Kurzfassung

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Kurzfassung
Kontext, Fragestellung, Methode
Die Studie „Kinderarmut und soziales Wohlbefinden der Kinder in der Europäischen Union“
konzentriert sich auf drei Kernbereiche: (i) eine eingehende empirische Analyse der Lage der
Kinderarmut und der politischen Herausforderungen in den Mitgliedsstaaten; (ii) eine
Bestandsaufnahme der Wirksamkeit der verschiedenen politischen Maßnahmen bei der
Bekämpfung der Kinderarmut, sowie bei der sozialen Eingliederung der Kinder, sowie eine
Identifizierung von verschiedenen Kombinationen politischer Maßnahmen, die eine wirksame
Behebung der Ursachen der Kinderarmut ermöglichen; (iii) und die Ausarbeitung eines
überschaubaren Sets von relevanten Indikatoren, die geeignet sind, Kinderarmut und das
soziale Wohlbefinden der Kinder in der Europäischen Union zu messen.
Im Rahmen dieses Berichtes, aufgrund der Vorschläge der EU Expertengruppe für
Kinderarmut und soziales Wohlbefinden der Kinder (EU Task-Force on Child Poverty and
Child Well-Being, im folgenden EU-TF Bericht genannt), werden die materiellen und nicht
materiellen Dimensionen des sozialen Wohlbefindens von Kindern zusammengefasst,
dessen regelmäßige Überprüfung unerlässlich ist. Unter materiellen Dimensionen verstehen
wir verschiedene Gegebenheiten der Haushalte (wie Einkommensverhältnisse, materielle
Nöte, Wohnverhältnisse, Arbeitsbedingungen der Familienangehörigen im Haushalt des
betroffenen Kindes). Unter immateriellen Dimensionen verstehen wir die Möglichkeiten, die
dem Kind während seiner Entwicklung gewährleistet werden, oder die es entbehren muss,
wie z.B. Zugang zu Bildung, zu Gesundheitsversorgung, Gefahr oder Bedrohung, soziale
Integration, Familienverhältnisse, lokale Umgebung. Dieser Bericht konzentriert sich mehr
auf die materiellen Verhältnisse, aber bis zu einem gewissen Maße werden auch einige der
sogenannten nicht materiellen Dimensionen erörtert.
Im Rahmen des Berichtes wird einerseits eine internationale Benchmarking - Analyse
ausgeführt, andererseits werden einzelne Länderanalysen ausgearbeitet. Ein bedeutender
Teil unserer Analyse basiert auf Mikrodaten, die aus Erhebungen auf der Ebene von privaten
Haushalte, bzw. von Einzelpersonen stammen, wie z.B. Daten der Statistik der Europäischen
Union
über
Einkommen
und
Lebensbedingungen
(EU-SILC)
sowie
der
Arbeitskräfteerhebung der Europäischen Union (AKE). Um die Auswirkungen der
verschieden politischen Maßnahmen auf die Armutsraten der Kinder, bzw. auf die Inzidenz
der sozialen Transfers messen zu können, wurde ein Mikrosimulationsmodell namens
„Euromod“ verwendet. Dieses Modell ermöglicht einen internationalen Vergleich der Steuerund sozialen Leistungssysteme der verschiedenen Länder der Europäischen Union. Die
Ursachen der Kinderarmut in den 27 EU-Ländern wurden untersucht und dabei die
politischen Ansätze aller 27 EU-Mitglieder dargestellt. Außerdem wurden von nationalen
Experten insgesamt 11 detaillierte Länderberichte fertiggestellt.
Die Auswahl einer Gruppe angemessener und relevanter Indikatoren, die geeignet sind, um
Kinderarmut und Wohlbefinden der Kinder in der gesamten EU zu beschreiben, erforderte
sowohl die Auseinandersetzung mit zahlreichen Forschungsarbeiten als auch die Sammlung
einer großen Menge von Daten, sowie eine durchgreifende statistische Analyse dieser Daten
nach einer Methodik, die durch den Unterausschuss Indikatoren (ISG) des Ausschusses für
Sozialschutz entwickelt wurde. Die ersten Ergebnisse wurden im Rahmen eines ISG
Treffens am 28 Oktober 2009 erörtert und die wichtigsten Ansätze und Vorschläge bei einer
von der Europäischen Kommission organisierten Konferenz am 26. November 2009
vorgestellt.
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Hauptergebnisse
In den meisten Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ist das Kinderarmutsrisiko viel
größer als jenes der Gesamtbevölkerung. Während das Niveau des Armutsrisikos für Kinder
in den zwei zuletzt der EU beigetretenen Ländern, Rumänien und Bulgarien, am größten ist,
ist das relative Armutsrisiko der Kinder (bezogen auf das Armutsrisiko der erwachsenen
Bevölkerungsschichten) in Ungarn und in der Tschechischen Republik. am höchsten. Auf der
anderen Seite ist das Armutsrisiko für Kinder in Dänemark, Deutschland, Estland, Zyprern,
Slowenien und Finnland niedriger als dies für die gesamte Bevölkerung zutrifft.
Die Armutslücke der Kinder (gemessen als Durchschnittseinkommen der von Armut
Gefährdeten im Verhältnis zur Armutsschwelle) ist in den meisten Ländern sehr ähnlich wie
jenes der Gesamtbevölkerung. In einigen Ländern, wie Bulgarien, Rumänien oder in den
Staaten des Baltikums (aber auch in Dänemark, Griechenland und Italien) sind die
Armutslücken jedoch verhältnismäßig hoch, während diese Frankreich, Zypern, Finnland
oder Schweden verhältnismäßig gering sind.
In fast allen Ländern der EU sind Kinder, die in Familien mit einem alleinerziehenden
Elternteil oder in Großfamilien leben, am meisten gefährdet. Im Durchschnitt lebt mehr als
jedes 10. Kind in der Europäischen Union in alleinerziehenden Familien
. Dies ist ein geringerer Prozentsatz als jener, der in Großfamilien lebt. Während also die
Armutsgefährdung der letzteren geringer ist, stellen sie einen größeren Anteil gefährdeter
Kinder in der EU dar. In Belgien, Deutschland, Estland, Irland, Schweden und im Vereinigten
Königreich bilden jedoch Kinder alleinerziehender Eltern eine bedeutende Gruppe der
gefährdeten Kinder.
Im Einklang mit der im Rahmen des EU Task-Force Berichtes entwickelten Methodologie
wurden die analysierten Länder aufgrund des Grades der Armutsgefährdung der Kinder in
verschiedene Gruppen eingeteilt, um damit ein Benchmarking-Mittel bezüglich dreier
Schlüsselfaktoren für Politikmaßnahmen zur Verfügung zu stellen: Ausgrenzung aus dem
Arbeitsmarkt, Armut trotz Beschäftigung, sowie Auswirkung der öffentlichen sozialen
Transfers. Auf dieser Grundlage wurden vier Ländergruppen identifiziert.
Der Gruppe A gehören Länder mit verhältnismäßig positiven Ergebnissen in Bezug auf
Kinderarmut an, die auf das Zusammenwirken von drei Grundfaktoren zurückgeführt werden
können: eine hohe Beschäftigungsrate der Eltern, eine niedrige Armutsrate der beschäftigten
Haushalte und eine wirksame Einkommensunterstützung. Dieser Gruppe gehören die
nordischen Länder, Frankreich, Zypern, die Niederlande, Österreich und Slowenien an.
Diese Länder unterscheiden sich voneinander bezüglich der Arbeitsmarktteilnahme der
erwachsenen Familienangehörigen. So lebt z.B. in Dänemark, Finnland, Schweden, Zypern
und Slowenien der Großteil der Kinder in Familien, wo beide Elternteile eine
Ganzzeitbeschäftigung haben, (wobei allerdings Teilzeitbeschäftigung in den nordischen
Ländern, besonders in Schweden, häufig ist). In den Niederlanden arbeitet ein Großteil der
Zweitverdiener in Teilzeitjobs. In Österreich wiederum hat ein beträchtlicher Teil der
Haushalte nur einen Verdiener, und ein noch größerer Teil einen vollbeschäftigten Verdiener
und einen Elternteil mit Teilzeitbeschäftigung.
In diesen Ländern wurden umfangreiche sozialpolitische Maßnahmen eingeführt, um
Familien mit Kindern zu unterstützen. Besonders in den drei nordischen Ländern sind die
Mutterschaftsleistungen sehr großzügig gestaltet, und neben diesen Transfers werden die
Familien mit Kindergeld oder anderen Familienzuschüssen unterstützt (um dadurch zu den
Kosten der Kindererziehung beizutragen). Zu den sozialen Leistungen gehört auch der
Zugang zu kostenfreien oder relativ billigen Kindertagesstätten, damit beide Elternteile, und
vor allem die Frauen einer Beschäftigung nachgehen können. Verschiedene Formen des
Mutterschaftsurlaubs (und Vaterschaftsurlaubs) gewährleisten einen relativ einfachen
Widereinstieg der Frauen (und Männer) in den Arbeitsmarkt, und aktive
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beschäftigungspolitische Maßnahmen unterstützen die Arbeitssuchenden. In Slowenien
konzentriert sich die Einkommensunterstützung auf Familien mit niedrigen Einkünften, aber
die sozialpolitischen Maßnahmen ermöglichen jedem einen Zugang zu erschwinglichen
Kindertagesstätten, die für die Mütter die Wiederaufnahme einer Beschäftigung ermöglichen.
Die Praxis in den verschiedenen untersuchten Ländern zeigt, dass die Beschäftigung bzw.
Beschäftigungsmöglichkeit der Frauen den Schlüsselfaktor in der Verminderung des
Armutsrisikos für Kinder darstellt, welcher von zwei Seiten unterstützt werden kann: durch
monetäre Transfers und durch verschiedene Unterstützungsmaßnahmen, oder durch die
Kombination von beiden.
Die Lage in Zypern unterscheidet sich von den anderen Ländern der Gruppe A (aber auch
von der Praxis der südlichen Länder der Gruppe D). Der Mangel an Kindertagesstätten wird
durch informelle Abmachungen zwischen den Eltern und anderen Beteiligten behoben und
dies ermöglicht, dass Frauen mit Kindern einer Beschäftigung nachgehen können. Dadurch
haben beide Elternteile eines Großteils der Kinder eine Beschäftigung. Dies bewirkt, dass die
Armutsgefährdung der Kinder nur halb so hoch wie jene in Griechenland ist. (Mit dem
Generationswechsel kann sich dies ändern, da sich die gegenwärtig erwerbstätige Frauen
an ihre bezahlten Jobs gewöhnen werden, und werden nicht bereit sein, diese aufzugeben.)
Der Gruppe B gehören Länder an, in denen eine große Anzahl von Kindern in Haushalten
ohne Arbeit leben, während die Armut unter beschäftigten Haushalten relativ niedrig
geblieben ist. Belgien, Deutschland, die Tschechische Republik, Estland, Irland, Ungarn, die
Slowakei und das Vereinigte Königreich gehören zu dieser Gruppe. In den meisten dieser
Länder ist die Arbeitslosigkeit in alleinerziehenden Familien häufiger vorzufinden. In Belgien,
Estland, Irland und dem Vereinigten Königreich ist nicht nur der Anteil der Kinder in
alleinerziehenden Familien relativ hoch, sondern diese Eltern sind auch einem höheren
Arbeitslosigkeitsrisiko ausgesetzt. In Ungarn ist Beschäftigungslosigkeit einerseits auf
Langzeitarbeitslosigkeit und andererseits auf eine niedrige Arbeitsmarktbeteiligung
zurückzuführen, und diese betrifft häufiger kinderreiche Familien; dies wird allerdings
teilweise durch eine großzügige Einkommensunterstützung (hauptsächlich in Form von
finanziellen Familienzuschüssen) ausgeglichen.
Die hohe Anzahl von Kindern in beschäftigungslosen Haushalten und Haushalten mit
niedriger Arbeitsintensität (d.h. in denen keine(r) Erwachsener(r) eine Vollzeitbeschäftigung
hat), ist auf die Zusammensetzung des Haushaltes zurückzuführen, sowie einer Anzahl von
anderen Faktoren, wie z. B. den Bildungsgrad der Eltern.
In Irland und in dem Vereinigten Königreich sind die Kindereinrichtungen unzureichend. Nicht
nur ist die Anzahl der zugänglichen und erschwinglichen Plätze in Kindereinrichtungen
ungenügend, sondern bieten diese in vielen Fällen keine Ganztagsleistungen an. In der
Folge arbeiten in beiden Ländern viele Frauen nur in Teilzeitjobs, weil sie nicht die
Möglichkeit haben, die Kosten für eine Ganztagsbetreuung der Kinder zu tragen. Zusätzlich
sind viele der Frauen alleinerziehend, und haben keine zusätzliche Hilfe bei der Betreuung
ihrer Kinder. Daraus folgt, dass in diesen Ländern viele Kinder in Familien leben, wo
entweder kein Elternteil eine Arbeit hat, oder, wenn dies der Fall ist, haben sie nur eine
Teilzeitbeschäftigung.
Dies lässt die generelle Feststellung zu, dass die Armutsgefährdung der Kinder stark mit der
Struktur der Haushalte korreliert, in denen sie leben. In einigen von den untersuchten
Ländern (z.B. in Belgien, in Estland, in Irland oder im Vereinigten Königreich) ist eine große
Zahl der alleinerziehenden Mütter arbeitslos, und das Fehlen eines Partners erschwert den
Einstieg in eine Beschäftigung, besonders weil das Bildungsniveau oft auch niedrig ist. In
den nordischen Ländern sind jedoch Kinder in alleinerziehenden Familien, wenn auch
zahlreich, nicht unbedingt mit einem hohen Armutsrisiko konfrontiert, dank einer Kombination
von hoher Beschäftigungsrate, verhältnismäßig großzügigen Einkommenszuschüssen und
umfangreichen unterstützenden sozialen Diensten, aber auch wegen des unterschiedlichen
Lebensalters, in dem Frauen den Alleinerzieherstatus antreten.
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Das Resultat bezüglich des Niveaus der Kinderarmut ist entweder, wie in Belgien und
Deutschland, als gut, oder aber (wie in der Tschechischen Republik, in Irland, Ungarn oder
dem Vereinigten Königreich) leicht unterdurchschnittlich einzustufen. Sozialpolitische
Maßnahmen, hauptsächlich der Zugang zu großzügigen finanziellen Leistungen
ermöglichen, erklären eine unter dem EU-Durchschnitt liegende Armutsgefährdung der
Kinder in diesen Ländern (mit Ausnahme von Estland). Verschiedene finanzielle Leistungen,
Einkommenszuschüsse (entweder einkommensabhängig, wie in der Tschechischen
Republik, in Irland oder dem Vereinigten Königsreich, oder größtenteils universeller Natur,
wie in Deutschland oder Ungarn) führen zu ähnlichen Ergebnissen.
Der Gruppe C gehören Länder an, in denen die Leistungsindikatoren in allen Dimensionen
als unterdurchschnittlich einzustufen sind,
Lettland und Litauen. In Litauen ist die
Armutsgefährdung der Kinder besonders hoch, da die Ausgestaltung der
Familienunterstützung für Familien mit Kindern weniger wirksam ist. Immerhin sind diese
Länder besser eingestuft als die Länder der Gruppe D. Falls Bulgarien, Rumänien oder Malta
Gegenstand unserer Analyse wären, würden diese mit aller Wahrscheinlichkeit zu dieser
Gruppe C gehören.
Der Gruppe D werden die Länder zugeteilt, wo die Armutsgefährdung der Kinder auch in
jenen Familien besonders hoch ist, in denen wenigstens ein Elternteil beschäftigt ist. (d.h. es
leben wenig Kinder in beschäftigungslosen Haushalten). Zu dieser Gruppe zählen die
südlichen EU-Länder (Griechenland, Spanien, Italien und Portugal) sowie Polen und
Luxemburg gezählt. In diesen Ländern ist nicht nur die Armutsgefährdung der Kinder
besonders groß, sondern auch die Armutslücke. Ein großer Teil der Kinder lebt in Familien,
in denen ein Mitglied vollbeschäftigt ist, aber diese Kinder machen einen 40% von allen
armutsgefährdeten Kindern aus. Da in Portugal viele Mütter arbeiten, ist der Anteil von
Kindern, die in Haushalten mit nur einem erwerbstätigen Elternteil leben niedriger als in den
anderen Ländern der Gruppe D. Jene, die allerdings in solchen Einverdienerhaushalten
leben, haben ein besonders hohes Armutsrisiko. Im Falle Polens ist die Armutsgefährdung
der Kinder auch in Familien mit zwei beschäftigten Elternteilen ausgeprägt. In Luxemburg ist
der Anteil der armutsgefährdeten Kinder in alleinerziehenden Familien besonders groß, auch
wenn der Elternteil eine Arbeit hat.
Mit Ausnahme von Luxemburg1 t sind die sozialen Transferzahlungen in den Ländern der
Gruppe D besonders niedrig. In den südlichen Ländern herrscht ein akuter Mangel an
Kinderbetreuungseinrichtungen. Das Problem wird auch dadurch vertieft, dass das
Zusammenleben von Generationen langsam verschwindet, und die Unterstützung der
Großeltern bei der Kinderbetreuung immer seltener wird. In meisten Fällen sind die Einkünfte
von einem Elternteil, meistens die des Vaters (oft selbständig tätig in ländlichen Gegenden)
nicht ausreichend, um das Niveau des Familieneinkommens über der Armutsgrenze zu
halten, besonders weil das Kindergeld sehr niedrig ausfällt.
Konsequenzen für die Politik
Aus der Analyse der Sozialpolitik in den verschiedenen Ländern geht eindeutig hervor, dass
die Regierungen in fast allen Ländern mit hoher Kinderarmut erkannt haben, dass es wichtig
ist, das Problem anzugehen und zu diesem Zweck verschiedene Maßnahmen eingeleitet
oder verstärkt haben. Zur Einführung von kohärenten Programmen ist es allerdings nur in
einigen der Länder gekommen. Typischerweise wurden nur Einzelmaßnahmen getroffen:
gewisse Unterstützungen wurden erhöht und die Kapazität der Kindereinrichtungen erweitert,
die in einigen Fällen mit der Erhöhung von Arbeitsanreizen gekoppelt wurden.
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In Luxemburg erklärt sich die verhältnismäßig hohe Kinderarmut durch die außergewöhnliche Struktur der Population im
Arbeitsalter: der Anteil von jungen, allein lebenden, gut bezahlten hochqualifizierten Arbeitsnehmern ist nämlich sehr groß.
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Die Erfahrung der Länder, wo die Kinderarmut oder die Armutsgefährdung niedrig ist, zeigt,
dass die Beschäftigung der Mütter (und die dadurch entstandenen Einkünfte) eine
außerordentliche Rolle bei der Linderung der Armutsgefährdung der Kinder spielen. Daraus
folgt, dass politische Ansätze, um die Beschäftigung der Frauen zu fördern, gleichfalls von
großer Bedeutung sind. Dies wurde von der Politik in allen Ländern erkannt. Dadurch
konzentrieren sich die politischen Ansätze durch aktive arbeitspolitische Maßnahmen auf die
Förderung der Frauenbeschäftigung und gleichzeitig auf die Vergrößerung der zugänglichen
Kapazitäten der Kinderbetreuung, damit sie Beschäftigungsmöglichkeiten auch nutzen
können.
Aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, unter anderem verschiedene Formen der
Finanzierungsstrukturen unter dem Motto „es lohnt sich zu arbeiten“ haben das Ziel, dass es
sich für Erwerbsfähige lohnen soll, einer Beschäftigung nachzugehen und nicht auf die
Dauer auf Sozialhilfe oder andere soziale Transfers zurückzugreifen, sind kostspielige
Unternehmungen. Die Mindestlöhne wurden in einigen Ländern bedeutend erhöht, um den
Eltern eine bessere Motivation zur Arbeit zu geben, aber auch in diesen Fällen gibt es keine
Garantie, dass die gesamten Einkünfte der Haushalte nicht unter die Armutsschwelle fallen.
Die Erhöhung der Arbeitslöhne ist eine Möglichkeit die Einkünfte der Familien mit niedrigem
Einkommen zu verbessern. Aber dieser Weg kann auch die Bereitschaft der Arbeitgeber zur
Schaffung neuer Arbeitplätze behindern. Diese Politik wird wenig Unterstützung in Ländern
finden, wo die offenen Arbeitsstellen nicht ausreichen, um allen Arbeitsuchenden eine
Beschäftigung zu ermöglichen. Deshalb bedeutet die Gestaltung der Mindestlöhne für jede
Regierung die Herstellung eines delikaten Gleichgewichts zwischen der Festlegung eines
Mindestlohns, der niedrig genug ist, um neue Arbeitsplätze zu schaffen, aber gleichzeitig
hoch genug, um keine Armutsverhältnisse zu schaffen.
Dieselbe Frage stellt sich auch bezüglich der Höhe des Kindergeldes oder
Mutterschaftsbeitrages. diese sollen ausreichend hoch sein, um die Familien zu unterstützen
um Kinder zu bekommen und sie in einer befriedigenden Weise zu erziehen, aber sie sollten
nicht so hoch sein, dass sie die Eltern von Arbeitssuche abhalten. Ein anderer Aspekt ist die
Dauer der Gewährleistung des Mutterschaftsgeldes: hier sollte man sowohl die Motivation
zur Reintegration der Mütter in den Arbeitsmarkt als auch das Wohl des Kindes
berücksichtigen.
In Ländern, wo die Armutsgefährdung der Kinder verhältnismäßig niedrig ist, konnte dies mit
Hilfe von gut gewählten sozialen Leistungen gekoppelt an ein gut funktionierendes System
von aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen erreicht werden (Slowenien und Zypern
stellen dabei eine Ausnahme dar). In diesen Fällen konnten die Eltern ausreichend
Unterstützung bekommen, aber sie wurden auch genügend motiviert, damit ein
Widereinstieg in den Arbeitsmarkt interessant blieb. In diesen Ländern sind aber auch die
wirtschaftliche Leistung und die Beschäftigungsrate verhältnismäßig hoch, und die
Arbeitsuchenden haben unter normalen Umständen auch eine reale Möglichkeit eine
Beschäftigung zu finden, wenn auch nicht unbedingt zur Zeit der gegenwärtigen Rezession.
Unter bestimmten Umständen können aber auch diese Maßnahmen nicht ausreichen. In
vielen Ländern mit verhältnismäßig hoher Kinderarmut, hauptsächlich in den EU-12 Ländern
(mit Ausnahme von Slowenien und Zypern), sowie in Griechenland und in Italien sind
Anreize für die Eltern (hauptsächlich für Frauen), um sie bei einer Arbeitssuche zu
motivieren, verschiedene Arten von Kindergeld und die Umsetzung von aktiven
arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, sowie eine Unterstützung bei der Schaffung von
Kindertagesstätten nicht unbedingt ausreichend, um die Beschäftigungsrate wesentlich zu
erhöhen, wenn nicht parallel dazu Antworten für die Schaffung von einem Nettoüberschuss
von Arbeitsplätzen gefunden werden (besonders hinsichtlich der Schaffung von geeigneten
Jobs für die Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt, da es sich in vielen Fällen um schwach
qualifizierte Frauen handelt. Dies ist die Lage in Portugal, aber auch in Italien und Spanien,
wo das ein Problem darstellt). Das soll nicht bedeuten, dass die Stärkung einer auf die
Familien ausgerichteten Politik nicht von großer Bedeutung sei, da es essentiell ist, wenn
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man Frauen eine faire Chance für eine Arbeitskarriere einräumt; aber solch eine Politik allein
wird nicht ausreichen, um die Beschäftigungsrate bei Frauen zu erhöhen und als Ergebnis
die Armutsgefährdung der Kinder zu vermindern.
Bei dem Wohlhaben der Kinder geht es nicht alleine um die Sicherung von ausreichenden
Einkünften der Haushalte. Es geht auch um den Zugang zu Gesundheitsleistungen oder
Bildungsmöglichkeiten in einer ausreichenden Qualität, um Kindern zu ermöglichen, dass sie
während ihres späteren Lebens eine möglichst hohe Qualifikation erreichen können.
In der Praxis ist Zugang zur Gesundheitsvorsorge für alle Kinder in der EU garantiert.
Spezifische Schwierigkeiten ergeben sich jedoch bei Kindern in Romafamilien in einigen
Ländern Mittel- und Osteuropas, sowie bei Kindern mit Behinderungen, z.B. mit
Lernstörungen in vielen Ländern.
Was den Zugang zu Bildungsmöglichkeiten betrifft, ist die Lage für Kinder mit Behinderung,
für Kinder von Familien mit niedrigem Einkommen und einer niedrigen Qualifikation in den
meisten Ländern beunruhigend, denn diese Kinder haben die geringsten Möglichkeiten, eine
Bildung von guter Qualität zu erlangen. In vielen Fällen sind auch Kinder von
Einwandererfamilien betroffen. Als Folge ist die Rate der Schulaussteiger unter Kindern, die
unter benachteiligten Umständen leben, viel höher als in anderen Fällen, und der Anteil von
denen, die eine Universitätsausbildung absolvieren können, bedeutend niedriger. Es gibt
Anzeichen dafür, dass diese Probleme, mit denen sich solche Kinder konfrontiert sehen, in
vielen Ländern besser erkannt werden, wie z.B. in Frankreich, wo eine bedeutende
Expansion von Zentren für Familieunterstützung erfolgt ist, oder in Ungarn, wo spezielle
Maßnahmen unternommen wurden um die Segregation der Roma-Kinder in den Schulen zu
lindern.
Der Zugang zu zufriedenstellenden Wohnverhältnissen ist ebenso von Bedeutung, da durch
unzureichende Wohnverhältnisse die Probleme, die aus einem Mix vom niedrigen
Einkommen und materieller Entbehrung stammen, weiter vertieft werden. Diese Probleme
sind typisch für die früheren kommunistischen Länder der EU-12, wo als Folge des
Transformationsprozesses und der Privatisierung viele Familien mit niedrigem Einkommen in
mangelhaften Wohnungen oder Häusern blieben, wo eine Sanierung oder Umbau bitter nötig
wäre.
Es sind weitere Faktoren, die bei dem gegenwärtigen Wohlbefinden der Kinder oder bei
ihrem zukünftigen Wohlbefinden, bzw. in Bezug auf ihre Lebenschancen berücksichtigt
werden müssen. Diese Faktoren können durch die Politik beeinflusst werden, so z.B. der
Zugang zu verschiedenen kulturellen oder sportlichen Einrichtungen, oder die Möglichkeit
des Kontaktes zu anderen Kindern. Forschungsergebnisse zeigen, dass Kinder in Familien
mit niedrigen Einkommen zusätzliche Probleme auf diesem Gebiet haben. In vielen Ländern
werden diese Umstände weitgehend ignoriert, oder werden auf der Ebene der Kinderpolitik
nicht ausreichend beachtet, denn man tendiert dazu, sich nur auf das Armutsproblem als
solches zu fokussieren.
Die Folgen der gegenwärtigen Rezession (wie die Auswirkungen der wahrscheinlichen
Reduzierung der Staatshaushaltsausgaben, um die akkumulierten Haushaltsschulden der
letzten Jahre zurückzuführen) werden allerdings die Regierungen höchstwahrscheinlich in
ihren Bestrebungen hindern, Mittel für die Maßnahmen einer solchen Politik zu finden oder
diese finanziell üppiger auszustatten. Sogar das Bewahren des erreichten Status Quo könnte
sich als eine Herausforderung darstellen. In vielen Ländern ist derzeit die Konsolidierung des
Staatshaushaltes die höchste Priorität.
Es gilt eine spezielle Aufmerksamkeit den Minderheitsgruppen zu widmen, wo die Kinder in
Familien leben, bei denen die Eltern außerhalb der EU geboren sind. In diesen Gruppen ist
die Armutsgefährdung der Kinder überall in der EU außerordentlich groß. Sie stellen einen
Anteil von 30% oder mehr in Belgien, Frankreich, Schweden und Österreich. In den EU-27
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Ländern, aber hauptsächlich in den Ländern Mittel- und Osteuropas, bedeutet die
gegenwärtige Lage der Romabevölkerung eine spezielle Herausforderung für die Politik. Da
Roma-Kinder häufig benachteiligt sind, ist die Politik besonders gefordert; spezifische
Zuwendungen und langfristige politische Ansätze sind gefragt. Anders formuliert: die
Bekämpfung der Armutsgefährdung in der Romagemeinschaft fordert koordinierte
beschäftigungs-, bildungs-, wohnungs- und integrationspolitische Maßnahmen.
Einige weiterführende Maßnahmen der Entwicklung von Indikatoren
Was die zukünftigen Indikatoren betrifft, sollte man mit jenen beginnen, die im Rahmen der
sozialen OMK vereinbart wurden und zugänglich sind, sowie in einer Altersgruppierung
mindestens für die 0 bis 17 –Jährigen zur Verfügung stehen, und für unsere Zwecke relevant
sind. Daneben werden in unserem Bericht einige neue Wohlstandsindikatoren (Entbehrung
von Bildungsmöglichkeiten und sozialen Einrichtungen) sowie eine neue Aufschlüsselung
empfohlen. Für die nicht-materiellen Dimensionen wird eine Reihe von neuen Indikatoren
vorgeschlagen. Zwar ist die Verfügbarkeit der Indikatoren für die verschiedenen
Dimensionen ziemlich unterschiedlich, einige können jedoch auf jedem Gebiet erstellt
werden.
Während ein Bedarf besteht, das Wohlbefinden der Kinder in verschiedenen Dimensionen zu
messen, ist es gleichermaßen wichtig, dass die Indikatoren die einzelnen Phasen der
Entwicklung der Kinder widerspiegeln sollen. Die Kopplung der verschiedenen Dimensionen
mit den Altersgruppen der Kinder in einer Matrix-Form sollte erwogen werden. Die einzelnen
Elemente sollten sorgfältig bewertet werden.
Ein ausgeglichenes und umfassendes Bild kann man sich aufgrund des einzelnen KinderIndikator-Portfolios gewinnen. Die Indikatoren widerspiegeln die wichtigsten Dimensionen in
den verschieden Altersgruppen der Kinder. Dieses Portfolio könnte auf einer ad hoc Basis
von dem Ausschuss für Sozialschutz bei der Untersuchung der Lage der Kinder in den
Mitgliedsstaaten gebraucht werden.
Der Bericht gibt eine detaillierte Auflage von diesen potentiell verfügbaren Indikatoren, und
formuliert eine Reihe von Vorschlägen, die der Verbesserung der Dateninfrastruktur dienen.
Die Prüfung der materiellen Indikatoren erfolgte mit Hilfe von verschieden frei zugänglichen
europäischen Datenbanken. Eine weitere gründliche Untersuchung von anderen
Datenbanken wird bei der Weiterentwicklung der Indikatoren notwendig sein. Alternative
Datensammlungen können dazu beitragen, die Überprüfung längerfristiger und
ausgewogener gestalten zu können. Neue Datensammlungen können auch zur
Verbesserung der Qualität der Datenbanken auf EU-Ebene beitragen.
Trotz der Vielfältigkeit der zugänglichen Datensets wurden auch einige bedeutende Mängel
während der Arbeit identifiziert. Im Rahmen der EU-SILK werden z.B. keine passenden
Daten konstruiert, die sich dazu eignen würden, bestimmte nicht standardisierte Fragen zu
beantworten, während dies für die Fertigstellung der materiellen Indikatoren und für die
Aufrechterhaltung von standardisierten Strukturen außerordentlich wichtig wäre. So sind z.B.
die vorhandenen Daten für die Analyse der Lage der Kinder von Einwanderern oder von
ethnischen Minderheiten (hauptsächlich der Romabevölkerung) nicht besonders geeignet.
Mit Hilfe der zugänglichen Daten kann man die Lage mancher Kindergruppen nicht
zufriedenstellend bewerten, die in nationalen oder internationalen Erhebungen nicht
regelmäßig auftauchen. (z.B. Kinder in staatlich betreuten Einrichtungen, Gewaltopfer,
vertriebene, missbrauchte Kinder, Kinder mit Suchtproblemen, usw.) Das Fehlen von
vergleichbaren Daten über Kinder, die in staatlich betreuten Einrichtungen leben, ist von
besonderer Bedeutung. In dieser Hinsicht sollte etwas unternommen werden, um die
Datenbasis zu verbessern, damit dadurch eine Möglichkeit geschaffen wird, eine
ausgeglichene und vollständige Lagebeurteilung von allen Gruppen der Kinder zu erreichen,
am meisten verletzbare Schichten mit eingeschlossen.
Zu diesen speziellen und sehr verletzbaren Gruppen von Kindern gehören in vielen der
Mitgliedsstaaten die Kinder in Romafamilien. Um die Lage in einer vergleichbaren Weise
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erforschen und Ländern helfen zu können, gegebenenfalls ihre nationalen Ziele zu
definieren, könnten Richtlinien für Datensammlung angenommen und eine vergleichbare
Datensammlung begonnen werden. Im Hinblick auf die Mangelhaftigkeit der meisten
etablierten Befragungen bezüglich der Lage der Kinder der Roma und der Einwanderer wäre
dies eine dringende Aufgabe.
Das Rückgreifen auf Paneldaten sollte gefördert werden. Trotz der Tatsache, dass es sich
um eine ziemlich aufwendige Befragung handelt, ist dies der einzige Weg, das Wohlbefinden
der Kinder auf individueller Grundlage empirisch zu verfolgen und die Wirkung der Politik zu
erfassen. Andere als EU-SILK Indikatoren könnten auch von administrative und registrierte
Daten stammen. Dies sollte gefördert werden, auch wenn die Widerspiegelung des sozialwirtschaftlichen Hintergrundes in solchen Daten nicht immer unproblematisch ist. In die
Analyse von administrativen Daten sollten die der Kriminalstatistik oder die bezüglich der
lokalen Nachbarschaft einbezogen werden. Zusätzlich wäre eine Revision der EU-SILK
erforderlich, welche dem Kinderaspekt eine größere Bedeutung einräumt. Um hier
weiterzukommen, könnte man eine Gruppe von Interessenten und von Forschern der
Kinderarmut und des Wohlbefindens von Kindern zu einem außerordentlichen Workshop
einladen, damit diese einen Fragekatalog erarbeiten, sobald die Daten für das Jahr 2009 zur
Analyse bereitstehen.
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