Projektmanagement: Die richtige Software am richtigen Ort

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Immer mehr Unternehmen ersetzen
Abläufe in hierarchischen Linien
durch flexible Projektarbeit.
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Projektmanagement: Die richtige
Software am richtigen Ort
Projekte statt hierarchischer Linien als Organisationsprinzip erfordern geeignete Software-Lösungen.
Projektmanagement-Software für das Enterprise sollte jedoch nicht nur nach dem Umfang ihrer Features ausgesucht
werden – sie muss auch zur Organisation und ihren Zielen passen.
IT-BUSINESS / Dr. Andreas Bergler
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ine Berlecon-Studie vom Sommer
2011 legt es offen: In deutschen Unternehmen geht der Trend zur Organisation in Projekten. Um den steigenden
Anforderungen und neuen Verfahren zu begegnen, werden in mehr als der Hälfte von
befragten 149 Unternehmen starre Abläufe
in hierarchischen Linien durch flexible Projektarbeit ersetzt. Das gilt besonders für wissensintensive Bereiche wie IT, Forschung
und Finanzen.
Tool-Auswahl
Folglich wächst der Markt der Tools für das
Projektmanagement. Nicht wenige ad hoc
konstituierte Arbeitsgruppen ohne enge organisatorische Bindung würden ohne einschlägige Web-2.0-Plattformen gar nicht
existieren. Für den Einsatz im Unternehmen,
der ein hohes Maß an Skalierbarkeit und
Anpassungsfähigkeit an sich ändernde Bedingungen voraussetzt, sind jedoch nicht alle Tools geeignet. Außerdem nützt ein Tool
im Enterprise-Einsatz nur selten etwas,
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wenn es nicht im gesamten Produkt-Lifecycle eingesetzt werden kann.
Projektmanagement-Werkzeuge sind jedoch nicht selten auf die Planungsphase eines Produkts fokussiert, vernachlässigen dafür Funktionalitäten für die Verfolgung des
Projektverlaufs. Demzufolge bieten sie nicht
ausreichend Möglichkeiten, auf unvorhergesehene Ereignisse mit Planänderungen zu
reagieren und sich in dynamische Workflows zu integrieren. Qualitätskriterium für
ein Tool ist seine Fähigkeit, sich an Projektdynamiken anzupassen, Vorabeinschätzungen der Wirkungen von Eingriffen in den
Ablauf zu ermöglichen und Planänderungen schnell und unmissverständlich an alle
Beteiligten zu kommunizieren.
Best Practices
Die Latte hängt also hoch. Für die erste Auswahl empfiehlt Oliver Mack, Leiter der Project and Program Management Office
Group beim österreichischen Chemikalienhersteller Borealis, sich nicht allein auf Ein-
flüsterungen von Anbietern zu verlassen,
sondern sich konkrete Einsatzfälle von Software in anderen, vergleichbaren Unternehmen anzusehen. „Nichts geht über Best
Practices“, bringt er seinen Ansatz auf den
Punkt. Der Pragmatismus bei der Tool-Implementierung von Borealis zeigte sich auch
darin, dass Mack sich an den internen Gegebenheiten ausrichtete. Es sei vor der Einführung einer Software vor allem wichtig,
zu analysieren, mit welchen Methoden und
in welchem organisatorischen Rahmen Projekte bis dato gesteuert werden. Nur so könne man Tools auswählen, die unter diesen
Voraussetzungen optimal sind.
Grundlegende Methoden seien nämlich
zunächst mal unabhängig vom SoftwareTool, betont Mack. „Eine Zeitablaufsteuerung zum Beispiel kann man auch in Power­
point oder auf Papier machen.“ Das Tool
zum Projektmanagement sei unter diesem
konkreten Kriterium dann danach auszuwählen, dass es das erforderliche Scheduling unterstützt, etwa Microsoft Project ▹
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oder einen anderen Werkzeugkasten für das
Enterprise Project Management.
Neue Einfachheit
Für Mack ist es wichtig, dass eine Projektmanagement-Software nicht überkompliziert ist und die Aufgabe dadurch unnötig
schwierig macht. Komplexe Algorithmen,
etwa für die Priorisierung von Tasks und
den abgestimmten Einsatz von Ressourcen,
seien oft nicht intuitiv zu begreifen und einzusetzen; und denselben Zweck könne man
mitunter schneller, kostengünstiger und verlässlicher mit manuellen Ad-hoc-Eingriffen
erreichen. Eric Schott, Mitbegründer des
Frankfurter Beratungsunternehmens Campana und Schott, das auf Projektmanagement und Prozessoptimierung spezialisiert
ist, spricht in diesem Zusammenhang von
kompetentem „Hand-am-Arm“-Vorgehen,
mit dem sich Probleme oft am schnellsten
lösen ließen.
Ein Tool muss zum methodischen Ansatz
des Projektmanagements, den ein Unternehmen oder eine Abteilung verfolgt, passen;
es kann ihn nicht vorschreiben. Eine Organisation, die sich zum Beispiel in der Software-Entwicklung für die „agile” Methode
„Scrum“ entschieden hat – hierbei werden
die Anforderungen an eine Software nicht
ein für allemal festgelegt, sondern nach jedem Zwischen-Entwicklungsschritt neu bewertet und bei Bedarf angepasst – braucht
eine Lösung, die einen solchen iterativen
Prozess unterstützt, anstatt eine lineare Ablaufsteuerung vorzuschreiben, sagt etwa
Mey Mark Meyer von der Bremer Marktforschungs- und Beratungsfirma „M3 Pro­
jekt:Informations:Management“. Andererseits kann ein Tool, das so genannte
Gantt-Diagramme nutzt – bei der die Projektaktivitäten auf einer Zeitachse dargestellt werden – Beteiligte von logischen Erfordernissen im Entwicklungsprozess
ablenken, denn der muss nicht zwingend
chronologisch sein.
Business Case I
Wird eine Projektmanagement-Lösung mit
einem genau definierten Ziel und einem realistischen Erwartungshorizont eingeführt,
können die Fristen bis zum Return on Investment sehr kurz ausfallen. Das war der
Fall bei der Göttinger Sartorius AG, die unter anderem Filtertechnik für die Medikamentenproduktion herstellt, im Kundenauftrag die Funktionsfähigkeit der Filter und
der Prozesse validiert und so die Voraussetzung für die Zulassung der Medikamente
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Auch Groupware- und Collaboration-Tools können das Projektmanagement unterstützen.
schafft. Bislang war Excel das Werkzeug der
Wahl für das Jonglieren mit den oft widerstreitenden Anforderungen beim Aufteilen
der Labor-Ressourcen, was es bei sechs Projektmanagern erschwerte, für die erforderliche Transparenz zu sorgen, so Axel Hühne, Director Backoffice Solutions bei der
Sartorius Corporate Administration GmbH.
Außerdem kam es zu Verzögerungen im
Prozessablauf, etwa, wenn ein Labormitarbeiter die Datei geöffnet hatte und währenddessen niemand anders daran arbeiten
konnte. Wachstumsplanung im Fachbereich
konnte man mit dem herkömmlichen Tool
ebenfalls nicht leisten. Unter Hühnes Verantwortung wurde auf Basis von Microsofts
Project Server eine Lösung eingeführt, die
Wachstumsplanung und paralleles Arbeiten
ermöglicht und frühzeitig Alarm gibt, bevor
ein Validierungskunde säumig wird. Die
Kosten waren mit 25.000 Euro überschaubar, der Effekt trat unmittelbar ein. Hühne:
„Wir können nun Laborzeiten anbieten, ohne umplanen zu müssen. Die Kommunikation mit den Kunden wird souveräner.“
Business Case II
Auf der Grundlage der Microsoft-Serverprodukte Project und Sharepoint führte
Campana und Schott bei Bayer Animal
Health in Monheim eine integrierte Lösung
für das Projektmanagement ein. Gesteuert
werden der Projektverlauf und die Ablage
der Dokumente. In jedem Forschungsprojekt sollen Projektleiter, Portfoliomanager
und alle anderen Beteiligten dieselbe Sicht
auf das Projekt und seinen Verlauf haben.
„So behalten wir die Korrelation zwischen
Wert und Zeitverlauf im Blick“, erklärt Jörg
Cramer, der für die Einführung der Lösung
verantwortlich zeichnet, die Zielsetzung.
Verzögert sich etwa eine Versuchsreihe
beim Entwickeln eines Medikaments und
gerät dadurch der Termin für seine Markteinführung in Gefahr, kann das Projektmanagement frühzeitig Alarm schlagen. So
bringe die Einführung des Tools mehr Prozesssicherheit. Zudem, stellt Cramer fest,
rechne die Einführung sich dadurch, dass
kaufmännische Daten aus jedem einzelnen
Projekt in Verbindung mit einem SAP-System verwaltet werden könnten: „Projektleiter haben so die Möglichkeit, eine teure
Kostenentwicklung in Projekten sofort zu
identifizieren.”
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Fazit
Werkzeuge für das Projektmanagement
entwickeln sich weiter. Das hat mit zunehmender Verbreitung projekthafter Organisation in Unternehmen zu tun, sagt Hasso
Reschke vom Institut für Projektmanagement. Es hat aber auch damit zu tun, dass
zunehmend nicht nur die Entwicklung neuer Produkte und Services als Projekt begriffen wird. Zum Beispiel kann auch das Marketing bereits eingeführter Produkte mit
Werkzeugen unterstützt werden, die im
weiteren Sinn zur Gruppe der Projektmanagement-Software gehören, etwa Groupware- und Collaboration-Tools. Die Integration solcher Features in die ursprüngliche
Funktionalität klassischer Projektmanagement-Lösungen, so Reschke, führe zu einer
Reife und Benutzungsfreundlichkeit der
Produkte, die ihre Verbreitung zusätzlich
fördere. Das sei ein Prozess, der sich im Verlauf der vergangenen Jahre immer stärker
beschleunigt habe.
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