Erziehungsstile Einführung Texte: „Das typologische Konzept nach Kurt Lewin u.a.“ (Hobmair, 2010, S. 123-124) „Das dimensionsorientierte Konzept nach Tausch/Tausch“ (Hobmai, 2010, S. 124-126) „Elterliche Erziehungsstile“ Sie kennen die zentralen Merkmale der verschiedenen Erziehungsziele und können diese auch wiedergeben. Sie kennen Unterschiede und Parallelen zwischen den einzelnen Erziehungsstilen. 2 Erziehungsstil Erziehungsstil = Verhaltensweisen eines Erziehers, die sich zu einer typischen erzieherischen Grundhaltung zusammenfassen lassen. Die Verhaltensweisen sind relativ konstant. Achtung: Erziehungsstile beschränken sich nicht nur auf Eltern-Kind-Interaktionen. Erziehungsstil beinhaltet auch Führungsstil (Bsp. Gruppenleitung) und Unterrichtsstil (Bsp. LehrerSchüler-Interaktion). 3 Erziehungsstil In der Literatur finden sich ganz verschiedene Erziehungsstilmodelle. Grob lassen sich die verschiedenen Modelle wie folgt unterteilen: Typologische Konzepte Die Möglichkeiten des Erzieherverhaltens werden nach einem charakteristischen Merkmal gruppiert und zusammengefasst. Dimensionsorientierte Konzepte Erzieherverhaltensweisen werden hinsichtlich Richtung und Stärke gemessen. Typologisches Konzept B A Dimensionsorientiertes Konzept C 4 Erziehungsstil Typologische Konzepte: Typologisches Konzept nach Kurt Lewin Elterliche Erziehungsstile Dimensionsorientierte Konzepte: Dimensionsorientiertes Konzept nach Tausch/Tausch 5 Erziehungsstilkonzepte 1. Typologisches Konzept nach Kurt Lewin u.a. Kurt Lewin (1890-1947) war amerikanischer Psychologe deutscher Herkunft. Er gilt als der „Vater“ der Sozialpsychologie. 7 1. Typologisches Konzept nach Kurt Lewin u.a. Lewin verwendete bei seinen Untersuchungen insbesondere drei Führungsstil-Typen. autoritärer Führungsstil demokratischer Führungsstil Laissez-faire-Führungsstil 8 1. Typologisches Konzept nach Kurt Lewin u.a. Die Experimente Lewins: Ziel von Kurt Lewins Experimenten war es, die Auswirkungen der Führungsstile auf das Erleben und Verhalten der Kinder zu erforschen. Ablauf der Experimente Lewin unternahm seine Forschungen im nichtschulischen Bereich. Gruppen von 10- bis 12-jährigen Kindern trafen sich über einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten regelmässig einmal wöchentlich zu Bastel- und Werkarbeiten. Die Freizeitgruppen bestanden aus je fünf Mitgliedern, die im Hinblick auf Alter, Schulleistung, Intelligenz und andere Merkmale vergleichbar zusammengestellt waren. Jede Gruppe wurde von einem Erwachsenen geleitet, der während der Bastelarbeiten einen bestimmten Führungsstil (autoritär, demokratisch, laissez-faire) zu praktizieren hatte: 9 1. Typologisches Konzept nach Kurt Lewin u.a. Nach sechs Wochen wechselten die Leiter die Gruppe und führten in einer anderen Gruppe einen anderen Erziehungsstil durch. Am Ende des Experiments hatte jede Gruppe mindestens zwei Erwachsene mit unterschiedlichen Führungsstilen erlebt und jeder Gruppenleiter mindestens zwei Stile ausprobiert. Um zu vergleichbaren Ergebnissen zu gelangen, wurden für die einzelnen Führungsstile vorher exakte Pläne entwickelt, nach denen die Gruppenleiter vorgehen mussten. Die Tätigkeiten und das Verhalten des Leiters und der Kinder wurden von Beobachtern in genauen Beobachtungsplänen protokolliert (im Minutenabstand), ebenso alle Gespräche. 10 1. Typologisches Konzept nach Kurt Lewin u.a. Befunde: Die erbrachte Arbeitsleistung schwankte stark von Gruppe zu Gruppe. Am unproduktivsten verhielt sich die mit dem Laissez-faire-Stil geführte Gruppe. Autoritär und demokratisch geleitete Gruppen boten etwa die gleiche Leistung. Die Qualität der erbrachten Arbeit war allerdings in den demokratisch geführten Gruppen höher. 11 1. Typologisches Konzept nach Kurt Lewin u.a. Auswirkungen des autoritären Führungsstils auf das Erleben und Verhalten sowie die Leistungsbereitschaft der Kinder: Die autoritär geführten Gruppen zeigten eine verminderte Vielfalt an Äusserungen und Verhaltensweisen. Teilweise wurden aggressive Tendenzen beobachtet, sofern sie nicht vom Leiter unterbunden wurden. Die Aggression war hauptsächlich gegen Gruppenmitglieder, seltener auch gegen den Leiter gerichtet. Unterdrückte Feindseligkeiten richteten sich zum 12 Teil gegen schwächere Gruppenmitglieder. 1. Typologisches Konzept nach Kurt Lewin u.a. Spontanität und Kreativität der Gruppe waren eingeschränkt, gearbeitet wurde nur auf Anregung des Leiters. Wörter wie „ich“, „mein“ „mir“ und „mich“ dominierten vor „unser“ oder „wir“ (82 % des Sprachverhaltens war egozentrischer Natur). Die Kinder waren auf den Leiter fixiert. War der Leiter nicht anwesend oder kam zu spät, dann nahm die Arbeitsaktivität erheblich ab oder wurde nicht aufgenommen. 13 1. Typologisches Konzept nach Kurt Lewin u.a. Auswirkungen des demokratischen Führungsstils auf das Erleben und Verhalten sowie die Leistungsbereitschaft der Kinder: Die demokratisch geführten Gruppen zeigten ein höheres Mass an kreativen Verhaltensweisen und konstruktiven Arbeitsprodukten. Die Atmosphäre war entspannter und die Kinder zufriedener Feindseligkeiten waren seltener, einzelne Gruppenmitglieder wurden nicht zu Sündenböcken abgestempelt. Es bildeten sich stabile Untergruppen, deren Arbeitsergebnisse weitgehend optimal waren. Die Gruppen arbeiteten auch dann, wenn der Leiter den Raum verliess oder zu spät kam. Schwierigkeiten wurden von der Gruppe gemeinsam bewältigt, es wurde nicht versucht, ein einzelnes Kind dafür verantwortlich zu machen. 14 1. Typologisches Konzept nach Kurt Lewin u.a. Auswirkungen des Laissez-faire-Führungsstils auf das Erleben und Verhalten sowie die Leistungsbereitschaft der Kinder: Die nach dem Laissez-faire-Stil geführten Gruppen zeigten oft ein planloses und wenig zielstrebiges Verhalten. Häufig wurden Vorschläge unterbreitet, die aber mangels einer ausreichenden Mehrheit nicht verwirklicht wurden. Entsprechend oft machte sich in der Gruppe Enttäuschung oder Gereiztheit breit. Die daraus entstehenden Aggressionen entluden sich auf andere Gruppenmitglieder. Die Beziehungen der Gruppenmitglieder entwickelten sich nur locker und waren in der Regel instabil. Wenn der Leiter, mit dem man oft unzufrieden war, den Raum verliess oder zu spät kam, wurde die Gruppe meist von einem Gruppenmitglied geleitet. Dabei konnte sogar ein Ansteigen der Arbeitsaktivität beobachtet werden. 15 2. Dimensionsorientiertes Konzept nach Tausch/Tausch Prof. Dr. Anne-Marie Tausch (geb. 1925) und Prof. Dr. Reinhard Tausch (geb. 1921) waren am Psychologischen Institut der Universitär Hamburg tätig. Bekannt wurden sie zum einen durch die Verbreitung der Gesprächspsychotherapie im deutschen Sprachraum und zum anderen mit ihren Forschungen hinsichtlich des Erzieherverhaltens. 16 2. Dimensionsorientiertes Konzept nach Tausch/Tausch Tausch und Tausch entwickelten einen dimensionsorientierten Ansatz. Dimension (nach Tausch) = Zusammenfassung ähnlicher, einander entsprechender Haltungen, Verhaltens- und Handlungsweisen, die mit Hilfe von Skalen gemessen werden können. Die Haltungen, Verhaltens- und Handlungsweisen sind nicht unabhängig voneinander. 17 2. Dimensionsorientiertes Konzept nach Tausch/Tausch Die vier Dimensionen lauten: Achtung-Wärme-Rücksichtnahme vs. Missachtung-Kälte-Härte Vollständiges Verstehen vs. kein Verstehen Echtheit vs. Fassadenhaftigkeit Keine fördernden nicht dirigierende T. vs. viele fördernde nicht dirigierende T. Achtung: Diese vier Dimensionen sind nicht nur in der Erziehung, sondern in allen zwischenmenschlichen Beziehungen von Bedeutung. Jede dieser vier Dimensionen definierten sie durch Skalen, die von 1 bis 5 reichen, näher. 5 steht für eine deutlich positive Ausprägung 1 für eine deutlich negative Ausprägung 18 2. Dimensionsorientierte Konzept nach Tausch/Tausch 19 2. Dimensionsorientierte Konzept nach Tausch/Tausch Die empirischen Arbeiten des Ehepaares Tausch erlangten einen hohen Bekanntheits- und Verbreitungsgrad und haben der Erziehungsstilforschung im deutschsprachigen Raum wichtige Impulse gegeben. Insbesondere die Betonung der Wertschätzung (AchtungWärme-Rücksichtnahme) und des Verstehens hat in der Pädagogik den Blick wieder intensiv auf die Beziehung zwischen Erzieher und zu Erziehendem richten lassen. Trotzdem haben die Untersuchungen wegen methodischen Nachteilen nur begrenzte Aussagefähigkeit. Der bedeutendste Mangel ist die weitgehende Reduktion des methodischen Vorgehens auf die Beobachtung der sprachlichen Äusserungen (weitgehend ohne Mimik und Gestik). 20 2. Bedeutung von positiven Beziehungen Wie gerade beschrieben, sind die Dimensionen nach Tausch und Tausch (insbesondere die Wertschätzung und das Verstehens) auch (bzw. besonderes) in Bezug auf die Beziehung zwischen Erzieher und zu Erziehendem von Bedeutung. Wie bereits mehrmals erwähnt, spielt die Beziehung zwischen dem Erzieher und dem zu Erziehenden eine bedeutsame Rolle im Erziehungsprozess. 21 2. Bedeutung von positiven Beziehungen Noch zur Ergänzung Carl Rogers (Begründer der personenzentrierten Theorie und der Gesprächspsychotherapie) spricht von einer bedingungslosen Wertschätzung. Die bedingungslose Wertschätzung besteht darin, dass Achtung, Wärme und Rücksichtnahme nicht mit Bedingungen bzw. Erwartungen, die der Erzieher hat, verknüpft werden oder davon abhängig gemacht werden dürfen. Eine an Bedingungen bzw. Erwartungen geknüpfte Wertschätzung betrachtet Rogers als wesentliche Ursache für seelische Störungen. 22 3. Elterliche Erziehungsstile Elterliche Erziehungsstile = Muster von elterlichen Einstellungen, Handlungsweisen und Ausdrucksformen, welches die Art der Interaktion zwischen Eltern und zu Erziehendem in einer Vielzahl von erzieherischen Situationen kennzeichnet. In der Literatur wir oft zwischen 4 elterlichen Erziehungsstilen unterschieden (Hobmair, 2009, Kompendium). Im ausgeteilten Text werden jedoch 5 genannt (Achtung: für die Maturaprüfung müssen Sie nur die vier fettgedruckten Stile kennen und beschreiben können) Autoritative Erziehung Autoritäre Erziehung (Permissive Erziehung) Nachgiebige Erziehung Vernachlässigende Erziehung 23 3. Elterliche Erziehungsstile Autoritative Erziehung 1. Anforderungen werden gestellt 2. Einhaltung von Regeln wird verlang 3. Regeln und Forderungen werden begründet und Erziehungsmassnahmen erklärt (=>Handlungskontrolle) 4. Akzeptieren der Kinder als ernstzunehmende Gesprächspartner (sich den Kindern öffnen und an ihnen interessiert sein) 5. Ermutigen der Kinder zur Autonomie und zum Suchen nach einem eigenen Standpunkten innerhalb der geforderten Regeleinhaltung Autoritäre Erziehung 1. Einhaltung von Regeln (ohne Wenn und Aber) wird verlangt 2. Die Befolgung von Regeln und Normen und die Achtung der Autorität des Erziehers werden als ein eigenständiger Wert gesehen (=> psychologische Kontrolle) 3. Es besteht eine Neigung dazu, massiv und physisch zu strafen 4. Geringes Interesse an den Handlungsmotiven und Absichten der Kinder 5. Klima kalt und feindselig 24 3. Elterliche Erziehungsstile Nachgiebige Erziehung 1. Tolerante und warmherzige Erziehung (den Kindern zugewandt) 2. Es wird wenig Lenkung und Strukturierung vorgegeben (wenig Forderungen an das Kind) 3. Das Kind kann sein Verhalten weitgehend selbst steuern Vernachlässigende Erziehung 1. Erzieher ist in jeder Hinsicht unbeteiligt (aus „dem Geschäft der Erziehung“ zurückgezogen) 2. Erzieher ist Emotional dem Kind nicht zugewandt 3. Es besteht kein Interesse, das Verhalten des Kindes zu bewerten und zu lenken 25 3. Elterliche Erziehungsstile Der autoritative Erziehungsstil ist den anderen Stilen überlegen. Er bringt folgende Vorteile für den zu Erziehenden: grosse Fortschritte in der psychosozialen Reife Bereitschaft zu prosozialem Verhalten interne Kontrollüberzeugung wenig nach aussen gerichtete Verhaltensprobleme wenig nach innen gerichtete Verhaltensprobleme sowie wenig Drogenprobleme Die negativsten Auswirkungen auf die Kinder zeigt der vernachlässigende Erziehungsstil. Kinder die so erzogen wurden, schnitten in allen Merkmalsbereichen am schlechtesten ab. Zudem zeigten Sie: Häufiges Auftreten von sozial abweichendem Verhalten sowie Störungen im emotionalen Bereich. 26 3. Elterliche Erziehungsstile Der autoritäre Erziehungsstils sowie der nachgiebigen Erziehungsstil haben Stärken aber eben auch einige Schwächen. autoritärer Erziehungsstil: wenig nach aussen gerichtete Verhaltensprobleme wenig Drogen- und Alkoholmissbrauch gute Schüler geringes Selbstvertrauen Unterschätzung ihrer eigenen schulischen und sozialen Möglichkeiten 27 3. Elterliche Erziehungsstile Nachgiebigen Erziehungsstil: relativ desinteressiert an der Schule (schlechteren Schulleistungen) Disziplinprobleme in der Schule neigen eher als die autoritativ und autoritär erzogenen Altersgenossen zu Drogen- und Alkoholmissbrauch unterscheiden sich von den autoritativ und autoritär erzogenen Kindern nicht, was die Resistenz gegen schwerere Formen von Straffälligkeit angeht Haben eine grosse soziale Kompetenzen sowie ein hohes Mass an gerechtfertigtem Selbstvertrauen in ihre sozialen Fähigkeiten 28 Erziehungsstile Ein Punkt darf bei der Betrachtung von Erziehungsstilen nicht übersehen werden: Erziehung ist kein simples Ursache-Wirkungs-Prinzip. Ein Kind ist kein Drei-Gang-Menü, bei dem man sich einfach an ein Rezept halten muss und dann kommt es schon richtig heraus. Und ein Erzieher ist kein Roboter, der strikt nach Plan handeln kann. Erziehung kann immer nur aus der Verflochtenheit der an der Erziehung beteiligten Personen mit der sie umgebenden Umwelt verstanden werden. Derselbe Erziehungsstil führt bei unterschiedlichen Kindern zu unterschiedlichen Ergebnissen. Unterschiedliche Kinder lassen einen Erzieher auch unterschiedlich reagieren. 29 Erziehungsstile Trotzdem kann die Erziehungsstilforschung wichtige Inputs für eine positive Erziehung liefern. 30 Lernen Lernfähig/Lernbedürftig Mensch = unspezifisch Beziehung/Bindung Beziehungsfähig/Beziehungsbedürftig Erziehung Erziehungsfähig/Erziehungsbedürftig Kommunikation Erziehender Zu Erziehender Psychologie Anlage & Umwelt Erziehungsstil Erziehungsziele Der Drang zu lernen und sich zu binden 31 Exkurs: humanistische Psychologie Exkurs: humanistische Psychologie Von wem ist die humanistische Psychologie beeinflusst? Von der Individualpsychologie Alfred Adlers und der Ganzheits- bzw. Gestaltpsychologie 33 Exkurs: humanistische Psychologie Welches sind die Grundannahmen der humanistischen Psychologie? Die humanistische Psychologie ist keine einheitliche Richtung. Gemeinsame Grundannahmen: • Das Streben nach Autonomie: Jeder Mensch strebt nach Selbstbestimmung und Freiheit sowie nach Unabhängigkeit. • Das Streben nach Selbstverwirklichung: Jeder Mensch hat das Bedürfnis, seine eigenen Möglichkeiten zu verwirklichen und auszuschöpfen. • Der Mensch als ein aktives Wesen: Der Mensch wird als sich selbst steuerndes Wesen gesehen, der sein Verhalten bewusst steuern, beeinflussen und auch ändern kann. • Der Mensch als eine Ganzheit: Jeder Organismus ist eine in sich geschlossene Einheit, die unteilbar ist. Wird diese Einheit zerstört, so entstehen körperliche und seelische Probleme. • Die Ziel- und Sinnorientiertheit menschlichen Erlebens und Verhaltens: Alle Erlebens- und Verhaltensweisen des Menschen, alle Aktivitäten sind auf ein Ziel ausgerichtet sowie sinn- und zweckvoll; er besitzt eine gerichtete Orientierung, die einen Teil seiner Identität ausmacht. 34 Exkurs: humanistische Psychologie Wer sind die wichtigsten Vertreter der humanistischen Psychologie? Abraham H. Maslow Carl Rogers Charlotte Bühler Reinhard und Anne-Marie Tausch 35 Exkurs: humanistische Psychologie Mensch als Ganzheit stiftender Mechanismus Output (Reaktion) Input (Reiz) Mensch als Maschine Input (Reiz) Input (Reiz) Black-Box Output (Reaktion) Mensch Output als Computer (Reaktion) Output (Reaktion) Output (Reaktion) Output (Reaktion) Output (Reaktion) 36 Exkurs: humanistische Psychologie Mensch als neurobiologischer Prozess Output (Reaktion) Input (Reiz) Output (Reaktion) Output (Reaktion) 37 Exkurs: humanistische Psychologie Mensch als aktives sich entfaltendes Ganzes Output (Reaktion) Input (Reiz) Output (Reaktion) Output (Reaktion) 38 Autorität in der Erziehung Autorität Hobmaier (2010) versteht unter Autorität: Autorität = Innehaben von sozialer Macht und sozialem Einfluss über eine oder mehrere Personen Hobmaier (2010) unterscheidet in seinem Text klar zwischen sachlicher begründeter Autorität und willkürlicher Autorität. Wobei Begriff der sachlich begründeten Autorität der Autoritätsdefinition relativ nahe kommt. Sachlich begründete Autorität = lässt sich von den Forderungen der Sache und den Ordnungen des Zusammenlebens her begründen => verlangt einsichtigen Gehorsam. Willkürliche Autorität = beruht auf Zwang und Willkür => verlang blinden Gehorsam. 40 Autorität Hobmaier (2010) unterscheidet zudem zwischen autoritärer Erziehung und Autorität in der Erziehung: Autorität in der Erziehung: Jegliche Form von (gezielter) sozialer Einflussnahme in der Erziehung. Autoritäre Erziehung: Erziehung die Zwang, Drohung, Strafe, Gewalt beruht und auf «blinden Gehorsam» setzt. Autoritäre Erziehung ist laut Hobmaier (2010) also eine mögliche Art der Autoritätsausübung in der Erziehung. 41 Alexander S. Neill: Antiautoritäre Erziehung Hobmaier (2010) definiert antiautoritäre Erziehung wie folgt: Antiautoritäre Erziehung = Ablehnung von Unterdrückung, Zwang, Machtausübung und emotionaler Kälte. Sie ist gekennzeichnet durch ein hohes Mass an Wertschätzung und Verständnis sowie durch einen grösstmöglichen Raum an Freiheit für den zu Erziehenden. Antiautoritäre Erziehung bedeutet laut Hobmaier (2010) daher eben nicht, wie dies oft fälschlicherweise angenommen wird Ablehnung jeglicher Autorität und Disziplin sowie die Befürwortung grenzenloser Freiheit des Kindes. 42 Alexander S. Neill: Antiautoritäre Erziehung Grundsätzlich kann zwischen zwei Formen der antiautoritären Erziehung unterschieden (Hobmaier, 2010): Liberale Form: Basiert auf den Ideen von Alexander Sutherland Neill. Sein wichtigstes Erziehungsziel ist das Glück der Menschen. Seine Erziehung ist durch ein Höchstmass an Wertschätzung und grossen Freiraum (aber nicht Zügellosigkeit) gekennzeichnet. Sozialistische Form: Theoretisch gestützt war diese Form der Erziehung auf sozialistisches Gedankengut unter Bezugnahme auf Psychoanalytiker. Sie ist eine Konsequenz der Ideen der Studentenbewegung und der ersten Kommunen und wurde vor allem durch die Kinderladenbewegung bekannt. Ziel war eine radikale Veränderung der Gesellschaft. Eine solche Erziehung erforderte ein hohes Mass an Freizügigkeit und Zwanglosigkeit, vor allem auch auf sexuellem Gebiet. 43 Alexander S. Neill: Antiautoritäre Erziehung Für Alexander S. Neill ist der Begriff der Freiheit, wie auf der letzten Folie bereits erwähnt, ein, wenn nicht der zentrale Begriff. Neill diagnostizierte die Kinder seiner Zeit als unfrei, als geformt, abgerichtet, diszipliniert und gehemmt (Thesing, 2007). Laut dem von uns gehörten Radiobeitrag möchte Neill hingegen, dass die Kinder spielen können. Dass sie keinem Zwang unterliegen, sondern frei sind. Niell unterscheidet dabei klar zwischen Zügellosigkeit und Freiheit (Thesing, 2007). Unter Zügellosigkeit versteht er, wenn man seine Freiheit auf Kosten der andern durchsetzt (Radiobericht). Unter Freiheit versteht er hingegen, dass man tun kann was man will, solange man niemanden stört (Radiobericht). Auch Regeln sind für Alexander S. Neill in einer Gesellschaft wichtig. Jedoch nur, wenn diese von der gesamten Gruppe getragen werden. Abweichungen von den Regeln werden im Kollektiv gelöst (Radiobericht). Für Alexander S. Neill ist klar, dass sich auch das freie Kind in die Gesellschaft einfügen muss, wenn es erwachsen wird (Radiobericht). 44 Alexander S. Neill: Antiautoritäre Erziehung Neben dem Aspekt der Freiheit sind in Alexander S. Neills Erziehungskonzept auch noch andere Punkte von zentraler Bedeutung: Koedukation und Sexualität In Summerhill wuchsen Jungen und Mädchen gemeinsam auf und wurden gemeinsam unterrichtet. Jugendliche sollten zudem nach Neills Auffassung sexuelle Beziehungen als normal erleben und dabei durch die Erwachsenen unterstützt werden. Religion Religiöse Erziehung lehnte Neill ab. Religion bedeutete für ihn Furcht und Flucht vor dem Leben. Er glaubte, dass sie unrealistisches Denken fördere und viele Menschen zugrunde richtet. Die Schule Die Teilnahme am Unterricht war für Neill freiwillig. Er lehnte auch Bücherwissen ab. Er war der Meinung, dass Bücher das unwichtigste Lehrmittel sind. Für ihn mussten Kind natürlich lesen, schreiben und rechnen können. Darüber hinaus waren für ihn aber Werkzeuge, Sport, Theater, Ton, Farbe und Freiheit wichtiger. Selbstregulierung und Schulversammlung In den wöchentlichen Schulversammlungen am Samstag wurden Konflikte zwischen den verschiedenen Altersgruppen besprochen und Lösungen gesucht. Jeder Erwachsene und jedes Kind hatten eine Stimme. Die Stimme des Leiters hatte das gleiche Gewicht wie die eines siebenjährigen Jungen. 45 Alexander S. Neill: Antiautoritäre Erziehung Zum Thema Autorität und Alexander S. Neill steht in Hobmair (2010): Alexander Sutherland Neill war eine grosse pädagogische Autorität. Diese Autorität erlange er jedoch mit nichtautoritären Mitteln. 46