Prof. Dr. Jürgen Kromphardt Wirtschaftswissenschaftler im Gespräch

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Sendung vom 25.05.2000
Prof. Dr. Jürgen Kromphardt
Wirtschaftswissenschaftler
im Gespräch mit Klaus-Joachim Jenssen
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Grüß Gott, verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer, heute zu Gast bei
Alpha-Forum ist Professor Kromphardt, Professor für
Wirtschaftswissenschaften an der TU Berlin und seit März 1999 Mitglied
des Sachverständigenrats. Herr Professor Kromphardt, die "Fünf Weisen"
sind durch Sie ergänzt worden. Ich darf Sie ganz kurz vorstellen: Sie
wurden 1933 in Kiel geboren, sind also schon stattliche 66 Jahre alt. Sie
sind nur für eine Periode gewählt und können anschließend in Pension
gehen. Daher sind Sie vielleicht etwas abgesetzter von politischen
Einflüssen, dazu aber später mehr. Sie sind in Kiel geboren, und Ihr Vater,
Professor Wilhelm Kromphardt, war Volkswirtschaftsprofessor.
Wahrscheinlich hat das eine gewisse Bedeutung für Sie. Damals war
Keynes tätig, und man sagt Ihnen nach, dass Sie ein "Keynesianer" sind.
Damals - nach 1933 - war Deutschland etwas abgeschottet gegenüber dem
Ausland, und insofern wurden zwar die Gedanken von Keynes schon
aufgenommen, aber doch sehr versteckt. Mein Vater würde sich eher als
Anhänger von Schumpeter bezeichnen, einem bekannten österreichischen
Ökonom, und nicht zu sehr von Keynes. Nach dem Krieg nahm er Keynes
Lehren natürlich voll auf.
Sie sind ein relativ sesshafter Mensch, wie ich Ihrer Vita entnommen habe.
Sie waren an der Uni in Köln und haben dort bei Professor Erich Schneider
promoviert, der ein "Keynesianer" ist. Wir werden gleich unseren
Zuschauern erklären, was man darunter versteht. Anschießend waren Sie
kurz bei der Europäischen Kommission und haben sich furchtbar
gelangweilt, wie man lesen kann. Dann haben Sie sich in Münster habiliert,
nicht weit weg von Kiel. Hatte das einen bestimmten Grund?
Die Wahl fiel auf Münster, weil dort Professor Hoffmann tätig war, den ich
aus der Literatur kannte und der mir von der ganzen Ausrichtung her sehr
gut gefiel. Deshalb habe ich mich bei ihm wegen einer Habilitation
beworben.
Danach waren Sie wieder in Brüssel und haben dort auch nicht viel
Erfahrungen gesammelt.
Das muss ich etwas korrigieren: Ich war insgesamt neun Jahre in Brüssel
tätig, zunächst beim Statistischen Amt. Das Interessante in Brüssel ist die
Zusammenarbeit mit anderen Nationen. Man lernt dort sehr viel über die
Denkweise anderer Völker und Mitglieder anderer Nationen. Der Nachteil
ist, dass man im Ausland ist. De Gaulle hat von den vaterlandslosen
Technokraten gesprochen, die dort sitzen. Man muss sich entscheiden, ob
man nicht doch lieber nach Deutschland zurück möchte, und da habe ich
mich dafür entschieden, wieder nach Deutschland zurückzukehren.
Sie sind dann nach Gießen gegangen und dort 20 Jahre geblieben.
In Gießen war ich 12 Jahre tätig, und anschließend sind wir nach Berlin
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gegangen, wo wir nun seit 20 Jahre sind.
Sie sind seit 1980 an der TU in Berlin, und gleichzeitig haben Sie sehr viel
geschrieben, einige Bücher, die - wie mir Kollegen gesagt haben - durchaus
zur Standardliteratur gehören. "Grundlagen der Makroökonomie" - da sollte
man gleich erklären, was man darunter versteht. Können Sie uns mit einem
kurzen, plakativen Beispiel den Unterschied zwischen Mikro- und
Makroökonomie erklären?
Die Mikroökonomie beschäftigt sich mit dem einzelnen Unternehmen, dem
einzelnen Haushalt. Sie überlegt, wovon sein Haushalt abhängt, sie
reflektiert die Änderung des Verhaltens und wie man dieses beeinflussen
kann. Die Besteuerung führt dazu, dass sich der Haushalt anders verhält,
als wenn er keine Steuern zahlen müsste. Der Ausgangspunkt ist also der
einzelne Haushalt, während die Makroökonomie auf der
gesamtwirtschaftlichen Ebene bleibt und die einzelnen Entscheidungsträger
zu großen Aggregaten oder Gruppen zusammenfasst - in die
Unternehmen, die privaten Haushalte, den Staat -, um eine gewisse
Übersichtlichkeit in die Gedankengänge zu bringen. Man hat dann nur drei
große Gruppen, anhand derer man überlegen muss.
Seit Frühjahr 1999 sind Sie Mitglied im Sachverständigenrat. Damals
musste Ihr Vorgänger ausscheiden, was Sie und 180
Wirtschaftswissenschaftler bedauert haben. Sie haben ein Protestschreiben
aufgesetzt und abgeschickt. Die Bundesregierung hat trotzdem so
gehandelt, wie sie glaubte, handeln zu müssen. Da spielen wohl die
Gewerkschaften eine große Rolle. Sie gelten als Gewerkschaftsmann, aber
diesen Schlips ziehen Sie sich wahrscheinlich nicht an.
Richtig ist, dass zwei der fünf Sitze im Sachverständigenrat nach einer
Tradition, die sich etabliert hat, im Benehmen - was immer man darunter
verstehen mag - einmal mit den Arbeitgebern und einmal mit den
Gewerkschaften besetzt werden. Es war in der Tat so, dass damals die
Initiative von den Gewerkschaften ausgegangen ist, die gesagt haben, dass
sie eine neue Person benennen möchten, und die dann auf mich zukamen.
Herr Frantz ist - wie man das unschicklich ausdrückt - in Ungnade gefallen.
Er hat sich den anderen vier Kollegen zu sehr angeschlossen für den
Geschmack der Gewerkschaften. Es ist eine merkwürdige Situation, wenn
ein großer Sozialverband sagt: „Du hast gefälligst die und die Meinung zu
vertreten und keine andere.“ Das lassen Sie sich so aber nicht bieten.
Nein. Die Unabhängigkeit muss und wird respektiert. Wir haben selbst in
unserem letzten Gutachten ein paar Sätze dazu geschrieben, dass wir
diese Maßnahmen nicht gut fanden, vor allem auch, weil es in der
Öffentlichkeit diskutiert wurde. Wir haben einvernehmlich festgestellt, dass
die Unabhängigkeit dadurch nicht beeinträchtigt sei - weder vorher, noch
jetzt. Darauf lege ich natürlich größten Wert.
Traditionell sind die Gewerkschaftsökonomen auf John Maynard Keynes
ausgerichtet, der die nachfragorientierte Wirtschaftspolitik eingeführt hat. Sie
sind dafür, die angebotsorientierte mit der nachfrageorientierten
Wirtschaftspolitik in Einklang zu bringen. Ist das richtig?
Ja, das ist richtig. Der englische Ökonom Keynes hat 1936 ein Buch
geschrieben, das eine neue, makroökonomische Sichtweise in den
Vordergrund stellt. Er hat es damals nach der Weltwirtschaftskrise mit den
hohen Arbeitslosenzahlen geschrieben - sechs Millionen in Deutschland,
ähnlich viele in Großbritannien und in den USA -, und er hat gesagt, dass in
dieser Situation jeder Unternehmer bereit und auch in der Lage ist, mehr zu
produzieren, wenn nur mehr nachgefragt wird an Gütern. Insofern
konzentrierte er sich auf die Nachfrage und sagte, dass wir überlegen
müssen, weshalb die Nachfrage so niedrig ist - wobei sich das
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zusammensetzt aus dem Privatkonsum, dem staatlichen Konsum, den
Investitionen und den Exporten. Er überlegte, weshalb die Nachfrage so
niedrig ist und wie man sie erhöhen könnte. Er konnte darauf in seiner
Situation zu recht davon ausgehen, dass, wenn wirklich mehr Güter
nachgefragt würden, die Unternehmer sie auch produzieren könnten.
Inzwischen haben wir wieder viele Arbeitslose, aber es ist trotzdem so, dass
man nicht einfach die Angebots- und Produktionsseite vernachlässigen soll,
sondern sich überlegen muss, ob die Nachfrage an Gütern gesteigert
werden sollte und ob wir sicher sein können, dass die Unternehmer dann
mehr produzieren werden und damit mehr Leute beschäftigen, was der
eigentliche Zweck ist. Es könnte passieren, dass die Unternehmer die
Gelegenheit nutzen, um die Preise zu erhöhen, das hätte dann nur
Nachteile. Wir hätten dann eine höhere Preissteigerung und nicht mehr
Beschäftigung. Insofern muss man immer Angebot und Nachfrage
berücksichtigen und sich überlegen, wie die eine Seite auf die Änderung der
anderen reagiert.
Nach dem Zweiten Weltkrieg ist ein Glaubenskrieg ausgebrochen, der in
endlose Streitereien bis hin zur Verunglimpfung dieses Ökonomen geführt
hat, der sich gar nicht mehr wehren konnte. Wissenschaft bedeutet ja nicht
zu sagen: "Das, was ich glaube, ist richtig", sondern die Gegebenheiten
abzuwägen. So war es aber nicht. Es gab einen regelrechten Krieg und die
Monetaristen sagten, dass die Keynesianer alle Idioten wären. Das ist eine
merkwürdige Geschichte.
Ja, das ist sehr stark unterstrichen worden. Das liegt einerseits daran, dass
man auch in der Wissenschaft dadurch am bekanntesten wird, wenn man
deutliche und manchmal auch extreme oder zugespitzte Positionen vertritt,
und das haben die Angebotsökonomen, die Monetaristen, gemacht. Als die
Keynesianer noch unbestritten waren, haben sie es sich vielleicht auch in
manchen Dingen zu leicht gemacht und haben z. B. das Problem der
Inflation unterschätzt. Dadurch kam die Gegenbewegung, dass gerade die
Monetaristen gesagt haben, dass das Wichtigste die Inflation sei. Das hing
mit der wirtschaftlichen Entwicklung zusammen: Wir hatten diese beiden
Ölpreisschocks, einmal 1973 mit einer Vervierfachung, dann noch einmal
1979 mit einer Verdopplung des Mineralölpreises mit den entsprechenden
inflationären Entwicklungen in allen Industriestaaten. Da hat man
festgestellt, dass man ein neues zusätzliches Problem hatte. Auch in der
wirtschaftspolitischen Debatte stürzte man sich auf das neue Problem und
hat das alte ein bisschen vergessen. Inzwischen geht die Tendenz dahin,
dass wir angebots- und nachfrageorientiert sein müssen. Wir müssen eine
Politik suchen, die beide Seiten beachtet.
Ich habe in Ihren Schriften eine interessante These gefunden, die darauf
hinausläuft, dass die angebotsorientierten Wirtschaftspolitiker plötzlich zu
Monetaristen werden, wenn es um die Frage geht, die Zinsen zu senken
oder anzuheben, um die Inflation zu bekämpfen, und dann wird die Chance
der Zinssenkung nicht wahrgenommen. Jetzt sind wir bei dem Hauptthema,
nämlich der Beschäftigung. Sind niedrige Zinsen nicht ganz wichtig, um die
Beschäftigungsfrage endlich zu lösen? Ist es nicht falsch, in bestimmten
Momenten, wie es im Frühjahr 2000 der Fall war, die Zinsen langsam
wieder anzuheben, obwohl es nicht so nötig wäre?
Wie vieles im Leben hat auch die Zinsentwicklung zwei Seiten: Die
Begründung der Europäischen Zentralbank für die letzte Zinserhöhung war
die Sorge um künftige Inflation, und man möchte durch die Zinserhöhung
erstmals signalisieren, dass man als Zentralbank darauf achten wird. Das ist
völlig in Ordnung. Zum Zweiten bedeuten Zinserhöhungen, dass die
Finanzierung von Investitionen über Kredite etwas teurer wird, so dass man
dort eine gewisse Dämpfung der Investitionsgüternachfrage hat. Das ist der
eine Aspekt. Der andere Aspekt ist der Nachfrageaspekt: Wenn weniger
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investiert wird, dann fällt die Güternachfrage aus, und es besteht die Gefahr
der Beschäftigungsbeeinträchtigung. Zwischen diesen beiden Punkten
muss die Geldpolitik hindurch. Die Monetaristen haben den Akzent nur auf
die Inflationsbekämpfung gelegt, was in der Zeit nach 1979, als wir bis zu
acht Prozent Inflation hatten, auch nicht völlig unberechtigt war. Inzwischen
steht das Problem der Beschäftigung wieder mehr im Vordergrund, und
deswegen muss man nun auf die andere Seite schauen, inwieweit die
Zinserhöhungsschritte nicht gerade die Investitionen und damit die
Nachfrage und Beschäftigung beeinträchtigen. Man kann nicht sagen, dass
etwas falsch oder richtig ist, weil es immer diese beiden Aspekte gibt. Jede
Institution, die entscheiden muss, muss eine Abwägung vornehmen und
überlegen, was wichtiger ist: den Vorteil hier mit dem Nachteil dort oder die
umgekehrte Kombination.
Gerade hier liegt das Problem, denn es ist offenbar so, dass Ihre vier
anderen Kollegen im Sachverständigenrat doch eher zur monetaristischen
Richtung neigen. Sehe ich das falsch?
Nein, das sehen Sie nicht falsch, wobei man das nicht unbedingt auf die
Monetaristen einengen muss. Es gibt auch noch einen anderen Aspekt, den
man hinzufügen kann und der in der Diskussion eine wichtige Rolle spielt:
die Fristigkeit der Ergebnisse. Hier wird von den einen befürchtet, dass eine
Zinssenkung, die dann zu mehr Investition und zu zusätzlicher
Geldschöpfung führt, zwar kurzfristig einen positiven Effekt hat - mehr
Nachfrage und mehr Beschäftigung -, aber langfristig dann doch zu einer
rascheren Preissteigerung führt. So hat man dann noch die Abwägung
zwischen kurzfristigem und langfristigem Aspekt. Bei den langfristigen
Befürchtungen ist es sehr schwer zu sagen, ob sie berechtigt oder
unberechtigt sind, denn das ist ein Prozess, der über vier Jahre läuft. Was in
vier Jahren alles passiert, ist aber sehr schwer zu beurteilen. Insofern kann
man sagen, dass man momentan erst einmal an die kurzfristigen positiven
Wirkungen denkt und immer noch hofft, dass die langfristigen Wirkungen
entweder nicht eintreten oder wenn sie doch eintreten, man dann erst
Maßnahmen ergreifen muss. Es gibt einen sehr schönen Satz vom
Vizepräsidenten des Währungsfonds. Er hat bezüglich der amerikanischen
Geldentwicklung - die USA haben eine sehr lange Expansion mit guter
Beschäftigungsentwicklung - im Vergleich zu Europa gesagt, dass man die
Expansion mit "Inflationsangsthasen" in den USA nie zustande gebracht
hätte. Das ist also auch eine Frage, welche Risiken man eingeht, um einen
solchen Expansionsprozess zu bekommen.
Die "Angsthasenposition" taucht auch in Ihren Schriften auf, nämlich warum
man es nicht wagt und einen Monat später zugibt, dass man sich geirrt hat
und man dann doch etwas unternehmen muss. Dass ist die Angst, die hier
in Europa grassiert. Was könnte man wirklich tun, um die Beschäftigung
voranzubringen? Die Zahlen, die wir haben, sind alles andere als
befriedigend - über zehn Prozent Arbeitslosigkeit sollten und können wir uns
nicht leisten. Ist hier das soziale Netz womöglich zu eng gespannt? Man
hört immer wieder, dass bestimmte Lohngruppen so nah an der Sozialhilfe
sind, dass wenn es sich um Fälle mit drei Kindern handelt, die
Sozialhilfezahlungen höher sind als das Arbeitseinkommen.
Ja, das ist richtig. Wir haben eine große Menge an strukturellen Problemen.
Als Makroökonom sieht man natürlich erst auf die gesamtwirtschaftlich
wirkenden Maßnahmen - das wäre die Geldpolitik oder die Finanzpolitik des
Bundes und der Länder. Hier ist es so, dass die Europäische Zentralbank
die Geldpolitik macht und nicht nur schauen muss, was in Deutschland,
sondern auch im Gebiet des Euro passiert. Bei der Finanzpolitik ist es so,
dass sich die Mitgliedstaaten im Maastrichtvertrag verpflichtet haben, ihre
Staatsdefizite zu reduzieren. Damit haben sie sich die Hände gebunden, z.
B. über mehr Staatsausgaben oder die generellen Senkung von
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Steuereinnahmen die Beschäftigung positiv zu beeinflussen. Dann bleiben
nur noch strukturelle Maßnahmen übrig, und ein Thema ist die Frage,
inwieweit die Strukturen unserer Sozialhilfe kollidieren mit einer
Beschäftigungsexpansion. Hier ist es so, dass im Niedriglohnbereich die
Sozialhilfe - eigentlich nur bei Leuten mit Kindern - höher ist als das, was
man netto verdient. Daraus folgt nun nicht, dass die Leute deswegen nicht
mehr arbeiten, sondern es gibt eine ganze Reihe von
Sozialhilfeempfängern - ungefähr zehn Prozent -, die arbeiten und
zusätzlich zur Auffüllung noch Sozialhilfe beziehen. Diese Leute sagen sich
offenbar, dass es ihnen auch wegen des sozialen Netzes wichtig ist,
erwerbstätig zu sein, und sie nehmen die Sozialhilfe als Zusatz, weil sie
sonst nicht mit dem Erwerbseinkommen auskommen. Sicherlich gibt es
einige Leute, die die Sozialhilfe in Anspruch nehmen, obwohl sie eigentlich
einen Job finden könnten. Man weiß nicht, inwieweit dies eine Ursache für
hohe Arbeitslosigkeit ist.
Das ist ein Stein im Mosaik. Ein anderer Stein ist die mangelnde Bildung
und Ausbildung.
Ja, das ist ein Problem, das durch die Greencard-Diskussion aktuell wurde.
Die Tendenz geht dahin, dass die Ansprüche an die Qualifikation der
Arbeitnehmer immer höher werden. Die früheren einfachen Arbeitsplätze in
der Industrie für die Hilfsarbeiter sind weitgehend verschwunden. Je
einfacher eine Tätigkeit ist und je mehr man immer denselben
Arbeitsvorgang wiederholen muss, desto leichter lassen sich diese Arbeiten
durch Maschinen ersetzen. Es ist kein Wunder, dass diese Arbeitsplätze für
die wenig qualifizierten Leute verschwinden. Die Konsequenz muss sein,
dass die Durchschnittsqualifikation gesteigert wird auf allen Eben. Das fängt
bei der Schulbildung an und geht weiter zur Berufsausbildung, den
Universitäten, der Weiterbildung - es ist ein sehr großes Programm, das hier
bewältigt werden muss. Diese Greencard-Diskussion zeigt auch, dass es
plötzlichen Mehrbedarf gibt, wenn so eine neue Technik sich ausbreitet und
man im Inland keine gut qualifizierten Leute findet, die man plötzlich braucht
oder meint zu brauchen.
Spielt hier auch die Technikfeindlichkeit eine Rolle, die in den siebziger
Jahren so schick war?
Ja, das spielt eine Rolle. Es ist auffällig, dass an der Hochschule, wenn die
Konjunktur schlecht ist und die Nachfrage an Hochschulabsolventen
zurückgeht, dann besonders die Zahl der Studenten zurückgeht, die
Ingenieur werden wollen. Das heißt, das Ingenieurstudium ist kein
attraktives Studium wie z. B. das Studium der Kunstgeschichte oder
Geschichte, die einen als Fächer interessieren, sondern man studiert das,
weil man damit eine Berufsausbildung bekommt. Wenn man nun den
Eindruck hat, dass man hier keine Arbeitsplätze findet, studiert man etwas
anderes. Ob man das als technikfeindlich bezeichnet oder ob es am
anspruchsvollen Studium liegt - was z. B. die Mathematik betrifft -, weiß ich
nicht. Es mag insofern auch der fehlende Anreiz sein. Wenn man nicht das
Gefühl hat, Ingenieurwissenschaft zu studieren, um später einen
interessanten Beruf zu finden, dann sucht man sich etwas anderes aus.
Was sind die weiteren Mosaiksteine auf dem Bild, das sich uns darbietet?
Wo müsste man etwas ändern?
Ein anderer Mosaikstein ist die Belastung mit Steuern und Abgaben. Hier ist
erfreulicherweise bei den Steuern etwas in Gang gesetzt worden, nämlich
dass die Steuersätze reduziert werden sollen. Andererseits hat man die
Bemessungsgrundlage, auf die sich die Steuersätze beziehen, verbreitert,
so dass das Steueraufkommen nicht so stark abnimmt, wie die Sätze
reduziert werden. Dadurch hat man erreicht, dass der Abschreckungseffekt
verringert wird, der darin besteht, dass man ein bestimmtes
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Mehreinkommen hat, von dem - der Grenzsteuersatz liegt bei uns noch bei
bis 53 Prozent - gleich abkassiert wird. Das ist leistungsbremsend für Leute,
die überlegen, sich weiterzubilden. Denn das, was man dann mehr verdient,
möchte man auch für sich behalten. Insofern ist es gut, dass die
Steuersätze gesenkt worden sind.
Sie sind aber nicht weit genug gesenkt worden, was der
Sachverständigenrat auch schon festgestellt hat.
Ja, diese Höhe des Satzes ist ein Problem, weil eine Differenzierung
gemacht wurde zwischen der Einkommensteuer, die jedermann zahlt, und
der Körperschaftsteuer, die die Kapitalgesellschaften zahlen. Weil die
Kapitalgesellschaften auch Gewerbesteuer zahlen müssen, hat man
gesagt, dass man für die Kapitalgesellschaften den Steuersatz auf 25
Prozent setzen muss. Man hat dann ungefähr einen
Gewerbesteuerbelastung von 13 Prozent. Insgesamt sind das dann 38
Prozent. Die Einzelpersonen und die Personengesellschaften müssen
einen anderen Steuersatz zahlen, der nun bei 45 Prozent liegt. Diese 45
Prozent muss man nun mit den 38 Prozent vergleichen. Hierin liegt eine
gewisse Diskrepanz. Man hätte das ganze Differenzierungsproblem
zwischen Kapitalgesellschaften und Nichtkapitalgesellschaften durch einen
einheitlichen Steuersatz von 40 Prozent vermeiden können, dazu konnte
man sich aber nicht durchringen.
Jetzt wird der Steuersatz gesplittet, und hier wird nun wohl das
Bundesverfassungsgericht ein Wort zu sprechen haben.
Ja, das ist zumindest die Befürchtung, und es werden mit Sicherheit Klagen
kommen. Ob das Bundesverfassungsgericht diesen Klagen stattgibt, ist
noch nicht so sicher, denn es gibt schon Entscheidungen des
Bundesverfassungsgerichts, in denen gesagt wurde, dass bestimmte
Abstände gerechtfertigt sind, weil die Situation einer Kapitalgesellschaft
anders ist als die einer Personengesellschaft, so dass die Sätze nicht
übereinstimmen müssen. Wenn man rechnet, das die Differenz sieben
Prozent beträgt, dann könnte das Bundesverfassungsgericht sagen, dass
das noch tolerabel ist. Sicher wird geklagt werden, aber da bei uns sehr
viele Klagen beim Bundesverfassungsgericht anhängig sind, ist das kein
Sonderfall. Das gibt es auch in anderen Bereichen.
Man sollte sowieso die Frage stellen, ob man nicht viel radikaler vorgehen
hätte müssen, um ein völlig neues Steuerrecht auf den Weg zu bringen. Es
gibt Kollegen von Ihnen, die sagen, dass man völlig neu anfangen sollte. Es
gibt auch ein interessantes Steuermodell, das in Kroatien verwirklicht wurde.
Welche Meinung vertreten Sie? Wäre es wünschenswert, alles einmal über
den Haufen zu werfen, alles in Frage zu stellen und völlig neu anzufangen?
Ein völliger Neuanfang klingt immer gut, aber wir haben ein gewachsenes
System, und jeder wird sich überlegen, wie sich seine Position verändern
wird. In einem ganz neuen System weiß niemand genau, was dabei
herauskommt. Insofern würde ich sagen, dass für den tatsächlichen
politischen Prozess die Idee eines völlig neuen Systems nicht sehr relevant
ist. Man sollte stattdessen überlegen, wie wir unser System schrittweise in
die gewünschte Richtung verändern könnten. Hier gibt es eine Diskussion,
die sich mit der Frage beschäftigt, nach welcher Zielgröße die Steuern
verteilt werden sollen. Die Finanzwissenschaftler sind überwiegend - aber
nicht einheitlich - der Meinung, dass das Kriterium die Leistungsfähigkeit
sein sollte. Man sollte also die Leute nach ihrer wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit besteuern, d. h. nach ihrem Einkommen, was bedeutet,
dass alle Einkommen - egal aus welcher Quelle sie kommen zusammengezählt und einer Steuer unterworfen werden. Zum Beispiel gilt
das dann auch für das Zinseinkommen, bei dem man Erfassungsprobleme
hat. Dann hätte man ein Prinzip, an dem man sich orientieren kann. Die
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Leistungsfähigkeit sollte im Prinzip der Maßstab sein. Das ist bisher bei uns
überwiegend der Fall. Ich bin der Ansicht, dass das sehr richtig ist und man
bei diesem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit bleiben
sollte.
Nun gibt es die Diskussion, dass die Alterssicherung dadurch zusätzlich
belastet und zum Teil obsolet wird. Derjenige, der steuerlich ehrlich ist,
muss auf seine jämmerlichen Zinsen - wenn man es auf den Festsatz
bezieht - auch noch bis zu 50 Prozent Steuern zahlen. Das ist dann wirklich
absurd, wenn eine mittlere Anlage nur vier Prozent bringt. Ist es nicht
kontraproduktiv, wenn man die Zinsen besteuert? Wäre es nicht sinnvoll,
das völlig abzuschaffen?
Ich bin nicht Ihrer Ansicht, was die Besteuerung der Zinsen betrifft. Es ist
negativ, wenn man ein Einkommen besteuert, das sonst für Güterkäufe
ausgegeben wird, das also Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen
und somit Arbeitsplätze schafft. Von diesem Gesichtspunkt aus ist es
unproblematisch, ein Einkommen zu besteuern, das nicht zur
Güternachfrage führt. Vermögens- und Zinseinkommen sind eine
Kategorie, die die Leute meistens nicht verwenden, um Güter zu kaufen,
sondern sie legen dieses Geld wieder an. Das ist das mehrheitliche
Verhalten.
Ich kaufe aber das Auto und unter Umständen auch Luxusgüter gerade aus
diesem Vermögen.
Es gibt Leute, die über größeres Vermögen verfügen und hohe
Zinseinnahmen haben. Diese Leute kaufen sowieso alles aus ihrem
laufenden Einkommen, benötigen dazu nicht das Vermögenseinkommen,
sondern legen es wieder an.
Dann müsste man höhere Freibeträge einräumen, die aber momentan
wieder halbiert wurden.
Den Leuten, die wirklich sparen, um dafür ein Auto zu kaufen, könnte man
einen gewissen Freibetrag einräumen. Gerade die höheren
Vermögenseinkommen sollte man versteuern, weil sie gesamtwirtschaftlich
und unter Nachfrage- und Beschäftigungsaspekten nichts bringen, denn
dieses Geld wird wieder angelegt. Es kommt hinzu, dass die
Einkommensverteilung bei uns ungleich ist, aber das ist in jedem Staat so.
Es ist verständlich, dass die Einkommensverteilung ungleich ist, aber die
Vermögensverteilung ist noch stärker ungleich. Hier ist die Konzentration
viel stärker. Man sollte die Leute, die sowieso schon über ein hohes
Einkommen verfügen und dadurch hohe Zinseinkommen haben, steuerlich
entlasten, und damit würden die Steuereinnahmen an den Finanzminister
gehen, womit er dann z. B. die Bildungsausgaben finanzieren kann.
Während die Leute selbst, wenn man ihnen das Geld lässt, eben keine
Güter kaufen. Aus dieser Nachfrageüberlegung heraus bin ich dafür, dass
man die Zinseinkommen voll besteuert.
Dann müsste man aber einen Weg finden, komplett an der Quelle zu
besteuern.
Ja, das ist richtig. Die Frage ist dann natürlich, wie man das durchsetzt. Hier
hakt es vor allem in Europa, weil sich die Länder bislang nicht einigen
können. Hier kann man darüber diskutieren, ob man den Weg gehen sollte,
dem die Österreicher beschritten haben. Sie haben sich gesagt, solange sie
die Zinseinkommen der Einkommensteuer generell unterworfen haben,
haben die Leute die Zinsen nicht angegeben. Jetzt haben sie eine
endgültige Steuer von 25 Prozent eingeführt, plötzlich geben alle Leute ihre
Zinseinkommen an, und der Finanzminister hat deutlich höhere
Steuereinnahmen. Man weicht vom Prinzip ab und fragt sich, ob man dann
nicht auch eine pragmatische Lösung anwenden kann. Die Österreicher
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haben sich für die pragmatische Lösung entschieden und haben dabei
Erfolg. Wenn das in Europa vereinbart wird, dann bin ich auch zufrieden.
Unser großes Problem ist, dass das gesamte Kapital zurückgeholt werden
müsste, damit es hier in Deutschland arbeitet. Ich weiß nicht, wie viel
hundert Milliarden im Ausland liegen.
Ja, es sind sehr viele Milliarden. Wenn man alles durchsetzen könnte, was
man an Prinzipien hat, dann wäre ich für eine Besteuerung, aber die
pragmatische Lösung wäre dann auch akzeptabel. Ein anderes Problem ist
die Frage der Alterssicherung. Hier ist es so, dass die längere Lebensdauer
der Individuen dazu führt, dass die Belastung der beitragszahlenden
Erwerbstätigen durch die Rentner und Renten immer größer wird und man
hier Auswege finden muss. Hier ist eine Lösung, die auch diskutiert wird, zu
sagen: Wenn jemand für seine Altersvorsorge spart - in einer Weise spart,
die auch sicherstellt, dass er erst im Alter an das Geld herankommt -, dann
sollte er das von der Steuer absetzen können. Das gilt auch für die Beiträge
zur Lebensversicherung, die man auch von der Steuer absetzen kann.
Das nützt nichts, weil die meisten Leute Sozialversicherung zahlen müssen,
so dass die Freibeträge ausgeschöpft sind. So hilft uns das Steuerrecht
nicht weiter.
Hier wäre eine klare Lösung - da warten wir alle auf das Urteil des
Verfassungsgerichts, das im Sommer kommen soll - zu sagen, dass alle
Beiträge, die für das Alter zurückgelegt und festgelegt werden und die man
erst mit 65 Jahren verwenden kann, steuerfrei gestellt werden. Das hätte
zur Konsequenz, dass dann die späteren Bezüge - ob sich das
Versicherung, Zinsen, Dividende oder Zahlung aus einem Fond nennt - der
Steuer unterworfen werden. Es sollte Freistellung bei der Einzahlung geben,
damit es attraktiv wird, Vorsorge zu leisten, und später wird es Einkommen
und somit mit allen anderen Einkommen addiert und versteuert. Das wäre
eine klare Lösung, die ich auch für gut hielte.
Die Finanzpolitiker haben davor wahnsinnige Angst - auch vor der
Steuerreform insgesamt - und sind dadurch zaghaft geworden. Eigentlich
sollten sie viel Mut entwickeln. Sie meinen, dass man Subventionen
streichen müsste. Wo überall sollte man ansetzen?
Das Problem muss man auf zwei Ebenen angehen. Wenn man überzeugt
ist, dass so eine Steuerreform - die die Steuersätze deutlich senkt und
dadurch auch die Leistungs- und Innovationsbereitschaft vergrößert vielleicht auch dazu führt, dass mehr Investitionen in Deutschland getätigt
werden, die jetzt im Ausland getätigt werden, dann würde man damit in
Deutschland zu einer Belebung von Produktion und Beschäftigung
kommen und es würde auch mehr Einkommen entstehen, aus dem
wiederum mehr Steuern gezahlt werden würden. Das dauert natürlich, aber
es wäre eine Selbstfinanzierung. In diesem Punkt würde ich dem
Finanzminister den Mut empfehlen zu sagen, dass diese Selbstfinanzierung
vielleicht erst in zwei Jahren kommt, aber in der Zwischenzeit müsste man
ein etwas höheres Defizit in Kauf nehmen.
Also sollte man durchaus Schuldenpolitik für eine begrenzte Zeit betreiben,
obwohl wir so viele Schulden haben?
Ja, wenn man gute Argumente hat zu sagen, dass es nur für zwei Jahre ist
und dann dieses Defizit von alleine verschwindet. Auch hier kann man
wieder auf die USA verweisen, die ein sehr hohes Defizit hatten. Sie haben
eine Politik des Wachstums und der Beschäftigung zustande gebracht,
auch durch eine flexiblere Geldpolitik. Durch dieses Wachstum von
Produktion, Beschäftigung und Einkommen sind die Steuereinnahmen so
stark angestiegen, dass nun der amerikanische Bundeshaushalt im
Überschuss ist. Sie haben nicht gesagt, dass man das Defizit durch Sparen
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reduzieren muss, sondern die generelle Wirtschafts- und Wachstumspolitik
hat ihnen die Steuermehreinnahmen beschert. Das wäre der Weg, den
man in dem von mir beschriebenen Szenario beschreiten müsste.
Die staatliche Sparpolitik ist überhaupt kein so günstiger Weg. Letzten
Endes wäre es sinnvoller, gewisse Staatsausgaben im investiven Bereich
zu verstärken. Gerade bei der "Deutschen Bahn AG" ist alles im desolaten
Zustand.
Ja, das ist richtig. Von manchen Ökonomen wird der Staat so betrachtet, als
sei das eine Last, die auf der Wirtschaft liegt. Natürlich stöhnen die
Steuerzahler darunter. Der Staat tut aber auch etwas Positives, z. B. für die
Ausbildung. Hier muss der Staat Geld hineinstecken, auch in die
Infrastruktur - dazu gehört das Verkehrswesen, Informationskanäle usw.
Diese Ausgaben müssen und sollen finanziert werden, denn das kann kein
anderer machen.
Zurück zu meiner Frage, ob Subventionen gestrichen werden sollten. Hier
ist noch einiges im Argen.
Ja, hier muss man überlegen, ob man auf andere Ausgaben verzichten
kann. Ein Stichwort sind die Subventionen, die - das wird seit Jahrzehnten
gesagt - gestrichen werden sollten, und das stößt immer wieder auf
Widerstand der Betroffenen. Im Prinzip ist es richtig, zumal wir mit den
Subventionen vor allem Wirtschaftszweige unterstützen und erhalten, die wie z. B. die Landwirtschaft, Kohlebergbau und die Wohnungswirtschaft einem Schrumpfungsprozess unterliegen. Das ist natürlich eine
zweischneidige Sache. Beim Kohlebergbau ist die Zahl der Bergarbeiter
schon deutlich zurückgegangen. Im Bereich der Subventionen kann man
sparen, und nun muss man sehen, ob man nicht auch die
Personalausgaben reduzieren kann, da das eine Dauerbelastung ist. Wenn
man wirklich Geld freisetzen will für Investitionen und Infrastruktur, dann ist
der sicherste Weg zu versuchen, mit weniger Personal auszukommen, z. B.
dadurch, dass man Tätigkeiten nach außen verlagert, sie von Privaten
einkauft. Früher wurden die öffentlichen Gebäude noch von Bediensteten
gereinigt, die im Öffentlichen Dienst beschäftigt waren. Das machen heute
private Reinigungsfirmen. Somit kann man viele Dinge auslagern, weil dann
flexibler gearbeitet wird als im Öffentlichen Dienst.
Viele sagen dann: „Na ja, trotzdem Subventionen, aber in die 'New
Economy'." Was halten Sie davon? Ihr Ökonom-Kollege Schumpeter war
der Meinung, dass sich die Innovation schon selber finanzieren müsste.
Schumpeter war derjenige, der sagte, dass die Innovation ein ganz
zentraler Faktor ist für die wirtschaftliche Entwicklung, vor allem für die
langfristige und mittelfristige wirtschaftliche Entwicklung. Er hat vor allem in
der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts geschrieben, und hier war es ganz
selbstverständlich, dass die Innovationen von den privaten Unternehmen
selber gemacht und finanziert werden und dass diejenigen, die erfolgreich
sind, viel daran verdienen bis ein Konkurrent kommt und etwas Besseres
auf den Markt bringt oder Konkurs macht. Wir haben gerade deshalb das
Konkursrecht entwickelt, damit ein Unternehmen in Konkurs gehen kann,
ohne dass der Unternehmer selbst - wie früher - in den Schuldturm
geworfen wird. Er kann vielmehr eine neue Firma aufmachen und
versuchen, seine Kreativität neu zu bewähren. Alle Staaten fördern die
Forschungs- und Entwicklungsarbeit von Unternehmen, aber eigentlich ist
das Aufgabe der Unternehmen.
Vielen Dank, Herr Professor Kromphardt. Wir sind am Ende dieses
interessanten Gesprächs. Verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer, wir
sprachen mit Professor Jürgen Kromphardt, TU Berlin,
Wirtschaftswissenschaftler und Mitglied des Sachverständigenrats der "Fünf
Weisen". Auf Wiedersehen.
© Bayerischer Rundfunk
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