traisen - Land Niederösterreich

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Hochwässer in NÖ
Ursachenforschung am Beispiel der
Donau und der Traisen
Impressum
Herausgeber
Amt der NÖ Landesregierung, Gruppe Wasser
Landhausplatz 1, Haus 2, A-3109 St. Pölten
www.wasseristleben.at
Für den Inhalt verantwortlich
Thomas Hofmann (Text);
DI Bernd Winkler (Fachliche Koordination)
Bildnachweis
Titelbild groß/S. 6/9/13/14/21/25/Thomas Hofmann;
S. 1/3/8/10/15-17/20/22-24/Amt der NÖ Landesregierung;
S. 4/Clemens Hofmann; S. 12/18/26/NÖ LFV Würzel;
S. 7/MilKdo NÖ
Layout
NIC Werbeagentur GmbH, 3300 Amstetten
Druck
radinger.print, 3270 Scheibbs
© Amt der NÖ Landesregierung, St. Pölten, September 2006
Hinweis
Die Broschüre gibt einen Überblick über
Gefahren und Ursachen von Hochwässern
und hohen Grundwasserständen. Grundlage
dafür bildet die 2005 fertig gestellte Studie
„Abflussanalyse Donau-Traisen“, die von
der Universität für Bodenkultur (Institut für
Wasserwirtschaft, Hydrologie und konstruktiven Wasserbau) in Auftrag und Kooperation mit dem Amt der NÖ Landesregierung
(Gruppe Wasser) durchgeführt wurde.
N
iederösterreich ist ein wasserreiches
Land. Die Donau und ihre Nebenflüsse
prägen seit Jahrhunderten das Leben
und Wirtschaften der Menschen. Ein Leben
am Wasser bietet viele Vorteile, birgt aber
immer auch das Risiko des Hochwassers in
sich.
Im letzten Jahrzehnt war unser Land mehrfach von Hochwässern betroffen. Herausragend sind die Ereignisse 1997 an der Traisen,
2002 an der Donau und an den Flüssen des
Waldviertels und 2006 an der March und
und vielen anderen Flüssen. Es entstand der
Eindruck, dass Hochwässer immer häufiger
auftreten und die Folgen immer schlimmer
werden. Klimawandel, Veränderungen in der
Landschaft, Regulierungen und Kraftwerke
werden häufig als Ursachen genannt.
Mit diesen Themen beschäftigt sich im
Auftrag des Landes eine Studie der Universität für Bodenkultur. Am Beispiel der Traisen
haben die Wissenschafter untersucht, wie
sich in diesem Tal die Veränderungen der
letzten 100 Jahre auf die Hochwassersituation ausgewirkt haben. An der Donau gingen
sie der Frage nach, wie die Kraftwerke das
Hochwassergeschehen beeinflussen.
Kurz zusammengefasst kommen die Experten zu dem Schluss, dass große Hochwässer
an der Traisen nicht häufiger auftreten als
früher und dass sich die Wassermengen
im Hochwasserfall kaum verändert haben.
Dennoch haben die Schäden bei Hochwasser deutlich zugenommen. Die Ursache ist,
dass heute wesentlich mehr Gebäude in den
Überschwemmungsgebieten stehen und diese
Gebäude hochwertiger genutzt werden als
früher. An der Donau zeigt sich, dass die
Errichtung der Kraftwerke dazu geführt hat,
dass sich Hochwasserspitzen rascher stromabwärts bewegen.
Ähnlich verhält es sich auch bei anderen
Flüssen in Niederösterreich. Viele dieser
Veränderungen sind nicht mehr umkehrbar.
Oberstes Ziel ist es daher, unter diesen Rahmenbedingungen für einen weitreichenden
Hochwasserschutz zu sorgen und gleichzeitig
die Flüsse auch als natürliche, dynamische
Lebensräume zu erhalten bzw. wieder herzustellen. Dafür müssen wir in Siedlungsbereichen den Ausbau von Schutzanlagen
vorantreiben und außerhalb der Siedlungsgebiete den Flüssen wieder mehr Raum
geben.
Dipl.Ing. Josef Plank
Landesrat für Landwirtschaft, Umwelt und
Landentwicklung
3
Hochwasser immer öfter?
Seit dem Sommer 2002 denken viele anders.
Neun Todesopfer und Sachschäden in Höhe
von ca. 3 Milliarden Euro führten in Österreich zu einem neuen Bewusstsein in Sachen
Naturkatastrophen. 2005 kam erneut ein
Jahrhunderthochwasser; diesmal waren Teile
Tirols, Vorarlbergs und der Steiermark betroffen. Die Bilanz: vier Tote und einige hundert
Millionen Euro Schaden.
Nicht nur direkt an der Donau, sondern auch
in den Flussniederungen entlang des Kamps,
der Traisen, der Triesting, der March und
anderer Flüsse in Niederösterreich erfuhren
Menschen die Kraft des Wassers.
Für viele, vor allem für jüngere, war das
Ereignis des Jahres 2002 neu und überraschend. Ältere erlebten es als ähnliche Katastrophe wie das Hochwasser im August 1954.
Damals wie heute folgte nach den Tagen der
Verwüstung zunächst der Wiederaufbau. Als
Erinnerung malte man Hochwassermarken
mit Datum an Hauswände.
Ob 1830, 1897, 1899, 1954, 1991, 2002,
2005 oder 2006, Hochwässer kommen immer
wieder. Naturgewalten können wir nicht verhindern, aber wir können lernen, mit diesen
Ausnahmesituationen besser umzugehen.
Aus Erfahrungen der Vergangenheit lassen
sich Vorsorgemaßnahmen ableiten, die derartige Ereignisse zwar nicht verhindern,
jedoch Schäden minimieren bzw. fast zur
Gänze verhindern können.
Land und Leute im Wandel
Wenn Propst Hieronymus Übelbacher, Bauherr
der barocken Kirche von Dürnstein, in seinem
Kalendarium über das Julihochwasser 1736
folgende Zeilen notierte, war das sicherlich
Am 24. Juli des Jahres 1736, als Kaiser
Karl VI., der Vater von Maria Theresia
regierte, schrieb das „Wiener Diarium“:
„Ausser den schon genugsam bekannten WasserElend zu Böhmen / Schlesien / und Mähren /
ist auch Österreich durch ergießung deren Flüssen
besonders der Donau sowohl in alhiesiger
Gegend / als anderen Orten unbeschreiblicher
Schaden mit hinweg-führung vieler Häuser /
Mühlen / Brücken / und anderen Gebäuden /
verursachet / und darbey viele Leute zu grund
gerichtet worden ... Auch ist endlich nach so
vielen Wochen gedauerten Regen durch die Barmherzigkeit des Allerhöchsten das Land wiederum
mit schönem Wetter erfreuet worden / und beginnen die Wässer um ein merkliches zu fallen.“
ein apokalyptisches Ereignis aus der Sicht des
Gottesmannes.
„Große Wasser giß: Den 18. Julii hat die
Donau sich zu ergießen angefangen unnd
als gewachsen, daß es den 19. auf die Nacht
und 20. die Stainer Bruckhen bis auf das
Joch der Wasserstuben und das Joch, so dran
ist, dies- und ienseiths hinweckhgenommen,
daß nur 5 oder 6 Joch in der Mütte der Au
stehen geblüben. Man gedenckhet kaum ein
so großes Wasser, […].“
Betroffen waren bei diesem Hochwasser, das
durch große Wassermengen von Inn, Traun,
Steyr und Enns verursacht worden war, eine
Reihe von Orten, darunter auch Gmunden und
Enns, wie alte Hochwassermarken beweisen.
5
Hochwässer kamen und kommen in unregelmäßigen Intervallen. Hochwassermarken an markanten
Häusern wie hier in Spitz zeigen nicht nur den
Wasserstand, sondern erinnern auch an die Not
der betroffenen Menschen, die immer wieder aufs
Neue beginnen mussten.
Besonders eindrucksvoll ist eine Schilderung
von einem Hochwasser im oberen Kremstal, das am 6. September 1855 insgesamt
40 Todesopfer forderte. „… Riesige Bäume,
Geräthschaften aller Art, Wiegen und Särge,
halbvermoderte Cadaver kamen vorüber, an
den Ufern sah man händeringende, bleiche,
zitternde, halbentblößte Gestalten stehen …“
Rund 150 Jahre später stellt sich die Schadensbilanz des Augusthochwasser 2002
österreichweit in der Höhe von 3,2 Milliarden
Euro dar und betraf etwa in Krems 1.100
private Haushalte mit einer Schadenshöhe
von insgesamt 17,9 Millionen Euro.
Damals wie heute führen Hochwässer zu
teils katastrophalen Schäden; doch die
Schadensbilder änderten sich im Laufe der
Jahrhunderte. Die Gründe dafür sind vielfältig, denn Land und Leute ändern sich. Über
Jahrhunderte lebte die Bevölkerung überwie-
6
gend in eng begrenzten Dörfern und Städten,
die landwirtschaftliche Nutzung folgte den
Vorgaben der Natur. Hochwassergefährdete
Niederungen waren dem Vieh vorbehalten,
Siedlungen wurden in höheren Bereichen
angelegt. Kam jedoch ein verheerendes
Hochwasser, wurden die aus luftgetrockneten Lehmziegeln errichteten Häuser ungleich
schneller weggerissen als feste Ziegel- und
Betonbauten unserer Tage. Dies führte auch
zu Besiedelungsaktivitäten in gefährdeten
Bereichen. Gab es früher kaum Hochwasserschutzmaßnahmen, existieren heute an
zahlreichen österreichischen Flüssen Dämme,
die – bis zu einem bestimmten Grad – die
Auswirkungen von Hochwässern weitgehend
reduzieren. So lässt sich der unmittelbare
Vergleich zwischen den Auswirkungen von
historischen und aktuellen Hochwasserereignissen nur sehr schwer ziehen.
Wachstum in allen Bereichen neue Landnutzungen
Die Zeiten ändern sich und bringen Wachstum in allen Bereichen. Zahlen zeigen dies
eindeutig: 1950 gab es weniger als sieben
Millionen (6.935.000) ÖsterreicherInnen.
2000 überschritt man die Acht-MillionenMarke (8.012.000). Eine Zunahme der Bevölkerung bedeutet immer auch eine Änderung der Landnutzung. Zu ersten großen
Veränderungen kam es ab der zweiten Hälfte
des 19. Jahrhunderts. Mit der Industrialisierung sprengten viele Städte ihre Mauern.
Man errichtete an der Peripherie große
Siedlungen für Arbeiter, später folgten Eigenheime und schließlich Zweitwohnsitze.
Unverändert blieb hingegen die Fläche unseres Landes. Faktum ist, dass sich der Ausbau
der Infrastruktur und die Besiedelung auf
die Niederungen konzentriert, wo die Bevölkerungsdichte im Schnitt 2,5-mal höher
ist als in Gesamtösterreich. Straßen, neu
angelegte Siedlungen, Produktionsstätten,
Freizeiteinrichtungen usw. rücken in (eng)
begrenzten Talniederungen immer näher an
die Flüsse heran.
Dazu kommt seit dem 19. Jahrhundert die
stellenweise intensiv betriebene Landgewinnung durch Meliorationen, sprich: durch
Drainagierungen und Entwässerungen. So
wurden in Niederösterreich in einer ersten
Phase zwischen 1857 und 1887 insgesamt
105 Entwässerungsanlagen mit 2.237 ha
entwässerter Fläche realisiert. In der zweiten
Phase (1887-1917) baute man weitere 278
Drainagen und entwässerte 24.700 ha. Nach
dem Ende des Zweiten Weltkriegs war das
Ziel, in der Landwirtschaft einen hohen Grad
an Selbstversorgung zu erreichen. Es sollte
ein „10. Bundesland“ geschaffen werden.
Land unter! Nur aus der Luft ist das wahre
Ausmaß von Überflutungen zu sehen. Vielfach
sind heute solche Gebiete betroffen, die früher
nur landwirtschaftlich genutzt wurden.
7
Freiraum für Fließgewässer
Flüsse sind Lebensraum ebenso wie Erholungsraum, sie sollen Hochwässer abführen
und Grundwasserkörper speisen. Diese Anforderungen können jedoch nur Flüsse gut
erfüllen, die eine dynamische Entwicklung
haben.
Der Raumbedarf der Flüsse hat verschiedenste Aspekte. Aus ökologischer Sicht
bedeutet eine dynamische Flussentwicklung
die Verzahnung des fließenden Gewässers
mit dem Hinterland. Dies betrifft auch die
seitlich angrenzenden Grundwasserkörper
entlang der Ufer. So strömt bei niedrigem
Wasserspiegel Grundwasser in die Flüsse,
während bei Hochwasser der umgekehrte
Austausch stattfindet. Der Entwicklungsraum dient auch als Bereich für den Rückhalt von Wasser. Renaturierungsmaßnahmen entlang der Ufer sichern zusammen
mit Auwäldern jene Erholungsräume,
die wir von Gewässern erwarten, gleichzeitig geben sie dem Fluss den für ihn nötigen Freiraum.
Flüsse faszinieren! Radwege wie hier entlang
der Traisen sind zu einem fixen Bestandteil des
Freizeitangebots geworden. Ein breites Flussbett
gibt Gewässern jenen Freiraum, den sie bei
größerer Wasserführung benötigen. Eine derart
dynamische Entwicklung führt zur Verlagerung
von Kiesbänken, die wiederum wertvolle Lebensräume sind.
8
BEISPIEL: DONAU
Die Donau ist mit 2.850 km nach der Wolga
der zweitlängste Fluss Europas. Ihr Einzugsgebiet umfasst 18 Staaten mit 81 Millionen
Menschen und entspricht einer Fläche von
801.463 km². In Österreich entwässern 96 %
des Staatsgebietes zur Donau. Die Länge der
österreichischen Donau beträgt 350 km bei
einem Gesamtgefälle von 155 m (= 40 cm/km).
Wesentlich für die Wasserführung der Donau
sind die großen Zubringerflüsse; so führt beispielsweise der Inn in Passau bei seiner Einmündung in die Donau mehr Wasser als die
Donau selbst.
Die großen Donauzubringer in Deutschland und Österreich
Länge
[km]
Einzugsgebiet
[km²]
Durchschnittl.
Abfluss
[m³/sec]
Abfluss bei
Extremhochwässern
[m³/sec]
Lech
254
4.125
115
1.600
Inn
515
26.130
735
5.600
Traun
153
4.257
150
1.425
Enns
254
6.185
200
2.560
March
329
26.658
119
1.320
Inn und Enns sind die bedeutendsten Zubringer der oberen Donau.
Im Gegensatz zu den großen Zubringern
haben die in Niederösterreich mündenden Flüsse wie Ybbs, Krems, Kamp, Traisen,
Pielach, Erlauf, Tulln, Schwechat, Fischa und
Leitha relativ gesehen eine untergeordnete
Bedeutung. Dass es jedoch an jedem der
Flüsse Hochwässer gibt, zeigen die Ereignisse
der letzten Jahre.
Ybbs
Erlauf
Kamp
Traisen
Leitha
Durchschnittl.
Abfluss [m³/sec]
30-jährl. Hochwasser nahe
der Einmündung [m³/sec]
30
14
8
13
10
900
510
320
600
100
9
Die Donau heute
Längst sind die Zeiten vorbei, in denen die
Schifffahrt oder die Überquerung der Donau
ein Abenteuer war.
Schutzdämme und Kraftwerke mit langen
Rückstaubereichen haben den Strom weitgehend „gebändigt“. Grund dafür ist die
Kette von Donaukraftwerken, die wesentliche
Veränderungen gebracht hat: WallseeMitterkirchen (Inbetriebnahme: 1968), YbbsPersenbeug (1958), Melk (1982), Altenwörth
(1976), Greifenstein (1984) und schließlich
das Kraftwerk Freudenau (1997) in Wien.
Dank dieser Maßnahmen sind viele Bereiche
an der Donau heute so gut wie hochwasserfrei.
„Freie Fließstrecken“ gibt es entlang der
Donau lediglich in der Wachau (35 km) und
östlich Wiens im Bereich des Nationalparks
Donau-Auen (36 km).
Die Donau bei Hainburg: Bei Niedrigwasser
reichen die Kiesbänke weit in Richtung
Strommitte. Wenn heute Hochwässer kommen,
so kommen sie rascher und fließen auch rascher
ab. Hochwassermaßnahmen und frühzeitiges
Erkennen von Hochwassergefahren führen zu
geringeren Schäden.
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Hochwassertrends zwischen
19. und 21. Jahrhundert
Je länger Aufzeichnungen und Messreihen
von Pegeln existieren, desto verlässlicher
sind statistische Auswertungen. Pegel mit
Wasserstandsaufzeichnungen existieren an
der Donau seit dem 19. Jahrhundert; etwa in
Linz seit 1822, Krems (1829), Tulln (1844)
und Wien-Nussdorf (1893).
Bei Hochwässern kann auf Grund der Durchflussmenge von jährlichen, mittleren und großen Hochwässern (HQ-Werte) unterschieden
werden. In Abhängigkeit von der statistisch
berechneten Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens spricht man von einjährlichen (HQ 1)
Hochwässern, von HQ 5 bis HQ 100 oder ggfs.
auch mehr. So war das Hochwasser des Jahres
2002 mit einer Durchflussmenge von 11.300 m³
pro Sekunde, gemessen am Pegel in Kienstock
in der Wachau, ein 100-jährliches Ereignis.
Die Auswertung historisch verfügbarer Daten
zeigt, dass mittlere Hochwässer, das sind
Wassermengen von 6.000 bis 8.000 m³ pro
Sekunde (HQ 5 bis HQ 20) heute schneller und häufiger kommen als früher. Große
Hochwässer mit einer Auftrittswahrscheinlichkeit über 30 Jahren (HQ > 30 mit mehr
als 10.000 m³ pro Sekunde) kommen nicht
öfter vor, fließen aber rascher ab. Benötigte eine Hochwasserwelle vor 1960 für die
140 km lange Strecke von der Ennsmündung
bis Krems rund 40 Stunden, durchfließen
heute die deutlich steileren Hochwasserwellen dieselbe Strecke binnen 12 Stunden. So
haben Hochwasserwellen heute einen höheren Scheitel, sind aber von kürzerer Dauer.
Derartigen, „raschen“ und „intensiven“ Hochwasserwellen können Dämme eher standhalten als lang andauernden Hochwässern,
die zum Aufweichen der Dämme bis hin zu
Dammbrüchen führen können.
Mit Prognosesystemen und Hochwasserschutzmaßnahmen sind derartige Ereignisse,
wenn sie auch lokal Schäden verursachen,
heute weitgehend beherrschbar. Ohne ausreichende Schutzmaßnahmen, wie sie etwa
in Krems und Stein existieren, sind die Schäden infolge höherwertiger Nutzungen jedoch größer.
Sehr große Hochwässer (HQ > 100) wie jenes
vom August 2002 treten im Vergleich mit
der Vergangenheit nicht häufiger auf.
Die zehn größten Donauhochwässer
gemessen in Krems/Stein seit dem
19. Jahrhundert
Durchfluss
(m³/sec)
Jährlichkeitsstatistik
14.08.2002
11.300
ca.100
17.09.1899
11.200
ca.100
04.02.1862
10.500
ca.45
13.07.1954
10.200
ca.35
02.08.1897
9.900
ca.30
04.08.1991
9.647
ca.30
02.07.1975
8.800
ca.20
23.03.2002
8.589
ca.20
04.01.1883
8.520
ca.20
09.06.1892
8.340
ca.20
Datum
Scheitellaufzeiten in Stunden
11
Die Schwebstoffproblematik
Bei der Donau sind vor allem die im Wasser mitgeführten, fein verteilten Schwebstoffe ein Problem. Schwebstoffe, im
Jahresmittel sind es – an sieben Messstellen gemessen – 43 Milligramm pro Liter
Donauwasser oder in Summe 3,8 Millionen
Tonnen pro Jahr, werden vor allem mit
Hochwässern bzw. in den Sommermonaten
transportiert. Schwebstoffe verursachen
deutlich größere Schäden, als reines Wasser.
So ist bei Autos der Schaden sogar bis zu
80 % größer. Das Augusthochwasser 2002
hinterließ im Machland auf einer Fläche
von 32 km² im Mittel 9 cm Schlamm;
insgesamt rund 4,3 Millionen Tonnen
Schwebstoffe.
Die Errichtung der Kraftwerkskette an der
Donau hatte, so zeigen Untersuchungen,
keinen Einfluss auf die Schwebstofffracht.
Jedoch werden bei Hochwasser Schwebstoffe, die bereits am Grund des Flusses
abgelagert wurden, durch die nun erhöhte
Kraft des Wassers wieder mobilisiert. So
lässt sich der höhere Schwebstoffgehalt
von Hochwässern erklären. Abgelagert
wird der feine Schlamm der Schwebstoffe
überwiegend in den vom Hochwasser überfluteten Retentionsbereichen, wo er allerdings nicht entfernt wird. So könnte
sich – langfristig betrachtet – der zur
Verfügung stehende Retentionsraum verkleinern und auf dieses Weise die Hochwassergefahr verschärfen.
Schlamm ist schlimmer als Wasser. Die mit dem
Hochwasser mitgeführten Schwebstoffe setzen
sich am Boden ab und verursachen größere Schäden als reines Wasser.
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Donauhochwässer mildern
Beim Hochwasserschutz ist von aktivem
Schutz (Schutzbauten) und passivem Schutz
(Retention und Absiedelung) zu unterscheiden;
in Niederösterreich passiert an der Donau
beides. Aktive Schutzmaßnahmen sind vor
allem für den Schutz von Siedlungsräumen,
wie das Beispiel von Krems und Stein gezeigt
hat, bei großen Hochwässern erforderlich.
Dennoch: Ein Schutz vor äußerst seltenen
Ereignissen (größer als HQ 100) ist nicht realisierbar; zum einen ist er unfinanzierbar, zum
anderen bleibt stets ein Restrisiko. Passiver
Schutz an der Donau kann durch Bereitstellung und Sicherung von Retentionsflächen
z. B. in Form von Aussiedlung erfolgen.
Über Verbesserungen bei der Umsetzung von
Maßnahmen der Schwebstoffproblematik
diskutieren Experten. Im Sinne eines nachhaltigen Managements der Stauräume von
Kraftwerken könnten Spülungen dort abgelagerte Schwebstoffe entfernen. Dabei gilt es
jedoch die Interessen aller zu berücksichtigen. Verbesserungen für Oberlieger (=stromaufwärts) könnten Verschlechterungen für
Unterlieger (=stromabwärts) mit sich bringen,
gleichzeitig sind die Bedürfnisse der Schifffahrt zu berücksichtigen.
Diese Ansätze betreffen nicht nur die niederösterreichischen Donaukraftwerke, sondern alle Kraftwerke entlang der Donau.
Gerade das Beispiel der Donau zeigt, dass
Hochwässer nicht auf einzelne Gemeinden
beschränkt sind, sondern grenz-, bzw.länderüberschreitende Dimensionen erreichen. Nur wenn entlang der gesamten Donau
Hochwasserschutzmassnahmen (aktiver
Schutz) und ausreichende Überflutungsräume (passiver Schutz) existieren, können
die Auswirkungen zukünftiger Hochwässer
gemildert werden.
Hochwassermarke in Stein an der Donau:
Zum Glück nur ein fiktiver Wert. – Ohne Hochwasserschutz hätte das Augusthochwasser des
Jahres 2002 diese Höhe erreicht.
13
BEISPIEL: TRAISEN
Extreme Hochwässer in den Jahren 1897, 1899,
1959 und vor allem das Hochwasser vom Juli
1997 zeigten die Kraft der Traisen in aller
Deutlichkeit. Die gute Kenntnis des Einzugsgebietes erlaubt eine detaillierte Untersuchung
des menschlichen Einflusses auf die Fließdynamik der Traisen im Falle von Hochwässern.
Die drei Quellflüsse, die Traisen, die Türnitzer
Traisen und die Unrechttraisen, entspringen in
den niederösterreichischen Kalkalpen, vereinigen sich in Türnitz und dann in Freiland zur
Traisen und bekommen durch die Gölsen, die
unterhalb des Ortes Traisen einmündet, ihren
wichtigsten Zufluss. Auf einer Gesamtlänge
von 78 km entwässert die Traisen eine Fläche
von ca. 900 km², die sich von einer Seehöhe
von 1800 m an der Quelle bis rund 200 m bei
der Mündung in die Donau erstreckt.
Kalkalpiner Untergrund als
guter Wasserspeicher
Große Gebiete der oberen Traisen liegen
innerhalb der geologischen Einheit der Kalkalpen mit überwiegend Kalk und Dolomit.
Der Fluss quert eine relativ schmale Strecke
von hauptsächlich Sandsteinen und Mergeln
der Flyschzone, ehe er ab Wilhelmsburg in
der Molassezone (Schlier) fließt.
Auffallend sind hier die terrassenförmigen
Kiesablagerungen, die ebenso wie jene entlang der Donau (vor allem im Tullnerfeld
und im Marchfeld) auf die Eiszeiten zurückzuführen sind. Die flachgründigen, kalkhaltigen, geringmächtigen Böden in den
Kalkalpen (Rendzinen) haben größere
Wasserspeicher- und Pufferkapazität als
die schweren, lehmigen Böden der Flyschzone.
Rendzinen sind kalkhaltige Böden und als solche
gute Wasserspeicher und -puffer. Sie entstehen
durch Verwitterung kalkiger und dolomitischer Aus-
14
gangsgesteine, die im Untergrund oft verkarsten.
Leicht rückläufige
Niederschläge
Bei den Niederschlägen kommt es im oberen
Traisental generell zu einer Häufung in den
Sommermonaten; Spätherbst und Winter
zeigen sich hingegen eher trocken. Im Schnitt
sind 190 bis 210 Tage/Jahr niederschlagsfrei.
Starkregenereignisse mit Tagesniederschlägen
von 30 bis 40 mm treten im Traisental ein
bis zweimal pro Jahr, vor allem im Sommer
auf.
Die Schneelage hängt naturgemäß mit der
Seehöhe zusammen. Südlich von Hainfeld
werden maximale Schneetiefen von 40 cm
und einer Dauer von ca. 30 Tagen registriert.
Im langjährigen Jahresschnitt zeigen sich die
Niederschlagsmengen (aktuell: ca. 1250 mm
pro Jahr) als rückläufig.
Wald hält Wasser zurück
Was Hochwässer anbelangt, so ist der Bereich
südlich von St. Pölten mit einem Einzugsgebiet von ca. 725 km² aussagekräftig. Bis zu
diesem Punkt liegen 46 % des Einzugsgebie-
Landnutzung in Türnitz um 1870
tes der Traisen in Höhen zwischen 900 und
600 m, 37 % zwischen 600 und 300 m. Bei der
Landnutzung überwiegt der Laub-/Mischwald
(40 %) gegenüber dem Nadelwald (38 %),
gefolgt vom Grünland/Ackerland (21 %); lediglich ein Prozent ist Siedlungsfläche.
Heutige Landnutzung in Türnitz
n
Laub- und Mischwald
n
Hutweide/Mischwald
n
Nadelwald
n
Grünland und Acker
n
Siedlungsfläche
15
Die Landnutzung änderte das Wasserrückhaltevermögen zum Positiven; lag der Waldanteil um 1870 unter 20 %, liegt er heute bei
bis zu 80 % (!). Da, im Jahresmittel gerechnet, Laub-/Mischwald 18 %, Nadelwald 21 %,
jedoch Grünland nur 11 % der Niederschläge
zurückhalten bzw. dem Abfluss entziehen
können, ist diese Entwicklung in Hinblick
auf die Hochwassersituation sehr günstig.
Wie sich die Umstellung in der Landnutzung
tatsächlich auswirkt, zeigt eine Gegenüberstellung der gegenwärtigen und der historisch berechneten Durchflussmenge beim
Pegel Windpassing. Hier wurde beim Jahrhunderthochwasser am 7. Juli 1997 eine
Durchflussmenge von 735 m³ pro Sekunde
gemessen; unter der Annahme historischer
Landnutzung wären es gar 856 m³ gewesen.
Das entspricht einer Reduktion des Hochwasserabflusses um 16 %. Noch größer sind diese
Werte bei kleineren und mittleren Hochwässern, wo durch die heutige Landnutzung rund
20 bis 40 % weniger Wasser abfließen, als
man dies für die Landnutzung im ausgehenden 19. Jahrhundert annehmen muss.
Flussbauliche Maßnahmen
Im Laufe der letzten 100 Jahre wurden an der
gesamten Traisen flussbauliche Maßnahmen
durchgeführt; einerseits aus Hochwasserschutzgründen, andererseits im Zuge des Ausbaus von Verkehrswegen. Heute ist die Traisen
ein durchgehend regulierter Fluss mit einem
mittleren Ausbaugrad (HQ 30); Siedlungsgebiete sind meist bis zu einem 100-jährlichen
Ereignis (HQ 100) geschützt. Dies bewirkt eine
Steigerung des Scheitelwertes (=höchster
Abfluss) von bis zu 10 % bei einem HQ 30 im
Vergleich zur ursprünglichen Situation. Bei
größeren Hochwässern verringert sich der
Einfluss der Regulierungsmaßnahmen, da die
Traisen über die Ufer tritt und das Wasser in
die Retentionsräume in den Vorländern fließt.
Im Mittel verkürzte sich durch die flussbaulichen Maßnahmen die Fließzeit vom entferntesten Punkt des Einzuggebietes bis nach
St. Pölten um ein bis zwei Stunden.
Versiegelung: „relativ gering“
Bei der Traisen beträgt der Anteil der Siedlungsfläche – gerechnet bis zum Pegel Windpassing – lediglich 1 % des Einzugsgebietes.
Dementsprechend beträgt der Einfluss von
Siedlungsaktivitäten auf den Hochwasserscheitel nur eine Erhöhung um ca. 1 %. In
Teileinzugsgebieten mit einem höheren Anteil
an Siedlungsflächen muss mit einer etwas
größeren Auswirkung gerechnet werden.
Pegel zeichnen kontinuierlich die Wasserführung
von Gewässern auf. Die Analyse von Daten über
lange Zeiträume bildet die Grundlage für Auswertungen und Prognosen.
16
Die Erhöhung des Hochwasserabflusses wird
durch eine Beschleunigung des Abflusses
aus Dachflächen sowie Verkehrs- und Parkflächen in Siedlungsgebieten und einer
Verringerung der Versickerung bewirkt. Dies
wirkt sich vor allem bei kleineren Hochwässern stärker aus als bei größeren. Auch die
Versiegelung im Zuge der Gebietserschließung durch höherrangige Straßen, Forststraßen und Güterwege im Einzugsgebiet
ist in Summe sehr gering: Bundesstraßen
(99 km) zusammen mit den Landesstraßen
(123 km) ergeben eine Fläche von rund 3 km².
Das entspricht 0,5 % des Einzugsgebietes.
Noch geringer ist der Anteil der Güterwege;
rund 250 km entsprechen 1,5 km² oder
0,2 %. Das Straßennetz führt in Summe zu
einer leichten Erhöhung der Hochwasserscheitelwerte um 1-2 %. Durch Rückhalt bei
ordnungsgemäßer Bauweise der Straßen und
Wege in Hanglagen kann bzw. wird dieser
Wasserabfluss reduziert.
Hochwasserschäden
einst und jetzt
Keimzellen der Besiedlung des oberen
Traisentales waren Wilhelmsburg und das
1202 gegründete Stift Lilienfeld. Die Zeit
der Industrialisierung brachte ab dem 19.
Jahrhundert im Tal eine Konzentration von
Siedlungen entlang des Flusses. Damals, vor
rund 120 Jahren, lebten rund 24.000 Menschen im Oberen Traisental, heute sind es
etwa 50.000. Allerdings siedeln zwei Drittel
davon in St. Pölten. Wie sich diese Situation
der Siedlungen am Beispiel eines 100-jährlichen Hochwassers auswirken würde, zeigen
zwei Beispiele: 1870 lagen in Lilienfeld rund
3 % des Wohngebietes im Bereich der damaligen Überflutungszone. In der gleichen Zone
waren im Jahr 2000 mehr als 30 % besiedelt.
In St. Pölten stieg der Anteil an Wohngebiet
im ehemaligen Überflutungsgebiet von rund
2 % Wohngebiet um 1870 auf mehr als 45 %
an, das ist mehr als der 20-fache Wert. Wohl
wissend um die Gefahr von Traisenhochwässern, verwies man im 20. Jahrhundert
den Fluss in einen geraden, weitgehend regulierten Lauf und säumte ihn mit Dämmen.
Doch es muss uns bewusst sein, dass trotz der
Dämme kein absoluter Schutz erreichbar ist.
Einerseits sind an einigen Stellen noch Hochwasserschutzprojekte geplant; andererseits
sind bei sehr seltenen Extremereignissen
größere Schäden zu erwarten, weil nun hochwertig genutzte Gebiete betroffen sind –
Restrisiko bleibt auch entlang der Traisen.
17
KLIMAWANDEL =
HOCHWASSER ?
Szenario globale
Erwärmung am Beispiel
des Traisentales
Das Wetter war und ist immer ein Gesprächsstoff; neuerdings sind auch Abschmelzen der
Gletscher, Treibhauseffekt, CO2, Ozonloch und
Klimawandel ein Thema.
Auswirkungen von Klimaänderungen z. B.
infolge eines CO2-Ansieges werden mit globalen Klimamodellen (GCM) ermittelt. Doch
das Abschmelzen der Polkappen, der Totalrückzug der Gletscher und ein Anstieg der
Weltmeere im Meterbereich haben für
Küsten andere Auswirkungen als für voralpine Täler.
Die Fragen bewegen sich um einen Punkt:
Sind die Eskapaden des Wetters noch
„normal“, sprich im Bereich natürlicher
Schwankungen, oder ist der Mensch schuld?
Historische Wetterkapriolen
Bekannt ist die so genannte „Mittelalterliche Warmzeit“ (800/900 und 1300/1400)
mit Temperaturen, die um ca. 1 bis 1,5° C
höher waren als heute (Viehzucht in Grönland und Weinbau in Südschottland). Auf
diese folgte die „Kleine Eiszeit“ (1550 bis
1850) mit langen und zum Teil sehr kalten
Wintern. Heute noch ist bei den Gletschern
im Hochgebirge ein deutlich sichtbarer
Gesteinswall („1850-er Moräne“) als Zeichen
des damaligen Eisvorstoßes zu sehen. Die
Gründe für die natürlichen Klimaschwankungen sind verschieden, sicher spielt dabei der
Einfluss der Sonne wie z. B. Sonnenflecken
zusammen mit Vulkanausbrüchen eine entscheidende Rolle.
Doch selbst innerhalb dieser Epochen kommt
es zu extremen Wettersituationen. So ist
etwa in der „Wiener Zeitung“ vom 2. Jänner
1790 zu lesen: „Wir genießen hier eine für
gegenwärtige Jahreszeit ungewöhnliche
anhaltend milde Witterung ... den ganzen
Winter bis hierher noch kein Schnee gefallen.“ Auch der Zeitabschnitt von 1991 bis
2000 zeigte in Österreich eine Erwärmung
im Jahresmittel 0,6 bis 0,7° C.
Versucht man globale Modelle, die unter
anderen Rahmenbedingungen erstellt wurden, als man dies für Studien auf regionaler Ebene machen würde, zum Beispiel im
Traisental anzuwenden, erhält man folgende
Ergebnisse: Geht man von einer Verdoppelung des CO2-Ausstoßes aus, käme es zu
einem Anstieg der Jahresmitteltemperaturen von 3,5 bis 4° C. Dies würde bedeuten,
dass es in der Höhenzone von 300 bis 600 m
keinen Schnee mehr gäbe und in Bereichen
über 1200 m die Schneefallperiode auf die
Monate November bis April beschränkt
wären. Demnach käme es zu einer deutlich
früheren und weniger ausgeprägten
Schneeschmelze. Lokale Niederschlagsereignisse könnten allerdings an Intensität
zunehmen.
Mit der Zunahme der Temperatur würde
auch die Verdunstung von derzeit 550 mm
pro Jahr auf 650 mm steigen. Das würde
wiederum zu einer Verringerung des Wasserabflusses um 100 mm pro Jahr führen.
Bei Hochwässern würden Winterhochwässer
bedingt durch die früher einsetzende Schneeschmelze eher auftreten als Sommerhochwässer, wo die Verdunstung vermehrt zum
Tragen kommt. Bei extremen Hochwässern
wäre keine Änderung zu erwarten.
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Der Faktor Mensch
Natürlich bedingte Klimaschwankungen
sollen und dürfen kein Freibrief für den verantwortungslosen Umgang mit der Natur und
ihren Ressourcen sein. Zweifelsfrei ist der
negative Einfluss des Menschen auf die Erde
und die Ressourcen in den letzten 150 Jahren
bedeutender als in der gesamten Menschheitsgeschichte davor.
Neben globalen Zielen und Übereinkommen
wie dem Kyoto-Protokoll (1997), im Rahmen
dessen sich Österreich verpflichtet hat, die
Treibhausgasemissionen im Zeitraum von
2008 bis 2012 um 13 % gegenüber dem Jahr
1990 zu reduzieren, gilt es, in Kleinregionen,
Gemeinden bis hin zu einzelnen Haushalten
Vorsorgen zu treffen, die unsere Zukunft
nachhaltig sichern.
Der Erhalt und die Pflege der Naturräume
wie etwa der Wälder im Einzugsgebiet von
Flüssen (Beispiel Traisen) bzw. die Sicherung
von Auwäldern entlang der Flussniederungen als Retentionsräume für Hochwässer
(Beispiel Donau) sind Maßnahmen, die wir
ergreifen können und müssen, um uns vor
noch größeren Schäden zu schützen.
Ändert sich das Klima? Die Antwort liegt in
einer Kombination aus natürlichen Klimaschwankungen und dem Einfluss des Menschen, der in
den letzten 150 Jahren (Industriezeitalter) zweifelsfrei größer ist als in der gesamten Menschheitsgeschichte zuvor.
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LEBEN AM WASSER
Hochwässer entstehen auf Grund extremer
Niederschläge (Starkregenereignisse) und
auch zusammen mit Schneeschmelzen im
Einzugsgebiet von Flüssen. Hochwässer wird
es immer geben. Niemand wird sie verhindern können. Wie die Ergebnisse der Studie
zeigen, treten Hochwässer auch nicht häufiger auf, sondern die Menschen rückten
näher an das Wasser heran. Daher sind die
zum Teil hohen Sachschäden bei Katastrophenhochwässern zum größten Teil auf den
Menschen zurückzuführen. Dementsprechend kann es, vor allem in Ansiedelungen
(=hochwertige Nutzung des Landes), die
in potenziell gefährdeten Gegenden errichtet wurden, zu Hochwasserschäden kommen.
Doch viele haben nun einmal keine andere
Wahl mehr, als mit der potentiellen Gefahr
zu leben. Durch Vorsorgemaßnahmen kann
das Ausmaß von Schäden geringer gehalten
werden. Vorsorge in Form von Hochwasserschutzmaßnahmen (aktive und passive) treffen die Gemeinden mit Unterstützung der
Länder und des Bundes. Darüber hinaus hat
jede/r die Pflicht, im Sinne der Eigenverantwortung auch Eigenvorsorgemaßnahmen zu
treffen.
Wer nahe am Wasser wohnt, tut gut daran, sich
selbst zu schützen. Ein erhöhter Gartenzaun ist
sehr wirksam, er lässt sich leicht und kostengünstig realisieren.
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Hochwasservorsorge =
öffentliche + private Vorsorge
Träger und Initiatoren des Hochwasserschutzes
sind im Fall von Siedlungsraum üblicherweise
die Gemeinden. Diese können sich zu Wasserverbänden zusammenschließen, die ihrerseits
auf Antrag die Unterstützung des Landes und
des Bundes in Anspruch nehmen können.
Zu den Präventivmaßnahmen der öffentlichen Hand gehört, basierend auf der Kenntnis vergangener Hochwässer, die Ausweisung
potenzieller Überflutungsgebiete (Hochwasserabflussbereiche) und die Errichtung
geeigneter Schutzbauten. Als Berechnungsgrundlage für die Erstellung der Pläne bzw.
der Schutzbauten dienen 30- bzw. 100-jährliche Hochwässer. Zukünftig sollen auch
Flächen mit einem Restrisiko (= sehr seltene
Ereignisse oder technisches Versagen wie
Dammbrüche) ausgewiesen werden. Grundsätzlich wird für Siedlungen und Gebäude
ein Schutz vor Hochwässern angestrebt, die
statistisch gesehen nur alle hundert Jahre
auftreten (HQ 100).
Dass selbst außerhalb der Zone von 100-jährlichem Hochwasser noch Gefahr besteht, erfuhren im Sommer 2002 viele Menschen entlang des Kamps, wo eine Hochwasserkatastrophe eintrat, die einem 500- bis 1.000-jährlichen Ereignis entsprach. Dieses Restrisiko ist im
Sinne einer Eigenvorsorge stets zu beachten.
Weitere wesentliche Elemente der Hochwasservorsorge sind Prognose- und Frühwarnsysteme und ein effizienter Katastrophenschutz.
Krems und Stein. Der mobile Hochwasserschutz
wird von der örtlichen Feuerwehr bei drohendem
Hochwasser aufgebaut; er hat schon mehrmals
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große Schäden verhindert.
Eigenvorsorge = individuelle
Schadensminderung
Wer in der Nähe eines Flusses bzw. eines Gerinnes – denn auch kleinere Gewässer können
über die Ufer treten – wohnt bzw. plant,
sich dort anzusiedeln, ist gut beraten, einige
Grundsätze zu beachten. Denn prinzipiell sollte
man in vernässten Gebieten nicht bauen.
Wenn nämlich öffentliche Schutzmaßnahmen
wie Dämme nicht mehr ausreichen, so kann
der Schaden zwar nicht mehr verhindert,
bei entsprechender Voraussicht dennoch
gering(er) gehalten werden, als würde man
gar keine Vorsorgemaßnahmen ergreifen.
Derartige Maßnahmen sind vielfach bereits
Bestandteil gesetzlicher Vorschriften beim
Bau von Gebäuden. So sieht das niederösterreichische Raumordnungsgesetz vor, dass
Flächen, die bei 100-jährlichen Hochwässern
überflutet werden, nicht als Bauland gewidmet werden dürfen. Bestimmungen der NÖ
Bautechnikverordnung besagen, dass Fußböden von Aufenthaltsräumen zum Wohnen
mindestens 30 cm über dem HQ 100 liegen
müssen. Brennbare Flüssigkeiten in Bereichen,
die ebenfalls in diesem Gefahrenbereich
liegen (HQ 100), müssen derart gesichert
werden, dass bei Überflutungen kein Öl
austreten kann. Grundwasserhochstände
sind vor dem Bau in den Einreichunterlagen
anzugeben. Dementsprechend müssen Keller
im Grundwasserbereich mit entsprechender
Abdichtung ausgeführt werden.
In der Broschüre „Die Kraft des Wassers“ des
Lebensministeriums und auf der Website des
NÖ Zivilschutzverbandes finden sich eine Reihe
wichtiger Tipps. Von diesen seien einige wenige
Präventivmaßnahmen herausgegriffen:
- Wahl wasserbeständiger Materialien
(mineralischer Putz, Fliesen ...)
- Verlegung elektrischer (Sicherungskästen)
bzw. elektronischer Anlagen (Heizungssteuerungen) in obere Geschoße.
- Sicherung von Heizöltanks gegen Aufschwimmen (Achtung: Da Heizöl leichter
als Wasser ist, entsteht selbst bei vollem
Tank Auftrieb!).
23
Grundwasseranstieg –
ein stilles „Hochwasser“
mit Folgen
Im Gegensatz zu Hochwasser, dessen Herannahen sichtbar ist und sich durch steigende
Flüsse und Bäche ankündigt, kommt Grundwasser beinahe unbemerkt von unten. Oberflächenwasser sickert oft – meist in Folge von
Hochwasserereignissen an Flüssen – auch ins
Grundwasser ein; dieses steigt an, oft bis an
die Oberfläche. Dies führt primär zu Vernässungen und Schäden in Kellerräumen, die
teils beträchtliche Schäden anrichten können,
vor allem, wenn gesetzliche Vorgaben nicht
beachtet wurden.
Wie sehr Grundwasserhochstände mit Hochwässern zusammenhängen können, zeigte
sich im Jahre 2002 im nördlichen Tullnerfeld. Das Gebiet war zwar teilweise vom
Hochwasser verschont geblieben, doch der
hochwasserbedingte Grundwasserhochstand
führte zur Verunreinigung von Brunnen und
zur Vernässung von Kellern.
Eine Rückschlagklappe im Kanal hätte diesen
Schaden verhindert.
Info über Hochwasserbereiche und Grundwasserhochstände
Erster Ansprechpartner sind die Gemeinden. Weitere Informationen können auch bei folgenden Stellen
eingeholt werden.
Überflutungsbereiche:
• Amt der NÖ Landesregierung, Abt. Wasserbau
Regionalstelle 1 – Zentralraum . . . . . . . . . . .
Regionalstelle 2 – Mostviertel . . . . . . . . . . .
Regionalstelle 3 – Waldviertel . . . . . . . . . . .
Regionalstelle 4 – Weinviertel . . . . . . . . . . .
Regionalstelle 5 – Industrieviertel . . . . . . . . .
• Wildbach- und Lawinenverbauung, Sektion Wien,
Grundwasserhochstände:
• Amt der NÖ Landesregierung, Abt. Hydrologie
. . . . . . . . . . . .
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NÖ und Burgenland
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Tel. 02742/9005-14446
Tel. 02742/9005-14473
Tel. 02982/9025-10451
Tel. 02572/9025-10660
Tel. 02622/9025-10705
Tel. 01/533 91 47-0
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tel. 02742/9005-13526
Internet:
• Hochwasserabflussbereiche: www.noel.gv.at/umwelt/wasser
• Grundwasserhochstände: http://www.noel.gv.at/SERVICE/WA/wa5/wiskiwebpublic/maps_GW_0.htm
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Wichtig und wissenswert
Hochwasserprognose und Warnung
für Niederösterreich
Das Prognosesystem für die Donau erlaubt
derzeit Hochwasservorhersagen mit einer
Prognosezeit von 6 bis 8 Stunden. Das
Prognosesystem für das Kamptal ist seit 2006
in Betrieb. In den nächsten Jahren werden
Systeme für die Traisen, Erlauf, Ybbs und
Leitha folgen. Auch für die kleineren Flüsse
werden Frühwarnsysteme aufgebaut. In
Niederösterreich werden von rd. 40 „OnlineMessstellen“ Wasserstände und Durchflüsse
überwacht. Die Daten sind via Internet
einsehbar.
Info: www.noel.gv.at/Umwelt/Wasser.htm
Allgemeine Hochwasserinformationen
„Die Kraft des Wassers“, eine GratisBroschüre des Lebensministeriums.
Bezug: Tel. 01-711 00,
www.lebensministerium.at/publikationen
„Wasser als Naturgewalt“, eine umfassende
Internetseite des NÖ. Zivilschutzverbandes.
Info: www.noezsv.at
„Hochwasserschutzfibel“, eine umfassende
Broschüre des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen in Berlin mit
Schwerpunkt Gebäudesicherheit.
Download: http://www.bmvbw.de/
Anlage16214/Hochwasserschutzfibel.pdf
Onlinedaten der „via donau“
Zuständige Bundesministerien:
Auf der Website der Österreichischen Wasserstraßen-Gesellschaft mbH sind ebenfalls
Pegelstände online abrufbar.
Info: http://www.doris.bmvit.gv.at/
index.php?id=181
Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
www.lebensministerium.at
Bundesministerium für Verkehr, Innovation
und Technologie www.bmvit.gv.at
Informationen im Notfall
Hydrografischer Dienst des Landes
Niederösterreich (Tel. 02742/9005-13178)
Landeswarnzentrale (Tel. 02742/9005-16666)
Website des Landes (www.noe.gv.at)
ORF (www.orf.at)
Internationaler Tonbanddienst
Sieben-Uhr-Werte (Tel. 02742/1558)
Sprachserver für die NÖ Donau und Zubringer
(Tel. 02742/9005-13771)
Prognosedaten bei Hochwasser
(Tel. 02742/9005-13539)
Teletext auf Seite 618:
Sieben-Uhr-Werte und Wasserstandsprognose.
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Verwendete Literatur:
Martin Angelmaier: Hochwasser, Grundwasser: Achtung beim Grundkauf! –
In: NÖ Gestalten, Nr. 107, 2005, St. Pölten.
Alexander Debene (Bearb.): Abflussanalyse
Donau-Traisen. – Univ. f. Bodenkultur (Im
Auftrag der Abt. Wasserwirtschaft d. NÖ Landesregierung) , Endbericht, 2005, Wien.
Hans Frühwirth: Die Doppelstadt Krems-Stein:
ihre Geschichte von 1848–2000. – Mitt.
Kremser Stadtarchiv (Erg. Bd II), 2000, Krems.
Helmut Habersack, Jochen Bürgel, Armin Petraschek: Analyse der Hochwasserereignisse
vom August 2002 – FloodRisk. – Synthesebericht, 2004, Wien.
Gertrud Haidvogel, Jürgen Eberstaller,
Felix Seebacher: Hochwasserschutz,
Siedlungsentwicklung und Schadensanalyse am Beispiel Traisen. – Vortrag am
22. November 2004 anlässlich „Floodrisk“
(Tagung: 24./25. November 2004), Wien.
IKSD (Int. Komm. zum Schutz d. Donau):
Aktionsprogramm für nachhaltigen Hochwasserschutz im Einzugsgebiet der Donau
(Übersetzung). – IKSD Dokument IC/082, 14.
Dezember 2004, Wien.
Werner Konold (Bearb.): Historische Wasserwirtschaft im Alpenraum und an der Donau. –
Verlag Konrad Wittwer, 1994, Stuttgart.
Wolfgang Schüssel & Hubert Gorbach: Hochwasser – August 2005. – Vortrag an den Ministerrat (30. August 2005), bmvit, 2005, Wien.
Heinz Stiefelmeyer, Klaus-Peter Hanten, Drago
Pleschko: Die Kraft des Wassers - Richtiger Gebäudeschutz vor Hoch- und Grundwasser. –
Lebensministerium, 2004, Wien.
Elisabeth Strömmer: Klima-Geschichte –
Methoden der Rekonstruktion und historische Perspektive Ostösterreich 1700 bis
1830. – Verlag Deuticke, 2003, Wien.
Umweltbundesamt (Hrsg.): Umweltsituation
in Österreich. – Sechster Umweltkontrollbericht, 2001, Wien.
Ein Danke an alle Einsatzkräfte!
26
Kontakte
Amt der NÖ Landesregierung,
Gruppe Wasser
Abt. Wasserrecht und Schifffahrt
Landhausplatz 1, 3109 St. Pölten
Tel.: 02742/9005-14369
Fax: 02742/9005-14040
e-mail: [email protected]
Abt. Wasserwirtschaft
Landhausplatz 1, 3109 St. Pölten
Tel.: 02742/9005-14271
Fax: 02742/9005-14090
e-mail: [email protected]
Abt. Wasserbau
Landhausplatz 1, 3109 St. Pölten
Tel.: 02742/9005-14410
Fax: 02742/9005-14325
e-mail: [email protected]
Abt. Siedlungswasserwirtschaft
Landhausplatz 1, 3109 St. Pölten
Tel.: 02742/9005-14421
Fax: 02742/9005-16770
e-mail: [email protected]
Abt. Hydrologie
Landhausplatz 1, 3109 St. Pölten
Tel: 02742/9005-13526
Fax: 02742/9005-13040
e-mail: [email protected]
Bezirksverwaltungsbehörden
jeweilige Bezirkshauptmannschaft
bzw. Magistrat
AMT DER NIEDERÖSTERREICHISCHEN LANDESREGIERUNG
Gruppe Wasser
3109 St. Pölten, Landhausplatz 1, Haus 2
Tel.: +43/2742/9005-14271 Fax: +43/2742/9005-14090
[email protected] www.wasseristleben.at
www.noe.gv.at
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