1GRUNDLAGEN DER ßETRIEBSRATSARBEIT 1 Vorhang auf für den Betriebsrat Vorhang auf für den Betriebsrat Betriebsversammlungen professionell vorbereiten und lebendig gestalten Hand aufs Herz: Führt Ihr Betriebsrat die gesetzlich vorgeschriebenen vier Betriebsversammlungen pro Jahr wirklich durch? Was sind das für Veranstaltungen? Kommen die Kolleginnen und Kollegen gern und melden sich lebhaft zu Wort? Die Betriebsversammlung ist eine der wichtigsten Plattformen für die betriebliche Öffentlichkeitsarbeit: Vier Mal im Jahr gehört die Bühne des Unternehmens dem Betriebsrat. Im zweiten Teil unserer Serie »Strategische Öffentlichkeitsarbeit« zeigen wir, wie Sie frischen Wind in die Veranstaltung bringen und die Betriebsversammlung zum Höhepunkt des Quartals machen. Warum ist die Betriebsversammlung so wichtig? Zunächst einmal, weil die Durchführung von vier Versammlungen pro Jahr in § 43 Abs. 1 BetrVG gesetzlich vorgeschrieben ist. Das Gremium kann im Falle eines Falles richtig Ärger bekommen. Sogar der Arbeitgeber kann den Betriebsrat gemäß § 43 Abs. 3 BetrVG zur Durchführung der Betriebsversammlungen zwingen. Viel entscheidender ist, dass der Betriebsrat die Versammlungen braucht, um die Belegschaft zu informieren und hinter sich zu bringen . Erfolgreiche Betriebsratsarbeit setzt die Rückendeckung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter voraus. Wer sich allein auf die gesetzlichen Regelungen verlässt, kann nur einen Bruchteil dessen erreichen, was mithilfe einer engagierten Belegschaft möglich ist. Ziele und Strategien müssen miteinander entwickelt und zusammen durchgesetzt werden. Die Betriebsversammlung ist dafür das beste Podium. Sie können öffentlich machen, was in verschiedenen Bereichen des Unternehmens falsch läuft, und vielfachen Druck auf die Geschäftsführung ausüben. Gleichzeitig präsentiert sich der Betriebsrat als kompetentes Team und wirbt um die Gunst und das Vertrauen der Kolleginnen und Kollegen. weil Ihre Kollegen dann nur an eins denken: das Wochenende. Außerdem sollten Sie einen Zeitpunkt zu Beginn des Arbeitstages wählen, wenn alle noch ausgeruht sind. Im Sinne einer vertrauensvollen Zusammenarbeit können Sie den Termin mit der Geschäftsführung abstimmen - insbesondere dann, wenn Sie von dieser Seite eigene Beiträge erwarten. Steht der Termin fest, werden die möglichen Inhalte im Betriebsrat gemeinsam diskutiert. Überfrachten Sie die Veranstaltung nicht, sondern konzentrieren Sie sich auf aktuelle und zugkräftige Themen. Ute Dombrowski, Trainerin für Betriebsräte bei ver.di Bildung + Beratung, rät: »langweilen Sie die Kolleginnen nicht! Verkaufen Sie Ihre Erfolge als Betriebsrat, setzen Sie ausgewählte Schwerpunkte, erinnern Sie an Dauerbrenner-Themen und berichten Sie aus Ihrer Alltagsarbeit anhand von nachvollziehbaren Beispielen. « l:flldl Eine interessante Variante des betriebsrätlichen Tätigkeitsberichts könnte so aussehen: Alltagsarbeit: Sie erklären an einem anonymisierten Beispiel, warum es so wichtig ist, dass immer ein Betriebsrat bei Disziplinargesprächen mit Vorgesetzten dabei ist. Malen Sie in den schwärzesten Farben aus, was passieren kann, wenn man in so einer Situation allein dasteht. Erklären Sie genau, welche Rechte Arbeitnehmer haben, und wie der Betriebsrat im Notfall schnell zu erreichen ist. Schwerpunkt 1: Der Arbeitgeber möchte fle xible Pausen in der Logistik einführen - was ist davon zu halten? Dauerbrenner: Das Kantinenessen ist seit Monaten ungenießbar - wann wird die Geschäftsführung endlich tätig? Schwerpunkt 2 : Die Tarifverhandlungen stehen vor der Tür lassen Sie doch einmal Ihren Gewerkschaftssekretär zu Wort kommen! Erfolge verkaufen : Der BR hat durchgesetzt, dass der Arbeitgeber zusätzliche Parkplätze in der Nähe des Betriebsgeländes angemietet hat. Beschreiben Sie den Verlauf der Verhandlungen und genießen Sie den Applaus der Belegschaft. Gute Planung braucht Zeit Der Erfolg einer Betriebsversammlung hängt zu 80% von Ihrer Planung ab. Eine gute Vorarbeit schafft optimale Voraussetzungen und gibt den Beteiligten Sicherheit für den großen Auftritt vor der Belegschaft. Deshalb sollten Sie zirka sechs Wochen vor der nächsten Veranstaltung mit den Vorbereitungen beginnen. Zunächst suchen Sie einen geeigneten Termin: Vermeiden Sie Schulferien und Fenstertage. Auch Freitage sind keine gute Wahl, 672 AiB 2011·Heft11 Auf keinen Fall sollten Sie den Tätigkeitsbericht zu einer Statistik-Vorlesung verkommen lassen. Kein Mensch will im Einzelnen wissen , wie oft der Betriebsrat in den vergangenen drei Monaten getagt hat oder wie viele personelle Einzelmaßnahmen bearbeitet wurden. Die Kolleginnen und Kollegen gehen zu Recht davon aus, dass Sie Ihre Aufgaben ernst nehmen und ausfüllen. Was die Belegschaft interessiert, sind greifbare Erfolge, die Benen- 1GRUNDLAGEN DER ßETRIEBSRATSARBEIT nung von Problemen und entsprechende Lösungsvorschläge. Stehen die Themen fest, bestimmen Sie gemeinsam, wer welche Beiträge präsentiert. Die Versuchung ist groß, die ganze Show dem oder der Betriebsratsvorsitzenden zu überlassen . Lassen Sie das. Nichts wirkt einschläfernder als ein einziger Redner, der sich durch zwei Stunden Programm quält. Jede Veranstaltung gewinnt, wenn das Publikum unterschiedliche Darsteller präsentiert bekommt. Allein der Wechsel der vortragenden Personen sorgt immer wieder für neue Aufmerksamkeit. Außerdem sollten alle Betriebsräte die Chance nutzen, sich vor der Belegschaft zu inszenieren - in spätestens vier Jahren ist (Wieder-)wahl! l11114{GAMl§•Q4i§MIAll§.t4.!i"i'@ili Die rechtlichen Grundlagen für die Durchführung von Betriebsversammlungen finden Sie im 4. Abschnitt des Betriebsverfassungsgesetzes in den Paragraphen § 42 bis§ 46: Der BR muss alle Vierteljahre eine Betriebsversammlung einberufen und einen Tätigkeitsbericht abgeben. Zusätzlich kann der BR pro Halbjahr eine weitere, außerordentliche Betriebsve rsammlung ansetzen. Sämtliche Mitarbeiter sind einzuladen auch Leiharbeitnehmer und z. B. Langzeitkranke. Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass wirklich alle Kollegen teilnehmen können. Ausnahmeregelungen greifen nur in zwingenden Fällen . Ein Umsatzausfall ist nicht zwingend im Sinne des Gesetzes! leitende Angestellte (haben Prokura, dürfen selbstständig Leute einstellen und entlassen) kann der Betriebsrat vo n der Teilnahme ausschließen . Der Arbeitgeber (oder sein Vertreter) darf bei allen ordentlichen Betriebsversammlungen anwesend sein und hat auch Rederecht. Er muss aber warten, bis ihm die Versammlungsleitung das Wort erteilt. Bei außerordentlichen Betriebsversam mlungen hat der Arbeitgeber kein Teilnahmerecht. 1 Einmal im Kalenderjahr muss der Arbeitgeber Bericht erstatten zu allen personellen und sozialen Entwicklungen im Betrieb und der wirtschaftlichen Lage der Firma . Die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften müssen ebenfalls eingeladen werden. Deren Teilnahm e darf vom Arbeitgeber in keinem Fall untersagt werden. Die Betriebsversammlung findet während der Arbeitszeit statt. Die Teilnahme (inklusive Wegezeiten) wird ganz normal bezahlt. Der Arbeitgeber muss geeignete Räumlichkeiten inklusive Ausstattung (Bestuhlung, Rednerpult, Mikrofon-Anlage etc .) zur Verfügung stellen . Hat er diese nicht, muss alles Notwendige angemietet und entsprechend § 40 BetrVG vo m Arbeitgeber bezahlt werden. Wenn es der Betriebsrat für zweckmäßig hält, kann er Sachverständige einladen . Die Kosten trägt wiederum der Betrieb. Der Betriebsrat hat wä hrend der Versammlung das Hausrecht. Er eröffnet und schließt die Versammlung und erteilt bzw. entzieht das Rederecht. Themen auf den Punkt bringen Jetzt geht es an die sorgfältige Ausarbeitung der Themenblöcke. Auch dafür hat Ute Dombrowski zusammen mit BAG v. 27.6.1989 - 1 AB R 28/88. 1 Vorhang auf für den Betriebsrat dem Team von ver.di Bildung + Beratung einen praktischen Leitfaden erarbeitet: »Jeder Beitrag sollte in fünf Abschnitte gegliedert werden: i. Worum geht es? 2. Wer ist davon betroffen? 3. Welche Auswirkungen sind zu erwarten? 4. Was meint der Betriebsrat dazu? 5. Konkrete Fragen zum Thema an den Arbeitgeber.« Spielen wir das einmal an einem Beispiel durch. - - - - Darum geht es: Die Betriebsleitung möchte im Fulfillment flexible Mittagspausen einführen. Das heißt: Die Kolleginnen und Kollegen gehen gruppenweise zum Essen, so dass die Abteilung immer besetzt bleibt und durchgehend gearbeitet wird. Betroffen sind alle Arbeiter im Versand. Lediglich die Schichtführer sind ausgenommen: Sie gehen weiter zusammen in die Kantine . Auswirkungen: Das Abteilungsklima verschlechtert sich, weil eine wichtige Gelegenheit zum Gespräch wegfällt. Außerdem sind in der Kantine einige Gerichte bereits aus, wenn die Letzten zum Essen kommen. Viele erhalten nur noch lauwarme Mahlzeiten. Der Betriebsrat betont, dass er in Sachen Arbeitszeit voll in der Mitbestimmung ist und eine einseitige Verschlechterung zu Ungunsten der einfachen Arbeiter grundsätzlich ablehnt. Außerdem bringt er die derzeit stockenden Verhandlungen zum Thema Prämienzahlung ins Spiel. Der anwesende Geschäftsführer soll begründen, warum die Abteilungsleiter ausgenommen sein sollen. Außerdem muss er erklären, was er sich von der neuen Regelung verspricht. Am Ende wird die Zusage höherer Prämien verlangt. Sie sehen: Wenn Sie ein Thema geschickt aufgliedern, entsteht von selbst ein überzeugender Redebeitrag, der selten länger als sieben oder acht Minuten dauert. Genau die richtige Länge für eine abwechslungsreiche Versammlung. Und obendrein eine Redezeit, die auch unerfahrene Betriebsratsmitglieder locker bewältigen können. Das Wichtigste soll ohnehin im Anschluss geschehen: Die offene Diskussion im Beisein der Geschäftsführung. Die Rede des Betriebsrats ist im Idealfall nur der Anstoß für vielfache Wortmeldungen und klare Stellungnahmen aus dem Kollegenkreis . Spätestens dann merkt der Geschäftsführer, dass er es nicht nur mit dem ständig quengelnden Betriebsrat zu tun hat, sondern mit seiner Maßnahme für Un ruhe im ganzen Betrieb sorgt. Wenn es sich bei einem Thema anbietet, nutzen Sie die Möglichkeit, Gastredner zu Ihrer Betriebsversammlung einzuladen. Das kann Ihr Gewerkschaftssekretär sein, genauso wie ein Pfarrer der Betriebsseelsorge oder Sachverständige (z. B. von der Rentenversicherung oder der Berufsgenossenschaft) . Die Kosten dafür trägt wie immer der Arbeitgeber (§ 40 BetrVG) . Wen Sie einladen, hängt von Ihrer Themenauswahl ab. Allgemein gilt: Mehr als zwei Gastredner/-innen sind zuviel des Guten . Die Betriebsversammlung ist schließlich Ihre Show! Aiß 2011·Heft11 673 1GRUNDLAGEN DER ßETRIEBSRATSARBEIT Rechtzeitig und richtig einladen Apropos Einladung: Spätestens zwei Wochen vor dem Termin sollten Sie den Arbeitgeber und die Gewerkschaftsvertreter schriftlich unter Mitteilung der Tagesordnung einladen. Wenn Sie gut vorbereitete Beiträge von Ihren Gästen hören möchten, laden Sie besser vier Wo chen vorher ein . Nutzen Sie die Gelegenheit und nehmen Sie Ihre Geschäftsführung in die Pflicht. Mindestens einmal im Jahr muss die Firmenleitung Rechenschaft vor der Belegschaft ablegen und zu den nachfolgenden Punkten Stellung nehmen . Rechenschaft über folgende Punkte - - die wirtschaftliche Entwicklung des Betriebs Personal- und Sozialwesen: dazu gehören z. B. geplante Fortbildungsmaßnahmen, die Anzahl der Azubis im neuen Lehrjahr sowie alle Planungen , die Mitarbeiter-Anzahl und -Bezahlung betreffen Stand der Gleichstellung von Frauen und Männern im Betrieb Maßnahmen zur Integration ausländische r Arbeitnehmer betrieblicher Umweltschutz So sagt es das Gesetz in§ 43 Abs . 2 BetrVG - und mit weniger sollten Sie sich nicht zufrieden geben! Am besten platzieren Sie den Rechenschaftsbericht der Geschäftsführung irgendwo in der Mitte der Tagesordnung. Die psychologisch wichtigen Momente am Anfang und Ende der Versammlung sollten dem Betriebsrat vorbehalten bleiben. Davon abgesehen haben Sie auf der Betriebsversammlung das Recht, zu jedem Themenpunkt eine Stellungnahme des Arbeitgebers einzufordern . Die Geschäftsführung muss Ihnen nicht jede Frage beantworten, aber eine öffentliche Verweigerung schwächt die Position der Führung vor der Belegschaft. Nutzen Sie die Situation ruhig aus, dafür ist die Betriebsversammlung ja da. Die meiste Arbeit sollten Sie in die Einladung Ihrer Kolleginnen und Kollegen investieren. Schmücken Sie die Themen der Tagesordnung ein bisschen aus und finden Sie knackige Überschriften für die einzelnen Punkte . Vorhang auf für den Betri ebsrat Merken Sie was? Die Betriebsversammlung ist keine Kuschelveranstaltung. Der Betriebsrat muss Zähne zeigen und vor versammelter Mannschaft beweisen, dass er durchsetzungsstark und mutig für deren Rechte eintritt. Das wird dem Arbeitgeber nicht gefallen, schließlich verschieben wir so die Machtverhältnisse zu seinen Ungunsten. Drohungen der Geschäftsführung, die Betriebsversammlungen künftig nicht mehr zu besuchen , können Sie getrost ignorieren . Auf Dauer kann sich das kein Arbeitgeber leisten. Ansonsten halten Sie ihm § 43 Abs. 2 BetrVG unter die Nase : Einmal im Jahr muss die Geschäftsführung antreten und Rapport erstatten. Wenn Sie Ihre Einladung fertig getextet haben, raus damit an die Kollegen. Nutzen Sie alle Kommunikations -Kanäle , die dem Betriebsrat zur Verfügung stehen: Kopieren Sie die Tagesordnung und hängen Sie das Plakat an die Bunten Bretter. informieren Sie - wenn möglich - zusätzlich per E-Mail. Veröffentlichen Sie die Tagesordnung in der Betriebszeitung und - soweit vorhanden - im Gewerkschaftsblog Ihrer Firma . Wenn die Themen besonders brisant sind, lassen Sie Flugblätter drucken , verteilen diese im Betrieb und laden zögerliche Kollegen persönlich ein. Betriebsversammlungen sind Massenveranstaltungen und vor einem vollen Haus spielt es sich allemal leichter. (littHl§fjißlldijlfüi@fj:fjlilj.i>fl§H"'lui!i!.A - Termin mit der Gesch äftsführung abgestimmt Gewe rksch aft informi ert Tagesordnung im Gremium besprochen Vers ammlungsraum festgelegt Tec hni sch e Voraussetzungen geklärt (Mikrofon e etc.) Abgesprochen , wer we lch e TOP vorträgt Einz eln e Them enbeiträge ausgea rbeitet Aktionen zu Schwerpunkt-Themen vorbe reitet Plakate, Handzettel, E-Mail etc. an Belegschaft verteilt Einladung mitTage sordnung an AG und Gewerkschaft Probe im Versammlungsraum Üb erprüfung Sitzordnung Techni k-Test (Computer, Lichter, Lautsprecher) Termin für Nachbe sprechung geplant 1: • • • Hier könnte das so aussehen : Vorsicht, bissiger Boss - so hilft der Betriebsrat bei sch w ierigen Gesprächen. Pausen im Lager durcharbeiten - die frechen Pläne der Chefs. Uns schmeckt's nicht - wer bringt dem Kantinenwirt das Kochen bei? Schluss mit der Benachteiligung - Bericht der Geschäftsführung zur Gleichstellung im Betrieb . Gewerkschaft fordert 5% mehr Lohn - Streik schon im November? Parken vorm Werkstor - Betriebsrat setzt 100 neue Parkplätze für Mitarbeiter durch. 67 4 AiB 201 1 · He ft11 Vorhang auf: Der BR auf der Bühne Nun ist er da, der große Tag. Sie und Ihre Kollegen haben alles bestmöglich vorbereitet (siehe Kasten) und dafür gesorgt, dass nichts mehr schief gehen kann . Wirklich? Dann haben Sie jetzt einen Raum zur Verfügung, der groß genug ist, um die gesamte Belegschaft komfortabel unterzubringen. Wenn in Ihrem Betrieb ein solcher Raum nicht vorhanden ist, muss der Arbeitgeber einen Saal oder eine Halle anmieten und für den kostenlosen Transport der Mitarbeiter zur Versammlungsstätte sorgen . Am Veranstaltungsort stehen ausreichend Stühle zur Verfügung, und Sie haben sich für eine wunschgemäße Aufstellung 1GRUNDLAGEN DER ßETRIEBSRATSARBEIT und Sitzordnung entschieden . Oft werden Versammlungen in der Kantine abgehalten. In diesem Fall lassen Sie unbedingt die Tische entfernen. Eine Betriebsversammlung ist kein Kaffeeklatsch , die Aufmerksamkeit der Zu hörer sollte ausschließlich Ihnen gehören . Privatgespräche sind jetzt nicht erwünscht und stören insbesondere unerfahrene Redner ganz empfindlich . Wenn Sie eine große Betriebsversammlung (ab 150 Teilnehm er) ausrichten, platzieren Sie am Kopfende des Saals eine leicht erhöhte Bühne . Darauf nimmt der gesamte Betriebsrat Platz, mit dem Gesicht zum Publikum. Das Gremium demonstriert so Geschlossenheit. Schräg davor bauen Sie das Rednerpult auf. So haben der oder die Vortragende immer die vertraute Gruppe im Rücken: Das stärkt die Selbstsicherheit und nimmt Nervosität beim Reden. Die Geschäftsfüh rung sitzt in der ersten Reihe und zwar mit dem Rücken zur Belegschaft. So machen Sie es dem Arbeitgeber schwerer, Kollegen mit Blicken oder Gesten ein zuschüch tern und befördern kritische Beiträge aus dem Publi kum . Wenn Ihr Arbeitgeber offensichtliche Einschüchterungsversuche unternimmt, weisen Sie ihn vor versammelter Mannschaft auf das Grundrecht zur freien Meinungsäußerung hin und diskutieren sie sein gesetzeswidriges Verhalten öffentlich . Drohen Sie notfalls mit Abbruch (und Vertagung) der Betriebsversammlung. Zu einer guten Vorbereitung gehört auch die angemessene technische Ausstattung. Ans Rednerpult gehört ein Mi krofon . Ein weiteres sollte für die anderen Betriebsratsmitglieder zur Verfügung stehen . Bei einer großen Versammlung brauchen Sie zusätzlich zwei oder drei kabellose Mikros für die Redebeiträge aus dem Publikum . Gei zen Sie nicht - zahlt alles der Arbeitgeber. Vor Beginn der Veranstaltung haben Sie kontrolliert, ob die Lautsprecheranlage funktioniert, Computer und alles weitere tech nische Gerät ausgiebig getestet. Dabei hatten Sie und ihre Betriebsrats kollegen die Möglichkeit zur Generalprobe . So gewöhnt man sich schon mal an den Raum und die ungewohnte Perspektive . Auch das schafft Selbstsicherheit für den großen Auftritt. So bringen Sie Zuhörer zum Sprechen Jetzt geht's los! Der oder die Betriebsratsvorsitzende eröffnet die Versammlung und erläutert kurz die Tagesordnung. Dann wechselt er in die Moderatorenrolle : Er kündigt die Themen an, stellt Rednerinnen und Redner vor. Am Ende jedes Beitrags klatscht er und gibt damit das Startsignal für den Beifall des Publikums . Nach jedem Themenblock fordert er die Belegschaft auf, Fragen zu stellen oder selbst Stellung zu beziehen . Ein geschickter Moderator hat sich dafür vorher einige starke Sätze überlegt, die zahlreiche Wortmeldungen provozieren . Will die Diskussion trotzdem nicht recht in Gang kommen, greifen andere BR-Mitglieder mit vorbereiteten Statements ein. Noch mehr Fahrt nimmt Ihre Betriebsversammlung auf, Vorh an g auf für den Betriebsrat wenn Schwerpunktthemen durch besondere Aktionen aufgepeppt werden. Das kann extrem einfach sein: Legen Sie z. B. vor Beginn der Versammlung rote Pappkarten auf alle Stühle. Dann fordern Sie die Belegschaft nach einem bestimmten Beitrag auf, der Geschäftsführung die Rote Karte zu zeigen . So holen Sie Ihre Zuhörer aus der passiven Rolle und bringen sie zum Reden. Keine besonders originelle Aktion , zugegeben - funktioniert aber sehr zuverlässig. (Und gibt au f jeden Fall ein gutes Foto her, das man später in der Betriebszeitung oder einer Pressemitteilung verbraten kann.) Ihrer Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. - - - Entlass un ge n stehen bevor: Sie we rfen Bälle ins Publi kum und bitten alle, die ein en Ball gefangen haben , anschli eße nd nach vorn e. Dort ve rabsc hieden Sie si ch von diesen Mita rbeite rn mit den Worten »Tut mir Leid , Sie si nd t rotz steigen de r Gewi nne aus bet rieblichen Gründen entlasse n! « Di e Gesc häftsfüh ru ng will Tasc hen kontroll en einführen: Zwei Kollege n spielen ein en kurzen Sketch vor und zei gen , wie t ief so lche Durchsuchun ge n in di e Priva tsphäre von Mitarb eitern eingreifen. Oder Sie ve rteilen Papiertüten an die Belegschaft, die diese auf ein Signal hin aufblase n und ze itgleich platzen lassen: »Herr Gesc häftsführer, wir sind der Meinung, es reic ht. Hören Sie au f mit den ewige n Zumutungen, sonst ... knallt's! « Sehen Si e, wie es Ihren Vo rstand au s dem Sit z hebt? Spaß beiseite : Solche Aktionen sorgen nicht nur für Aufloc kerung und unterstreichen Ihr Anliegen . Viel wesentlicher ist, dass Sie Ihre Kollegen zum Handeln bringen. Durch solche symbolischen Akte werden Betroffene zu Beteiligten. Das wirkt wie ein Aufputschmittel für die anschließende Diskussion. Hoffentlich haben Sie genügend Publikums-Mikrofone parat Nach der Versammlung ist vor der Versammlung Um Sie auf dem Weg zu ein er effektiven und wirkungsmächtigen Öffentli chkeitsarbeit zu unterstützen, stellt AiB in lockerer Folge die wichtigsten Kommuni ka tionsmittel vor und gibt handfeste, praktisc he Tip ps zur Um setzung: •Tu e Gutes und rede darüber - Warum stra tegische Öffentli chkeitsa rb eit fü r Betriebsräte so wichtig ist (AiB 20 11, Heft 8-9, Seite 508 ff.) • Vo rhang auf für den Betriebsrat - Betriebsve rsa mmlun ge n professionell vorbe reiten un d le bendig gesta lten (diese Au sgabe). Geplante Th emen: • Besser als BILD: die Betriebszeitung • Das Sch warze Brett bunt mac hen • Facebook & Co.: Neue Medien effekti v nutze n • Es mu ss nicht imm er Streik se in : Id een für öffentlichkeitswirksa me Aktionen . Wenn Sie und Ihre Betriebsratskollegen die Veranstaltung glücklich über die Bühne gebracht haben, nehmen Sie AiB 2011· Heft 11 675 1G RUNDLAGEN DER ßETRIEBSRATSARBEIT sich eine halbe Stunde Zeit für den ersten Austausch Ihrer Einschätzungen. Geben Sie sich gegenseitig Rückmeldung: Sparen Sie nicht mit Lob, und trösten Sie die Kolleginnen und Kollegen, be i denen es diesmal nicht so gut gelaufen ist. Die ausführliche Nachbereitung gehört als TOP in die nächste Betriebsratssitzung. Hier sollten Sie mögliche Fehler in der Planung und Durchführung offen ansprechen und Verbesserungsvorschläge erarbeiten. Falls die Belegschaft beim ersten Mal nicht so richtig mitgezogen hat, bleiben Sie zuversichtlich : Erfahrungsgem äß brauchen die Kolleginnen und Kollegen immer etwas Zeit, bis sie si ch an die neue Art der Durchführung gewöhnt haben. Deshalb besprechen Sie jetzt auch gleich den Termin für die kommende Betriebsversammlung. Sie wissen ja: viermal im Jahr ist Pfli cht. Machen Sie eine Kür daraus! Datensc hutz im Betri ebli chen Eingli ede rungsm anagement Fazit Betriebsversammlungen sind das ideale Podium , um Ein satz und Erfolg der Inte ressenvertretung zu präsentieren. Der Betriebsrat holt sich hier die Rückendeckung der Belegschaft, um ehrgei zige Ziele durch zusetzen. Ob eine Betrie bsversammlung funktioniert, hängt zu 80% von einer sorgfältigen Vorbere itung ab. TIMM BossMANN ist Spezialist für strategische Kom - munikation und Mitgli ed im Betriebsrat der Verlagsgruppe Weltbild. Homepage : www.textarbeiter.com Kontakt: textarbeiter@web .de . Datenschutz im BetriebUchen Eingliederungsmanagement Ein Beispiel aus dem Projekt »Neue Wege im BEM« Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) hat die Wiederherstellung, den Erhalt und die Förderung der Arbeitsfähigkeit zum Ziel. Um dieses zu erreichen, müssen individuell Maßnahmen abgeleitet werden, wofür personenbezogene und damit sensible Daten notwendig sind. Deshalb muss, bevor solche personenbezogenen Daten erhoben, gespeichert und verarbeitet werden, die Frage nach dem Datenschutz gestellt werden.' Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) als maßgebliches Gesetzeswerk beinhaltet Regelungen für die Erhebung, Verarbeitung und Speicherung von personenbezogenen Daten und schützt damit das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. 2 Es ist auch Aufgabe des Betriebes, diese informationelle Selbstbestimmung durch die Berücksichtigung des BDSG zu gewährleisten . Um allen betrieblichen Akteuren Hilfestellung zu geben, wie mit personenbezogenen Daten umzugehen ist, empfiehlt es sich , genau anzuschauen, für welche Ziele welche Daten notwendig sind . Um Klarheit und Sicherheit für die Vorgehensweise zu gewinnen und eine einwandfreie Handhabung zu gewährleisten , sind einzelne Handlungen da tenschutzrechtlich zu bewerten . Eine solche detaillierte Aufschlüsselung führt letztlich auch zu mehr Transparenz und Vertrauen. Im Folgenden werden daten schutzrechtliche Fragen im Kontext des BEMs diskutiert. 676 Aiß 2011 ·H eft11 Hierfür werden auch Ergebnisse aus dem Projekt »Neue Wege im Betrieblichen Eingliederungsmanagement«3 vorgestellt. Datenschutz als Voraussetzung für das BEM »Datens chutz ist Persönlich keitsschutz« titelt Ulrich Fa ber4 und weist darauf hin , dass ein wirksamer Datenschutz eine wichtige Grundvoraussetzung für das BEM ist, um insbesondere den betrieblichen Umgang mit sensiblen Daten zu regeln, aber auch diesen Prozess nach außen transparent zu machen. Das BEM ist seit dem i.5.2004 im § 84 Abs . 2 SGB IX gesetzlich verankert. Seitdem sind alle Arbeitgeber zu einem BEM verpflichtet, wenn Beschäftigte länger als sechs Wochen innerhalb ei1 2 3 4 Mehr dazu : Giesert, M. (Hrsg.) : Arbeitsfäh ig in die Zukunft - Willkommen im Haus der Arbeitsfähigkeit ! VSA, Hamburg 2011. Schian, Marcus & Faber, Ulrich: Rech tli che und organ isatorisc he Aspekte des Datenschutzes im Betriebl ichen Eingliederungsmanagement. In: Di skussio nsforu m Teilhabe und Prävention. Forum B: Schwerbehindertenrecht und betriebli ches Gesund heitsmanagement. Diskuss ionsbeitrag Nr. 3/2008. Se it April 2010 wi rd das Projekt: Neue Wege im BEM für die gesamte Laufzeit bis März 2013 finanziel l unterstützt durch das Bundesministe ri um fü r Arbeit und Soz iales un d dem Ausgleic hsfo nds nac h §?8 Soz ialgesetz bu ch IX in Verbin dun g mit §41 Sc hwerbehi nde rte n-Ausgleichsabga bevero rdnun g. Nähere In formationen zum Projekt finden Sie im Internet mit dem Li nk www.n eue-wegeim-bem.de. Fabe r, Ulrich (2011): BEM und sens ible Gesundhe itsdaten: Datenschutz ist Persönlichke itsschutz und hat höchste Prio rität. gute Arbeit. Gesundhe itsschutz und Arbeitsgestaltung 3/ 2011, 23. Jg., Frankfurt am Main, S. 21-23.