Fotos: zek Wasserkraft Wasserfassung Zwei baugleiche Peltonturbinen, gebaut von Ing. Karl Hörl. Sie sind mit EFG-Laufrädern bestückt. Maschinenhaus EINFACH – ABER GRUNDSOLIDE In der kleinsten Stadt der Steiermark, in Oberwölz, ist im September dieses Jahres das größte private Kleinwasserkraftwerk im oberen Murtal in Betrieb gegangen, das KW Schöttlbach. Doch nicht nur die installierte Leistung von 1.800 kW macht die Anlage zu etwas Besonderem. Auch deren maschinelle Ausrüstung. Die Maschinen entstammen dem Reißbrett des findigen Elektroingenieurs und Turbinenbauers Ing. Karl Hörl aus Fohnsdorf. Ganz nach dem Motto „weniger ist mehr“ zeichnen sich dessen Turbinen durch ein puristisches Konzept aus. Mit möglichst wenig Computertechnik will er die Betriebssicherheit der Maschinen maximieren – und dabei dennoch einen modernen Standard bieten. Die Rechnung geht offensichtlich auf. M anche sprechen von Faszination, andere von einem Virus, der dich nicht mehr loslässt: Wen das Wasserkraft-Fieber gepackt hat, den lässt es so schnell nicht mehr los. Fiebrig wirkt Kurt Pawlik zwar keineswegs. Doch bei dem Steirer dreht sich sehr viel um das Thema Wasserkraft. Bereits im letzten Jahr hat er mit seiner KWBG Kraftwerksbetreibergesellschaft, die er gemeinsam mit Mag. Wolfgang Ritschl hält, ein erstes Kraftwerk in Betrieb genommen. Nun hat er in diesem Jahr mit der zweiten Anlage nachgelegt. Und zwar erneut am Schöttelbach, jenem einst gefürchteten Wildbach aus den Wölzer Tauern, errichtete die KWBG ein weiteres Hochdruckkraftwerk. Und dazu ein bemerkenswertes. „Die Bedingungen für ein Kleinwasserkraftwerk sind bei der Wasserfassung am Schöttelbach recht gut. Der Bach hat ein Einzugsgebiet von 30 km2 und daher sinkt die Wassermenge auch in den schwächsten Monaten im Winter kaum unter 200 l/s. Wir 26 Dezember 2008 zek haben auch mit dem bestehenden Kraftwerk recht gute Erfahrungen gesammelt“, sagt Kurt Pawlik. KEIN KLASSISCHER OBERLIEGER Und während das KW Oberwölz (Engpassleistung ca. 1,1 MW) in seinem ersten Betriebsjahr fleißig Strom ins Netz speiste, liefen im Hintergrund bereits die Vorbereitungen für das KW Schöttelbach II – einige hundert Meter oberhalb geplant. Als kompetenten Partner für die kompletten Bauarbeiten inklusive Bauaufsicht setzte die KWBG wie beim ersten Projekt auf die Baufirma Zotter aus Judenburg. Adolf und Robert Zotter gelten über die Grenzen der Grünen Mark hinaus als echte Spezialisten in Sachen Wasserkraft. „Die Firma Zotter hat wirklich Gas gegeben. Wir haben im Jänner 2008 mit den Bauarbeiten für das Kraftwerk begonnen. Und immerhin galt es, knapp 4 km Rohrleitung in alpinem Gelände zu verlegen“, erklärt Pawlik. Dabei ist das KW Schöttlbach streng genom- men nicht als klassisches Oberlieger-Kraftwerk zum KW Oberwölz konzipiert und gebaut worden, obwohl dazwischen kein Kraftwerk situiert ist. Das Krafthaus der neuen Anlage ist fast 2 Kilometer oberhalb der Wasserfassung des KW Schöttelbach I angelegt. „Die Strecke dazwischen ist laut Naturschutzbeauftragtem Mag. Walcher schützenswert “, sagt Pawlik. „ERPROBT – EINFACH – GÜNSTIG“ Die Wasserfassung wurde auf 1225 Meter Seehöhe errichtet, das neue Krafthaus rund 200 Meter darunter. Der Zeitplan der KWBG war ambitioniert, aber realistisch. Eine Inbetriebnahme der Anlage war für Herbst 2008 avisiert. Der Baufirma Zotter kam dabei ihre große Erfahrung im Wasserkraftbau zugute. Es wurde teilweise parallel an Krafthaus, Druckrohrleitung und Wasserfassung gearbeitet, um Stehzeiten zu vermeiden – und den Baufortschritt zu maximieren. Für die Druckrohrleitung kamen GFK-Rohre zum Einsatz, die über die Firma Geotrade in Öster- Wasserkraft Technische Daten: Fallhöhe: ca. 190 m Ausbauwassermenge: 1.200 l/s Turbinen: 2-düsige Peltonturbinen / Hörl - EFG Leistung: je 960 kW Generatoren: Marelli Druckrohrleitung: GFK (Superlit) 3.821 m Regelarbeitsvermögen: 6 - 6,5 GWh Aus je 2 Düsen werden die Laufräder aus dem Hause EFG angetrieben. Die 3.821 m lange Druckrohrleitung besteht aus GFK-Rohre der Marke Superlit. reich bezogen wurden. Die Rohre stammen vom Rohrhersteller Superlit, der GFK-Rohre sowohl im Schleuder- als auch im Wickelverfahren herstellt und auf höchstem Niveau alle Anforderungen der Wasserkraft erfüllt. Termintreue ist für die Firma Geotrade Ehrensache, und dementsprechend wurden die Rohre pünktlich ins Wölzertal geliefert. Bereits im August konnte die Firma Zotter den Abschluss der wesentlichsten Arbeiten an Maschinenhaus, Druckrohrleitung und Wasserfassung vermelden. Die Zeit für die Maschinenmontage war gekommen. Bei der Turbinenwahl setzten die Betreiber auf das Know-how und die Erfahrung von Ing. Karl Hörl aus Fohnsdorf, der seit gut einem Viertel Jahrhundert Turbinen, hauptsächlich für Hoch- und Mitteldruckanlagen, baut und in Betrieb nimmt. „Erprobt, einfach und günstig“, so drei Schlagworte, die man im Zusammenhang mit diesen Maschinen zu hören bekommt. Und dazu steht der findige Elektroingenieur aus Fohnsdorf auch voll und ganz. Hörl: „Ich glaube, dass durch den Einsatz der Computertechnik in der Wasserkraft die Betriebssicherheit massiv leidet. Darum verzichte ich auf EDV, wo es möglich ist“. Doch auch wenn man etwa eine Die Bauarbeiten wurden von der Firma Zotter im Eiltempo durchgezogen. Visualisierung vergeblich sucht, eine automatische Störungsmeldung via GSM, Fernabfrage und dergleichen sind vorhanden. Immerhin zeichnete Hörl auch für die gesamte Schaltanlage, die Steuerung und die Hydraulik der Anlage verantwortlich. VIER DÜSEN BESSER ALS DREI „Es stand die Überlegung im Raum, eine dreidüsige Turbine einzusetzen. Aber am Ende hat uns die Lösung mit den zwei völlig getrennten Maschiensätzen mit jeweils zweidüsigen Peltonturbinen mehr zugesagt. Einerseits habe ich mit dieser Variante noch eine Düse mehr zur Verfügung – und habe zudem den großen Vorteil, dass bei Wartungsarbeiten oder Stillstand einer Maschine immer noch der andere Maschinensatz in Betrieb ist“, erklärt Kurt Pawlik. Theoretisch kann mit dem Kraftwerk ein Triebwasserminimum bis zu 60 l/s mit einem Wirkungsgrad von 85 Prozent abgearbeitet werden. Für die gegebenen hydrologischen Bedingungen perfekt. Bei einem Nettogefälle von circa 190 Meter erreicht eine Maschine eine Nennleistung von 960 kW. Dadurch wird eine Engpassleistung der Anlage von 1900 kW erreicht. Die Hochwertigkeit der Hörl-Turbinen liegt indes nicht alleine bei der Konzeption des cle- Auf visualisierte Bedienelemente verzichtet Hörl bewusst. veren Turbinenbauers, sondern zu einem erheblichen Teil auch an der Güte des eingesetzten Laufrades. Und dieses stammt – wie bei einem Großteil der von Hörl gebauten Turbinen – vom Kärntner Turbinenbauer EFG. Das Unternehmen aus Feldkirchen ist bekannt dafür, dass seine Laufräder immer individuell an die hydraulischen Daten angepasst, entworfen und auf modernsten Maschinen gefertigt werden. EFG-Laufräder und Turbinen sind mittlerweile weltweit im Einsatz – und dies nicht nur im Hochdruckbereich. AKUSTISCHES PROBLEM IM AUSLAUF So zügig die Bauarbeiten und die Maschinenmontage auch verlaufen waren: Ein kleines Problem musste zum Projektabschluss noch gelöst werden: „Wir haben den Prellbereich im Unterwasser mit Stahl ausgekleidet – und das hat im laufenden Betrieb einen gewaltigen Lärm verursacht. Da mussten wir uns auch noch etwas einfallen lassen“, blickt Pawlik zurück. Als Lösung wurden einerseits eine kleine Gegenstufe im Unterwasserbereich sowie eine Abdeckmatte im Auslauf eingebaut. Durch diese kleinen Änderungen ist heute auch bei Volllast kaum etwas vom Kraftwerk zu hören. Im Regeljahr wird die neue Anlage, die Anfang September in Betrieb genommen wurde, rund 6 bis 6,5 GWh sauberen Strom erzeugen. Unter großer Rücksichtnahme auf die schöne Naturlandschaft des Wölzertals hat die KWGB mit ihren Partnern erneut ein Vorzeige-Kraftwerk am Schöttelbach realisiert. Und geht es nach dem Gesetz der Serie, wird es wohl nicht das letzte des steirischen Wasserkraftbetreibers gewesen sein. zek Dezember 2008 27