Quelle Seite Nummer Ressort Seitentitel Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28.04.2010 B4 98 Verlagsbeilage PRIVATE BANKING Neue Spieler Unternehmerfamilien investieren immer häufiger in mittelständische Firmen. Sie kurbeln damit den Wettbewerb mit anderen Investoren wie Private-Equity-Häusern kräftig an. Von CARSTEN LEHMANN Im Rahmen ihrer strategischen Vermögensverteilung entdecken immer mehr wohlhabende Familien unternehmerische Direktbeteiligungen als neue Anlageklasse und reizvolle Alternative zu herkömmlichen Anlageformen wie Immobilien oder Aktien. Dabei stößt man nicht nur auf bekannte Namen. Auch Mittelständler, die ihr eigenes Unternehmen erfolgreich verkauft haben, investieren häufig Teile des Verkaufserlöses in andere Unternehmen. Dabei locken nicht nur steuerliche Vorteile und die weitere Diversifikation der Vermögensanlagen. Vor allem die Möglichkeit, die Wertentwicklung des Unternehmens mitzugestalten und damit auch die Aussichten auf eine überdurchschnittliche Rendite steigern zu können, machen Direktbeteiligungen für langfristig denkende Investoren interessant. Zur Steuerung dieser Interessen bedienen sich die Familien verschiedener Strukturen. Die Bandbreite reicht dabei von einer unmittelbaren Beteiligung als Privatperson über zwischengeschaltete GmbHs bis hin zu Family Offices, Industrieholdings und eigenen Fonds, in denen auch mehrere Familien ihre Engagements bündeln können. Gleiche Wellenlänge Dem Interesse der vermögenden Familien steht ein nicht minder großes Interesse seitens vieler Unternehmen gegenüber: Insbesondere mittelständische, familiengeführte Unternehmen suchen vor dem Hintergrund der HeuschreckenDebatte und der gegenwärtig zurückhaltenden Kreditvergabepraxis der Banken verstärkt nach Finanzierungsalternativen. Das Geld vermögender Familien, die selbst größere Unternehmen aufgeAbbildung baut haben, ist da gern gesehen, denn man teilt Werte wie Nachhaltigkeit und Integrität. Gerade im inhabergeführten Mittelstand ist es hilfreich, wenn der geschäftsführende Gesellschafter einen Partner hat, mit dem er auf Augenhöhe diskutieren und Investitionsentscheidungen reflektieren kann. Aus dem Tagesgeschäft wird sich der Investor jedoch üblicherweise heraushalten. Eine typische Situation, in der mittelständische Unternehmen Familieninvestoren suchen, ist die Regelung der Unternehmensnachfolge. Auch die Suche nach Wachstumskapital für größere Investitionen, die Expansion ins Ausland oder die Übernahme eines Wettbewerbers spielen eine Rolle. Ein weiteres beliebtes Motiv ist das Herauskaufen von Gesellschaftern, wie zum Beispiel anderen Familienstämmen oder Private-Equity-Fonds. In vielen Fällen konkurrieren die Familieninvestoren dabei direkt mit klassischen PrivateEquity-Häusern. Aus Unternehmersicht haben sie diesen aber einiges voraus: Familieninvestoren zeichnen sich meist durch umfassendes Verständnis für die Funktionsweise mittelständischer Unternehmen aus und bringen aufgrund des fehlenden Exitdrucks mittel- bis langfristig Stabilität in den Gesellschafterkreis. Die Renditeforderungen liegen oft unter denen institutioneller Investoren. Auch laufende Ausschüttungen sind nicht zwingend erforderlich, da in der Regel keine externen Kreditgeber bedient werden müssen. Zusätzlich bringen Familieninvestoren neben der eigenen unternehmerischen Erfahrung, die beispielsweise durch die Besetzung einer Beiratsfunktion genutzt werden kann, auch gute Netzwerkkontakte mit ein. Hart, aber herzlich Das bedeutet jedoch nicht, dass Familieninvestoren niedrigere Ansprüche stellen als andere Kapitalgeber. Insbesondere die Inhaber größerer Vermögen legen im Investitionsprozess eine Professionalität an den Tag, die durchaus mit der von Private-Equity-Häusern vergleichbar ist. Das gilt vor allem, wenn die Gelder von Family Offices oder eigens gegründeten Holdings verwaltet werden. Dann stehen mitunter auch Investmentmanager mit M&A- oder Private-Equity-Hintergrund auf der Gehaltsliste. Generell tun sich Privatinvestoren mit eng getakteten Transaktionsprozessen zwar schwerer und lassen sich nur ungern unter Zeitdruck setzen. Die Praxis zeigt aber, dass auch sie einen professionell gemanagten Prozess erwarten. Das trifft besonders auf Investoren zu, die sich nicht ausschließlich auf die Kapitalanlage konzentrieren können, sondern im Tagesgeschäft des eigenen Betriebs engagiert sind. Neben einer aussagefähigen Dokumentation des kapitalsuchenden oder veräußerungswilligen Unternehmers achten Familieninvestoren auf einen plausiblen und konsistenten Businessplan. Wie auch bei Finanzierungsgesprächen mit Banken kommt es darauf an, offen zu kommunizieren und Chancen wie Risiken transparent zu machen. Neben den reinen Fakten spielt das persönliche Gespräch mit dem Privatinvestor eine große Rolle - hier muss die Chemie stimmen. Dr. Carsten Lehmann ist Geschäftsführer der Lampe Corporate Finance GmbH, Hamburg. Unternehmerfamilien haben Private-Equity-Investoren einiges voraus: Sie kennen die Spielregeln des Mittelstands und sprechen die gleiche Sprache. © 2010 PMG Presse-Monitor GmbH