Die Stadt- und Gemeindewerke in Schleswig-Holstein Positionen zur Landtagswahl 2017 Reinbek, 21. November 2016 Variante 5 Positionen zu Landtagswahl 2017.docx 1 Vorbemerkungen Für die mehr als 40 Mitgliedsunternehmen des Verbands der SchleswigHolsteinischen Energie- und Wasserwirtschaft (VSHEW) mit zusammen rund 2500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und für ihre landesweit rund 1 Million versorgte Bürger ist der Ausgang der Landtagswahlen 2017 von großer Bedeutung. Die Stadtund Gemeindewerken sind regional verankerte, mittelständische kommunale Unternehmen, die sich am Gemeinwohl orientieren. Als solche stehen sie mit rein privatwirtschaftlichen Unternehmen im Wettbewerb, welche dem Gemeinwohl nicht oder weniger stark verpflichtet sind. Um in diesem Wettbewerb zu bestehen und zukunftsfähig zu bleiben, sind die Stadtund Gemeindewerke darauf angewiesen, dass die Landesregierung ein fundiertes Verständnis für Strukturen, Bedeutung und Bedürfnisse unserer kommunalen Unternehmen besitzt, dass sie einen sinnvollen Rechtsrahmen für deren wirtschaftliche Aktivitäten schafft und dass sie Entscheidungen im Bereich der kommunalen Infrastruktur, das heißt traditionell in der Energie- und Wasserwirtschaft, aber zum Teil auch in den Bereichen Abwasser, Breitband, Bäder, Häfen und Parkhäuser, klug, vorausschauend und im gesellschaftlichen Interesse trifft. Dieses Positionspapier soll dazu dienen, das Verständnis zu festigen und zu verbessern. Gleichzeitig soll es die Erwartungen der mittelständischen Stadt- und Gemeindewerke an eine zukünftige Landesregierung vermitteln. Auch für die Legislaturperiode 2017 – 2022 bieten die Stadt- und Gemeindewerke den politischen Akteuren ausdrücklich ihre Gesprächsbereitschaft, Partnerschaft und Kooperation an. Variante 5 Positionen zu Landtagswahl 2017.docx 2 Die Bedeutung von Stadt- und Gemeindewerken Die VSHEW-Mitgliedsunternehmen versorgen rund ein Drittel der SchleswigHolsteiner mit Energie, Wärme, Wasser und Kommunikationstechnik. Viele davon kümmern sich auch um die Bäder, den Hafen, die Abwasserentsorgung und Parkhäuser oder gar den Bauhof. Ihre seit Jahrzehnten bewährten und zuverlässigen Leistungen im Bereich der Daseinsvorsorge verleihen den mittelständischen kommunalen Stadt- und Gemeindewerken eine herausragende volkswirtschaftliche Bedeutung für die Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit Schleswig-Holsteins, für die Versorgungssicherheit von Bürgern und Unternehmen, für die Sicherung von Arbeitsplätzen sowie für eine funktionierende, moderne Gesellschaft. Und nur mit diesen Stadt- und Gemeindewerken kann die Energiewende im Norden gelingen. Als kommunale Unternehmen sind die Stadt- und Gemeindewerke vor allem dem Gemeinwohl verpflichtet. Sie haben sich in den vergangenen Jahrzehnten auch mit ihrem gesellschaftlichen Engagement als unverzichtbare Partner und Unterstützer von Kommunen und Bürgern erwiesen. Die im VSHEW organisierten mittelständischen kommunalen Stadt- und Gemeindewerke in Schleswig-Holstein sichern mehr als 2500 direkte Arbeitsplätze und erwirtschaften einen Umsatz von mehr als einer Milliarde Euro pro Jahr. Zugleich investieren sie jährlich mehr als 150 Millionen Euro. Hiervon fließt der ganz überwiegende Teil in Form von Aufträgen an Unternehmen in der Region. Stadt- und Gemeindewerke sind also ein regionaler, verlässlicher und nachhaltiger Partner für die Gesellschaft und Wirtschaft des Landes. Sie haben eine hohe Innovationsbereitschaft für neue Technologien. Mit ihrem breiten Leistungsspektrum tragen sei wesentlich zur Wertschätzung der Kommune bei ihren Bürgern und den dort ansässigen Unternehmen bei. Gemeinsam mit den Kommunen sorgen sie so für ein starkes Fundament für Schleswig-Holstein . Bei Bürgern des Landes genießen die Stadt- und Gemeindewerke einen hervorragenden Ruf. Hoch geschätzt werden insbesondere die Regionalität, die Variante 5 Positionen zu Landtagswahl 2017.docx 3 Verbundenheit, persönliche Betreuung und Stärke der kommunalen Versorger. Dies zeigen auch aktuelle Meinungsforschungsumfragen. Kommunale Versorger: Verantwortung für die Region Die kommunalen Stadt- und Gemeindewerke wollen nicht nur in ihren regionalen Kerngebieten die Versorgung der Bürger und Unternehmen mit Strom, Gas, Wasser, Wärme und Breitband übernehmen. Vielmehr wollen sie auch gemeinsam und im Einklang mit den jeweiligen Kommunen in ihrem weiteren Umfeld Verantwortung tragen. Mit der Vergabe der hierfür nötigen Konzessionen sichern sich die Gemeinden selbst einen optimalen Einfluss zum Erreichen ihrer strategischen Ziele. Dies gilt insbesondere für klimapolitische Maßnahmen und Ziele zum Gelingen der Energiewende. Forderung 1: Die Stadt- und Gemeindewerke erwarten, dass die Gemeinden bei der Vergabe der zur Versorgung erforderlichen Konzessionen nicht in ihren in Artikel 28 verbrieften Rechten beschränkt werden. Der VSHEW erwartet, dass sich die Landesregierung im Bundesrat für Regelungen eintritt, die den Wettbewerb um Konzessionen mehr an den grundgesetzlichen Vorgaben orientieren. Säulen der Energiewirtschaft Die Stadt- und Gemeindewerke brauchen als Betreiber von Verteilnetzen ausreichende wirtschaftliche Anreize, um ihre Strom- und Gasnetze zukunftsfähig zu halten und auszubauen. Um diese Netze langfristig sicher und zuverlässig zu unterhalten und zu betreiben, sind insbesondere im Zuge der Energiewende Variante 5 Positionen zu Landtagswahl 2017.docx 4 erhebliche Investitionen erforderlich. Wenn die kommunalen Unternehmen in ihrem Bemühen beispielsweise durch regulatorische Vorgaben, wie die neue Eigenkapitalverzinsung in der Anreizregulierungs-Verordnung, behindert werden, geht das zu Lasten der kommunalen Eigentümer und deren Haushalte. Forderung 2: Im Zusammenhang mit der Energiewende sind die Netzentgelte in SchleswigHolstein überproportional gestiegen. Da der Netzausbau in Schleswig-Holstein vergleichsweise weit fortgeschritten ist, sind Bürger und Wirtschaft hierzulande besonders stark von steigenden Netzentgelten betroffen. Der VSHEW fordert die zukünftige Landesregierung auf, sich durch den Aufbau einer eigenen Landesregulierungsbehörde noch intensiver auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die Energiewendekosten und hier insbesondere die Netzentgelte bundesweit einheitlich verteilt werden. Überproportionale Belastungen für Bürger und Kommunen in Schleswig-Holstein müssen vermieden werden. Die Stadt- und Gemeindewerke engagieren sich stark für den Ausbau der ElektroMobilität. So betreiben sie nicht nur eigene Elektrofahrzeuge und sorgen für den flächendeckenden Ausbau einer Ladeinfrastruktur. Vielmehr sind sie auch Anbieter der hierfür notwendigen und entsprechend dimensionierten örtlichen Verteilnetze. Forderung 3: Um beim landesweiten Ausbau der Elektromobilität frühzeitig strukturelle Probleme zu vermeiden, erwarten die Stadt- und Gemeindewerke eine regionalisierte Planung, welche die Pläne und Zielsetzungen aller Betroffenen und Interessierten zusammenbringt und abstimmt. Die Stadt- und Gemeindewerke sehen im Ausbau von Wärmenetzen eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Energiewende: Mehr als die Hälfte des Endenergieverbrauchs eines Haushalts werden für die Raumwärme und Warmwasser benötigt. Solche Wärmenetze zählen zu den energieeffizientesten Formen der Wärmeversorgung. Während sich bei Neubaugebieten Wärmenetze Variante 5 Positionen zu Landtagswahl 2017.docx 5 zunehmend durchsetzen, gestaltet sich der nachträgliche Anschluss von Bestandsimmobilien schwierig. Wegen der derzeit niedrigen Energiepreise rechnen sich hier entsprechende Investitionen aktuell nicht. Forderung 4: Finanzielle Anreizsysteme des Staates haben der Windenergie und der Photovoltaik zum Durchbruch verholfen. Entsprechend sollte der zügige Ausbau von Wärmenetzen gefördert werden, um das Gelingen der Energiewende effektiv zu unterstützen. Landesweite Breitbandversorgung Die Stadt- und Gemeindewerke fördern den weltweiten Trend zur Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft – auch in Schleswig-Holstein. Voraussetzung dafür ist eine flächendeckende und leistungsstarke Breitbandversorgung. Die VSHEWMitgliedsunternehmen engagieren sich bereits heute mit großem Aufwand beim Ausbau der Breitbandnetze. Und das tun sie nicht nur in dichtbesiedelten Kerngemeinden, sondern vorrangig in den weniger besiedelten Umlandgemeinden. Forderung 5: Um den Prozess eines flächendeckenden Breitbandausbaus hin zu einem kommunalen landesweiten Breitbandnetz fortzusetzen, benötigen die Stadt- und Gemeindewerke langfristige Planungssicherheit. Die Landespolitik muss sicherstellen, dass die kommunalen mittelständischen Unternehmen beim Breitbandausbau gleichberechtigte Markteilnehmer mit privatwirtschaftlichen Anbietern sein können und bleiben werden. Fundamente der Wasserversorgung Die sichere Versorgung der Bürger mit qualitativ einwandfreiem Trinkwasser zählt zu den wichtigsten Aufgaben der Stadt- und Gemeindewerke. Sie betreiben einen zunehmend großen und kostenintensiven Aufwand, um das Grundwasser zu Variante 5 Positionen zu Landtagswahl 2017.docx 6 gleichbleibend hochwertigem Trinkwasser aufzubereiten. Die Kosten dieses Aufwands, die auf die Verbraucher umgelegt werden, hängen von der Qualität des Grundwassers ab. Forderung 6: Das Grundwasser in Schleswig-Holstein muss besser vor Nitrat- und Pestizideinträgen geschützt werden. Hierfür erwarten die Stadt- und Gemeindewerke, dass das vorhandene ordnungsrechtliche Instrumentarium ausgeschöpft wird. Die bereits bekannten freiwilligen Schutzmaßnahmen müssen intensiver und flächendeckender angewandt werden. Der langfristige Grundwasserschutz sowie energie- und klimapolitische Gründe verbieten Fracking und CO2-Speicherung in tiefen Erdschichten (Carbon Dioxide Capture and Storage, CCS). Die Stadt- und Gemeindewerke sind zum langfristigen Erhalt einer bestmöglichen Trinkwasserqualität auf die Unterstützung von Verwaltung und Politik angewiesen. Dies gilt insbesondere für eine landesweite und vergleichende Analyse der Trinkwasserqualität. Forderung 7: Die kommunalen mittelständischen Stadt- und Gemeindewerke fordern, dass die Trinkwasserüberwachungsbehörden landesweit und systematisch Transparenz über die bei ihnen vorhandenen Daten zur Trinkwasserqualität herstellen und eine jährliche Analyse mit Gefährdungsabschätzung erstellen. Die erforderlichen Basisdaten werden von den Stadt- und Gemeindewerken bereits regelmäßig an die Kreise geliefert. Kommunale Versorger als starke Marktteilnehmer Das im Jahr 2016 novellierte Gemeindewirtschaftsrecht bietet den Stadt- und Gemeindewerken gute Möglichkeiten, sich aktiv insbesondere in die Energiewirtschaft und den Breitbandausbau einzubringen und einen wertvollen Beitrag zum Gelingen der Energiewende zu leisten. Leider besteht die Gefahr, dass Variante 5 Positionen zu Landtagswahl 2017.docx 7 die vom Innenministerium herausgegebenen Erlasse und Verwaltungsanweisungen so ausgelegt werden, dass dann doch wieder in die Tätigkeiten der Unternehmen eingegriffen wird und damit ein effizientes und flexibles Handeln im Wettbewerb oftmals erschwert wird. Forderung 8: Der VSHEW fordert die Kommunalaufsichten auf darauf hinzuwirken, dass sich die gemeindliche Aufsichtspflicht bei wirtschaftlichen Entscheidungen ausschließlich auf strategische Ziele des kommunalen Unternehmens beschränkt. So ist es von der Landesgesetzgebung vorgesehen – zum Wohl der kommunalen Eigentümer. 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