PM_Gespräch mit ZZ_Ich habe keinen Hass mehr - pax

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„Ich habe keinen Hass mehr – das ist mein Sieg.“ -­‐
Polnische Zeitzeugen berichten über ihr Schicksal – Am 75. Jahrestag des Überfalls der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion berichteten sechs polnische Zeitzeugen im Alten Kloster Höchst über ihr Schicksal während der deutschen Besatzungszeit. Am 22. Juni 1941 überschritt die Wehrmacht die Demarkationslinie, die seit September 1939 zwischen deutschem und sowjetischem Besatzungsgebiet teilte. Henriette Kretz, ein jüdisches Kind von sechs Jahren, erlebte im damals polnischen Galizien (heute West-­‐Ukraine) den Einmarsch der deutschen Truppen. Nichtsahnend, dass damit eine furchtbare Odyssee für sie begann, die zwei Jahre später mit dem Tod ihrer Eltern und dem eigenen knappen Überleben in einem katholischen Waisenhaus endete. Neben Henriette Kretz sind derzeit fünf weitere Überlebende in Höchst. Täglich berichten sie Schulklassen von ihrem Schicksal. Sie verstehen die Gespräche als Mahnung zu Frieden und Versöhnung. Solch schlimme Erfahrungen möchten sie der jungen Generation ersparen und sie ermahnen, sich für Freiheit und Frieden einzusetzen. Am Mittwochabend, 22. Juni, fand eine öffentliche Veranstaltung im Kloster Höchst statt, zu der mehrere Organisationen eingeladen hatten: Der DGB-­‐Kreisverband, „Odenwald gegen Rechts“, das Evangelische Dekanat Odenwald, das Bistum Mainz, die katholische Friedensbewegung pax christi. Bürgermeister Horst Bitsch betonte zu Beginn der Veranstaltung: "Die Zeitzeugen machen die Geschichte lebendig, sie verleihen unseren unklaren Vorstellungen Gestalt und teilen unmittelbar mit, wie es wirklich war." Bitsch wies darauf hin, dass die Zahl der Menschen, die uns erzählen können, abnimmt. Umso wertvoller sei, dass die Zeitzeugen die Mühsa der Reise in den Odenwald auf sich genommen hätten. "Wir müssen uns gegen rechte Verführer wehren“, so Bitsch. „Wir hatten das Glück, über 70 Jahre in Frieden und Freiheit zu leben, ohne dass wir einen Krieg führen mussten.“ So sei es unsere Pflicht, „in Not geratenen Bürgern Schutz zu gewähren.“ Die Initiative „Odenwald gegen Rechts" betonte in einem Grußwort: „Gerade in diesen Zeiten, in denen wir uns manchmal fragen müssen, „was ist eigentlich los in diesem Land“, sollten wir alle ihnen besonders gut zuhören, so lange wir noch können. Ich weiß, dass sie in diesen Tagen mit vielen jungen Menschen in Berührung kamen. Junge Menschen, die verstehen und begreifen müssen, dass Demokratie, Freiheit und die Aufarbeitung der Vergangenheit untrennbar miteinander verknüpft sind und auch für immer sein werden, gerade und besonders in diesem Land.“ Im Anschluss an die Grußworte schilderten die Überlebenden in Gruppengesprächen ihre individuelle Verfolgung: Wiesława Borysiewicz (86) aus Warschau, wurde im August 1944 im Rahmen des Warschauer Aufstandes mit ihrer ganzen Familie verhaftet und nach Auschwitz-­‐Birkenau deportiert. Dort wurde die Familie getrennt, Vater und Bruder kamen ins KZ Natzweiler-­‐Struthof im Elsass, während sie mit Mutter und Schwester in Ausschwitz-­‐Birkenau mit. Als die Rote Armee im Januar 1945 auf Auschwitz vorrückte, löste die SS das Lager auf und zwang die Häftlinge zu langen Fußmärschen Richtung Westen. Frau Borysiewicz wurde in der Nähe von Berlin durch die Rote Armee befreit. Ihr Vater starb im KZ. Bogdan Chrześciański (71) aus Warschau hat ein kaum bekanntes Schicksal. Er wurde am 7. Januar 1945 in Auschwitz-­‐Birkenau geboren. Im Gegensatz zu vielen anderen Kindern überlebte er -­‐ dank der Hilfe mehrerer Mütter, deren Kinder bei oder nach der Geburt im KZ starben oder nach der Geburt ermordet wurden. Seine schwangere Mutter und ihr Mann wurden August 1944 im Rahmen des Warschauer Aufstandes verhaftet und nach Auschwitz-­‐Birkenau deportiert. Die Eltern wurden bei der Selektion getrennt. Der Vater wurde später auch in das KZ Natzweiler-­‐Struthof deportiert, wo er am 4. Januar 1945 starb. Bogdan Chrześciański wurde am 27. Januar zusammen mit seiner Mutter in Auschwitz befreit. Ignacy Golik (94) aus Warschau wurde 1941 zusammen mit seinem Bruder und dessen Frau von der Gestapo verhaftet und nach Auschwitz deportiert, wo er drei Jahre verbachte. Warum er verhaftet wurde, weiß er bis heute nicht. 1944 nach Westen verschleppt, überlebte er den „Todesmarsch“ und wurde in der Nähe von Rostock von den sowjetischen Truppen befreit. Golik war nach dem Krieg der erste Zeuge aus dem damaligen Ostblock, der beim großen Auschwitz-­‐
Prozess in Frankfurt vor Staatsanwalt Fritz Bauer aussagte. Henriette Kretz (81) aus Antwerpen. Sie wurde in Ost-­‐Polen, der heutigen Ukraine als Kind einer jüdischen Rechtsanwaltsfamilie geboren. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht und der beginnenden Verfolgung der jüdischen Bevölkerung durch SS und Einsatzgruppen kam sie mit ihren Eltern ins Ghetto von Sambor (heute Ukraine). Später versteckte sich die Familie, wurde aber verraten. Henriette musste als Neunjährige mit ansehen, wie ihre Eltern erschossen wurden. Nach dem Krieg kam Kretz auf Umwegen nach Antwerpen. (Buch: Henriette Kretz: "Willst Du meine Mutter sein? Eine Kindheit im Schatten der Schoah." Erschienen im Hille-­‐Verlag Chemnitz, 2013. ISBN 978-­‐3939025382.) Zdzisława Włodarczyk (81) aus Chrzanów wurde auch während des Warschauer Aufstandes mit der ganzen Familie verhaftet und nach Auschwitz deportiert. Sie und ihr Bruder wurden der Mutter entrissen und mussten in der Kinderbaracke von Auschwitz-­‐Birkenau bleiben. Als die Mutter auf den Todesmarsch getrieben wurde und ins KZ Ravensbrück kam, blieben Zdzisława und ihr Bruder in Auschwitz-­‐Birkenau. Nach der Befreiung kehrte die Mutter zurück, wenn auch gesundheitlich sehr angeschlagen. Der Vater starb im KZ Flossenbürg. Jacek Zieliniewicz (90)aus Bydgoszcz wurde als 17-­‐Jähriger 1943 verhaftet und nach Auschwitz-­‐
Birkenau deportiert. Den Grund seiner Verhaftung kennt er bis heute nicht. Er wurde 1944 ins KZ Dautmergen bei Rottweil im heutigen Baden-­‐Württemberg deportiert, wo er fast verhungert wäre. Als die Front näher rückte, wurden die KZ-­‐Insassen auf den Todesmarsch geschickt. Am 23. April 1945 wurde Zieliniewicz nahe Tuttlingen durch französische Truppen befreit und kehrte im Dezember 1945 nach Polen zurück. Nachdem er jahrzehntelang keine Deutschen mehr sehen konnte, ist Zieliniewicz seit 20 Jahren immer wieder zu Zeitzeugen-­‐Gesprächen in deutschen Schulen. Er betont, wie wichtig die Begriffe Friede – Freiheit – Freundschaft für das Zusammenleben der einzelnen Menschen wie der Völker ist. Unentwegt mahnt er zu Versöhnung und Verständigung: „Ich habe keinen Hass mehr– das ist mein Sieg.“ Die Besuche polnischer Zeitzeugen werden vom Bistum Mainz, Referat Frieden in Kooperation mit dem Maximilian-­‐Kolbe-­‐Werk in Freiburg organisiert: Kontakt: Alois Bauer, Bistum Mainz, Tel. 0151-­‐14638709, e-­‐mail: frieden@bistum-­‐mainz.de. www.bistum-­‐mainz.de/zeitzeugen www.maximilian-­‐kolbe-­‐werk.de 
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