Betrachtet man Abbildung 6.3, in der die Elementverteilung (heller Bereich) für Ti, C, Mg und Si eines Kalottenschliffes gezeigt wird, so sieht man, dass die TiC-Schicht nicht sehr stark mit dem Substrat verzahnt ist. Es gibt einen sehr scharfen Übergang von Schicht zum Substrat in dem einige große und viele sehr kleine Inseln aus TiC liegen. Die Schichthaftung erfolgt somit nur durch eine Mikroverzahnung. C Mg Ti Si Abbildung 6.3: Röntgenverteilungsbilder für die Elemente Ti, C, Mg und Si 129 6.2.2. Verschleiß Die Verschleißuntersuchungen bei TiC werden auf beschichteten MgSiOxKeramikscheiben mit kugelförmigen Gegenkörpern aus 100Cr6 und Si3N4 mit einem Durchmesser von 3,969mm durchgeführt. Die Prüfbedingungen entsprechen denen bei Cr7C3 und sind in Tabelle 6.3 gezeigt. Die Ergebnisse der tribologischen Untersuchungen von TiC auf MgSiOx sind in Tabelle 6.5 zusammengefasst. Tabelle 6.5: Ergebnisse beim Kugel-Scheibe Test mit TiC Material Scheibe Schicht Kugel MgSiOx MgSiOx MgSiOx MgSiOx TiC TiC 100Cr6 100Cr6 Si3N4 Si3N4 Reibkoeff.: Verschleiß: Verschleiß: Verschleiß: gemittelt Kugel Scheibe Gesamt µAv WV,Kugel WV,Scheibe WV,ges 3 3 [-] [mm ] [mm ] [mm3] 0,52 0,11 0,00004 0,11 0,48 1,18 0,05 1,23 0,73 0,06 1,00 1,10 0,67 0,09 0,0003 0,09 Bei Verwendung von 100Cr6 als Gegenkörper zu MgSiOx oder TiC liegt der mittlere Reibkoeffizient bei etwa 0,5. Bei Si3N4 als Gegenkörper zu MgSiOx bzw. TiC ist der Reibkoeffizient höher und liegt bei 0,7. Der Reibwert entspricht somit jeweils dem der unbeschichteten MgSiOx-Keramik, so dass man bei TiC nicht von einer reibungsmindernden Schicht sprechen kann. Im System TiC/100Cr6 dominiert die Verschleißrate der Kugel den Gesamtverschleiß. Der Verschleiß der 100Cr6-Kugel ist bei Verwendung einer TiC beschichteten Scheibe als Gegenkörper etwa um den Faktor 10 höher als bei einer unbeschichteten MgSiOx-Keramik und damit ist auch der Gesamtverschleiß etwa 10 mal höher. Somit steht fest, dass 100Cr6 kein geeigneter Tribopartner für TiC darstellt. Verwendet man statt 100Cr6 jedoch Si3N4 als Tribopartner zu der TiC-Schicht, so steigt zwar der Reibkoeffizient von 0,5 auf 0,7 an, jedoch nimmt der Gesamtverschleiß von 1,23mm3 auf 0,09mm3 ab. Vergleicht man bei Verwendung der Si3N4Kugel den Verschleiß der unbeschichteten Scheibe mit dem der beschichteten, so sieht man, dass der Scheibenverschleiß von 1,0mm3 um den Faktor 3000 auf 0,0003mm3 kleiner wird. Der Kugelverschleiß nimmt jedoch im Gegenzug von 0,06mm3 auf 0,09mm3 um 50% zu. 130 Bei den vier untersuchten Systemen in Tabelle 6.5 sieht man, dass TiC/Si3N4 den geringsten Gesamtverschleiß besitzt. Somit eignet sich TiC als Verschleißschutzschicht auf MgSiOx wenn Si3N4 als Gegenkörper verwendet wird. 6.3. Vergleich von Chromcarbid- mit Titancarbidschichten 6.3.1. Haftungsmechanismus Vergleicht man Abbildung 6.1, in der die Elementverteilung für Cr, C, Mg und Si gezeigt wird, mit Abbildung 6.3 für Ti, C, Mg und Si, so sieht man, dass die TiC-Schicht nicht so stark verzahnt mit dem Substrat erscheint wie die Cr7C3-Schicht. Dies wird deutlich durch Vergleich der beiden Elementverteilungen für Cr und Ti für die jeweilige Schicht. Im Falle Cr liegen am Übergang viele große Inseln aus Cr7C3 vor, während bei TiC wenige große und viele sehr kleine Inseln zu sehen sind. Dies weist darauf hin, dass die TiC-Schicht auch weniger gut haftet als die Cr7C3-Schicht. 6.3.2. Verschleiß In Tabelle 6.6 sind die Ergebnisse der Verschleißuntersuchungen mit Cr7C3 und TiC dargestellt. Tabelle 6.6: Vergleich Kugel-Scheibe Test mit Cr7C3 und TiC Material Scheibe Schicht Kugel MgSiOx MgSiOx MgSiOx MgSiOx MgSiOx MgSiOx - 100Cr6 100Cr6 100Cr6 Si3N4 Si3N4 Si3N4 Cr7C3 TiC Cr7C3 TiC Reibkoeff.: Verschleiß: Verschleiß: Verschleiß: gemittelt Kugel Scheibe Gesamt µAv WV,Kugel WV,Scheibe WV,ges 3 3 [-] [mm ] [mm ] [mm3] 0,52 0,110 0,00004 0,110 0,48 0,113 0,004 0,117 0,48 1,18 0,05 1,23 0,73 0,06 1,00 1,10 0,55 0,036 0,172 0,208 0,67 0,09 0,0003 0,09 Bei Verwendung einer 100Cr6-Kugel als Gegenkörper zu MgSiOx oder Cr7C3 oder TiC sieht man, dass der Reibkoeffizient unverändert bei etwa 0,5 liegt. In diesen drei 131 Systemen wird der Gesamtverschleiß immer vom Kugelverschleiß dominiert, wobei der geringste Gesamtverschleiß im unbeschichteten System MgSiOx/100Cr6 auftritt. Der Scheibenverschleiß ist gegenüber dem Kugelverschleiß sehr gering was darauf zurückzuführen ist, dass im Vergleich zur MgSiOx-Keramik bzw. Cr7C3 oder TiC der 100Cr6-Stahl weich ist. Extrem hoch ist der Kugelverschleiß im System TiC/100Cr6. Als Ergebnis kann man festhalten, dass weder Cr7C3 noch TiC sich als Tribopartner zu 100Cr6 eignen. Bei Verwendung einer Si3N4-Kugel als Gegenkörper zu MgSiOx und TiC sieht man, dass der Reibkoeffizient bei etwa 0,7 liegt, während bei Cr7C3 ein niedrigerer Reibkoeffizient von 0,5 erreicht wird. Bei Verwendung von Si3N4-Kugeln kann der Gesamtverschleiß durch Beschichtung der MgSiOx-Keramik mit Cr7C3 oder TiC deutlich reduziert werden, wobei der geringste Gesamtverschleiß im System TiC/Si3N4 erreicht wird. Den geringsten Si3N4-Kugelverschleiß erreicht man mit einer Cr7C3Schicht als Tribopartner. Somit eignen sich Cr7C3 wie auch TiC als verschleißmindernde Schichten auf MgSiOx gegenüber Si3N4. Kapitel 7 Zusammenfassung und Ausblick Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der chemischen Gasphasenabscheidung von Chromcarbid und Titancarbid, die den keramischen Schutzschichten zugeordnet werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Untersuchung des Abscheidungsprozesses in Abhängigkeit von den Betriebsparametern. Ziel dieser Arbeit ist die Abscheidung tribologisch geeigneter Hartstoffschichten unter ökonomischen und ökologischen Aspekten um die Standzeiten von Schneidwerkzeugen wie z.B. Bohrern zu erhöhen. Dies umfasst auf der einen Seite eine Ermittlung der optimalen Beschichtungsparameter des jeweiligen CVD-Prozesses und die zugehörige mathematische Beschreibung des Vorganges und auf der anderen Seite eine Charakterisierung der erzeugten Schichten. Mit den daraus gewonnenen Erkenntnissen erfolgt dann eine Untersuchung der Schichten hinsichtlich ihrer tribologischen Eigenschaften. 132 7.1. MOCVD von Chromcarbid Die Abscheidung von Chromcarbid wurde in zwei geometrisch unterschiedlichen Reaktoren durchgeführt. Für die Ermittlung der Kinetik wurde ein Strömungsrohrreaktor verwendet, in dem die Abscheidung mit einer durchschnittlichen Standardabweichung von ±10% reproduziert werden konnte. Das Verweilzeitverhalten der Cr7C3-Abscheidung zeigt, dass der reaktionskontrollierte Bereich bei Strömungsgeschwindigkeiten zwischen 150 und 200cm/s liegt. Mit steigender BEBCr-Konzentration, nimmt die Abscheidung zu, wobei sich ein Maximum am Beginn der isothermen Zone ausbildet. Der reaktionskontrollierte Bereich liegt bei Molenbrüchen zwischen 1,5 und 4,5%. Der Einfluss der Reaktortemperatur auf die Abscheiderate zeigt, dass die Abscheiderate am Beginn der isothermen Zone mit zunehmender Temperatur ansteigt. Ein Temperaturanstieg von 400 auf 500°C bewirkt einen exponentiellen Anstieg der Abscheiderate. Der integrale Umsatz von BEBCr steigt mit zunehmender Temperatur von 400°C auf 450°C bis er ein Maximum erreicht. Durch weitere Erhöhung der Temperatur fällt der Gesamtumsatz auf Grund homogener Gasphasenreaktion. Im Strömungsrohrreaktor erhält man eine Reaktionsordnung von 0,75 bezüglich BEBCr. Die Aktivierungsenergie beträgt 83,9kJ mol-1 und der Stoßfaktor liegt bei 751m s-1. Die simulierten und experimentell ermittelten Abscheideraten liegen in einem Toleranzbereich von ±25%. Für die Beschreibung des Reaktionsmechanismus nach Langmuir-Hinshelwood ergibt die Auswertung eine Reaktionsgeschwindigkeitskonstante von 2,8 x 10-5mol m-2 s-1 und eine Adsorptionskonstante von 1,33 x 1024(m3 mol-1)1/7. Im Paritätsdiagramm wird gezeigt, dass der Großteil der simulierten Abscheideraten in einem Toleranzbereich von ±25% liegt, obwohl die Streuung der Ergebnisse breiter ist als beim Potenzansatz. Die Morphologie der abgeschiedenen CrxCy-Schichten auf unterschiedlichen Substratmaterialien zeigt, dass diese vom Substratmaterial unabhängig ist. Die Schicht bildet generell die Oberfläche nach. Erheblichen Einfluss auf die Morphologie hat die Strömungsgeschwindigkeit. Im reaktionskontrollierten Bereich werden glatte, geschlossene Schichten mit einer Korngröße von ca. 4µm abgeschieden. 133 Eine Reduzierung der BEBCr-Konzentration bewirkt, dass die Oberfläche glatter wird. Eine Temperaturerhöhung von 425°C auf 500°C bewirkt keine Änderung der Oberflächenrauheit. Die Schichtzusammensetzung wird aus den Ergebnissen der durchgeführten XPSMessungen und der Glimmentladungsspektroskopie (GDOS) abgeleitet. Beide Analyseverfahren kommen zu dem Ergebnis, dass Chrom und Kohlenstoff in einem konstanten Atomverhältnis von 2,3:1 vorliegen, welches dem von Cr7C3 (2,33:1) entspricht. Um den Abscheidungsprozess bei der Beschichtung kommerzieller Bauteile wirtschaftlicher gestalten zu können, ist es unabdingbar diesen in einer isothermen Beschichtungsanlage durchzuführen, in der hohe Strömungsgeschwindigkeiten und gute, homogene Konzentrationsverteilungen möglich sind. Von Vorteil ist zudem eine Dosierung in Konvektionsrichtung sowie eine Bewegung der Substrate. Eine In-Situ Plasmareinigung der Substrate in der Beschichtungsanlage ist ebenfalls sinnvoll, da so Verunreinigungen auf den Proben effizient entfernt werden können. Eine saubere, gereinigte Oberfläche ist Grundlage für eine gute Schichthaftung auf dem Substrat. Da der Precursorpreis der entscheidende Faktor für eine wirtschaftliche, preisgünstige Beschichtung ist, ist es sinnvoll, wenn dieser über ein umweltschonendes Elektronenstrahlverfahren selbst hergestellt werden kann. 7.2. CVD von Titancarbid Der CVD-Prozess von Titancarbid wird bei Atmosphärendruck, einem konstanten CH4/TiCl4-Partialdruckverhältnis von 3, und Temperaturen kleiner 1200°C bei der Beschichtung von Graphitsubstraten untersucht. Die auftretenden Hauptspezies sind TiCl4 und TiCl3, sowie CH4 und H2 [55]. Es wird gezeigt, dass die Bildung von TiC bei 1100°C auch ohne Methan vonstatten geht. Das Verweilzeitverhalten zeigt, dass der reaktionskontrollierte Bereich bei Strömungsgeschwindigkeiten zwischen 15 und 25cm/s liegt. Mit steigender TiCl4-Konzentration nimmt die Abscheidung zu, wobei sich ein Maximum am Beginn der isothermen Zone ausbildet. Der integrale Umsatz bleibt mit 71% bei TiCl4-Molenbrüchen von 2-4% unverändert. 134 Mit sinkendem H2-Partialdruck steigt die Abscheiderate unter verstärkter Ausbildung eines Maximums zu Beginn der isothermen Zone, jedoch nimmt die Gleichmäßigkeit der Beschichtung über die Reaktorlänge hin ab. Der Einfluss der Reaktortemperatur auf die Abscheiderate zeigt, dass ein Temperaturanstieg von 1000 auf 1200°C einen Anstieg der Abscheiderate von 0,1 auf 0,8mmol/m2 s bewirkt. Die Ableitung eines Potenzansatzes unter Berücksichtigung sämtlicher Edukte führt zu einer Reaktionsgeschwindigkeitsgleichung in der die Reaktionsordnung für TiCl4 1,0 und für Wasserstoff –0,3 beträgt. Aus der Temperaturabhängigkeit lässt die Aktivierungsenergie von 210,2kJ mol-1 ermitteln. Der formalkinetische Parameter A0 der TiC-Abscheidung beträgt 3,04 x 105m s-1. In einem Paritätsdiagramm, werden die simulierten und experimentell ermittelten Abscheideraten für alle durchgeführten Parametervariationen miteinander verglichen. Man sieht, dass alle Werte in einem Toleranzbereich von ±15% liegen. Der allgemein formulierte Potenzansatz eignet sich somit sehr gut zur Beschreibung der Kinetik von TiC. Neben dem Potenzansatz wird ein bimolekularer Eley-Rideal Mechanismus angewendet. Die Auswertung der graphischen Darstellung ergibt für kTiC = 7,60 x 10-4 [m s-1] und für Kads.TiCl4 = 115,46 [m3 mol-1]. Das Paritätsdiagramm für den Eley-RidealMechanismus zeigt, dass die simulierten und experimentell ermittelten Abscheideraten aus dem reaktionskontrollierten Bereich der isothermen Zone bei 1100°C in einem Toleranzbereich von ±15% liegen. Der hyperbolische Ansatz eignet sich somit gut zur Beschreibung der Kinetik von TiC. Die Morphologie der abgeschiedenen TiC-Schichten wird mit der Rasterelektronenmikroskopie (REM) untersucht. Die Reduzierung der Strömungsgeschwindigkeit und somit eine Erhöhung der Verweilzeit bewirkt eine rauhere Schichtoberfläche, da die Kristallgröße bei unveränderter Struktur zunimmt. Ein Anstieg der Beschichtungstemperatur von 1100°C auf 1200°C bewirkt, dass die Kristalle auffallend an Größe zunehmen und eine Veränderung der Struktur zu beobachten ist. Niedrige Eduktkonzentrationen an TiCl4 und CH4 sowie ein großer H2-Überschuß bei niedrigen Temperaturen und kleinen Verweilzeiten führen zu weniger rauhen Schichtoberflächen, da bei diesen Parametern die Wachstumsgeschwindigkeit langsamer ist. 135 Die Strukturbestimmung von TiC mit Röntgendiffraktometrie zeigt, dass die Schichten polykristallin sind, wenngleich die <200>-Struktur dominiert. Eine Reduzierung der Eduktkonzentrationen von TiCl4 und CH4 sowie eine Erhöhung des H2Partialdruckes bewirken eine stärkere Strukturänderung hinsichtlich <111> und <220>. Die Erhöhung der Beschichtungstemperatur auf 1200°C zeigt, dass neben TiC auch freier Kohlenstoff abgeschieden wird. Der CVD-Prozess von TiC bei Atmosphärendruck hat zu sehr rauhen Schichten mit einem hohen Reibungskoeffizienten geführt. Aus der Literatur sind für TiC Reibungskoeffizienten von 0,14 bekannt. Aus diesem Grund muss die Abscheidung hinsichtlich tribologischer Aspekte optimiert werden. Deswegen sollte die Abscheidung bei reduziertem Betriebsdruck durchgeführt werden, da so ein langsameres Schichtwachstum mit kleineren Korngrößen erreicht wird. Zudem sollten die Temperatur und die Eduktkonzentrationen von TiCl4 und CH4 gesenkt und der Wasserstoffüberschuss erhöht werden. 7.3. Tribologie von Chromcarbid und Titancarbid Der Haftungsmechanismus am Interface zwischen der Schicht und dem Substrat wird mittels Elementverteilungsbildern (Röntgenmapping) für Chromcarbid und Titancarbid auf einer Magnesiumsilikatkeramik untersucht. Das Röntgenmapping zeigt, dass bei beiden Schichtmaterialien die Haftung auf Grund von Mikroverzahnung erfolgt. Bei Gebrauch einer 100Cr6-Kugel als Gegenkörper zu MgSiOx bzw. Cr7C3 und TiC sieht man, dass der Reibkoeffizient bei etwa 0,5 liegt. In diesen drei Systemen wird der Gesamtverschleiß immer vom Kugelverschleiß dominiert, wobei der geringste Gesamtverschleiß im unbeschichteten System MgSiOx/100Cr6 auftritt. Als Ergebnis kann man festhalten, dass weder Cr7C3 noch TiC auf MgSiOx sich als Tribopartner für 100Cr6 eignen. Mit einer Si3N4-Kugel als Gegenkörper zu MgSiOx und TiC liegt der Reibkoeffizient bei 0,7, während mit Si3N4-Kugel und Cr7C3-Schicht ein Reibkoeffizient von 0,5 erreicht wird. Mit Si3N4-Kugeln kann der Gesamtverschleiß durch Beschichtung der MgSiOx-Keramik mit Cr7C3 oder TiC deutlich reduziert werden. Damit eignen sich Cr7C3 wie auch TiC als verschleißmindernde Schichten auf MgSiOx gegenüber Si3N4. 136 Literaturverzeichnis [1] Bunk W., Hansen J., Geyer M. Tribologie: Reibung - Verschleiß - Schmierung. Springer Verlag Berlin 1981. [2] Dowson D. History of Tribology. Longman, London, 1979. [3] Czichos H., Habig K. H. Tribologie Handbuch: Reibung und Verschleiß. Vieweg, Braunschweig, 1992. [4] Thümmler F. Keramische Werkstoffe für den Maschinenbau. In Weber A. (Hrsg.), Neue Werkstoffe, VDI Verlag Düsseldorf, 1989, S. 129 136. [5] Dünner P. 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Universität Erlangen-Nürnberg, Lehrstuhl für Technische Chemie 1, Diplomarbeit, 1998. 144 Anhang A Symbolverzeichnis Lateinische Symbole A0 ci cp d dKugel D EA EKin EBi FN FR h Ki k k0 ki l li M mi n n ni p pi R R R RD Rz r r formalkinetischer Parameter Konzentration der Komponente i Wärmekapazität Gitterebenenabstand Durchmesser der Kugelverschleißfläche mittlerer Durchmesser Verschleißspur Aktivierungsenergie kinetische Energie Bindungsenergie Normalkraft Reibungskraft Reaktorhöhe Adsorptionskonstante für Komponente i Geschwindigkeitskonstante Stoßfaktor Proportionalitätsfaktor der Komponente i Reaktorlänge Reaktionsordnung der Komponente i molare Masse Reaktionsordnung der Komponente i Gitterkonstante Stoffmenge Reaktionsordnung der Komponente i Druck Partialdruck der Komponente i Abscheiderate allgemeine Gaskonstante Kugelradius mittlere Abscheiderate Rauhtiefe Abscheiderate Reaktionsgeschwindigkeit [m s-1] [mol m-3] [J mol-1 K-1] [nm] [mm] [mm] [J mol-1] [J mol-1] [J mol-1] [N] [N] [cm] [m3 mol-1] variabel variabel variabel [cm] [-] [g mol-1] [-] [-] [mol] [-] [mbar] [Pa] [mol m-2 s-1] [J mol-1 K-1] [mm] [mol m-2 s-1] [µm] [mol m-2 s-1] [mol m-2 s-1] 145 T Temperatur u Strömungsgeschwindigkeit Wq,Scheibe planimetrischer Verschleißbetrag der Scheibe Verschleißvolumen gesamt WV,ges WV,Kugel Verschleißvolumen der Kugel Verschleißvolumen der Scheibe WV,Scheibe X integraler Umsatz xi Molenbruch der Komponente i z Oberflächenplatz [°C], [K] [cm s-1] [mm2] [mm3] [mm3] [mm3] [%] [%] [-] Griechische Symbole α ΦS λ µAv µmax µmin µStart π Θ θ ρ τ thermischer Ausdehnungskoeffizient Konstante des Spektrums Wellenlänge durchschnittlicher Reibkoeffizient maximaler Reibkoeffizient minimaler Reibkoeffizient Reibkoeffizient zu Beginn Kreiszahl relativer Oberflächenplatz Beugungswinkel Dichte Verweilzeit Indizes 0 ads des eq. f g i kin l NP s x y Anfangszustand Adsorption Desorption Gleichgewicht flüssig gasförmig Komponente i kinetisch liquid Nebenprodukt solid Stöchiometrie Zahl Stöchiometrie Zahl [K-1] [eV] [nm] [-] [-] [-] [-] [-] [-] [°] [g cm-3] [s-1] 146 Abkürzungen ACVD AES APCVD BEBCr BBCr CKW CrC CVD DLC EDX ER GC-MS GDOS HTCVD ICP-OES LH LPCVD MOCVD Me-DLC MTCVD MW NTCVD OMCVD PACVD PECVD PVD REM RDS RF UPS UV-VIS X-DLC XPS XRD Anorganische Chemical Vapor Deposition Augerelektronenspektroskopie Atmospheric Pressure Chemical Vapor Deposition Bis-Ethylbenzol-Chrom Bis-Benzol-Chrom Chlorierte Kohlenwasserstoffe Chromcarbid Chemical Vapor Deposition Diamond like carbon Energy-Dispersive-Analysis of X-rays Eley-Rideal Gaschromatograph-Massenspektrometer Glow Discharge Optical Spectroscopy Hoch-Temperatur Chemical Vapor Deposition Inductively coupled plasma optical emission spectroscopy Langmuir-Hinshelwood Low pressure Chemical Vapor Deposition Metallorganische Chemical Vapor Deposition Metal-diamond like carbon Mittel-Temperatur Chemical Vapor Deposition Mikrowellen Nieder-Temperatur Chemical Vapor Deposition Organometallische Chemical Vapor Deposition Plasma activated Chemical Vapor Deposition Plasma enhanced Chemical Vapor Deposition Physical Vapor Deposition Raster-Elektronen-Mikroskopie Rate determining step Radiofrequenz Ultraviolet-Photoelektronen-Spektroskopie Ultraviolet-visible Non metal-diamond like carbon X-Ray-Photoelektronen-Spektroskopie X-Ray-Diffraction 147 Anhang B Temperaturprofile B.1. Strömungsrohrreaktor Chromcarbidabscheidung 600 Temperatur, T [°C] 500 550°C 400 500°C 300 450°C 400°C 200 100 0 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 Reaktorlänge, l [cm] Abbildung B.1: Temperaturprofile im Strömungsrohrreaktor für Einstelltemperaturen von 400°C, 450°C, 500°C und 550°C zur Chromcarbidabscheidung 148 B.2. Technikumanlage Chromcarbidabscheidung Reaktorhöhe, h [cm] 20 16 12 8 4 0 250 300 350 400 450 500 Temperatur, T [°C] Abbildung B.2: Vertikales Temperaturprofil in der Technikumanlage für eine Einstelltemperatur von 550°C zur Chromcarbidabscheidung 149 B.3. Strömungsrohrreaktor Titancarbidabscheidung 1300 1200°C 1100°C Temperatur, T [°C] 1150 1000°C 1000 850 700 550 400 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 Reaktorlänge, l [cm] Abbildung B.3: Temperaturprofile im Strömungsrohrreaktor für Einstelltemperaturen von 1000°C, 1100°C und 1200°C zur Titancarbidabscheidung 150 Anhang C Stoffdaten C.1. Precursoren C.1.1. Bis-Ethylbenzol-Chrom Siedetemperatur (p=1Torr) Siedetemperatur (p=1bar) Zersetzungstemperatur Schmelztemperatur Standardbildungsenthalpie Standardbildungsenthalpie Standardentropie spez. Wärmekapazität bei T=298K Molekülmasse Dichte Dampfdruckkurve Ts 140 - 160 322 Ts Tzer 330 Tsch 2,6 -∆H°f (g) -129,2 -∆H°f (l) -61,3 S°liquid 406,7 °C °C °C °C kJ mol-1 kJ mol-1 J mol-1 K-1 [69] [29] [29] [70] [71] [71] [70] Cp°liquid 393,3 J mol-1 K-1 M 264,33 g mol-1 ρ 1,14 - 1,18 g cm3 [70] log (p[Torr]) = -4039·T-1 + 9,66 T[K] [69] [29] C.1.2. Titantetrachlorid Siedetemperatur Schmelztemperatur Standardbildungsenthalpie Standardbildungsenthalpie Standardbildungsenthalpie Standardentropie Standardentropie Standardentropie spez. Wärmekapazität bei T=298K Molekülmasse Dichte 136,4 Ts Tsch -24,1 -∆H°f (g) -763,16 -∆H°f (l) -804,16 -∆H°f (s) -815,03 S°gas 354,84 S°liquid 221,93 S°solid 209,05 °C °C kJ mol-1 kJ mol-1 kJ mol-1 J mol-1 K-1 J mol-1 K-1 J mol-1 K-1 [72] [72] [72] [72] [72] [72] [72] [72] Cp°liquid 145,2 M 189,7 ρ 1,7 g cm3 J mol-1 K-1 g mol-1 [72] [72] 151 Dampfdruckkurve p[Pa] T[°C] = A·T2 + B·T1 + C [73] A = 1,8174 B = 20,557 C = 67,588 C.2. Schichtmaterialien C.2.1. Chromcarbid Cr7C3 Dichte Schmelztemperatur Molekülmasse Thermischer Ausdehnungskoeffizient Vickershärte Elektrische Leitfähigkeit Thermische Leitfähigkeit ρ Tsch M 6,92 1782 400,1 g cm3 °C g mol-1 [15] [15] α HV 10,6 1340 84 0,11 ppm °C-1 kg mm-2 µm ohm·cm W (cm °C)-1 [15] [15] [15] [15] ρ Tsch M 4,93 3250 59,9 g cm3 °C g mol-1 [15] [15] α HV 7,6 3200 60 0,17 ppm °C-1 kg mm-2 µm ohm·cm W (cm °C)-1 [15] [15] [15] [15] C.2.2. Titancarbid TiC Dichte Schmelztemperatur Molekülmasse Thermischer Ausdehnungskoeffizient Vickershärte Elektrische Leitfähigkeit Thermische Leitfähigkeit 152 Anhang D Zusammensetzung der getesteten Stähle Tabelle D.1: Zusammensetzung der getesteten Stähle Bezeichnung WerkstoffNummer Stahlgruppe 100Cr6 16MnCr6 39CrMoV13-9 S6-5-2 X155CrVMo12-1 X210CrW12 X40CrMoV5-1 X5CrNi18-10 X90CrMoV18 1_3505 1_7131 1_8523 1_3343 1_2379 1_2436 1_2344 1_4301 1_4112 Wälzlagerstahl Edelbaustahl, leg. Nitrierstahl Schnellarbeitsstahl Werkzeugstahl, leg. Werkzeugstahl, leg. Werkzeugstahl, leg. Nichtrostend Nichtrostend C Zusammensetzung in Gew.-% (Mittelwerte) Si Mn Cr Mo V W N Ni 1,05 0,17 0,39 0,90 1,55 2,13 0,40 0,07 0,90 0,25 0,40 0,28 0,45 0,25 0,25 1,05 1,00 1,00 0,35 1,15 0,55 0,40 0,30 0,30 0,40 2,00 1,00 1,48 0,95 3,25 4,15 11,50 11,50 5,15 18,25 18,00 0,10 0,95 0,20 4,95 1,85 6,35 0,70 1,00 0,70 1,35 1,00 0,11 9,25 1,10 0,10 1 Lebenslauf Persönliche Angaben Vor- und Zuname Geburtsdatum Familienstand Michael Satschko 02.11.1969 in Kötzting verheiratet, zwei Kinder Berufliche Tätigkeit Seit 07/2002 Ingenieur im Bereich Produkttechnik bei Interpane Glasgesellschaft mbH & Co. KG. Plattling 01.1999-04.2002 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Technische Chemie I der Universität Erlangen-Nürnberg Hochschulausbildung 10.1991-07.1998 Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Fachrichtung: Chemie-Ingenieurwesen Bundeswehr 06.1989-05.1991 Schulbildung 09.1976-06.1989 Comenius Gymnasium Deggendorf