Sonder-Lachenicht-2 0..21

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GESCHICHTE KOMPAKT
Susanne Lachenicht
Die Französische Revolution
2., aktualisierte Auflage
Zusatzmaterial
Quellen kompakt
* Ergänzende Quellen
*
Quellenverzeichnis
Die in Straßburg erscheinende Rheinische Kronik
kommentierte die Ausrufung der Cisrhenanischen
Republik wie folgt
Abschaffung der Privilegien in der Nacht vom 4. August 1789. Sie erhielten als sogenannte Augustdekrete am 11. August 1789 Gesetzescharakter
Adresse der Gesellschaft der Volksfreunde (La Société
des Amis du Peuple, Comité de Strasbourg) an die
Assemblée Patriotique Allemande réunie á Hambach (den patriotischen Bundesverein Deutschlands in Hambach) von 1832
Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte vom 26.
August 1789
Friede von Basel, 5. April 1795
Artikel der Verfassung des Jahres III zu Kirchenfragen,
22. August 1795 (5. Fructidor des Jahres III)
Georg Forster an Christian Wilhelm Dohm
(1751–1820), Brief aus Mainz vom Sommer 1790
Gesetz gegen die Verdächtigen/Loi sur les suspects
(17. September 1793)
Gründung der London Corresponding Society am 24./
25. Mai 1792
Aus Paris vom 12. Juni 1795, abgedruckt in Vossische
Zeitung, Berlin 1795, Nr. 77
Aus Paris vom 26. Oktober 1795, abgedruckt in Vossische Zeitung, Berlin 1795, Nr. 135
Auszug eines Privatbriefes aus Basel, vom 2ten August 1794, abgedruckt in Vossische Zeitung, Berlin
1794, Nr. 96
In der ebenfalls in Straßburg erscheinenden Rheinischen Zeitung, an der u.a. der Mainzer Jakobiner
Georg Wedekind mitarbeitete, hieß es im Februar
1796
Babeuf über das Eigentum, 24. März 1796 (4. Germinal des Jahres IV). Abgedruckt in einem Artikel der
Zeitung Journal des hommes libres
Jean Paul Marat, Ami du Peuple, Nr. 1 S. 11f.
Beschwerdeschrift der Pfarrgemeinde Letteguives
vom 29. März 1789 (Bezirk Rouen)
Konsulatsverfassung, Frankreich, 1799
Brief aus Paris vom 17. September 1794, abgedruckt
in Vossische Zeitung, Berlin 1794, Nr. 128
Rede Simón Bolívars vor dem Kongress in Angostura
am 15. Februar 1819
Robespierre spricht vor den Jakobinern gegen den
Krieg, 12. Dezember 1791
Brief Camille Desmoulins (Mitglied des Klubs der Cordeliers und Herausgeber der Révolutions de France
et de Brabant) vom 16. Juli 1789 an seinen Vater
Septembermassaker: Bericht des Journalisten Louis
Prudhomme über eine Begegnung von Vertretern
der Nationalversammlung mit einem Scharfrichter
des Volkes vor dem Gefängnis der Abbaye, 2. September 1792
So schrieb der Mannheimer Jude Abraham Lembert
in der in Straßburg erscheinenden Zeitung Der Republikanische Wächter
Das Ende des Heiligen Römischen Reiches deutscher
Nation, 6. August 1806: Abdikationsurkunde Kaiser
Franz’ II
Das Manifest des Herzogs von Braunschweig vom 25.
Juli 1792
Dekret des Nationalkonvents vom 16. Pluviôse II (4.
Februar 1794)
Dekret des zu Mainz versammelten Rheinisch-Deutschen Nationalkonvents vom 18. März 1793
Verfassung der helvetischen Republik, vom 12. April
1798
Verfassung von Saint-Domingue, 9. Mai 1801
Virginia Bill of Rights vom 12. Juni 1776
Der Staatsstreich vom 18. Fructidor V (4. September
1797) in der Zeitung Le Moniteur Nr. XXVIII, 1797,
S. 792
1
Quellen
Quelle
Beschwerdeschrift der Pfarrgemeinde Letteguives vom 29. März 1789 (Bezirk Rouen)
Aus: Behschnitt 1978:30f.
(1.) Der König wird demütig gebeten, allen Eigentümern zu verbieten, mehrere
Pachten an denselben Pächter zu verpachten, denn daraus ergibt sich vielerlei
Missbrauch wie der, dass die Großbauern, die mehrere Pachten haben, nicht soviel
Vieh halten; folglich gibt es weniger Fleisch, Milch, Butter und andere Lebensmittel,
weniger Dünger und schlechter bearbeitete Felder; man braucht auch weniger
Knechte und Mägde; und die Armen haben keine Arbeit und können keine Nahrung bekommen, weil die gewöhnlichsten Fleischsorten, Rind- und Schweinefleisch, seit mehreren Jahren 10 und 12 Sous das Pfund von 16 Unzen und Butter
desselben Gewichts 20 und 30 Sous kosten. …
(2.) Diese Großbauern, die so viele Pachten haben, selbst ganze Pfarrgemeinden,
haben alle Weiden der Pfarrgemeinden und selbst der Gemeinden. Schließlich werden sie auch Herren der Lebensmittelpreise und des Schicksals der Allgemeinheit
und verkaufen ihr Getreide erst, nachdem sie es mehrere Jahre aufbewahrt haben,
und sie halten es sogar zurück, wenn sie können, was zu dem Preis führt, wie er ist
… Dieser hohe Preis ist die Ursache der Zerstörung des ganzen Handels, weil man
keine andere Ware mehr kaufen kann, nachdem man Brot gekauft hat: … Diese
große Teuerung wird nicht vom Erntemangel verursacht, denn die vorhergehenden
Jahre waren überreich, und das letzte Jahr war ein Durchschnittsjahr. Um diesen
Missständen abzuhelfen, möge es der Güte des Königs anheimgestellt sein zu befehlen, dass die Pachten weniger groß seien und jeweils einzeln an Einzelpersonen
verpachtet werden. …
(5.) Wir bitten den König noch um Folgendes: Er möge das Getreide festsetzen lassen auf 7 Livres den Pariser Zentner, bei dem 16 Unzen auf das Pfund kommen. …
(6.) Alle Arten von Bannrechten zu verbieten, weil es Schikane ist und oft zu ruinösen Prozessen führt, die die Müller den Vasallen, die den Bannrechten unterworfen
sind, machen und sie sogar so weit bringen, dass sie ihre Möbel verkaufen. Für
diese Schikane möge der gütige König eine Reform finden, die geeignet ist, diesen
großen Missstand abzuschaffen.
(7.) Die Stimmberechtigten der Pfarrgemeinde Letteguives sind instruiert worden,
dass gewisse Handwerker Maschinen erfunden haben, die für die Baumwollspinnerei von großem Übel sind; und wenn sie weiter bestehen, sind sie verheerend für
die Unglücklichen ohne Arbeit. Es möge im Wohlgefallen des Königs liegen, diese
Arten von Maschinen zu verbieten. …
(12.) Wenn es dem König gefällt: Aufhebung des Vertrags, der mit den Engländern
gemacht worden ist und ihnen den Handel in Frankreich erlaubt. …
(14.) Dass die Salzsteuer abgeschafft werde und der Verkauf von Salz frei sei.
(15.) Teilreform der Verordnung über die Wahl der Mitglieder der Munizipalversammlung, die besagt, dass man nur unter denen wählen kann, die dem König 30
Livres bezahlen. Der König möge befehlen, dass man eine niedrigere Summe
nehme, um Missbrauch zu vermeiden.
(16.) Die drei Stände mögen dem König im Verhältnis zu ihren Einkünften zahlen. …
(18.) Der König wird demütig gebeten, die Generalstände alle fünf Jahre einzuberufen, um von unserem Unglück zu erfahren.
2
Quelle
Jean Paul Marat, Ami du Peuple, Nr. 1 S. 11f.
Aus: Französische Revolution 1989: 99–100.
Ab jetzt verteidigen sollst du,
Die Freiheit unerschütterlich.
Streichen sollst das Wort „adlig“ du
Aus deinen Schriften zukünftig.
Die Zahl der Geistlichen sollst du
halbieren, das ist notwendig.
Von Mönchen reinigen sollst du
Ganz Frankreich unwiderruflich.
Und ihnen abnehmen sollst du,
Was sie geraubt, unweigerlich.
Schneiden sollst den Juristen du
Die Nägel kurz und ordentlich.
Den Financiers sollst geben du
Den Abschied, und das endgültig.
Kennen sollst von den Steuern du
Grund und Verwendung eindeutig.
Und niemals mehr sollst schenken du
Den Faulpelzen verschwenderisch.
Gesetze sollst erlassen du
Gut, doch für alle einsichtig.
Achtung schuldest der Tugend du,
und nicht dem Gelde sicherlich.
Zu Würden sollst berufen du
ehrliche Leute sorgfältig.
Strafen sollst ohne Gnade du
Alle Korrupten einheitlich.
Auf diese Art zerstörest du
Die Missbräuche ganz endgültig.
Glücklich und frei wirst werden du,
Und nicht mehr der Sklave sicherlich.
3
Quelle
Brief Camille Desmoulins (Mitglied des Klubs der Cordeliers und Herausgeber der Révolutions de France et de
Brabant) vom 16. Juli 1789 an seinen Vater
Aus: Behschnitt 1978:43ff.
Wie hat sich in drei Tagen das Gesicht aller Dinge verändert! Am Sonntag [12. Juli] war
ganz Paris bestürzt über die Entlassung Neckers [11. Juli]; so sehr ich versuchte, die
Geister zu erhitzen, kein Mensch wollte zu den Waffen greifen. Ich schließe mich ihnen
an; man sieht meinen Eifer; man umringt mich; man drängt mich, auf einen Tisch zu
steigen: In einer Minute habe ich sechstausend Menschen um mich. „Bürger“, sage ich
nunmehr, „ihr wisst, die Nation hatte gefordert, dass Necker ihr erhalten bliebe, dass
man ihm ein Denkmal errichtete: man hat ihn davongejagt! Kann man euch frecher
trotzen? Nach diesem Streich werden sie alles wagen, und noch für diese Nacht planen sie, organisieren sie vielleicht eine Bartholomäusnacht für die Patrioten.“ Ich erstickte fast vor der Menge Gedanken, die auf mich einstürmten, ich sprach ohne Ordnung. „Zu den Waffen“, sagte ich, „zu den Waffen!“ … Und indem ich eine Pistole erhob: „Wenigstens“, rief ich, „sollen sie mich nicht lebendig in die Hand bekommen,
und ich werde verstehen, ruhmvoll zu sterben; es kann mich nur noch ein Unglück
treffen: dass ich sehen muss, wie Frankreich zur Sklavin wird.“ … Ich sagte: ich wollte
keinen Befehl haben, ich wollte nichts weiter sein als ein Soldat des Vaterlandes. Ich
nahm ein grünes Band und befestigte es als Erster an meinem Hut.
Mit welcher Geschwindigkeit griff das Feuer um sich! Das Gerücht von diesem Aufruhr dringt bis ins Lager vor; die Kroaten, die Schweizer, die Dragoner, das Regiment
Royal-Allemand langen an. Fürst Lambese an der Spitze dieses letzten Regiments
zieht zu Pferd in die Tuilerien. Er säbelt selbst einen waffenlosen Mann von der
Garde-française nieder und reitet über Frauen und Kinder. Die Wut flammt auf. Nun
gibt es in Paris nur noch einen Schrei: Zu den Waffen! Es war sieben Uhr. Er wagt es
nicht, die Stadt zu betreten. Man bricht in die Läden der Waffenhändler ein. Am
Montag [13. Juli] Morgen wird Sturm geläutet. Die Wahlmänner hatten sich im
Stadthaus versammelt. Mit dem Vorsteher der Kaufmannschaft an der Spitze gründen sie ein Bürgerwehrkorps von 78000 Mann in 16 Legionen. Mehr als hunderttausend waren schon schlecht und recht bewaffnet und liefen nach dem Stadthaus,
um Waffen zu begehren. … Ich bin, auf die Gefahr, zu ersticken, unters Dach gestiegen. Ich sah dort, will mir scheinen, mindestens hunderttausend Flinten. Ich nehme
eine ganz neue, an der ein Bajonett steckte, und zwei Pistolen. Das war am Dienstag [14. Juli], der ganze Morgen verging damit, dass man sich bewaffnete. Kaum
hat man Waffen, so geht’s zur Bastille. Der Gouverneur, der gewiss überrascht war,
mit einem Schlag in Paris hunderttausend Flinten mit Bajonetten zu sehen, und
nicht wusste, ob diese Waffen vom Himmel gefallen waren, muss sehr in Verwirrung gewesen sein. Man knallt ein oder zwei Stunden drauflos, man schießt herunter, was sich auf den Türmen sehen lässt; der Gouverneur, Graf von Launay, ergibt
sich; er lässt die Zugbrücke herunter, man stürzt drauf los; aber er zieht sie sofort
wieder hoch und schießt mit Kartätschen drein. Jetzt schlägt die Kanone der Gardes-françaises eine Bresche. Ein Kupferstecher steigt als Erster hinauf, man wirft ihn
hinunter und bricht ihm die Beine entzwei. Ein Mann von der Garde-française ist
der Nächste, er hat mehr Glück, er packt die Lunte eines Kanoniers und wehrt sich,
und binnen einer halben Stunde ist der Platz im Sturm genommen. Ich war beim
ersten Kanonenschlag herbeigeeilt, aber, es grenzt ans Wunderbare, um halb drei
Uhr war die Bastille schon genommen.
4
Quelle
Abschaffung der Privilegien in der Nacht vom 4. August 1789. Sie erhielten als sogenannte Augustdekrete
am 11. August 1789 Gesetzescharakter.
Aus: Grab 1973: 33–36.
Art. 1. Die Nationalversammlung vernichtet das Feudalwesen völlig. Sie dekretiert,
dass von den Feudal- wie Grundzinsrechten und -pflichten sowohl jene, die sich
aus unveräußerlichem Besitz an Sachen und Menschen und aus persönlicher Leibeigenschaft herleiten, als auch jene, die an ihre Stelle getreten sind, entschädigungslos aufgehoben werden; alle übrigen Lasten werden für ablösbar erklärt, die
Summe sowie die Art und Weise der Ablösung wird die Nationalversammlung festlegen. Die durch dieses Dekret nicht aufgehobenen Abgaben sollen dessen ungeachtet bis zu ihrer Rückzahlung weiter erhoben werden. …
Art. 3. Ebenso wird das Sonderrecht der Jagd und offenen Wildgehege abgeschafft.
Art. 4. Jede grundherrliche Rechtsprechung wird entschädigungslos abgeschafft.
Dessen ungeachtet sollen die Beamten dieser Gerichte bis zur Einführung einer
neuen Justizordnung durch die Nationalversammlung ihre Funktionen weiter ausüben.
Art. 5. Alle – gleichgültig, unter welchem Rechtstitel festgesetzten und erhobenen,
auch durch Vorauszahlung abgegoltenen – Zehnten oder dafür eintretenden
Grundzinsabgaben, in deren Genuss weltliche oder geistliche Körperschaften,
Pfründeninhaber, Kirchenvorstände und alle Einrichtungen der toten Hand …kommen, … werden abgeschafft, mit dem Vorbehalt, dass für die Mittel zur Bestreitung
der Kosten für Gottesdienst, Unterhalt der Priester, Armenpflege, Reparatur und
Wiederaufbau von Kirchen und Pfarrhäusern sowie für alle Einrichtungen, Seminare, Schulen, Kollegiengebäude, Spitäler, Klöster und andere Gebäude zu deren
Unterhaltung diese Mittel gegenwärtig bestimmt sind, anderweitig gesorgt wird.
…
Art. 10. Da eine nationale Verfassung und die öffentliche Freiheit den Provinzen
mehr Vorteile bringt als die Privilegien, die einige bisher genossen, und da deren
Opfer zu einer engen Verbindung aller Teile des Staates unumgänglich ist, werden
alle besonderen Privilegien von Provinzen, Fürstentümern, Ländern, Bezirken, Städten und Siedlungen, seien sie finanzieller oder sonstiger Art, für unwiderruflich abgeschafft und in dem für alle Franzosen gleichen gemeinsamen Recht aufgegangen erklärt.
Art. 11. Alle Bürger sollen, ohne Unterschied ihrer Geburt, freien Zugang zu allen
kirchlichen, zivilen und militärischen Ämtern und Würden haben; niemand, der
einem Erwerbsberuf nachgeht, soll dadurch seines Adelsprädikates verlustig gehen.
Quelle
Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte vom 26. August 1789
Übersetzung aus: Tulard, Fayard, Fierro 1987: 770–771.
Die Vertreter des französischen Volkes, als Nationalversammlung konstituiert, haben unter der Berücksichtigung, dass die Unkenntnis, die Achtlosigkeit oder die
Verachtung der Menschenrechte die einzigen Ursachen des öffentlichen Unglücks
und der Verderbtheit der Regierungen sind, beschlossen, die natürlichen, unveräu-
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ßerlichen und heiligen Rechte der Menschen in einer feierlichen Erklärung darzulegen, damit diese Erklärung allen Mitgliedern der Gesellschaft beständig vor Augen
ist und sie unablässig an ihre Rechte und Pflichten erinnert; damit die Handlungen
von Legislative und Exekutive in jedem Augenblick mit dem Ziel jeder politischen
Einrichtung verglichen werden können und dadurch mehr respektiert werden; damit die Ansprüche der Bürger, fortan auf einfache und unbestreitbare Grundsätze
begründet, sich immer auf die Erhaltung der Verfassung und das Allgemeinwohl
richten mögen. Dementsprechend anerkennt und erklärt die Nationalversammlung
in Gegenwart und unter dem Schutze des höchsten Wesens folgende Menschenund Bürgerrechte.
Art. 1: Die Menschen [Männer] werden frei und gleich an Rechten geboren und
bleiben es. Gesellschaftliche Unterschiede dürfen nur im allgemeinen Nutzen begründet sein.
Art. 2: Der Zweck jeder politischen Vereinigung ist die Erhaltung der natürlichen
und unantastbaren Menschenrechte. Diese sind das Recht auf Freiheit, das Recht
auf Eigentum, das Recht auf Sicherheit und das Recht auf Widerstand gegen Unterdrückung.
Art. 3: Der Ursprung jeder Souveränität liegt ihrem Wesen nach beim Volke. Keine
Körperschaft und kein Einzelner kann eine Gewalt ausüben, die nicht ausdrücklich
von ihm [dem Volk] ausgeht.
Art. 4: Die Freiheit besteht darin, alles tun zu dürfen, was einem anderen nicht
schadet: Die Ausübung der natürlichen Rechte eines jeden Menschen hat also nur
die Grenzen, die den anderen Mitgliedern der Gesellschaft den Genuss ebendieser
Rechte sichern. Diese Grenzen können nur durch das Gesetz bestimmt werden.
Art. 5: Das Gesetz darf nur solche Handlungen verbieten, die der Gesellschaft schaden. Alles, was durch das Gesetz nicht verboten ist, darf nicht verhindert werden, und
niemand kann gezwungen werden zu tun, was es [das Gesetz] nicht befiehlt.
Art. 6: Das Gesetz ist der Ausdruck des allgemeinen Willens. Alle Bürger haben das
Recht, persönlich oder durch ihre Vertreter an seiner Gestaltung mitzuwirken. Es
muss für alle gleich sein, mag es beschützen oder bestrafen. Da alle Bürger vor ihm
gleich sind, sind sie alle gleichermaßen, ihren Fähigkeiten entsprechend und ohne
einen anderen Unterschied als den ihrer Eigenschaften und Begabungen, zu allen
öffentlichen Würden, Ämtern und Stellungen zugelassen.
Art. 7: Niemand darf angeklagt, verhaftet oder gefangen gehalten werden, es sei
denn in den durch das Gesetz bestimmten Fällen und nur in den von ihm vorgeschriebenen Formen. Wer willkürliche Anordnungen verlangt, erlässt, ausführt oder
ausführen lässt, muss bestraft werden; aber jeder Bürger, der kraft Gesetzes vorgeladen oder festgenommen wird, muss sofort gehorchen; durch Widerstand macht
er sich strafbar.
Art. 8: Das Gesetz soll nur Strafen festsetzen, die unbedingt und offenbar notwendig sind, und niemand darf anders als aufgrund eines Gesetzes bestraft werden,
das vor Begehung der Straftat beschlossen, verkündet und rechtmäßig angewandt
wurde.
Art. 9: Da jeder so lange als unschuldig anzusehen ist, bis er für schuldig befunden
wurde, muss, sollte seine Verhaftung für unumgänglich gehalten werden, jede
Härte, die nicht für die Sicherstellung seiner Person notwendig ist, vom Gesetz
streng unterbunden werden.
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Art. 10: Niemand soll wegen seiner Anschauungen, selbst die religiöser Art, belangt werden, solange deren Äußerung nicht die durch das Gesetz begründete öffentliche Ordnung stört.
Art. 11: Die freie Äußerung von Meinungen und Gedanken ist eines der kostbarsten Menschenrechte; jeder Bürger kann also frei reden, schreiben und drucken, vorbehaltlich seiner Verantwortlichkeit für den Missbrauch dieser Freiheit in den durch
das Gesetz bestimmten Fällen.
Art. 12: Die Gewährleistung der Menschen- und Bürgerrechte erfordert eine öffentliche Gewalt; diese Gewalt ist also zum Vorteil aller eingesetzt und nicht zum besonderen Nutzen derer, denen sie anvertraut ist.
Art. 13: Für die Unterhaltung der öffentlichen Gewalt und für die Verwaltungsausgaben ist eine allgemeine Abgabe unerlässlich; sie muss auf alle Bürger, nach Maßgabe ihrer Möglichkeiten, gleichmäßig verteilt werden.
Art. 14: Alle Bürger haben das Recht, selbst oder durch ihre Vertreter die Notwendigkeit der öffentlichen Abgabe festzustellen, diese frei zu bewilligen, ihre Verwendung zu überwachen und ihre Höhe, Veranlagung, Eintreibung und Dauer zu bestimmen.
Art. 15: Die Gesellschaft hat das Recht, von jedem Staatsbeamten Rechenschaft
über seine Amtsführung zu verlangen.
Art. 16: Eine Gesellschaft, in der die Gewährleistung der Rechte nicht gesichert
und die Gewaltenteilung nicht festgelegt ist, hat keine Verfassung.
Art. 17: Da das Eigentum ein unverletzliches und geheiligtes Recht ist, kann es niemandem genommen werden, es sei denn, dass die gesetzlich festgestellte öffentliche Notwendigkeit dies eindeutig erfordert und vorher eine gerechte Entschädigung festgelegt wird.
Quelle
Virginia Bill of Rights vom 12. Juni 1776
Aus: http://www.archives.gov/exhibits/charters/virginia_declaration_of_rights.html, letzter Zugriff 1. August 2016.
Art. 1: Alle Menschen [Männer] sind von Natur aus in gleicher Weise frei und unabhängig und besitzen bestimmte angeborene Rechte, welche sie ihrer Nachkommenschaft durch keinen Vertrag rauben oder entziehen können, wenn sie eine
staatliche Verbindung eingehen, und zwar den Genuss des Lebens und der Freiheit,
die Mittel zum Erwerb und Besitz von Eigentum und das Erstreben und Erlangen
von Glück und Sicherheit.
Art. 2: Alle Macht ruht im Volke und leitet sich folglich von ihm her; die Beamten
sind nur seine Bevollmächtigten und Diener und ihm jederzeit verantwortlich.
Art. 3: Eine Regierung ist oder sollte zum allgemeinen Wohle, zum Schutz und zur
Sicherheit des Volkes, der Nation oder Allgemeinheit eingesetzt sein; von all den
verschiedenen Arten und Formen der Regierung ist diejenige die beste, die imstande ist, den höchsten Grad von Glück und Sicherheit hervorzubringen, und die
am wirksamsten gegen die Gefahr schlechter Verwaltung gesichert ist; die Mehrheit eines Gemeinwesens hat ein unzweifelhaftes, unveräußerliches und unverletzliches Recht, eine Regierung zu verändern oder abzuschaffen, wenn sie diesen
Zwecken unangemessen oder entgegengesetzt befunden wird, und zwar so, wie
es dem Allgemeinwohl am dienlichsten erscheint.
Art. 4: Kein Mensch oder keine Gruppe von Menschen ist zu ausschließlichen und
besonderen Vorteilen und Vorrechten seitens des Staates berechtigt, außer in An-
7
betracht öffentlicher Dienstleistungen; da diese nicht vererbt werden können, sollen auch die Stellen der Beamten, Gesetzgeber oder Richter nicht erblich sein.
Art. 5: Die gesetzgebende und die ausführende Gewalt des Staates sollen von der
richterlichen getrennt und unterschieden sein; die Mitglieder der beiden Ersteren
sollen dadurch, dass sie die Lasten des Volkes mitfühlen und mittragen, von einer
Unterdrückung abgehalten werden und deshalb in bestimmten Zeitabschnitten in
ihre bürgerliche Stellung entlassen werden und so in jene Umwelt zurückkehren,
aus der sie ursprünglich berufen wurden; die freigewordenen Stellen sollen durch
häufige, bestimmte und regelmäßige Wahlen wiederbesetzt werden, bei denen
alle oder ein gewisser Teil der früheren Mitglieder wiederwählbar oder nicht sind,
je nachdem es die Gesetze bestimmen.
Art. 6: Die Wahlen der Abgeordneten, die als Volksvertreter in der Versammlung
dienen, sollen frei sein; alle Männer, die ihr dauerndes Interesse und ihre Anhänglichkeit an die Allgemeinheit erwiesen haben, besitzen das Stimmrecht. Ihnen kann
ihr Eigentum nicht zu öffentlichen Zwecken besteuert oder genommen werden
ohne ihre eigene Einwilligung oder die ihrer so gewählten Abgeordneten, noch
können sie durch irgendein Gesetz gebunden werden, dem sie nicht in gleicher
Weise um des öffentlichen Wohles willen zugestimmt haben.
Art. 7: Jede Gewalt, Gesetze aufzuschieben oder auszuführen durch irgendeine Autorität ohne Einwilligung der Volksvertreter, ist ihren Rechten abträglich und soll
nicht durchgeführt werden.
Art. 8: Bei allen schweren oder kriminellen Anklagen hat jedermann ein Recht,
Grund und Art seiner Anklage zu erfahren, den Anklägern und Zeugen gegenübergestellt zu werden, Entlastungszeugen herbeizurufen und eine rasche Untersuchung durch einen unparteiischen Gerichtshof von zwölf Männern seiner Nachbarschaft zu verlangen, ohne deren einmütige Zustimmung er nicht als schuldig befunden werden kann; auch kann er nicht gezwungen werden, gegen sich selbst
auszusagen; niemand kann seiner Freiheit beraubt werden außer durch Landesgesetz oder das Urteil von seinesgleichen. …
Art. 10: Allgemeine Vollmachten, durch die ein Beamter oder ein Beauftragter ermächtigt wird, verdächtige Plätze zu durchsuchen, ohne dass eine begangene Tat
erwiesen ist, oder eine oder mehrere Personen, die nicht benannt sind, oder solche,
deren Vergehen nicht durch Beweisstücke genau beschrieben ist oder offensichtlich zutage liegt, festzunehmen, sind kränkend und bedrückend und sollen nicht
genehmigt werden. …
Art. 12: Die Freiheit der Presse ist eines der stärksten Bollwerke der Freiheit und
kann nur durch despotische Regierungen beschränkt werden.
Art. 13: Eine wohlgeordnete Miliz, aus der Masse des Volkes gebildet und im Waffendienst geübt, ist der geeignete, natürliche und sichere Schutz eines freien Staates; stehende Heere sollen in Friedenszeiten als der Freiheit gefährlich vermieden
werden; auf alle Fälle soll das Militär der Zivilgewalt streng untergeordnet und von
dieser beherrscht werden.
Art. 14: Das Volk hat ein Recht auf eine einheitliche Regierung; daher soll keine Regierung gesondert oder unabhängig von der Regierung Virginias innerhalb dessen
Grenzen errichtet oder eingesetzt werden.
Art. 15: Eine freie Regierung und die Segnungen der Freiheit können einem Volke
nur erhalten werden durch strenges Festhalten an der Gerechtigkeit, Mäßigung,
Enthaltsamkeit, Sparsamkeit und Tugend und durch häufiges Zurückgreifen auf die
Grundprinzipien.
8
Art. 16: Die Religion oder die Ehrfurcht, die wir unserem Schöpfer schulden, und
die Art, wie wir sie erfüllen, können nur durch Vernunft und Überzeugung bestimmt sein und nicht durch Zwang oder Gewalt; daher sind alle Menschen
gleicherweise zur freien Religionsausübung berechtigt, entsprechend der Stimme
ihres Gewissens; es ist die gemeinsame Pflicht aller, christliche Nachsicht, Liebe und
Barmherzigkeit aneinander zu üben.
Quelle
Robespierre spricht vor den Jakobinern gegen den Krieg, 12. Dezember 1791.
Aus: Lautemann 1981: 281.
Mir scheint, dass die Leute, die den Krieg provozieren möchten, nur deshalb so denken, weil sie sich über die Art des potentiellen Krieges und über unsere derzeitige
Lage nicht genügend im klaren sind. … Um nun eine Entscheidung zu treffen, haben
wir uns zu fragen, von welcher Art denn der bevorstehende Krieg ist: ist es der Krieg
einer Nation gegen eine andere? Ist es der Krieg eines Königs gegen andere Könige?
Nein, es handelt sich um den Krieg aller Verfassungsgegner gegen die französische
Revolution. Wer aber sind diese Feinde? Hier gibt es zwei Gruppen: die inneren und
die äußeren Feinde. Ob man logischerweise zu den inneren Feinden den Hof und die
Handlanger der Exekutive zählen muss, vermag ich nicht zu sagen. Ich sehe jedoch,
dass die äußeren Feinde, nämlich die französischen Rebellen und alle, die man dazurechnen muss, da sie ihnen zu helfen bereit sind, behaupten, dass sie nur die Verteidiger des französischen Hofs und der französischen Aristokratie seien …
Wem also werdet ihr die Führung dieses Krieges anvertrauen? Etwa den Handlangern der Exekutive? Damit würdet ihr die Sicherheit des Staates denjenigen anvertrauen, die euch verderben wollen. Von daher ergibt sich die Einsicht, dass wir vor
nichts so zurückschrecken müssen wie vor einem Krieg. Der Krieg ist die größte Geißel, die unsere Freiheit unter den gegenwärtigen Umständen bedroht … Es handelt sich hierbei nicht um einen Krieg, der aus der Feindschaft der Völker entflammt, sondern es ist ein mit den Feinden der Revolution abgesprochener Krieg,
und aus dieser Perspektive heraus muss man die wahren Absichten analysieren …
Man will vor allem den Adel wieder in seine Rechte einsetzen. … Man glaubt, mit
uns fertig zu werden, indem man uns einschüchtert … und man wird nur soviel
Macht gegen uns aufbieten, wie nötig sein wird, uns zur Kapitulation bereit zu machen. … Statt eines vernünftigen Gesetzes [gegen die Rebellen] will man einen
Scheinkrieg beginnen … Ein Krieg aber ermöglicht Terror, bringt Gefahren mit sich,
zudem beiderseitige Anstrengungen, Verrate und schließlich Verluste. Das Volk
wird müde. …
Quelle
Das Manifest des Herzogs von Braunschweig vom 25. Juli 1792
Aus: Donath, Markov (1954).
Ihre Majestäten der Kaiser von Österreich und der König von Preussen haben mir
den Oberbefehl über ihre an der Grenze Frankreichs vereinigten Heere übertragen;
…:
Diejenigen, welche sich die Regierung in Frankreich angemaßt haben, sind, nachdem sie die Rechte und Besitzungen der deutschen Fürsten im Elsass und in Lothringen diesen willkürlich entrissen; nachdem sie im Inneren die gute Ordnung und
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die rechtmäßige Regierung gestört und umgestürzt und nachdem sie gegen die
geheiligte Person des Königs und seiner erlauchten Familie Gewalttätigkeiten begangen haben, die sich noch täglich erneuern, endlich so weit gegangen, dass sie
Sr. Majestät dem Kaiser einen ungerechten Krieg erklärten und in seine niederländischen Provinzen einfielen; … Se. Majestät der König von Preussen, mit Sr. kaiserlichen Majestät durch ein enges Schutzbündnis vereinigt und selbst ein mächtiges
Mitglied des deutschen Reiches, konnten somit nicht unterlassen, seinen Verbündeten und seinen Mitständen zu Hilfe zu ziehen; aus diesem doppelten Grunde
übernimmt Se. Majestät die Verteidigung des Kaisers von Deutschland.
Diesem großen Interesse schließt sich noch ein gleich wichtiger Zweck an, welcher
den beiden Monarchen sehr am Herzen liegt, nämlich der, der Gesetzlosigkeit im
Inneren Frankreichs ein Ende zu machen, die Angriffe auf Thron und Altar aufzuhalten, die gesetzliche Gewalt wieder aufzurichten, dem Könige seine Freiheit und Sicherheit wieder zu erstatten und ihm in den Stand zu setzen, die gesetzmäßig ihm
zukommende Gewalt auszuüben.
Überzeugt, dass der gesunde Teil des französischen Volks die Ausschweifungen der
herrschenden Partei verabscheut und dass der größere Teil der Bewohner mit Ungeduld den Augenblick der Hilfe erwartet, um sich offen gegen die verhassten
Maßregeln seiner Unterdrücker zu erklären, fordern ihre Majestäten dieselben auf,
ohne Verzug zur Vernunft, zur Gerechtigkeit, zur Ordnung und zum Frieden zurückzukehren. In dieser Hinsicht erklärt der Unterzeichnende, Oberbefehlshaber der
verbündeten Heere, Folgendes:
dass die beiden verbündeten Höfe durch unwiderstehliche Gründe zu dem gegenwärtigen Kriege bewogen wurden, dass sie dadurch nur das Heil Frankreichs beabsichtigen, aber keineswegs sich durch Eroberungen bereichern wollen;
dass sie nicht die Absicht haben, sich in die innere Regierung Frankreichs zu mischen; sondern dass sie nur den König, die Königin und die königliche Familie aus
der Gefangenschaft befreien und Sr. allerchristlichen Majestät die Mittel verschaffen wollen, ohne Gefahr und Hindernis die Einberufungen vorzunehmen, die sie für
notwendig finden sollte, um für das Wohl ihres Volkes nach den Versprechungen
und so viel von ihr abhängig wird, zu arbeiten; …
Gegeben im Hauptquartier, Koblenz am 25. Juli 1792.
Karl Wilhelm Ferdinand, Herzog von Braunschweig-Lüneburg.
Quelle
Septembermassaker: Bericht des Journalisten Louis Prudhomme über eine Begegnung von Vertretern der
Nationalversammlung mit einem Scharfrichter des Volkes vor dem Gefängnis der Abbaye, 2. September 1792.
Aus: Lautemann 1981: 316.
Da tritt ein Mann aus der Menge und baut sich vor ihnen auf. Er trägt eine eiserne
Lanze, von der das Blut auf seine Hände hinuntertropfte. „Das Blut,“ ruft er, „ist das
von Montmorin und Genossen. Wir stehen auf unserem Posten, geht ihr auf den
euren zurück. Wenn all jene, die wir mit der Rechtsprechung betraut haben, ihre
Pflicht erfüllten, wären wir nicht hier. Wir tun ihre Arbeit und wir gehen noch der
unseren nach. Doch, je mehr Schuldige wir töten, desto mehr bringt sie uns ein.“
Das Volk empfindet ganz menschlich, aber es kennt keine Schwäche; überall, wo es
Verbrechen wittert, zerrt es sie ans Licht, ohne dabei auf Alter, Geschlecht und
Stand der Schuldigen zu achten… Richter! Das Blut, das am 2. und 3. September
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vergossen wurde, soll auf Euch kommen. Ihr seid es, die mit eurem strafbaren
Schlendrian das Volk zu solchen Ausschreitungen getrieben habt, ihr allein seid dafür verantwortlich zu machen. In seiner Ungeduld hat das Volk euch das allzu lange
untätig geblieben Schwert der Gerechtigkeit entrissen und ist nun dabei, eure Aufgaben wahrzunehmen.
Quelle
Dekret des zu Mainz versammelten Rheinisch-Deutschen Nationalkonvents vom 18. März 1793
Aus: http://www.landeshauptarchiv.de/fileadmin/blick/images/18.03.0.4.full.jpg, letzter Zugriff 1. August 2016
Der rheinisch-deutsche Nationalkonvent dekretiert:
Art. 1 Der gesamte Strich Landes von Landau bis Bingen, welcher Deputierte zu
diesem Konvent schickt, soll von jetzt an einen freyen, unabhängigen und unzertrennlichen Staat ausmachen, der gemeinschaftlichen, auf Freyheit und Gleichheit
gegründeten Gesetzen gehorcht.
Art. 2 Der einzige rechtmäßige Souverän dieses Staates, nämlich das freie Volk,
erklärt durch die Stimme seiner Stellvertreter allen Zusammenhang mit dem deutschen Kaiser und Reiche für aufgehoben.
Quelle
Gesetz gegen die Verdächtigen/Loi sur les suspects (17. September 1793)
Aus: Behschnitt 1978:82f.
Artikel 1. Sofort nach Verkündung des vorliegenden Dekrets werden alle verdächtigen Personen, die sich auf dem Territorium der Republik aufhalten und noch
in Freiheit befinden, in Haft genommen.
Artikel 2. Als verdächtige Personen gelten: 1. alle, die sich durch ihr Verhalten oder
ihre Beziehungen oder durch ihre mündlich oder schriftlich geäußerten Ansichten
als Parteigänger der Tyrannen, des Föderalismus und Feinde der Freiheit zu erkennen gegeben haben; 2. alle, die sich nicht auf die durch das Gesetz vom 21. März
dieses Jahres vorgeschriebene Weise über ihre Existenzmittel und die Erfüllung
ihrer Bürgerpflichten ausweisen können; 3. alle, denen das Bürgerzeugnis verweigert worden ist; 4. die durch den Nationalkonvent oder seine Kommissare von ihren
Ämtern suspendierten oder abgesetzten und nicht wiedereingesetzten Staatsbeamten, insbesondere diejenigen, die kraft des Gesetzes vom 12. August dieses Jahres abgesetzt worden sind oder noch abgesetzt werden müssen; 5. alle diejenigen
vormaligen Adligen, ob Männer, Frauen, Väter, Mütter, Söhne oder Töchter, Brüder
oder Schwestern sowie Bevollmächtigten der Emigranten, die nicht dauernd ihre
Verbundenheit mit der Revolution unter Beweis gestellt haben; 6. alle, die in dem
Zeitraum zwischen dem 1. Juli 1789 und der Verkündung des Gesetzes vom 8. April
1792 emigriert sind, auch wenn sie in der durch dieses Gesetz gesetzten Frist oder
auch früher nach Frankreich zurückgekehrt sind.
Artikel 3. Die gemäß dem Gesetz vom 21. März dieses Jahres eingesetzten Überwachungsausschüsse bzw. die … an ihre Stelle getretenen Ausschüsse werden beauftragt, jeweils für ihren Amtsbereich eine Liste der verdächtigen Personen aufzustellen, Verhaftungsbefehle gegen sie auszustellen und ihre Papiere amtlich zu versiegeln. Die Militärkommandanten, denen die Verhaftungsbefehle ausgehändigt
werden, sind, bei Strafe ihrer Absetzung, verpflichtet, sie auf der Stelle auszuführen.
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Artikel 4. Die Mitglieder des Ausschusses können die Verhaftung irgendeiner Person nur anordnen, wenn mindestens sieben von ihnen versammelt sind und der
Beschluss mit absoluter Mehrheit der Stimmen gefasst wurde.
Artikel 5. Die als verdächtig verhafteten Personen werden zunächst in das örtliche
Untersuchungsgefängnis eingeliefert; in Ermangelung eines solchen werden sie in
ihrer Wohnung unter Hausarrest gestellt.
Artikel 6. Innerhalb der darauffolgenden 8 Tage werden die Verhafteten in die
staatlichen Gebäude überführt, welche die Departementsverwaltungen sofort
nach Erhalt des vorliegenden Dekrets zu bestimmen und für ihren Zweck herzurichten verpflichtet sind. …
Artikel 9. Die Überwachungsausschüsse übersenden unverzüglich dem Allgemeinen Sicherheitsausschuss des Nationalkonvents eine Liste der von ihnen in Haft
genommenen Personen, unter Angabe der Haftgründe und Beifügung der bei
ihnen sichergestellten Papiere.
Artikel 10. Die Zivil- und Kriminaltribunale können bei Personen, welche wegen
Vergehen angeklagt sind, betreffs derer eine Anklage für unstatthaft erklärt worden
ist, oder welche von der gegen sie erhobenen Anklage freigesprochen worden
sind, eine Aufrechterhaltung der Haft aus Verdachtsgründen und die Einlieferung
in die obengenannten Haftanstalten verfügen, falls dies erforderlich erscheint.
Quelle
Auszug eines Privatbriefes aus Basel, vom 2ten August 1794, abgedruckt in Vossische Zeitung, Berlin 1794, Nr. 96.
Aus: Böhme-Kuby 1989: 352–353.
Schon lange war es höchst wahrscheinlich, dass Robespierre sich in der despotischen
Gewalt, deren er sich zu bemächtigen gewußt hat, nicht erhalten könnte, und nunmehr ist er wirklich gestürzt. Der Moniteur vom 28sten Jul. enthält folgende sehr interessante Nachricht: „… In der Sitzung am 9ten (27sten Jul.) sind Robespierre der ältere,
Robespierre der jüngere, und Lebas (einige nennen auch Couthon) in Verhaftstand
gesetzt worden; ebenso Henriot, General-Kommandant der bewaffneten Macht in Paris, Dumas, Präsident des Revolutions-Tribunals, und der Generalstab der bewaffneten Macht.“ Wie man versichert, sind Privatbriefe in Hüningen mit der Nachricht, dass
alle Arrestanten schon guillotiniert sind. Noch sagt das Gerücht: es sey auf die Verhaftnehmung Robespierre’ns und seiner Genossen eine schreckliche Insurrektion in Paris
entstanden, und mehrere (vier bis fünf) Partheien mordeten jetzt einander. Wir erwarten nun mit Ungeduld die nächste Post; aber wenn ein solches Blutbad in Paris Statt
findet, so ist zu fürchten, dass sie ausbleiben wird.
Quelle
Brief aus Paris vom 17. September 1794, abgedruckt in Vossische Zeitung, Berlin 1794, Nr. 128.
Aus: Böhme-Kuby 1989: 365–366.
Man fängt allgemein an einzusehen, dass die Nation, wenn alles auf dem bisherigen Fuße bliebe, nothwendig in Barbarei und gänzliches Elend versinken müsste.
Daher ist im National-Konvent dieser Tage dekretiert worden, dass die Mitglieder
der Versammlung und der Volksgesellschaften so bald als möglich Mittel vorschlagen sollen, Handel, Ackerbau, Künste und Wissenschaften, welche bisher durch die
Stürme der Revolution und gleichsam durch den Vandalismus vernichtet worden,
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wieder in Aufnahme zu bringen. Bourdon de l’Oise äußerte sich bei dieser Gelegenheit: „… Die revolutionären Maaßregeln müssten nun ein Ende nehmen, und es sey
Zeit, das System der Oekonomie und einer guten Staatsverfassung wieder zu befolgen.“ Weil man die Richtigkeit dieser Behauptungen anerkennt, fand auch der Vorschlag, die Nationaldomainen itzt gleich zu vertheilen, lebhaften Widerstand. Lozeau sagte: ein solches Projekt würde den Verlust des öffentlichen Credits, einen
National-Bankerott, und die Unmöglichkeit den Krieg so lange zu führen, bis die
Republik von den alliirten Mächten anerkannt sey, zur Folge haben. Es sey unmöglich, behauptete er ferner, dass der größere Theil einer aus 24 Millionen Menschen
bestehenden Nation Eigenthum erhalten könne. Die Theilung der großen Domainen sey allerdings wünschenswerth; aber sie müsse dem öffentlichen Wohl untergeordnet seyn ….
Quelle
Friede von Basel, 5. April 1795
Aus: Demel/Puschner 1995: 28f.
Art. 1 Es soll Friede, Freundschaft und gutes Einverständniß seyn zwischen der
fränkischen Republik und dem Könige von Preussen, sowohl als solchem, als in seiner Eigenschaft eines Kurfürsten von Brandenburg und MitStandes des teutschen
Reiches.
Art. 2 Dem zu Folge sollen alle Feindseligkeiten zwischen den beiden contrahierenden Mächten, von der Genehmigung des gegenwärtigen Vertrags an, aufhören,
und keine von beiden soll, von dem gleichen Zeitpunkt an gerechnet, gegen die
andre, in welcher Eigenschaft und unter welchem Namen es auch sey, einige Hilfe
oder Contingent, es sey an Mannschaft, Pferden, Lebensmitteln, Geld, KriegsMunition, oder sonst etwas leisten. …
Art. 4 Die Truppen der fränkischen [französischen] Republik werden, innerhalb vierzehn Tagen nach der Ratification des gegenwärtigen Vertrags, den Theil der Preussischen Staaten, welchen sie auf dem rechten Ufer des Rheins besezt haben könnten, räumen. Die Contributionen, alle Arten von Lieferungen und KriegsLeistungen,
sollen innerhalb 14 Tagen, nach der Unterzeichnung dieses Vertrages, aufhören ….
Art. 5 Die Truppen der fränkischen Republik werden den Theil der Staates des Königs von Preussen, der am linken Ufer des Rheins liegt, noch ferner besezt halten.
Alle endliche Uibereinkunft im Betref dieser Länder soll bis zur allgemeinen FriedensVerhandlung zwischen Frankreich und dem teutschen Reiche ausgesezt bleiben.
Quelle
Aus Paris vom 26. Oktober 1795, abgedruckt in Vossische Zeitung, Berlin 1795, Nr. 135.
Aus: Böhme-Kuby 1989: 381.
Heute Mittag hört der Konvent und mit demselben die Revolution auf. Nachmittag
erfolgt die Einrichtung des Raths der Alten. Sobald man damit fertig ist, schlägt der
Rath der 500 dem Rath der Alten die Kandidaten zum Vollziehungs-Direktorium
vor, und dieser ernennt die 5 Direktoren. Jedermann scheint zu wünschen, dass
schon alles beendigt und zugleich die konstitutionelle Regierung in Gang gebracht
seyn möchte.
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Quelle
Aus Paris vom 12. Juni 1795, abgedruckt in Vossische Zeitung, Berlin 1795, Nr. 77.
Aus: Böhme-Kuby 1989: 375f.
Das Absterben des Sohnes Ludwigs XVI. hat zu einer Menge seltsamer Gerüchte
Anlass gegeben. Einige halten diesen Todesfall für eine Erdichtung und fügen
hinzu, dass sich der angebliche Todte schon seit langer Zeit nicht mehr im Tempel
befunden habe; andere sagen, der Prinz sei schon vor einem Jahre durch Gift getödtet worden, ja einige Übelgesinnte gehen sogar so weit, das Gehässige jenes
Vorgehens auf die jetzige Regierung zu werfen. Um diese Gerücht zu widerlegen
und den nachtheiligen Folgen vorzubeugen, ist in dem gestrigen Messager du Soir
folgendes eingerückt worden. „Der wirkliche erfolgte und natürliche Tod eines Kindes, welches man nicht als gewöhnliches Kind ansehen kann, weil es nicht wie der
Sohn eines Sanscülotten frei in den Straßen umherlaufen konnte, sondern Tag und
Nacht von einer ansehnlichen bewaffneten Macht bewacht wurde, musste, wir wollen nicht sagen zur Ehre des Konvents, sondern zur Erhaltung der öffentlichen
Ruhe und zur Beschämung der Uebelgesinnten durch die Eröfnung des Leichnames feierlich erwiesen werden. Der Konvent darf keinesfalls den Argwohn aufgeklärter Bürger fürchten; allein die Uebelgesinnten sind rastlos beschäftigt, die
Schwachen auf Irrwege zu leiten, und diese bedürfen einer Aufklärung.“ Zu der
Eröfnung des Leichnames, die gestern Abend erfolgte, hatte der Wohlfahrtsausschuss den Toskanischen Gesandten Grafen von Carletti ersuchen lassen, seinem
Sekretär aufzutragen, bei derselben zugegen zu sein. Gestern wurde die Leiche auf
dem St. Margarethen-Kirchhofe beigesetzt. Die Schwester des Verstorbenen, die
sich noch immer im Tempel befindet, und daselbst von 50 Mann bewacht wird, ist
seit einiger Zeit kränklich.
Quelle
Artikel der Verfassung des Jahres III zu Kirchenfragen, 22. August 1795 (5. Fructidor des Jahres III).
Aus: Lautemann 1981: 463.
Art. 354: Niemand darf daran gehindert werden, den Kult auszuüben, den er gewählt hat, wenn er sich in den Grenzen der Gesetze hält.
Niemand kann gezwungen werden, Ausgaben für einen anderen Kult zu leisten.
Die Republik zahlt für keinen Kult.
Quelle
Babeuf über das Eigentum, 24. März 1796 (4. Germinal des Jahres IV). Abgedruckt in einem Artikel der Zeitung Journal des hommes libres.
Aus: Lautemann 1981: 459–460.
Anscheinend kann man, wie du sagst, die wirkliche Abschaffung des Eigentums
und die Herstellung von Gütergleichheit nur mittels Raub und Bürgerkrieg erreichen. …
Ich sage es noch einmal, ich bin überzeugt, dass es nur dieses Festen Glaubens bedarf, um eine Garantie für die Möglichkeit zu schaffen, und ich sehe nicht, dass es
außerordentlicher Tugenden bedürfe, um eine Ordnung der Dinge anzuerkennen,
die als einzige ausgewiesen ist, in der man das bessere Dasein, das nonplusultra
des Glücks findet. Es bedarf für so etwas nur der Selbstliebe, der Liebe zur eigenen
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Ruhe, zu dauerhafter und ungestörter Behaglichkeit in jeder Hinsicht; man braucht
nur die größte mögliche Summe von persönlichen Genüssen zu lieben; und diese
Tugend, – die Natur hat sie mit der größten Sorgfalt in das Herz der Menschen eingepflanzt. Das ist, weil sie mit äußerster Zähigkeit daran festhält, dass blinde Leidenschaft auf einen falschen Weg geführt hat, so dass die Eigenliebe jeden dazu
gebracht hat zu arbeiten, um maßlos sein Haben zu vermehren; man hätte glauben können, dass dies das einzige Mittel sei, die größte Zahl von Menschen zu
einem glücklichen Zustand zu bringen. Zeigt, dass dies ein Irrtum ist, überzeugt
jeden, dass es einen anderen Weg gibt, auf dem die Mehrheit den Gipfel des
Glücks erreicht; ihr werdet sehen, dass die Masse, ohne eine andere Tugend als die
Eigenliebe nötig zu haben, sich nicht lange bitten läßt, euer Mittel anzunehmen.
Quelle
Der Staatsstreich vom 18. Fructidor V (4. September 1797) in der Zeitung Le Moniteur Nr. XXVIII, 1797,
S. 792.
Aus: Lautemann 1981: 465.
Paris, am 18. Fructidor
In der letzten Nacht wurde um drei Uhr morgens die Alarmkanone abgefeuert, die
Sitzungssäle der beiden Räte wurden besetzt und die Schranken geschlossen. Um
sieben Uhr wurde der Befehlshaber der Grenadiere des Gesetzgebenden Körpers
des Kommandos enthoben und verhaftet, und die Grenadiere folgten mit den Rufen: „Es lebe die Republik!“ dem General Augereau, der sie bis dicht an das Hauptquartier der 17. Militärdivision führte. Die Truppen besetzten den Pont-au-Change,
den Pont-Neuf, die Tuilerienbrücke und die Revolutionsbrücke [Pont de la Concorde]. Mehrere Geschütze sperrten den Weg über jede dieser Brücken.
Plakate, die in allen Straßen angeschlagen wurden, enthielten [General] Pichegru
zugeschriebene Briefe, in denen er mit Vertretern Ludwigs XVIII. und dem Prinzen
Condé Gedanken über die Mittel austauschte, den Prätendenten auf den Thron zu
setzen.
Diese Briefe schienen nach den Einzelheiten, die sie enthielten, in der Zeit geschrieben zu sein, da Pichegru an der Spitze der Armee stand, denn er schlug
vor, den Rhein an einem Punkte, den man nennen würde, mit soviel Truppen zu
überschreiten, wie man wünschte, sich mit dem Prinzen von Condé zu vereinigen
und gemeinsam mit ihm auf Paris zu marschieren, nachdem österreichische Garnisonen nach Hüningen und anderen französischen Festungen verlegt worden
wären.
Quelle
Die in Straßburg erscheinende Rheinische Kronik kommentierte die Ausrufung der Cisrhenanischen Republik
wie folgt:
Aus: Rheinische Kronik, Nr. 5 vom 28. September 1797:
Aus Bonn schreibt man: jede Burg, jedes Dorf, und jeder Fleken um uns her, erklärt
sich für die Freiheit; wir sind in der besten Hoffnung, dass Aachen bald gemeinschaftliche Sache mit uns machen werde. – Die fränkischen [französischen] Kommissare haben Befehle, die Volks=Stimmen zu sammeln. – Das Volk ist von Duisburg bis an den Speirbach durch eine Proklamation eingeladen, die rheinisch teutsche Republik zu formieren.
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Quelle
Konsulatsverfassung, Frankreich, 1799.
Aus: http://www.verfassungen.eu/f/fverf99.htm, letzter Zugriff 2. August 2016.
Art. 39. Die Regierung ist dreien Consuln, welche auf 10 Jahre ernannt werden und
unbeschränkt wählbar sind, anvertraut. … Die Verfassung ernennt zum ersten Consul den Bürger Bonaparte, gewesenen provisorischen Consul; zum zweiten den
Bürger Cambracères, gewesenen Minister der Gerechtigkeitspflege; und zum dritten Consul den Bürger Lebrun, gewesenes Mitglied des Rats der Alten. Für dieses
Mal ist der dritte Konsul auf 5 Jahre ernannt.
Art. 40. Der erste Consul hat besondere Amtsverrichtungen und Befugnisse, in
welchen er, falls es nöthig ist, augenblicklich durch einen seiner Amtsgenossen ersetzt werden kann.
Art. 41. Der erste Consul verkündet die Gesetze; er ernennt und entsetzt nach
Willkühr die Mitglieder des Staatsrates, die Minister, die Gesandten und andere auswärtige Oberbeamten (Agents en Chef), die Offiziere der Land- und Seemacht, die
Mitglieder der örtlichen Verwaltungen, und die Regierungscommissarien bei den
Gerichtshöfen. Er ernennt alle Criminal- und Civilrichter, ausgenommen die Friedens- und Cassationsrichter, ohne jedoch sie absetzen zu können.
Art 42. In den übrigen Verhandlungen der Regierung haben der zweite und dritte
Consul beratende Stimmen; sie unterzeichnen die Protokolle dieser Verhandlungen, um ihre Gegenwart zu beweisen, und können, wenn sie wollen, ihre Meinung
darin eintragen, worauf die Entscheidung des ersten Consul hinreichend ist. …
Art. 44. Die Regierung schlägt die Gesetze vor, und macht die nöthigen Verordnungen, um ihre Vollziehung zu sichern.
Quelle
Das Ende des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation, 6. August 1806: Abdikationsurkunde Kaiser
Franz’ II.
Aus: Lautemann 1981: 550f.
Wir Franz der Zweite, von Gottes Gnaden, erwählter Römischer Kaiser, zu allen
Zeiten Mehrer des Reiches, Erbkaiser von Österreich etc. König in Germanien, zu
Hungarn, Böheim, Croation, Dalmatien, Slavonien, Galizien, Lodomerien und Jerusalem, Erbherzog von Österreich etc. Nach dem Abschlusse des Pressburger Friedens [1805] war Unsere ganze Aufmerksamkeit und Sorgfalt dahin gerichtet, alle
Verpflichtungen, die wir dadurch eingegangen waren, mit gewohnter Treue und
Gewissenhaftigkeit das vollkommenste Genüge zu leisten und die Segnungen des
Friedens unseren Völkern zu erhalten. … Die Forderungen, welche mehreren Artikeln des Pressburger Friedens gleich nach deren Bekanntmachung und bis jetzt gegeben worden, und die allgemein bekannten Ereignisse, welche darauf im deutschen Reiche Statt hatten, haben Uns aber die Überzeugung gewährt, dass es unter
den eingetretenen Umständen unmöglich sein werde, die durch den Wahlvertrag
eingegangenen Verpflichtungen ferner zu erfüllen: … Bei der hierdurch vollendeten Überzeugung, von der gänzlichen Unmöglichkeit, die Pflichten Unseres kaiserlichen Amtes länger zu erfüllen, sind Wir es Unsern Grundsätzen und Unserer Würde
schuldig, auf eine Krone zu verzichten, welche nur so lange Werth in Unsern Augen
haben konnte, als Wir dem von Churfürsten, Fürsten und Ständen und übrigen An-
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gehörigen des deutschen Reichs Uns bezeigten Zutrauen zu entsprechen und den
übernommenen Obliegenheiten ein Genüge zu leisten im Stande waren.
Wir erklären demnach durch Gegenwärtiges, dass Wir das Band, welches Uns bis
jetzt an den Staatskörper des deutschen Reichs gebunden hat, als gelöst ansehen,
dass Wir das reichsoberhauptliche Amt und Würde durch die Vereinigung der conföderierten rheinischen Stände als erloschen und Uns dadurch von allen übernommenen Pflichten gegen das deutsche Reich losgezählt betrachten, und die von wegen desselben bis jetzt getragene Kaiserkrone und geführte kaiserliche Regierung,
wie hiermit geschieht, niederlegen.
Wir entbinden zugleich Churfürsten, Fürsten und Stände und alle Reichsangehörigen, insonderheit auch die Mitglieder der höchsten Reichsgerichte und die übrige
Reichsdienerschaft, von ihren Pflichten, womit sie an Uns, als das gesetzliche Oberhaupt des Reichs, durch die Constitution gebunden waren. Unsere sämtlichen
deutschen Provinzen und Reichsländer zählen Wir dagegen wechselseitig von allen
Verpflichtungen, die sie bis jetzt, unter was immer für einem Titel, gegen das deutsche Reich getragen haben, los, und Wir werden selbige in ihrer Vereinigung mit
dem ganzen österreichischen Staatskörper, als Kaiser von Österreich, unter den wiederhergestellten und bestehenden friedlichen Verhältnissen mit allen Mächten und
benachbarten Staaten, zu jener Stufe des Glückes und Wohlstandes zu bringen beflissen sein, welche das Ziel aller Unserer Wünsche, der Zweck Unserer angelegensten Sorgfalt stets sein wird.
Quelle
Georg Forster an Christian Wilhelm Dohm (1751–1820), Brief aus Mainz vom Sommer 1790:
Aus: Günther 1985: 651.
Auf dem schnellen Fluge durch Frankreich – wir waren nur 3 Tage in Paris – glaube
ich doch bemerkt zu haben, dass die Revolution mehr, als man in Deutschland
glaubt, konsolidiert sei. Alles ist bereits neu organisiert, und der Landmann ist wirklich in der Lage der öffentl. Angelegenheiten zu wohl unterrichtet, hat zu klare Begriffe vom Staatsbedürfnis, um zu erwarten, was man von ihm gesagt hat, dass er
jetzt von allen Abgaben frei bleiben werde. … so scheint es doch, als ob die politischen Gewitter, die der jungen französischen Freiheit drohen, wohl zerpuffen könnten, ohne einzuschlagen.- Hier [in Mainz] freilich räsoniert man so strohdumm über
die Revolution, dass man sich mit Ekel wegwenden muss; und die Furcht, welche
dieses Deräsonnement mit der Dummheit erzeugt, ist doch im Grunde eine leere
Furcht. Deutschland ist noch weit von der Nachahmungsperiode, was diesen Punkt
betrifft, denn wo sind die Köpfe und ist das Geld?
Quelle
So schrieb der Mannheimer Jude Abraham Lembert in der in Straßburg erscheinenden Zeitung Der Republikanische Wächter:
Aus: Der Republikanische Wächter, Nr. 11 vom 28. Oktober 1795: 219.
Man erwäge auch hier, wieviel Frankreich gewinnen wird, durch die Menge der Gelehrten, von Künstlern und Kaufleuten und von ächten Republikanern, die uns vom
Übrigen Deutschland vom linken Rheinufer zuströmen werden.
17
Quelle
In der ebenfalls in Straßburg erscheinenden Rheinischen Zeitung, an der u.a. der Mainzer Jakobiner Georg
Wedekind mitarbeitete, hieß es im Februar 1796:
Aus: Rheinische Zeitung, Nr. 11 vom 2. Februar 1796: 48.
Dann wird der Frieden allgemein und dauerhaft sein, dann wird die europäische
Republik nur durch Geseze regiert werden. Jener Bund erwekt den deutschen
Fürsten=Bund wieder, und die teutsche Reichs=Konstitution kann dadurch in die
Gewährleistung der Freiheit Europas umgeschaffen werden. Der Kosmopolit sieht
den ewigen Glücks=Tag der Menschheit anbrechen; die Morgenröte derselben ist
Frankreichs Revolution.
Quelle
Adresse der Gesellschaft der Volksfreunde (La Société des Amis du Peuple, Comité de Strasbourg) an die
Assemblée Patriotique Allemande réunie á Hambach (den patriotischen Bundesverein Deutschlands in Hambach) von 1832
Aus: 150 Jahre Hambacher Fest 1982: 36.
Deutsche Männer! Der Cultus der Freiheit ist allen gebildeten Völkern gemein. Es
ist die Religion der Männer, deren Herz für Vaterland und für die Menschheit
schlägt. … Schließet den Bund der Völkereinheit unter Euren getrennten Fürstenstaaten. Zernichtet die Fesseln, die der Absolutismus zu Eurer Trennung geschmiedet. … Das Frankenvolk jauchzet Euerem muthvollen Streben Beifall zu, es theilt
Eure Wünsche. Obgleich es in den Julitagen diesem Geiste der Freiheit den ersten
Aufschwung gegeben, der die Welt jetzt in Bewegung setzt, so seufzt es nichts destoweniger unter den Folgen der bittersten Täuschungen, als Opfer seines Vertrauens in gewisse Menschen, die ihm keine andere Bürgschaft darboten, als ihre falschen und prahlerischen Versprechungen. Möchte sein Beispiel Euch zur zweifachen Lehre dienen! Empfanget nun, besonders, die Versicherung des biedern
Brudersinns, den Euch Straßburgs Patrioten auf alle Zeiten weihen. … Auch sie sind
bereit, gleich Euch und mit Euch mit Blut und Leben das Interesse Aller, das Interesse der Freiheit zu befordern und zu wahren.
Quelle
Verfassung der helvetischen Republik, vom 12. April 1798
Aus: Quellenbuch zur neueren Schweizerischen Geschichte 1992: 126.
1. Die helvetische Republik macht einen unzertheilbaren Staat aus. …
2. Die Gesamtheit der Bürger ist der Souverän oder Oberherrscher. … Die Regierungsform … soll allzeit eine repräsentative Demokratie sein.
3. Das Gesetz ist die Erklärung des Willens des Gesetzgebers, welchen er auf eine
durch die Constitution festgesetzte Art kundgemacht hat.
4. Die zwei Grundlagen des öffentlichen Wohls sind Sicherheit und Aufklärung. Aufklärung ist besser als Reichthum und Pracht.
5. Die natürliche Freiheit des Menschen ist unveräußerlich. Sie hat keine anderen
Grenzen als die Freiheit jedes andern und gesetzmäßig erwiesene Absichten
eines allgemein nothwendigen Vortheils. Das Gesetz verbietet jede Art von Ausgelassenheit; es muntert auf, Gutes zu thun.
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6. Die Gewissensfreiheit ist uneingeschränkt; jedoch muss die öffentliche Äußerung
von Religionsmeinungen den Gesinnungen der Eintracht und des Friedens untergeordnet sein. …
7. Die Pressefreiheit ist eine natürliche Folge des Rechtes, das jeder hat, Unterricht
zu erhalten.
8. Es giebt keine erbliche Gewalt, Rang noch Ehrentitel. Jeder Gebrauch oder jede
darauf zielende Einsetzung soll durch Strafgesetze verboten werden.
9. Privateigenthum kann vom Staat nicht anders verlangt werden als in dringenden
Fällen oder zu einem allgemeinen, offenbar nothwendigen Gebrauch und dann
nur gegen eine gerechte Entschädigung.
Quelle
Gründung der London Corresponding Society am 24./25. Mai 1792.
Ihr Sekretär und Schatzmeister Thomas Hardy (1752–1832), ein schottischer Schuhmacher, wurde zusammen mit
einigen Mitgliedern 1794 verhaftet, vor Gericht gestellt, dann aber frei gesprochen.
Aus: Lautemann 1981: 508.
In der Gewissheit, dass der Mensch, der einzelne Mensch, das Recht hat, die Freiheit
als sein Geburtsrecht zu verlangen, ziehen wir den natürlichen Schluss, dass er als
Mitglied der Gesellschaft die unabdingbare Pflicht auf sich nimmt, diese Freiheit als
kostbares Gut seiner Mitbürger für seine und ihre Nachkommen unverletzt zu erhalten. …
Unter diesen erbittet die Londoner Korrespondierende Gesellschaft bescheiden,
aber fest die Aufmerksamkeit des Landes für folgende Beschüsse: Beschluss, dass
I. Jedes Individuum ein Recht hat, an der Regierung der Gesellschaft teilzunehmen,
deren Glied es ist – ausgenommen die Rechtsunfähigen; …
III. es nicht weniger das Recht als auch die Pflicht eines jeden Bürgers ist, ein wachsames Auge auf die Regierung seines Landes zu haben, dass nicht die Gesetze
durch Vervielfachung ihrer Zahl zur Unterdrückung ausarten, und dass nicht diejenigen, die mit der Regierung betraut sind, ihre Privatinteressen für öffentlichen
Nutzen ausgeben. …
VII. eine faire, gleiche und unparteiische Repräsentation nur dann möglich ist,
wenn alle Privilegien abgeschafft sind;
VIII. diese Gesellschaft ihren Abscheu vor Tumult und Gewalt kundtut – sie strebt
nach Reform, nicht nach Anarchie – Vernunft, Stärke und Einigkeit sind die einzigen
Waffen, deren sie sich bedienen wird. Gegen den Mißbrauch der Gewalt sie zu gebrauchen, will sie ihre Mitglieder gewinnen.
Quelle
Dekret des Nationalkonvents vom 16. Pluviôse II (4. Februar 1794)
Aus: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:D%C3%A9cret_d’abolition_de_l’esclavage_du_16_pluvi%C3%B4se
_an_II.png, letzter Zugriff 2. August 2016.
Der Nationalkonvent erklärt die Sklaverei der Neger in allen Kolonien für abgeschafft. Demzufolge dekretiert er, dass alle Menschen ohne Unterschied der Hautfarbe, die in den Kolonien ihren Wohnsitz haben, französische Bürger sind und
sämtlich durch die Verfassung garantierte Rechte genießen.
19
Quelle
Verfassung von Saint-Domingue, 9. Mai 1801
Aus: Buch 1976: 124–127.
Art. 1 St. Domingue und die angrenzenden Inseln bilden das Territorium einer einzelnen Kolonie, die zwar Teil Frankreichs ist, aber ihren eigegen Grenzen unterliegt. …
Art. 3 Es gibt keine Sklaven mehr auf diesem Territorium; die Sklaverei ist für immer
abgeschafft. Alle Menschen hier werden geboren, leben und sterben frei und als
Franzosen.
Art. 4 Jedermann, gleich welcher Hautfarbe, hat Zugang zu allen Berufen und öffentlichen Ämtern; das Gesetz ist für alle gleich. …
Art. 6 Die einzige Religion, die öffentlich ausgeübt werden darf, ist die römisch-katholische. …
Art. 28 Die Verfassung beruft als Gouverneur den Bürger Toussaint Louverture,
obersten General der Armee von St. Domingue; in Anbetracht seiner Verdienste um
das Wohlergehen der Kolonie, in der kritischen Phase der Revolution, wird ihm die
Leitung der Regierungsgeschäfte für die gesamte Dauer seines ruhmreichen Lebens übertragen. …
Art. 30 Um Ruhe und Ordnung zu sichern, welche die Kolonie der Festigkeit, Entschlossenheit und unermüdlichen Tatkraft des Generals Toussaint Louverture verdankt, verleiht ihm die Verfassung das außerordentliche Recht, seinen unmittelbaren Nachfolger selbst zu bestimmen. …
Art. 34 Er erlässt und bestätigt alle Gesetze, nimmt Berufungen auf alle zivilen und
militärischen Posten vor. …
Art. 39 Er überwacht und zensiert, durch seine Kommissare, alle auf der Insel gedruckten Schriften: er beschlagnahmt alle ausländischen Druckerzeugnisse, die geeignet scheinen, die Sitten zu verderben oder die Ruhe der Kolonie stören; er bestraft die Verfasser oder Verbreiter solcher Schriften gemäß der Schwere ihres Vergehens.
Art. 40 Sollte dem Gouverneur zu Ohren kommen, dass eine Verschwörung gegen
die Sicherheit der Kolonie im Gange ist, lässt er sofort alle Personen festnehmen, die
als Urheber oder Komplizen verdächtig sind und übergibt sie, nachdem sie einem
außergerichtlichem Verhör unterzogen worden sind, dem zuständigen Gericht.
Quelle
Rede Simón Bolívars vor dem Kongress in Angostura am 15. Februar 1819
Aus: Rinke 2010: 26f.
Meine Herren! Glücklich der Bürger, der unter dem Schutz der Streitkräfte, die unter
seinem Befehl stehen, die nationale Souveränität einberufen hat, damit sie ihren
unumschränkten Willen ausführe! Ich jedenfalls rechne mich zu den von der göttlichen Vorhersehung begünstigten Wesen, weil ich die Ehre hatte, die Vertreter des
Volkes von Venezuela zu diesem erlauchten Kongress, Quelle der rechtmäßigen Autorität, Hort des souveränen Willens und Herr über das Schicksal der Nation, zu versammeln.
Wenn ich nun die mir bisher anvertraute höchste Gewalt den Volksvertretern übertrage, erfülle ich die Wünsche meines Herzens, die meiner Mitbürger und die unserer künftigen Generationen, welche von Eurer Weisheit, Geradlinigkeit und Klugheit
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alles erwarten. Mit der Erfüllung dieser süßen Pflicht befreie ich mich von der ungeheuren Machtfülle, die mich erstickte, und von der grenzenlosen Verantwortung,
die auf meinen schwachen Schultern lastete. Nur notgedrungen und dem gebieterischen Willen des Volkes gehorchend hatte ich mich dem schrecklichen und gefährlichen Amt des Diktators und Oberbefehlshabers der Republik gestellt. Aber
nun atme ich auf und gebe Euch diese Autorität zurück, welche ich mit so viel Risiko, unter Schwierigkeiten und Schmerz inmitten der grauenhaftesten Widrigkeiten, die eine Gesellschaft quälen könnte, behauptete ….
Der Verbleib der Autorität bei ein und demselben Individuum war häufig das Ende
demokratischer Regierungen. Wiederkehrende Wahlen sind in den Volksherrschaften wesentlich, weil nichts so gefährlich ist, wie die Macht über lange Zeit bei ein
und demselben Bürger zu belassen. Das Volk gewöhnt sich daran, ihm zu gehorchen, und er gewöhnt sich daran, ihm zu befehlen. Hieraus entspringt die Usurpation und Tyrannei. Gerechter Argwohn ist die Garantie der republikanischen Freiheit, und unsere Bürger müssen mit nur allzu großer Berechtigung fürchten, dass
derselbe Regierende, der sie lange regiert, sie auf ewig führen wird.
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Ergänzende Quellen
Quelle
Die Proklamation der Menschenrechte: Offizielles Dekret der Nationalversammlung vom 03. September 1791
Präambel
„Les représentants du peuple français, constitués en Assemblée nationale, considérant
que l’ignorance, l’oubli ou le mépris des droits de l’homme sont les seules causes des
malheurs publics et de la corruption des gouvernements, ont résolu d’exposer, dans
une déclaration solennelle, les droits naturels, inaliénables et sacrés de l’homme, afin
que cette déclaration, constamment présente á tous les membres du corps social, leur
rappelle sans cesse leurs droits et leurs devoirs ; afin que les actes du pouvoir législatif
et ceux du pouvoir exécutif, pouvant Þtre á chaque instant comparés avec le but de
toute institution politique, en soient plus respectés ; afin que les réclamations des citoyens, fondées désormais sur des principes simples et incontestables, tournent toujours au maintien de la Constitution et au bonheur de tous.“
„En conséquence, l’Assemblée nationale reconnaît et déclare, en présence et sous les
auspices de l’tre SuprÞme, les droits suivants de l’homme et du citoyen.“
„Die Vertreter des französischen Volkes, als Nationalversammlung konstituiert, haben unter der Berücksichtigung, dass die Unkenntnis, die Achtlosigkeit oder die
Verachtung der Menschenrechte die einzigen Ursachen des öffentlichen Unglücks
und der Verderbtheit der Regierungen sind, beschlossen, die natürlichen, unveräußerlichen und heiligen Rechte der Menschen in einer feierlichen Erklärung darzulegen, damit diese Erklärung allen Mitgliedern der Gesellschaft beständig vor Augen
ist und sie unablässig an ihre Rechte und Pflichten erinnert; damit die Handlungen
der Legislative und jene der Exekutive in jedem Augenblick mit dem Ziel jeder politischen Einrichtung verglichen werden können und dadurch mehr respektiert werden; damit die Ansprüche der Bürger, fortan auf einfache und unbestreitbare
Grundsätze begründet, sich immer auf die Erhaltung der Verfassung und das Allgemeinwohl richten mögen.“
Dementsprechend anerkennt und erklärt die Nationalversammlung in Gegenwart
und unter dem Schutze des höchsten Wesens folgende Menschen- und Bürgerrechte.
Artikel 1
„Les hommes naissent et demeurent libres et égaux en droits. Les distinctions sociales
ne peuvent Þtre fondées que sur l’utilité commune.“
Die Menschen (Männer[3]) werden frei und gleich an Rechten geboren und bleiben
es. Gesellschaftliche Unterschiede dürfen nur im allgemeinen Nutzen begründet sein.
Artikel 2
„Le but de toute association politique est la conservation des droits naturels et imprescriptibles de l’homme. Ces droits sont la liberté, la propriété, la sûreté et la résistance á
l’oppression.“
Der Zweck jeder politischen Vereinigung ist die Erhaltung der natürlichen und
unantastbaren Menschenrechte. Diese sind das Recht auf Freiheit, das Recht auf Eigentum, das Recht auf Sicherheit und das Recht auf Widerstand gegen Unterdrückung.
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Artikel 3
„Le principe de toute souveraineté réside essentiellement dans la nation, nul corps, nul
individu ne peut exercer d’autorité qui n’en émane expressément.“
Der Ursprung jeder Souveränität liegt ihrem Wesen nach beim Volke. Keine Körperschaft und kein Einzelner kann eine Gewalt ausüben, die nicht ausdrücklich von
ihm ausgeht.
Artikel 4
„La liberté consiste á pouvoir faire tout ce qui ne nuit pas á autrui : ainsi l’exercice des
droits naturels de chaque homme n’a de bornes que celles qui assurent aux autres
membres de la société la jouissance de ces mÞmes droits. Ces bornes ne peuvent Þtre
déterminées que par la loi.“
Die Freiheit besteht darin, alles tun zu dürfen, was einem anderen nicht schadet:
Die Ausübung der natürlichen Rechte eines jeden Menschen hat also nur die Grenzen, die den anderen Mitgliedern der Gesellschaft den Genuss ebendieser Rechte
sichern. Diese Grenzen können nur durch das Gesetz bestimmt werden.
Artikel 5
„La loi n’a le droit de défendre que les actions nuisibles á la société. Tout ce qui n’est
pas défendu par la loi ne peut Þtre empÞché, et nul ne peut Þtre contraint á faire ce
qu’elle n’ordonne pas.“
Das Gesetz darf nur solche Handlungen verbieten, die der Gesellschaft schaden. Alles, was durch das Gesetz nicht verboten ist, darf nicht verhindert werden, und niemand kann gezwungen werden zu tun, was es nicht befiehlt.
Artikel 6
„La loi est l’expression de la volonté générale. Tous les citoyens ont droit de concourir
personnellement, ou par leurs représentants, á sa formation. Elle doit Þtre la mÞme
pour tous, soit qu’elle protège, soit qu’elle punisse. Tous les citoyens, étant égaux á ses
yeux, sont également admissibles á toutes dignités, places et emplois publics, selon
leurs capacités et sans autre distinction que celle de leurs vertus et de leurs talents.“
Das Gesetz ist der Ausdruck des allgemeinen Willens. Alle Bürger haben das Recht,
persönlich oder durch ihre Vertreter an seiner Gestaltung mitzuwirken. Es muss für
alle gleich sein, mag es beschützen oder bestrafen. Da alle Bürger vor ihm gleich
sind, sind sie alle gleichermaßen, ihren Fähigkeiten entsprechend und ohne einen
anderen Unterschied als den ihrer Eigenschaften und Begabungen, zu allen öffentlichen Würden, Ämtern und Stellungen zugelassen.
Artikel 7
„Nul homme ne peut Þtre accusé, arrÞté ni détenu que dans les cas déterminés par la
loi, et selon les formes qu’elle a prescrites. Ceux qui sollicitent, expédient, exécutent ou
font exécuter des ordres arbitraires, doivent Þtre punis; mais tout citoyen appelé ou
saisi en vertu de la loi doit obéir á l’instant; il se rend coupable par la résistance.“
Niemand darf angeklagt, verhaftet oder gefangengehalten werden, es sei denn in den
durch das Gesetz bestimmten Fällen und nur in den von ihm vorgeschriebenen Formen. Wer willkürliche Anordnungen verlangt, erlässt, ausführt oder ausführen lässt,
muss bestraft werden; aber jeder Bürger, der kraft Gesetzes vorgeladen oder festgenommen wird, muss sofort gehorchen; durch Widerstand macht er sich strafbar.
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Artikel 8
„La loi ne doit établir que des peines strictement et évidemment nécessaires, et nul ne
peut Þtre puni qu’en vertu d’une loi établie et promulguée antérieurement au délit et
légalement appliquée.“
Das Gesetz soll nur Strafen festsetzen, die unbedingt und offenbar notwendig sind,
und niemand darf anders als aufgrund eines Gesetzes bestraft werden, das vor Begehung der Straftat beschlossen, verkündet und rechtmäßig angewandt wurde.
Artikel 9
„Tout homme étant présumé innocent jusqu’á ce qu’il ait été déclaré coupable, s’il est
jugé indispensable de l’arrÞter, toute rigueur qui ne sera pas nécessaire pour s’assurer
de sa personne doit Þtre sévèrement réprimée par la loi.“
Da jeder solange als unschuldig anzusehen ist, bis er für schuldig befunden wurde,
muss, sollte seine Verhaftung für unumgänglich gehalten werden, jede Härte, die
nicht für die Sicherstellung seiner Person notwendig ist, vom Gesetz streng unterbunden werden.
Artikel 10
„Nul ne doit Þtre inquiété pour ses opinions, mÞme religieuses, pourvu que leur manifestation ne trouble pas l’ordre public établi par la loi.“
Niemand soll wegen seiner Anschauungen, selbst religiöser Art, belangt werden,
solange deren Äußerung nicht die durch das Gesetz begründete öffentliche Ordnung stört.
Artikel 11
„La libre communication des pensées et des opinions est un des droits les plus précieux
de l’homme : tout citoyen peut donc parler, écrire, imprimer librement, sauf á répondre
de l’abus de cette liberté, dans les cas déterminés par la loi.“
Die freie Äußerung von Gedanken und Meinungen ist eines der kostbarsten Menschenrechte: Jeder Bürger kann also frei reden, schreiben und drucken, vorbehaltlich seiner Verantwortlichkeit für den Missbrauch dieser Freiheit in den durch das
Gesetz bestimmten Fällen.
Artikel 12
„La garantie des droits de l’homme et du citoyen nécessite une force publique : cette
force est donc instituée pour l’avantage de tous et non pour l’utilité particulière de
ceux auxquels elle est confiée.“
Die Gewährleistung der Menschen- und Bürgerrechte erfordert eine öffentliche Gewalt; diese Gewalt ist also zum Vorteil aller eingesetzt und nicht zum besonderen
Nutzen derer, denen sie anvertraut ist.
Artikel 13
„Pour l’entretien de la force publique et pour les dépenses d’administration, une contribution commune est indispensable. Elle doit Þtre également répartie entre tous les citoyens, en raison de leurs facultés.“
Für die Unterhaltung der öffentlichen Gewalt und für die Verwaltungsausgaben ist
eine allgemeine Abgabe unerlässlich; sie muss auf alle Bürger, nach Maßgabe ihrer
Möglichkeiten, gleichmäßig verteilt werden.
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Artikel 14
„Chaque citoyen a le droit, par lui-mÞme ou par ses représentants, de constater la nécessité de la contribution publique, de la consentir librement, d’en suivre l’emploi et
d’en déterminer la quotité, l’assiette, le recouvrement et la durée.“
Alle Bürger haben das Recht, selbst oder durch ihre Vertreter die Notwendigkeit
der öffentlichen Abgabe festzustellen, diese frei zu bewilligen, ihre Verwendung zu
überwachen und ihre Höhe, Veranlagung, Eintreibung und Dauer zu bestimmen.
Artikel 15
„La société a le droit de demander compte á tout agent public de son administration.“
Die Gesellschaft hat das Recht, von jedem Staatsbeamten Rechenschaft über seine
Amtsführung zu verlangen.
Artikel 16
„Toute société dans laquelle la garantie des droits n¿est pas assurée, ni la séparation
des pouvoirs déterminée, n’a pas de Constitution.“
Eine Gesellschaft, in der die Gewährleistung der Rechte nicht gesichert und die Gewaltenteilung nicht festgelegt ist, hat keine Verfassung.
Artikel 17
„Les propriétés étant un droit inviolable et sacré, nul ne peut en Þtre privé, si ce n’est
lorsque la nécessité publique, légalement constatée, l’exige évidemment, et sous la
condition d’une juste et préalable indemnité“.
Da das Eigentum ein unverletzliches und geheiligtes Recht ist, kann es niemandem
genommen werden, es sei denn, dass die gesetzlich festgestellte öffentliche Notwendigkeit dies eindeutig erfordert und vorher eine gerechte Entschädigung festgelegt wird.
Quelle
Abbé Sieyès: Was ist der Dritte Stand? (1788/89)
Abbé Sieyès, Großvikar von Chartres, schreibt „Qu’est-que le Tiers Etat“ im November/
Dezember 1788; sie wird im Januar 1789 veröffentlicht. Sieyés wendet sich in der
Schrift von seinem Stand ab. Er wird im Frühjahr als Abgeordneter des Dritten Standes
in die Generalstände gewählt.
Was ist für das Bestehen und Gedeihen einer Nation erforderlich? Am Eigeninteresse ausgerichtete Arbeiten und öffentliche Funktionen.
Man kann alle am Eigeninteresse ausgerichteten Arbeiten in vier Klassen erfassen:
1. Die Erde und das Wasser liefern das Roherzeugnis für die Bedürfnisse des Menschen: die erste Klasse in der Ideenordnung ist deshalb die, der alle Familien angehören, welche Feldarbeiten verrichten.
2. Vom ersten Verkauf der Roherzeugnisse bis zu ihrem Gebrauch oder Verbrauch
verleiht neue Handarbeit, mehr oder weniger vervielfacht, diesen Roherzeugnissen
einen weiteren Wert, der mehr oder weniger zusammengesetzt ist. So gelingt es
dem menschlichen Fleiß, die schönen Erzeugnisse der Natur zu vervollkommnen
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und den Wert des Rohprodukts auf das Doppelte, Zehnfache, Hundertfache zu
steigern. Derart sind die Arbeiten der zweiten Klasse.
3. Zwischen der Erzeugung und dem Verbrauch wie auch zwischen den verschiedenen Stufen der Erzeugung haben eine Menge von Vermittlern ihren Platz, die
ebenso für die Erzeuger wie für die Verbraucher von Nutzen sind. Das sind die
Händler und die Kaufleute: die Kaufleute, die unablässig die Bedürfnisse der verschiedenen Orte und Zeiten vergleichen und auf den Gewinn aus Aufbewahrung
und Transport spekulieren; die Händler, die letzten Endes den Vertrieb, sei es im
großen, sei es im kleinen, übernehmen. Diese Art nützlicher Tätigkeit charakterisiert die dritte Klasse.
4. Außer dieser drei Klassen arbeitsamer und nützlicher Bürger, die sich mit dem
eigentlichen Gegenstand des Gebrauchs oder Verbrauchs beschäftigen, bedarf es
in einer Gesellschaft noch einer Menge von am Eigeninteresse ausgerichteten Arbeiten und Besorgungen, die der Person unmittelbar nützlich oder angenehm sind.
Diese vierte Klasse umfaßt die geachtetsten wissenschaftlichen und freien Berufe
bis hinunter zu den am wenigsten geschätzten häuslichen Dienstleistungen.
Derart sind die Arbeiten, die die Gesellschaft aufrechterhalten. Wer trägt diese Arbeiten? Der Dritte Stand!
Die öffentlichen Funktionen lassen sich bei den gegenwärtigen Verhältnissen in
gleicher Weise allesamt unter vier bekannte Bezeichnungen staffeln: der Degen,
die Robe, die Kirche und die Administration. Es wäre überflüssig, sie im einzelnen
durchzugehen, um zu zeigen, dass der Dritte Stand hier überall neunzehn zwanzigstel ausmacht, mit dem einen Unterschied, dass er mit allem, was wirklich mühsam
ist, belastet ist, mit allen Diensten, die der privilegierte Stand sich weigert zu leisten. […] Dennoch hat man gewagt, den dritten Stand durch einen Vorbehalt vor
den Kopf zu stoßen. Man hat ihm gesagt: „Einerlei, was deine Dienste, deine Begabungen sind, du gehst nur bis hierhin und keinen Schritt weiter. Es ist nicht gut,
dass du geehrt werdest.“ […]
Wer wagte es also zu sagen, dass der Dritte Stand nicht alles in sich besitzt, was
nötig ist, um eine vollständige Nation zu bilden? Er ist der starke und kraftvolle
Mann, der an einem Arm noch angekettet ist. Wenn man den privilegierten Stand
wegnähme, wäre die Nation nicht etwas weniger, sondern etwas mehr. Also, was
ist der dritte Stand? Alles, aber ein gefesseltes und unterdrücktes Alles. Was wäre er
ohne den privilegierten Stand? Alles, aber ein freies und blühendes Alles. Nichts
kann ohne ihn gehen; alles ginge unendlich besser ohne die anderen. Aber es genügt nicht, gezeigt zu haben, dass die Privilegierten, weit entfernt, ein Nutzen für
die Nation zu sein, nur eine Schwächung und ein Schaden für sie sein können; vielmehr muss noch bewiesen werden, dass der adlige Stand sich nicht in die Gesellschaftsorganisation einfügt; dass er wohl eine Last für die Nation sein kann, nicht
aber einen Teil von ihr zu bilden vermag. […]
Was ist eine Nation? Eine Körperschaft von Gesellschaftern (associés), die unter
einem gemeinschaftlichen Gesetz leben und durch dieselbe gesetzgebende Versammlung repräsentiert werden usw.
Ist es nicht nur zu gewiss, dass der adlige Stand Vorrechte und Befreiungen genießt,
die er sogar sein Recht zu nennen wagt und die von den Rechten der großen Körperschaft der Bürger gesondert sind? Dadurch stellt er sich außerhalb der gemeinschaftlichen Ordnung und des gemeinschaftlichen Gesetzes. Also schon seine bürgerlichen Rechte machen aus ihm ein eigenes Volk in der großen Nation. Das ist
wahrhaftig imperium in imperio.
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Was seine politischen Rechte betrifft, so übt er sie gleichfalls abgesondert aus. Er
hat seine eigenen Repräsentanten, die in keiner Weise mit der Vollmacht der Bevölkerung betraut sind. Die Körperschaft seiner Abgeordneten hält ihre Sitzungen abgesondert; und sollte sie sich einmal in demselben Saal mit den Abgeordneten der
einfachen Bürger versammeln, dann wäre ebenso gewiss seine Vertretung dem
Wesen nach von ihnen geschieden und getrennt; sie ist der Nation fremd, zum
einen durch ihr Prinzip, da ja ihr Auftrag nicht vom Volk ausgeht; und zum anderen
durch ihr Ziel, das ja darin besteht, nicht das Gemeininteresse, sondern das Eigeninteresse zu verteidigen.
Der Dritte Stand umfaßt also alles, was zur Nation gehört; und alles, was nicht der
Dritte Stand ist, kann sich nicht als Bestandteil der Nation ansehen. Was also ist der
Dritte Stand? ALLES.
Welche Möglichkeiten bleiben dem Dritten Stand unter diesen Umständen, wenn
er seine politischen Rechte auf eine Art und Weise wiedererlangen will, die der Nation nützt? Zu diesem Ziel bieten sich zwei Wege an.
Wenn er den ersten Weg beschreitet, muss sich der Dritte Stand gesondert versammeln; er darf nicht mit dem Adel und der Geistlichkeit zusammenarbeiten, er darf
nicht gemeinsam mit ihnen abstimmen, weder nach Ständen noch nach Köpfen.
Ich bitte zu beachten, welch gewaltiger Unterschied zwischen der Versammlung
des Dritten Standes und den Versammlungen der beiden anderen Stände besteht.
Ersterer vertritt fünfundzwanzig Millionen Menschen und berät über die Interessen
der Nation. Die beiden letzteren haben, sollten sie zusammentreten, nur die Vollmacht von ungefähr zweihunderttausend Einzelpersonen und denken nur an ihre
Vorrechte. Man wird sagen, der Dritte Stand allein könne keine Generalstände bilden. Nun, umso besser, dann wird er eben eine Nationalversammlung bilden! Ein
so wichtiger Vorschlag bedarf jedoch der klarsten und zuverlässigsten Rechtfertigung, welche die guten Grundsätze bieten.
Ich behaupte, dass die Abgeordneten der Geistlichkeit und des Adels mit der Nationalrepräsentation nichts zu tun haben, dass auf den Generalständen keinerlei
Bündnis zwischert den drei Ständen möglich ist und dass diese nicht gemeinsam
abstimmen können, also weder nach Ständen noch nach Köpfen. …
Ich habe oben von zwei Wegen gesprochen, auf denen der Dritte Stand wieder den
Platz einnehmen kann, der ihm in der politischen Ordnung zukommt. Wenn nun
der erste Weg, den ich eben beschrieben habe, zu schroff erscheint, wenn man
glaubt, der Öffentlichkeit Zeit lassen zu müssen, um sich an die Freiheit zu gewöhnen, und wenn man weiter meint, die nationalen Rechte, so selbstverständlich sie
auch sind, bedürften, sobald auch nur die kleinste Minderheit sie bestreite, einer
Art gesetzlichen Urteils, das sie sozusagen festlege und ihnen die letzte Bestätigung verleihe, so will ich das alles zugeben; dann rufen wir eben das Tribunal der
Nation an, den einzigen Richter, der für alle die Verfassung betreffenden Streitfragen zuständig ist. Dies ist der zweite Weg, der sich dem Dritten Stand bietet. […]
Außer der Herrschaft der Aristokratie, die in Frankreich über alles verfügt, und jenem feudalen Aberglauben, der den Geist der allermeisten noch herabwürdigt,
gibt es auch einen Einfluss des Eigentums. Dieser Einfluss ist natürlich, und ich verdamme ihn nicht. (…) Die Vertreter des dritten Standes sollen nur aus den Bürgern
gewählt werden, die wirklich zum dritten Stand gehören (…)
Seine Abgeordneten sollen denen der beiden privilegierten Stände an Zahl gleich
sein. Die Generalstände sollen nicht nach Ständen, sondern nach Köpfen abstim-
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men. Die Nation ist vor allem anderen da, sie ist der Ursprung von allem. Ihr Wille
ist immer gesetzmäßig, sie ist selbst das Gesetz (…)
Selbst wenn sie könnte, darf eine Nation sich nicht in die Fesseln einer positiven
Form begeben. Das hieße sich der Gefahr aussetzen, ihre Freiheit unwiederbringlich zu verlieren. Denn die Tyrannei bedürfte nur eines Augenblicks des Erfolges,
um unter dem Deckmantel der Verfassung die Bevölkerung einer solchen Form zu
unterwerfen, dass es ihr nicht mehr möglich wäre, ihren Willen zu äußern, und folglich nicht mehr möglich wäre, die Ketten des Despotismus abzuschütteln. Man
muss die Nationen der Erde als Individuen auffassen, die sich außerhalb des gesellschaftlichen Bandes, oder wie man sagt, im Naturzustande befinden. Die Ausübung ihres Willens ist frei und von allen bürgerlichen Formen unabhängig. Da ihr
Wille nur in der natürlichen Ordnung vorhanden ist, braucht es nur die natürlichen
Eigenschaften eines Willens zu besitzen, um seine ganze Wirkung zu entfalten. Einerlei auf welche Art eine Nation will, es genügt, dass sie will; alle Formen sind gut,
und ihr Wille ist immer das höchste Gesetz
Eine Körperschaft von außerordentlichen Vertretern ersetzt die Versammlung dieser Nation. Ohne Zweifel braucht sie nicht mit der ganzen Fülle des nationalen Willens betraut zu werden; sie bedarf nur einer besonderen Vollmacht, und zwar in
seltenen Fällen, aber sie ersetzt die Nation in ihrer Unabhängigkeit von allen verfassungsmäßigen Formen (…)
Wenn man nur einen Augenblick das sonnenklare Prinzip aufgibt, dass der gemeinschaftliche Wille die Meinung der Majorität ist und nicht der Minorität, dann hat es
keinen Zweck, Vernunft zu reden (…). Es steht also fest, dass die Abgeordneten
von Adel und Geistlichkeit keine Repräsentanten der Nation sind. Also sind sie auch
nicht berechtigt, in ihrem Namen abzustimmen.
Wie wird also das Ergebnis aussehen, wenn ihr über Fragen des Gemeinwohls beraten lasst?
1. Wenn man nach Ständen abstimmt, können fünfundzwanzig Millionen Bürger
nichts für das Gemeinwohl beschließen, weil es hundert- oder zweihunderttausend
privilegierten Personen nicht gefällt. Das heißt, dass der Wille von hundert Menschen durch den Willen eines einzigen unterdrückt und vernichtet wird.
2. Wenn man nach Köpfen abstimmt, wird selbst dann, wenn Privilegierte und
Nichtprivilegierte gleichberechtigt sind, immer der Wille von zweihunderttausend
Personen den Willen von fünfundzwanzig Millionen aufwiegen, weil sie die gleiche
Anzahl Vertreter haben. Ist es aber nicht widersinnig, eine Versammlung so zusammenzusetzen, dass sie zugunsten der Minderheit abstimmen kann? Ist das nicht
eine Versammlung, die auf dem Kopf steht?(…) Das beweist hinreichend, dass der
dritte Stand verpflichtet ist, für sich allein eine Nationalversammlung zu bilden.
Und er muss es vor der Vernunft und der Gerechtigkeit begründen, dass er den Anspruch erheben kann, für die ganze Nation ohne jede Ausnahme zu beraten und
abzustimmen (…).
Zuerst man einsehen, welches der Gegenstand oder der Zweck der repräsentativen
Versammlung einer Nation ist. Er kann sich nicht von demjenigen unterscheiden,
den die Nation sich selbst geben würde, wenn sie sich an einem Ort versammeln
und sich besprechen könnte. Was ist der Wille einer Nation? Er ist die Zusammenfassung der Einzelwillen, wie die Nation die Vereinigung der Individuen ist. Man
kann sich keine rechtmäßige Vereinigung vorstellen, deren Zweck nicht die gemeinsame Sicherheit, die gemeinsame Freiheit, kurz: das Gemeinwohl wäre (…).
Auch im Verfall der öffentlichen Sitten, wenn der Egoismus alle Seelen zu regieren
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scheint und die Versammlung einer Nation von der Vollkommenheit weit entfernt
ist, muss sie so eingerichtet sein, dass die Sonderinteressen in ihr isoliert bleiben
und dass sich das Wollen der Mehrheit immer mit dem Gemeinwohl deckt.
Die Menschen werden von dreierlei Interessen geleitet:
1. von dem, das alle Bürger miteinander gemeinsam haben. Es zeigt genau den Umfang des Gemeinwohls an; 2. von dem, das ein Individuum nur mit einigen anderen
verbindet: dies ist das Standesinteresse; und schließlich 3. von dem, durch das sich
jeder absondert und nur an sich denkt: dies ist das persönliche Interesse. Das Interesse, in dem ein Mensch mit allen seinen Mitmenschen übereinstimmt, ist offensichtlich der Wille aller und zugleich derjenige der gemeinsamen Versammlung. Hier darf
das persönliche Interesse keinen Einfluss haben. Genauso ist es auch in Wirklichkeit:
Durch die Vielfalt der Interessen heben sie sich gegenseitig auf. Die große Schwierigkeit entsteht aus dem Interesse, in dem ein Bürger nur mit einigen anderen übereinstimmt. Denn dieses erlaubt Abreden, Verbindungen, es führt zu Plänen, die für
die Gemeinschaft gefährlich sind, es erzeugt die furchtbarsten öffentlichen Feinde.
Die Geschichte ist angefüllt von dieser Tatsache.
Man darf sich also nicht wundern, wenn die gesellschaftliche Ordnung mit so viel
Strenge verlangt, dass die einfachen Bürger sich nicht in Verbände ordnen dürfen,
wenn sie selbst verlangt, dass die Beauftragten der öffentlichen Gewalt, die nach
der Forderung der Verhältnisse allein wirkende Körperschaften bilden dürfen, für
die Dauer ihrer Anstellung auf die Wählbarkeit für die gesetzgebende Vertretung
verzichten.
Dieselben Prinzipien bringen ebenso unabweislich die Notwendigkeit zum Bewußtsein, die Verfassung der repräsentativen Versammlung selbst nach einem
Plane zu errichten, der ihr nicht erlaubt, einen Korpsgeist zu entwickeln und zur Aristokratie auszuarten.
Aus: Behschnitt, W., Die Französische Revolution, Quellen und Darstellungen, in:
Politische Bildung, Materialien für den Unterricht. Stuttgart 1978, S. 29f
Quelle
Brief Camille Desmoulins vom 16. Juli 1789 an seinen Vater
Wie hat sich in drei Tagen das Gesicht aller Dinge verändert! Am Sonntag [12.7] war
ganz Paris bestürzt über die Entlassung Neckers [11.7.]; so sehr ich versuchte, die
Geister zu erhitzen, kein Mensch wollte zu den Waffen greifen. Ich schließe mich
ihnen an; man sieht meinen Eifer; man umringt mich; man drängt mich, auf einen
Tisch zu steigen: in einer Minute habe ich sechstausend Menschen um mich. „Bürger“, sage ich nunmehr, „ihr wisst, die Nation hatte gefordert, dass Necker ihr erhalten bliebe, dass man ihm ein Denkmal errichtete: man hat ihn davongejagt! Kann
man euch frecher trotzen? Nach diesem Streich werden sie alles wagen, und noch
für diese Nacht planen sie, organisieren sie vielleicht eine Bartholomäusnacht für
die Patrioten.“ Ich erstickte fast vor der Menge Gedanken, die auf mich einstürmten,
ich sprach ohne Ordnung. „Zu den Waffen“, sagte ich, „zu den Waffen! Wir wollen
alle die grüne Farbe tragen, die Farbe der Hoffnung.“ Ich entsinne mich, dass ich
mit den Worten schloß: „Die niederträchtige Polizei ist hier. Wohlan! sie soll mich
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gut betrachten, gut beobachten, ja, ich bin es, der meine Brüder zur Freiheit aufruft.“ Und indem ich eine Pistole erhob: „Wenigstens“, rief ich, „sollen sie mich nicht
lebendig in die Hand bekommen, und ich werde verstehen, ruhmvoll zu sterben; es
kann mich nur noch ein Unglück treffen: dass ich sehen muss, wie Frankreich zur
Sklavin wird.“ Dann stieg ich hinab; man umarmte mich, erstickte mich fast in Liebkosungen. „Freund“, sagten sie alle zu mir, „wir werden Ihnen eine Wache bilden,
wir wollen Sie nicht verlassen, wir wollen hingehen, wo Sie hingehen.“ Ich sagte:
ich wollte keinen Befehl haben, ich wollte nichts weiter sein als ein Soldat des Vaterlandes. Ich nahm ein grünes Band und befestigte es als erster an meinem Hut.
Mit welcher Geschwindigkeit griff das Feuer um sich! Das Gerücht von diesem Aufruhr dringt bis ins Lager vor; die Kroaten, die Schweizer, die Dragoner, das Regiment
Royal-Allemand langen an. Fürst Lambese an der Spitze dieses letztem Regiments
zieht zu Pferd in die Tuilerien. Er säbelt selbst einen waffenlosen Mann von der
Garde-francaise nieder und reitet über Frauen und Kinder. Die Wut flammt auf. Nun
gibt es in Paris nur noch einen Schrei: Zu den Waffen! Es war sieben Uhr. Er wagt es
nicht, die Stadt zu betreten. Man bricht in die Läden der Waffenhändler ein. Am
Montag [13.7.] morgen wird Sturm geläutet. Die Wahlmänner hatten sich im Stadthaus versammelt. Mit dem Vorsteher der Kaufmannschaft an der Spitze gründen
sie ein Bürgerwehrkorps von 78 000 Mann in 16 Legionen. Mehr als hunderttausend waren schon schlecht und recht bewaffnet und liefen nach dem Stadthaus,
um Waffen zu begehren. Der Vorsteher der Kaufmannschaft will sie hinhalten, er
schickt sie zu den Kartäusern und nach Saint-Lazare; er versucht, Zeit zu gewinnen,
indem er die Distrikte glauben macht, man werde dort Waffen finden. Die Menge
und die Verwegensten begeben sich zum Invalidenhaus; man verlangt Waffen vom
Gouverneur; er gerät in Angst und öffnet sein Magazin.
Ich bin, auf die Gefahr, zu ersticken, unters Dach gestiegen. Ich sah dort, will mir
scheinen, mindestens hunderttausend Flinten. Ich nehme eine ganz neue, an der
ein Bajonett steckte, und zwei Pistolen. Das war am Dienstag [14.7.], der ganze Morgen verging damit, dass man sich bewaffnete. Kaum hat man Waffen, so geht’s zur
Bastille. Der Gouverneur, der gewiss überrascht war, mit einem Schlag in Paris hunderttausend Flinten mit Bajonetten zu sehen, und nicht wußte, ob diese Waffen vom
Himmel gefallen waren, muss sehr in Verwirrung gewesen sein. Man knallt ein oder
zwei Stunden drauf los, man schießt herunter, was sich auf den Türmen sehen läßt;
der Gouverneur, Graf von Launay, ergibt sich; er läßt die Zugbrücke herunter, man
stürzt drauf los; aber er zieht sie sofort wieder hoch und schießt mit Kartätschen
drein. Jetzt schlägt die Kanone der Gardes-francaises eine Bresche. Ein Kupferstecher
steigt als erster hinauf, man wirft ihn hinunter und bricht ihm die Beine entzwei. Ein
Mann von der Garde-francaise ist der nächste, er hat mehr Glück, er packt die Lunte
eines Kanoniers und wehrt sich, und binnen einer halben Stunde ist der Platz im
Sturm genommen. Ich war beim ersten Kanonenschlag herbeigeeilt, aber, es grenzt
ans Wunderbare, um halb drei Uhr war die Bastille schon genommen.
Die Bastille hätte sich sechs Monate halten können, wenn sich irgend etwas gegen
das französische Ungestüm halten könnte; die Bastille genommen von Bürgersleuten und führerlosen Soldaten, ohne einen einzigen Offizier! Derselbe Gardist, der
im Sturm als erster nach oben gekommen war, verfolgt Herrn von Launay, nimmt
ihn bei den Haaren und macht ihn zum Gefangenen. Man führt ihn zum Stadthaus
und schlägt ihn unterwegs halbtot. Er ist so geschlagen worden, dass es mit ihm zu
Ende gehen will; man gibt ihm auf dem Grèveplatz den Rest, und ein Schlächter
schneidet ihm den Kopf ab. Den trägt man auf der Spitze einer Pike und gibt dem
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Gardisten das Kreuz des heiligen Ludwig; zur selben Zeit nimmt man einen Kurier
fest, man findet bei ihm in seinen Strümpfen einen Brief für den Vorsteher der Kaufmannschaft; man führt ihn aufs Stadthaus. Schon von Montag morgen an nahm
man alle Kuriere fest. Man brachte alle Briefe nach dem Stadthaus; die an den König, die Königin und den Premierminister gerichteten öffnete man und las sie öffentlich vor. Man las einen Brief, der an Herrn von Flesselles gerichtet war; man
sagte ihm, er solle dergestalt die Pariser ein paar Tage hinhalten. Er konnte sich
nicht verteidigen; das Volk riß ihn von seinem Sitz herunter und schleppte ihn aus
dem Saal hinaus, in dem er den Vorsitz der Versammlung geführt hatte; und kaum
war er die Treppe des Stadthauses hinabgekommen, als ein junger Mann die Pistole
auf ihn anlegte und ihm eine Kugel vor den Kopf schoß; man ruft: bravo; man
schneidet ihm den Kopf ab, setzt ihn auf eine Pike, und ich habe auch sein Herz auf
einer Pike gesehen, das man in ganz Paris herumgeführt hat; am Nachmittag
knüpfte man den Rest der Besatzung auf, den man mit den Waffen in der Hand
ergriffen hatte; man hängte sie an die Laterne des Grèveplatzes. Man begnadigte
ein paar von ihnen und alle Invaliden durch Zurufe. Es wurden auch vier oder fünf
Diebe auf der Tat ergriffen und auf der Stelle gehängt; was die Spitzbuben derart in
Bestürzung versetzte, dass man sagt, sie hätten sich alle aus dem Staub gemacht.
Der Herr stellvertretende Polizeidirektor war so erschreckt über das tragische Ende
des Vorstehers, dass er seine Demission ins Stadthaus sandte.
Die Unterdrücker wollten sich alle aus Paris flüchten; aber von Montag abend an
war immer eine Patrouille von fünfzigtausend Mann auf den Beinen. Man hat niemanden aus der Hauptstadt hinausgelassen. Alle Barrieren wurden verbrannt und
alle Zollbeamten sind in Verzweiflung, das könnt ihr euch denken. Die Schweizer,
Wachen des Königlichen Schatzes, haben die Waffen niedergelegt. Man hat dort 24
Millionen gefunden, deren sich die Stadt Paris bemächtigt hat. Nach dem Handstreich, der die Bastille gestürmt hatte, glaubte man, die Truppen, die rings um Paris
lagerten, könnten eindringen, und niemand legte sich schlafen. In dieser Nacht waren alle Straßen beleuchtet; man warf Stühle, Tische, Fässer, Pflastersteine, Wagen
auf die Straßen, um sie zu verbarrikadieren und den Pferden die Beine zu brechen.
In dieser Nacht waren 70 000 Mann unter den Waffen. Die Gardes-francaises patrouillierten mit uns zusammen. Ich war die ganze Nacht durch auf Wache. Gegen
11 Uhr nachts traf ich auf ein Husarendetachement, das eben durch das Tor SaintJacques eingezogen war. Der Gendarm, der uns befehligte, rief: Wer da! Der Husarenoffizier rief: Frankreich, die französische Nation; wir wollen uns ergeben und
euch unsern Beistand anbieten. Da man etwas mißtrauisch war, sagte man ihnen,
sie sollten erst die Waffen niederlegen, und als sie sich weigerten, dankte man für
ihre Dienste, und es wäre nicht einer von ihnen entkommen, wenn sie nicht fortwährend drauf los geschrien hätten: Hoch die Pariser! Es lebe der Dritte Stand! Man
führte sie zu den Barrieren zurück, wo wir ihnen gute Nacht wünschten. Wir hatten
sie eine Zeitlang in Paris herumgeführt, wo sie die gute Ordnung und den Patriotismus bewundern mussten. Die Frauen brachten Wasser zum Kochen, um es auf die
Köpfe zu gießen; sie sahen die glühend gemachten Pflastersteine an den Fenstern,
die dazu bestimmt waren, auf sie geschmettert zu werden, und rings um sich die
zahllosen Milizen von Paris, die mit Säbeln, Degen, Pistolen und mehr als 60 000
Bajonetten bewaffnet waren, über 150 Kanonen, die an den Straßeneingängen aufgeprotzt waren. Ich glaube, ihr Bericht war es, wodurch das Lager in Schrecken und
Starrheit versetzt wurde. Wir hatten die Pulvervorräte der Bastille, des Arsenals, 50
000 Patronen, die im Invalidenhaus gefunden wurden.
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Mein Rat war, nach Versailles zu gehen. Der Krieg wäre damit zu Ende gewesen,
die ganze Familie wäre aufgehoben worden, alle Aristokraten in einem Fischzug
gefangen. Ich war sicher, dass die unbegreifliche Eroberung der Bastille in einem
Sturm von einer Viertelstunde das Schloß von Versailles und das Lager fassungslos gemacht hatte und dass sie nicht die Zeit gehabt hätten, zu sich zu kommen. Gestern morgen ging der eingeschüchterte König in die Nationalversammlung; er ergab sich der Versammlung bedingungslos, und nun sind alle seine
Sünden vergeben. Unsre Abgeordneten führten ihn im Triumph zum Schloß zurück. Er weinte viel, hat man versichert. Er kehrte zu Fuß zurück und hatte nur
unsre Abgeordneten zu Wachen, die ihn zurückführten. Target sagte mir, es sei
ein schöner Aufzug gewesen. Am Abend war der Umzug noch schöner. 150 Abgeordnete der Nationalversammlung, Klerus, Adel und Gemeine setzten sich in
königliche Equipagen, um den Frieden zu verkünden. Um halb vier Uhr langten
sie auf der Place Louis XV. an, verließen die Wagen und gingen zu Fuß über die
Rue Saint-Honoré bis zum Stadthaus. Sie schritten unter den Fahnen der Gardesfranqaises, die sie küßten, und wobei sie sagten: Das sind die Fahnen der Nation, der Freiheit, und 100 000 Bewaffnete und 800 000 Menschen mit rotblauen Kokarden waren um sie. Das Rot, um zu zeigen, dass man bereit war,
sein Blut zu vergießen, und das Blau für eine himmlische Verfassung. Die Abgeordneten trugen ebenfalls die Kokarde. Man machte halt vor dem Palais Royal
und vor dem Gardisten der Garde-francaise, der auf dem Phaeton des Herrn von
Launay saß, dass ihm die Stadt, ebenso wie die Pferde, die der geköpfte Gouverneur nicht mehr brauchte, zum Geschenk gemacht hatte. Er trug eine Bürgerkrone auf dem Kopf. Er reichte allen Abgeordneten die Hand.
Ich marschierte mit bloßem Degen neben Target, mit dem ich plauderte; er war
von einer unaussprechlichen Freude erfüllt. Sie strahlte aus allen Augen, und ich
habe nie etwas dergleichen gesehen. Unmöglich kann der Triumph des Aemilius
Paulus schöner gewesen sein. Trotzdem war meine Freude am Tag vorher noch größer gewesen, als ich auf die Bresche der eroberten Bastille trat und man die Fahne
der Garden und Bürgerwehren dort aufpflanzte. Dort waren die meisten der eifrigen Patrioten beisammen. Wir umarmten uns, wir küßten den Gardisten die Hände
und weinten vor Freude und Trunkenheit.
Nachschrift: Gestern haben die 150 Abgeordneten und die Wahlmänner im Stadthaus den Frieden proklamiert. Der Marquis von La Fayette ist zum General der 16
Legionen Pariser Milizen ernannt worden, die französischen und Schweizer Garden
wurden zu Nationaltruppen erklärt und sollen künftig, ebenso wie die zwei ersten
unsrer 16 Legionen im Sold der Nation stehen. Herr Bailly ist zum Maire [Bürgermeister von Paris] ernannt worden. In diesem Augenblick legt man die Bastille nieder;
Necker ist zurückgerufen; die neuen Minister haben abgedankt oder sind abgedankt worden; Foulon ist vor Angst gestorben; der Abbe Roy ist gehängt; der Gouverneur und Untergouverneur der Bastille und der Vorsteher der Kaufmannschaft
sind enthauptet; fünf Diebe sind an die Laterne gehängt worden; etwa 100 Menschen auf beiden Seiten sind bei der Bastille umgekommen. Seit Sonntag sind die
Theater geschlossen geblieben, etwas Unerhörtes!
Aus: Gustav Landauer (Hrsg.), Briefe aus der Französischen Revolution, Bd. 1, Frankfurt a.M. 1919, S. 148-156; zit. nach: Behschnitt, W. Die Französische Revolution,
Quellen und Darstellungen, in: Politische Bildung, Materialien für den Unterricht.
Stuttgart 1978, S. 43ff
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Quelle
Der offene Konflikt zwischen König und Drittem Stand: Die Thronsitzung am 23.6.1789
Die Abgeordneten begaben sich zum angegebenen Zeitpunkt zur gewohnten Tagungsstätte [in Versailles]. Zahlreiche Gardetruppen umgaben den Saal; man hatte
Barrieren errichtet, in den benachbarten Straßen und auf der Avenue de Paris waren Abteilungen der Französischen Garden, Schweizer-Garden und Garden der
ländlichen Polizei aufgestellt.
Nachdem die Pforten geöffnet worden waren, wurden zunächst den zwei privilegierten Ständen ihre Plätze zugewiesen. Die Mitglieder der Nationalversammlung
waren genötigt, mehr als eine Stunde zu warten, die meisten waren dem Regen
ausgesetzt. Die Nationalversammlung bekundete ihre Mißbilligung durch wiederholtes Murren. Die zwei Sekretäre beschwerten sich über die Anstandslosigkeit
einer so langen Wartezeit. Man schlug vor, sich zurückzuziehen. Da kam Herr de
Brezd [der Oberzeremonienmeister] an. Der Herr Präsident sagte, dass er sich beim
König wegen des Fehlers der Zeremonienmeister beklagen werde. Um halb elf Uhr
traten die Mitglieder der Nationalversammlung zu zweit in tiefstem Schweigen ein.
Der Öffentlichkeit war der Zutritt streng verboten. Der Thron stand am hinteren
Ende des Saals; rechts befand sich der Klerus, links der Adel; an den beiden Seiten,
von der Mitte bis zum Saalende, waren die Mitglieder der Nationalversammlung;
die vier Herolde und der Wappenherold waren in der Mitte plaziert. Der Thron war
auf einem Podium errichtet, das den hinteren Teil des Saals bis zur zweiten Säule
ausfüllte. Unterhalb dieses Podiums befanden sich die Minister um einen Tisch gereiht. Ein einziger Schemel war leer: der des Herrn Necker.
Gegen elf Uhr verließ der König sein Schloß. Vor und hinter dem Wagen befanden
sich die Falknerei, Pagen, Schildknappen und schließlich vier Kompanien der Leibgarden. Der König betrat den Saal in Begleitung der Prinzen von Geblüt, der
Herzöge und Pairs sowie der Hauptmänner der Leibgarden. [Der König läßt zwei
Erklärungen verlesen, die er jeweils mit einer kurzen Rede einleitet. In der ,,Erklärung über die gegenwärtige Sitzungsperiode der Generalstände“ wird u.a. bestimmt:]
I. Art. Der König will, dass die alte Unterscheidung der drei Stände vollkommen erhalten bleibt, da sie wesentlich mit der Verfassung seines Königreichs verbunden
ist; dass die Abgeordneten – die von jedem der drei Stände frei gewählt wurden,
drei Kammern bilden, nach Ständen beraten und mit Billigung des Herrschers beschließen können, gemeinsam zu beraten – allein als Körperschaft der Vertreter der
Nation betrachtet werden können. Folglich hat der König die Beschlüsse der Abgeordneten des dritten Standes vom 17. dieses Monats wie alle, die darausfolgen
könnten, für null und nichtig erklärt, weil sie ungesetzlich und verfassungswidrig
sind.
X. Die von den drei Ständen zu fassenden Beschlüsse, die sich wegen strittiger Gewalten vereinigt haben und über welche sich die interessierten Parteien in den
Generalständen einigen können, werden gemäß Stimmenmehrheit angenommen,
aber wenn mit zwei Dritteln der Stimmen in einem der drei Stände gegen den Beschluss der Versammlung Einspruch erhoben werden sollte, wird die Angelegenheit dem König vorgelegt und endgültig von Seiner Majestät entschieden.
Erklärung über die Absichten des Königs
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I. Art. Keine neue Steuer wird festgesetzt, keine wird über den von den Gesetzen
festgelegten Zeitpunkt hinaus verlängert ohne die Zustimmung der Vertreter der
Nation.
IX. Da die vom Klerus und Adel angekündigte formelle Bereitschaft, auf ihre geldlichen Privilegien zu verzichten, durch ihre Beschlüsse realisiert sein wird, ist es die
Absicht des Königs, sie zu sanktionieren, so dass es bei der Zahlung der Geldabgaben keinerlei Privilegien oder Unterschiede mehr gebe.
XII. Alle Eigentumsrechte werden ohne Ausnahme beständig respektiert, und Seine
Majestät versteht ausdrücklich unter der Bezeichnung Eigentum die Zehnten,
Pachtzinsen, Renten, feudale und grundherrliche Rechte und Vorrechte, die an
Grund und Boden sowie Lehen haften oder Personen gehören.
XV. Der König wünscht die individuelle Freiheit aller seiner Bürger auf solide und
dauerhafte Art und Weise zusichern […]
Bevor sich der König zurückzog, hielt er eine dritte Rede, die wir wiedergeben:
„ […] Bedenken Sie, meine Herren, dass keines Ihrer Vorhaben, keine Ihrer Anordnungen ohne meine besondere Billigung Gesetzeskraft erlangen kann. So bin ich
der natürliche Garant Ihrer diesbezüglichen Rechte; und alle Stände des Staates
können sich auf meine gerechte Unparteilichkeit verlassen. Jede Mißachtung Ihrerseits wäre ein großes Unrecht. Ich bin es, der bis jetzt das ganze Glück meiner Völker macht; und es ist vielleicht selten, dass der einzige Ehrgeiz eines Herrschers darin besteht, schließlich das Einverständnis seiner Untertanen zu erhalten, seine
Wohltaten anzunehmen. Ich befehle Ihnen, meine Herren, sich sofort zu trennen
und sich morgen früh in die Säle zu begeben, die Ihrem Stand zugewiesen sind, um
dort Ihre Sitzungen wieder aufzunehmen. Ich befehle daher dem Oberzeremonienmeister, die Säle vorbereiten zu lassen.“
Nach dem Weggang des Königs ziehen sich die Abgeordneten des Adels und ein
Teil derjenigen des Klerus zurück. Alle Mitglieder der Nationalversammlung und
mehrere Pfarrer bleiben bewegungslos auf ihren Plätzen. Einige Zeit später nähert
sich der Marquis de Brezé dem Präsidenten und sagt: „Meine Herren, Sie haben die
Absicht des Königs gehört.“
Graf Mirabeau erhebt sich mit Ton und Gesten der Empörung und antwortet folgendermaßen: ,,Ja, mein Herr, wir haben die Absicht gehört, die man dem König in
den Mund gelegt hat, und Sie, der Sie sein Organ in den Generalständen nicht sein
können, Sie, der Sie hier weder Sitz noch Stimme noch das Recht zu sprechen haben, Sie sind nicht dazu gemacht, uns an seine Rede zu erinnern. Indes, um jede
Zweideutigkeit und jeden Aufschub zu vermeiden, erkläre ich, dass, wenn man Sie
beauftragt hat, uns zu veranlassen wegzugehen, Sie sich Befehle zur Anwendung
von Gewalt einholen müssen. Denn wir werden unsere Plätze nur vor der Gewalt
der Bajonette verlassen.“
Einmütig riefen die Abgeordneten aus: „Das ist der Wille der Versammlung.“ Der
Oberzeremonienmeister zieht sich zurück. Dumpfes Schweigen herrscht in der Versammlung. Schließlich ergreifen einige Abgeordnete das Wort. Dann stimmt die
Versammlung mit 493 gegen 34 Stimmen dem Antrag Mirabeaus auf Immunität
der Abgeordneten zu.
Aus: Behschnitt, W., Die Französische Revolution, Quellen und Darstellungen, in:
Politische Bildung, Materialien für den Unterricht. Stuttgart 1978, S. 41ff.
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Quelle
Beschluss des Nationalkonvents über die Anklageerhebung gegen Ludwig vom 7.11.1792
Mailhe (als Sprecher des Rechtsausschusses vor dem Nationalkonvent): Kann man
Ludwig XVI. wegen der Verbrechen, die er während seiner Regentschaft als konstitutioneller Monarch begangen haben soll, zur Rechenschaft ziehen? Wer soll ihm
den Prozess machen? Soll er vor ein ordentliches Gericht gestellt werden wie jeder
andere Bürger, dem ein Staatsverbrechen vorgeworfen wird? Sollen wir seinen Fall
einem Gericht anvertrauen, über dessen Zusammensetzung die Wahlmännerversammlungen in allen 83 Departements zu entscheiden hätten? Oder wäre es nicht
logischer, wenn der Nationalkonvent sich selbst für zuständig erklärte? Schließlich,
ist es überhaupt notwendig oder angebracht, über das Urteil sämtliche Gemeindeund Urwählerversammlungen abstimmen zu lassen? All das sind Fragen, die der
Rechtsausschuss gründlich und lange erwogen hat … In seinem Auftrag mache ich
Sie nun mit den Leitgedanken des Dekrets bekannt.
1) Ludwig XVI. kann zur Rechenschaft gezogen werden.
2) Seine Aburteilung erfolgt durch den Nationalkonvent.
3) Die Versammlung beauftragt drei Kommissare mit der Bereitstellung aller Unterlagen, Aussagen sowie Beweisstücke zu den Vergehen, die man Ludwig XVI. zur
Last legt.
4) Die Kommissare sollen in ihrem Bericht sämtliche Vergehen anführen, derer Ludwig XVI. beschuldigt wird.
5) Findet der Bericht die Zustimmung des Konvents, soll er gedruckt und Ludwig
XVI. sowie seinen Verteidigern zugestellt werden …
6) Wünscht Ludwig XVI. die Originale der Berichtunterlagen einzusehen, so sollen
sie in den Temple gebracht werden. Zuvor jedoch sind hiervon für die Archive
gleichlautende Kopien anzufertigen. Diese sollen dann von zwölf Kommissaren der
Versammlung, die sie weder aus den Händen geben noch aus den Augen verlieren
dürfen, wieder ins Nationalarchiv zurückgebracht werden.
7) Der Nationalkonvent setzt noch den Tag fest, an dem Ludwig XVI. vor ihm zu
erscheinen hat.
8) Zur Verteidigung wird Ludwig XVI. bzw. seine Berater, ein von ihm unterzeichnetes Schriftstück vorlegen oder mündlich Stellung nehmen.
9) Der Nationalkonvent fällt sein Urteil in namentlicher Abstimmung.
(Der Sprecher des Rechtsausschusses verlässt die Rednertribüne unter dem wiederholten und einhelligen Beifall der Zuhörerschaft. Man beantragt die Drucklegung des Berichts und seine Verbreitung in der Armee und des Departements.)
Billaud-Varennes: ich halte diese Grundsätze für sehr einleuchtend und unanfechtbar. Deshalb meine ich, dass der Konvent auf der Stelle den ersten Punkt des Gesetzentwurfs beschließen kann. Nämlich, Ludwig XVI. kann verurteilt werden. Doch
möchte ich ein Wort hinzusetzen: kann und muss verurteilt werden. Außerdem beantrage ich, den Bericht in alle Sprachen Europas übersetzen zu lassen …
(Die Nationalversammlung beendet die Diskussion und faßt folgenden Beschluss:) Der
Nationalkonvent beschließt, dass der … Bericht über Ludwig Capet gedruckt, in
alle Sprachen übersetzt und in die Departements, an die Stadtverwaltungen und
Armeen gesandt werden soll. Außerdem sollen von ihm an jedes Konventsmitglied
10 Exemplare verteilt werden. Der Konvent verschiebt die Debatte auf nächsten
Montag und weist den Drucker an, die Verteilung bis spätestens Samstag vorzunehmen.
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Aus: bsv Geschichte in Quellen: Amerikanische und Französische Revolution, bearb.
v. Wolfgang Lautemann. München 1981, S. 324, zit. nach: Klett Unterrichtsideen.
Textarbeit im Geschichtsunterricht der Sekundarstufe I. Stuttgart 1996, S. 43f
Quelle
Olympe de Gouges: Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin (1791)
Präambel
Die Mütter, Töchter, Schwestern, Repräsentantinnen der Nation, verlangen als Nationalversammlung eingesetzt zu werden. In Anbetracht, dass Unwissenheit, Versäumnis und Geringschätzung der Rechte der Frau die einzigen Gründe für die öffentlichen Missstände und die Verdorbenheit der Regierungen sind, haben sie beschlossen, in einer feierlichen Erklärung die natürlichen, unveräußerlichen und
heiligen Rechte der Frau darzulegen, damit diese Erklärung allen Mitgliedern der
Sozialkörperschaft stets präsent ist und sie unaufhörlich an ihre Rechte und Pflichten erinnert, damit das Handeln aus dem Machtbereich der Frauen und das aus
dem Machtbereich der Männer, indem sie mehr beachtet werden, zu jedem Zeitpunkt mit dem Zweck aller politischen Institutionen verglichen werden können, damit die Forderungen der Bürgerinnen, von nun an auf einfache und unbestreitbare
Grundsätze gegründet, sich stets auf die Aufrechterhaltung der Verfassung, der guten Sitten und dem Wohl aller richten.Das an Schönheit wie auch an Mut in mütterlichen Schmerzen überlegene Geschlecht stellt dementsprechend fest und erklärt
in Gegenwart und unter dem Schutz des höchsten Wesens die folgenden Rechte
der Frau und Bürgerin.
I
Die Frau wird frei geboren und bleibt dem Mann an Rechten gleich. Soziale Unterschiede können nur im allgemeinen Nutzen begründet sein.
[…]
IV
Freiheit und Gerechtigkeit bestehen darin, alles, was einem anderen zukommt,
herzugeben; es hat daher die Ausübung der natürlichen Rechte der Frau nur die
Grenzen der beständigen Tyrannei, die der Mann ihr entgegensetzt; diese Grenzen
müssen durch die Gesetze der Natur und der Vernunft nachgebessert werden.
[…]
VI
Das Gesetz muss Ausdruck des Gemeinwillens sein; alle Bürgerinnen und Bürger
müssen persönlich oder durch ihre Repräsentanten an der Gesetzgebung mitwirken; es muss dasselbe für alle sein: Alle Bürgerinnen und alle Bürger, die in seinen
Augen gleich sind, müssen gleichermaßen entsprechend ihren Fähigkeiten und
ohne anderen Unterschied als den ihrer Tugenden und Begabungen zu allen Würden, Stellen und öffentlichen Ämtern zugelassen sein.
[…]
X
Wegen seiner, selbst fundamentalen, Meinungen braucht niemand etwas zu befürchten, die Frau hat das Recht auf das Schafott zu steigen; sie muss gleicherma-
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ßen das haben, ein Podium zu besteigen; unter der Voraussetzung, dass ihre Bekundungen nicht die durch das Gesetz festgelegte öffentliche Ordnung stören.
XI
Die freie Mitteilung der Gedanken und Meinungen ist eines der wertvollsten Rechte
der Frau, weil ja diese Freiheit die Legitimität der Väter gegenüber ihren Kindern
sichert. Jede Bürgerin kann also frei sagen: «Ich bin die Mutter eines Kindes, das
von Ihnen ist£, ohne dass eine unmenschliche Voreingenommenheit sie zwingt,
die Wahrheit zu verschleiern; vorbehaltlich der Verantwortung für den Missbrauch
dieser Freiheit in den vom Gesetz festgelegten Fällen.
[…]
XIII
Für den Unterhalt der Streitmacht und für die Kosten der Verwaltung sind die Abgaben der Frau und des Mannes gleich; sie hat Anteil an allen Strapazen, an allen
beschwerlichen Arbeiten; sie muss deshalb ebenso Anteil an der Besetzung von
Stellen, Ämtern, Arbeitsplätzen, Würden und Gewerben haben.
[…]
Der gesamte Text steht online unter: http://olympe-de-gouges.info/frauenrechte/
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