02-2017 FASSADE | FAÇADE – REPORT | 69 Das Spiel mit der Zeit Medienfassaden in Hamburg und Córdoba 1 Das Klischee, Medienfassaden seien übergrosse Bildschirme, hält sich. Aber es bleibt ein Klischee. FASSADE I FAÇADE zeigt anhand von zwei sehr unterschiedlichen Medienfassaden in Hamburg und Córdoba, wie gestalterisch hochwertig solche Medienfassaden sein können und wie es Architekten gelingt, die Gestaltung des öffentlichen Raums in ihrer Verantwortung zu behalten. Dass 2016 die Architekturbiennale in Venedig stattfand, wissen sicherlich mehr als 90 Prozent der Architekturschaffenden. Dass im selben Jahr die Media Architecture Biennale in Sydney stattfand, dürften wohl weniger wissen. Es ist kein Geheimnis, dass die meisten Architekten dem Thema «Medienarchitektur» bislang wenig Beachtung schenken. Noch! Die Verantwortung für die Gestaltung des öffentlichen Raums liegt aber bei den Architekten. Die Technologien, allen voran die LED-Technik, haben sich enorm weiterentwickelt und es entstehen immer mehr Fassaden mit solchen Technologien. Und nein! Die Rede ist nicht von XXL-Bildschirmen, hinter denen sich Räume aufreihen, sondern es handelt sich um komplexe Fassadensysteme mit hohem gestalterischem Anspruch. Zwei von ihnen – und sie könnten kaum unterschiedlicher sein – werden in diesem Beitrag vorgestellt: die Fassade des Klubhauses St. Pauli in Hamburg und die des Zentrums für zeitgenössische Kultur in Córdoba. Erstgenannte wurde im Rahmen der Media Architecture Biennale in Dipl.-Ing. Melanie Seifert freie Redaktorin und Autorin www.frauseifert.de 70 | REPORT – FASSADE | FAÇADE 02-2017 2 1 Die eigentliche Gebäudehaut des Klubhauses St. Pauli ist eine Aluminium-Glasfassade, die das Raster des Gebäudes und die unterschiedlichen Funktionen der jeweiligen Geschosse sinnfällig und funktional abbildet. 2 Die Idee der Medienfassade in Córdoba am Río Guadalquivir resultiert aus der inneren Gebäudestruktur, vor allem aus den wabenförmigen Grundrissen. 3 Sowohl bei Dunkelheit als auch bei Tageslicht spielen die dreidimensionale Pixel­ blöcke in der Fassade mit Licht und Schatten und werden dadurch zum (nachts digitalen) Informationsträger. 4 Mock-Up für die Fassade in Córdoba: Hier wurde u.a. geprüft, wie die seitlich integrierten LED-Lichtquellen in den Schüsseln reflektieren. 5 Von den Schüsseln gibt es in Córdoba etwa 25 Exemplare. Die Reflexionen verändern die gewünschte Anzeige. Sydney mit dem «media architecture award» in der Kategorie «money architecture» mit dem ersten Preis ausgezeichnet. Entworfen wurde eine Kombination aus Architektur und Medieninstallation, in der Bewegtbild – auch mit Videoanimationen – und Gebäudekubatur als gleichwertige Bestandteile verstanden werden. Ganz ähnliche gestalterische Ideen finden wir auch in Córdoba. Auch dieser Fassade liegt ein Entwurf mit einer Medienhaut zugrunde, die die Kubatur nicht grundlegend verändert. Die Fassade in Córdoba kann in eine Licht- und Medienanzeige verwandelt werden. Ein besonderes Feature ist das zugrundeliegende «Betriebssystem». Es ermöglicht den dort arbeitenden Künstlern, ohne Formatvorgaben und ohne Zwischenschritte jegliche Inhalte darauf darzustellen. Michael Longford, Co-Vorsitzender des Media Architecture Summit 2016 und Direktor des Sensoriums, eines digitalen Medienforschungszentrums an der York University, erläutert den Begriff «Medienfassade» in seinen Worten: «Von Medienarchitektur ist die Rede, wenn Architektur, Urbanismus und digitale Medien zusammenkommen, um unsere kollektive Identität zu gestalten. Diese Art von öffentlicher Kunst umfasst alles – von der Animation von Fassaden über digitale Technologien bis hin zu interaktiven Installationen, die die Öffentlichkeit zum Spielen einladen, und sie hat die Macht (...), Räume zu verwandeln.» Historie der Medienfassaden Heute lassen sich die Typologien der Medienfassaden in verschiedene Kategorien einordnen: Projektions- oder Rückprojektionsfassaden, Fensterrasteranimation, Displayfassaden, beleuchtete Fassaden, mechanische Fas- saden oder sogenannte Voxel-Fassaden. So weit zur Entwicklung. Medienfassaden an sich gibt es schon lange, nicht zuletzt deshalb, weil Gebäude-Inszenierungen mit Licht seit Jahrhunderten fester Bestandteil der Architektur ist. Ein Beispiel von 1925: Der Fahrzeughersteller André Citroën hat als Erster den Wechsel von einer passiv beleuchteten Fassade in eine aktiv leuchtende Fassade vorgenommen und mit 250 000 Lampen den Eiffelturm zu einer Werbefläche umgestaltet. Weitere berühmte Medienfassaden sind z. B. der Times Square in New York, leuchtende Fassaden in Las Vegas seit den 1970er-Jahren, der Piccadilly Circus in London u. v. m. Weiterhin hat sich in den vergangenen Jahrzehnten die Neonreklame etabliert. Dabei wurden mit Glühbirnen und insbesondere Leuchtstoffröhren Werbebotschaften übermittelt. Der «Animationseffekt» – das war damals Ein- und Ausschalten. Fertig! Seit Ende des letzten Jahrhunderts wurden solche Lichttafeln durch LED-Grossbildschirme ersetzt. Mit diesen LED-Boards war es nun möglich, Informationen in Bild und Schrift zu kommunizieren. Künstler und Werbetreibende haben eine neue Dimension für sich entdeckt. Potenziale und Herausforderungen im Umgang mit Medienfassaden Einer dieser Künstler ist Thorsten Bauer. Er hat nicht nur das Potenzial der Medienfassaden erkannt und bereits 2005 das freie Künstlerkollektiv «urbanscreen» in Bremen gegründet, sondern Bauer setzt sich darüber hinaus mit der Architektur und dem öffentlichen Raum auseinander. Seine Erfahrung zeigt, dass viele Architekten dem Thema «Medienfassaden» gegenüber noch nicht sehr aufge- 02-2017 FASSADE | FAÇADE – REPORT | 71 schlossen sind: «Viele Architekten haben Probleme, das Thema ‹Medienfassaden› zu integrieren. Wir haben es hier auch eher mit ‹Zeitkunst› als mit klassischer ‹Architektur› zu tun.» Bauer, der unter anderem künstlerischer Leiter der Fassade am Klubhaus St. Pauli war, wünscht sich die Auseinandersetzung mit Medienfassaden – speziell von Architekten. «Architekten müssen sich dieses Themas annehmen, sonst übernehmen das die Industrie oder Marketingagenturen. Aber das wäre doch sehr schade! Ich wünsche mir, dass der öffentliche Raum nicht zu einem Marktplatz verkommt. Das gelingt nur, wenn wir einen Rahmen schaffen, um eine Identität festzusetzen. All das lässt sich aus der Architektur heraus entwickeln. Auf keinen Fall sollte es andersherum geschehen. Vielmehr sollten wir uns fragen, wie wir mithilfe eines Bewegtbilds oder eines Videos zur Identität, zur guten Architektur verhelfen können.» Ganz ähnlich sieht das Tim Edler, einer der beiden Gründer von realites:united, dem «studio for art and architecture» aus Berlin. Der Architekt weist dabei auf den Faktor Zeit hin: «Veränderung ist ein natürlicher Bestandteil jeder Architektur. Ich drücke es etwas plakativ aus: Hat sich früher eine Fassade einmal in 25 Jahren verändert, so kann unsere heutige Technik eine Fassade 25 Mal pro Sekunde verändern. Aber bedeutet die graduelle Beschleunigung auch eine kategorische Unterscheidung? Wir müssen uns also fragen, welchen Grad an Veränderung wir wollen und wie viel Beschleunigung nötig ist. Was wir dabei nicht vergessen sollten, ist, dass wir mit Fassadenentwürfen weiterhin auf die Wahrnehmung des Passanten zu achten haben, und wir sollten auf keinen Fall zulassen, dass Fassaden zu Propagandaflächen für Politik oder Werbung werden.» Edler hat in Zusammenarbeit mit Peter Cook eine der ersten bekannten Medienfassaden am Kunsthaus in Graz realisiert – damals noch mit Leuchtstofflampen, bei der jede Lampe einem Pixel entsprach. Die BIX-Medienfassade gilt als Pionierprojekt. Mit ihr wurde erstmals in Frage gestellt, welche Aspekte für Medienfassaden wesentlich sind. Sie basiert auf künstlerischen, abstrakten bzw. architektonischen Gestaltungselementen. Damit entstand eine eigene neue Klasse jenseits von Bildauf- 3 4 5 72 | REPORT – FASSADE | FAÇADE 02-2017 mit kreisförmigen Leuchtstofflampen. Entstanden ist aber eine zwar niedrig auflösende Licht- und Medienfassade, aber Form und Technologie wurden anders realisiert. realites:united entwickelte in enger Zusammenarbeit mit den Architekten die Konzeption und Gestalt der Medienhaut. Während das Gebäude am Río Guadalquivir tagsüber eine dreidimensionale, tektonisch modulierte, aber statische Erscheinung hat, verwandelt es sich nachts in ein dynamisches Volumen aus Licht und Schatten. Die Idee der Struktur der Medienfassade resultiert aus der inneren Gebäudestruktur, vor allem aus den wabenförmigen Grundrissen, einem Muster aus sich wiederholenden Mustern polygonaler Räume. Dieses innere Motiv wurde auf die Fassadentypologie übertragen: Es entstand ein System unregelmässig geformter, sechseckiger Waben – diese werden als «Schüsseln» bezeichnet – unterschied­ licher Dichte, Grösse und Form. Insgesamt gibt es 1319 dieser Schüsseln, die über die 100 Meter lange Fassade aus glasfaserverstärktem Zement (GRC) verstreut sind. Technische Umsetzung in Córdoba 6 6 Zwei Arten von Metallgittermodulen sind an der Fassade am Klubhaus St. Pauli je nach Funktion in der Art mit LED-Leisten bestückt, dass sie entweder flächig illuminiert werden oder hochaufgelöste Bilder erzeugen können. lösung und spezifischer Mitteilung. Man könnte fast von unterschiedlichen «Schulen» oder Herangehensweisen sprechen. Diese lassen sich z. B. beim Entwurf mit Anlagen-konzeptionellen Schwerpunkten (Hardware) gegenüber einem Schwerpunkt auf Projektionsinhalten (Software) ablesen. Das Konzept für die BIX-Medienfassade war 2001 fertig, der Bau 2003. «Wir haben uns damals bewusst für eine latent veraltete Leuchten-Technologie entschieden. Abgesehen vom hohen Preis der damaligen LEDs und der Konsequenz, dass es unmöglich gewesen wäre, in dem architektonischen Massstab zu arbeiten, der uns vorschwebte, wollten wir keine ‹neueste Technik› verbauen, weil die nach drei Jahren zwangsläufig ‹alt› ausgesehen hätte.» Das sieht heute anders aus, auch wenn der Vorbehalt gegenüber der Zurschaustellung innovativer Technologie geblieben ist. Edler hat mit realites:united in Zusammenarbeit mit den spanischen Architekten Nieto Sobejano in Córdoba eine Medienfassade für das Zentrum für zeitgenössische Kunst in Andalusien entwickelt. Eine Fassade an einem mehrfach preisgekrönten Gebäude: u. a. wurde es mit dem «Selected European Union Prize for Contemporary Architecture – Mies van der Rohe Award 2015» ausgezeichnet. Die Medienfassade des Zentrums für zeitgenössische Kunst in Córdoba (C3A) Fotos: Bild 1 urbanscreen Bild 2+3 © 2012–13 Roland Halbe by courtesy of Nieto Sobejano Arquitectos Bild 4+5 © 2012 by realities:united, Berlin Bild 6 Klaus Frahm, Börnsen und Berlin Im Dezember 2016 wurde das Zentrum für zeitgenössische Kunst mit Museum und einem künstlerischen Bildungszentrum (C3A) im andalusischen Córdoba offiziell eröffnet. Zur Eröffnungszeremonie zeigten realites:united ihre Animationssequenz «Breeze» an der Fassadeninstallation, die gleichzeitig mit der Eröffnung in Betrieb genommen wurde. Das ursprüngliche Gebäudekonzept von Nieto Sobejano Arquitectos sah eine niedrig auflösende Medienfassade vor, ganz ähnlich der Grazer BIX-Medienfassade, sogar Jede einzelne Schüssel dient als Reflektor für die seitlich integrierten LED-Lichtquellen. Die Lichtintensität jeder Schüssel wird einzeln kontrolliert. Die Reflexionen in den Schüsseln, von denen es etwa 25 Exemplare gibt, verändern, ja steuern die jeweils gewünschte Anzeige. Es gibt drei verschiedene Auflösungsstufen, die so entstehen: Aus kleinen, mittleren oder grösseren Schüsseln werden entsprechende Anordnungsmuster gebildet. Auch der «BIG Pixel» – der Hof, zählt unter die Pixel, eben mit einer eigenen Mega-Auflösung. Die Schüsseln sind so über die gesamte Fassade verteilt. Jede dieser Schüsseln scheint in Form und Grösse einzigartig zu sein. Das gelingt durch ihre unregelmässige Verteilung auf der Fassade. Dabei bleibt die Verteilungsdichte konstant. Weil das menschliche Auge definierte Bereiche an der Fassade immer wieder unterschiedlich wahrnimmt, kann die Auflösung gering gehalten werden. Motive werden nur angedeutet statt eindeutig dargestellt. Egal, ob tagsüber oder nachts – die dreidimensionalen Pixelblöcke in der Fassade spielen mit Licht und Schatten und werden dadurch zum (nachts digitalen) Informationsträger. Das Bespielungskonzept in Córdoba Das Bespielungskonzept bzw. das spezielle Betriebssystem der Fassade hat viel Raum bei der Herstellung eingenommen. Das C3A ist ein spezielles Kunstzentrum, das seine Arbeit auch nach aussen kommunizieren soll. Die Medienfassade besitzt deshalb ein spezielles Betriebssystem, das trotz des anormalen Bildschirmformats einen direkten kreativen Zugriff der beauftragten Künstler ermöglicht – in Echtzeit, durch deren eigene Software – sofern gewünscht –, durch konventionelle Videos oder Animationen, einfach in jeder Form. Hier existieren keine technische Barrieren oder Formatvorgaben, die die inhaltsgenerierenden Künstler beachten müssen. Die Medienfassade des Klubhauses St. Pauli Auch die Medienfassade des Klubhauses St. Pauli mitten auf der Hamburger Reeperbahn hat tagsüber eine andere Gestalt als nachts. Die Gestaltung liegt aber völlig anderen Ideen zugrunde. Realisiert wurde der Neubau für Livemusik, Entertainment und urbanes Arbeiten nach 02-2017 FASSADE | FAÇADE – REPORT | 73 den Plänen der Hamburger Architekten akyol kamps : bbp architekten. Die vom Bauherrn gewünschte «innovative Medienfassade» entwickelten die Hamburger Architekten in Partnerschaft mit dem Kreativkollektiv urbanscreen aus Bremen. Letzgenannte übernahmen mit Gründer Thorsten Bauer die künstlerische Leitung des Projekts. Die Fassade wurde unter der Prämisse entworfen, die mediale Integration in die Architektur neu zu denken. Nicht nur die Auszeichnung «media architecture award» 2016 würdigte das Klubhaus St. Pauli, auch der BDA (Bund Deutscher Architekten) zeichnete das Gebäude im letzten Jahr mehrfach aus: einmal mit dem zweiten Preis beim BDA Hamburg Architektur Preis, weiter gab es eine Nominierung für den BDA Publikumspreis. Technische Überlegungen bei der Fassade des Klubhauses St. Pauli Eigens konzipierte, mit LED-Technik bestückte Metallgittermodule sind zugunsten eines dreidimensionalen Erscheinungsbilds in unterschiedlichen Ebenen vor der eigentlichen Gebäudehaut angeordnet. Es entstand eine architekturintegrierte, kommunizierende Medienfassade. Der Entwurf zeichnet sich durch eine Kombination von Architektur und Medieninstallation aus, in der Bewegtbild und Baustruktur als gleichwertige Bestandteile der Gebäudeidentität verstanden werden. Die Fassade ist in drei Bereiche aufgeteilt. Ein Drittel der gezeigten Inhalte machen die sogenannten «Core Visuals» aus. Das sind künstlerische Videoanimationen, die massgeschneidert für die Baustruktur, den Ort und die Nutzung der Architektur entwickelt wurden. Das herkömmliche Bildschirmformat (4:3 oder 16:9) wurde vollständig aufgebrochen und in einer dezentralen topografischen Anordnung über die Gebäudestruktur verteilt. Der mittlere Fassadenteil besteht aus Metallplatten, die passend zum Inhalt der LED-Screens farblich beleuchtet werden. Als bildgebende Elemente wurden sowohl eine klassische Architekturbeleuchtung als auch hochauflösende LED-Meshes in die Fassade integriert. Die insgesamt 372 Panels unterschiedlichen Typs und Auflösung mit einer Gesamtauflösung von 2598 × 1564 Pixeln erforderten eine komplexe Zuspielung, die vom Hamburger Ingenieurbüro Intermediate Engineering entwickelt wurde. Vor allem die visuelle Verschränkung der Architekturbeleuchtung mit den bildgebenden Panels stellt die zentrale Idee der Konzeption konsequent in den Vordergrund: Die Medienfassade ist kein urbaner Bildschirm, sondern ein integriertes System aus Architektur und Bild, das das Klubhaus St. Pauli in eine Medien­ skulptur im öffentlichen Raum verwandelt. Die Konzeption der Videoinhalte und die der Baustruktur wurden parallel entwickelt, nicht erst nach Fertigstellung des Bauköpers. Die künstlerische Vision hat sowohl die strukturellen als auch die technischen Bestandteile der Fassade von Anfang an dominiert. Das Bespielungskonzept – Core Visuals und ortsspezifische Werbeinhalte Der Entwurf für die Medienfassade am Klubhaus S. Pauli sah von Anfang an ein Set aus festgelegten Videokompositionen vor, die einen elementaren Bestandteil des Architekturkonzepts darstellen. Diese sogenannten Core Visuals erfüllen dabei keinen konkreten Kommunikationsauftrag, sondern beziehen sich auf den Architekturent­ wurf an sich. So wird etwa das Thema «Gold» als zentraler ästhetischer Aspekt behandelt. Hergeleitet aus der selbstbewussten Setzung ihrer goldenen Metallstruktur wird die Fassade mit variantenreichen Lichtkompositionen bespielt, die das Gold auch virtuell weiterführen und das Gebäude als glänzenden Reeperbahn-«Klunker» inszenieren. Der letzte Teil der Medienfassade betrifft den Lift. Dieser wurde bewusst in einer groben Auflösung, also mit weitem Pixelabstand, gehalten, um einen Kontrast zu dem Bereich mit der sehr hohen Auflösung zu haben. Hier gibt es eine im Glasverbund integrierte Lösung. Zwischen den Isoliergläsern wurde – analog zu den Closed Cavity Façades – ein Mediennetz integriert. Dafür verantwortlich zeichnet der Hersteller Onlyglass, der mit seinem Produkt seit rund zwei Jahren auf dem Markt ist. Zur Gegenfinanzierung der technisch aufwändigen Medienfassade ist die Bespielung mit Werbeinhalten unumgänglich. Allerdings soll der gestalterische Anspruch auch bei der kommerziellen Verwertung der Bildflächen nicht in den Hintergrund rücken. Vorrangig werden Werbeclips produziert, die inhaltlich und formal auf das Gebäude zugeschnitten sind. Damit werden auch in der kommerziellen Nutzung Inhalte gezeigt, die eigens für die Fassade komponiert worden sind und durch die Einbindung interaktiver Features einen hohen Unterhaltungswert bieten. Die Ingenieure von Intermediate Engineering erstellten für das Projekt auch eine Software für Content-Management und Playout. Der entwickelte und programmierte Workflow beinhaltet komplexe technische Abläufe von der Interaktion bis zu Wiedergabe und für den Betreiber eine leichte Bedienung über ein Kalendersystem. Bautafel Klubhaus St. Pauli Objekt: Klubhaus St. Pauli, Spielbuden­ platz 21/22, Hamburg Bauherr: Klubhaus St. Pauli GmbH & Co. KG, Hamburg Architekten: akyol kamps : bbp ­architekten BDA, Hamburg Fassadenentwurf: akyol kamps : bbp architekten BDA, Hamburg / urbanscreen GmbH Co KG, Bremen Medienarchitektur und künstlerisches Bespielungskonzept: urbanscreen GmbH Co KG, Bremen Medientechnik: Intermediate ­Engineering GmbH, Hamburg Ausführung Medienfassade: Multivision LED-Systeme Gmbh, A-Marchtrenk Fassadenplanung: Prof. Michael Lange Ingenieurgesellschaft mbH, Hamburg Lichtplanung: Bartenbach GmbH, A-Aldrans Projektmanagement: Becken Development GmbH, Hamburg BGF: ca. 5000 m2 Planungsbeginn: 2013 Fertigstellung: 2015 Fazit Die hier präsentierten Medienfassaden in Córdoba und Hamburg haben ein paar elementare Gemeinsamkeiten: Beide spielen mit Tag- und Nacht-Effekten. Bei beiden Projekten haben sich die Architekten Unterstützung aus der Kreativbranche, also von Medienkünstlern, geholt. Und: Beide Fassaden sind aus dem Ort und der Architektur heraus entwickelt worden. Sie sind keine blossen Werbeträger oder Bildschirme, sondern identitätsstiftende Stadtbausteine im öffentlichen Raum. Ein grosses Anliegen, das auch Tim Edler final unterstreicht: «Wir – und ich meine damit auch alle Architekten, die sich mit Medienfassaden beschäftigen – sollten Standards aus der Industrie ablehnen und selbst die Verantwortung für die Gestaltung des öffentlichen Raums übernehmen. Dabei stehen die zeitlosen Fragen im Fokus: Mit welchem Material arbeite ich und warum? Wie altert meine Fassade? Wie lange dauert das? Welche Technologien stehen zur Verfügung? Und: Wer, wenn nicht ich als Architekt, verfügt über das Know-how, neue Technologien zu nutzen? Architekten müssen ab sofort lernen, wie sie mit dem Faktor ‹Zeit› umgehen wollen, um dynamische Fassaden und Gebäude realisieren zu können. Da befinden wir uns alle noch in einer Art ‹Lallphase› wie Babys, die das Sprechen lernen. Für mich steht allen voran immer die Frage: Wie gelingt es uns allen, dynamische Städte zu gestalten?» Diese Frage klärt sich wohl erst nach und nach. Spätestens bei der kommenden Media Architecture Biennale gibt es schon neue Erkenntnisse. Ort und Zeit sind hierzu noch nicht bekannt. Aber wer kennt schon wirklich die Zukunft? Bautafel Córdoba Objekt: Contemporary Art Center (C3A) Córdoba, Spanien Bauherr: Regierung von Andalusien Architekten: Nieto Sobejano A ­ rquitectos, Fuensanta Nieto, Enrique Sobajano Fassadenplanung: Nieto Sobejano Arquitectos, in Kooperation mit realities:united BGF: 12 287 m2 Wettbewerb: 2005/2006 Planungsbeginn: 2008 Fertigstellung: 2013 Eröffnung: 2016 01 I 2017 FASSADE FAÇADE FASSADE … überzeugt nicht nur in der vorliegenden Ausgabe … … sondern mit Aktualität und Kompetenz in jeder Ausgabe Leisten Sie sich heute noch Ihr persönliches Abo! FASSADE erscheint viermal jährlich. Und nur im Abonnement erhalten Sie jede Ausgabe! KOMMEN SIE GANZ GROSS RAUS: GEWINNEN SIE DEN PRIXFORIX 2018! Lassen auch Sie sich überzeugen! ✂ Nur im Abonnement erhalte ich garantiert jede Ausgabe! Deshalb abonniere ich FASSADE zum Preis von Fr. 80.– (im Ausland Fr. 110.–) für vier Ausgaben, MWST inbegriffen. Talon senden an: Schweizerische Zentrale Fenster und Fassaden, Ringstrasse 15, 4600 Olten oder per Fax: 062 287 40 09 oder E-Mail [email protected] Name / Vorname: Strasse / Nr.: PLZ / Ort: Der PRIXFORIX ist der einzige Award für Architekten mit innovativen Ideen für Glas- und/ oder Metallfassaden. Wie Sie ihn gewinnen und was Sie dafür tun müssen, erfahren Sie unter www.fassadenaward.ch. Viel Erfolg! Unterschrift: Datum: Die Fachzeitschrift für Fenster- und Fassadenbau. Und für nichts anderes. Kompetent, dynamisch und einzig in ihrer Art. Viermal im Jahr. Für Sie! Medienpartner: HOCHPARTERRE und ARCHITECTES.CH