Hier beginnt die Welt − am Küchentisch, auf der

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Manuel Saiz, aus dem Projekt Train Time
Zeit Zug, 2010
Matthias Wermke & Mischa Leinkauf,
Trotzdem Danke, 2006, Video
© 2012, ProLitteris, Zürich
Laura Seguy, ES_GT, 2008, aus
30:33:37, Installation
Hier beginnt die Welt − am Küchentisch, auf der
Landkarte, am Bildschirm, vor unserer Haustüre, ob in
der Grossstadt oder im kleinen Dorf. Die Distanzen
verkleinern sich, wir werden immer mobiler, pendeln,
reisen, wandern aus, machen die Ausbildung auswärts, kehren zurück oder bleiben weg, verschicken
Dinge und Daten. Gleichzeitig kommt die Welt zu uns:
via Medien, im globalen Warenverkehr, als Arbeitskraft, als Tourist, als Flüchtling.
Die Gruppenausstellung versammelt 12 künstlerische
Position, die unterschiedliche Facetten des Themas beleuchten, das touristische Reisen ebenso wie die Migration oder die Reise im virtuellen Raum. Während Cora
Piantoni sich im Zürcher Industriequartier als Touristin
inszeniert, hat sich Renatus Zürcher Videoausschnitte
japanischer Touristen in der Schweiz angeeignet und
«Hotel Gelem» von Christoph Wachter & Mathias Jud
bietet nicht nur die Möglichkeit, als «embedded Tourist»
am Alltag von Roma und Sinti teilzunehmen, sondern
konfrontiert auch ganz direkt mit der Problematik von
Vertreibung und Ausgrenzung, denen sie unterworfen
sind. Oliver Laric und Matilde Cassani thematisieren in
ihren Arbeiten den kulturellen Austausch, die Durchmischung und Brüche, die durch Migration von Menschen, Wissen und Konsumgütern entstehen. Die
monumentale Zeichnung von Patricia Reed macht
deutlich, wie uniform die Passantragsformulare aller
Länder sind, mögen sich ihre Kulturen noch so unterscheiden. Eine andere Art von Inventar ist Laura
Seguys Poster «Guides»: Vor der Einreise in diese
Länder warnten offizielle Stellen. Niko Princen setzt
der realen Bewegung jene im virtuellen Raum von
Google Street View gegenüber und Manuel Saiz
verfolgt seine Vision eines kreisförmigen Hochgeschwindigkeitszuges mitten in Europa bis ins Detail
und reflektiert dabei Kunst, Technik und Gesellschaft.
Mit Reisefotografien des Langenthaler Fotografen Wilhelm Felber wird ein Bogen zur Geschichte der Stadt
geschlagen und «Der Führer nach Amerika ... nebst
Anweisungen
für
Auswanderer
nach
diesem
Welttheil», von Johannes Glur, 1844 im Langenthaler
Verlag der Expedition des Schweizer Volksboten
veröffentlicht, zeigt, dass Migration in Langenthal
schon im 19. Jahrhundert ein Thema war, wenn auch
eher mit umgekehrten Vorzeichen.
Patricia Reed, The Rule of Nobody, 2011,
Bleistift auf Papier, Ausschnitt
Katalog «Hier beginnt die Welt», mit Texten von
Raffael Dörig, Verena Kuni und Eveline Suter, D/E, 84
Seiten, CHF 38.–.
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