Blatt 9: Simplizialkomplexe ∑ ∑ ∑ ∑

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Topologie
M. Eisermann / A. Thumm
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Blatt 9: Simplizialkomplexe
1. T RIANGULIERUNGEN UND E ULER –C HARACTERISTIK
V 1.1. Für alle n ∈ N gilt χ(∆n ) = 1 und χ(∂ ∆n ) = 1 + (−1)n−1 .
n+1
Lösungsskizze: — Jeder n–Simplex hat d+1
Seiten der Dimension d, wobei 0 ≤ d ≤ n. Die Euler–
Charakteristik berechnen wir hieraus mit Hilfe der binomischen Formel:
n+1
n
n
d n+1
k−1 n + 1
χ(D ) = ∑ (−1)
= ∑ (−1)
d +1
k
d=0
k=1
n+1
n+1
k−1 n + 1
n+1−k
k n+1
= 1 + ∑ (−1)
= 1− ∑ 1
(−1)
k
k
k=0
k=0
= 1 − (1 − 1)n+1 = 1
Es gilt χ(∆n+1 ) = χ(∂ ∆n+1 ) + (−1)n+1 , also χ(∂ ∆n+1 ) = 1 + (−1)n .
—
1.2. Man trianguliere ∆1 × ∆1 und ∆1 × ∆2 ohne zusätzliche Ecken. Allgemein für
∆ p × ∆q nutzt man das Shuffle-Produkt.
p
q
Lösungsskizze: — Seien v0 , . . . , v p und w0 , . . . , wq die Ecken
eine Triangu von ∆ bzw. ∆ . Wir erhalten
p
q
lierung von ∆ × ∆ wie folgt: Eine Menge von k + 1 Ecken (vi0 , w j0 ), . . . , (vik , w jk ) spannen genau dann
ein k-Simplex in unserer Triangulierung auf wenn i0 ≤ . . . ≤ ik , j0 ≤ . . . ≤ jk und für alle l entweder il < il+1
oder jl < jl+1 gilt. Man überprüft nun leicht, dass es sich hierbei tatsächlich um eine Triangulierung von
∆ p × ∆q handelt.
—
1.3. Für den Rand jedes platonischen Körpers bestimme man explizit die Anzahl der
Ecken, Kanten, Dreiecke der baryzentrischen Unterteilung. Gilt hier die Euler–
Formel?
Lösungsskizze: — Tetraeder: Ein Tetraeder hat 4 Ecken, 6 Kanten und 4 Flächen. Jede Ecke liegt in genau
3 Kanten und genau 3 Flächen, jede Kante in genau 2 Flächen. Wir erhalten also 4 + 6 + 4 = 14 Ecken für
die baryzentrische Unterteilung, 4 · (3 + 3) + 6 · 2 = 32 Kanten und 4 · 3 · 2 = 24 Dreiecke. Es gilt natürlich
14 − 32 + 24 = 2.
Hexaeder: Ein Hexaeder hat 8 Ecken, 12 Kanten und 6 Flächen. Jede Ecke liegt in genau 3 Kanten und genau
3 Flächen, jede Kante in genau 2 Flächen. Wir erhalten also 8 + 12 + 6 = 26 Ecken für die baryzentrische
Unterteilung, 8 · (3 + 3) + 12 · 2 = 72 Kanten und 8 · 3 · 2 = 48 Dreiecke. Es gilt natürlich 26 − 72 + 48 = 2.
Oktaeder: Ein Oktaeder hat 6 Ecken, 12 Kanten und 8 Flächen. Jede Ecke liegt in genau 4 Kanten und genau
4 Flächen, jede Kante in genau 2 Flächen. Wir erhalten also 6 + 12 + 8 = 26 Ecken für die baryzentrische
Unterteilung, 6 · (4 + 4) + 12 · 2 = 72 Kanten und 6 · 4 · 2 = 48 Dreiecke. Es gilt natürlich 26 − 72 + 48 = 2.
Dodekaeder: Ein Dodekaeder hat 20 Ecken, 30 Kanten und 12 Flächen. Jede Ecke liegt in genau 3 Kanten
und genau 3 Flächen, jede Kante in genau 2 Flächen. Wir erhalten also 20 + 30 + 12 = 62 Ecken für die
baryzentrische Unterteilung, 20 · (3 + 3) + 30 · 2 = 180 Kanten und 20 · 3 · 2 = 120 Dreiecke. Es gilt natürlich
62 − 180 + 120 = 2.
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Ikosaeder: Ein Ikosaeder hat 12 Ecken, 30 Kanten und 20 Flächen. Jede Ecke liegt in genau 5 Kanten und
genau 5 Flächen, jede Kante in genau 2 Flächen. Wir erhalten also 12 + 30 + 20 = 62 Ecken für die baryzentrische Unterteilung, 12 · (5 + 5) + 30 · 2 = 180 Kanten und 12 · 5 · 2 = 120 Dreiecke. Es gilt natürlich
62 − 180 + 120 = 2.
Dass wir bei Hexaeder und Oktaeder bzw. Dodekaeder und Ikosaeder die selben Zahlen erhalten ist kein
Zufall, sondern eine Folge der Dualität zwischen diesen Objekten. Kombinatorisch stimmen die baryzentrischen Unterteilungen hier jeweils überein.
—
∼
1.4. Man bestimme eine Triangulierung des Torus |K| −
→
S1 × S1 mit 9 Ecken und
χ(K). Lässt sich der Torus auch mit weniger Ecken triangulieren?
Lösungsskizze: — Untenstehend finden sich Triangulierungen des Torus S1 × S1 mit 9 bzw. 7 Ecken.
Letztere ist die minimale Triangulierung des Torus nach Möbius und lässt sich als sogenannter Császár–
Torus affin in den Raum R3 einbetten.
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p
p
p
ppp pppp
ppp
p
pppp
p
p
5
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5
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1
2
3
Für beide Komplexe sieht man leicht, dass es sich bei der geometrischen Realisierung um den Torus S1 ×
S1 handelt. Im ersten Fall ist die Euler–Characteristik gegeben durch 9 − 27 + 18 = 0. Im zweiten durch
7 − 21 + 14 = 0.
—
1.5. Seien K und L zwei endliche polytopale Komplexe. Dann gilt χ(K ×L) = χ(K)χ(L).
Lösungsskizze: — In K × L gibt es genau ein k-Polytop P × Q für jedes Paar (P, Q) von Polytopen mit P aus
K und Q aus L mit dim P + dim Q = k. Es gilt also fk (P × Q) = ∑k=p+q f p (K) fq (L) und somit χ(K × L) =
—
∑ p,q (−1) p+q f p (K) fq (L) = χ(K)χ(L).
1.6. Sei K ein simplizialer (bzw. polytopaler) Komplex. Sind A, B ⊂ K endliche Teilkomplexe, dann auch A ∪ B und A ∩ B, und die Euler–Characteristik χ erfüllt
χ(A ∪ B) = χ(A) + χ(B) − χ(A ∩ B).
Lösungsskizze: — Dass A ∪ B und A ∩ B Teilkomplexe von K sind folgt direkt aus der Definition ein simplizialen (bzw. polytopalen) Komplexen. Für alle k gilt zudem offensichtlich fk (A ∪ B) = fk (A) + fk (B) −
fk (A ∩ B).
—
S 1.7. Zeigen Sie, dass für einen endlichen simplizialen Komplex K und dessen baryzentrische Unterteilung K 0 die Gleichung χ(K) = χ(K 0 ) gilt.
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Lösungsskizze: — Wir zeigen induktiv, dass χ(Kk ) = χ((Kk )0 ) für alle endlichen simplizialen Komplexe
K gilt, wobei Kk und (Kk )0 das k-Skelett von K und dessen baryzentrische Unterteilung bezeichnen. Für
k = 0 gilt Kk = (Kk )0 . Sei die Aussage nun für k ≥ 0 gezeigt. Kk+1 entsteht aus Kk durch hinzufügen von
(k + 1)-Simplizes. Da K endlich war können wir die Simplizes nacheinander hinzufügen, d.h. es gelte Œ
Kk+1 = Kk ∪ σ für ein (k + 1)-Simplex σ . Nach Aufgabe 1.6 gilt nun χ(Kk+1 ) = χ(Kk ) + χ(σ ) − χ(∂ σ ).
Für (Kk+1 )0 gilt χ((Kk+1 )0 ) = χ((Kk )0 ) + χ(σ 0 ) − χ(∂ σ 0 ), wobei σ 0 und ∂ σ 0 die Baryzentrische Unterteilung von σ bzw. dem Rand von σ bezeichnen. Nach Induktionsvoraussetzung gilt χ(Kk ) = χ((Kk )0 ) und
χ(∂ σ ) = χ(∂ σ 0 ). Als Kegel über σ gilt für σ 0 aber χ(σ 0 ) = 1 und nach Aufgabe 1.1 ebenfalls χ(σ ) = 1.
An dieser Stelle kann man nun anmerken, dass dieser Beweis für alle polytopalen Komplexe funktioniert,
da tatsächlich auch χ(P) = 1 für jedes konvexe Polytop gilt. Man kann aber auch ohne diese Tatsache
zu benutzen direkt mit Aufgabe 1.5 und Aufgabe 1.1 zunächst χ(∆ p × ∆q ) = 1 und somit χ((K × L)0 ) =
χ(K)χ(L) für endliche simpliziale Komplexe folgern.
—
2. T OPOLOGIE VON S IMPLIZIALKOMPLEXEN
2.1. Für die baryzentrische Unterteilung eines n–Simplex ∆ = [v0 , . . . , vn ] gilt: Jeder
Teilsimplex ∆0 ⊂ ∆ erfüllt diam ∆0 ≤ q diam ∆ mit q = n/(n + 1) < 1.
Lösungsskizze: — Wir zeigen zunächst, dass der maximale Abstand zwischen zwei Punkten v, w ∈ ∆ für
zwei Ecken angenommen wird, d.h. es gibt geeignete i, j mit diam ∆ = |vi −v j |. Zu w ∈ ∆ gibt es 0 ≤ t0 , . . . ,tn
mit ∑k tk = 1 und w = ∑k tk vk . Es gilt dann
|v − w| = |v − ∑ tk vk | = |∑ tk (v − vk )| ≤ ∑ tk |v − vk | ≤ ∑ tk max|v − v j | = max|v − v j |.
k
k
k
k
j
j
Wir zeigen nun die Aussage für alle n–Simplizes vermöge Induktion über n. Für n = 0 ist die Aussage
trivial. Sei nun also die Aussage bereits für alle 0 ≤ k < n gezeigt. Wir bezeichnen mit b das Baryzentrum
von ∆. Der Durchmesser von ∆0 wird, wie oben gezeigt, durch den Abstand zweier Eckpunkte wi und w j
von ∆0 realisiert. Sind beide Punkte von b verschieden, so liegen sie in einer echten Seite von ∆ und die
Aussage folgt aus der Induktionsvoraussetzung. Sei nun also w j = b. Wir können dann Annehmen, dass wi
eine Ecke von ∆ ist, also etwa wi = vi . Sei bi das Baryzentrum der Seite [v0 , . . . , vi−1 , vi+1 , . . . , vn ]. Nun gilt
n
n
n
1
vi + n+1
bi , also |vi − b| = n+1
|vi − bi | ≤ n+1
diam ∆.
—
b = n+1
S 2.2. Für jeden Simplizialkomplex K gilt:
(a) Die topologische Realisierung |K| ist hausdorffsch.
(b) Die Menge der Eckpunkte Ω ⊂ |K| ist abgeschlossen und diskret.
(c) Genau dann ist |K| kompakt, wenn der Komplex K endlich ist.
(d) Genau dann ist |K| lokal-kompakt, wenn der Komplex K lokal-endlich ist.
Lösungsskizze: — (a) Die metrische Topologie auf |K| ist hausdorffsch, also auch die feinere simpliziale.
(b) Die Eckenmenge Ω ist diskret in |K|, denn die offenen Umgebungen B(a, 1/2) für a ∈ Ω sind disjunkt.
Zudem ist Ω abgeschlossen, denn |K| r Ω ist offen.
(c) Ist K endlich, so ist |K| Vereinigung von endlich vielen affinen Simplizes, und jeder ist kompakt. Ist
umgekehrt |K| kompakt, so auch die abgeschlossene Teilmenge Ω. Eine diskrete Menge ist genau dann
kompakt, wenn sie endlich ist. Also muss Ω endlich sein und mithin auf K.
(d) Ist K lokal-endlich, so ist um jeden Eckpunkt a ∈ Ω der abgeschlossene Stern st(a) endliche Vereinigung
˚
kompakter Simplizes, und somit kompakt. Jeder Punkt x ∈ |K| liegt in der offenen Umgebung st(a)
und der
kompakten Umgebung st(a) für eine Ecke a ∈ Ω.
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Ist K hingegen nicht lokal-endlich, so liegt eine Ecke a ∈ Ω(K) in unendlich vielen Simplizes. Es existieren
dann unendlich viele Kanten {a, ak } mit k ∈ N. Jede Umgebung U von a in |K| enthält eine nicht-leere
offene Teilmenge von |{a, ak }|. Für jedes k ∈ N wählen wir einen Punkt xk ∈ U ∩ Int|{a, ak }|. In einer
zentrischen Unterteilung können wir diese als Eckpunkte annehmen. Die unendliche Menge { xk | k ∈ N }
ist nach (b) also abgeschlossen und diskret in U. Somit kann U nicht kompakt sein.
—
2.3. Die metrische Topologie kann gröber sein als die simpliziale:
Der „unendliche
Stern“ um 0 ist der simpliziale Komplex K = {a}, {0, a} a ∈ N . Zeigen Sie,
dass der Punkt 0 in |K| keine abzählbare Umgebungsbasis besitzt. (An welche
Aufgabe erinnert Sie das?)
Lösungsskizze: — Für jede Funktion ε : N → R>0 definiert Uε = x ∈ |K| | x ∈ |{0, k}| ⇒ d(x, 0) < ε(k)
eine offene Umgebung von 0, denn der Durchschnitt mit jedem Simplex in |K| ist offen. Anschaulich wählen
wir einfach in jedem „Zacken“ {0, k} eine ε(k) Umgebung von 0 und Kleben diese zusammen. Man prüft
nun direkt nach, dass die Uε eine Umgebungsbasis von 0 in |K| bilden. Dann zeigt man wie in Blatt 4
Aufgabe 3.2, dass 0 keine abzählbare Umgebungsbasis besitzt.
—
Wir können K affin in R(Ω) realisieren. Meist können wir dies sogar in einen Raum Rn
endlicher Dimension. Dies gelingt unter folgenden, recht allgemeinen Voraussetzungen:
V 2.4. Sei K ein Simplizialkomplex der Dimension m < ∞.
(a) Existiert eine Einbettung von |K| ,→ Rn , so ist K lokal-endlich und abzählbar.
(b) Ist K lokal-endlich und abzählbar, so existiert sogar eine affine Einbettung
|K| ,→ Rn mit n ≤ 2m + 1.
(c) Man finde einen endlichen Graphen der sich nicht in R2 einbetten lässt.
Die Dimension 2m + 1 ist also zumindest für m = 0 und m = 1 optimal.
Lösungsskizze: — (a) Wenn es eine Einbettung |K| ,→ Rn gibt, dann kann die Eckenmenge Ω von K
höchstens abzählbar sein: Diese bildet nämlich eine diskrete Teilmenge in |K| und somit auch in Rn . Auch
muss K lokal-endlich sein, das heißt, jede Ecke liegt nur in endlich vielen Simplizes: Dies folgt aus der
Metrisierbarkeit von |K|. (Ist K nicht lokal-endlich, so enthällt K einen Unterkomplex wie in Aufgabe 2.3.)
Setzen wir diese Bedingungen voraus, so sind für die Einbettbarkeit alle Hindernisse ausgeräumt:
(b) Wir wählen Punkte p0 , p1 , p2 , . . . im R2m+1 in möglichst allgemeiner Lage. Das bedeutet, in der Menge
P = {p0 , p1 , p2 , . . . } liegen keine drei Punkte auf einer Geraden, keine vier Punkte in einer Ebene, etc.
Allgemein gesagt: Jede Teilmenge S ⊂ P von d Punkten mit 2 ≤ d ≤ 2m + 2 ist affin unabhängig und
spannt somit einen affinen d–Simplex [S] auf. Zudem verlangen wir, dass P keine Häufungspunkte hat,
also jeder Ball B(a, r) nur endlich viele Punkt von P enthält. Explizit können wir pn = (n1 , . . . , n2m+1 ) für
n = 1, 2, 3, . . . wählen.
Wir wählen nun eine injektive Abbildung f : Ω → P und setzen diese affin linear zu einer stetigen Abbildung
f : |K| → R2m+1 fort. Nach Wahl von P gilt für alle kombinatorischen Simplizes s1 , s2 ∈ K und ihre Bilder
S1 = f (s1 ) und S2 = f (s2 ) in P die Bedingung [S1 ] ∩ [S2 ] = [S1 ∩ S2 ]. Wegen dim K = m haben nämlich S1
und S2 jeweils höchstens m + 1 Punkte, also S = S1 ∪ S2 höchstens 2m + 2. Somit ist [S] ein affiner Simplex
im R2m+1 ; hierin sind [S1 ] und [S2 ] Seiten, und diese schneiden sich höchstens in einer gemeinsamen Seite.
Somit ist f : |K| → P stetig und injektiv. Da zudem K lokal-endlich ist, stimmt die Teilraumtopologie mit
der durch die Simplizes induzierten Topologie überein.
(c) Der Komplex Kn = { {i, j} | 1 ≤ i, j ≤ n } ist der vollständige Graph mit n Ecken. Man überzeugt sich
leicht durch ausprobieren, dann sich K5 affin in den Raum R3 einbetten lässt, aber nicht in die Ebene
R2 . (Um zu beweisen, dass es keine Einbettung |K5 | ,→ R2 geben kann, benötigt man den Jordanschen
Kurvensatz.)
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3. G RAPHEN UND BÄUME
∼
∼
3.1. Sei X ein topologischer Raum und |K| −
→
X und |L| −
→
X Triangulierungen. Aus
dim K = 0 folgt dim L = 0, und aus dim K = 1 folgt dim L = 1. In beiden Fällen
gibt es eine gemeinsame Unterteilung von K und L, und es gilt χ(K) = χ(L).
Lösungsskizze: — Die Aussage über die Dimensionen von K und L folgt aus der Invarianz der Dimension (Rn ∼
= Rm ⇒ n = m). Diese haben wir bereits für die Dimensionen 0 und 1 gezeigt (vgl. Blatt 2
Aufgabe 2.3). Für dim K = dim L = 0 gilt K ∼
= L. Für dim K = dim L = 1 erhalten wir eine gemeinsame Unterteilung M wie folgt: Die Eckenmenge von M ist gerade die Vereingung der Bilder der Eckenmengen von
K und L in X. Wir verbinden zwei Ecken v und w durch eine Kante falls es in K und L je eine Kante gibt, so
dass v und w im Durchschnitt der Bilder dieser Kanten enthalten sind. Man überprüft nun leicht, dass man
so eine gemeinsame Unterteilung von K und L erhalten hat. Ist K endlich, so ist X kompakt und somit auch
M und L endlich (vgl. Aufgabe 2.2). In diesem Fall gilt dann χ(K) = χ(M) = χ(L), da jede Unterteilung
einer Kante ebenfalls Euler–Characteristk 1 hat: Jede Ecke der Unterteilung ist entweder schon eine Ecke
der ursprünglichen Kante gewesen, oder er trennt die ursprüngliche Kante in genau zwei Zusammenhangskomponenten, liegt also selbst auf genau zwei Kanten. Damit gibt es auch in der Unterteilung genau eine
Ecke mehr als es Kanten gibt.
—
Ein simplizialer Komplex K mit dim K ≤ 1 heißt Graph. Ein Kantenzug in K ist eine
endliche Folge a0 , a1 , a2 , . . . , an−1 , an mit {ai−1 , ai } ∈ K für alle i = 1, . . . , n. Wir nennen K zusammenhängend, wenn sich je zwei Ecken u, v ∈ Ω duch einen Kantenzug
u = a0 , a1 , . . . , an−1 , an = v in K verbinden lassen. Ein Graph K heißt zykelfrei, wenn für jede Kante {a, b} in K gilt, dass die Ecken a, b nicht durch einen Kantenzug in K r {{a, b}}
verbindbar sind. Ein Graph K heißt Baum wenn er zusammenhängend und zykelfrei ist.
V 3.2. Jeder nicht leere, endliche Baum hat mindestens ein Blatt, d.h. eine Ecke, die nur
in einer Kante liegt. Hinweis: Es ist einfacher zu zeigen, dass jeder Baum mit
mindestens zwei Ecken auch mindestens zwei Blätter besitzt.
Lösungsskizze: — Ein Graph mit nur einer Ecke ist ein Baum mit einem Blatt. Wir zeigen nun induktiv
(Induktion über die Anzahl der Ecken), dass ein endlicher Baum K mit mindestens zwei Ecken auch mindestens zwei Blätter besitzt. Man wähle dazu eine Kante e ∈ K (diese existiert, da K zusammenhängend ist).
Nun besitzt K r {e} genau zwei Zusammenhangskomponenten, die beide wieder Bäume sind. Wir betrachten nun drei Fälle. Bestehen beide Zusammenhangskomponenten nur aus je einer Ecke, dann besitzt K zwei
Blätter. Besteht eine der Zusammenhangskomponenten nur aus einer Ecke, dann besitzt die Andere nach
Induktion zwei Blätter, und somit auch K. Haben beide Zusammenhangskomponenten von K r {e} jeweils
mindestens zwei Ecken, so haben beide Zusammenhangskomponenten auch nach Induktion mindestens
zwei Blätter, weswegen K mindestens zwei Blätter besitzt.
—
V 3.3. Für jeden nicht leeren, endlichen Graphen K sind äquivalent:
(a) K ist ein Baum.
(b) K ist zusammenhängend und χ(K) = 1.
(c) K ist zykelfrei und χ(K) = 1.
Lösungsskizze: — Jeder Baum ist (nach Definition) zusammenhängend und zykelfrei. Da K endlich und
nicht leer ist, besitzt K ein Blatt (Aufgabe 3.2). Das "Pflückenëines Blattes ändert die Euler–Characteristik
nicht. Somit folgt induktiv χ(K) = χ(pt) = 1. Sei nun K mit χ(K) = 1 zusammenhängend aber nicht
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zykelfrei. Dann existiert eine Kante e ∈ K, so dass K 0 = K r {e} zusammenhängend bleibt. Es gilt dann
χ(K 0 ) = χ(K) + 1 > χ(K). Da K endlich war können wir diesen Schritt so lange durchführen, bis wir einen
zusammenhängenden, zykelfreien Graphen K 00 aus K erhalten. Es gilt dann χ(K 00 ) ≥ χ(K 0 ) > χ(K) = 1,
aber χ(K 00 ) = 1, da K 00 ein nicht leerer Baum ist. Sei nun K mit χ(K) = 1 zykelfrei aber nicht zusammenhängend. Dann existieren Ecken u, v ∈ Ω die nicht durch einen Kantenzug in K verbunden werden können.
Der Graph K 0 = K ∪ {u, v} ist dann immernoch zykelfrei und es gilt χ(K 0 ) = χ(K) − 1 < χ(K). Da K endlich war können wir diesen Schritt so lange durchführen, bis wir einen zusammenhängenden, zykelfreien
Graphen K 00 aus K erhalten. Es gilt dann χ(K 00 ) ≤ χ(K 0 ) < χ(K) = 1, aber χ(K 00 ) = 1, da K 00 ein nicht
leerer Baum ist.
—
3.4. Für jeden Teilgraph T eines zusammenhängenden Graphen K sind äquivalent:
(a) T ist ein Baum, der alle Ecken von K enthält.
(b) T ist ein maximaler zykelfreier Teilgraph von K.
Einen solchen Teilgraph T nennt man Spannbaum von K. Man folgere, dass jeder
zusammenhängende Graph K mindestens einen Spannbaum enthält.
Lösungsskizze: — "(a) ⇒ (b)": T ist als Baum natürlich zusammenhängend und zykelfrei. Da T alle Ecken
von K enthällt muss jeder Graph T 0 mit T ⊂ T 0 ⊂ K entweder gleich T sein, oder eine zusätzliche Kante
enthalten und deswegen nicht mehr zykelfrei sein (T ist zusammenhängend).
"(b) ⇒ (a)": Falls K leer ist, dann ist auch T leer und somit K = T ein Baum der alle Ecken von K
enthällt. Sei also von nun an K nicht leer. Da jeder Untergraph, der nur aus einer Ecke besteht zykelfrei ist foglt, dass auch T nicht leer
ist. Und da T maximal ist enhällt T somit auch alle Ecken von
K, denn T 0 = T ∪ {v} | {v} ∈ K ist ein zykelfreier Teilgraph von K. Wir zeigen nun, dass T zusammenhängend ist. Seien u und v zwei Ecken aus T . Da K zusamennhängend ist gibt es einen Kantenzug
u = a0 , a1 , . . . , an = v in K. Wir zeigen induktiv, dass u mit ak durch einen Kantenzug in T verbunden werden kann. Für k = 0 ist dies klar. Es bleibt also nur noch zu zeigen, dass jeweils einen Kantenzug von ak
nach ak+1 in T gibt. Ist die Kante e = {ak , ak+1 } in T , so sind wir fertig. Anderfalls ist wegen der Maximalität von T der Graph T 0 = T ∪ {e} nicht zykelfrei. Demnach muss es dann aber eine Kantenzug von ak
nach ak+1 in T geben.
Jeder Graph besitzt mit dem leeren Teilgraphen einen zykelfreien Teilgraphen. Nach dem Lemma von Zorn
also auch einen maximalen zykelfreien Teilgraphen, d.h. einen Spannbaum.
—
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