Attilio Sommella und Guerino Paolantoni Veneers - Fachbuch

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Attilio Sommella und Guerino Paolantoni
Veneers
Minimal-invasive Rekonstruktionen
Meinem Vater Gino in Liebe und Dankbarkeit
Attilio Sommella
Meinen Eltern Egidio und Franca
Guerino Paolantoni
Attilio Sommella und Guerino Paolantoni
Veneers
Minimal-invasive Rekonstruktionen
teamwork media srl
Via Marconi, 71b
I-25069 Villa Carcina (BS) Italien
Tel. +39 030 898 2985
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© 2014 • teamwork media srl • 25069 Villa Carcina (BS) • Via Sicilia, 21/a
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Produktion: teamwork media srl • 25069 Villa Carcina (BS), Italien
Herausgeber: Peter Asselmann
Layout und Grafik: Simon Asselmann
Cover: Indiveri Bruno
Übersetzung, Klaus Jurowich, Belm, Deutschland
Redaktion: Barbara Schuster
Druck: Color Art srl, Rodengo Saiano (BS), Italien
ISBN 978-88-89626-27-6
Inhalt
Vorwort 6
Danksagung _____________________
7
Indikationen und Kontraindikationen 8
Diagnose 12
Mock-up 22
Präparation der Zähne 42
Immediate Dentin Sealing 56
Definitiver Abdruck _____ 60
Provisorium___________________
66
Arbeitsmodell _____
74
Farbbestimmung __________ 94
Wahl des Keramikmaterials
_____ 106
Vorbereitung der Schnittstelle Einbettmasse-Keramik _____ 118
Schichttechnik und Ausarbeiten _____ 134
Überarbeiten integrierter Facetten _____ 166
Zementieren 172
Klinische Fälle 183
Literatur 245
6
Vorwort In diesem Buch beschreiben wir an Hand einiger Fälle unser technisches und klinisches Vorgehen - sowohl bei Einzelzahnrestaurierungen als auch bei Totalsanierungen.
Unserer Meinung nach wird die Rehabilitation durch eine oder mehrere Facetten berechenbar, wenn wir alles daran setzen, die
ästhetischen und funktionalen Bedürfnisse unserer Patienten zu erfüllen. Voraussetzungen sind eine sehr genaue Ausführung
jedes einzelnen Arbeitsschrittes und eine stringente Abfolge standardisierter Vorgehensweisen. Jeder Schritt für sich genommen
ist recht einfach. Beim Auslassen einiger Schritte - wenn man etwa zu oberflächlich arbeitet oder schneller fertig werden will schleichen sich Fehler ein, welche den Erfolg der ganzen Versorgung gefährden.
Wer die beschriebenen Verfahrensregeln einhält, wird sehen, wie risikolos minimal invasive Restaurationen sein können. Unser Buch soll Zahnärzten und Zahntechnikern nützliche Anregungen für die tägliche Arbeit geben – und zwar in sämtlichen
therapeutisch-klinischen sowie technischen Phasen einer minimal-invasiven Restauration.
Viel Freude bei der Lektüre
Die Autoren
Danksagung
7
Ein herzliches Dankeschön gilt folgenden Personen:
Attilio, der mich an seinem Projekt beteiligt hat
Meinen Lehrern Fernando Zarone, Gilberto Sammartino und Sandro Cortellini
Sergio Bugli und allen Mitarbeitern meiner Praxis während der Zeit des Schreibens dieses Werkes
Den Zahnärzten F. Teodori, F. Zaccheo und M. Musilli für die Chance und das Vergnügen, mit ihnen zusammen zu arbeiten
A Enza, Gianna und Paolo, meinen unentbehrlichen Assistenten
Laura Manetti der DMG, verantwortlich für den Vertrieb in Italien, für die wissenschaftliche Unterstützung
Den Firmen DL MEDICAL und EQUIPE für ihre wertvolle Unterstützung, speziell Herrn George Montano
Der Firma Leoni Service
Dr. Guerino Paolantoni
Guerino für sein Vertrauen in dieses Buchprojekt
Meinem Lehrer Giuseppe Zuppardi, der mir Ausdauer und Disziplin eingeimpft hat
Den Meistern Makoto Yamamoto und Willi Geller für deren Freundschaft und berufliche Unterstützung über viele Jahre
Yasuhiro Obdankà mit Zuneigung und Dankbarkeit für die vielen praktischen Kurse in meinem Labor
Uli Werder für die Fortbildung in der Didaktik
Meinem Team, meinem Partner Raffaele Nicotera, meinem Bruder Cristian und meinen lieben Freunden und Kollegen Maurizio Spina
und Umberto De Luca
Den Zahntechnikern Tony Billè, Giovanni Paolo Miceli, Francesco Feretti, Alessandro Tiraboschi, Claudio Nannini, Leonardo Castaldo,
Sergio Mirto, Pasquale Rossi, Antonio Talamo
Carmine, Mario und Raffaele Rea
Den Zahnärzten Mario De Stefano und Ettore Canale
Den Mitarbeitern verschiedener Unternehmen: Angelo Montella, Antimo Cammisa, Claudio Di Spirito, Danilo Cerrato, Gaetano Neri,
Martino Ceccon, die mich wissenschaftlich unterstützt haben
Ferner bedanke ich mich bei Orlando Mannella, Davide Demuro, Barbara Maragni, Laura Gribaldi, Roberto Boccanera, Thomas Schmid,
Vincenzo Limoncelli, Andreas Amplatz, Franco Bartoli
Wir bedanken uns bei den Herstellerfirmen Ivoclar Vivadent srl & c. sas; Zhermack Spa; Marathon Italia; Renfert GmbH; Edenta GA;
DMG; Dentag Italia Srl; GC Italia Srl; DL MEDICALSpa; Sales Grafica
Indiveri Bruno gebührt Dank für seine Grafiken und Daniela Sales für die Zeichnungen
Ztm. Attilio Sommella
HANDLUNGS
ZAHNARZT
3. Mock-up
4. Präparation
der Zähne
2. Diagnose
1. Indikationen und
Kontraindikationen
PATIENT
14. Zementieren
13. Überarbeiten
integrierter Facetten
ZAHNTECHNIKER
12. Schichttechnik
und Ausarbeiten
PROGRAMM
5. Immediate
Dentin Sealing
6. Definitiver Abdruck
7. Provisorium
8. Arbeitsmodell
ERFOLG
9. Farbbestimmung
10. Wahl des
Keramikmaterials
11. Vorbereitung der Schnittstelle
Einbettmasse-Keramik
10
Kapitel 1 Indikationen und Kontraindikationen
D
Kontraindikationen betreffen vor allem Patienten mit deutlichen okklusalen Parafunktionen (Abb. 4) (der Erfolg bei Bruxisten liegt bei 60 Prozent )
[6]. Es gibt in der Literatur keine Angaben über prozentuelle Misserfolgsraten bei Facetten auf endodontisch behandelten Zähnen oder auf Zähnen
mit früheren konservativen Rekonstruktionen. Sicherlich ist es besser, zumindest ein Minimum an Verankerung auf gesundem Gewebe zur Verfügung zu haben.
2) Schmelz und Dentin-Dysplasien durch Amelogenese und/oder unvollständige Dentinogenesis (Abb. 2)
Ein Aspekt, den ich aus prognostischer Sicht für grundlegend halte, ist die
Bewertung der okklusalen Beziehung der zu restaurierenden Zähne. Günstige Overjets und Overbites sind das Maß der Wahl, Kopfbiss oder Klasse III Beziehung führen sicherlich zu einer schädlichen Übertragung der
Kräfte auf prothetische Rekonstruktionen und insbesondere auf Facetten.
ie Indikationen für Facetten lassen sich in drei Gruppen aufteilen [1,
2, 3, 4, 5]:
1) Verfärbung (Abb. 1) :
• gegen internes und externes Ausbleichen resistente Pigmentierung, durch
Fluorose oder Gabe von Tetracyclin
• nicht zufriedenstellende Komposit-Füllungen
3) Disharmonien (Abb. 3)
•Zahnerosion durch falsche Ernährung
• Abrasion
• Zapfenzähne
• Partielle koronale Frakturen
• Diastemi
• Anomalien der Zahnposition
• Länge und Prominenz der Schneidekante.
In solchen Fällen (Abb. 5 bis 7) ist eine kieferorthopädische Behandlung
notwendig, um eine ideale Okklusion zu erhalten.
Abb. 2 Patient mit fehlerhafter Amelogenese
Abb. 1 Patient mit Verfärbung durch Tetracyclin
Abb. 3 Patient mit Diastema
Abb. 4 Abrasion durch Bruxismus
Indikationen und Kontraindikationen
Kapitel 1
Abb. 6 Linguale KFO-Technik zur Korrektur okklusaler Fehlstellungen (Behandler Dr.
Marino Musilli)
Abb. 5 Klasse III vor der Therapie
Abb. 7 Nach der KFO-Behandlung eine Klasse I
11
HANDLUNGS
ZAHNARZT
3. Mock-up
4. Präparation
der Zähne
2. Diagnose
1. Indikationen und
Kontraindikationen
PATIENT
14. Zementieren
13. Überarbeiten
integrierter Facetten
ZAHNTECHNIKER
12. Schichttechnik
und Ausarbeiten
PROGRAMM
5. Immediate
Dentin Sealing
6. Definitiver Abdruck
7. Provisorium
8. Arbeitsmodell
ERFOLG
9. Farbbestimmung
10. Wahl des
Keramikmaterials
11. Vorbereitung der Schnittstelle
Einbettmasse-Keramik
14
Kapitel 2 W
Diagnose
Ärztliche Untersuchung
ie bei allen Rekonstruktionen ist eine gründliche Untersuchung unserer Patienten unerlässlich. Sind alle Anamnese-Daten erhoben,
werden intraorale Röntgenbilder gemacht, um den Zustand des harten
Gewebes der zu behandelnden Zähne und den Status der bisherigen endodontischen Therapien zu bewerten. Eine genaue parodontale Untersuchung, um den Zustand des Stützgewebes zu beurteilen, ist der nächste
Schritt – eine wesentliche Voraussetzung für die Einleitung rekonstruktiver
Therapien. Die PSR [1] (Periodontal Screaning and Recording), von der
A.A.P entwickelt, ist eine Routineuntersuchung, die meiner Ansicht nach
bei allen Patienten während der ersten Sitzung erfolgen sollte, wenn nötig,
gefolgt von einer kompletten parodontalen Untersuchung.
Okklusale Diagnose
Immer wenn die Behandlung Frontzähne einbezieht, wo wir die Frontahnführung und demnach die Balance des stomatognathen Systems beeinflussen können, vertiefen wir die okklusale prätherapeutische Diagnose mit
T-Scan III (DL Medica; Abb. 1 bis 3). Es handelt sich um ein computergestütztes Gerät, das okklusale Kontakte mit Hilfe von Einweg-Sensoren
mit 60 Mikrometer erkennt und analysiert.
Mit diesem Gerät können wir sehr schnell und präzise (NB: nicht im Mindesten invasiv):
1) die okklusalen Kontakte registrieren
2) die Kontakte aufzeichnen und bestimmten Zähnen zuordnen;
3) die Daten nach Stärke und zeitlichen Abläufen der Okklusionskontakte
analysieren und als farbige Konturen aufzeichnen (Abb. 4), die folgende
Werte anzeigen:
Abb. 1 T-Scan III
• Maximale Interkuspitation (MIC)
• Zentrum der Kräfte
• Bewegungsablauf des Kräftezentrums.
Das Programm erfasst die Emissionen der Sensoren und stellt sie zeichnerisch dar, zweidimensional (Konturen; Abb. 5) und dreidimensional (Höckerspitzen oder Spalten; Abb. 6).
Die Farbunterschiede zeigen die Intensität der Kontakte, von den
Schwächsten (blau) zu den Stärksten (rot; Abb. 7). Die Nutzung des TScan III während einer simulierten Kaubelastung zeigt die genaue zeitliche Reihenfolge der Kontakte – demnach auch die Präsenz von extrem
schädlichen Interferenzen für unsere prothetischen Versorgungen. Werden
die Lateral- und Protrusionsbewegungen des Patienten geführt, können wir
die funktionalen Beziehungen während dieser Bewegungen hervorheben,
um sie wiederherzustellen (wenn es notwendig ist) oder einfach, um das
Gleichgewicht der früheren okklusalen Verhältnisse nicht zu verändern.
Diese Maßnahme sollte man wegen ihrer Einfachheit, Wirtschaftlichkeit
und Nicht-Invasivität sowohl während des Provisoriums als auch bei der
definitiven Herstellung der Prothese wiederholen, um keine schädlichen
Irritationen zu provozieren und ein optimales okklusales Gleichgewicht zu
garantieren. Auf diese Weise bieten wir unseren Patienten nicht nur eine
gute Ästhetik der Rehabilitationen, sondern auch eine funktionelle Verbesserung.
Abb. 2 Digitaler Einweg-Sensor
% of total force
100
80
60
40
20
0
0
2
4
6
8
10
time, seconds
Abb. 3 Klinischer Einsatz von T-Scan III
Abb. 4 Diese lineare Grafik hebt die Kraft der Kontakte im zeitlichen Verlauf
hervor
Diagnose
Abb. 5 Zweidimensionale Registrierung (punktförmig) der okklusalen Kontakte
Kapitel 2
Abb. 6 Dreidimensionale Registrierung der okklusalen Kontakte
Abb. 7 Farbansicht der Kontakte in Funktion der Kräfte
Erwartungen
hoch
Parafunktionen
nicht
symptom.
Abb. 8 Multivektorielles Diagramm zur
Bestimmung der prothetischen Risiken
Lachlinie
symptom.
hoch
niedrig
mittel
nein
korrekt
Dental-parodontale
Verhältnisse
falsch
niedrig
UK
Kl. I
Kl. II
leicht
OK seitlich
OK Front
Quandranten
mittel
Kl. III
deutlich
Okklusales
Verhältnis
Erwartungen
Erwartungen
hoch
Parafunktionen
Dental-parodontale
Verhältnisse
Lachlinie
symptom.
nicht
symptom
nein
korrekt
falsch
Kl. I
OK seitlich
OK Front
nicht
symptom
nein
Quandranten
Kl. II
Dental-parodontale
Verhältnisse
korrekt
falsch
Kl. I
hoch
Parafunktionen
hoch
niedrig
nicht
symptom
nein
mittel
korrekt
niedrig
UK
OK seitlich
OK Front
Quandranten
Kl. II
Dental-parodontale
Verhältnisse
mittel
falsch
Discromia
Abb. 9 Beispiel für ein Profil mit geringem Risiko
Discromia
Abb. 10 Beispiel für ein Profil mit mittlerem
Risiko
Risikoprofil für Facetten
Um einige der wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung des Patienten zu
dokumentieren und das Risikoprofil für Facetten schnell und effektiv zu
definieren, habe ich ein multivektorielles Diagramm erstellt (Abb. 8; auf
dem schon eingestellten Konzept von M. Tonetti und K. Lang [2] 2003 zur
Bewertung der parodontalen Risiken). Jedem Vektor habe ich eine Charakteristik des Patienten zugeordnet. Im Zentrum werden die Charakteristiken mit niedrigem Risikoprofil dargestellt; weiter nach außen verschoben
weisen die Charakteristiken ein höheres Risikoprofil auf (Abb. 9 bis 11).
niedrig
UK
leicht
OK seitlich
OK Front
Quandranten
Kl. III
deutlich
Okklusales
Verhältnis
mittel
Kl. I
Kl. II
hoch
niedrig
mittel
Kl. III
deutlich
Lachlinie
symptom.
mittel
Kl. III
Okklusales
Verhältnis
Lachlinie
symptom.
mittel
niedrig
Erwartungen
hoch
Parafunktionen
hoch
niedrig
UK
Discromia
deutlich
Okklusales
Verhältnis
Discromia
Abb. 11 Beispiel für ein Profil mit hohem Risiko
Die Parameter die ich in Erwägung ziehe sind:
1) Erwartungen
2) Lachlinie
3) Geweblicher Biotyp
4) Zu rehabilitierender Mundsektor
5) Verfärbungen
6) Dento-parodontale Beziehungen
7) Dentale Fehlstellung
8) Parafunktionen
15
16
Kapitel 2 Diagnose
Abb. 13 Diagnostisches Wax-up
Abb. 12 Meistermodell
Abb. 14 Klinischer Bezugsfall: Der Behandlungsplan sieht eine Facette
aus Feldspatkeramik vor
Abb. 15 Vorwälle aus Silikon für die „diagnostisch geführte“ Präparation des
Elementes und die Konstruktion eines indirekt-direkten Mock-ups
Alle Informationen und deren Visualisierung im Diagramm nützten sowohl der Praxis (es erlaubt uns auf einfache und unmittelbare Art die klinische Strategie für eine geeignete Therapie und Prozedur zu bestimmen) als
auch der Kommunikation mit dem zahntechnischem Labor. Dieses kann
nützliche Vorteile zu Bewertungen und Entscheidungen innerhalb seiner
Kompetenzen ziehen.
Diagnostisches Wax-up
In der nächsten Phase stehen die Wünsche des Patienten im Fokus. Das
klinisch-technische Team lässt den Patienten also an den Möglichkeiten
unserer therapeutischen Lösungen und deren Einschränkungen teilhaben.
Eine der wichtigsten Regeln, die uns die Brüder Magne gaben, besagt, dass
wir schon zu Beginn der Therapie versuchen sollen, die Wünsche unserer Patienten zu verstehen. Das verringert sowohl das Stress-Potential als
auch das Misserfolgs-Risiko während der Rehabilitation. Andernfalls beurteilt der Patient unsere Arbeit erst nach der Fertigstellung. Dies birgt
ein hohes Gefahrenpotential – wenn wir es nämlich nicht geschafft haben,
die Möglichkeiten und Grenzen der Rehabilitation deutlich zu vermitteln
[3,4,5,6,7], Eine „Vorab-Ansicht“ des ästhetischen Resultats ist deshalb
klar von Vorteil. Über ein diagnostisches Wax-up erhalten wir Vorwälle aus
Silikon für die „diagnostisch geführte Bearbeitung“ der zu behandelnden
Zähne und die Herstellung eines indirekt-direktem Mock-ups sowie eines
Provisoriums für die Fälle, bei denen wir nicht ein Direktprovisorium anfertigen wollen. Letzteres verlangt manchmal lange Sitzungen im Behandlungsstuhl (Abb. 12 bis 16). Ferner haben wir eine unentbehrliche Hilfe,
anhand der wir uns mit Kollegen anderer Disziplinen (Kieferorthopäden,
Parodontologen, Endodontisten) austauschen können, um das Procedere zu
diskutieren und den Zeitplan der Therapie festzulegen.
Abb. 16 Über das diagnostische Wax-up hergestellte Provisorium
Diagnose
Abb. 17 FREEALGIN von Zhermack
Abb. 21 Konfektion
OCCLUFAST ROCK
Zhermack
Abb. 18 Anmischen mit MODULMIX Zhermack
Abb. 19 Füllen des Abdrucklöffels
nach dem Mischen mit dem MODULMIX Zhermack
Kapitel 2
17
Abb. 20 Ein Detail der Präzision des
Silikons FREEALGIN Zhermack
Abb. 22 und 23
Einfaches Aufbringen auf die
Okklusalflächen
dank der EinwegMischkanüle
Das klinische Vorgehen:
1. Detaillierte Abdrucknahme mit einem leistungsstarkem
Material wie FREEAGLIN (Zhermack; Abb. 17 bis 20)
Dieses Silikon weist einige charakteristische Eigenheiten
auf:
• lange Verarbeitungszeit
• geringeres Verweilen im Munde
• schnelle Abbindung
• ideale Konsistenz bei der Monophasentechnik
• hohe Reißfestigkeit
• hervorragendes Rückstellvermögen
• hohe Dimensionsstabilität
• mehrere Modelle aus dem selben Abdruck sind möglich
• man kann den Abdruck sofort nach der Desinfektion ausgießen
Abb. 24 und 25 Stabilität des Materials zwischen
den Ökklusalflächen
Die technischen Daten von FREEALGIN (Zhermack):
Totale Verarbeitungszeit(23°C) 60“
Verweilen in der Mundhöhle
1‘ 30“
Abbindezeit (23°C)2‘ 30“
Druckverformung (min – max) 1–5%
Elastisches Rückstellvermögen
> 99,5 %
Dimensionsveränderungen nach 24 Stunden
< 0,20%
Härte (Shore A)
40
2. Die Modelle in Okklusion stabilisieren, damit sie sich perfekt anpassen.
Dazu ein extrem präzises und stabiles Material verwenden wie das Additionssilikon „OCCLUFAST ROCK“ (Zhermack; Abb. 21 bis 25), welches
zahlreiche Vorteile bietet:
• Für den Patienten kaum wahrnehmbare Konsistenz
• Geschmeidig: um Verschiebungen und Druckstellen während Aufbringens des zu vermeiden.
• Präzise: zeichnet genau die okklusalen Details ab (20 µm).
• Stabil: die Dimensionsveränderung von nur 0,05 Prozent in 24 Stunden
erlaubt eine Stabilität über lange Zeit
• Unverformbar: unauffällig gegen Wärmeschock während des Transportes
(in Gegensatz zu denen aus Wachs)
• Zeitsparend: verweilt in der Mundhöhle nur 60 Sekunden
3. Einen kompletten Fotostatus des Patienten, welchen wir dann für die
Programmierung des therapeutischen Vorgehens verwenden
4. Gesichtsbogen, um die Modelle in den Artikulator zu montieren (Abb.
26 und 27).
Abb. 26 und 27 Artex Gesichtsbogen zum Übertragen und kor
rektem Einsetzen der Modelle in den Halbwertartikulator
18
Kapitel 2 Diagnose
Abb. 28 Abdrücke und Zentrik
Abb. 30a und 30b Fertige Arbeitsmodelle. Der hier benutzte Gips ist Elite
Model Fast Klasse III.
Abb. 29 Intraorale Bissgabel, stabilisiert mit thermoplastischer
Paste von Kerr, in drei Punkten am oberen Zahnbogen
Auf diese Weise hat das Labor sämtliche Elemente, um ein diagnostisches
Wax-up herzustellen (Abb. 28 und 29), sowohl auf additivem (Wachs auftragen) als auch auf subtraktivem Weg (Gipsmodell radieren) und somit
im Großen die endgültige Morphologie der zu rehabilitierenden Zähne zu
bestimmen. Diese Vorgehensweise verlangt vom Zahntechniker nicht nur
eine perfekte Kenntnis der Anatomie der Zähne, sondern auch Intuition,
Sensibilität und Einfühlungsvermögen in die individuelle Persönlichkeit
des zu rehabilitierenden Patienten. Wir können mit dem diagnostischen
Wax-up folgendes verändern:
1.) die Beziehungen von Überbiss und Vorbiss und somit die Schneidezahnführung
2.) die Form und Größe der Zähne
3.) das Verhältnis zum Weichgewebe
4.) die Kauebene
Die Vorgehensweise im Labor:
1.) Die Herstellung von Modellen in Gips Klasse III Elite Model Fast
(Zhermack), dubliert mit dem Dubliersilikon Elite 16/22 Shore A unter
Zuhilfenahme des unersetzlichen Doublemix (Zhermack; Abb. 30a und
30b). Nach dem Dublieren wird eine Kopie des Modells sorgfältig aufbewahrt als Ausgangsmodell des behandelten Falles. Die andere Kopie, das
Arbeitsmodell, wird zur Herstellung eines oder mehrerer Entwürfen (diagnostisches Wax-up), die dem Patienten unterbreitet werden, eingesetzt.
2.) der zweite Schritt ist das Einartikulieren. Wir benutzen den ArconVollwertartikulator Artex CR mit einer Gelenkbahnneigung von -20°
bis +60°, Radius 19 mm, einstellbarem Bennet-Winkel von -5° bis +30°,
stabilem Zentralverschluss, hoher Präzision dank zweier Halbachsen mit
mechanischer Führung, ergonomischem Design, gutem Handling, stabilem
Stand – auch in Rücklage oder auf dem Oberteil, ausgesprochen gleitender
Führung, identischen Abmessungen und Teilen in der gesamten Linie Artex, Distraktion bis zu 3 mm zur Entlastung komprimierter Artikulation.
„Arcon clip” verhindert ein versehentliches Auseinanderfallen von Oberund Unterteil.
Abb. 31 Montage des OKModells mittels
der zugehörigen
Eingipshilfe
Abb. 32 Fertig
einartikuliert im
Artex CR
Die Nachahmungen der Kaubewegungen sind einfach zu programmieren
für eine sichere Handhabung: ein universelles Gerät der Diagnose und
Therapie, ein echter Kausimulator für Labor und Praxis. Die individuell
einstellbaren Kondylen haben folgende Funktionen zusätzlich: Side shift
(ISS) geht bis zu 1,5 mm je Seite; die Protrusion (bis zu 6 mm) und die
Retrusion (bis zu 2 mm) durchgehend. Ideal für die Modellanalyse und der
Herstellung bzw. Korrektur von Aufbissschienen (Abb. 31 und 32).
3.) Im Anschluss wird fortgefahren mit dem Angleichen durch Subtraktion des Übermaßes der Zahnproportion und zwar durch Bearbeitung mit
der Fräse (Abb. 33). Dann wird auf additivem Weg modelliert mit Wachs
GEO Snow-white L (Renfert) und rigoros mit dem elektrischem Modelliermesser Waxlectric II (Renfert), um die endgültige Morphologie zu realisieren (Abb. 34 bis 40).
Diagnose
Kapitel 2
19
Abb. 33 Markiert die
Kürzung der Schneidekante, die vor der
additiven Modellation
erfolgen muss
34
35
36
37
38
39
Abb. 34 und 35 Diagnostisches Wax-up fertig gestellt. Die richtigen morphologischen Volumen wurden angeglichen. Das benutzte Wachs ist GEO Snow-white L
(Renfert). Das Modellieren in weißem Wachs ist sehr vorteilhaft, um dem Patienten den geplanten prothetischen Entwurf zu zeigen. Abb. 36 Inzisale Ansicht.
Abb. 37 Neuangleichung der Hals-Schneide Krümmung. Abb. 38 und 39 Rechte und linke Seitenansicht der neuen Morphologie
20
Kapitel 2 Diagnose
Abb. 40 Sämtliche Flächen des Zahnes werden sorgfältig kontrolliert
Abb. 41 bis 44 Anfertigen mehrerer Vorwälle
4.) Anfertigung eines Satzes von Vorwällen aus Silikon zur Führung bei der
Zahnpräparation (Abb. von 41 bis 44). Es ist ratsam, durch wiederholtes
Aufbringen den problemlosen und korrekten Sitz zu fixieren. Die Modelle
dürfen keine Mikroblasen in Gips und Verziehungen haben.
5.) Anfertigung eines Provisoriums im Labor, entsprechend geschichtet,
aus Kunststoff durch die Übertragungstechnik mit dem Silikonvorwall
(Abb. 45). Bei dem für die Vorwälle benutztem Silikon handelt es sich um
das kondensationsvernetzte Zetalabor (85 Shore-A, Zhermack). Der für
Herstellung des Provisoriums benützte Kunststoff ist SR-Ivocron (Ivoclar
Vivadent; Abb. von 46 bis 50).
Diagnose
Kapitel 2
Abb. 45 Modell, dubliert und für die Herstellung eines
geschichteten Kunststoffprovisoriums benutzt
Abb. 46 bis 50 Provisorium in Kunststoff fertig gestellt
21
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