Prof. Dr. Michael Kahlo Leipzig, den 29. November 2015 Vorlesung „Strafrecht I. Allgemeiner Teil des StGB 1“ (WS 2015/16) 5. Übungsfall: (in Anlehnung an LG Frankfurt a. M. Neue Juristische Wochenschrift [NJW] 2005, 692 ff.) Der Polizeibeamte P hat den V vorläufig festgenommen und auf das Polizeirevier verbracht, weil dieser im dringenden Verdacht steht, ein siebenjähriges Kind (K) entführt zu haben und in einem Erdloch seit Tagen versteckt gefangen zu halten, um von dessen wohlhabenden Eltern ein Lösegeld zu erpressen. Im Zuge der Vernehmung erklärt V, er habe das Kind tatsächlich entführt, denke aber nicht daran, dessen Versteck preiszugeben. Trotz wiederholter, eindringlicher Befragung bleibt V hartnäckig bei dieser Haltung, bis P „der Kragen platzt“ und er dem V ankündigt, wenn dieser ihm nicht sofort das Versteck verrate, in dem K zu verhungern und zu verdursten droht, werde er ihn „einer intensiven körperlichen Behandlung durch einen bärenstarken Polizeisportlehrer zuführen“, der wisse, was in solchen Fällen zu tun sei, ohne dass sichtbare Folgen zurückblieben. Daraufhin gibt V das Versteck preis, K wird befreit. Hat sich P strafbar gemacht? Fallabwandlung: Trotz Vorhalt der Umstände, die den dringenden Tatverdacht begründen, erklärt V, er habe das Kind nicht entführt und könne deshalb auch nicht dessen Versteck angeben.