Wirtschaft SE IT E 10 · D O N N E R S TAG , 2 0 . F E B RUA R 2 0 1 4 · NR . 43 F R A N K F U RT E R A L LG E M E I N E Z E I T U N G Wirtschaft kämpft für Steuerselbstanzeige Deutschland erwägt, strafbefreiende Selbstanzeigen für Steuerhinterzieher zu erschweren. Das passt der Wirtschaft nicht. Griechenland geht jetzt den umgekehrten Weg. mas./tp. BERLIN/ROM, 19. Februar. Acht Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft befürchten, dass die geplante Verschärfung der strafbefreienden Selbstanzeige zu einer massenhaften Kriminalisierung üblicher Änderungen führt. „Wegen der hohen Komplexität des Steuerrechts, der kurzen Anmeldefristen, häufig vorgenommener kurzfristiger Rechtsänderungen durch Gesetzgeber und Rechtsprechung sowie sich laufend ändernder Verwaltungsauffassungen lassen sich nachträgliche Korrekturen von Steuererklärungen und Steueranmeldungen im Unternehmensbereich auch bei größter Sorgfalt nicht völlig vermeiden“, heißt es warnend in einem gemeinsamen Brief an die Finanzstaatssekretäre von Bund und Ländern. Diese werden am 6. März über die Reform beraten. Ihre Empfehlung soll Grundlage der Beratung der Finanzminister Ende März werden. Die Korrektur solcher Fehler müsse sanktionsfrei möglich sein, mahnen die Wirtschaftsverbände. Sie dringen darauf, die Voranmeldung etwa zur Umsatzsteuer und Lohnsteuer anders zu behandeln als eine unvollständige Einkommensteuererklärung. Aktuell ringen Bund und Länder um eine Verschärfung des geltenden Rechts. Befeuert wird die Diskussion durch die wachsende Zahl von Selbstanzeigen infolge aktueller Fälle prominenter Steuersünder. So haben die Selbstanzeigen der Frauenrechtlerin Alice Schwarzer und die Verurteilung des ehemaligen „Zeit“-Herausge- Arbeit im Verborgenen: Steuerfahnder bers Theo Sommer für Schlagzeilen gesorgt. Als vor einem Jahr der Fall des FCBayern-Präsidenten Uli Hoeneß bekannt wurde, haben die Finanzminister eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Sie hat sich zwar grundsätzlich für eine Beibehaltung der Selbstanzeige ausgesprochen, aber zugleich Ansatzpunkte für eine Verschärfung herausgearbeitet. Die Wirtschaftsvertreter stufen diese Vorschläge aus Unternehmenssicht als problematisch ein. Damit werde zum einen die strafbefreiende Selbstanzeige ausgehöhlt. Zum anderen sehe man die Gefahr, dass es für Unternehmen noch schwieriger werden könnte, Steuererklä- Foto dpa rungen zu korrigieren, ohne in das Fadenkreuz der Strafverfolgungsbehörden zu geraten. „Wir sehen mit Sorge, dass die strafbefreiende Selbstanzeige in Teilen so erschwert werden soll, dass sie Gefahr läuft, in der Praxis kaum noch angewendet zu werden“, sagte Matthias Lefarth, Steuerabteilungsleiter beim Zentralverband des deutschen Handwerks. Insbesondere dringt die Wirtschaft darauf, dass Voranmeldungen mehrfach korrigiert werden können. In diesem Punkt haben sich die Vertreter der Finanzminister schon auf die Unternehmen zubewegt. Sie erwägen, eine eigenständige Regelung für die Umsatzsteuervoranmeldung und Lohn- steueranmeldung zu schaffen. „Die dazu von der Facharbeitsgruppe unterbreiteten Lösungsvorschläge gehen in die richtige Richtung“, meinte Lefarth. Doch brauche man hier noch einige Klarstellungen und Ergänzungen. Der Präsident des Deutschen Steuerberaterverbands, Harald Elster, lobte diesen Vorschlag der Arbeitsgruppe: „Es ist höchste Eisenbahn, dass für diesen Bereich eine gesetzliche Ausnahme geschaffen wird“, sagte er dieser Zeitung. Derzeit müssten Unternehmer latent ein Steuerstrafverfahren fürchten, weil den eng getakteten Voranmeldungen unzählige Geschäftsvorfälle zugrunde lägen. Bei der Korrektur versehentlicher Fehler sei es unklar, ob es sich um eine einfache Berichtigung oder eine Selbstanzeige handele. Deutschland ist mit dem Angebot an Steuersünder, sich nachträglich steuerehrlich zu machen, keine Ausnahme unter den Industrieländern. Eine Selbstanzeige mit strafbefreiender oder strafmildernder Wirkung gibt es auch in Frankreich, Großbritannien, der Schweiz und Österreich. Auch andere Länder, die das nicht kennen, haben wiederholt zu einer Amnestie gegriffen, um eine Brücke in die Steuerehrlichkeit zu schlagen. Der griechische Justizminister Charalambos Athanasiou kündigte derweil an, er wolle im Parlament einen Entwurf vorlegen, der reuigen Sündern Strafmilderung verspricht. Bisher können Untreue und Korruption zu Lasten des griechischen Staates mit lebenslanger Haft geahndet werden. Nun plant der Justizminister für reuige Sünder Strafmilderung, zum Teil eine nur auf Bewährung ausgesetzte Bestrafung. Das Gesetzesvorhaben soll sich nicht nur mit Steuersündern befassen, sondern auch mit Korruption und unterschlagenen öffentlichen Geldern. Vor wenigen Tagen sorgte die Nachricht für Aufsehen, dass ein namentlich nicht genannter griechischer Geschäftsmann für Steuerhinterziehung von 11,9 Millionen Euro zu einer Gefängnisstrafe von sechseinhalb Jahren verurteilt worden war. In Griechenland wird das Volumen der hinterzogenen Steuergelder auf rund 40 Milliarden Euro geschätzt, gegenüber offiziellen Einnahmen von 53 Milliarden Euro. Gleichzeitig zum erleichterten Weg in Richtung Steuerehrlichkeit versucht die griechische Regierung, mit umfassenden Datensammlungen die Möglichkeiten der Steuerhinterziehung einzuschränken. Für 2013 wird bereits versucht, alle Informationen über Ausgaben der griechischen Bürger in einer zentralen Datenbank zusammenzuführen, vom Schulgeld bis zur Kreditkartenzahlung. Der Anreiz, Nebenjobs zu verheimlichen, soll dadurch verringert werden, dass den Griechen bereits ein vorab ausgefülltes Steuerformular mit den aus dem Vorjahr bekannten Einnahmen zugestellt wird. Amerika bremst Deutsche Bank aus Notenbank verschärft Auflagen für Auslandsbanken / Amerikanische Banken fürchten „Vergeltung“ in der EU ham./hmk./nks. FRANKFURT/BRÜSSEL NEW YORK, 19. Februar. Die Notenbank der Vereinigten Staaten hat neue Auflagen für Auslandsbanken verabschiedet, die die Geschäfte der Deutschen Bank und bis zu 20 weiterer internationaler Großbanken erschweren und verteuern werden. Analysten beziffern die zusätzlichen Kosten allein für die Deutsche Bank auf 220 bis 650 Millionen Euro. Außerdem werde die Deutsche Bank 7 bis 8 Milliarden Euro mehr Eigenkapital in Amerika vorhalten müssen. Banker an der Wall Street hatten den seit mehr als einem Jahr diskutierten und am Dienstag von der Fed verabschiedeten Plänen schon einen Spitznamen verpasst. „Das heißt hier Anti-Deutsche-Bank-Regel“, sagte Frederick Cannon, Chef der Aktienanalyse bei der New Yorker Investmentbank Keefe, Bruyette & Woods, kürzlich vor Journalisten. Der Grund: Die Deutsche Bank spielt unter den europäischen Banken mit die größte Rolle an der Wall Street. Ebenfalls stark betroffen dürften Institute wie die britische Barclays und die Schweizer UBS und Credit Suisse sowie die französische BNP Paribas sein. Die Deutsche Bank hielt sich am Mittwoch bedeckt zu den Folgen. Man werde den Regeln „vollständig entsprechen“. „Wir sind überzeugt, dass sich unser amerikanisches Geschäft weiter positiv entwickeln wird“, sagte ein Sprecher. Für die Bank sollen die Vereinigten Staaten, wo sie ein Viertel ihrer Erträge erwirtschaftet, ein Kernmarkt bleiben. Nach den jüngsten verfügbaren Zahlen hat sie 130 Milliarden Euro an Krediten, rund ein Drittel ihres gesamten Kreditvolumens, in Nordamerika vergeben. Das ist mehr als im Heimatmarkt Deutschland. 9900 Mitarbeiter der Deutschen Bank, rund zehn Prozent ihrer gesamten Belegschaft, arbeiten in Nord- und Südamerika, davon der überwiegende Teil in den Vereinigten Staaten. Die anderen deutschen Banken sind in Amerika dagegen deutlich kleiner. Die DZ Bank, das Spitzeninstitut der Volks- und Raiffeisenbanken, hat eine Filiale in New York mit 85 Mitarbeitern, die Landesbank Hessen-Thüringen beschäftigt 90 Mitarbeiter. Auch die Commerzbank hat in Amerika ein Geschäftsvolumen von weniger als 50 Milliarden Dollar. keinen vergleichbaren Anforderungen unterliegen“, sagte Kemmer. Eine Kapitalerhöhung wird bei der Deutschen Bank durch die verschärften Auflagen vermutlich nicht notwendig. Aber sie könnten bedeuten, dass die Bank schneller an ihre Wachstumsgrenzen stößt. Amerikanische Banken, die davon profitieren dürften, scheinen über die neuen Auflagen aber auch nicht glücklich zu sein. „Banken an der Wall Street rechnen mit Vergeltung durch die europäischen Behörden“, berichtete Analysechef Cannon von Keefe, Bruyette & Woods. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier hatte in der Vergangenheit schon Gegenmittel angekündigt. Am Mittwoch ließ er aber offen, ob er Vergeltungsmaßnahmen gegen die Amerikaner ergreifen wolle. Die EU-Kommission werde die neuen Regeln zunächst genau darauf untersuchen, inwieweit sie den internationalen Wettbewerb verzerrten, und zu gegebener Zeit reagieren, sagte die Sprecherin von Barnier. Es sei zwar positiv, dass die Federal Reserve die Regeln für die Auslandsbanken noch ein wenig entschärft habe. Die Fed hat den Auslandsbanken bis Juli 2016 ein Jahr mehr Zeit für die Befolgung der neuen Vorschriften gegeben. Zudem wurde die Schwelle der Bilanzsumme, ab der die Regeln gelten, angehoben. Die schon im vergangenen April angesprochenen Hauptkritikpunkte der Europäer hätten die Amerikaner aber ignoriert. So werde in den Regeln nicht berücksichtigt, welchen Auflagen und welcher Aufsicht ausländische Banken im eigenen Land unterworfen seien. Zudem verursache die Verpflichtung, eine Zwischenholding für das amerikanische Geschäft zu schaffen, zusätzliche Kosten. Und schließlich würden die Aufsichtsbehörden des Heimatlandes nicht eingebunden. Das widerspreche dem Ziel, die globale Aufsicht über Banken in der zuständigen Behörde des Heimatlandes zu konzentrieren. Außerdem ignorierten die Amerikaner die Absprache, in Fragen der Bankenaufsicht international eng zu kooperieren. Der für Regulierung zuständige Fed-Gouverneur Daniel Tarullo sieht das anders. „Der wichtigste Beitrag zum internationalen Finanzsystem, den wir leisten können, ist es, die Stabilität des amerikanischen Finanzsystems zu sichern.“ (Kommentar, Seite 16) Standpunkt: Béatrice Angrand und Markus Ingenlath Mindestlohn in Amerika kostet Arbeitsplätze pwe. WASHINGTON, 19. Februar. In den Vereinigten Staaten gewinnt der Streit um eine Erhöhung des Mindestlohnes an Lautstärke. Das unabhängige Budgetbüro des Kongresses, das oft als Schiedsrichter in politischen Streitfragen akzeptiert wird, hat berechnet, dass eine Erhöhung des Mindestlohns um fast 3 Dollar auf 10,10 Dollar je Stunde rund 500 000 Arbeitsplätze oder 0,3 Prozent der Beschäftigung kosten würde. Der Regierung passt dieses Ergebnis nicht. Sie hält dem Büro vor zu vernachlässigen, dass höhere Löhne die Arbeitszufriedenheit und damit die Produktivität steigerten. Der Vorsitzende des Rats der Wirtschaftsberater, Jason Furman, verwies auf Studien, denen zufolge ein höherer Mindestlohn keine Arbeitsplätze koste. Präsident Barack Obama hat eine Erhöhung des bundeseinheitlich gesetzten Mindestlohnes von derzeit 7,25 Dollar auf 10,10 Dollar je Stunde zu einem der Kernthemen vor der Kongresswahl im November gemacht. In 21 Staaten und in der Hauptstadt Washington liegt der regional gesetzte Mindestlohn höher als der Mindestlohn, der für alle Staaten verpflichtend ist. Die Republikaner warnen vor dem Verlust von Arbeitsplätzen. Die Ökonomen des Kongressbüros bedienen dabei beide Seiten des politischen Streits. Auf der einen Seite prognostizieren sie einen Verlust von 500 000 Stellen, der aber auch fast null oder eine Million betragen könne. Auf der anderen Seite würde eine Erhöhung des Mindestlohnes auf 10,10 Dollar die Einkommen von 16,7 Millionen Amerikanern steigern und rund 900 000 Menschen aus der Armut befreien. Die Folgen für das Staatsdefizit halten die Fachleute für gering und im Gesamtergebnis für unklar. Auf diese Bilanzsumme hat die Fed die Schwelle gelegt, von der an sie künftig von Tochtergesellschaften ausländischer Großbanken mehr Eigenkapital und mehr flüssige Mittel verlangt. Bislang genügte es, wenn die im Ausland sitzende Muttergesellschaft genügend Kapital nachweisen konnte, um mögliche Verluste abzufedern. Dazu müssen die Institute ihre Wertpapieraktivitäten zukünftig unter einer zwischengeschalteten Dachgesellschaft zusammenfassen. Die Fed will mit den Regeln vermeiden, dass ausländische Banken im Krisenfall von amerikanischen Steuerzahlern vor der Insolvenz bewahrt werden müssen. Während der Finanzkrise hatten Auslandsbanken, darunter die Deutsche Bank, in großem Stil auf Notkredite der Fed zurückgegriffen. Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des privaten deutschen Bankenverbandes, kritisierte den Zwang, eine Zwischenholding einzurichten und auf dieser Ebene zusätzliche Kapital- und Liquiditätsvorgaben erfüllen zu müssen. „Das ist ein deutlicher Wettbewerbsnachteil für europäische Banken, da ihre amerikanischen Wettbewerber in der Europäischen Union Europas Jugend braucht ein Recht auf Mobilität er als Schüler, Auszubildender, Student oder Berufsanfänger in der Europäischen Union mobil sein will, muss immer noch zahlreiche Hürden überwinden. Angesichts der in einigen EU-Staaten immens hohen Jugendarbeitslosigkeit müssen diese rasch eingerissen werden, damit die betroffene Generation noch die Chancen erhält, die sie verdient. Als starke Nachbarn müssen Deutschland und Frankreich dabei die treibenden Kräfte sein. Dem im vergangenen Jahr gegebenen Versprechen der EU-Staats- und -Regierungschefs, jedem arbeitslosen Jugendlichen unter 25 Jahren künftig binnen vier Monaten ein Angebot für einen Arbeits-, Ausbildungs- oder Praktikumsplatz zu unterbreiten, müssen schnell Taten folgen. Es geht darum, die Zusagen mit Leben zu erfüllen und konkrete Schritte zum Abbau von Hindernissen zu gehen. Für die Jugendgarantie sind im EUHaushalt 6 Milliarden Euro bis zum Jahr 2020 veranschlagt. Zusätzlich wurden Erasmus+, das neue EU-Programm für Bildung, Jugend und Sport, sowie eine europäische Ausbildungsallianz gestartet. Deutschland will zudem mit der Aktion „Job of my Life“ junge Arbeitslose aus anderen EU-Staaten anwerben, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Mit 140 Millionen Euro sollen unter anderem Sprachkurse finanziert werden. Die Initiativen sind begrüßenswert, doch lange nicht ausreichend. Das Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW) fordert daher, das EU-Grundrecht auf Freizügigkeit durch ein Recht auf Mobilität für alle jungen Menschen in Ausbildung oder am Berufsbeginn W fassbarer zu machen und dem bestehenden Recht auf Bildung an die Seite zu stellen. Die Nationalstaaten müssen so verpflichtet werden, Hürden abzubauen, um den Jugendlichen freie Bahn zu geben. Béatrice Angrand ist Generalsekretärin des Deutsch-Französischen Jugendwerks. Für Praktikanten schufen Deutschland und Frankreich im zurückliegenden Jahr einen gemeinsamen rechtlichen Status, den das Jugendwerk vorbereiten half und heute in seinem Austauschprogramm Praxes nutzt. Das erleichtert die berufliche Mobilität. Es verspricht zudem, junge Menschen im Anschluss an die Praktika in eine Anstellung zu bringen. Eine solche Initiative sollte auf die gesamte EU ausgeweitet werden. Es liegt an den Regierungen, aber auch an der Wirtschaft, sich mit dem Angebot solcher Möglichkeiten den Herausforderungen der Jugendarbeitslosigkeit zu stellen. Ein gutes Beispiel gibt der deutsch-französische Luft- und Raumfahrtkonzern EADS, der seit Januar je 50 Praktikanten in beiden Ländern beschäftigt – mit Perspektive auf anschließende Anstellung. Das Jugendwerk und seine Partner schlagen die jungen Menschen vor und begleiten Markus Ingenlath ist Generalsekretär des Deutsch-Französischen JuFotos Laurence Chaperon gendwerks. sie bei der interkulturellen Lernerfahrung. Die Anerkennung von Schul- und Ausbildungsabschlüssen sollte zwischen den EU-Mitgliedsländern ebenfalls selbstverständlich werden. Darüber hinaus müssen in den nationalen Bildungssystemen mehr Anreize gesetzt werden, über das obligatorische Englisch hinaus auch weitere europäische Sprachen zu lernen. Allzu oft werden Auslandsaufenthalte eher als vermeidbare Unterbrechungen der Schullaufbahn denn als wichtiger Bestandteil der Ausbildung gesehen. Das Mobilitätsrecht darf schließlich nicht nur jungen Menschen in Ausbildung oder Praktikanten vorbehalten blei- ben. Gerade für Berufseinsteiger ist es häufig hochkompliziert, sich in einem EU-Mitgliedstaat selbständig zu machen. Wenn aber Unternehmensgründungen eine Antwort auf die Beschäftigungskrise sein sollen, muss der Karrierestart im EU-Ausland signifikant vereinfacht werden. Auch hier helfen keine Sonntagsreden, sondern nur ein entschlossener Abbau von Hindernissen. Die größte Herausforderung im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit bleibt, sozial benachteiligte junge Menschen zu erreichen. Sie erwägen den Schritt ins EU-Ausland häufig schon deshalb nicht, weil Sozialleistungsansprüche wegfallen. Hier müssen im Ausland erworbene Kompetenzen anerkannt werden. Den Anreiz, sich etwa auf eine neue Sprache einzustellen, erhalten sie durch die Mobilitätserfahrungen von selbst – viele Beispiele aus acht Millionen jungen Menschen in 50 Jahren zeigen dies. Mobilitätserfahrung außerhalb des eigenen Landes als fester Bestandteil der Ausbildung war zu Zeiten der fahrenden Gesellen einst selbstverständlich in Europa. Heute gilt es, die Chancen dieser Mobilitätserfahrung neu zu beleben. Sie ist ein Schlüssel bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Die EU kann und muss jungen Menschen eine Perspektive geben, wenn sie das große Projekt der Einigung unseres Kontinents in Frieden und Freiheit weiter überzeugend vermitteln will. Das DFJW ist eine internationale Organisation im Dienst der deutsch-französischen Zusammenarbeit. Seit 1963 ermöglichte es acht Millionen jungen Deutschen und Franzosen die Teilnahme an rund 300 000 Austauschprogrammen. EZB-Urteil erst in zwei Jahren erwartet jja. BERLIN, 19. Februar. Die Rechtsvertreter des Bundestags rechnen damit, dass der Europäische Gerichtshof erst im Jahr 2016 über den Ankauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) entscheiden wird. Das verlautete aus einer nichtöffentlichen Sitzung des Rechtsausschusses vom Mittwoch. Das Bundesverfassungsgericht hatte mehr als 3000 Klagen ausgesetzt und bei den Luxemburger Richtern angefragt, ob sie die Ankündigung eines unbegrenzten Kaufs durch EZB-Präsident Mario Draghi für vereinbar mit dem Europarecht halten. Die Karlsruher Richter haben beim EuGH allerdings kein beschleunigtes Verfahren beantragt (F.A.Z. vom 13. Februar). Die drei Staatsrechtslehrer, die den Bundestag vor dem Verfassungsgericht vertreten, erwarten nicht, dass der EuGH von sich aus ein Eilverfahren ansetzen wird. Umso fraglicher ist damit aus ihrer Sicht, welche Folgen am Ende das Urteil aus Karlsruhe haben wird. Das Bundesverfassungsgericht hat dem EuGH in seiner Vorlage zu verstehen gegeben, dass es die Ankäufe für unzulässig hält und sich das letzte Wort darüber vorbehält. Zugleich machte es aber deutlich, dass es sich dem Votum der Luxemburger Kollegen beugen würde, wenn diese gewisse Grenzen für ein Ankaufprogramm markieren würden. Nach Ansicht der Prozessbevollmächtigten des Parlaments könnte das Karlsruher Gericht im Extremfall die Regierung zu Neuverhandlungen über die EU-Verträge zwingen, nicht aber der EZB Vorschriften machen. Gabriel legt Entwurf zur EEG-Reform vor ami. BERLIN, 19. Februar. Das Bundeswirtschaftsministerium hat den „Entwurf eines Gesetzes zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und zur Änderung weiterer Vorschriften des Energiewirtschaftsrechts“ fertiggestellt. Er soll nun unter den Ressorts abgestimmt werden, bevor das Kabinett ihn sich am 8. April als Gesetzentwurf zu eigen machen will. Allerdings sind besonders kontroverse Themen in dem dieser Zeitung vorliegenden 222 Seiten starken Papier weiterhin ausgeklammert: So fehlen Details für die geplante Belastung der Eigenstromerzeugung mit der EEG-Umlage ebenso wie das künftige Procedere zur Befreiung besonders stromintensiv produzierender Unternehmen von der Umlage. EU-Hausbank fördert mehr Firmen denn je wmu. BRÜSSEL, 19. Februar. Die Europäische Investitionsbank (EIB) lobt sich für ihren Beitrag zur Bewältigung der Krise. EIB-Präsident Werner Hoyer sagte am Mittwoch in Brüssel, die EU-Hausbank habe den Auftrag der EU-Staaten „voll erfüllt“, der mit der vor einem guten Jahr erfolgten Kapitalerhöhung um 10 Milliarden Euro einherging. 2013 stieg das Kreditvolumen der EIB-Gruppe, die aus der Bank und dem Europäischen Investitionsfonds besteht, im Vergleich zum Vorjahr um 37 Prozent auf etwa 75 Milliarden Euro. Die Steigerung gehe auf die zusätzlichen Aufgaben zurück, die der EIB in der Krise zugewachsen seien. Vorrang habe die Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen gehabt. Die restlichen Kredite entfielen auf die Förderung von Klimaschutzprojekten, die Forschungsund Innovationsförderung und Infrastrukturprojekte. Die EU-Staats- und -Regierungschefs hatten der EIB im Juni eine zentrale Rolle in der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit zugewiesen. Die Bank legte ein eigenes Programm von 6 Milliarden Euro auf. Sie hat diese Zielgröße schon im zweiten Halbjahr 2013 deutlich überschritten und Kredite von 9 Milliarden Euro vergeben. Weidmann zu mehr Liquiditätshilfe bereit ppl. FRANKFURT, 19. Februar. An den Finanzmärkten wird weiterhin über neue Liquiditätshilfen der Europäischen Zentralbank (EZB) spekuliert. Eine Möglichkeit wäre, dass die EZB darauf verzichtet, das Geld, das sie mit den Anleihekäufen von 2010 bis 2012 in den Markt gegeben hat – davon sind noch gut 175 Milliarden Euro übrig –, Woche für Woche wieder aus dem Markt herauszuziehen („absorbieren“). Bundesbank-Präsident Jens Weidmann zeigt sich relativ aufgeschlossen dafür. Die grundlegenden Problematiken des Staatsanleihekaufs der Zentralbank würden durch die Absorption ohnehin nicht geheilt. „Wenn ein Aussetzen dieser Geschäfte in der aktuellen Lage als hilfreich angesehen wird, um Schwankungen am Geldmarkt zu verhindern und die expansive Ausrichtung der Geldpolitik zu unterstreichen, wäre dies aus meiner Sicht mit wesentlich weniger Nebenwirkungen verbunden als viele der derzeit sonst diskutierten Maßnahmen“, sagte Weidmann dieser Zeitung.