Publikation – ift Rosenheim Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Benitz-Wildenburg – Leiter PR & Kommunikation, ift Rosenheim Sicherheit bei Fenster und Türen in Schulbauten Seite 1 von 6 Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Benitz-Wildenburg – Leiter PR & Kommunikation, ift Rosenheim Sicherheit bei Fenster und Türen in Schulbauten Flucht- und Rettungswege, Bedienkräfte und Sicherheitsglas An Schulbauten werden zu Recht erhöhte Anforderungen gestellt, da es sich bei Kindern um besonders schützenswerte Personen handelt. Neben der MBO bzw. den LBO´s sind als gesetzliche Bestimmungen vor allem die „Muster-Richtlinie über bauaufsichtliche Anforderungen an Schulen (MSchulbauR)“, die „Musterverordnung über den Bau und Betrieb von Versammlungsstätten (MVStättV) (Aula) sowie die DIN 58 125 „Schulbau“ zu beachten, in der konkrete Anforderungen formuliert werden. Diese werden durch die Regelungen der gesetzlichen Unfallversicherungen (GUV) ergänzt, beispielsweise in der GUV-SR 2001 „Richtlinien für Schulen – Bau und Ausrüstung“, Absatz 4.2.5 „Fenster, Türen“. Hier werden Anforderungen für die gefahrlose Betätigung von Fensterflügeln gemacht, beispielsweise zur Öffnungsbegrenzung, Sperrsicherungen oder Feststellvorrichtungen bei Lüftungsflügeln. Die konkreten Prüf- und Klassifizierungsnormen finden sich in der Produktnorm für Fenster und Außentüren, DIN EN 14351-1. Darüber hinaus sind auch Aspekte einer erhöhten Gebrauchstauglichkeit zu berücksichtigen, die auf den noch nicht voll ausgebildeten motorischen Fähigkeiten sowie den zunehmenden Vandalismuserscheinungen basieren. Auch Aspekte des Universal Design und der Barrierefreiheit sollten bei Schulbauten berücksichtigt werden. Nicht zuletzt ist die Frage nach einer ausreichenden Versorgung mit Tageslicht, blendfreien Lernplätzen sowie ausreichend frische Luft für den Schulalltag von Bedeutung. Diese werden aber in folgendem Beitrag nicht weiter beschrieben und bleiben einer weiteren Publikation vorbehalten. Bild 1 Wichtige Kriterien für Fenster und Türen in Schulbauten © 2013 Institut für Fenstertechnik e.V.; Theodor-Gietl-Straße 7-9; 83026 Rosenheim www.ift-Rosenheim.de; [email protected]; Tel./Fax 08031/261-0/290 Publikation – ift Rosenheim Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Benitz-Wildenburg – Leiter PR & Kommunikation, ift Rosenheim Sicherheit bei Fenster und Türen in Schulbauten Seite 2 von 6 Flucht und Rettungswege In der MBO werden im Abschnitt 5, § 33 die Rettungswege behandelt. In den meisten Fällen sind zwei voneinander unabhängige Rettungswege ins Freie bei der Planung zu berücksichtigen (erster und zweiter Rettungsweg). Dabei kennt sowohl die MBO als auch die LBO weder die Begriffe Fluchtweg, Fluchttür oder Notausgang. Sie werden dort als „Rettungswege“ bezeichnet. Liegen die Nutzugseinheiten nicht ebenerdig, so muss der erste Rettungsweg über Treppen führen. Der zweite Rettungsweg kann an einer Stelle liegen, die mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbar ist. Dann können auch Fenster am Ende eines Rettungsweges bzw. in einer Nutzungseinheit zur Anwendung kommen. Dies gilt im Übrigen auch für Fachräume mit erhöhter Brandgefahr (Chemie, Holzwerkräume). Die Anforderungen an Fenster und Türen können wie folgt zusammengefasst werden. • Türen in Rettungswegen müssen sich leicht und über die volle Breite öffnen lassen, in Fluchtrichtung öffnen sowie die in der LBO definierte Mindestbreite haben . • Fenster müssen das in der LBO definiert lichte Maß aufweisen und nicht höher als 1,20 m über der Fußbodenoberkante angeordnet sein. Die Unterkante eines Fensters oder ein davor liegender Austritt darf horizontal gemessen nicht mehr als 1 m von der Traufkante entfernt sein. Unabhängig von den Regelungen im Baurecht legt die Produktnormen DIN EN 14351-1 „Fenster und Außentüren ohne Eigenschaften bezüglich Feuerschutz und/oder Rauchdichtheit“ die Leistungseigenschaften und das anzuwendende Konformitätssystem fest (Tabelle ZA.2). Hiernach ist für Türen in Rettungswegen das Konformitätssystem 1 (AoC 1) anzuwenden, bei der eine ständigen Überwachung, die Bewertung und Abnahme der werkseigenen Produktionskontrolle (WPK) sowie eine Erst- und Regelüberwachung des Herstellwerkes gefordert wird. Für Fenster gibt es an dieser Stelle keine Regelungen. Dies gilt auch für die eingesetzten Beschlagteile wie Panik- und Notausgangsverschlüsse gemäß EN 1125 „Paniktürverschlüsse“ bzw. EN 179 „Notausgangsverschlüsse“. Mit der Übernahme der DIN EN 14351-1 in die Bauregelliste (Abschnitt A1 und B1) ist die Notausgangs- bzw. Paniktür ein „geregeltes Bauprodukt“ geworden. Werden ohne gesonderten Nachweis des gesamten Elementes Beschläge nach EN 179 oder EN 1125 an eine Tür montiert, ist das Produkt ausdrücklich keine Notausgangs- bzw. Paniktür im Sinne eines harmonisierten Bauproduktes, denn eine Fluchtbzw. Paniktür ist eine komplette Einheit aus mehreren Komponenten und die Montage muss unter Berücksichtigung der Nutzungssituation erfolgen. Bild 2 © 2013 Institut für Fenstertechnik e.V.; Theodor-Gietl-Straße 7-9; 83026 Rosenheim www.ift-Rosenheim.de; [email protected]; Tel./Fax 08031/261-0/290 Paniktür Publikation – ift Rosenheim Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Benitz-Wildenburg – Leiter PR & Kommunikation, ift Rosenheim Sicherheit bei Fenster und Türen in Schulbauten Seite 3 von 6 Sollte sich im Laufe der Nutzung eine Änderung einstellen, so ist die Eignung der Tür neu zu bewerten. Das ift Rosenheim empfiehlt Planern, Architekten und Behörden deshalb Türen in Flucht- und Rettungswegen grundsätzlich nach der Produktnorm EN 14351-1 auszuschreiben. Diese Türen verfügen dann nicht nur über die richtigen Beschläge, sondern der Bauherr erhält ein Produkt, das den besonderen Sicherheitsanforderungen in der jeweiligen Einbausituation gerecht wird. Planer und Architekten sollten deshalb vom Hersteller die Vorlage des EG-Konformitätszertifikats „Fluchttür“ gemäß EN 14351-1 verlangen und der Montageanleitung und dem Wartungsbuch des Türsystems erhöhte Aufmerksamkeit schenken. Mit Einführung der Bauproduktenverordnung zum 1. Juli 2013 heißt dieses Dokument „Zertifikat zur Bescheinigung der Leistungsbeständigkeit“ und muss von einer Produktzertifizierungsstelle ausgestellt werden, die damit gesamtverantwortlich die Leistungsbeständigkeit des deklarierten Produktes bescheinigt. Dabei kommt es dann wesentlich auf die Erfahrung und Kompetenz dieser Stelle an. Die EGKonformitätszertifikate behalten nach dem 1. Juli 2013 ihre Gültigkeit Bild 3 Muster eines Zertifikats zur Bescheinigung der Leistungsbeständigkeit gemäß EN 14351-1 und BauPVo © 2013 Institut für Fenstertechnik e.V.; Theodor-Gietl-Straße 7-9; 83026 Rosenheim www.ift-Rosenheim.de; [email protected]; Tel./Fax 08031/261-0/290 Publikation – ift Rosenheim Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Benitz-Wildenburg – Leiter PR & Kommunikation, ift Rosenheim Sicherheit bei Fenster und Türen in Schulbauten Seite 4 von 6 Bedienkräfte als Planungsaufgabe Größere Abmessungen von Fenstern und Fenstertüren sowie schwerere Dreifach- und Funktionsgläser führen zu höheren Flügelgewichten und damit auch zur stärkeren Beanspruchung von Beschlägen. Die Folge sind häufig höhere Bedienkräfte beim Öffnen und Schließen. Da der Griffsitz bei Fenstertüren meistens in einer ergonomischen Höhe von 1050 mm liegt, wird der Anteil der Flügelmasse oberhalb des Griffs immer größer und führt in Verbindung mit der Lage der Verglasung im Flügel zu ungünstigen Hebelverhältnissen. Überschreitungen werden vorwiegend beim Öffnen und Schließen aus der Ruhelage in die Kippposition gemessen. Gemäß den Anforderungen der EN 13115 sollen die Bedienkräfte unter 100 N bzw. 10 Nm liegen (Klasse 1). In behinderten gerechten Gebäuden oder auch in Schulbauten sollten aber höhere Anforderungen definiert werden, die sich aus der DIN 18040-1 ableiten lassen, bei denen die Bedienkräfte auf 30 N bzw. 5 Nm (Klasse 2, EN 13115) begrenzt werden. Das ift Rosenheim weist deshalb in seinen Prüfberichten die Bedienkräfte auch aus. Um die Bedienkräfte in zumutbaren Grenzen zu halten, sollte die Lage der Verglasung innerhalb der Konstruktion genau austariert werden, um das Versatzmoment zum Fensterdrehpunkt zu minimieren. Durch die Beschläge kann die Öffnungsweite von hohen Flügeln begrenzt werden, um so das Schließen der Flügel zu erleichtern. Bild 4 Wenn die Bedienkraft zum Problem wird Tabelle 1 Klassifizierung und Empfehlungen für Bedienkräfte © 2013 Institut für Fenstertechnik e.V.; Theodor-Gietl-Straße 7-9; 83026 Rosenheim www.ift-Rosenheim.de; [email protected]; Tel./Fax 08031/261-0/290 Publikation – ift Rosenheim Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Benitz-Wildenburg – Leiter PR & Kommunikation, ift Rosenheim Sicherheit bei Fenster und Türen in Schulbauten Seite 5 von 6 Einsatz von Sicherheitsglas Ein großes Gefährdungspotenzial geht auch von Glasfüllungen und Ganzglastüren aus, wenn normales Floatglas eingesetzt wird, das beim Glasbruch zu großen Glastafeln mit scharfen Schneidkanten zerbricht. Deshalb wird in der GUV-SR 2001 „Richtlinien für Schulen – Bau und Ausrüstung“ in Abs. 4.2.6 „Verglasungen“ bis zu einer Höhe von 2 m der Einsatz von Sicherheitsglas gefordert. Als Sicherheitsglas gelten Einscheibensicherheitsglas n. EN 12150 (ESG), Verbundsicherheitsglas n. EN 14449 (VSG) oder Materialien mit mindestens gleichwertigen Sicherheitseigenschaften, beispielsweise Kunststoffe. Drahtglas ist jedoch kein Sicherheitsglas. Sicherheitsgläser unterliegen speziellen Anforderungen an die Nutzungssicherheit, die nach EN 12600 geprüft werden müssen. Sicherheitsglas ist nicht erforderlich, wenn der Zugang zu Verglasungen erschwert ist, beispielsweise bei einem min. 1 m hohen Geländer, einer mindestens 80 cm hohen Fensterbrüstung mit einer mindestens 20 cm tiefen Fensterbank ist oder wenn die Verglasung hinter bepflanzten Schutzzonen liegt. Darüber hinaus müssen Glastüren und andere Glasflächen gekennzeichnet werden, um leicht erkannt zu werden. Konkrete Hinweise finden sich in der DIN 18040-1 „Barrierefreies Bauen“, in der es heißt „Ganzglastüren und großflächig verglaste Türen müssen sicher erkennbar sein durch Sicherheitsmarkierungen, die über die gesamte Glasbreite reichen, visuell kontrastreich sind, jeweils helle und dunkle Anteile (Wechselkontrast) erhalten, um wechselnde Lichtverhältnisse im Hintergrund zu berücksichtigen und in einer Höhe von 40 cm bis 70 cm und von 120 cm bis 160 cm über OFF angeordnet werden.“ Bild 5 Kennzeichnung von Glasflächen zu leichteren Erkennbarkeit © 2013 Institut für Fenstertechnik e.V.; Theodor-Gietl-Straße 7-9; 83026 Rosenheim www.ift-Rosenheim.de; [email protected]; Tel./Fax 08031/261-0/290 Publikation – ift Rosenheim Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Benitz-Wildenburg – Leiter PR & Kommunikation, ift Rosenheim Sicherheit bei Fenster und Türen in Schulbauten Seite 6 von 6 Literatur/Quellen [1] MBO Musterbauordnung und LBO Landesbauordnungen in den jeweils gültigen Fassungen www.is-argebau.de [2] Muster-Richtlinie über bauaufsichtliche Anforderungen an Schulen (MSchulbauR) Fassung April 2009 www.is-argebau.de [3] DIN 58125 – Schulbau - Bautechnische Anforderungen zur Verhütung von Unfällen Berlin, Beuth Verlag GmbH [4] Regelungen der Gesetzlichen Unfallversicherungen/ Bundesverband der Unfallkassen (GUV) GUV-SR 2001 – Richtlinien für Schulen – Bau und Ausrüstung GUV-SI 8027 – Mehr Sicherheit bei Glasbruch [5] Kommentar zur Produktnorm DIN EN 14351-1 „Fenster und Türen“ ISBN: 978-3-86791-236-5, Seitenumfang: 368 mit der Norm im Originaltext Rosenheim, Eigenverlag ift Rosenheim [6] DIN EN 14351-1:2006+A1:2010 „Fenster und Türen – Produktnorm, Leistungseigenschaften – Teil 1: Fenster und Außentüren ohne Eigenschaften bezüglich Feuerschutz und/oder Rauchdichtheit“ Berlin, Beuth Verlag GmbH [7] RAL-GZ 695 Güte und Prüfbestimmungen für Fenster, Haustüren, Fassaden und Wintergärten – Fertigung und Montage. RAL Deutsches Institut für Gütescherung und Kennzeichnung e. V. Beuth Verlag GmbH [8] ifz info TU-06/1 - Türen in Flucht- und Rettungswegen – Anforderungen, Normen und Planungshinweise für Hersteller und Planer ifz, Rosenheim 2011 Kommentar Produktnorm Fenster + Außentüren DIN EN 14351-1 Der Kommentar bietet auf über 300 Seiten Unterstützung beim Umgang und der richtigen Auslegung der DIN EN 14351-1. Der Normtext ist vollständig enthalten und wird durch zahlreiche Tabellen, Bilder und Beispiele anschaulich und praxisnah erläutert. Der Kommentar enthält die Produktnorm sowie die wichtigsten Fundstellen aus 225 Normen im Originaltext. Das Werk enthält somit alle erforderlichen Informationen und braucht für den Umgang mit der Produktnorm keine zusätzlichen Normen oder Regelwerke. Es werden Fachtechnik und juristische Aspekte in einem Werk kommentiert, um beide Seiten und deren Wechselwirkungen zu berücksichtigen. www.ift-rosenheim.de/literatur Autor: Jürgen Benitz-Wildenburg leitet im ift Rosenheim den Bereich PR & Kommunikation. Als Schreiner, Holzbauingenieur und Marketingexperte ist er seit vielen Jahren in der Holz- und Fensterbranche in verschiedenen Funktionen tätig. Als Lehrbeauftragter, Referent und Autor gibt er seine Erfahrung weiter. © 2013 Institut für Fenstertechnik e.V.; Theodor-Gietl-Straße 7-9; 83026 Rosenheim www.ift-Rosenheim.de; [email protected]; Tel./Fax 08031/261-0/290