Personalmarketing und Social Media Angesichts des Rückgangs qualifizierter Bewerbungen und einer Zunahme der Fluktuation wird es für im Wettbewerb stehende Unternehmen immer wichtiger, das eigene Personalmarketing effektiv auszurichten und die Kommunikation über die sozialen Medien zu nutzen. Im folgenden Beitrag werden die spezifischen Herausforderungen beleuchtet, da nun die Generation Y verstärkt in die Arbeitswelt eintritt. Ausgangssituation Vor dem Hintergrund des demografisch bedingten Rückgangs der Bewerberzahlen und des intensiven Wettbewerbs um Fachund Führungskräfte stellt die Besetzung von Positionen für hochrangige Fach- und Führungskräfte für die Wirtschaft eine wachsende Herausforderung dar. Unternehmen versuchen daher frühzeitig Kontakte mit den Bewerberzielgruppen (Schüler, Studenten, Absolventen sowie interne und externe Bewerber mit Berufserfahrung) aufzubauen. Eine Konzentration auf High Potentials kann dazu führen, dass andere interessante Zielgruppen wie Kunden, Lieferanten, Inhaber und sonstige am Unternehmen interessierte Personen (Wettwerber, Kooperationspartner, soziale Träger etc.) vernachlässigt werden, denn dort befinden sich gleichfalls interessante 24 HR Performance 2/2013 Bewerbergruppen. So repräsentieren kleine und mittelständische Unternehmen über 90 Prozent aller umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen, sie beschäftigen etwa 70 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer, realisieren 40 Prozent der Umsätze und haben zwei Drittel aller Auszubildenden. Der Arbeitsmarkt wandelt sich durch den Eintritt von immer mehr Frauen (plus 2,8 %) sowie Ausländer (plus 7,5 %). Gleichzeitig steigt der Anteil von Arbeitnehmern mit universitärer Bildung deutlich an. Personalmarketing Die Marketinginstrumente dienen der Offline-Kommunikation (klassische wie Stelleninserate) und der Online-Kommunikation (Jobbörsen, Online-Headhunting). Sie werden nach den unterschiedlichen Qualifikationsniveaus der Zielgruppen eingesetzt und durch Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit (Pressearbeit, Auftreten in der Politik, Netzwerkarbeit, Vortragstätigkeit auf Kongressen, Fachpublikationen und Kommunikation mit Investoren) begleitet. Unternehmen gehen verstärkt dazu über, das klassische Printinserat zu reduzieren, und setzen stattdessen auf zeitgemäße Kommunikationskanäle und Medien sowie eine crossmediale Recruiting Strategie. In den Printmedien werden dann kurze und auffällige Werbetexte mit Verweis aufs Internet geschaltet. Damit lassen sich die Kosten für teure Inserate um bis zu 50 Prozent reduzieren. Die Online-Schaltungen können gleichwohl auf redaktionellen Seiten geschaltet werden und entfalten eine Wirkung. Der Bereich der firmeneigenen Homepages gewinnt immer mehr an Bedeutung, insbesondere durch intelligente Vernetzungen. So können dort nicht nur Unternehmensvision, -strategie und -kultur beschrieben, sondern vielmehr die Inhalte und Anforderungsprofile vakanter Positionen dargestellt werden. Diese sollten realistische Entwicklungsperspektiven innerhalb des Unternehmens (untersetzt durch Erfahrungsberichte ausgewählter Mitarbeiter) beinhalten und durch Kandidaten-FAQs zu weiterführenden Informationen für Interessenten ergänzt werden. Die Möglichkeit einer Fragestellung bei Angabe von Kontaktdaten sollte dort genauso selbstverständlich sein, wie das Angebot einer Online-Bewerbung im Rahmen eines Online-Bewerbermanagements. Die Einbindung von Videos gewinnt an Bedeutung. Diese sind attraktiv zu gestalten, und das funktioniert nur mit professioneller Hilfe. Ein differenziertes Konzept ist zu entwickeln und umzusetzen. Die diesbezüglichen Prozesse müssen beherrscht und die Einmalaufwendungen gestrafft werden. Fachreihe Personal und Erfolg Teil 1: Minijobs kompakt und alle Neuerungen Teil 2: Personalmarketing und Social Media Teil 3: Ideenmanagement 2.0 Teil 4: Betriebliche Altersversorgung in der Unternehmenspraxis Teil 5: Professionelle Durchführung von Altersteilzeit Teil 6: Rente mit 67 – Auswirkungen und Handlungsbedarf Teil 7: Feminisierung in der Arbeitswelt Teil 8: Personalentwicklung – die neuen Wege mente sind dort Mitarbeiterzeitschriften, Videos, interne Befragungen, Printkampagnen sowie Events. Unternehmen besetzen einen wachsenden Teil ihrer offenen Stellen über Empfehlungen und persönliche Kontakte. Mitarbeiter, die sich tatsächlich mit dem Unternehmen identifizieren und sich dort wohl fühlen, reden im Allgemeinen positiv darüber. Dies ist gleichwohl kein Automatismus für die Gewinnung von Mitarbeitern, wenn die eigenen Mitarbeiter nicht gleichzeitig über den derzeitigen Stand der offenen Stellen aktuell informiert werden. Imagekampagnen sind wichtig, um die Bekanntheit des Arbeitgebers zu steigern und auf die Attraktivität des Arbeitgeberunternehmens aufmerksam zu machen. Direkte Unternehmenskontaktpunkte haben demgegenüber einen höheren Stellenwert, denn diese werden bewusst zum Abgleich von Image und Realität gesucht. Eine zunehmende Bedeutung gewinnen Mitarbeiter als glaubwürdige und authentische (Marken-)Botschafter des Unternehmens. Mitarbeiter werben Mitarbeiter gilt als der wahrscheinlich effektivste Kanal in der Personalwerbung. Employer Branding (der Autor in HRP 2/12, Seite 39) ist ein aus dem Marketing abgeleitetes strategisches Maßnahmenbündel. Es dient der Entwicklung, Implementierung und Überwachung des langfristigen Aufbaus einer Arbeitgebermarke. Das Unternehmen soll als attraktiver Arbeitgeber (Employer Brand) dargestellt und damit positiv von der Konkurrenz unterschieden werden. Der Nutzen besteht vornehmlich darin, die Bewerberzahlen sowie die Qualität der Bewerber nachhaltig zu steigern. Es sollen Identifikationsmöglichkeiten für qualifizierte und engagierte Mitarbeiter geschaffen werden, um damit langfristig eine emotionale Bindung an das Unternehmen zu fördern. Kriterien für die Auswahl geeigneter Kommunikationskanäle für das Recruiting sind: • • • • • • Unternehmenskultur Ausrichtung des Employer Brandings Hierachieebene der vakanten Position Regionale, bundesweite oder internationale Suche Dringlichkeit der Positionsbesetzung und Verfügbares Budget Die sozialen Medien eröffnen ganz wunderbare Möglichkeiten, den eigenen Mitarbeitenden die Weiterempfehlung freier Stellen einfach zu machen. Dies erfordert eine dementsprechende interne Kommunikation. Anzeigen in klassischen Printmedien sind nach wie vor sinnvoll. Dies gilt vor allem, wenn hierfür Fachpublikationen, Hochschulmedien und die regionalen Pressemedien genutzt werden. Interne Kommunikation Informationsveranstaltungen Diese ist inhaltlich und gestalterisch auf die externe Kommunikation der Arbeitgebermarke abzustimmen. Verbreitete Instru- Die Zielgruppe der Studenten ist dadurch gekennzeichnet, dass sie besonders leicht zu lokalisieren, hingegen besonders HR Performance 2/2013 25 Recruiting Produktmanagement Alle Produkte des Personalmanagements liefern einen Wertschöpfungsbeitrag. Es ist notwendig, die Arbeitgebermarke und deren Alleinstellungsmerkmale im Produktmanagement durchgängig zu berücksichtigen. Hierunter werden alle Leistungen der Personalbereiche für die internen Kunden (Unternehmensleitung, Führungskräfte, Mitarbeiter, Mitbestimmungsorgane) sowie die externen Kunden (Gremien, staatliche Institutionen, externe Bewerber und weitere Stakeholder) verstanden. Das Produktmanagement konzentriert sich darauf, die Entwicklung und Leistungserbringung zu professionalisieren, sodass die Arbeitgebermarke erfolgreich abgebildet wird. Personalkommunikationsmanagement Die Personalkommunikation dient der Adressierung der für das Unternehmen relevanten Themen aus dem Personalmanagement. Das Management der Personalkommunikation muss darauf ausgerichtet sein, wichtige Aussagen an Zielgruppen über den geeigneten Kommunikationskanal zu platzieren und gleichfalls die Arbeitgebermarke zu transportieren. schwer zu überzeugen ist. Der Grund: Studenten probieren ständig Neues aus. Was eben noch hip war, ist sehr schnell überholt, vieles wird – teilweise unkritisch – ausprobiert. Wegen der besonderen Bedeutung dieser Zielgruppe gehören Hochschulmedien zwingend in ein professionelles Personalmarketing. Gleichermaßen sind Fachgespräche auf Messen bedeutsam. Das in den sozialen Medien beworbene Angebot eines Online-Besuchs am Offline-Stand bietet zusätzliche Möglichkeiten für Unternehmen, um mit potenziellen Bewerbern in Kontakt zu treten. Bewerbungstrainings Bewerbungstrainings sind gekennzeichnet durch einen vorselektierten Teilnehmerkreis, der in der Regel auf Basis einer Einladung des jeweiligen Unternehmens an der Veranstaltung teilnimmt. Der direkte Kontakt zum potenziellen Bewerber ist hier deutlich intensiver, da häufig Vertreter aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen als Gesprächspartner zur Verfügung stehen. Hierüber kann eine Auswahl besonders geeigneter Bewerber getroffen und eine begrenzte Anzahl in ein attraktives Programm übernommen werden. Bei all diesen Veranstaltungen ist es von herausragender Bedeutung, frühzeitig eine emotionale Bindung der jeweiligen Zielgruppen an das eigene Unternehmen aufzubauen, um später bei der endgültigen Arbeitgeberwahl der Kandidaten eine bessere Position (Employer of Choice) einzunehmen. Netzwerke (Old Boys Network, Alumni etc.) werden immer wichtiger. Im Rahmen professioneller Personalarbeit gilt es neben der Kommunikation mit den derzeitigen Mitarbeitern eine spezifische Kommunikation mit ehemaligen Mitarbeitern zu etablieren. Diese sogenannten Old Boys Networks mit exzellenten Beziehungen können genutzt werden, um zeitgemäße Bindungsinstrumente (Rentention) zu entwickeln. 26 HR Performance 2/2013 Produktdistribution Aufgabe des operativen Personalmarketings ist es nun, den notwendigen Personalbedarf in zielgruppenspezifische Aktivitäten auf dem internen und dem externen Arbeitsmarkt zu übersetzen. Das Personalmarketing muss bei der Distribution des Produkts Arbeit dafür sorgen, dass die richtigen Zielgruppen mit den richtigen Botschaften und den richtigen Kommunikationsmitteln angesprochen werden. Hier verbinden sich Arbeitgebermarke, Produkte des Personalmanagements und Kommunikationsmittel mit dem Personalbedarf sowie den zielgruppenspezifischen Anforderungen zu konkreten Maßnahmen in den Bereichen Attraktivität und Bindung. Die Maßnahmenauswahl lässt sich mit Hilfe des Kontaktphasenmodells (Touchpoints) der Platzierung von Personalprodukten unterstützen: In der ersten Phase, der Anbahnung, macht das Unternehmen Zielgruppen auf sich aufmerksam, mit denen vorher kein oder nur ein geringer Kontakt bestand. In der zweiten Phase der Kontaktaufnahme treten potenzielle Bewerber und Unternehmensvertreter erstmalig in eine wechselseitige Interaktion: Sie lernen sich kennen, ohne dass der Kontakt sofort zu einem Arbeitsverhältnis führen muss. In der dritten Phase, der Kontaktverdichtung, wird ein bestehender persönlicher Kontakt weiter geknüpft, um ein besseres Kennenlernen zu unterstützen und um einen Pool potenzieller Bewerber für frei werdende Stellen zu schaffen. In der vierten Phase, der Kontaktpflege, wird die Bindung zu ausgewählten potenziellen Bewerbern weiter intensiviert. Die Phase der Integration beschreibt die Einarbeitung (Onboarding) des Mitarbeiters in das Unternehmen. Die Phase der Bindung umfasst alle Aktivitäten, mit denen die Bereitschaft des Mitarbeiters gesichert und gesteigert wird, im Unternehmen zu bleiben, Leistung zu erbringen und dem Unternehmen treu zu bleiben. Die Phase der Beendigung – gleichgültig, ob Recruiting vom Unternehmen oder vom Mitarbeiter initiiert – besteht aus Aktivitäten, die eine Trennung von Mitarbeiter und Unternehmen ohne Nachrede und Attraktivitätsverluste unterstützen. Der Nutzen eines solchen Vorgehens besteht in der Stärkung des Interesses von Bewerbern, dem Commitment der Mitarbeiter sowie einer hohen Arbeitgeberattraktivität aus Sicht der jeweiligen Zielgruppen. Rechtsprechung soziale Netzwerke Relevante Kennzahlen Eine Vielzahl von Analysen und neuen Instrumenten versucht die Effizienz der eingesetzten Maßnahmen wie Messen, etc. zu legitimieren. Es wird versucht, den „Return on Investment“ bei Personalbeschaffung und -marketing zu ermitteln (z.B. Hiring Costs als wesentliche Messgröße). Controlling im Sinne von Definition, Erfassung, Nachhalten und Kommunikation relevanter Kennzahlen wird immer wichtiger. Das Internet ist heute so normal wie Radio hören, Zeitung lesen oder fernsehen. Nun ist eine weitere Verbreitung von mobilem Internet zu verzeichnen und die Firmenhomepage rückt zunehmend in das Zentrum des Personalmarketings. Vor dem Hintergrund der bereits fest etablierten Online-Stellenplattformen werden die Unternehmen ihre Aktivitäten im Talentmanagement genauso verstärken, wie sie die Bedeutung von Mitarbeitergewinnung, -motivation und -bindung erkennen. Folglich werden sie unter Berücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen diejenigen Instrumente einsetzen, die für den Unternehmenserfolg von großer Bedeutung sind. Nutzungsverhalten des Personals steuern Das Personalmarketing stellt sich derzeit ebenso wie die Unternehmenskommunikation den Herausforderungen des Web 2.0. Wer ist in der Lage, Themen aufzugreifen und zu adressieren? Welche betriebsbezogenen Informationen dürfen Mitarbeiter im Internet posten? Wo ist die Grenze zwischen dem Schutz der Privatsphäre und den berechtigten Unternehmensinteressen? Eine übergreifende Web-2.0-Policy kann eine Orientierungshilfe für Unternehmen, Mitarbeiter und das Personalmarketing liefern. HR Excellence Awards 2012: DDI gewinnt mit holistischem Entwicklungsprogramm für Bosch und Siemens Hausgeräte Ein holistisches Führungskräfteentwicklungsprogramm für den Hausgerätehersteller Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH (BSH) hat dem Talent-Management-Experten DDI Deutschland den Sieg beim HR Excellence Award 2012 in der Kategorie „Führungskräfteentwicklung“ eingebracht. Der Preis wurde am 5. Dezember 2012 im Berliner Hotel „The Ritz Carlton“ zum ersten Mal verliehen. Das prämierte Programm für Top-Mana- ger ist präzise auf die Geschäftsziele von BSH ausgerichtet. Ein langfristiger und vielseitiger Entwicklungspfad sichert dem Unternehmen Top-ManagementTalente. Präzise auf die Unternehmensziele ausgerichtete Führungskräfteentwicklung Mithilfe von DDI richtete der Hausgerätehersteller BSH sein bestehendes Führungskräfteprogramm präzise auf die Geschäftsziele aus. Dazu wurden „Business Driver“ definiert: Unternehmensziele werden dabei auf strategische Kernherausforderungen heruntergebro- Autor: MBA DIPL-ING. RASCHID BOUABBA, Geschäftsführer der MCGB GmbH Unternehmensberatung, www.mcgb.de chen. Eine erste Bestandsaufnahme lieferte ein verhaltensbasiertes DDI-Assessment: Die Teilnehmer verbringen dafür einen Tag als Manager eines virtuellen Unternehmens. Die Kandidaten erhalten ein umfassendes Feedback, mit direkten Vorgesetzen werden konkrete Entwicklungsziele geplant und die BSHFührung erhält eine Übersicht ihres Talent-Pools. Der detaillierte Vorstandsbericht enthält alle Beurteilungen und eine Gesamtbilanz inklusive Industriebenchmark, der zeigt, wie gut die Teilnehmer und damit BSH gewappnet ist, ihre „Business Driver“ erfolgreich zu meistern. HR Performance 2/2013 27