Einleitung und Zielstellung Seite 1 1 Einleitung und Zielstellung Die Haut stellt nicht nur das Grenzflächenorgan des menschlichen Körpers dar, sondern besitzt auch große Bedeutung als Zielort der Arzneimitteltherapie. Dies ist sowohl im Hinblick auf eine lokale als auch auf eine angestrebte systemische Wirkung der Fall. Vor allem für die Behandlung verschiedener Dermatosen bietet die direkte Applikation von Wirkstoffen auf der Haut eindeutige Vorteile gegenüber der systemischen Gabe, da so bei geringer Belastung des Gesamtorganismus hohe Arzneistoffkonzentrationen im erkrankten Areal erzielt werden können. Problematisch dabei ist, dass die äußere Hautschicht nicht nur einen effektiven Schutz des Körpers vor seiner Umwelt gewährleistet, sondern gleichzeitig eine Barriere für das Eindringen vieler Arzneistoffe darstellt. Diese weisen meistens keine optimalen physikochemischen Eigenschaften für eine gute Hautpenetration auf. Um trotzdem ein Eindringen in dermale Strukturen zu ermöglichen, ist die Auswahl geeigneter Vehikelsysteme von großer Bedeutung für die Wirksamkeit. Neben der Anwendung herkömmlicher Grundlagen wie Salben, Cremes, Gele oder Emulsionen gewinnen seit ein paar Jahren moderne, kolloidale Vehikelsysteme wie Liposomen, Nanoparts oder Mikroemulsionen zunehmend an Bedeutung. Sie sind vor allem für die Inkorporation von dermatologischen Problemarzneistoffen von großem Interesse, die bei Verwendung klassischer Salbengrundlagen die Hautbarriere schlecht überwinden können. Dazu gehören z. B. Stoffe mit einer geringen Löslichkeit im Vehikel, da eine Aufnahme in die Haut nur im gelösten Zustand erfolgen kann. Auch Arzneistoffe mit ausgeprägter Hydrophilie bedürfen galenischer Hilfsmittel, um die Hautbarriere zu überwinden, da ihre Affinität zu den lipophilen Strukturen der äußeren Hautschicht sehr gering ist. Möglich erscheint eine Anwendung kolloidaler Systeme auch für Stoffe, die zu Instabilitäten neigen, z. B. hydrolyseempfindlich sind. Mikroemulsionen weisen im Vergleich zu den anderen Vehikeln einige Vorteile auf. Sie besitzen ein ausgezeichnetes Solubilisierungsvermögen für schlecht lösliche Stoffe und verfügen über sehr gute Penetrationseigenschaften, da sie in der Lage sind, die Barrierefunktion der Haut reversibel herabzusetzen. Hervorzuheben ist außerdem die thermodynamische Stabilität dieser Systeme sowie ihre einfache Herstellung. Aus dermatologischer Sicht ist der oft recht hohe Tensidgehalt der Mikroemulsionen als nachteilig zu bewerten, da er die Gefahr des Auftretens von Hautirritationen in sich birgt. Deshalb sollte bei der Entwicklung neuer Mikroemulsionssysteme zur dermalen Anwendung einer möglichen Minimierung des Tensidgehalts sowie der Auswahl gut hautverträglicher Komponenten besondere Bedeutung beigemessen werden. Bisher erfolgte die Anwendung von Mikroemulsionen an der Haut meistens mit dem Ziel einer transdermalen Applikation von Arzneistoffen. Dabei eignen sich diese Systeme auch hervorragend als Vehikel für eine gezielte topische Therapie. Einleitung und Zielstellung Seite 2 Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, Mikroemulsionen für die dermale Applikation verschiedener Arzneistoffe zu entwickeln, die den erwähnten Anforderungen entsprechen. Die physikochemische Charakterisierung dieser Systeme erfolgt durch Kombination der mit Polarisationsmikroskopie, Gefrierbruch-Elektronenmikroskopie, Dynamischer Lichtstreuung und rheologischen Messverfahren erhaltenen Ergebnisse. Als Modellarzneistoff soll Hydrocortison dienen, ein Problemarzneistoff hinsichtlich der Löslichkeit. Als Aufgabe stellt sich somit die Inkorporation dieses Wirkstoffs in anwendungsrelevanten Konzentrationen in ein Mikroemulsionssystem. Dessen Eignung für die dermale Anwendung soll in Liberationsuntersuchungen in vitro sowie in Penetrationsstudien an exzidierter Humanhaut untersucht und mit kommerziell erhältlichen hydrocortisonhaltigen Präparaten verglichen werden. Einen weiteren Schwerpunkt der Arbeit stellt die Entwicklung lokalanästhetikahaltiger Mikroemulsionen dar. Diese sollen in kurzer Zeit das Anfluten hoher Wirkstoffkonzentrationen in der Haut gewährleisten, um möglichst schnell eine lokale Anästhesie des behandelten Areals hervorzurufen. Hintergrund dieser Thematik ist, dass mit der stetig wachsenden Anzahl minimalinvasiver chirurgischer Eingriffe auch der Bedarf an effizienten lokalanästhetischen Präparaten ansteigt. Als Alternative zu schmerzhaften Injektionen steht bisher in Deutschland für diese Indikation nur EMLA® Creme zur Verfügung, die mindestens 60 min vor dem Eingriff unter Okklusionsbedingungen appliziert werden muss. Bei der Suche nach neuen, effizienteren Vehikeln scheinen Mikroemulsionen aufgrund ihrer bereits beschriebenen Eigenschaften besonders geeignet zu sein. Um das zu untersuchen, sollen verschiedene Systeme entwickelt, verglichen und optimiert werden. Die abschließende Bewertung stützt sich vor allem auf die Ergebnisse der In-vitro-Liberationsversuche, der Penetrationsuntersuchungen an exzidierter Humanhaut sowie der klinischen Testung der lokalanästhetischen Wirksamkeit an Probanden.