Die Mutation der Zelle Humangenetiker wie Professor Jörn Bullerdiek erforschen Krebs Am besten dick und mehrfach auftragen: Sonnenmilch. FOTO: DPA Gesunder Sonnenspaß SunPass für Kinder Bremen. 2009 hat die Europäische Hautkrebsstiftung (ESCF) das Projekt „SunPass – gesunder Sonnenspaß für Kinder“ ins Leben gerufen. Zurzeit arbeiten neun Krebsgesellschaften an diesem Projekt. In Bremen leitet Astrid Büttner das Projekt, mit dem sich der Verein Bremer Krebsgesellschaft bislang an 60 Kindergärten und Kindertagesstätten gewendet hat. Ziel dieses Projektes ist es, Kinder vor einem Sonnenbrand zu schützen. Dies ist besonders wichtig, da Kinder noch keinen ausgereiften Schutzmechanismus der Haut haben. Dadurch soll verhindert werden, dass die Kinder im Laufe ihres Lebens, mit 30 oder 40 Jahren, an Hautkrebs erkranken. Die Bremer Krebsgesellschaft hat die Kindergärten und Kindertagesstätten mit Informationen über den Schutz vor Hautkrebs bei kleinen Kindern sowie Sonnenmilch, Sonnensegeln und Kopfbedeckungen ausgestattet. So beugen sie den Sonnenbrand bei kleinen Kindern vor. MELANIE KROPP, LEA KATHLEEN DAMASCHKE, CELINA WEISSENBORN UND JULIA TITTEL ZAHLEN UND FAKTEN In Bremen ... ... gibt es seit 1926 die Bremer Krebsgesellschaft e. V.. ... sind mehr als 850 Menschen Mitglieder der Bremer Krebsgesellschaft e. V.. Bremen. Jeder Mensch besitzt unzählige Zellen im Körper, die sich durch verschiedene äußere Einflüsse verändern können, wie etwa durch das Rauchen. Im schlimmsten Fall wird dadurch eine Mutation in der DNA ausgelöst – eine Krebszelle entsteht. Zudem kann über Erbanlagen auch ein erhöhtes Krebsrisiko weitergegeben werden. Und deshalb können sich in Familien Krebserkrankungen häufen. Ist die Mutation erfolgt, fangen die Tumorzellen an, sich zu teilen, und der Tumor wächst. Bis der Krebs bemerkbar wird, können viele Jahre vergehen. Zudem können Tumorzellen im Gegensatz zu normalen Zellen die Fähigkeit bekommen, sich unendlich zu teilen; einige Krebszellen, die im Labor verwendet werden, sind anscheinend unsterblich. Professor Jörn Bullerdiek ist Humangenetiker und arbeitet sowohl an der Universität Bremen als auch an der Universität Rostock. Er erforscht dort unter anderem Tumorzellen. Nach dem Abitur wollte er noch nichts mit Medizin zu tun haben und studierte Biologie, um sich dem Umweltschutz und der Ökologie zu widmen. Während seines Studiums entwickelte sich sein Interesse für Zellkulturen und er beschäftigte sich seitdem mit den Krebszellen. Fragen, die ihn sehr reizen, sind: „Warum entsteht Krebs und wie kann man ihn vermeiden?“. „Es gibt unterschiedliche Methoden den Krebs zu erkennen, wie etwa durch Ertasten, Blutoder Röntgenuntersuchungen“, erläutert er. Es wird zwischen bös- und gutartigen Tumoren unterschieden, das heißt, Tumor bedeutet nicht gleich Krebs. Gutartige Tumore sind unter anderem Warzen. Nachdem erkannt wurde, ob der Tumor bös- oder gutartig ist, beginnt die Diskussion, welche Therapiemaßnahmen helfen könnten. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten. „Die erste Instanz ist oft die operative Maßnahme, weitere sind beispielsweise Chemotherapie, aber auch andere medikamentöse Therapien“, sagt Bullerdiek. Zu beachten sei aber, dass bei der Chemotherapie nicht nur Tumorzellen geschädigt werden, sondern auch alle anderen „gesunden“ Zellen, die sich teilen. Das kann zu Nebenwirkungen führen, wie Haarausfall, Übelkeit oder Erbrechen. Inzwischen gibt es aber auch „intelliDie Ergebnisse zweier Proben: oben ein unauffälliges Gewebe, unten ein Tumor mit zahlenmäßigen gentere“ Therapien, die sich speziVeränderungen des Genoms kenntlich an Abweichungen der Punktewolken von der Mittellinie. Die fischer gegen TuSpalten beginnen links mit Chromosom 1 und enmorzellen richten, sagt der Professor. den rechts mit Chromosom X. Bullerdiek ist der Bremer Krebsgesellschaft beigetreten, weil er einerseits die Enttabuisierung von Krebs fördern möchte und andererseits den Großteil seiner Lebenszeit in Bremen verbringt. Daher bietet die Krebsgesellschaft in Bre- men ihm persönlich gute Voraussetzungen. Aus den Klassen FOS 11.1 und FOS 11.2 des Schulzentrums Walle, Zweigstelle Ritter-Raschen-Platz von Jakob Gerken, Melav Bari, Lindita Proksch und Raphaela Hildesheim Müdigkeit und Muskelschwäche Wenn der Krebs geheilt ist, haben viele Patienten noch mit Folgebeschwerden zu kämpfen Bremen. Meike Wiebusch ist 48 Jahre alt und gilt als geheilt. Vor zwei Jahren bekam sie ihre Diagnose Thymuskarzinom. Vor der Diagnose war sie eine selbstständige Frau, die als ... sind mehr als 60 Kita-EinKörpertherapeutin arbeitete, richtungen am SunPass-Projekt etwa mit Patienten, die einen beteiligt. Schlaganfall hatten. Krebs an der Thymusdrüse kommt sehr ... leben circa 30 000 Menschen selten vor. Der Thymus liegt in mit und nach Krebserkrankun- unserem Brustkorb direkt unter gen. dem Brustbein. Für Kinder ist diese Thymusdrüse sehr wich... erkranken fast 4000 Mentig, da sie für das Immunsystem schen jährlich neu an Krebs. eine entscheidende Rolle spielt. Im Thymus reifen wichtige Ab... gibt es beim Pegasus-Projekt wehrzellen heran. Im Alter eiderzeit sechs Gruppen mit bis nes Erwachsenen bildet sich zu acht Kindern und Jugenddieser zurück, sodass nur Thylichen. musrestkörper vorhanden sind. Aus den noch vorhandenen ... nehmen Kinder und Jugend- Thymuszellen können Tumore, liche im Alter zwischen drei bis meist im Alter zwischen 50 und 20 Jahren am Pegasus-Projekt 60 Jahren, entstehen. Die gutarteil. KARINA GEIST tigen Thymustumore wachsen ... werden jährlich mehr als 2500 Beratungsgespräche für Ratsuchende kostenfrei durchgeführt. Humangenetiker Jörn Bullerdiek hat eine Professur an der Universität Bremen. Er erläutert das Wachstum von Krebszellen. FOTO: KARINA GEIST langsam und breiten sich nicht außerhalb der Thymusdrüse aus. Dagegen sind die Thymuskarzinome bösartig, wachsen schneller aus und befallen das umliegende Gewebe im Brustraum. Dort können sie auch in den entfernt liegenden Organen Metastasen bilden. Es gibt somit Thymustumore, die gutartig oder auch bösartig sein können. Meike Wiebusch hatte ein bösartiges Thymom, so wird ein bösartiges Thymuskarzinom auch bezeichnet. Tumoren des Thymus werden nach Möglichkeit operativ entfernt, doch bei einer weiterentwickelten Erkrankung sind Bestrahlungen oder Chemotherapien nötig. Der Tumor von der Therapeutin war neun mal zehn Zentimeter groß und ist in circa drei bis sechs Monaten in ihrem Körper gewachsen. Nach der Operation war Meike Wiebusch zwar krebsfrei, doch sie leidet noch heute unter sehr vielen Folgebeschwerden, etwa daran, dass die Wechseljahre sofort auftraten, ihre Haare ausfielen, sie Schlafstörungen und Schweißausbrüche hatte. Sie hat auch Konzentrationsschwierigkeiten, Wortfindungsstörung, das Kurzzeitgedächtnis ist nicht mehr verlässlich und sie ist von „Fatigue“ betroffen. Das französische Wort heißt übersetzt Müdigkeit oder Erschöpfung. Sie weiß nie, wie viel Energie sie für den Tag zur Verfügung hat und kann keinen langen Gesprächen folgen. Deshalb ist zu viel Belastung für sie nicht gut. Wenn sie merkt, dass es zu viel für sie wird, legt sie sich hin und schläft oder vermeidet Kontakt zu Menschen. Ein weiteres Problem für Meike Wiebusch ist ihre Polyneuropathie. Das ist eine Erkrankung des Nervensystems, die mit Muskelschwäche und Gefühlsstörungen einhergeht. Zum Beispiel kann die Patientin kein Metall anfassen, sie empfindet dann einen Schmerz wie Messerstiche. Sie versucht, sich mit Nähen abzulenken. Sie bezeichnet diese Ablenkung, als „Brain-Training“. Dabei fühle sie sich gut. Die Mitarbeiterinnen der Bremer Krebsgesellschaft haben ihr geholfen, Formulare auszufüllen, und haben sie bei jedem Schritt, bei dem sie Hilfe benötigt hat, unterstützt. Meike Wiebusch ist glücklich, dass ihr Mann an ihrer Seite war, als es ihr nicht gut ging und alles sehr kompliziert war. KATHRYN CHIBVONGODZE, MICHELLE SCHRÖDER, LISA SCHRÖDER, RANIN BASSAR, PAULA NIEMANN UND YOLANDA DA SILVA