Tagesmuttekonzept aus Trentino- Il Sorriso Der Tagesmutterdienst besteht seit 10 Jahren in Trentino. Er wurde aus Deutschland importiert und in Trentino weiterentwickelt. Aus diesem Grund gibt es auch keinen italienischen Begriff für Tagesmutter. Das System der Tagesmütter soll zukünftig in ganz Italien eingeführt werden. Die Cooperativa Tagesmutter del trentino wurde von 90 Frauen gegründet, die den Wunsch und den Bedarf nach einem neuen Dienst hatten. • Zu wenig Plätze für Kinder unter 3 Jahren • Betreuungszeiten in den offiziellen Einrichtungen unpassend und unflexibel • Eltern sind zum Teil die große Einrichtungen zu anonym • Keine individuellen Lösungen für Familien möglich In den Ländern Frankreich, Dänemark, Finnland, Belgien, Irland, Deutschland, Österreich, Norwegen, Luxemburg und Portugal ist das System der Tagesmütter bereits institutionalisiert. Die Organisation und Ausbildung der Tagesmütter ist in den Ländern unterschiedlich aufgebaut und wird von den Ländern, bzw. Kommunen unterschiedlich ökonomisch unterstützt. In Italien ist der Tagesmutterdienst oftmals „versteckt“, bzw. wird sozusagen „schwarz“ betrieben. Vielleicht sollte man in diesem Bereich eher von einem Babysitterdienst sprechen. Die Betreuung kommt nach Hause, ist nicht institutionalisiert, jeder kann diesen Dienst ohne pädagogische Vorkenntnisse durchführen und die Beziehung zum Kind steht nicht im Vordergrund. Auch in Italien hat sich die Arbeitswelt verändert. Viele Frauen sind berufstätig und gleichzeitig Mutter. An ihren Einsatzorten müssen sie zeitlich oft flexibel sein und ihre Verträge sind zum Teil nur befristet. Mit der zusätzlichen Belastung, dass sie ihr Kind nicht gut betreut wissen, haben diese Frauen große Schwierigkeiten ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen zu können. Also wurden nach neuen Lösungen gesucht, die effektiv, effizient und Qualität beinhalten. Diese Punkte greift die Cooperativa (Genossenschaft) Tagesmutter del trentino auf. Sie bauten einen Tagesmutterdienst auf, mit dem Zweck die Zufriedenheit der berufstätigen Frauen und Familien zu erhöhen und die Arbeit der Tagesmutter einerseits transparent zu machen und andererseits zu professionalisieren. Politisch wurde eine wirtschaftliche Unterstützung für Familien auch im Bereich der Betreuung bei einer Tagesmutter gefordert, sowie die Anerkennung der Tagesmütter als Profession. Mittlerweile gibt es ein Gesetz in Italien, welches den Dienst der Tagesmütter anerkennt. Zur Zeit werden 450 Kinder von Tagesmütter in Trentino betreut. Es gibt in Trentino 5000 Anfragen pro Jahr für die Betreuung u3 Jahre. 3.500 dieser Kinder können durch die unterschiedlichen Betreuungsangebote versorgt werden. Inhalt des Tagesmutterkonzeptes: • Familie sind und bleiben der erste Ort der Erziehung. Der Respekt vor der Mutter, der Familie und der Tradition wird gewahrt. • Es müssen für die Bedarfe der Familien unterschiedliche Initiativen gefunden werden, um die Bedürfnisse abdecken zu können (Kindergrippen, Kindergarten, Tagesmütter, Spielgruppen, Babysitter). • Flexible Betreuungszeiten, trotzdem eine Gewährleistung von hoher Qualität. • Die Tagesmutter und die Familien bauen untereinander ein Beziehung zum Wohle des Kindes auf. • Die Tagesmutter nimmt nicht nur das Kind, sondern die gesamte Familie mit ihren individuellen Bedürfnissen auf. • Die Aufmerksamkeit der Tagesmutter ist auf das Kind gerichtet. Der Tagesablauf des Kindes mit seinen Ruhezeiten wird respektiert und die Individualität des Kindes wird gefördert. Struktur: • Die Tagesmutter wird sozusagen als zweite Bezugsperson nach der Familie gesehen. Ihr Schwerpunkt liegt im Sozialisationsprozess zwischen den zu betreuenden Kindern und der Pflege des einzelnen Kindes bei sich zu Hause im familiären Rahmen. • Die Tagesmütter erhalten eine qualifizierte Fortbildung, mit dem Schwerpunkt Beobachtung, Entwicklungsprozesse des Kindes und professioneller Austausch zwischen Eltern und Tagesmutter. • Die Tagesmütter müssen mindestens 21 Jahre sein und höchsten 60 Jahre. • Die Ausbildung beträgt 800 Stunden über ein Jahr, auch wenn ein Diplom in Pädagogik vorliegt. • Die Provinz bezahlt die Ausbildung. Die Auszubildenden erhalten 6€ die Stunden während der Ausbildung. • Der Kurs wird nur für Frauen angeboten. • Nach der Ausbildung kann nur als Tagesmutter gearbeitet werden, der Einsatz in der Kinderkrippe ist nicht möglich. • Die Tagesmütter sind bei der Genossenschaft angestellt, eingeschrieben in der Provinz und haben stets einen Koordinator zur Unterstützung an ihrer Seite. Die Tagesmütter geben im Vorfeld bekannt zu welchen Zeiten sie Kinder betreuen können (halbtags, ganztags, nachts, am Wochenende). • Es können bis zu 5 Kinder pro Tagesmutter betreut werden, in der Regel sind es jedoch 3 Kinder in Trentino, die gleichzeitig betreut werden. Die eigenen Kinder der Tagesmutter werden auch als Tageskinder angerechnet. Die Kinder sind im Alter zwischen 0-13 Jahren. Das unterschiedliche Alter der Kinder verstärkt das Gefühl, wie in einer Familie mit mehreren Geschwistern betreut zu werden. • • • • Die Räume der Tagesmütter (Ort der Erziehung) werden zertifiziert und müssen entsprechende Standards vorhalten: - Sicherheitsaspekte müssen gewahrt werden - 9m² pro Kind, Küche, Wohnzimmer, Zimmer nur speziell für Kinder, Bad - Der Raum der Kinder ist nach Funktionen aufgeteilt: Kuschelecke, Essbereich, Aktionsecke - Jedes Kind hat einen Ort, wo es seine persönlichen Gegenstände lagern kann. Die Eingewöhnungszeit bei der Tagesmutter beträgt 10 Tage. Danach können die Eltern entscheiden, ob sie das Tagespflegeverhältnis eingehen wollen oder nicht. Während der Betreuung wird für jedes Kind ein eigenständiges Projekt entwickelt. Dabei ist die Tagesmutter und die Psychologin beteiligt. Jeden Tag wird durch die Tagesmutter dokumentiert, was das Kind gemacht hat. Die Tagesmütter treffen sich in regelmäßigen Abständen zum gegenseitigen Austausch. Dabei vertiefen sie pädagogische Themen, besprechen in kollegialen Fallbesprechungen Problematiken und arbeiten in einem Netzwerk zusammen. Die Tagesmütter übernehmen im Krankheitsfall die Vertretung untereinander. Betreuung durch Koordinatoren, Psychologen: • • • • • • • • Die Koordinatoren besuchen die Tagesmütter wöchentlich. Dabei betreut sie im Schnitt 12 Tagesmütter. Die Verträge und die gesamte Verwaltung läuft über die Koordinatoren. Der Verdienst der Tagesmütter richtet sich nach der Anzahl der zu betreuenden Kindern. Pro Kind und Stunde wird 8€ brutto durch die Genossenschaft ausgezahlt. Das Essen muss mit ca. 2€ pro Essen extra bezahlt werden. 50% der Kosten übernimmt die Provinz. Eine Psychologin entscheidet wie viele Kinder eine Tagesmutter betreuen darf. Einmal im Monat führt die Psychologin ein Gespräch mit der Tagesmutter. Die Koordinatoren verteilen die Kinder an die Tagesmütter, dabei beachten sie die Konstellationen der Kinder, die gemeinsam betreut werden, die möglichen Betreuungszeiten bei den Tagesmüttern und die Bedürfnisse der Familien. Die Koordinatoren schauen, dass das Gleichgewicht zwischen den Tagesmütter und Familien gewahrt bleibt. Wenn Probleme auftauchen, die weder von der Tagesmutter noch vom Koordinator gelöst werden können, wird den Familien Experten empfohlen (Beratungsstellen, Therapeuten etc.). Wenn die Bedürfnisse und Anforderungen der Familien an die Tagesmutter nicht leistbar ist, wird gemeinsam überlegt, welchen andere Betreuungsmöglichkeit für das Kind und die Familie die richtige ist.