IT- UND MEDIZINTECHNIK INTENSIV-/NOTFALLMEDIZIN Darum Delirmanagement In den kommenden Ausgaben erklärt HCM gemeinsam mit Experten aus der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, dem Delirnetzwerk und weiteren Einrichtungen, warum und v.a. wie Krankenhäuser für Delirprävention sorgen sollten und können. Zunächst die Grundlagen. Unter dem Begriff Delir summiert man akute Änderungen der geistigen Leistungsfähigkeit, die bei Krankheiten des Gesamtorganismus oder des zentralen Nervensystems (ZNS) auftreten können. Dieses Psychosyndrom ist charakterisiert durch variable Störungen des Bewusstseins und der Aufmerksamkeit, oft auch der Wahrnehmung und des Gedächtnisses, der Psychomotorik, der Emotionalität und des Schlaf-wach-Rhythmus. Zwar kommen Drogen und Alkohol auch infrage, grundsätzlich ist das Delir jedoch ätiologisch mit vielen anderen Möglichkeiten (Multiorganversagen, Sepsis, Schmerzen, Schlafmangel, unverständliche Umgebung usw.) unspezifisch. Delirien betreffen jede Altersgruppe, Inzidenzen schwanken im Krankenhaus zwischen 10 und 92 Prozent. Die Aufmerksamkeit für dieses Thema wächst rapide. Erweckten Begrifflichkeiten wie Durchgangssyndrom noch vor kurzem den Anschein einer stets harmlosen Verwirrtheitsepisode z.B. nach Operationen oder Intensivstationsaufenthalten, weiß man heute mehr. Die ZNS-Veränderungen sind nicht zwangsläufig harmlos und vorübergehend. Vielmehr ist jedes Delir als potenziell lebensbedrohliche Komplikation zu verstehen. In manchen Fällen hat die kognitive Leistungsminderung weit über den Krankenhausaufenthalt hinaus Bestand. Ein Delir erhöht so die Wahrscheinlichkeit nachfolgender Pflegebedürftigkeit und die Mortalität im nachfolgenden Genesungsprozess. In Abhängigkeit von seiner Dauer muss man mit einer zehnprozentigen Sterblichkeitszunahme pro Tag im Delir rechnen. Zu erkennen ist ein Delir nur durch das akute Auftreten und den fluktuierenden Verlauf der Symptome bei gegebener Voraussetzung. Die Fluktuationen und die unterschiedlichen psycho­motorischen Ausprägungsformen, die man in hyperaktive, hy- Delirien können für Patienten sehr gefährlich werden. Krankenhäuser können jedoch etwas dagegen tun. poaktive oder wechselndgemischte Typen einteilt, erschweren die Zuordnung zu einer krankhaften Störung und machen ein konsequentes Screening mit validierten Verfahren erforderlich. Hierzu eignen sich z.B. in der Intensivmedizin Tests wie die CAM-ICU und der ICDSC. Sie schaffen innerhalb von fünf Minuten Klarheit darüber, ob sich ein Delirverdacht bestätigt. Begegnen kann man der Herausforderung bereits präventiv mit einem multimodalen Delirmanagement entsprechend der aktuellen Delirleitlinie, die von vielen Fachgesellschaften konsentiert wurde. Ein weiterer Ansatz ist die berufsgruppenübergreifende Arbeit, z.B. im Delir-Netzwerk. Leider ist der Erfolg von Prävention mit seiner hohen Inanspruchnahme personeller und materieller Ressourcen im Nachhinein oft schwer zu begründen. Immer noch wird Intensivmedizin in erster Linie ökonomisch nach Schweregrad, Komplikationen und Prozeduren abgebildet. Gängige Standardaufwandindizes (TISS-10, TISS-28, NEMS) geben nicht den höheren Arbeitsaufwand wieder, so dass die Refinanzierung geeigneter Maßnahmen in Gefahr gerät. Weitere Forschungsansätze zu machbaren Gegenmaßnahmen in Bezug auf das Auftreten und Abfangen eines Delirs sind nötig. Ein gutes Beispiel stellt der gemeinsame Forschungsförderpreis zum Delirmanagement der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensivmedizin und Notfallmedizin (DIVI) und Philips dar. 2017 wird dieser zum ersten Mal ausgeschrieben. Weitere Infos dazu finden Sie online unter www.divi.de/ wissenschaft/wissenschaftliche-preise/. Wie erfolgreiches Delirmanagement im Klinikalltag mit Hilfe eines nichtpharmakologischen und präventiven Delirmanagements funktionieren kann, erfahren Sie in den nächsten Ausgaben von HCM. Literaturhinweise sind auf Anfrage bei der Redaktion erhältlich. PROF. DR. MED. HANS-CHRISTIAN HANSEN Chefarzt der Neurologischen Klinik im FriedrichEbert-Krankenhaus, Neumünster, Sprecher der Sektionsgruppe Bewusstseinsstörungen und Koma der DIVI, Kontakt: [email protected]. CARSTEN HERMES Fachkrankenpfleger für Anästhesie und Intensivmedizin, Betriebswirt im Sozial- und Gesundheitswesen (IHK), Kontakt: [email protected] HCM 8. Jg. Ausgabe 5/2017 Fotos: DIVI, Delirnetzwerk, tomertu (Fotolia.com) 48 QUALITÄTSMANAGEMENT KRANKENHAUSMAHLZEIT NACH DGE-QUALITÄTSSTANDARD Machen Sie Ernährungsempfehlungen! Jeden Mittag eine Fleischmahlzeit oder auch mal vegetarisch? Wie sieht das ideale Frühstück im Krankenhaus oder in der Klinik aus? Schon bei der Menüempfehlung bzw. -erfassung am Patientenbett kann und sollte geschultes Personal zu einer gesundheitsfördernden Speisenauswahl motivieren. Gerade im Krankenhaus ist bei vielen Patienten die Motivation hoch, ihre Genesung durch eine gesundheitsfördernde Speisenauswahl zu unterstützen. Gelegenheit für eine Ernährungsberatung gibt es für alle, die keine ernährungsmitbedingten Krankheiten haben, im Krankenhaus kaum. Jedoch erfordern das geringe Maß an Bewegung und ein entsprechend niedriger Energiebedarf bei gleichzeitig oft erhöhtem Nährstoffbedarf auf Grund der Rekonvaleszenz eine nährstoffreich ausgewogene Ernährung. GUTE EMPFEHLUNGEN HELFEN Fotos: Deutsche Gesellschaft für Ernährung Bereits zum Frühstück sollten Vollkornbrötchen oder -brot als Empfehlung gegeben werden. Denn ballaststoffreiche Lebensmittel, zusammen mit einer ausreichenden Trinkmenge, sättigen lange und wirken sich positiv auf die Darmpassagezeit aus. Als Brotbelag muss nicht Wurst und fettreicher Käse sein. Möglich sind auch fettärmere Käsesorten, Quark, Frischkäse und dazu Gurken- oder Tomatenscheiben. Natur­joghurt und frisches Obst sind eher empfehlenswert, auch als Zwischenmahlzeit, als ein Fruchtjoghurt. Zur Mittagsmahlzeit gilt die Empfehlung, nicht täglich eine Mahlzeit mit Fleisch zu wählen. Wenn doch, ist das magere weiße Fleisch zu bevorzugen, das im Ange- RICARDA HOLTORF Diplom-Oecotrophologin, Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE), Fit im Alter – gesund essen, besser leben, Kontakt: [email protected] HCM 8. Jg. Ausgabe 5/2017 Patienten sind meist gerne bereit, Ernährungstipps vom Krankenhauspersonal anzunehmen. bot sein sollte. Gerichte mit gedünstetem Fisch, knackiges Wokgemüse mit Naturreis, Aufläufe aus Vollkornnudeln und Gemüse sowie Salatteller sind reich an Vitaminen, Mineralstoffen sowie sekundären Pflanzen- und Ballaststoffen. Auch zum Abendessen sind Schwarzoder Vollkornbrot und frischer Salat eine gesundheitsfördernde Empfehlung. EIN KURZES GESPRÄCH Die engagierte Beratung zur Verpflegung im Sinne der Genesung kann die Initialzündung sein, die Patienten zu einer gesundheitsfördernden Wahl zu motivieren. Dies sollte mit einem vielfältigen und genussvollen Angebot einhergehen, das unmittelbar zum Ausprobieren verführt. Mit kurzen überzeugenden Argumenten kann eine gut geschulte Servicekraft nicht nur Speisewünsche erfassen, sondern gleichzeitig zu einem gesundheitsfördernden Ernährungsverhalten beitragen: • „Treffen Sie eine vielfältige Speisenauswahl, die alle Nährstoffe liefert und zu Ihrer Genesung beiträgt.“ • „Wählen Sie fettarme und nährstoffschonend zubereitete Mahlzeiten.“ • „Als Zwischenmahlzeit bieten wir Ihnen frisches Obst.“ Mit diesen Empfehlungen und einem vollwertigen Verpflegungsangebot, bei dem die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für die Klinikverpflegung unterstützen, ist die Speisenerfassung eine sinnvolle Maßnahme zur Gesundheitsförderung und Prävention. Von zentraler Bedeutung ist, dass die Mitarbeiter geschult sind und bei Rückfragen kompetent antworten können. Denn ganz gleich, ob es sich um Diabetes mellitus Typ II, Übergewicht oder die Prävention einer Mangelernährung handelt, ist eine vollwertige Verpflegung mit gesundheitsfördernder Auswahl das richtige Angebot. Seminare dazu bietet die DGE über IN FORM in der Gemeinschaftsverpflegung an. Infos dazu gibt es unter www.station-ernaehrung.de. 49