Architekturpreis 2015 Ergebnis und Würdigung

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ARCHITEKTURPREIS DER STADT LEIPZIG ZUR FÖRDERUNG DER BAUKULTUR 2015
Ergebnis und Würdigung der Preisträger
Der ARCHITEKTURPREIS DER STADT LEIPZIG ZUR FÖRDERUNG DER BAUKULTUR
wird seit 1999 in einem Turnus von zwei Jahren an Architekten und Bauherren für
Architekturleistungen von beispielhafter Qualität vergeben. Die Auszeichnung soll dazu
beitragen, das Bewusstsein für eine zeitgemäße und innovative Gestaltungsqualität der
baulichen Umwelt zu schärfen und Maßstäbe für die Lösung von Bauaufgaben mit Mitteln
zeitgenössischer Architektur zu setzen. Besondere Beachtung finden Projekte, die
richtungsweisende Antworten auf die aktuellen Fragestellungen der Leipziger
Stadtentwicklung sowie der Bau- und Planungskultur im Allgemeinen liefern oder in
besonderem Maße den Anforderungen des nachhaltigen Bauens verpflichtet sind.
Mit der Auslobung 2015 wurde der Preis zum neunten Mal ausgeschrieben. Es konnten
Bauwerke und Freiraumgestaltungen aller Art und Nutzung eingereicht werden, die in den
Jahren 2012 bis 2015 im Stadtgebiet von Leipzig fertig gestellt worden sind. Umbauten
waren zugelassen, sofern sie eine eigene schöpferische Gestaltungsleistung der Architekten
erkennen ließen.
Die vom Auslober unabhängige Jury, die maximal drei Hauptpreise sowie zusätzlich lobende
Erwähnungen vergeben konnte, tagte am 21. August 2015.
Mit den Fachjuroren
Amandus Sattler, Architekt, München (Vorsitzender)
Prof. Angela Mensing-de Jong, Architektin, Dresden
Prof. Xaver Egger, Architekt, Berlin
Dr. Matthias Fuchs, Architekt, Darmstadt
Till Rehwaldt, Landschaftsarchitekt, Dresden
und den Sachjuroren
Dr. Barbara Steiner, Freie Kuratorin, Leipzig
Prof. Dr. Thomas Topfstedt, Kunsthistoriker, Leipzig
waren Kompetenzen aus den Bereichen Architektur, Städtebau, Freiraumplanung, Baukunstund Baugeschichte sowie Nachhaltigkeit vertreten. Die Leipziger Juroren trugen
insbesondere dazu bei, örtliche Charakteristika in die Beurteilung der Objekte einzubringen.
Preisträger
Unter den 30 eingereichten Beiträgen vergab die Jury zwei Hauptpreise und zwei lobende
Erwähnungen.
Mit dem Architekturpreis der Stadt Leipzig 2015 wurden der Neubau der Katholischen
Propsteikirche St. Trinitatis am Martin-Luther-Ring und ein Wohnungsbauprojekt einer
zehn Familien umfassenden Baugruppe in der Südvorstadt ausgezeichnet. Lobende
Erwähnungen erhielten der Neubau der 3. Schule in der Scharnhorststraße sowie der
Umbau und die Erweiterung der Leipziger Kongreßhalle am Zoo.
ARCHITEKTURPREIS DER STADT LEIPZIG ZUR FÖRDERUNG DER BAUKULTUR 2015 – Presseinformation Ergebnis
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Würdigung der prämierten Objekte durch das Preisgericht
ARCHITEKTURPREIS DER STADT LEIPZIG 2015
Katholische Propsteikirche St. Trinitatis, 2015
Architekt: Schulz und Schulz Architekten GmbH
Bauherr: Katholische Propsteipfarrei St. Trinitatis, Leipzig
Papst Franziskus mochte das wohl eher als Metapher für die Beziehung der Katholischen
Kirche zu ihren Gläubigen gemeint haben in seiner Grußbotschaft zur Kirchweihe, als er
übermittelte, „die neue Kirche wird kein Solitär in einer fremden Umgebung bleiben. Sie streckt
ihre Arme der Stadt entgegen und gibt sich ihr als Geschenk“. Doch taugt das Bild
gleichermaßen als stadträumliche und figürliche Beschreibung des Bauwerks, das aus Sicht
der Jury in der Tat ein enormer Gewinn für die geschundene stadträumliche Situation zwischen
Neuem Rathaus und Wilhelm-Leuschner-Platz ist.
Entstanden ist eine kraftvolle Skulptur, die in die bisherige Leere wahrnehmbare Raumkanten
zeichnet und in ihrer expressiven Höhenentwicklung mit der Bebauung auf der anderen Seite
des Martin-Luther-Rings kommuniziert. Durch das Bespielen des gesamten dreieckigen
Grundstücks entsteht eine sehr flächige Gebäudekonfiguration, in deren Mitte ein Hof
eingeschrieben ist, kontemplativer Rückzugsort wie verbindendes Element gleichermaßen,
indem er Wegebeziehungen und kanalisierte Blickbeziehungen zwischen der Ringbebauung
und dem dahinter liegenden gründerzeitlichen Wohnviertel herstellt. Kritisch wird gesehen, dass
der im Innern als introvertierter Ort des Innehaltens angelegte, hoch aufragende Kirchenraum
leider im stadträumlichen Kontext abweisend geschlossen wirkt. Besonders zu würdigen ist das
umfassende Nachhaltigkeitskonzept: neben einem sehr hohen Energiestandard sowie der
gelungenen gestalterischen Einbindung von Solartechnik in Kirchendach und südlicher
Kirchturmfassade besticht auch die sehr hohe Lebensdauer der Fassade aus regionalem
Rochlitzer Porphyr im Verbund mit Schaumglasdämmung.
Seine Stärken hat das Gebäude im überzeugenden Übergang von Innen- zu Außenraum. Der
bereits beschriebene Pfarrhof, oszillierend zwischen Innen und Außen, findet seine
Entsprechung im Kirchenraum. Zurückhaltend in der architektonischen Formensprache, wird
die Verbindung des hohen lichten Innenraums nach außen inszeniert: Ein schmales Glasband
im Dach für Licht von oben bzw. die Öffnung nach oben, ein Band im Erdgeschoss als
Verbindung zur Straße, zur Kirchengemeinde, der ausgestreckte Arm eben, auch wenn die
künstlerische Ausgestaltung des Kirchenfensters von Falk Haberkorn leider die Verbindung
eher stört. Ganz anders das künstlerische Werk von Jorge Pardo, das die liturgischen Orte in
eine farbige Ornamentik taucht und dem schlichten Ort gegenüberstellt.
Insgesamt erzeugt das Gebäude starke Bilder als architektonische Entsprechung von
Spiritualität, umtost von Stadt.
Mehrfamilienwohnhäuser Hardenbergstraße 27–29, 2014
Architekt: hobusch + kuppardt architekten, Leipzig
Bauherr: Bauherrengemeinschaft Hardenbergstraße 27–29, Leipzig
Die in ihrer Architektur und städtebaulichen Zuordnung ein homogenes Ensemble bildendenden
Gebäude sind mit sicherem Gefühl für maßstäbliche Korrespondenzen in ein von Mietshäusern
der Zeit um 1900 und Wohnhausbaublöcken der 1960er Jahre geprägtes Quartier in der
Leipziger Südvorstadt integriert worden. Im Gegensatz zu vielen in den letzten zehn Jahren
erbauten Stadtvillen erscheinen sie nicht als in sich ruhende Solitäre, sondern sind
beispielhafte Lösungen für eine ortsbezogene innerstädtische Mehrfamilienhausarchitektur,
welche organisch an die Räumlichkeit und die Bebauungshöhe der überkommenen Bebauung
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anschließt und die historischen Vorgaben mit modernen Bauformen überzeugend zu
interpretieren weiß. Die sechsgeschossigen Häuser, die insgesamt zehn selbstgenutzte,
hervorragend geschnittene und flexibel gestaltbare Etagenwohnungen mit geräumigen
Terrassen und Balkons enthalten, sind von einer Bauherrengemeinschaft errichtet worden. Da
die Mitglieder der Eigentümergemeinschaft frühzeitig und partizipativ in die Planung
einbezogen wurden, gelang es, ein wirtschaftlich sehr effizientes Nutzungs- und
Bauausführungskonzept zu realisieren, das auch die Anlage eines gemeinsam zu nutzenden
großräumigen Gartenbereichs ermöglichte. Auf den Bau einer Tiefgarage wurde verzichtet und
stattdessen in Teile der Erdgeschosse beider Häuser offene Carports integriert. Der
Energiestandard übertrifft die gesetzlichen Anforderungen und nutzt die anliegende – in Leipzig
ökologisch sinnvolle – Fernwärme. Im Kontrast zu den weiß abgefärbten, einfach und
diszipliniert gegliederten Fassaden der Obergeschosse verleihen die Sockelgeschosse,
umkleidet mit einem sehr dauerhaften, goldbraun aufleuchtenden Glasmosaik, der ansonsten
eher kühl und rational anmutenden Architektur der beiden Neubauten einen eigenständigen
gestalterischen Akzent.
LOBENDE ERWÄHNUNG
3. Grundschule, 2014
Architekt: JSWD Architekten, Köln
Bauherr: Stadt Leipzig, Amt für Jugend, Familie und Bildung, Amt für Gebäudemanagement
In der gründerzeitlich geprägten Blockrandstruktur der Südvorstadt besetzt der neue
Schulbaukörper mit seiner fast quadratischen Kubatur einen zentralen Ort in einem
langgestreckten Grünraum, der schon zuvor schulischen Zwecken diente. Durch den
Baumbestand tritt die dreigeschossige Schule allerdings kaum in Erscheinung. Nur nach
Norden zur Scharnhorststraße wird der Eingang über einen Vorplatz definiert.
Der Neubau der fünfzügigen Grundschule im zeitgemäßen Passivhausstandard überzeugt
durch ein klares Gebäudekonzept. Im großzügigen Foyer verbindet eine offene Treppe alle
Ebenen miteinander. Gleichzeitig öffnet sich der Blick in den Innenhof, das Herzstück der
Anlage. Dieser gliedert sich in zwei Ebenen: das Dach der um fast zwei Geschosse
abgesenkten Sporthalle bietet dem Hort im ersten Obergeschoss einen eigenen Freiraum, die
untere Ebene öffnet sich über einen großzügigen Durchgang zu den südlich angrenzenden
Freiflächen.
Die recht konventionellen Grundrisse, in denen die Unterrichtsräume entlang langer Flure
gereiht werden, werden durch Aufenthaltsflächen aufgelockert. Diese Flächen können als
zusätzliches Raumangebot auch in den Unterricht einbezogen werden. Funktional schlüssig ist
die Anordnung aller Gemeinschafts- und Sonderräume wie Werkstatten, Mehrzweckraum und
Mensa im Erdgeschoss, wo sie leicht zu erreichen sind und in Wechselwirkung mit der
Hoffläche genutzt werden können.
Zu bedauern ist, dass die Fassade nur als Wärmedämmverbundsystem mit hinterlüfteten
Aluminiumpaneele ausgeführt wurde. Ein werthaltigeres – und für Schulbauten robusteres –
Material wäre dem ruhigen Baukörper und der Umgebung angemessener.
KONGRESSHALLE am Zoo Leipzig, 2015
Architekt: HPP Architekten, Leipzig
Bauherr: Zoo Leipzig GmbH
Mit der Entwicklung des historischen „Bürgerlichen Gesellschaftshauses“ am Zoo zu einem
multifunktionalen Veranstaltungszentrum wird ein Areal aufgewertet, welches nach
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Kriegseinwirkungen und weiteren Zerstörungen jahrzehntelang nicht adäquat genutzt werden
konnte. Im Zuge der Neuausrichtung zu einem modernen Kongresszentrum wurde ein urbaner
Funktionsbaustein geschaffen, der an einem besonderen Leipziger Ort Tagungen und
Ausstellungen zu einem Erlebnis werden lässt.
Trotz der hohen Ausnutzung der verfügbaren Flächen wirkt die Einfügung in den historischen
Bestand des Gesellschaftshauses sehr gelungen, zumal die lebhafte Raumkonstellation von
einer weitgehend einheitlichen, ruhig gegliederten Gebäudehülle gefasst wird. Die in
expressionistischer Manier entwickelte Fassadenstruktur gibt den neu entstandenen Bauteilen
eine prägnante Note und tritt mit dem dominanten Altbau in einen heiteren Dialog.
Im Inneren des Gebäudes bieten 14 Säle eine überraschend hohe Dichte und Flexibilität
räumlicher Angebote. Positiv kommt zur Geltung, dass die Bestandssäle in ihren sehr
unterschiedlichen Charakteren und mit denkmalpflegerischer Sorgfalt wiederhergestellt wurden.
Vor allem die Entscheidung, die geforderte Ausstellungsfläche unter den Gesellschaftssaal zu
legen und diesen damit als einen traditionsreichen Raum der Leipziger Bürgerschaft erhalten
zu können, lässt das Gesamtensemble erst vollständig seine Wirkung entfalten. Somit ist es
möglich, die über einhundertjährige Geschichte des Ortes anhand der architektonischen
Sprache nachzuvollziehen. Zu bedauern sind allerdings die als Tribut an die Nutzung
nachträglich eingezogenen Technikeinbauten, die die Wirkung der historischen Säle zerstören.
Im Gegensatz zur Individualität und Originalität der bestehenden Räume sind die als
„Glasboxen“ neu hinzugefügten Säle in einer wohltuenden Einfachheit konzipiert, die dennoch
die gestalterische Leitlinie nicht vermissen lässt. Das Wechselspiel von Stütze und
Zwischenraum schafft transparente Wände, trotz der teils engen Nachbarschaft unterschiedlich
gerichteter und proportionierter Räume bleiben auf diese Weise Großzügigkeit und
Zusammenhang erhalten.
Die Öffnung des „Palmensaales“ als Zoo-Restaurant verknüpft das Kongresszentrum auf
unmittelbare Weise mit dem benachbarten Zoo und lässt die Intentionen des ursprünglichen
städtebaulichen Konzeptes eines „Gesellschaftshauses am Zoo“ wieder aufleben. Es wäre
daher wünschenswert, wenn in Zukunft eine noch stärkere funktionale Verschränkung beider
Areale zu weiteren Synergien führt.
Kontaktadresse
Stadt Leipzig
Stadtplanungsamt – Geschäftsstelle Architekturpreis
Neues Rathaus
Martin-Luther-Ring 4–6, Zimmer 499/496
04109 Leipzig
Tel.: 0341 123-48 24 oder -49 04
Fax: 0341 123-48 40
E-Mail: [email protected]
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