Mehrwert dank Architektur

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Mehrwert dank A
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handelszeitung . Millionär . Q4/2015
Die Wahl eines prominenten
Architekturbüros ist
für den Bauherrn eine
gewinn­bringende
Investition – wenn auch nicht
immer auf monetärer Ebene.
text: Roberto stefano
Die «Chesa Futura»
in St. Moritz von
Foster + Partners.
rchitektur
Nigel Young (Foster+Partners)
N
och hat der Zellweger Park in Uster seine endgültige Gestalt nicht
angenommen. Das Areal der ehemaligen Zellweger unweit von
Zürich wird seit 2005 in mehreren
Etappen in ein lebendiges Wohn- und Arbeitsquartier umgewandelt. Dabei liegt der Familie
Bechtler als Bauherrin ausgesuchte Architektur
und zeitgenössische Kunst besonders am Herzen. Dank namhaften Exponenten wie Gigon/
Guyer oder Morger + Dettli hat sich der Zellweger
Park in wenigen Jahren den Ruf einer Pilgerstätte
für Architekturliebhaber erarbeitet.
Seit Anfang Oktober ist ein weiteres Objekt bezugsbereit, das dieses Image festigen wird. Mit
Herzog & de Meuron hat jenes Architekturbüro
einen achtstöckigen Wohnturm (siehe Seite 41)
errichtet, welches weltweit mit Bauten wie der
Tate Modern in London, der Allianz Arena in
München oder dem Olympiastadion in Peking,
dem «Bird’s Nest», für Furore gesorgt hat.
Während der Wohnturm dank Herzog & de
Meuron bereits vor der Eröffnung für Aufsehen
sorgte, hält sich der Ansturm der Wohnungs­
suchenden in Grenzen. Noch stehen 9 von 32
Wohnungen frei, obwohl die Mieten durchaus
marktüblich sind. Es stellt sich die Frage, inwieweit sich das Engagement eines grossen Namens
als Architekt für den Bauherrn auszahlt.
«Rein ökonomisch lohnt es sich im Mietbau
kaum, auf einen international berühmten Architekten zu setzen», sagt Oliver Hagen, Geschäfts-
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Daniel Libeskind
Der Poet
Zu den bekanntesten Werken von Daniel
Libeskind gehören das Jüdische Museum
Berlin, das Felix-Nussbaum-Haus in Osnabrück, das Imperial War Museum North in
Manchester und der Masterplan für Ground
Zero in New York. In der Schweiz hat
­Libeskind vor den Toren Berns das Freizeitund Shoppingcenter Westside gebaut. Das
Studio Daniel Libeskind hat seinen Hauptsitz in New York sowie Büros in Mailand
und Zürich. Mit seiner Architektur will
­Libeskind Geschichten erzählen, weshalb er
unter den Architekten als Poet gilt.
«Sapphire» in Berlin-Mitte (unten, rechts)
ist seine erste Wohnimmobilie in Deutschland. Mit seinen typischen Kanten und Diagonalen nimmt das Gebäude mit 70 Wohneinheiten das Bild eines Saphirs auf und
hebt sich markant von seinem Umfeld ab.
Libeskind legt sehr viel Wert auf hoch­
wertige Materialien und sorgfältige
­Verarbeitung. 50 Prozent der Beton­
elemente von «Sapphire» sind Handarbeit,
und für die Fliesen an der Fassade sind
­bislang keine Verwitterungserscheinungen
nachgewiesen.
Bilder: Libeskind / Ziegert
Foster + Partners
Der Adlige
Der 80-jährige Norman Foster gründete 1967 sein eigenes
Architekturbüro F
­ oster Associates, heute Foster +
­Partners. Für seine Arbeit wurde der Engländer 1990 durch
die Queen zum Ritter geschlagen. Fosters Architektur­büro
beschäftigt weltweit 900 Mit­arbeitende und ist ver­
antwortlich für Wahrzeichen wie den neu gestalteten
Reichstag in Berlin, den ehemaligen Swiss-Re-Sitz in
­London, «The ­Gherkin», oder die Neugestaltung des
Wembley-­Stadions in London. Laut Sir Norman Foster hat
Architektur eine künstlerische Dimension, wobei ein
­Architekt d
­ arüber hinaus sowohl die Bedürfnisse der Klienten und der Nutzer als auch der Ordnungsbehörden zufriedenstellen muss.
Die «Chesa Futura» in St. Moritz (oben s­ owie Seite 36)
­vereint futuristische Bauformen und traditionelle Bau­
stoffe. Für die Fassade des Apartment-Hauses mit zehn
­exklusiven Privatwohnungen w
­ urden 250000 Lärchenschindeln verwendet. Heute gilt der einst um­strittene Bau
im ­Engadin als Sehenswürdigkeit.
Foto: Nigel Young (Foster+Partners)
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leiter von «Blickpunkt Lebensraum» und Verantwortlicher für die Entwicklung des Zellweger
Parks. «Der Faktor Stararchitekt schlägt sich
nicht direkt in höheren Mieten nieder, dafür gibt
es spezifischere Grundrisse und ein radikaleres
architektonisches Konzept». Zu denken ist dabei
in der Umsetzung beim Wohnturm an den hohen
Anteil an Sichtbeton oder die vom Künstler Erik
Steinbrecher gestalteten Holzzäune als Balkongeländer. «Wir haben hier kein Massenprodukt,
daher brauchen wir spezifischere Mieter, was das
Zielpublikum in einer Stadt wie Uster eher kleiner
macht», sagt Hagen.
Hohe Kreativität der Büros
Gleichwohl ist er von der Zusammenarbeit mit
Herzog & de Meuron begeistert. Der Grund liegt
vor allem in der hohen Kreativität solcher Büros
und der inspirierenden Zusammenarbeit in der
Ausarbeitung des Projektes. «Das Baufeld für den
Wohnturm war aufgrund der monumentalen Bürobauten und des Weihers in unmittelbarer Nähe
sehr schwierig zu gestalten», so Hagen. Nach
mehreren Varianten sei eine sehr spezifische und
starke Lösung für die Lage gefunden worden, die
genau den Vorstellungen des Bauherrn entsprochen habe. Aber auch für die Vermietung bietet
der einmalige Charakter des Baus einen gewichtigen Vorteil. Laut Hagen könne der Eigentümer
darauf zählen, dass die Mieter längerfristig im
Objekt bleiben und es zu keinen häufigen Muta­
tionen kommen werde.
Wie Hagen sehen auch andere Architektur­
experten den Nutzen von guter Architektur bei
Mietobjekten weniger auf der monetären Ebene
als vielmehr in dem durch eine verbesserte
Raumgestaltung erhöhten Wohlbefinden der
Mieter. Die Wahl eines renommierten Büros zahlt
sich daher nicht nur im Luxussegment aus. Der
Einbezug der Umgebung bei der Erstellung eines
Gebäudes oder die Wahl von ausgesuchten Materialien schaffen insofern einen Mehrwert, als die
Mieter dadurch über gewisse Nachteile eines Objektes hinwegsehen und zur Einrichtung Sorge
tragen. Die Qualität einer Arbeit hängt in diesem
Fall aber weniger mit dem Namen des Architekten als mit der Sorgfalt in der Ausführung durch
das gewählte Büro zusammen.
In der Regel sind denn auch die Lage, die Nutzbarkeit und der Zustand eines Objektes massgebend für den Wert einer Immobilie. Nur selten
werden Liegenschaften aufgrund ihres berühmten Architekten gekauft. Dennoch hat eine Auswertung von rund 1500 Mehrfamilienhäusern
aus der Bewertungsdatenbank der Immobilienberatungsfirma Wüest & Partner ergeben, dass
das Ertragsniveau von architektonisch hochwertigen Bauten tendenziell über jenem von durchschnittlichen Objekten liegt.
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Gigon/Guyer
Die Farbenfrohen
Das Architekturbüro mit Sitz in Zürich
wurde 1989 durch Annette Gigon und
Mike Guyer gegründet. Die beiden Architekten haben Zürich in den vergangenen
Jahren stark mitgeprägt. Das Duo und
seine Mitarbeitenden sind beteiligt am
Bau der Europaallee und sind für das
­Polizei- und Justizzentrum und für den
Prime ­Tower verantwortlich. Ihr Renommee strahlt über die Grenzen hinaus –
das ­Architekturbüro erstellte Museen,
­öffentliche Gebäude, aber auch Wohn­
immobilien in Frankreich, Deutschland
und Holland. Mit dem Kirchner Museum
in Davos gelang Gigon/Guyer der
­Durchbruch. Das Büro ist bekannt für
­seinen Einsatz von Farbe.
Auf dem Areal der ehemaligen Brauerei
Löwenbräu in Zürich (oben, oben rechts)
erstellten Gigon/Guyer ein Wohnhochhaus mit Kunstzentrum und Bürogebäude. Entstanden ist ein spannungsvolles
Ensemble von Neu und Alt im Trendquartier Zürich-West.
Fotos: Thies Wachter / Gigon / Guyer
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Noch deutlicher wird dies, wenn es um Eigenheime geht, insbesondere an hochwertigen Lagen. Laut David Belart von Wüest & Partner ist die
architektonische Qualität hier ein entscheidender Faktor für die Werthaltigkeit eines Objektes.
«Bei diesen Gebäuden ist die Architektur nicht
nur in dem Sinne wichtig, dass sie alle Anforderungen mit einem guten Konzept auf einen gemeinsamen ästhetischen Nenner bringt, sondern
dass auch der architektonische Ausdruck eine
Rolle spielt», so Belart. Das anvisierte Zielpublikum sei anspruchsvoll und wolle sich mit der
Wohnung identifizieren. «Die Leute wollen nicht
nur eine gute Adresse, sie wollen eine ‹Marke›,
und dabei hilft die Architektur», sagt er.
Überregionale Anziehungskraft
Herzog & de Meuron
Die Aushängeschilder
Neben Jacques Herzog und Pierre de Meuron
sind Christine Binswanger, Ascan Mergenthaler und Stefan Marbach Partner bei Herzog &
de Meuron. Das Büro wurde 1978 in Basel gegründet, heute arbeitet ein internationales
Team von über 400 Mitarbeitern an Projekten
in Europa, Nord- und Südamerika und Asien.
Zu den renommiertesten öffentlichen Gebäuden gehören die Tate Modern in London und
die Allianz Arena in München. Wohnhäuser
haben die Basler unter anderem in Paris,
­Helsinki und Münchenstein BL erstellt.
Der achtstöckige, würfelförmige Wohnturm
(Bild links) im Zellweger Park steht gedreht zu
den Nachbargebäuden, was sowohl die
­Sonneneinstrahlung als auch die Aussicht
­maximiert. Die Architekten entwickelten das
Objekt mit dem Ziel, für die Wohnungen
­maximale Privatsphäre und einen
­unmittelbaren Bezug zur Natur zu schaffen.
Foto: Erica Overmeer
Klar zum Ausdruck kommt dies beim Wohnhaus
Sapphire in Berlin von Daniel Libeskind. Die Anziehungskraft des Architekten ist laut André
Schlüter vom Immobilienmakler Ziegert Bankund Immobilienconsulting in Berlin weit über
die Stadtgrenze zu spüren. «Es kommen sehr viel
mehr Interessenten, die nicht unbedingt jetzt
und nicht unbedingt in Berlin eine Wohnung
brauchen, sondern vor allem eine LibeskindWohnung wollen», sagt er. Dass die Baukosten
und der Verkaufspreis durch die nicht orthogonale Libeskind-Architektur um gut 30 Prozent
höher liegen als bei einem Neubau mit vergleichba­
rer Ausstattungsqualität, hält die Interessenten
nicht von einem Kauf ab. Nach knapp einem Jahr
konnten bereits drei Viertel der Wohnungen mit
einem Preis von über 6000 Euro pro Quadratmeter abgesetzt werden. Die Interessenten identifizierten sich stark mit dem Architekten, weshalb
90 Prozent der Käufer sich auch für die von Libeskind gestalteten Bäder entscheiden würden.
Der Immobilienmakler vergleicht eine Wohnung eines renommierten Architekten denn auch
mit Kunst oder mit einem Sammlerwert. Was den
Weiterverkauf eines solchen Objektes betrifft, ist
er zuversichtlich, dass sich sogar eine Wertsteigerung aufgrund des Architekten erzielen lässt.
«Die Wohnung unterstreicht die Individualität
des Eigentümers, und das ist im gehobenen
Preissegment in der Regel entscheidend für den
Preis und die Nachfrage», sagt Schlüter
Der Mut zur Eigenart scheint sich somit zu lohnen, auch wenn dies vielfach angezweifelt wird.
Häufig geben Architekturliebhaber den Bau eines
charaktervollen Hauses in Auftrag und lassen
ihre spezifischen Wünsche einfliessen. Dadurch
wird der Kreis der Interessenten bei einem Weiterverkauf zwar eingeengt, was die Suche nach
­einem Nachfolger verlängern dürfte. Laut Architekturexperten findet sich aber immer ein Liebhaber als Käufer, der in der Regel sogar bereit ist,
dafür einen höheren
Preis zu bezahlen.
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