CD314_006-012_Gehrke (Page 1)

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I cosmetic dentistry _ Fachbeitrag
Einfluss des gingivalen Biotyps
auf die chirurgisch-restaurative
Implantattherapie
Autoren_Dr. med. dent. Peter Gehrke, ZA Axel Rudolph, M.Sc., ZT Carsten Fischer
_Während die knöcherne Einheilung von Implantaten sowohl durch klinische Studien als auch durch
pro- und retrospektive Analysen vorhersagbar bestätigt werden kann, stellt die Integration des periimplantären Weichgewebes eine Herausforderung
in Bezug auf biologische und ästhetische Aspekte
dar. Dies gilt im besonderen Maße für implantatgetragene Rekonstruktionen im Frontzahngebiet.1 Implantatgetragener Zahnersatz ist nur dann ästhetisch, wenn er zu den perioralen Gesichtsstrukturen
passt. Die Merkmale des periimplantären Gewebes
(Zustand, Höhe, Volumen, Farbe und Kontur) müssen
zur gesunden Nachbarbezahnung passen.2 Zur Vermeidung ästhetischer Einbußen ist eine genaue
Analyse der vorhandenen Hart- und Weichgewebssituation unerlässlich. Insbesondere bei Patienten
mit einer mittleren bis hohen Lachlinie spielt das
Aussehen der periimplantären Mukosa eine entscheidende Rolle. In der Literatur besteht Einigkeit
darüber, dass die Dicke und Morphologie des Weichgewebes Einfluss auf die Rezessionsanfälligkeit
oder auf die Prognose eines ästhetisch-plastischen
parodontal- oder implantatchirurgischen Eingriffs
hat.3–6 Kenntnisse über die unterschiedlichen
Weichgewebestrukturen um Zähne und Implantate
sind daher von besonderer Relevanz.
_Aufbau der Gingiva
Die Gingiva stellt den äußersten Bereich des parodontalen Gewebes dar und erstreckt sich von der
mukogingivalen Grenzlinie bis zum Gingivalsaum.
Man unterscheidet die freie und die befestigte Gingiva sowie die interdentale Gingiva. Die freie Gingiva
erstreckt sich an den bukkalen und oralen Zahnflächen ausgehend vom Gingivalsaum auf einer Breite
von ca 1,5 mm bis auf die Höhe der Schmelz-Zement-Grenze. Die befestigte Gingiva ist fest mit dem
koronalen Alveolarfortsatz verbunden und schließt
sich nach apikal hin an die freie Gingiva an. Sie reicht
bis an die mukogingivale Grenzlinie heran und kann
06 I cosmetic
dentistry
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in ihrer Breite individuell und altersbedingt variieren.7 Die interdentale Papille, welche aus befestigter
und unbefestigter Gingiva besteht, wird in ihrer Ausdehnung von den interdentalen Kontaktpunkten
und dem interdentalen Knochenseptum bestimmt.
Vestibulär und oral wölbt sich das Gewebe nach außen und bildet die Papille. Zwischen den oralen und
vestibulären Anteilen befindet sich der interdentale
Col, eine sattelförmige Mulde. Die Papillen sind für
den typischen girlandenförmigen Verlauf der Gingiva entlang der Zahnreihen verantwortlich. Gesunde Gingiva ist blassrosa, besitzt eine straffe Konsistenz und kann im Bereich der keratinisierten
Oberfläche Stippelungen aufweisen. Die epithelialen
Strukturen der Gingiva sind das orale Gingivaepithel
(zur Mundhöhle gerichtet), das orale Sulkusepithel
(zur Zahnoberfläche gerichtet) und das Saumepithel
(Kontaktbereich zwischen Gingiva und Zahn). Das
orale Gingivaepithel ist ein keratinisiertes, mehrschichtiges Plattenepithel, das in vier Schichten
untergliedert wird: Stratum basale, Stratum spinosum, Stratum granulosum und Stratum corneum.
Zum Zahn hin geht das orale Gingivaepithel in das
orale Sulkusepithel über. Beide Epithelien sind im
Aufbau ähnlich und werden durch subepitheliales
Bindegewebe vom Alveolarknochen getrennt. Die
Anteile des Bindegewebes, die bis in Epithel reichen,
bezeichnet man als Bindegewebspapillen und
gegenläufig als Epithelzapfen. Im Bereich der befestigten Gingiva bildet diese Verzapfung des Epithels
mit dem darunterliegenden Bindegewebe die Lamina propria aus, welche für die typische, jedoch
unterschiedlich ausgeprägte Stippelung der befestigten Gingiva verantwortlich ist. Das orale Sulkusepithel und das orale Gingivaepithel sind bis zu 80 %
parakeratinisiert. Die unterschiedlich starke Keratinisierung des gingivalen Epithels stellt jedoch keine
Anpassung an funktionelle Anforderungen dar, sondern wird durch genetische Faktoren bestimmt.8 Das
nicht keratinisierte und undifferenzierte Saumepithel umschließt den Zahn zirkulär 2 mm hoch und
cosmetic dentistry _ Fachbeitrag
I
endet unter gesunden Voraussetzungen apikal der
Schmelz-Zement-Grenze. Im Gegensatz zum oralen
Sulkus- und Gingivaepithel ist das gesunde Saumepithel nicht mit dem subepithelialen Bindegewebe
verzahnt. Es weist im Vergleich zu diesen Epithelien
eine deutlich höhere Erneuerungsfähigkeit auf. Das
Saumepithel bildet sowohl eine physiologische
Barriere zwischen den oralen Epithelien und dem
Alveolarknochen als auch einen immunologischen
Kontakt- und Reaktionsbereich, um entzündliche
Reaktionen knochenfern auszutragen.
_Periimplantäres Weichgewebe
In der vorliegenden Untersuchung wurde der gingivale Biotyp an jeweils nicht erhaltungswürdigen
Zähnen bestimmt.18 In der täglichen Praxis werden
die entsprechenden Fälle häufig implantologisch
versorgt, weshalb im Folgenden die Unterschiede in
der Anatomie zwischen parodontalem und periimplantärem Weichgewebe beschrieben werden. Periimplantäres Gewebe unterscheidet sich von der Gingiva am natürlichen Zahn vor allem durch fehlenden
Zement und parodontal fixierte krestale Mukosa.
Zusätzlich ist die Zahl der Fibroblasten reduziert und
das Gewebe ist reicher an Kollagen. Die Kollagenfasern verlaufen nur parallel zur Implantatoberfläche (Abb. 1.).
Gemeinsamkeiten zwischen parodontalem und periimplantärem Weichgewebe bestehen beim oralen
Epithel, Sulkusepithel und Saumepithel. Es können
jedoch auch Unterschiede der beiden Weichgewebsarten belegt werden. Periimplantäre Mukosa verfügt
über kein bindegewebiges Attachment und zeigt
eine hypovaskuläre-hypozelluläre Bindegewebszone in der Nachbarschaft des Implantats.9 Weiterhin ist es durch eine fehlende Blutversorgung aus
Abb. 1
dem Parodontalligament charakterisiert. Roos-Jansaker et al. konnten zeigen, dass bei fehlender
befestigter keratinisierter Gingiva das Risiko für
Mukositis und Periimplantitis um Implantate signifikant erhöht ist.10
Abb. 1_ Vergleichende Anatomie der
parodontalen und periimplantären
Weichgewebe (Quelle: P. Gehrke).
_Gingivaler Biotyp und biologische Breite
Mit dem Begriff gingivaler Biotyp wird die Dicke,
Struktur und das Aussehen der Gingiva bezeichnet.
Als Synonyme werden die Begriffe parodontaler
Biotyp, gingivaler Phänotyp oder gingivaler Morphotyp verwendet. Die Vielzahl der in der Literatur
verwendeten Synonyme zeigt, dass eine einheitliche, standardisierte Nomenklatur fehlt. Gleichwohl
geht man davon aus, dass der Gewebebiotyp einer
der wichtigsten prognostischen Faktoren für die
Vorhersagbarkeit eines plastisch-ästhetischen pa-
Abb. 2a
Abb. 2b
Abb. 2c
Abb. 3a
Abb. 3b
Abb. 3c
Abb. 2a–c_ Visuelle Bestimmung
des gingivalen Biotyps vor und nach
der Extraktion von Zahn 11.
Abb. 3a–c_ Visuelle Bestimmung
des gingivalen Biotyps unter
Zuhilfenahme einer Parodontalsonde
vor und nach der Extraktion von
Zahn 21.
cosmetic
dentistry 3_
2014
I 07
I cosmetic dentistry _ Fachbeitrag
Abb. 4a
Abb. 4b
Abb. 4c
Abb. 5a
Abb. 5b
Abb. 5c
Abb. 4a–c_ Visuelle Bestimmung
des gingivalen Biotyps unter
Zuhilfenahme einer Parodontalsonde
vor und nach der Extraktion von
Zahn 11.
Abb. 5a–c_ Durch das freie
Bindegewebstransplantat wurde der
Versuch unternommen, einen dünnen in einen dicken gingivalen Biotyp
umzuwandeln („Biotypswitching“).
Der Patient trug eine adhäsive Klebebrücke als temporäre Versorgung mit
Ovate-Pontic-Brückenzwischenglied. Nach achtwöchiger Ausheilung
erfolgte die Implantat-OP.
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dentistry
3_ 2014
rodontal- oder implantatchirurgischen Eingriffes
ist.11, 12 Obwohl aus wissenschaftlicher Sicht noch
nicht ausreichend geklärt, beruht diese Einschätzung auf der Annahme, dass die Dicke der keratinisierten Gingiva einen Einfluss auf die Rezessionsanfälligkeit des Gewebes hat. Kan et al. konnten nachweisen, dass sofort inserierte Frontzahnimplantate
bei Anwesenheit eines dicken gingivalen Biotyps
signifikant weniger bukkale Geweberezessionen in
einem 2- bis 8-jährigen Beobachtungszeitraum
zeigten als bei dünnem gingivalen Biotyp.13 Erschwerend kommt hinzu, dass der Biotyp bei der klinischen Untersuchung nur durch die rein visuelle
Beurteilung oder unter Zuhilfenahme einer Parodontalsonde ermittelt werden kann. Anhand der
visuellen Beurteilung werden grundsätzlich zwei
verschiedene gingivale Biotypen unterschieden:
gewebestarker oder dicker gingivaler Biotyp und
gewebeschwacher oder dünner gingivaler Biotyp.
Der Übergang zwischen diesen beiden Biotypen
verläuft fließend und die klinische Klassifizierung
ist stark untersucherabhängig. Der Biotyp ist
abhängig von genetischen Faktoren, der bukkolingualen Zahn- oder Implantatposition sowie der
Knochenmorphologie. Innerhalb eines Patienten
können aufgrund der verschiedenen Faktoren
mehrere Biotypen auftreten. Neben der Dicke des
labialen Weichgewebes muss auch immer dessen
vertikale Dimension berücksichtigt werden. Die
Weichgewebshöhe am Zahn oder analog am Im-
plantat wird als biologische Breite bezeichnet.14
Sie setzt sich aus zwei Strukturen zusammen, dem
epithelialen Attachment und dem bindegewebigen Attachment. Zusammen bilden diese zwei
Strukturen eine Schutzfunktion an der Durchtrittsstelle von Zähnen oder Implantaten in die
Mundhöhle.15 Grunder et al. stellten fest, dass es
sich bei der Ausbildung der biologischen Breite immer um ein dreidimensionales Geschehen mit sowohl einer vertikalen als auch einer horizontalen
Komponente handelt.16 Im Mittel beträgt die Höhe
der biologischen Breite 2,04 mm. Sie setzt sich zusammen aus 1,07 mm bindegewebigem Attachment und 0,97 mm epithelialem Attachment. Die
Dimension des bindegewebigen Attachments ist
sehr konstant, wohingegen der Wert des epithelialen Attachments großen Schwankungen unterliegt.
Da angenommen wird, dass zwischen dem gingivalen Biotyp und der Anfälligkeit für Rezessionen
nach einer chirurgischen oder restaurativen Therapie ein direkter Zusammenhang besteht, stellt
sich die Frage, wie man die Weichgewebsdicke vor
einem geplanten Eingriff untersucht und nachvollziehbar klassifiziert.9, 31, 36 Das Ziel unserer aktuellen prospektiven Studie war es, zu ermitteln,
wie zuverlässig die visuelle Bestimmung des gingivalen Biotyps im Oberkieferfrontzahnbereich
mit und ohne Zuhilfenahme einer Parodontalsonde im Vergleich zu einer direkten Messung ist.17
I cosmetic dentistry _ Fachbeitrag
Abb. 6a
Abb. 6b
Abb. 6c
Abb. 7a
Abb. 6d
Abb. 7b
Abb. 6a–d_ Implantatbettaufbereitung
und interoperative Darstellung nach Implantation und Augmentation
(ANKYLOS® C/X, DENTSPLY Implants,
Mannheim; Bio-Oss® & Bio-Guide®,
Geistlich Biomaterials, Wolhusen).
Abb. 7a und b_ Weichgewebszustand
und Emergenzprofil nach dreimonatiger
Tragedauer einer temporären
Versorgung mit PEEK-Aufbau und
Kunststoffkrone.
Abb. 8a–c_ Die formgetreue Übertragung der Mukosasituation erfolgte mit
einem individualisierten Abformpfosten
(GC Pattern Resin LS, GC EUROPE N.V.,
Leuven, Belgien). Abformung mittels
individuellem Löffel und A-Silikon (Aquasil Ultra, DENTSPLY DeTrey, Konstanz)
Abb. 8a
_Untersuchung zur verlässlichen
Bestimmung des gingivalen Biotyps
In einer prospektiven Studie wurden 46 Patienten
aufgenommen (26 Männer, 20 Frauen), die jeweils
einen nicht erhaltungsfähigen Zahn im Oberkieferfrontzahnbereich aufwiesen. Zur Bestimmung des gingivalen Biotyps wurden drei unterschiedliche Methoden angewandt und verglichen. Die rein visuelle Untersuchung, die visuelle Untersuchung unter Zuhilfenahme einer
Parodontalsonde (PCP UNC 15 ST, Hu-Friedy) und
die direkte Messung mittels spannungsfreiem
Tasterzirkel (Dial Caliper N M/W, AURA-DENTAL).
Nach der visuellen Bestimmung und nach der
Untersuchung mittels Parodontalsonde wurde
der gingivale Biotyp jeweils als dick oder dünn
klassifiziert. Anschließend wurde der jeweilige
Abb. 8b
10 I cosmetic
dentistry
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Zahn extrahiert und eine direkte Messung mit
dem Tasterzirkel durchgeführt. Die Messung
wurde 2 mm apikal zum freien Gingivarand an
dem mittigen fazialen Punkt vorgenommen. Die
Messgenauigkeit betrug 0,1 mm. Der gingivale
Biotyp galt als dünn, wenn die Messung 1,0 mm
oder weniger ergab, und als dick, wenn die Messung mehr als 1,0 mm betrug. Die Untersuchungsergebnisse wurden mit einem McNemarTest mit einem Signifikanzniveau von p = 0,05
verglichen. Es wurden 23 mittlere Schneidezähne,
15 laterale Schneidezähne und acht Eckzähne
extrahiert und der gingivale Biotyp untersucht. In
25 Fällen war eine parodontale Vorschädigung
der Extraktionsgrund.
In 18 Fällen lag eine Zahnfraktur vor und in drei
Fällen war ein endodontisches Versagen des
Zahnes der Grund für die Extraktion.
Abb. 8c
cosmetic dentistry _ Fachbeitrag
Anzahl
14 –
13
12 –
10
11
Anzahl
10 –
8–
6–
5
4
4–
3
2–
0–
13
12
11
21
Tab. 1
22
23
PAR
dünn
13
28,26 %
6
13,04 %
19
41,30 %
McNemar ChiQuadr. (B/C)
PAR
dick
1
2,17 %
26
56,52 %
27
58,70 %
Zeile
Gesamt
14
30,43 %
32
69,57 %
46
100,00 %
Chi-Quadr. FG
p
2,285714
p =,13057
FG =1
Tab. 2
Taster Kat
dünn
19
41,30 %
1
2,17 %
20
43,48 %
PAR
dünn
Ges. %
dick
Ges. %
Ges.
Ges. %
McNemar ChiQuadr. (B/C)
dick
Visuelle Beurteilung
Taster Kat
dick
0
0,00 %
26
56,52 %
26
56,52 %
Zeile
Gesamt
19
41,30 %
27
58,70 %
46
100,00 %
Chi-Quadr. FG
p
0,000000
p =1,0000
28 –
26 –
24 –
22 –
20 –
18 –
16 –
14 –
12 –
10 –
8–
6–
4–
2–
–
dick –
–
dünn –
Visuell
dünn
Ges. %
dick
Ges. %
Ges.
Ges. %
McNemar ChiQuadr. (B/C)
Tab. 4
–
dünn
FG =1
Anzahl
28 –
26 –
24 –
22 –
20 –
18 –
16 –
14 –
12 –
10 –
8–
6–
4–
2–
–
dick –
Tab. 3
–
dünn –
Tab. 1_ Häufigkeitsverteilung der
Regio der extrahierten Zähne.
Tab. 2_ Vergleich visuelle
Beurteilung vs. PAR-Sonde.
Tab. 3_ Gegenüberstellung der
Resultate Parodontalsonde und
visuelle Beurteilung hinsichtlich der
Biotypeinteilung
Tab. 4_ Vergleich Visuelle
Bestimmung vs. Taster.
Tab. 5_ Gegenüberstellung der
Resultate visuelle Beurteilung
und direkte Messung hinsichtlich der
Biotypeinteilung.
Tab. 6_ Vergleich PAR-Sonde
vs. Taster.
Tab. 7_ Gegenüberstellung der
Resultate Parodontalsonde und
direkte Messung hinsichtlich der Biotypeinteilung.
Tab. 6
Anzahl
Parodontalsonde
Direkte Messung
Tab. 5
Regio
Visuell
dünn
Ges. %
dick
Ges. %
Ges.
Ges. %
28 –
26 –
24 –
22 –
20 –
18 –
16 –
14 –
12 –
10 –
8–
6–
4–
2–
–
dick –
I
–
dünn
Taster Kat
dünn
13
28,26 %
7
15,22 %
20
43,48 %
dick
Visuelle Beurteilung
Taster Kat
dick
1
2,17 %
25
54,35 %
26
56,52 %
Zeile
Gesamt
14
30,43 %
32
69,57 %
46
100,00 %
Chi-Quadr. FG
p
3,125000
p=,07710
FG =1
Direkte Messung
Tab. 7
–
dünn –
–
dünn
dick
Parodontalsonde
_Ergebnisse
Bei den direkten Messungen mit Taster betrug der
durchschnittlich gemessene Wert der gingivalen
Dicke 1,16 ± 0,48 mm. Dies ist mit den in der Literatur verwendeten Werten vergleichbar.4 Dabei waren
die Bereiche mit einer gingivalen Dicke von ≤ 1 mm
zu 56,5 % der Fälle vertreten und die Bereiche mit
einer gingivalen Dicke von > 1 mm zu 43,5%. In der
vorliegenden Studie ergab der Vergleich zwischen
der visuellen Bestimmung des gingivalen Biotyps
mit der direkten Messung der tatsächlichen Weichgewebsdicke per Tastzirkel keinen signifikanten
Unterschied. 38 der 46 Klassifizierungen stimmten
überein (82,6 %). Trotzdem muss angemerkt wer-
cosmetic
dentistry 3_
2014
I 11
I cosmetic dentistry _ Fachbeitrag
Abb. 9a
Abb. 9b
Abb. 10a
Abb. 10b
Abb. 9a und b_ Vollkeramische
Implantatversorgung mit einteiligem
CAD/CAM Zirkon-Implantataufbau im
Labor (Compartis, DENTSPLY
DeguDent, Hanau).
Abb. 10a–b_ Eingliederung und
finale Versorgung in situ nach
therapeutischem Biotypswitching.
den, dass die Fehlerquote bei der visuellen Bestimmung bei 17,4 % lag. Hierbei handelt es sich um eine
Fehlerquote, die für den klinischen Alltag nicht unerheblich ist. Sollte die rein visuelle Bestimmung des
gingivalen Biotyps herangezogen werden, um eine
Prognose vor einem geplanten ästhetisch parodontal- oder implantatchirurgischen Eingriff abzugeben, so muss mit einer hohen Misserfolgsquote
gerechnet werden. In 15,2 % der Fälle wurde der
gingivale Biotyp fälschlich als dick klassifiziert. Ein
dicker, gewebestarker gingivaler Biotyp bereitet in
der Praxis jedoch weniger Probleme, da er in der
Regel zu weniger Rezessionen neigt.17 Die Klassifizierung des gingivalen Biotyps unter Zuhilfenahme
einer Parodontalsonde stellt somit eine zuverlässige
Methode dar. In unserer Untersuchung wurden
97,8 % der Fälle unter Verwendung einer Parodontalsonde korrekt klassifiziert (p = 1,00).
Folgende Schlussfolgerungen konnten gezogen
werden:
_ Die alleinige visuelle Beurteilung des gingivalen
Biotyps ist als prognostischer Faktor für die Vorhersagbarkeit eines plastisch-ästhetischen parodontal- oder implantatchirurgischen Eingriffes
nicht ausreichend.
12 I cosmetic
dentistry
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_ Die Bestimmung des gingivalen Biotyps durch
Untersuchung mittels Parodontalsonde stellt eine
zuverlässige Methode zu Ermittlung des gingivalen Biotyps dar._
cosmetic
dentistry
_Kontakt
Dr. Peter Gehrke
Praxis Prof. Dr. Dhom & Partner
Bismarckstraße 27
67059 Ludwigshafen
Tel.: 0621 68124444
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