Forschungsverbund Desintegrationsprozesse "Stärkung von Integrationspotentialen einer modernen Gesellschaft" Projekt 12 Die EU-Osterweiterung als Mobilisierungsschub für rechte Einstellungen? Desintegrationsängste und Hoffnungen: Eine Ursachenanalyse auf der Basis kulturvergleichender Repräsentativerhebungen Prof. Dr. Klaus Boehnke Dr. Susanne Rippl Angela Kindervater Dirk Baier Abschlussbericht PD Dr. Susanne Rippl Institut für Soziologie Technische Universität Chemnitz 09107 Chemnitz Prof. Dr. Klaus Boehnke International University Bremen Campus Ring 1 28759 Bremen Tel.: 0371-5312706 Email: [email protected] Tel.: 0421-2003401 Email: [email protected] EU-Osterweiterung 336 1. Kurze Zusammenfassung der zentralen Fragestellungen Zentraler Ausgangspunkt der im Abschlussbericht präsentierten Studie war die Frage, inwieweit die im Mai 2004 vollzogene EU-Osterweiterung in Deutschland rechtsextreme Einstellungen aktivieren könnte. Es wurde davon ausgegangen, dass der mit diesem Schritt ausgelöste beschleunigte soziale Wandel auf der Individualebene zu Bedrohungsgefühlen führt. Die Existenz wahrgenommener Bedrohungen ist entsprechend neuerer Studien aus dem Bereich der Vorurteilsforschung ein starker Prädiktor für die Genese von diskriminierenden Einstellungen (McLaren 2003; Stephan/Stephan 2000). Dennoch neigen nicht alle Menschen in der gleichen Weise dazu, sozialen Wandel als bedrohlich zu interpretieren. In einem theorieintegrierenden Schritt wird deshalb das Bedrohungskonzept mit den Annahmen von Desintegrations-, Deprivations- und Autoritarismustheorie verknüpft (Walker/Smith 2002; Anhut/Heitmeyer 2000; Heitmeyer 2002; Feldmann/Stenner 1997; Oesterreich 1997). Die empirische Prüfung des hypothetischen Modells erfolgt anhand eines deutschlandrepräsentativen Datensatz von 1008 Personen, die im Frühsommer 2003 befragt wurden. Ergänzend wurden in den Grenzregionen Deutschlands (zu Polen und der Tschechischen Republik) und den jeweiligen Grenzregionen in Polen und der Tschechischen Republik repräsentative Erhebungen durchgeführt, um die Effekte in diesen besonders betroffenen Regionen differenziert kulturvergleichend analysieren zu können. Die folgenden zentralen Fragestellungen wurden bearbeitet: (a) Es wurde eine Bestandsaufnahme der Wahrnehmung der bevorstehenden EUOsterweiterung in verschiedenen Teilen der deutschen Bevölkerung vorgenommen. Dabei wurde zudem der Frage nachgegangen, wie die Situation der EUOsterweiterung – quasi spiegelbildlich – von der – in Grenzlandregionen lebenden – Bevölkerung der in die EU aufzunehmenden Staaten Polen und Tschechische Republik bewertet wird. (b) Es wurde ermittelt, inwieweit entstehende Ängste in Zusammenhang mit tatsächlichen ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen der Betroffenen stehen und inwieweit die subjektive Verarbeitung dieser Bedingungen etwa als Desintegrationserfahrung von Bedeutung ist. In diesem konzeptuellen Kernbereich der Studie wurden theoretische Ansätze der Desintegrationstheorie, der Deprivationstheorie, der Autoritarismusforschung mit neueren Ansätze der Vorurteilsforschung, die das Konzept der Bedrohung in den Vordergrund stellen, verbunden bzw. vergleichend analysiert. (c) Im angesprochenen theoretischen Kontext wurde weiterhin untersucht, inwieweit Mobilisierungspotentiale für rechte und fremdenfeindliche Ideologien bestehen und unter welchen Bedingungen es zu einer Mobilisierung solcher Potentiale kommen kann. Hierbei wurden insbesondere verschiedene Kontexte betrachtet, die als besonders bedrohlich wahrgenommen werden könnten wie etwa die Grenznähe des Wohnortes oder ein bereits vorhandenes hohes Niveau an Arbeitslosigkeit in der eigenen Region. Forschungsleitend war dabei das für das Projekt entwickelte Analysemodell (vgl. Abb. 1). EU-Osterweiterung 337 Abbildung 1: Das Analyse-Modell Status Quo Erwartete Ereignisse Strukturelle Faktoren (Makro) Strukturelle Faktoren (Makro) Regionale/ überregionale Arbeitslosenquoten Regionale/ überregionale Ausländeranteile Regionale Abwanderungsquoten Räumliche Nähe zur poln./tschech. Grenze EU-Osterweiterung Veränderungen auf ökonomischer, politischer und kulturelle Ebene Gruppen-Faktoren (Meso) Vorhandene Intergruppenkontakte Negative/positive Gruppenidentität Stärke der Gruppenidentifikation Frühere Gruppenkonflikte Relativer Status der Gruppe (ökonomisch/politisch) Vorhandene Stereotype/Feindbilder Individuelle Faktoren (Mikro) Individueller Erwerbsstatus/subjektive Bewertung Soziale Isolation Politische Machtlosigkeit, Anomie Geringes Selbstwertgefühl Autoritarismus Subjektive Einschätzung der Makrofaktoren Konsequenzen Meso-Ebene Realitic threat: Veränderungen des ökonomischen oder politischen Status der Gruppe Symbolic threat: Bedrohung der Gruppengrenzen/ -identität, kultureller Standards Intergroup Anxiety: Angst-/Überlegenheitsgefühle durch die größere Präsenz der Outgroup Mikro-Ebene Mikro-/Mesoebene Diskriminierung Outgroup Fremdenfeindliche Vorurteile Rechte Orientierungen Mikro-Ebene: Desintegrationsängste Realistic threat: Veränderungen des individuellen Erwerbsstatus, des politischen Einflusses, der sozialen Einbindung Symbolic threat: Bedrohung individueller Grundprinzipen und Werte in Interaktion mit Individuelle Dispositionen: - Autoritarismus - Instrumentalismus 2. Kurze Darstellung der methodischen Grundlagen des Projektes. Im Rahmen des Forschungsprojektes wurden unabhängig voneinander insgesamt vier Stichproben nach dem Zufallsverfahren gezogen. Es galt die Vorgabe, dass nur Personen älter als 13 Jahre und mit der jeweiligen Nationalität befragt werden sollten. Der Befragungszeitraum wurde in allen Gebieten auf den Juni 2003 beschränkt, d.h. die Befragungen fanden nach den jeweiligen Beitrittsreferenden statt. Bei den beiden deutschen Stichproben wurde auf die Methode der computergestützten Telefonumfrage zurückgegriffen. Allerdings kann dieses Verfahren erst bei ausreichender Telefondichte zum Einsatz kommen. In Deutschland sind nahezu alle Haushalte via Telefon zu erreichen, die Telefondichte beträgt 95 %. In Polen und der Tschechischen Republik und hier vor allem in den Grenzregionen beträgt diese Quote gerade einmal die Hälfte, weshalb ein anderes Verfahren zum Einsatz gekommen ist, die direkt persönliche bzw. Face-to-FaceBefragung. Alle Personen wurden mit einem identischen, vollständig standardisierten Fragebogen interviewt, wobei an verschiedenen Stellen die Fragen an länderspezifische Umstände angepasst wurden. Die Äquivalenz des Instruments wurde durch wiederholte Hinund Rückübersetzungen sichergestellt. Für die erste, deutschlandweit repräsentative Stichprobe wurden insgesamt 1008 Personen telefonisch interviewt. Sowohl der Anteil der Frauen (46,9 %) und das Durchschnittsalter (44,7 Jahre) als auch der Anteil Ostdeutscher (19 %) entsprechen in etwa den bundesrepublikanischen Verhältnissen. Der Anteil der Höhergebildeten liegt erheblich über EU-Osterweiterung 338 den deutschen Durchschnittswerten, was für Telefonbefragungen nicht unüblich ist (Schulte 1997). Dieses Ungleichgewicht muss bei der Interpretation der nachfolgenden Befunde berücksichtigt werden, da die Intensität der empfundenen Ängste und Sorgen deutlich vom Bildungsabschluss eines Befragten abhängig ist. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die nachfolgend präsentierten Prozentzahlen das Ausmaß der eingeschätzten Bedrohungen eher noch unterschätzen. Tabelle 1: Die Stichproben Methode Anzahl Befragte Soziodemografie Anteil Frauen (in %) Alter (Mittelwert) Anteil mind. Abiturbildung (in %) Haushaltsgröße (Mittelwert) Anteil Ostdeutscher (in %) Tschechische Polen Republik Grenzregion Grenzregion (GR) (GR) Deutschland repräsentativ Deutschland Grenzregion (GR) Computergestützte Telefonumfrage Computergestützte Telefonumfrage Face-to-FaceBefragung Face-to-FaceBefragung 1008 513 409 397 46,9 44,7 47,1 2,7 19,0 48,9 44,3 40,6 2,7 78,4 52,8 42,1 36,6 2,7 - 50,9 40,9 37,4 3,5 - Die zweite Stichprobe, die Repräsentativität bezüglich der deutschen Grenzlandregionen zu Polen und der Tschechischen Republik beansprucht, hat einen Umfang von 513 Befragten. Als Grenzlandregion wurden diejenigen Regionen definiert, die sich innerhalb eines 50 Kilometer breiten Streifens beiderseits der deutsch-tschechischen bzw. deutsch-polnischen Grenze befinden. Der Anteil an Höhergebildeten ist in der deutschen Grenzlandstichprobe etwas niedriger als in der gesamtdeutschen Repräsentativerhebung, ansonsten weist sie eine ähnliche soziodemographische Struktur auf. Dass der Anteil Ostdeutscher hier bei weitem höher ist als der der Westdeutschen ergibt sich daraus, dass nur Bayern teilweise an die Tschechische Republik grenzt; der weit größere Anteil der Grenzbevölkerung lebt in Sachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Die einbezogenen 78,4 % Ostdeutsche spiegeln also die wirklichen Verhältnisse sehr gut wieder. Die Stichproben 3 und 4 stellen Repräsentativstichproben für die tschechische und die polnische Grenzbevölkerung zur Bundesrepublik Deutschland dar. In der Tschechischen Republik wurden 409 und in Polen 397 Personen befragt. Die Zusammensetzung der beiden Stichproben unterscheidet sich kaum von den beiden deutschen Stichproben. Einzig die Haushalte scheinen in den polnischen Grenzregionen etwas größer zu sein. 3. Zentrale wissenschaftliche Ergebnisse der Untersuchung Bestandsaufnahme der Wahrnehmung der EU-Ostererweiterung unter Deutschen, Polen und Tschechen Eine differenzierte Erhebung der Wahrnehmung der EU-Erweiterung in Richtung Osteuropa, war eines der Ziele der Studie. Vor dem Erweiterungsschritt lieferten die Befragungen des Eurobarometers erste Hinweise, dass die Erweiterung auf deutscher Seite skeptisch beurteilt wurde. Allerdings besteht bezüglich der Befragungen im Eurobarometer das Manko, dass die Einstellungen zur Erweiterung und die Einschätzungen möglicher Folgen nicht explizit auf die EU-Osterweiterung bezogen wurden. Weiterhin liefern die Daten des "Candidate Countries Eurobarometers" wenig Informationen über die Einstellungen zu diesem Erweiterungsschritt auf polnischer und tschechischer Seite. EU-Osterweiterung 339 Die Ergebnisse unserer Studie (Abbildung 2) zeigen, dass die EU-Osterweiterung sowohl deutschlandweit (72,3%) als auch in der deutschen Grenzregion (72,0%) mehrheitlich bejaht wird, ein Ergebnis, das aufgrund der Eurobarometerdaten überrascht. Vermutlich ergeben sich die Unterschiede aufgrund der Formulierung der Fragen. Während beim Eurobarometer die Befragten nur angeben konnten, ob sie für eine Erweiterung sind oder dagegen, ermöglicht unsere Befragung eine Abstufung der Befürwortung bzw. Ablehnung (vierstufig). Im Ost-Westvergleich sind es die ostdeutschen Bewohner/-innen der Grenzregion, die dem Erweiterungsschritt offener gegenüber stehen. Gleichwohl muss beachtet werden, dass die Ostdeutschen vier Fünftel der Grenzregion-Stichprobe ausmachen und höher gebildet sind. Eine höhere Bildung begünstigt eine positive Haltung zur EU und ihrer Erweiterung. Der OstWestunterschied bleibt dennoch bestehen, wenn der Bildungseinfluss bei der Analyse statistisch berücksichtigt wird. Die polnischen und tschechischen Befragten der Grenzregion stimmen in einem ähnlichen Ausmaß und etwas stärker als die deutschen Befragten dem Erweiterungsschritt zu. Abbildung 2: „Ich bin für eine europäische Osterweiterung“ (Zustimmung in %) GR = Grenzregion 72,3 100 72,0 80 Gesamt 60 West 70,5 40 70,9 67,9 53,6 74,6 76,8 Ost 20 0 BR Deutschland repräsentativ BR Deutschland GR Tschechische Republik GR Polen GR Wird die Frage konkretisiert, ob ein Beitritt des Nachbarlandes befürwortet wird, so zeigt sich, dass der Beitritt der Tschechischen Republik etwas stärker als der Polens auf deutscher Seite befürwortet wird. Auch hier sind es wieder die Ostdeutschen, die sich deutlich stärker für eine Integration der beiden Nachbarländer in die Europäische Union aussprechen. Der Unterschied zeigt sich besonders deutlich in der Stichprobe aus den Grenzregionen. So findet sich das niedrigste Ausmaß an Zustimmung bei der Bevölkerung der westdeutschen Grenzregion. Hier befürwortet nur noch eine knappe Mehrheit den Beitritt Polens und der Tschechischen Republik. Die Antworten der Befragten der beiden Kandidatenländer zeigen, wie stark dort dem Beitritt der Nachbarn zur EU zugestimmt wird. EU-Osterweiterung 340 Abbildung 3: Zustimmungsraten für Beitritt der Tschechischen Republik und Polens zur EU (Zustimmung in %), GR = Grenzregion 100 83,6 90 80 66,1 65,7 67,8 66,2 62,9 70 51,4 60 50 40 30 85,5 93,5 69,6 67,9 77,0 70,3 76,4 73,2 60,4 20 10 0 Deutschland West Ost Deutschland repräsentativ repräsentativ repräsentativ GR West GR Beitritt Tschechische Republik Ost GR Tschechische Republik GR Polen GR Beitritt Polen Dieses weitgehend optimistische Bild, das eine befürwortende Einstellung zur EUOsterweiterung auf deutscher, polnischer und tschechischer Seite spiegelt, wird gleichzeitig von Sorgen begleitet. Während auf tschechischer und polnischer Seite 70 % der Befragten davon ausgehen, dass die Erweiterung sich positiv auf das eigene Land auswirken wird, stimmen dem nur knapp die Hälfte der befragten Deutschen (Drepräsentativ = 57,8% DGR = 47,8%) zu. Dabei sind es die Ostdeutschen, die sich hier geringfügig sorgenvoller äußern. Die kritische Haltung zur EU-Osterweiterung wird sichtbar, wenn die Sorgen der Menschen ins Blickfeld geraten. Zur Ermittlung der Sorgen wurden unterschiedliche Standpunkte und Argumente zusammengetragen und zu mehreren Skalen zusammen gefasst: Die Analysen der Vor- und Hauptstudie ergaben, dass sich in Anlehnung an die Überlegungen von Stephan und Stephan (2000) drei grundlegende Dimensionen unterscheiden lassen, die mit den theoretischen Vorannahmen übereinstimmen: es sind dies wirtschaftliche, politische und kulturelle Sorgen. Die Sorgen selbst wurden wiederum bezogen auf die Nation (als Folge für das eigene Land) und die eigene Person erfragt. Die Tabelle 2 gibt Auskunft, welchen Stellenwert die verschiedenen Sorgen bei den Menschen einnehmen, wenn die Folgen EU-Osterweiterung für das eigene Land eingeschätzt werden sollen. Die in der Tabelle dokumentierten Ergebnisse zeigen in allen vier Stichproben eine gleichlautende Reihenfolge der Sorgen. Die Menschen sorgen sich am stärksten um wirtschaftliche Folgen des Erweiterungsschritts. Danach folgt die Sorge über einen möglichen Anstieg von Kriminalität. Politische Veränderungen und Bedrohungen der kulturellen Standards werden überall als weniger drängende Probleme erachtet. Die Befunde in der tschechischen Grenzregion entsprechen in etwa denen aus den deutschen Grenzregionen. Doch unterscheidet sich die Reihenfolge innerhalb der einzelnen Sorgenbereiche, was durch die unterschiedlichen Voraussetzungen bedingt sein kann. Die steigenden Preise stehen ganz oben auf der Sorgenskala. Die Abwanderung von Firmen scheint eher sekundär zu sein. Generell antizipieren die tschechischen Befragten stärker Bedrohungen im kulturellen Bereich. Es scheint, dass der europäische Integrationsprozess die typisch tschechischen Normen und Werte gefährdet. EU-Osterweiterung 341 Die Antworten der polnischen Grenzregionenbewohner stechen im Vergleich zu den anderen Stichproben hervor. Bis auf die „Abwanderung von Firmen“ sind bei jeder Sorge die höchsten Zustimmungswerte zu beobachten. Polen sorgen sich um die eigenen nationalen Standards in jeder Hinsicht am stärksten. Mindestens jeder Zweite, meist sogar noch ein viel größerer Anteil erwartet negative Auswirkungen für wirtschaftliche, politische oder kulturelle Bereiche. Obgleich die polnischen Befragten der Grenzregion mehrheitlich für den Beitritt Polens zur EU stimmen, sehen sie parallel aber auch mehrheitlich darin eine Gefahr für das eigene Land. Dieser Widerspruch lässt sich erklären, wenn kurzfristige von langfristigen Folgen getrennt werden. Anhand unser Daten lässt sich dies zwar nicht zeigen, möglich ist jedoch, dass kurzfristig Verwerfungen erwartet werden, während aber langfristig keine Alternative zur Erweiterung besteht. Die strukturellen Probleme Polens, wie beispielsweise der Übergang von einer agrarwirtschaftlich geprägten zu einer Wissens-Gesellschaft bedürfen der Unterstützung durch die EU. Tabelle 2: Besorgnisse auf der Ebene der Nation bezüglich der EU-Osterweiterung (Zustimmung in %) Sorge Bereich Wirtschaft Abwanderung von Firmen Anstieg Arbeitslosigkeit Zunahme der Ungleichheit Schwächung der nationalen Wirtschaft Steigende Preise Bereich Politik Zunahme der Bürokratie Schwindender Einfluss der Bürger Abnahme des Einflusses auf Europapolitik Bereich Kultur Abnehmende Bedeutung der eigenen Sprache und Kultur Bedrohung der eigenen Werte und Normen Zunehmender Einfluss fremder Kulturen Steigende Kriminalität Gesamt West Ost Gesamt West Ost Tschechische Republik GR Gesamt 68,4 67,3 56,5 67,1 65,5 53,0 73,4 75,0* 71,8* 79,1 77,6 66,0 78,2 75,7 54,6 79,3 78,1 69,0* 41,0 53,9 63,1 67,4 81,0 79,6 49,1 47,9 54,2 58,4 59,1 58,3 49,2 73,3 46,5 44,4 55,5* 53,8 48,6 55,3* 71,1 86,0 46,8 45,8 51,4* 57,1 51,8 58,6 57,8 72,9 44,9 42,8 53,8* 55,2 47,7 57,2* 38,2 62,2 35,5 34,8 38,6 44,0 49,5 42,5 37,1 58,9 32,9 31,7 37,7 32,4 27,0 33,9 41,3 52,5 27,4 27,4 27,6 32,3 29,0 33,1 37,3 53,1 25,8 24,8 30,7 27,0 30,0 26,2 31,6 50,9 57,5 56,3 62,3 69,7 72,0 69,0 Deutschland repräsentativ Deutschland GR Polen GR Gesamt 64,1 71,6 nicht nicht Zuzug von Menschen 29,8 29,2 32,0 34,0 32,4 34,5 gefragt gefragt Anmerkung zur Tabelle: Die Antwortvorgaben reichten von „1 – bereitet mir gar keine Sorgen“ bis „5 – bereitet mir sehr große Sorgen“; Die Antworten 4 und 5 wurden als Zustimmung codiert; * Unterschiede zwischen Westund Ostdeutschland nach Kontrolle des Geschlechts, des Alters und der Bildung signifikant (p < .05). Die Tabelle 3 gibt die persönlichen Sorgen der Befragten wieder. Zunächst fällt auf, dass sich die Befragten weitaus weniger pessimistisch äußern, wenn sie angeben sollten, inwieweit sie sich persönlich um mögliche Folgen der EU-Osterweiterung sorgen. Die Reihenfolge der Sorgenbereiche verändert sich zwar im Vergleich zu den Sorgen auf der Ebene der Nation, dennoch gibt es zwischen den vier Stichproben erneut Gemeinsamkeiten: Die größte Sorge bereitet sowohl in Deutschland als auch in der Tschechischen Republik und in Polen die „Furcht vor Kriminalität“. Fast jeder zweite Befragte (in der deutschlandweiten EU-Osterweiterung 342 Repräsentativ-Stichprobe jeder Dritte) ist der Ansicht, dass sich die Kriminalität erhöhen wird. Organisierte Kriminalität, aber auch Kleinkriminalität, wie sie vor allem in Deutschland oft mit polnischen Bürgern stereotyp verknüpft wird, stellt demnach für die Befragten subjektiv nicht nur eine Gefahr für die Gesellschaft, sondern auch für das eigene Leben dar. Daneben werden Veränderungen im politischen Bereich erwartet, wobei die EU-Bürokratie ihre Schatten voraus wirft. Die Menschen erwarten zukünftig, dass es schwieriger sein wird, Einfluss auf die Regierungsarbeit auszuüben. Die wirtschaftlichen Sorgen, beispielsweise die Angst vor Arbeitslosigkeit und sinkendem Einkommen, sind noch für ca. jeden vierten Befragten relevant. Zumindest in Deutschland und der Tschechischen Republik wird eine Auswirkung der Erweiterung auf das soziale Miteinander im unmittelbaren Umfeld nur von sehr wenigen Befragten erwartet. Nur ca. 10 bis 15 % sind der Meinung, dass man sich nach der Erweiterung nicht mehr wohl und sicher in der eigenen Umgebung fühlen wird. Dies markiert einen gewissen Widerspruch zur Kriminalitätsfurcht. Ingesamt fällt auf, dass die polnischen Grenzlandbewohner/-innen auch auf persönlicher Ebene sorgenvoller als alle anderen in die Zukunft schauen. Bezüglich des innerdeutschen Vergleichs ist zu erwähnen, dass in der gesamtdeutschen Repräsentativstichprobe für fast alle betrachteten persönlichen Sorgen signifikante West-OstUnterschiede bestehen. Ostdeutsche äußern sich sorgenvoller als Westdeutsche. Die Bewohner in den ostdeutschen Grenzregionen sind bezüglich der Äußerung von Sorgen etwa gleichauf mit ihren gesamt-ostdeutschen Pendants. Eine deutlich erhöhte Besorgtheit findet sich jedoch auch in den westdeutschen Grenzregionen, die sich teilweise dem ostdeutschen Niveau nähert. Tabelle 3: Besorgnisse auf der persönlichen Ebene bezüglich der EU-Osterweiterung (Zustimmung in %) Sorge wirtschaftliche Situation Verringerung des eigenen Einkommens Eigene Arbeitslosigkeit politische Teilhabe Bürokratie macht eigenes Leben schwieriger Geringerer Einfluss auf Regierung Sinnlosigkeit eigenen politischen Engagements soziales Umfeld Geringeres Sicherheitsgefühl und Wohlbefinden Weniger Identifikationsmöglichkeiten Weniger persönliche Beziehungen Furcht vor Kriminalität Gesamt West Ost Gesamt West Ost Tschechische Republik GR Gesamt 25,1 22,8 35,3* 36,2 27,1 38,7* 20,8 37,6 20,0 17,2 32,3* 31,6 28,5 32,4* 21,9 26,0 34,9 32,8 44,0* 45,1 40,0 46,5 41,9 53,7 33,7 31,1 44,3* 46,3 42,6 47,4 25,0 59,4 16,9 15,7 22,2* 21,9 22,9 21,7 18,1 47,8 12,4 11,4 16,8* 14,2 10,0 15,3 9,6 27,5 11,5 10,8 14,6 18,1 18,2 17,8 16,1 36,9 8,9 8,1 12,1* 10,4 8,4 10,9 13,5 27,2 36,3 34,2 44,8* 45,1 43,6 45,5 46,0 49,6 Deutschland repräsentativ Deutschland GR Polen GR Gesamt Anmerkung: Die Antwortvorgaben reichten von „1 – bereitet mir gar keine Sorgen“ bis „5 – bereitet mir sehr große Sorgen“; Die Antworten 4 und 5 wurden als Zustimmung codiert; * Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland nach Kontrolle des Geschlechts, des Alters und der Schulbildung signifikant (p < .05) EU-Osterweiterung 343 Neben den Sorgen, die die Befragten mit der EU-Osterweiterung verbanden, war gleichfalls von Interesse zu erfahren, welche Hoffnungen mit dem Erweiterungsschritt verknüpft werden. Die Tabelle 4 gibt darüber Aufschluss. Auch hier zeigen sich Gemeinsamkeiten zwischen allen vier Stichproben. Mit der Erweiterung werden in erster Linie das kulturelle Zusammenrücken und die Beilegung historischer Konflikte assoziiert. Wirtschaftliche Prosperität erhofft sich nur ein Drittel der Befragten, wobei einmal mehr nicht nur bei dieser Hoffnung die polnische Bevölkerung am positivsten gestimmt ist. Damit wird das bereits erwähnte polnische Paradoxon erneut bestätigt: einerseits werden die Vorzüge dieses Schritts bejaht, andererseits werden mögliche Entbehrungen assoziiert. Eher reserviert zeigt sich hingegen die tschechische Grenzbevölkerung und ist darin besonders den westdeutschen Bewohnern grenznaher Gebiete ähnlich. Im Unterschied zu den Sorgen finden sich im Bereich der Hoffungen keinerlei Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschen in der gesamtdeutschen Repräsentativstichprobe. Ostdeutsche sind zwar leicht pessimistischer gestimmt, dieser Unterschied ist allerdings zu gering, um dahinter einen substantiellen Unterschied zu vermuten. Anders hingegen in den Grenzregionen: Ostdeutsche glauben hier stärker an die positiven Effekte der Erweiterung! Zusammenfassend ist anzumerken, dass bis auf die polnischen Befragten in der Regel die Mehrheit der Bevölkerungen kaum Hoffnungen mit der Erweiterung verbindet, die Zustimmungsraten liegen meist unterhalb der 50 %-Marke. Tabelle 4: Hoffnungen auf der Ebene der Nation bezüglich der EU-Osterweiterung (Zustimmung in %) Sorge Bereich Wirtschaft Preiswertere Waren und Dienstleistungen Wirtschaftsaufschwung Gesamt West Ost Tschechische Republik GR Gesamt 31,2 34,3 31,5 35,1 16,9 37,0 28,2 29,7 20,7 32,2* 32,9 62,6 Deutschland repräsentativ Gesamt West Ost 35,1 36,0 30,3 30,5 Deutschland GR Polen GR Gesamt Bereich Kultur Stärkung des kulturellen 59,6 60,6 55,5 55,0 46,8 57,3 39,9 73,5 Austauschs Begraben von Konflikten der 49,2 50,0 45,9 47,1 40,0 49,0 41,3 56,2 Vergangenheit Anmerkung: Die Antwortvorgaben reichten von „1 – habe ich gar keine Hoffnungen“ bis „5 – habe ich große Hoffnungen“; Die Antworten 4 und 5 wurden als Zustimmung codiert; * Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland nach Kontrolle des Geschlechts, des Alters und der Schulbildung signifikant (p < .05) In den bisherigen Ausführungen wurde deutlich, dass die Menschen den Erweiterungsschritt begrüßen, diesen aber gleichzeitig kritisch hinsichtlich möglicher Folgen einschätzen, wobei die Folgen für das eigene Land gewichtiger als diejenigen für die eigene Person eingeschätzt werden. Besonders sorgenvoll äußern sich die Befragten der polnischen Grenzregion. Werden die Menschen nach ihren Hoffnungen hinsichtlich des Erweiterungsschritts gefragt , dann sind sie eher zurückhaltend. Auch hier weichen die polnischen Bewohner der Grenzregion in ihren Einschätzungen ab, sie äußern sich am hoffnungsvollsten. Korrelationsanalysen zeigen, fasst man Sorgen und Hoffnungen zu je einer Skala zusammen, dass bei den polnischen Befragten keine Beziehung zwischen den Skalen besteht, Hoffnungen schließen Sorgen nicht aus. In allen anderen Stichproben besteht ein negativer EU-Osterweiterung 344 Zusammenhang zwischen der Äußerung von Sorgen und Hoffnungen. Wer also Hoffnungen mit der EU-Osterweiterung verbindet, äußert sich weniger sorgenvoll und vice versa. Bezüglich der Ost-Westunterschiede zeigten sich auch nicht erwartete Effekte. So wurde erwartet, dass im Osten Deutschlands höhere Ängste existieren, da dieser Teil durch die Zunahme von internationaler Konkurrenz bedroht wird. In der gesamtdeutschen Repräsentativstichprobe bestätigt sich dies unmittelbar: Ostdeutsche perzipieren signifikant häufiger nationale und persönliche Sorgen, in den Hoffnungen stehen sie allerdings den Westdeutschen kaum nach. Für die Grenzlandstichprobe findet sich jedoch nur noch bei den personenbezogenen Sorgen ein signifikanter West-Ost-Unterschied. Was die Hoffnungen anbelangt, sind die Ostdeutschen sogar positiver gestimmt. Dieser Unterschied ist jedoch nicht signifikant. Nimmt man nur die Grenzregionzugehörigkeit, dann findet sich erwartungskonform, dass beide Formen der Sorge in Grenzregionen deutlich intensiver erlebt werden. Dies ist aber im Wesentlichen auf die westdeutschen Grenzregionbewohner zurückzuführen. Ostdeutsche, egal ob grenznah oder grenzfern lebend, besitzen in etwa das gleiche Sorgen- und Hoffnungspotenzial. Damit ergibt sich folgende Reihung bezüglich der Sorgen: Am wenigsten besorgt sind die westdeutschen Befragten der Gesamtstichprobe, die anderen drei Befragtengruppen (ostdeutsch gesamt, westdeutsch Grenzregion und ostdeutsch Grenzregion) folgen mit sehr ähnlich lautenden Einschätzungen danach. Die tschechischen Befragten ähneln in ihren Wahrnehmungen mehr den westdeutschen, als den ostdeutschen grenznah lebenden Befragten, d.h. sie sind zwar weniger besorgt (national und persönlich), dafür versprechen sie sich aber auch eher weniger von der Osterweiterung. Die polnischen Befragten sind in jeder Hinsicht hervorstechend. Sie machen sich um ihre Nation und um sich selbst die meisten Sorgen, gleichzeitig verbinden sie die stärksten Hoffnungen mit der Erweiterung. Besorgnisse und Hoffnungen – eine Ursachenanalyse Nach der Bestandsaufnahme der vorhandenen Sorgen und Hoffnungen, ging es in einem weiteren Schritt darum, in den verschiedenen Kontexten Ursachen für Sorgen und Hoffnungen zu identifizieren. Zentrale Ergebnisse hierzu dokumentiert Tabelle 5. EU-Osterweiterung 345 Tabelle 5: Ursachen der Sorgen und Hoffnungen (standardisierte Beta-Koeffizienten) Ursache Alarmismus Soziodemografie Geschlecht Alter Bildung Haushaltsgröße Regionale Faktoren Regionale Arbeitslosigkeit Nähe zu EU-Grenze Persönliche Faktoren Arbeitslosigkeitserfahr ung Negative wirt. Lage Europa-Identifikation Interkultureller Kontakt Links-RechtsEinstufung Selbstdurchsetzung R² + Deutschland repräsentativ Sorgen Nation Sorgen Person .35** .30** Hoffnungen Nation Deutschland GR Tschechische Republik GR Sorgen Nation Sorgen Person Hoffnungen Nation .34** .37** .10+ .49** .48** -.10* -.10* -.14** .13** Sorgen Nation Polen GR Sorgen Person Hoffnungen Nation Sorgen Nation Sorgen Person Hoffnungen Nation -.18** .40** .30** .24** -.17* .14* -.16** -.15** .07* -.16** -.18** .11* .13* .06+ - - - - - -.10+ .11+ .35** - - - .12+ .12* .07* .18** -.17** -.15** .10* .22** -.24** -.22** -.07 .17** .12** .19** .19** 0.36 0.36 -.12** 0.09 .13* .20** .13** .07 .09* .16** 0.28 0.39 .19** -.10* + + - .10 -.11* -.23** -.17* .18** + .16* .13* .17** 0.12 0.43 0.35 0.15 0.25 0.39 0.14 p < .10 (schwach signifikant), * p < .05 (signifikant) ** p < .01 (hoch signifikant); „-“ Variable nicht in Analyse aufgenommen; fehlende Werte = kein signifikanter Einfluss der Variable; fett = nicht erwartungskonforme Beta-Koeffizienten Aus den Analysen geht sehr deutlich hervor, dass kulturübergreifend die wichtigste Ursache wahrgenommener nationaler EU-Osterweiterungs-Sorgen eine allgemeine, persönlichkeitsbezogene Tendenz der Befragten ist, alle Wandlungsprozesse mit Sorge wahrzunehmen, die wir im Folgenden als Alarmismus bezeichnen. 1 Besonders stark ist der 1 Die Ursachenvariablen wurden wie folgt erfasst: Sorgen – Mittelwertsskalen aus allen Variablen entsprechend der Tabellen 2 (hohe Werte bedeuten hohe Sorgen); Alarmismus – erfasst über eine Skala mit 6 Variablen (Beispiel: „Es bereitet mir Sorgen, dass ich Krebs bekomme“ oder „... dass die Umweltzerstörung in der Welt schlimmer wird“; hohe Werte indizieren einen hohen Alarmismus); Geschlecht – männlich vs. weiblich (der höhere Wert steht für weiblich); Bildung – unter Abitur vs. Abitur und höher (der höhere Wert steht für höhere Bildung); Regionale Arbeitslosigkeit – jedem Befragten wurde die Arbeitslosenquote des Bundeslandes (Deutschland repräsentativ), des Landkreises (Deutschland GR), des Oblast (Tschechische Republik GR) bzw. des Powiats (Polen GR) zugeordnet (höhere Werte bedeuten eine hohe regionale Arbeitslosigkeit); Nähe zur EUGrenze – alle Landkreise mit direktem Kontakt zur tschechischen oder polnischen Grenze wurden zusammengefasst (der höhere Wert steht für wohnhaft in einem Landkreis in direkter Nachbarschaftzur Grenze); Arbeitslosigkeitserfahrung – nie arbeitslos vs. mindestens einmal arbeitslos seit 1989 (der höhere Wert steht für Erfahrung mit Arbeitslosigkeit); Schlechte wirtschaftliche Lage – erfasst über die Beantwortung folgender Frage: „Wie beurteilen Sie Ihre eigene wirtschaftliche Lage – Ihre finanzielle Situation?“ (höhere Werte bedeuten eine negativere Beurteilung der eigenen Lage); Europa-Identifikation – erfasst über die Frage: „Wie verbunden fühlen Sie sich mit Europa?“ (höhere Werte stehen für eine höhere Verbundenheit); Interkultureller Kontakt – kein/kaum Kontakt vs. häufiger Kontakt (der höhere Wert steht für einen häufigen Kontakt mit Polen/Tschechen bzw. Deutschen/Polen bzw. Deutschen/Tschechen); Links-Rechts-Einstufung – erfasst über die Frage: „Wenn Sie an Ihre eigenen politischen Ansichten denken, würden sie sich selbst einstufen als ...“ (höhere Werte bedeuten eine rechtere Einstufung); Selbstdurchsetzungswerte – erfasst über die Zustimmung zu 5 Werthaltung: Individualismus, Leistungsorientierung, Konkurrenzdenken, Machiavellismus, Akzeptanz sozialer Ungleichheit (höhere Werte bedeuten eine höhere Internalisierung von Selbstdurchsetzungswerten). EU-Osterweiterung 346 Einfluss dieser Variable in der tschechischen Stichprobe, wo sie allein zu 24 % das Sorgenniveau einer Person erklären hilft. Personen, die generell dazu neigen, besorgt zu sein, verbinden auch mit der Osterweiterung Sorgen. Im Bereich der soziodemographischen Variablen sind konsistente Befunde nur für das Bildungsniveau vorhanden: Höhere Bildung senkt die Besorgnisse. In den beiden deutschen Stichproben ist dies durchweg der Fall; in den beiden anderen Stichproben ist eine Bildungsabhängigkeit der Sorgen-Einschätzungen kaum zu beobachten, Erweiterungsskepsis ist hier also weniger ein Bildungsphänomen. Das Alter hat kaum einen eigenständigen Einfluss. Die im Eurobarometer referierten Befunde sind nur deshalb zustande gekommen, weil andere Variablen, die mit dem Alter zusammenhängen (z.B. Schulbildung, Konservatismus, Europaidentifikation), nicht gleichzeitig mitbetrachtet werden. Das Geschlecht hat ebenfalls nur einen sehr schwachen Einfluss. Für die Haushaltsgröße findet sich nirgends ein signifikanter Einfluss. Auch die regionale Herkunft zeigt kaum signifikante Einflüsse. Ebenso ist die die wirtschaftliche Situation der Befragten ist nur von marginaler Bedeutung. Sehr viel deutlicher wirkt sich demgegenüber aber eine bereits bestehende Identifikation mit Europa aus, die in Deutschland Sorgen sehr stark senkt. In der tschechischen Republik findet sich kein Einfluss und in Polen ist der Einfluss dieser Variable ambivalent, da eine vorhandene Identifikation die nationalen Sorgen erhöht. Höchstwahrscheinlich sind diejenigen Personen, die sich stark mit Europa verbunden fühlen, gleichzeitig auch stark national involviert, d.h. beide Identifikationen stehen nebeneinander und geraten im Moment der Auseinandersetzung mit den nationalen Folgen der Osterweiterung in Konflikt, dessen Lösung in der Vorstellung eines starken nationalen Polens in einer gemeinsamen Europäischen Union bestehen könnte. Da diese Lösung aber eher nicht in Sicht ist, ist die Osterweiterung zunächst eine Bedrohung des eigenen nationalen Status, obwohl man weiß, dass es keine Alternative gibt. Für die Kontaktvariable sind keine hoch signifikanten Effekte erkennbar, was wohl darauf zurückzuführen ist, dass nicht jede Art von Kontakt positiv wirkt; hierfür muss der Kontakt, wie die Forschung zur Vorurteilsreduktion wiederholt betont, erst entsprechend strukturiert sein (Rippl 1996). Konsistente Befunde sind in Bezug auf die Selbstdurchsetzungswerte zu beobachten. Gerade in Deutschland nehmen Personen mit stark internalisierter Selbstdurchsetzung stärker Sorgen wahr, was daran liegen dürfte, dass diese Personen meinen, dass die zunehmende internationale Konkurrenz weniger Chancen bieten wird, selbst erfolgreich zu sein. Die Osterweiterung wird als Einschränkung des Möglichkeitsraums erlebt. Schließlich zeigt die Links-Rechts-Einstufung in Deutschland und Polen die vermuteten Effekte. Personen, die sich eher dem konservativen oder rechten Lager zugehörig fühlen, interpretieren die Osterweiterung eher als Bedrohung, die Hoffungen werden zurückgeschraubt. Die Befragten in der Tschechische Republik verhalten sich, zunächst überraschend, vollkommen spiegelverkehrt hierzu. Dies ist darauf zurückzuführen, dass zumindest die gemäßigte Rechte in Tschechien weniger nationalistisch ist als anderswo. Die politische Linke pocht hingegen stärker auf die Einzigartigkeit der tschechischen Nation und betrachtet deshalb die Osterweiterung auch eher als nationale Bedrohung und weit weniger als Chance. Diese Einschätzung resultiert insbesondere aus einer deutschlandkritischen Haltung (Mildenberger 2002, S. 7). Links und Rechts zu sein bedeuten in der Tschechischen Republik mithin tendenziell etwas anderes als in Deutschland oder in Polen, was die gegenläufigen Effekte erklärt. Für die Gesamtmodelle kann gesagt werden, dass in allen vier Stichproben durch die aufgenommenen Variablen insbesondere die Entstehung der beiden Sorgenbereiche erklärt wird (Zeile „R²“), nicht so sehr die der Hoffnungen: Zwischen 25 % (nationale Sorgen in Polen) und 43 % (nationale Sorgen in der Tschechischen Republik) der Gesamtunterschiedlichkeit der Sorgen gelten als aufgeklärt, wobei der wesentliche Anteil auf EU-Osterweiterung 347 die Persönlichkeitsvariable Alarmismus zurückzuführen ist. Ist das Sorgenniveau einer Person bekannt, ihre Bildung, ihre Europa-Identifikation und ihre politische Selbsteinstufung, dann ist relativ gut vorhersehbar, in welchem Ausmaß er oder sie mit der Osterweiterung verbundene Sorgen artikuliert. All diese Variablen können nicht allein dem Wirken von Veränderungen zugeschrieben werden, die tatsächlich auf die Osterweiterung zurückgehen. Sie sind sämtlich Persönlichkeitsfaktoren, die einer langen Sozialisation bedürfen und die die Wahrnehmung und Interpretation auch anderer sozialer Veränderungen leiten. Daneben befinden sich aber auch signifikante Einflussfaktoren in den Modellen, die einen unmittelbaren Bezug zur Osterweiterung aufweisen. Desintegration, Deprivation und Bedrohungswahrnehmung Im Weiteren ging es darum, das Konzept der Besorgnisse in ein umfassenderes Analysemodell einzuordnen und es mit anderen zentralen Theorieansätzen (Desintegrationsund Deprivationstheorie) empirisch zu vergleichen und eventuelle Verbindungsmöglichkeiten zu elaborieren und empirisch zu testen. Theoretischer Kernbereich der vorliegenden Studie sind vergleichende Analysen zur Relevanz des Desintegrationskonzeptes für die Erklärung der potentiellen Mobilisierung rechter Einstellungen im Kontext der EU-Osterweiterung. Als zu vergleichende theoretische Konzepte wurden relevante Faktoren wichtiger Ansätze der Rechtsextremismus- und der Vorurteilsforschung herangezogen, die entweder in stärkerem Maße situative oder persönlichkeitsbezogene Aspekte hervorheben. Während Deprivations-, Desintegrations- und Bedrohungstheorien primär situative Momente ansprechen, die durch den Prozess der EUOsterweiterung direkt tangiert werden, bezieht sich die Autoritarismusforschung eher auf stabile persönlichkeitsimmanente Faktoren. Im Rahmen der vorliegenden Studie konnten somit die Wirkungsweisen dieser unterschiedlichen Konzepte theorievergleichend (vgl. Seipel/Rippl 2000; Seipel 1999) vor dem Hintergrund der bevorstehenden EU-Osterweiterung untersucht werden. Im Rahmen der theoretischen Vorüberlegungen wurde davon ausgegangen, dass die Wahrnehmung der EU-Osterweiterung durch verschiedene Bedingungen auf der Ebene des Individuums und von dessen sozialem Kontextes beeinflusst wird. Bezugnehmend auf den Desintegrationsansatz (Anhut/Heitmeyer 2000; Heitmeyer 2002) wurden hier insbesondere Faktoren betrachtet, die als Indikatoren für Desintegrationserfahrungen auf den verschiedenen Ebenen, die im Desintegrationstheorem genannt sind, aufzufinden sind. Zu unterscheiden sind demnach die sozial-strukturelle Dimension, die institutionelle Dimension und die sozialemotionale Dimension (Anhut/Heitmeyer 2000). Die sozial-strukturelle Dimension bezieht sich auf die Frage der ökonomischen Teilhabe, die vor allem durch den Zugang zum Arbeitsplatz sichergestellt wird. Hinzu kommt die institutionelle Dimension, sie bezieht sich auf Fragen der institutionellen Teilhabe in Form politischer Partizipation. Die sozialemotionale Dimension bezieht sich auf die Frage nach sozial-emotionalem Rückhalt und sozialer Unterstützung im nahen gemeinschaftlichen Lebensbereich. Obwohl auf der soziostrukturellen Ebene auch kollektive Aspekte genannt werden, steht in Heitmeyers Ansatz primär die individuelle Ebene im Vordergrund (Anhut/Heitmeyer 2000). Im Kontrast hierzu werden im Kontext der aktuellen Vorurteilsforschung neben den Faktoren auf der Mikroebene insbesondere die Wahrnehmung von Deprivation 2 auf der Gruppenebene für das Entstehen 2 Die Konzepte Desintegration und Deprivation weisen sehr starke Überschneidungen auf, sie werden in der vorliegenden Studie synonym verwendet. Auf der operationalen Ebene werden beide Konzepte auch von Heitmeyer (2002) nicht unterschieden, so verwendet etwa Heitmeyer (2002) im GMF-Survey Messinstrumente, die üblicherweise auch zur Erhebung von Deprivation erfasst werden. Die relative ökonomische Deprivation wird bei Heitmeyer als Teilaspekt sozialstruktureller Desintegration behandelt (Heitmeyer/Mansel 2003). Der EU-Osterweiterung 348 von Vorurteilen verantwortlich gemacht (Olsen/Herman/Zanna 1986; Smith/Ortiz 2002). Verschiedene Studien deuten darauf hin, dass diese Ebene weitaus bedeutsamer für die Mobilisierung von Vorurteilen ist als die individuelle Ebene (Pettigrew/Meertens 1994; Smith/Ortiz 2002; Tougas/Beaton 2002). Allerdings stehen auch aus dieser Sicht die individuelle und die kollektive Ebene nicht unverbunden nebeneinander. Es wird davon ausgegangen, dass individuelle Deprivationserfahrungen zwar keine notwendige Vorbedingung für das Erleben kollektiver Deprivation sind, dass diese aber im Sinne eines „Sppill-over“-Effekts dieses Erleben begünstigen (Tougas/Beaton 2002). Eine ergänzende Erkenntnis der Deprivationsforschung ist der Befund, dass die affektive Ebene in der Forschung häufig vernachlässigt wurde. Smith und Ortiz (2002) zeigen in einer Metaanalyse, dass Deprivationsstudien, die affektive Aspekte berücksichtigen, in ihren empirischen Analysen erheblich bessere Vorhersagewerte erreichen. Dieser Befund wird aus anderer Perspektive in der „Integrated Threat Theory“ von Stephan und Stephan (2000) aufgenommen und im Rahmen der vorliegenden Studie integriert. Desintegration-, Deprivations und Bedrohungstheorien legen somit unterschiedliche Überlegungen zu sehr ähnlichen Konzepten vor, während die Desintegrationstheorie insbesondere die inhaltliche Erweiterung des zumeist auf die ökonomische Ebene begrenzten Konzeptes auf institutionelle und sozio-emotionale Dimensionen einbringt, elaboriert der Deprivationsansatz das Konzept hinsichtlich der Unterscheidung individuell-kollektiv. Die Bedrohungstheorie ergänzt diese Sichtweise zusätzlich um den Aspekt der Affektivität. In der vorliegenden Studie wurde versucht, diese unterschiedlichen Sichtweisen auf ein ähnliches Konzept fruchtbar zu integrieren oder, wenn dies nicht sinnvoll war, im Rahmen konkurrierender Hypothesen zu untersuchen. Die dargelegten Aspekte von Desintegration und Deprivation konnten im Rahmen unserer Studie im Kontext der Frage nach der Ursache für spezifische Wahrnehmungen der EU-Osterweiterung in den Blick genommen werden. Folgende zentralen Ergebnisse lassen sich zusammenfassend berichten: Ausgangspunkt der Analyse war die Prüfung des Desintegrationskonzeptes von Heitmeyer. In einer ersten Analyse wurde der Einfluss der drei Dimensionen auf die Konzepte Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit analysiert. Stärkster Prädiktor für Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus ist die Teildimension der „institutionellen Desintegration“, die strukturelle Dimension hat einen signifikanten Effekt auf nur Fremdenfeindlichkeit, wobei dieser allerdings nicht besonders stark ausfällt. Die emotionale Desintegration zeigt keinerlei signifikante Effekte. Verwendet man die Einstellung zur EUOsterweiterung als abhängige Variable ergeben sich sehr ähnliche Koeffizienten (strukturelle D.: .15**; institutionelle D.: .20**, emotionale D.: .05). Im nächsten Analyseschritt wurde die kollektive Ebene (allerdings nur hinsichtlich der strukturellen Deprivation) ergänzt (vgl. Abb. 4). Zudem wurden einige objektive Deprivationsindikatoren eingefügt, die vor allem in der öffentlichen Diskussion immer wieder genannt werden („Arbeitslosigkeit als Ursache für rechtsextreme Einstellungen“). Begriff der relativen Deprivation betont allerdings die Vergleichsperspektive (mit anderen Personen oder Gruppen), wenn es um die Wahrnehmung der Benachteiligung geht, dieser Aspekt wird im Desintegrationskonzept nicht zentral hervorgehoben. Er spielt aber auf der Ebene der Operationalisierung durchaus eine Rolle allerdings nur im ökonomischen Bereich. Im Rahmen der hier vorgelegten Verwendung im Rahmen einer empirischen Studie erscheint es somit legitim, beide Begriff weitgehend synonym zu verwenden. EU-Osterweiterung 349 Abbildung 4: Kollektive und individuelle Dimensionen von Deprivation im Vergleich Einkommen -.13 Kollektive Strukturelle Deprivation .15** Nationalismus -.20 Bildung .09** -.27 -.15 .18** Institutionelle Desintegration .18** .22** Ost/West -.14 .16** -.16 .23** .18** Fremdenfeindlichkeit -.31 Strukturelle Desintegration Arbeitslos -.10 -.24** Gestrichelte Pfade sind nicht signifikant Chi2: 66,53; df: 13; RMSEA: .06; sRMR: .03; AGFI: .95; CFI: .95 Das Pfadmodell in Abbildung 4 lässt folgende Schlüsse zu. Objektive Deprivations- oder Desintegrationszustände (erfasst durch Einkommen, Erfahrungen mit Arbeitslosigkeit und Bildung) haben zwar Effekte, diese sind allerdings nur indirekter Art und sie fallen relativ schwach aus. Ausnahme ist die Bildungsvariable, die offenbar Aspekte erfasst, die unabhängig von Desintegrationserfahrungen sind und auf Sozialisationshintergründe verweisen (es verbleibt ein direkter Pfad auf Fremdenfeindlichkeit von -.24). Betrachtet man die Relevanz der Unterscheidung in individuelle oder kollektive Deprivation so erweist sich entsprechend der Annahmen von Tougas/Beaton (2002) die kollektive Bezugsebene als bedeutsamer im Vergleich zum Einfluss individueller Desintegrationswahrnehmungen. Bezieht man die kollektive Bezugsebene (struktureller Deprivation) mit ein, so verschwindet der Effekt der individuellen Deprivation vollständig. Die verbleibende Beziehung zwischen kollektiver und individueller Ebene spricht für die von Tougas und Beaton (2002) vermutete Rolle der individuellen Deprivation als Nährboden für das Gefühl der kollektiven Deprivation. Die Effektstärke von .23** belegt aber auch, dass individuelle Deprivation zwar die Ausprägung kollektiver Deprivationsgefühle begünstigt, für diese aber keineswegs notwendig ist. Auf der individuellen Ebene bleibt der Aspekt der institutionellen Desintegration recht bedeutsam. Allerdings wurde hier die kollektive Ebene nicht kontrolliert, da diese Ebene in der vorliegenden Studie nicht erhoben wurde. Die sozioemotionale Ebene zeigte keinerlei signifikante Effekte. Als Zwischenfazit lässt sich festhalten, dass diese Befunde für eine weitere Elaboration der Desintegrationstheorie sprechen, zu integrieren wäre die Bedeutung kollektiver Aspekte von EU-Osterweiterung 350 Deprivation, insbesondere wenn Vorurteile oder verwandte Konzepte untersucht werden. Eventuell wäre eine Ausarbeitung in Abhängigkeit von den Explananda sinnvoll. Stärker individuell gerahmte Explananda, wie Stress oder individuelles Gewalthandeln könnte eventuell besser durch individuelle Aspekte erklärt werden (Pettigrew 2002), wohingegen gruppenbezogene Phänomen wie Vorurteile oder Diskriminierungstendenzen gegenüber Mitgliedern anderer Gruppen einer Erweiterung der Theorie um kollektive Elemente bedürfen. Im Rahmen weiterer theoretischer Überlegungen wurde im vorliegenden Projekt affektiven Aspekten für die Mobilisierung von rechten Einstellungen besondere Bedeutung zugesprochen. Die EU-Osterweiterung wurde dabei als Ereignis aufgefasst, dass Bedrohungsgefühle und Besorgnisse auslösen kann, die durch eine Zunahme an rechten Einstellungen kompensiert werden könnten. Im Kontext der Deprivationstheorie wurde oben bereits auf die Bedeutung von Affekten hingewiesen (Pettigrew 2002). In der vorliegenden Studie wurde dieser Aspekt durch die Bezugnahme auf die „Integrated Threat Theory“ von Stephan und Stephan (2000) berücksichtigt. Hierbei wurden Bedrohungsgefühle auf verschiedenen Ebenen (realistisch, symbolisch) berücksichtigt, ebenso wurde in Erweiterung der Bedrohungstheorie unter Bezug auf die Befunde der Deprivationsforschung die individuelle und die kollektive Ebene differenziert. Konfirmatorische Faktorenanalysen bestätigten diese Dimensionierung (vgl. Rippl et al. (im Druck)). In einem komplexen Analysemodell wurden Elemente der DesintegrationDeprivationstheorie und der Bedrohungstheorie integriert und analysiert. und Abbildung 5: Empirisches Modell zur Erklärung von rechtsextremen Einstellungen (N = 1008; Pfade signifikant bei p < .05, nicht signifikante Pfade unterbrochen dargestellt; Alarmismus bzw. 'allgemeine Besorgtheit' auspartialisiert) BIP in Euro je -.02 Einwohner .01 (Landkreis) .01 strukt. Desintegrationswahrnehmung -.33 .09 .15 .08 .34 Arbeitslosen.08 quote (Landkreis) .10 .21 .28 individuelle .08 Arbeitslosigkeitserfahrung .13 institut. Desintegrationswahrnehmung .36 .15 -.41 Autoritarismus .55 .27 -.29 symb.-koll. Bedrohungen Sympathie Polen/ Tschechen .38 .38 -.21 .16 .46 .06 .13 -.14 .36 .46 -.13 individuelle Bildungsbeteiligung Sympathie Schweizer/ Dänen -.26 .15 .26 .11 -.09 real.-koll. Bedrohungen -.08 .50 .23 real.-ind. Bedrohungen .67 -.11 .03 Nationalismus .41 Fit-Maße: Chi² = 694.620, df = 301; RMR = .04, RMSEA = .04, SRMR = .04; GFI = .95, AGFI = .94, NFI = .92, CFI = .95 Das Ergebnis dieser Analyse (vgl. Abb. 5) belegt zum einen, dass auch auf der Ebene von Affekten – hier operationalisiert durch die Gefühle von Bedrohung durch die EUOsterweiterung – der kollektiven Bezugsebene hervorgehobene Bedeutung zukommt. Die stärkeren Effekte belegen zudem, die besondere Relevanz der affektiven Dimension. Die Indikatoren zur Erfassung der Desintegrationswahrnemhung nach Heitmeyer zeigen in diesem Modell nur indirekte, über Besorgnisse vermittelte Effekte auf die abhängigen Variablen. EU-Osterweiterung 351 Makrofaktoren wie die Arbeitslosenquoten in den Landkreisen der Befragen oder das Bruttoinlandspodukt pro Bewohner, die theoretisch als Bedrohungskontexte konzeptualisiert waren, zeigen keinerlei signifikante Effekte. Im Rahmen einer vergleichenden Perspektive wurde ergänzend die Relevanz des Autoritarismuskonzeptes als primär situationsunabhängigem Faktor, der der Persönlichkeit zugeordnet wurde, untersucht (vgl. Abb. 5). Autoritarismuserweist sich als stärkster Prädiktor im Modell. Dabei werden die Effekte nur zum Teil durch die Besorgnisse mediiert. Autoritäre Personen neigen in solchen Situationen sozialen Wandels offenbar eher dazu, Ängste auszuprägen. Hier ist eine Mobilisierungswirkung festzustellen. Der Autoritarismus wirkt aber auch unabhängig davon relativ stark als Ursache für nationalistische Einstellungen (.41**). Diese unterschiedlichen Wirkungsweisen des Autoritarismus (direkt und indirekt) sprechen für einen dispositionellen und einen situativen Anteil des Konzeptes. Vorhandener Autoritarismus mobilisiert in bedrohlichen Situationen offenbar Ängste und damit indirekt rechte Orientierungen. Fassen wir die Ergebnisse mit Blick auf die formulierte Ausgangsfrage zusammen, so ist zu konstatieren, dass die EU-Osterweiterung tatsächlich ein Mobilisierungspotenzial für rechtsextreme Einstellungen aufweist, wobei Quantitäten schwer zu ermitteln sind. Möglich ist es allerdings, die Bedingungen zu spezifizieren, die es wahrscheinlich machen, dass sich Personen rechtsextremen Einstellungen zuwenden. Über Voraussetzungen und Kontextvariationen geben die Daten relativ klar Auskunft. Wenn Personen soziale Veränderungen im Zuge der EU-Osterweiterung auf kollektiver Ebene antizipieren und insbesondere symbolische Güter angegriffen sehen, dann erhöht dies die Wahrscheinlichkeit der Ausbildung rechter Orientierungen. Anfällig für derartige Empfindungen sind im wesentlichen autoritäre Persönlichkeiten. Eigene Desintegration steht mit kollektiven Bedrohungsgefühlen nur in einer schwachen Beziehung, sie kann aber als Nährboden gelten. Im Osten Deutschlands existieren davon leicht abweichende Verhältnisse (vgl. Tabelle 6). Tabelle 6: Totale Effekte der aufgenommenen Variablen auf Nationalismus und Sympathie im West-Ost-Vergleich Variable BIP in Euro je Einwohner Arbeitslosenquote Arbeitslosigkeitserfahrung Bildungsbeteiligung strukturelle Desintegration institutionelle Desintegration Autoritarismus (in Klammern: direkter Effekt) realistisch-nationale Bedrohungen symbolisch-nationale Bedrohungen realistisch-individuelle Bedrohungen Nationalismus Gesamt West Ost .00 .00 -.01 .08 -.01 -.04 .02 .02 .03 -.30 -.32 -.23 .06 .07 .08 .08 .08 .08 .67 .67 (.38) .61 (.50) .15 .20 -.10 .38 .38 .46 .03 .02 .04 Sympathie Polen/Tschechen Gesamt West Ost .00 .00 .02 -.05 .00 .02 -.03 -.03 -.06 .15 .17 .10 -.10 -.09 -.16 -.08 -.09 -.08 -.29 -.31 -.18 -.26 -.29 -.24 -.29 -.31 -.11 -.11 -.06 -.25 Einerseits führen im Osten autoritäre Persönlichkeitseigenschaften direkt zu nationalistischen Einstellungen, schlagen sich also weniger über den 'Umweg' der Bedrohungsgefühle in Rechtsextremismus nieder. Im Westteil Deutschlands deuten die Befunde zum Autoritarismus darauf hin, dass z.T. die dispositionelle, z.T. die Aktivations-Perspektive die Entstehung rechter Einstellungen erklärt. Zweitens spielen im Osten Deutschlands individuelle Desintegrationsmomente eine größere Rolle als in Westdeutschland: EU-Osterweiterung 352 Arbeitslosigkeitserfahrungen schlagen sich stärker in der Wahrnehmung von Deprivation und diese in der antizipierten Verschlechterung der eigenen ökonomischen Lage durch die EU-O nieder. Letztere führen dann direkt in die Fremdgruppenabwertung. Dieser letzte Befund speist die Hypothese, dass individuelle Desintegrationserfahrungen dann von Bedeutung für die Entwicklung fremdenfeindlicher Haltungen sind, wenn „reale“ Konkurrenzsituationen an Bedeutung gewinnen. Diese Aspekt könnte hier für die genannten Ost-West-Unterschieden verantwortlich sein. Um diese Hypothese zu erhärten, wurde eine vergleichende Analyse für grenznahe und grenzferne Gebieten durchgeführt, da diese Kontexte weitaus stärker als die Ost-West-Variable ein unterschiedliches Ausmaß an zunehmender Konkurrenz durch die EU-Osterweiterung spiegelt. Die Ergebnisse in Tabelle 7 bestätigen die Hypothese. In den grenznahen Gebiete gewinnen die individuellen Desintegrationsängste an Bedeutung und werden sogar wichtiger als kollektive Aspekte. Tabelle 7: Kontexteffekte und die Wirkung individueller und kollektiver Deprivation: betaKoeffizienten Angst vor Deprivation Angst vor Deprivation kollektiver individueller Grenzferner Kontext .29** Grenznaher Kontext .17** .02 .32** ** p<.01 Die mobilisierende Wirkung von Kontexten wird auch in neueren Ansätzen der Autoritarismustheorie betont (Feldman/Stenner 1997). Daher wurde in weiteren Analysen der Vermutung nachgegangen, dass es hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen Autoritarismus und Fremdenfeindlichkeit in bedrohlichen Kontexten eine Mobilisierungswirkung gäbe (Feldman/Stenner 1997). Der Zusammenhang zwischen Autoritarismus und Fremdenfeindlichkeit sollte in bedrohlichen Kontexten stärker ausgeprägt sein. Diese Hypothese konnte allerdings nicht bestätigt werden. Es fanden sich keine signifikanten Unterschiede in den verschiedenen Kontexten (vgl. Tabelle 8). Tabelle 8: Korrelationen: Autoritarismus und Fremdenfeindlichkeit Geringe Ausprägung * Starke Ausprägung * Arbeitslosenquote (Kreis) .50** .53** BIP (Kreis) .47** .45** Distanz zur Grenze .45** .43** * Extremgruppen: 20% der Befragten in den Kreisen mit den niedrigsten bzw. höchsten Ausprägungen Neben den bisher betrachteten Faktoren wurde des weiteren vergleichend auch der Einfluss andere Faktoren analysiert. Neben der Deprivationsindikatoren, die in der folgenden Analyse EU-Osterweiterung 353 in Form der Besorgnisse auf der kollektiven Ebene berücksichtigt wurden, wurden zudem ideologische Aspekte in Form politischer Orientierungen und „gruppenbezogene“ Aspekte (wie die Identifikation mit Europa, Sympathie mit Fremdgruppen, frühere Gruppenkonflikte) in die Analyse vergleichend einbezogen. Hier wurde als abhängige Variable die Einstellung zur EU-Osterweiterung verwendet. Tabelle 9: Ursachen der Einstellung zur EU-Osterweiterung (standardisierte BetaKoeffizienten) Deutschland repräsentativ Deutschland GR Tschechische Republik GR Polen GR -.24** -.22** -.17* -.16* Politisch --- --- --- --- Kulturell --- --- --- .22** Ursache Sorgen Ökonomisch Politische Orientierung Links-Rechts-Einstufung --- --- .25** --- -.12** ---- --- --- .29** .24** .11* --- Vergangene Konflikte --- --- --- --- Europa-Identifikation Nationalismus Gruppenbezogene Faktoren Sympathie Polen/Tschechen (Deutsche) .22** .22** ---- .21** Nationale Identifikation --- .11* --- --- R² .34 .32 .30 .09 * p < .05 ** p < .01; „---“ kein signifikanter Effekt Neben den kollektiven Deprivationsbesorgnissen erweisen sich hier die gruppenbezogenen Faktoren als besonders wichtig, die Identifikation mit der gruppenübergreifenden Größe Europa und die Sympathie für die Nachbarvölker ist besonders bedeutsam. Frühere Gruppenkonflikte spielen überraschenderweise keinerlei Rolle bei der Bewertung der Erweiterung. Insgesamt zeigt sich, dass situationsunabhängige Größen, wie die Identifikation mit Europa mindestens so bedeutsam sind, wie Besorgnisse, die durch die Erweiterung erst entstehen. Zusammenfassend lassen sich die folgenden zentralen Befunde festhalten. Die EUOsterweiterung kann sehr wohl im Sinne eines Mobilisierungsschubs für rechte Einstellungen verantwortlich sein. Besorgnisse und Ängste, die sich diese Art des beschleunigten sozialen Wandels beziehen, stehen in einem Zusammenhang mit fremdenfeindlichen und nationalistischen Orientierungen. Besonders anfällig für diese Mobilisierungswirkung sind Personen, die auch vorher schon zu autoritären Haltungen tendiert haben, hier findet in besonderer Weise ein Mobilisierungsschub statt. Vorhandene Desintegrationserfahrungen erweisen sich nur bedingt als Nährboden für die Entwicklung von Bedrohungsgefühlen und rechten Einstellungen. Insbesondere die individuelle ökonomische Deprivation in Form von Erfahrungen mit Arbeitslosigkeit und niedrigem Einkommen steht nur in einem sehr indirekten Verhältnis zur Ausprägung rechter Einstellungen. Bedeutsamer sind Deprivationswahrnehmungen auf der kollektiven Ebene, insbesondere solche, die durch emotionale Aspekte wie Ängste und Bedrohungsgefühle gekennzeichnet sind. Solche EU-Osterweiterung 354 kollektiven Deprivationen werden wiederum insbesondere von Personen geäußert, die zu autoritären Haltungen neigen. (…) 12. Publikationen aus dem Projektkontext bereits erschienen: Dirk Baier, Susanne Rippl, Angela Kindervater und Klaus Boehnke: „Die Osterweiterung der Europäischen Union – Das Meinungsbild in Deutschland, der Tschechischen Republik und Polen und die möglichen Folgen, in: Gesellschaft Wirtschaft Politik, 53. Jahrgang, 3/2004, S. 311-323 Dirk Baier, Sonderauswertung zur EU-Osterweiterung in der Generation 60plus, in: Informationsdienst Alter & Forschung, Mai 2004, S.18-23, Im Druck: Dirk Baier und Andreas Hadjar: Alter Wein in neuen Schläuchen? Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Autoritarismus, Sozialer Dominanzorientierung und Hierarchischem Selbstinteresse, erscheint in einem Sonderband der Zeitschrift für Politische Psychologie Dirk Baier: Interkulturelle Beziehungen, EU-Erweiterungssorgen und nationalistische Einstellungen – Vergleichende Befunde aus Umfragen im sächsisch-tschechischen und bayerisch-tschechischen Grenzraum, angenommen, erscheint als Publikation des Hochschulzentrums Freiberg In der Begutachtung: Susanne Rippl, Dirk Baier, Angela Kindervater und Klaus Boehnke: Bedrohungswahrnehmungen im Kontext der EU-Osterweiterung: Mobilisierungsschub für rechte Einstellungen, Überarbeitung in Begutachtung, Zeitschrift für Soziologie Klaus Boehnke, Dirk Baier, Angela Kindervater und Susanne Rippl: Macrosocial stress as a source of increasing nationalism? A cross-cultural study of effects of the EU Eastern Enlargement. Eingereicht bei European Societies. Literatur Anhut, R. /Heitmeyer, W.. ( 2000). 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