Anpassungsbedarf der Vergütung von Krankenhausleistungen für

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Anpassungsbedarf der
Vergütung von
Krankenhausleistungen für 2008
Gutachten
im Auftrag der
Deutschen Krankenhausgesellschaft
erstellt durch
Prof. Dr. med. Norbert Roeder
Dr. med. Wolfgang Fiori
Dr. med. Holger Bunzemeier
und das Team der
DRG-Research-Group
Universitätsklinikum Münster
Westfälische Wilhelms-Universität
Domagkstr. 20, 48129 Münster
Mai 2007
Präambel
Mit dem Jahr 2005 entfaltete das DRG-System durch den Beginn der Konvergenzphase direkte Wirkungen auf die Erlössituation der einzelnen Krankenhäuser.
Hierdurch stiegen die Anforderungen an die Sachgerechtigkeit der Abbildung und
Refinanzierung von stationären Krankenhausleistungen über DRG-Fallpauschalen
und Zusatzentgelte erheblich. Trotz der deutlichen Fortschritte bei der Weiterentwicklung des G-DRG-Systems hat es noch keinen vollständig ausreichenden Reifegrad
erreicht. Die Wirkung des DRG-Systems auf die finanzielle Situation der Krankenhäuser kann sich nur parallel mit der Entwicklung des Systems entfalten, um ungewollte Verwerfungen in der Struktur der Krankenhausversorgung zu vermeiden.
Die Frage der Systemreife hat eine hohe Bedeutung für die Ausgestaltung des
ordnungspolitischen Rahmens nach 2009, die inhaltlich in diesem Jahr diskutiert
werden muss.
Das Institut der Selbstverwaltung, InEK gGmbH, dem bei der Weiterentwicklung des
DRG-Kataloges eine zentrale Rolle zukommt, leistet eine ausgezeichnete Arbeit.
Durch eine ständig zunehmende Differenzierung der Plausibilisierungen und des
Kalkulationsverfahrens sowie der Etablierung der ergänzenden Datenlieferung
konnte die Systemqualität ständig verbessert werden. Allerdings kann dieser Weg
nur beschritten werden, weil eine große Zahl von Krankenhäusern das InEK jedes
Jahr mit aufwändigen Kalkulationen unterstützt. Diesen Krankenhäusern gebührt der
besondere Dank aller Akteure und Nutzer des G-DRG-Vergütungssystems. Dank
gebührt auch den medizinischen Fachgesellschaften und weiteren Institutionen, die
sich konstruktiv in das jährliche Vorschlagsverfahren zur Einbindung externen
Sachverstandes beim InEK einbringen. Die Diskussionen mit allen Beteiligten
verbessern das System, aber auch das Verständnis für die DRG-Einführung.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft beteiligt sich mit der Veröffentlichung dieses
Gutachtens an der Diskussion zur Weiterentwicklung des G-DRG-Systems. Wie in
den Vorjahren konnten Herr Prof. Dr. Norbert Roeder und seine DRG-ResearchGroup an der Universität Münster als ausgewiesene Experten für die Gutachtenerstellung gewonnen werden. In diesem Jahr erfolgt eine Beschränkung auf die
Darstellung aktueller Anpassungsprobleme, weshalb auch auf die Vorgutachten
verwiesen wird. Dieses Gutachten kann keinen Anspruch auf Vollständigkeit
bezüglich sämtlicher Problemkonstellationen erheben. Auch sind die Ausführungen
und Lösungsvorschläge als Empfehlungen des neutralen Gutachters zu verstehen
und können deshalb nicht umstandslos als DKG-Positionen aufgefasst werden.
Mit der Veröffentlichung des Gutachtens sollen sowohl ein konstruktiver Beitrag für
den Anpassungsprozess als auch Anregungen für die weitere wissenschaftliche und
politische Diskussion auch im Kontext der Anpassung des ordnungspolitischen
Rahmens gegeben werden.
Georg Baum
Hauptgeschäftsführer Deutsche Krankenhausgesellschaft
Danksagung
Dieses Gutachten wurde vom Team der DRG-Research-Group des Universitätsklinikums Münster erstellt. Wir möchten uns ganz herzlich bei diesem Team für diese
Leistung bedanken, welche ohne diese Unterstützung nicht möglich gewesen wäre.
Bedanken möchten wir uns auch bei den vielen Kolleginnen und Kollegen der medizinisch wissenschaftlichen Fachgesellschaften, aus Krankenhausverbänden und aus
den Krankenhäusern, die uns geholfen haben, besondere Situationen und Konstellationen der medizinischen Versorgung insbesondere von Spezialisierungen zu identifizieren und deren Besonderheiten zu verstehen.
Prof. Dr. med. Norbert Roeder
Dr. med. Wolfgang Fiori
Dr. med. Holger Bunzemeier
Inhalt
1
ZUSAMMENFASSUNG
1
2
AUFGABENSTELLUNG DES GUTACHTENS
7
3
SYSTEMQUALITÄT IM JAHR 2007
9
3.1
Datengrundlage
9
3.2
DRG-Klassifikationssystem
9
3.3
Alternative Finanzierungskomponenten
12
3.4
Grenzen der Pauschalierung
3.4.1 Frührehabilitation
3.4.2 Rehabilitationslücke / Pflegelücke
3.4.3 Vorhalteproblematiken
3.4.4 Flächendeckende Versorgung
3.4.5 Anreizmechanismen
13
13
16
17
19
19
3.5
Administrativer Aufwand
20
3.6
DRGs und Qualität
21
3.7
Begleitforschung zur DRG-Einführung
22
PRÜF- UND ANPASSUNGSBEDARF
23
4
4.1
Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf der ordnungspolitischen Vorgaben
4.1.1 Entgeltverhandlungen
4.1.1.1
4.1.1.2
4.1.2
4.1.3
4.1.4
4.1.5
Ausrichtung am Versorgungsauftrag
Ausgleichsregelungen
23
23
23
24
Rechnungsprüfungen durch die Kostenträger
Ärztliche Weiterbildung
Besondere Leistungen und besondere Einrichtungen
Zentrumszuschläge
25
30
30
32
4.2
Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf der Abrechnungsbestimmungen
4.2.1 Fallzusammenführungen / Beurlaubungen
4.2.2 Verlegungen
4.2.3 Neugeborene
4.2.4 Betreuung von Müttern behandlungsbedürftiger Neugeborener
4.2.5 Teilstationäre Leistungen
33
33
35
36
36
37
4.3
Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf zur DRG-Kostenkalkulation
4.3.1 Undifferenzierte Kostenzuordnungen
4.3.2 Kalkulationsunschärfen durch Fehler in der Äquivalenzziffern gestützten
Kalkulation in den Krankenhäusern
4.3.3 Kalkulatorische Berücksichtigung der Fallzusammenführung
4.3.4 Einhaus-Kalkulationsmodell
4.3.5 Kostenausreißer
38
39
39
40
41
41
4.4
Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf zu zusatzentgeltfähigen Leistungen
4.4.1 Abbildung aufwändiger diagnostischer Maßnahmen im G-DRG-System
4.4.2 Medikamente bei teilstationären Fällen und Einbelegungstag-DRGs
43
44
44
4.4.3
4.4.4
4.4.5
Problem unterschiedlicher Erlösausgleiche und unterschiedlicher Quoten für
Budgetanpassung bei prospektiv vereinbarter Leistungsmengenänderung
45
OPS-Definition von zusatzentgeltfähigen Leistungen
46
Auswirkungen von Dosisklassenänderungen auf die Vorbereitung der Leistungsund Entgeltverhandlungen
47
4.5
Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf der ICD-10/OPS-Klassifikation
4.5.1 Weiterentwicklung der ICD-10-GM
4.5.2 Weiterentwicklung des OPS
4.5.3 Problem von Kodieralternativen
47
47
47
48
4.6
Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf der Deutschen Kodierrichtlinien (DKR)
50
4.7
Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf bezogen auf das DRG-Klassifikationssystem
4.7.1 Einführung
4.7.2 Kondensationen
4.7.3 Sortierung der DRGs bei der Fallzuordnung
52
52
53
56
4.7.3.1
4.7.3.2
4.7.3.3
4.7.3.4
Verlust des Zusammenhangs zwischen medizinischem Fallkollektiv und G-DRG
Transparenzverlust
Stabilität der G-DRG-Zuordnung und der Bewertungsrelationen
DRG-Konstrukte Basis-DRG, Partition und MDC
57
57
58
60
4.7.4
Einbindung des medizinischen, wissenschaftlichen und weiteren Sachverstandes
Sachverstand im Rahmen der strukturierten Dialogs
60
4.7.5 Differenzierung zwischen Leistungsstrukturveränderungen und Upcoding
61
4.7.6 Abbildung des Schweregrads über die CCL-Matrix und den PCCL
61
4.7.7 Komplexbehandlungen
62
4.7.8 Kalkulation von Zu- und Abschlägen
64
4.7.9 Verlegungsfallpauschalen
67
4.7.10 Fehler-DRGs
68
4.7.11 Grenzen der datengetriebenen Anpassung
69
4.7.12 Nutzung der Kostenmatrix des G-DRG-Kostenkalkulationsbrowsers in Bezug auf
klassifikatorische Aspekte
70
4.8
Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf bezogen auf einzelne Leistungsbereiche
4.8.1 Einführung
4.8.2 Betroffene Leistungsbereiche
4.8.2.1
AIDS/HIV
4.8.2.2
Neurologie / Neurochirurgie
4.8.2.3
Hämatologie / Onkologie
4.8.2.4
Strahlentherapie
4.8.2.5
Spezialverfahren: Brachytherapie und Stereotaxie
4.8.2.6
Palliativmedizin
4.8.2.7
Intensivtherapie
4.8.2.8
Multiresistente Erreger (MRE)
4.8.2.9
Kinder- und Jugendmedizin
4.8.2.10 Neonatologie
4.8.2.11 Organtransplantationsleistungen
4.8.2.11.1 Multiorgantransplantationen
4.8.2.11.2 Durchgehende stationäre Behandlung vor Transplantation
4.8.2.11.3 Aufenthalte nach Organtransplantation
4.8.2.11.4 Vorhaltekosten in Transplantationszentren
4.8.2.12 Unfallchirurgie / Orthopädie
4.8.2.13 Polytrauma
4.8.2.14 Schwer Brandverletzte
4.8.2.15 Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie
4.8.2.16 Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
4.8.2.17 Gastroenterologie
71
71
73
73
74
77
80
81
81
81
83
83
84
84
85
85
86
86
88
89
89
90
91
91
4.8.2.18
4.8.2.19
4.8.2.20
4.8.2.21
4.8.2.22
4.8.2.23
4.8.2.24
5
Endokrinologie
Rheumatologie
Geriatrie
Alkoholbezogene Störungen, Qualifizierter Entzug
Geburtshilfe
Urologie
Dermatologie
QUELLENVERZEICHNIS
92
92
93
94
94
95
96
99
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abs.
AEB
AHB
AIDS
AML
AR-DRG
BAG
BMG
BNB
BPlfV
BSG
BWR
bzw.
CC
CCL
CM
CMI
CT
d.h.
DAIG
DDG
DGHO
DGVS
DIMDI
DKG
DKR
DMKG
DMP
DRG
e.V.
ERCP
etc.
evtl.
FAB
FPÄndG
FPG
FPV
G-AEP
G-BA
G-DRG
ggf.
GKV
GKV-WSG
GVD
HIV
HNO
i.S.
ICD
ICD-10-GM
Absatz
Aufstellung der Entgelte und Budgetberechnung
Anschlussheilbehandlung
Acquired Immune Deficiency Syndrome
Akute meloische Leukämie
Australian Refined Diagnosis Related Group, dt.: Diagnosebezogene Fallgruppe
Bundesarbeitsgemeinschaft Rehabilitation
Bundesministerium für Gesundheit
Bösartige Neubildung(en)
Bundespflegesatzverordnung
Bundessozialgericht
Bewertungsrelation
beziehungsweise
Complication or comorbity, dt.: Komplikation oder Komorbidität
Complication or comorbity level, dt.: Schweregrad einer Komplikation oder
Komorbidität
Case Mix
Case Mix Index
Computertomographie
das heißt
Deutsche AIDS Gesellschaft
Deutsche Dermatologische Gesellschaft
Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie
Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten
Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information
Deutsche Krankenhausgesellschaft
Deutsche Kodierrichtlinie(n)
Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft
Disease Management Programme
Diagnosis Related Group, dt.: Diagnosebezogene Fallgruppe
eingetragener Verein
Endoskopisch retrograde Cholangio-Pankreatiko-Graphie
et cetera
eventuell
French-American-British, Klassifikation der Leukämien
Fallpauschalenänderungsgesetz
Fallpauschalengesetz
Fallpauschalenvereinbarung
German Appropriateness Evaluation Protocol
Gemeinsamer Bundesausschuss
German (Refined) Diagnosis Related Group, dt.: Diagnosebezogene Fallgruppe
(deutsches System)
gegebenenfalls
Gesetzliche Krankenversicherung
GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz
Grenzverweildauer
Human Immunodeficiency Virus
Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
im Sinne
International Classification of Diseases and Related Health Problems, dt.:
Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter
Gesundheitsprobleme
ICD German Modification, Deutsche Modifikation des ICD-Diagnoseschlüssels
Abkürzungsverzeichnis
InEK
IT
KFPV
KHEntgG
KHG
MDC
MDK
MDS
MRE
MRSA
MRT
n.n.bez.
NON-OR
NUB
o.a.
o.ä.
o.g.
oGVD
OP
OPS
OR
pAVK
PCCL
PET
PKV
PLMS
Pos.
Psych-PV
QE
RLS
RVO
s.o.
s.u.
SAPS
SEG 4
SGB
SPECT
TEP
TIA
TISS
u.a.
u.U.
uGVD
v.a.
VBE
Vgl.
vs.
VWD
WHO
z. B.
z.T.
ZE
ZNS
Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus
Informationstechnologie
Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser
Krankenhausentgeltgesetz
Krankenhausfinanzierungsgesetz
Major Diagnostic Category, dt.: Hauptdiagnosekategorie (HDK)
Medizinischer Dienst der Krankenversicherung
Medizinischer Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen e. V.,
Multiresistente Erreger
Methicillin resistenter Staphylokokkus aureus
Magnet Resonanz Tomographie
nicht näher bezeichnet
Non-operating room (procedure), dt.: nicht-operative (Prozedur), führt ggf. in die
sonstige Partition
Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
oben angegeben(en)
oder ähnliche
oben genannt(en)
Obere Grenzverweildauer
Operation(sraum)
Operationenschlüssel nach § 301 SGB V
Operating room (procedure), dt.: operative (Prozedur), führt in die chirurgische
Partition
Periphere arterielle Verschlusskrankheit
Patient Clinical Complexity Level, dt.: Patientenbezogener Gesamtschweregrad
Positronen Emissions Tomographie
Private Krankenversicherung
Periodic Leg (oder Limb) Movements in Sleep
Position
Psychiatrie-Personalverordnung
Qualifizierter Entzug
Restless-Legd-Syndrom
Reichsversicherungsordnung
siehe oben
siehe unten
Simplyfied Acute physiology Score
Sozialmedizinische Expertengruppe "Vergütung und Abrechnung" der
Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK)
Sozialgesetzbuch
Single Photon Emission Computed Tomography
Totalendoprothese
Transient Ischemic Attack
Therapeutic Intervention Scoring System
unter anderem/anderen
unter Umständen
Untere Grenzverweildauer
vor allem
Vereinbarung zur Bestimmung von Besonderen Einrichtungen
vergleiche
versus
Verweildauer
World Health Organization, Weltgesundheitsorganisation
zum Beispiel
zum Teil
Zusatzentgelte
Zentralnervensystem
Zusammenfassung
1 Zusammenfassung
Mit dem Fallpauschalengesetz (FPG) vom 23. April 2002 hat der Gesetzgeber den
ordnungspolitischen Rahmen für die Einführung des neuen DRG-Vergütungssystems
für Krankenhausleistungen nach § 17b KHG konkretisiert. Danach sollte das DRGFallpauschalensystem beginnend ab 2003 die allgemeinen voll- und teilstationären
Krankenhausleistungen mit Ausnahme der in § 1 Abs. 2 der Psychiatrie Personalverordnung (Psych-PV) genannten Einrichtungen und der Einrichtungen für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin vergüten.
Seit Ende der budgetneutralen Einführungsphase (2003/2004) werden die Erlösbudgets der Krankenhäuser jeweils zum 1. Januar der Jahre 2005 bis 2009 schrittweise
an den nach § 17b Abs. 3 Satz 5 KHG festzulegenden bundeslandeinheitlichen
Basisfallwert (Landes-Basisfallwert) und das sich daraus ergebende Erlösvolumen
angeglichen (Konvergenzphase). Bei planmäßiger Umsetzung der gesetzlichen
Vorgaben würden die meisten Krankenhäuser ihre Leistungen ab dem 1. Januar
2009 auf der Basis landeseinheitlicher Basisfallwerte abrechnen, wobei der ab 2010
geltende gesetzliche Rahmen im Sinne eines „lernenden Systems“ noch gesondert
vorgegeben werden soll.
Zur kontinuierlichen Weiterentwicklung des DRG-basierten Vergütungssystems
sowie der Kalkulation der Bewertungsrelationen haben die Selbstverwaltungspartner
im Mai 2001 das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK gGmbH,
Siegburg) gegründet. Dieses Institut hat mit der Entwicklung und Kalkulation der GDRG-Versionen 2004-2007 seine Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Begleitet
wird die jährliche Fortentwicklung des Systems durch das sogenannte von den
Selbstverwaltungspartnern etablierte Vorschlagsverfahren, bei dem alle vom System
betroffenen sowie interessierten Organisationen Änderungswünsche an das System
unterbreiten können.
Die Bewertung der Wirtschaftlichkeit von Krankenhäusern über den krankenhausindividuellen Basisfallwert kann nur dann angemessen erfolgen, wenn alle den
Basisfallwert beeinflussenden Katalogpositionen (DRGs und Zusatzentgelte) sachgerecht bewertet sind. Die erfolgreiche Einführung eines Preissystems hängt somit
wesentlich von der Definition der Leistungen sowie deren ökonomischen Bewertung
ab. Da seit 2005 das DRG-System mit Beginn der Konvergenzphase im Sinne einer
Budgetumverteilung zunehmend ökonomisch wirksam wird, müssen andere
Maßstäbe als vor Beginn der Konvergenzphase gelten.
Im Gutachten wird der noch bestehende Prüf- und Anpassungsbedarf dargestellt,
sofern dies nicht schon in den Gutachten der letzten Jahre geschehen ist, auf die
hiermit ebenfalls verwiesen sei. Untersucht wurde der bisherige Reifegrad des aus
einer Klassifikation und den Finanzierungsrahmenbedingungen bestehenden Vergütungssystems. Wo möglich, werden bei bestehenden Problemen Lösungsansätze
vorgeschlagen. Bei der Entwicklung der Vorschläge wurden die Ergebnisse von
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
1
Zusammenfassung
DRG-Evaluationsprojekten und die daraus resultierenden Anpassungsvorschläge
ebenso berücksichtigt, wie die sich aus der Spezialisierung von Fachabteilungen,
unterschiedlichen Versorgungsstufen, Meinungen von Experten und Organisationen
und letztendlich auch zur Vermeidung von Fehlanreizen zu Lasten der Patienten/Versicherten ergebenden Anpassungsnotwendigkeiten.
Empfohlene Maßnahmen
Zur Erstellung eines Vergütungssystems im notwendigen Reifegrad für den Einsatz
in einem Preissystem sind weitere Aktivitäten erforderlich, die nachfolgend in sechs
Punkten zusammengefasst werden können:
ƒ
Ordnungspolitische Rahmenbedingungen
Ziel der ordnungspolitischen Rahmenbedingungen muss es sein, durch
sinnvolle Anreize einen gerechten Wettbewerb zu gewährleisten. Übermäßige
Bürokratisierung ist zu vermeiden. Rationierungen sind transparent und
gerecht vorzunehmen. Gute Qualität muss sich lohnen.
Länderspezifische Besonderheiten stehen einer bundesweit einheitlichen
Finanzierung von Krankenhausleistungen entgegen (z. B. Frührehabilitation).
Harmonisierungen müssen umgesetzt werden, bevor eine Abrechnung über
bundesweit einheitlich bewertete G-DRGs erfolgt.
Vorhaltung und flächendeckende Versorgung können in einem reinen
Preissystem kaum aufrechterhalten werden. Solange die Länder für die
Krankenhausplanung verantwortlich sind, muss der Gesetzgeber Lösungen
zur notwendigen Finanzierung von ihm geforderter Vorhaltung entwickeln,
wenn sich diese nachweislich nicht aus den Fallerlösen refinanzieren läßt.
Durch die fortschreitende Entwicklung des G-DRG-Systems und daraus
entstandenen Erfahrungen sind einige gesetzliche Vorgaben inzwischen
überholt bzw. müssen angepasst werden (z. B. Erlösausgleichsregelungen,
rechtliche Rahmenbedingen für Fallprüfungen, Antrag und Verhandlung von
NUB-Entgelten). Komplexität und Fehlanreize sind zu reduzieren.
Der Gesetzgeber sollte die Regelungen für Zentrumszuschläge präzisieren,
um den Umsetzungsproblemen auf der lokalen Ebene zu begegnen (z. B.
Verweigerung von Zuschlägen für Brustzenten, Darmzentren etc.).
ƒ
Kalkulation
Die Kalkulation muss in den Krankenhäusern noch weiter verbessert werden,
damit verlässlichere Daten und somit eine verbesserte Datengrundlage für die
Analysen im InEK geschaffen werden. Insbesondere Krankenhäuser mit
besonderen und hoch spezialisierten Fachabteilungen müssen sich verstärkt
an der Kalkulation beteiligen.
2
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Zusammenfassung
Das InEK sollte sich von der Einhaus-Methode bei der Kalkulation lösen und
Detailanalysen an verschiedenen Spezialisierungsformen durchführen sowie
diese miteinander vergleichen. Sollten sich dabei Unterschiede in Abhängigkeit von der Spezialisierung oder der Versorgungsstufe darstellen lassen,
könnten diese durch eine Differenzierung der Fallgruppen im DRG-Katalog
oder innerhalb der selben Fallgruppen durch differenzierte Vergütungen in
Abhängigkeit von kostenrelevanten Ko-Faktoren berücksichtigt werden.
Seltene und sehr heterogene Fallgruppen dürfen nicht bewertet werden. Die
ökonomischen Auswirkungen auf Spezialisierungen durch jährlich stark
schwankende Bewertungsrelationen sind nicht tolerabel.
Die derzeitige normative Kalkulation von Zu- und Abschlägen ist nicht sachgerecht und setzt Fehlanreize. G-DRG-individuelle Kalkulationen, wie sie z.T.
schon eingesetzt werden, sind sachgerechter und sollten weiterentwickelt
werden.
ƒ
Abrechnungsregeln
Aufgrund der Weiterentwicklung des G-DRG-Klassifikationssystems sind die
Wiederaufnahmeregeln nicht mehr sachgerecht. Es sollte möglichst eine einfache administrative Lösung gesucht werden, die auch bei der Kalkulation
nachvollzogen werden kann.
Die kombiniert voll- und teilstationäre Leistungserbringung darf nicht gegenüber einer reinen vollstationären Behandlung benachteiligt werden. Entsprechende Abrechnungsregeln sind anzupassen.
Nach Entfristung des § 197 RVO durch das GKV-WSG ist festzulegen, wie
lange eine Mutter Anspruch auf Unterkunft, Pflege und Verpflegung für die Zeit
nach einer komplikationslosen Entbindung hat.
ƒ
Zusatzentgelte
Die Liste der Zusatzentgelte muss jährlich unter Einbeziehung kostenintensiver Medikamente und zusätzlicher Implantate nach transparenten
Kriterien unter Berücksichtigung der klinischen Realität geprüft und wo notwendig ergänzt werden. Insbesondere sehr teure diagnostische Leistungen,
die nur in einem Teil der Krankenhäuser verfügbar sind, sollten in Zusatzentgelten abgebildet werden und nicht Bestandteil der Fallpauschalierung sein.
ƒ
DRG-Fallgruppen
Weitere Ausdifferenzierungen des DRG-Fallgruppensystems sind erforderlich.
Dabei müssen insbesondere Leistungsunterschiede berücksichtigt werden, die
sich aus besonderen Vorhaltungen/Spezialisierungen ergeben.
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
3
Zusammenfassung
Wo möglich sollte neben der ökonomischen Homogenität auch eine medizinische Homogenität angestrebt werden. Behandlungsstrukturübergreifende
Kondensationen sollten vermieden werden.
Die Abbildung von Mehrfachleistungen ist weiter zu entwickeln. Um die
Komplexität und Instabilität des Systems zu reduzieren, sollte freizügiger von
der Finanzierung über Zusatzentgelte Gebrauch gemacht werden.
Die rein datengetriebene Anpassung des G-DRG-Systems stößt zunehmend
an ihre Grenzen. Um Fehlanreize zu vermeiden und Systemfehler zu beheben, sind normative Anpassungen unumgänglich.
Die Konkurrenz von inhaltlich verwandten OPS-Komplexkodes im Gruppierungsalgorithmus muss vermieden werden, um Komplexität und Fehlanreize zu vermeiden.
ƒ
Kodierrichtlinien und Klassifikationssysteme
Kodieralternativen oder deren finanziellen Auswirkungen müssen reduziert
werden. Ist dies nicht über die Klassifikationssysteme oder normativ über den
G-DRG-Gruppierungsalgorithmus/die CCL-Matrix möglich, so ist eine Klarstellung über Kodierrichtlinien erforderlich.
Kodierrichtlinien, sind zu prüfen, ob sie zu nicht sinnvollen Gruppierungsresultaten führen. Bei Streichungen von DKR sollten entstehende Migrationen
von Fällen bei der Kalkulation der Bewertungsrelationen nachvollziehbar sein.
Ein weiterer Schwerpunkt der Anpassung sollte auf die Abbildung von bisherigen
Kostenausreißern gelegt werden. Dazu ist es wichtig, auch interklinische Vergleiche
bezüglich der Behandlung durch verschiedene Versorgungsstrukturen durchzuführen. Bildet sich z. B. eine seltene Spezialisierung überwiegend im Ausreißerbereich einer DRG-Pauschale ab, so kann die G-DRG aufgrund der Kalkulationsmethodik dennoch sehr hohe Homogenitätskriterien aufweisen. Sinnvoll ist die
Abbildung der Kostenausreißer in eigenen G-DRGs. Wo dies nicht möglich ist, muss
eine Anpassung der Kalkulation der Überliegerzuschläge oder eine additive/alternative Finanzierung erfolgen.
Mit einer weiteren Ausdifferenzierung der Fallgruppen selbst sowie einer sachgerechteren Berechnung der Langliegerzuschläge könnte für das Jahr 2008 noch
einmal ein Fortschritt hinsichtlich einer sachgerechteren Leistungsabbildung und -finanzierung erzielt werden. Es ist aber anzunehmen, dass gerade die Beschreibung
von Strukturunterschieden wie die Verfügbarkeit besonderer diagnostischer und
therapeutischer Angebote und Nutzung derselben nicht allein über Leistungs/Fallgruppenmerkmale und damit auch nicht über eine weitere Ausdifferenzierung der
Fallgruppen möglich ist. Der Weiterentwicklung des Fallgruppensystems selbst sind
Grenzen gesetzt. Es muss daher geprüft werden, wo die Ausdifferenzierung aus
gesamtökonomischer Sicht, aber auch aus der Sicht der betroffenen Krankenhäuser
4
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Zusammenfassung
Problem lösend wirkte, und wo sie eher die Komplexität steigerte, ohne wirklich
Probleme zu reduzieren. Mitunter dürfte es sinnvoller sein, schwer abbildbare
Bereiche interimsmäßig oder auch dauerhaft über alternative oder additive
Vergütungselemente zu finanzieren, um das G-DRG-System nicht zu überfrachten.
Der Erfolg des G-DRG-Systems und einer darauf aufsetzenden Krankenhausfinanzierung steht und fällt mit der Sachgerechtigkeit der Leistungsdarstellung in
diesem System und der Minimierung von ungewollten Fehlanreizen. Sind Leistungen
unscharf definiert oder kalkuliert, werden hierdurch direkt Fehlanreize gesetzt, die
eine Fehlverteilung der verfügbaren Mittel zur Folge haben. Kommt es zu einer
Unterversorgung in den defizitären Bereichen, werden gegensteuernde Maßnahmen
notwendig, die mit erheblichen Kosten verbunden sein können, da zusätzliche
Anreize für den Neuaufbau der verschwundenen Leistungsangebote neu geschaffen
werden müssen. Dies wird im Endeffekt dazu führen, dass Mehrkosten für das
Gesamtsystem entstehen, weil die in andere Bereiche abgeflossenen Mittel dann
nicht mehr zur Verfügung stehen.
Anpassungsnotwendigkeiten ergeben sich in unterschiedlichen Verantwortungsbereichen, wobei Anpassungen in einem Bereich auch Einfluss auf andere Bereiche
haben. Die unterschiedlichen Verantwortlichkeiten problematisieren Anpassungen
mit einer einheitlichen Zielvorstellung.
ƒ Das DIMDI, das die Klassifikationssysteme ICD-10-GM und OPS pflegt, ist dem
BMG unterstellt.
ƒ Die Kalkulation des DRG-Fallpauschalen- und Zusatzentgeltkatalogs obliegt dem
InEK, deren Gesellschafter zwar die Selbstverwaltungspartner (DKG, Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenversicherung, Verband der privaten Krankenversicherung) sind, das jedoch weitgehend selbständig die Systemanpassung
vornimmt. Dies ist sicherlich auch Resultat der Beschränkung auf die rein
datenbasierte und transparente Anpassungsmethodik. Sinnvolle und notwendige
normative Anpassungen sind im Rahmen dieses Mandats schwierig umzusetzen.
Abrechnungsregeln (FPV) und Kodierrichtlinien werden in Organen der Selbstverwaltung konsentiert.
ƒ Sind andere Sektoren von Anpassungsnotwendigkeiten mit berührt, kommen
weitere Akteure mit ins Spiel.
Grundlegende Rahmenvorgaben sollten wie bisher durch den Gesetzgeber erfolgen.
Dabei muss zwischen bundes- und landesspezifischen Kompetenzen und Verantwortlichkeiten unterschieden werden.
Nicht selten wirken Entscheidungen an einer Stellschraube des Systems auch an
ganz anderer Stelle. So haben z. B. DRG-Konstrukte wie Basis-DRG und Partition
auch einen Einfluss auf die Wirkung der Abrechnungsregeln oder die Kodierrichtlinien und Klassifikationssysteme auf die Kalkulation, Fallprüfungen und Entgeltverhandlungen. Die denkbaren Verknüpfungen lassen sich beliebig weiterentwickeln. Es
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
5
Zusammenfassung
erscheint daher notwendig, die Abstimmung der unterschiedlichen Institutionen untereinander zu verbessern bzw. Entscheidungen in den unterschiedlichen Bereichen
besser als bisher aufeinander abzustimmen.
Mit zunehmend technischer Systemreife und realer Umverteilung mit Anreiz zur
Rationierung muss der Fokus der Betrachtung auch auf qualitative Aspekte der Behandlung gelenkt werden. Neben der Begleitforschung zur DRG-Einführung kommt
auch der kontinuierlichen Überprüfung valider Qualitätsmerkmale eine wichtige Rolle
zu, wenn neben dem reinen Preiswettbewerb auch ein Qualitätswettbewerb entstehen soll.
Wirtschaftlichkeit und Akzeptanz eines Vergütungssystems sind auch von der
Umsetzung in der Praxis abhängig. Führen ursprünglich zur Effizienzsteigerung
entwickelte Anreize zum Aufbau eines übermäßigen administrativen Überbaus, so
gehen freigesetzte Ressourcen aus Effizienzsteigerungen in der primären Leistungserbringung an anderer Stelle wieder verloren. Der Erfolg der DRG-Einführung darf
daher z. B. nicht alleinig an Verweildauerverkürzungen gemessen werden. Werden
z. B. bürokratische Institutionen zur Fallprüfung und deren Abwendung aufgebaut,
bedarf es zur Vorbereitung und zum Abschluss von Entgeltverhandlungen mehrere
Monate oder müssen strittige Fragen zunehmend vor Schiedsstellen oder Gerichten
geklärt werden, kommt es lediglich zu Verlagerungen der Ressourcen ohne wesentlichen Nutzen für das Gesamtsystem. Alle Anpassungen sollten daher bürokratische
Sekundäreffekte mit berücksichtigen.
6
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Aufgabenstellung des Gutachtens
2 Aufgabenstellung des Gutachtens
Ziel der Umstrukturierung der deutschen Krankenhausfinanzierung seit dem Jahr
2003 ist die Etablierung eines Preissystems als Basis für eine wettbewerbsorientierte
Leistungserbringung und -vergütung. Da seit dem 01.01.2005 die so genannte
Konvergenzphase mit der erstmaligen Umverteilung von Budgets zwischen Krankenhäusern auf der Basis des neuen Vergütungssystems begonnen hat, ist die Sachgerechtigkeit der Leistungsabbildung und -vergütung des Systems seit 2005 von
ganz besonderer Bedeutung. Mittel der stationären Versorgung in Krankenhäusern
werden nun zwischen den Krankenhäusern unter Nutzung des für das jeweilige
Vereinbarungsjahr gültigen Fallpauschalenkataloges und unter Anwendung des
Landes-Basisfallwertes als Zielgröße umverteilt. Bei planmäßiger Umsetzung der
gesetzlichen Vorgaben würden die Krankenhäuser ihre Leistungen ab dem 1. Januar
2009 auf der Basis landeseinheitlicher Basisfallwerte abrechnen, wobei der dann
geltende gesetzliche Rahmen noch gesondert vorgegeben werden soll.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat als Vertreter der Krankenhäuser in der
gemeinsamen Selbstverwaltung dieses Gutachten zur Bewertung der bisherigen
Entwicklungen des G-DRG-Systems sowie zur Untersuchung des weiteren Anpassungsbedarfes des Vergütungssystems beauftragt. Grundlage der Begutachtung
waren die für 2007 gültige G-DRG-Version sowie die 2007 geltenden gesetzlichen
Rahmenbedingungen.
Durch das Gutachten soll untersucht werden, inwieweit das German-DiagnosisRelated-Groups-System (G-DRG-System) Version 2007 nach derzeitigem Kenntnisstand, unter Berücksichtigung der Leistung- und Versorgungsstrukturen in Deutschland, die an ein Preissystem zu stellenden Anforderungen bereits erfüllt und wo es
weiter zu entwickeln ist, damit allgemeine voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen nach § 2 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) über das pauschalierte
Vergütungssystem nach § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) sachgerecht
vergütet werden können.
In den im Auftrag der DKG vom Gutachter erstellten Gutachten der letzten Jahre
bereits ausführlich diskutierte Sachverhalte/Anpassungsvorschläge werden in diesem
aktuellen Gutachten nicht wiederholt. Wo notwendig, erfolgen Hinweise auf die Vorgutachten.
Für den Fall, dass eine adäquate Leistungsvergütung über DRG-Fallpauschalen
nicht umsetzbar erscheint, sollen die Möglichkeiten und Erfordernisse einer additiven
oder alternativen Vergütung dargestellt werden.
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
7
8
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Systemqualität im Jahr 2007
3 Systemqualität im Jahr 2007
3.1
Datengrundlage
Das G-DRG-System 2007 weist erneut deutliche Verbesserungen in der Sachgerechtigkeit der Leistungsabbildung auf. Wesentliche Fortschritte sind unter anderem
auf die validere Ausgangslage in den Kostenkalkulationsdaten zurückzuführen. So
stammen die dem G-DRG-System 2007 zugrunde liegenden Kostendaten aus dem
Jahr 2005, in dem die meisten Krankenhäuser erstmalig ganzjährig nach G-DRGs
abgerechnet haben. Erste Einflüsse der fallpauschalierten Vergütung auf klinische
Prozesse, insbesondere die Verkürzung von Verweildauern, die Leistungsverdichtung und die Ausgliederung ambulanten Potenzials spiegeln sich nun in den
Kostendaten und damit auch in den Bewertungsrelationen und Grenzverweildauern
des G-DRG-Fallpauschalenkatalogs wider. Von nicht zu unterschätzendem Einfluss
dürfte auch die höhere Datenqualität im Jahr 2005 gewesen sein. Dies betrifft zum
einen die Kodierqualität, deren Verbesserung einerseits durch die Lernkurve der
Krankenhäuser und andererseits durch die mit Umstieg in die G-DRG-Echtabrechnung einsetzenden MDK-Prüfungen bedingt gewesen sein dürfte. Zum anderen
hat das InEK erneut die Anforderungen für die Qualität der Kostenkalkulation angehoben und konsequent Datensätze und Kliniken von der Kalkulation ausgeschlossen,
wenn die Qualitätskriterien nicht erfüllt waren. Die Stichprobe selbst ist nur geringfügig gewachsen, die Repräsentativität hat sich erneut verbessert.
3.2
DRG-Klassifikationssystem
Erneut kam es sowohl zu einer Zunahme der Anzahl der G-DRGs, die mit 1.082
erstmals die 1000er-Grenze überschritten hat, als auch zu einer moderaten Zunahme
der additiv abzurechnenden Zusatzentgelte. Standardleistungen sind gut abgebildet.
Sie werden in einer Vielzahl von Krankenhäusern vorgehalten und erbracht, der
mittlere Aufwand der Leistungen dürfte auch in allen Krankenhäusern vergleichbar
sein.
Ziel der G-DRG-Systemanpassung für 2007 war es insbesondere, Extremkostenfälle
im DRG-Klassifikationssystem sachgerechter abzubilden. Schwerpunkte waren z. B.
Mehrfachleistungen, Intensivmedizin, Multiresistente Erreger und prä-Transplantationsaufenthalte. Eine sachgerechtere Abbildung in den G-DRGs für 2007 hat zudem
die Pädiatrie erfahren. Dennoch steht für viele spezialisierte Fachgebiete noch eine
sachgerechte Lösung im DRG-System aus (s. auch Kapitel 4.8.2).
Nicht vernachlässigt werden dürfen bei der Bewertung der Systementwicklung die
fundamentalen Veränderungen am Abfragealgorithmus (s. auch Kapitel 4.7.3), die
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
9
Systemqualität im Jahr 2007
nicht an den DRG-Definitionen abgelesen werden können. Durch Auflösung des
Basis-DRG-Konstrukts und der Partitionsgrenzen konnte eine sachgerechtere
Abfragehierarchie für die DRG-Zuordnung implementiert werden. Die dadurch
entstandenen Migrationen von Fällen aus scheinbar unveränderten DRGs in andere
DRGs als Folge der geändertern Hierarchie dürfen jedoch nicht unterschätzt werden.
Die jährlichen Anpassungen erfordern ein iteratives Verfahren, das zwangsläufig eine
Veränderung des Gesamtsystems und daraus folgende weitere Migrationen bedingt.
Nachteilig an dieser Entwicklung sind die gestiegene Komplexität und die starken
Schwankungen der Bewertungsrelationen gleich definierter G-DRGs beim G-DRGVersionswechsel. Spezialisierungen werden durch diese Phänomene am stärksten
betroffen, während für Krankenhäuser mit breitem Fallmix diese Effekte nicht so
gravierend sind.
Um die Zahl der notwendigen G-DRGs zu begrenzen und G-DRGs mit sehr kleinen
Fallzahlen zu vermeiden, werden seit 2005 klinisch heterogene Kollektive unter dem
Primat der Gesamtkostenhomogenität der betrachteten Fallkonstellationen zu einer
DRG zusammengefasst. Diese so genannten Kondensationen (siehe auch Kapitel
4.7.2) tragen, neben der nicht sachgerechten Vergütung einzelner Versorgungsstrukturen, die nicht den exakten Fallmix der Kondensation aufweisen, ebenfalls zur
Unübersichtlichkeit des DRG-Systems und zu Akzeptanzproblemen bei den Anwendern bei.
Erstmalig wurde eine Methodik zur Überarbeitung der CCL-Matrix (Complication or
comorbity level, dt.: Schweregrad einer Komplikation oder Komorbidität) zur
Schweregradbewertung der Nebendiagnosen entwickelt, die jedoch für 2007 bislang
nur zu sehr moderaten Anpassungen geführt hat. Für die nächsten Jahre sind deutlichere Veränderungen zu erwarten. Außerdem wurden die ebenfalls zur Definition
von G-DRGs und zur Schweregraddifferenzierung herangezogenen speziellen Prozedurenfunktionen weiterentwickelt und um die Berücksichtigung von mehrzeitigen
Eingriffen ergänzt. Erlöstechnisch profitieren insbesondere die Bereiche von der
sachgerechteren Abbildung, in denen komplexe Fälle behandelt oder sehr aufwändige Leistungen erbracht werden.
Das deutsche DRG-System berücksichtigt zunehmend häufiger die medizinischen
Leistungen (prozedural orientiertes Fallgruppensystem). Nur wenn das im Rahmen
des einzuführenden Preissystems zu bewertende „Produkt“ genau genug beschrieben ist, kann auch ein fairer produktbezogener Preis erwartet werden. Durch
zunehmende Prozedurenangaben und die damit einhergehende Transparenz des
Leistungsgeschehens verändert sich allerdings auch das Verhalten der Kostenträger
im G-DRG-System. Wurden bislang vorrangig Notwendigkeit und Dauer der
stationären Behandlung sowie eine richtlinienkonforme Kodierung überprüft, rücken
langsam auch medizinisch-inhaltliche Aspekte der Behandlung wie z. B. Indikationen
(Durchführung von Komplexbehandlungen, Einsatz ZE-fähiger Medikamente, OffLabel-Use) in den Fokus.
10
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Systemqualität im Jahr 2007
Die für das DRG-System 2005 entwickelten Lösungsansätze zur sachgerechten
Vergütung von Kurz- und Langliegern (nicht-normative Kalkulation der Überliegerzuschläge, implizite Einbelegungstag-DRGs) wurden auch für das DRG-System 2007
weiter genutzt. Eine prinzipielle Lösung der zugrunde liegenden Problematik wird
über die o.a. Änderungen des Kalkulationsverfahrens jedoch kaum zu erreichen sein.
Durch die Zunahme an Komplexität, die für die Anwendung als Preissystem
unerlässlich ist, wird der Umgang mit dem DRG-System zunehmend erschwert. Aus
der Bezeichnung einer DRG und selbst ihrer Definition wird es immer schwerer auf
die dahinter stehenden Leistungskomplexe zu schließen. So werden die prospektive
Fallmengenplanung bei Leistungsstrukturveränderungen, die Identifikation von
speziellen Fallkollektiven für besondere Ausgleichsregelungen oder ZE nach § 6.2a
KHEntgG sowie das Einbringen des klinischen Sachverstandes im Rahmen des
Vorschlagsverfahrens zunehmend schwerer. Zudem entzieht sich das G-DRGSystem der Nutzung für weitere medizinische Aussagen. Je weiter sich die Fallgruppendefinition von klinischen Merkmalen zu kalkulatorischen Konstrukten verschiebt, umso weniger können sie für Qualitätssicherungsaspekte, Bedarfsplanung
oder Gesundheitsstatistiken herangezogen werden.
Noch sind jährlich erhebliche Veränderungen im System zu beobachten, die teilweise
zu Bewertungsveränderungen im zweistelligen Prozentbereich bezogen auf eine
Fachabteilung führen können. Hieraus können bedeutsame Veränderungen des
jährlich zur Verfügung stehenden Geldvolumens für ein Krankenhaus in die eine oder
andere Richtung resultieren. Unabhängig davon, dass diese Bewertungssprünge
Zweifel an der Systemreife aufkommen lassen, haben Krankenhäuser keine Chance,
sehr kurzfristig auf eine schlagartig veränderte Erlössituation z. B. durch Personalfreisetzungen („Kurzarbeit“) zu reagieren, da sie hochqualifiziertes Personal zur Wahrnehmung ihres Versorgungsauftrages vorhalten müssen. Die für ein Preissystem
notwendige Systemstabilität setzt voraus, dass sich Vergütungen für weitgehend
unveränderte Fallgruppen nicht beim jährlichen Wechsel der Systemversionen
sprunghaft verändern.
Beim Einsatz eines DRG-Systems zur Krankenhausfinanzierung ist zu beachten,
dass ein enger Zusammenhang zwischen dem Differenzierungsgrad des Klassifikationssystems, der Zusatzentgelte sowie der begleitenden Finanzierungsbedingungen
besteht. Ist das Klassifikationssystem sehr differenziert und verfügt über sehr aufwandshomogene Patientenklassen bzw. varianzreduzierende Zusatzentgelte, kann
ein großer Teil der Leistungsfinanzierung direkt über ein an die Fallgruppen gebundenes Preissystem erfolgen. Hierzu gehören auch differenzierte Zu- und Abschlagsregelungen, alternative Entgelte oder Zusatzentgelte. Wesentlich ist daher die
Balance zwischen der Ausgestaltung der Patientenklassen (DRG-Fallpauschalen),
der additiven Vergütungskomponenten und dem Finanzierungsrahmen.
Sollen Zuzahlungen und differenzierte Abrechnungsbestimmungen eine eher untergeordnete Rolle spielen, muss die Aufwandsinhomogenität der DRG-Fallgruppen
reduziert werden. Dies könnte nur durch eine ausgiebige Varianzreduktion im
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
11
Systemqualität im Jahr 2007
Rahmen einer weiteren Verfeinerung des Fallgruppensystems erfolgen. Der weiteren
Ausdifferenzierung sind jedoch kalkulatorische Grenzen gesetzt. Bei geringen Fallzahlen pro G-DRG in der Kalkulationsstichprobe ist die Berechnung einer Bewertungsrelation kritisch zu bewerten. Häufig sind die Daten unizentrisch geprägt und
können starken jährlichen Schwankungen unterworfen sein, insbesondere bei
Kondensationen. Für 2007 wurden im InEK erneut 35 G-DRGs (Hauptabteilung) mit
weniger als zwanzig, insgesamt 95 G-DRGs mit weniger als 50 und insgesamt 191
G-DRGs mit weniger als 100 zugrunde liegenden Fällen (Inliern) kalkuliert.
3.3
Alternative Finanzierungskomponenten
In die Betrachtung der ökonomischen Konsequenzen der Anpassungen der letzten
Jahre dürfen aber nicht nur das Fallgruppensystem, die Zu- und Abschläge bei Überbzw. Unterschreitung der Grenzverweildauern und die Zusatzentgelte einbezogen
werden. Diese Komponenten wären sehr dominierend, wenn es sich schon um ein
echtes Preissystem handeln würde. Dies ist allerdings nicht der Fall, da im Rahmen
der auf fünf Schritte gestreckten und über eine Obergrenze bei Budgetminderungen
angepassten Konvergenzphase die ökonomischen Wirkungen der o. a. Komponenten unter Berücksichtigung des noch nicht ausreichenden Reifegrades des GDRG-Systems abgemildert wurden.
Finanzierungsrahmenbedingungen wie
ƒ Minder- und Mehrerlösausgleichsregelungen bei schwer planbaren oder stark
sachkostenlastigen Leistungen,
ƒ Minder- und Mehrerlösausgleichsregelungen bei Zusatzentgelten,
ƒ Veränderungen der Prozentsätze bei prospektiver Leistungsveränderung
(insbesondere sachkostenlastiger Leistungen und Zusatzentgelte),
ƒ Regeln zur Implementierung von Innovationsentgelten,
ƒ die Entfristung der Regelungen gemäß § 6 Abs. 1 Krankenhausentgeltgesetz,
ƒ Zuschläge für die besonderen Aufgaben von Zentren und Schwerpunkten,
ƒ der § 6 Abs. 2a KHEntgG,
ƒ die Vereinbarung zur Bestimmung von Besonderen Einrichtungen (VBE 2007)
müssen in die Betrachtung mit einbezogen werden.
Das Gutachten legt daher einerseits dar, durch welche Modifikationen eine nach
heutigen Erkenntnissen bestmögliche Leistungsgerechtigkeit des DRG-Fallpauschalensystems erzielt werden kann. Andererseits werden aber auch die Grenzen
12
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Systemqualität im Jahr 2007
dieses Systems im Hinblick auf die ordnungspolitischen Vorgaben des deutschen
Krankenhausfinanzierungsrechts verdeutlicht. Damit eine verbesserte Aufwandshomogenität der DRG-Fallpauschalen sichergestellt werden kann, sind nach § 17b
Absatz 1 Satz 4 und 6 KHG bestimmte Leistungen, deren Finanzierungstatbestand
nicht in allen Krankenhäusern vorliegt, aus den pauschalierten Entgelten zu extrahieren und als gesonderte Tatbestände in Form von Zu- und Abschlägen abzubilden.
Die Verhandlung auf der Ortsebene hinsichtlich der Leistungen, die nicht über das
bundesweit einheitliche System bzw. die bundesweit einheitliche Systematik vergütet
werden, gestaltet sich allerdings häufig außerordentlich schwierig.
3.4
Grenzen der Pauschalierung
Die Leistungspauschalierung stößt trotz der Adaptationsmöglichkeiten für einige
Fallspektren an ihre Grenzen. Schwer bzw. gar nicht pauschalieren lassen sich
generell Fallgruppen, in denen bei geringer Fallzahl eine große Variabilität bezüglich
der Verweildauer und oder des Sachkosten-/Personaleinsatzes zu beobachten ist.
3.4.1 Frührehabilitation
In der Abbildung der Frührehabilitation haben sich im G-DRG-System 2007 keine
grundsätzlichen Änderungen ergeben, die in den Vorgutachten (Gutachten 2006:
Kapitel 4.3.1.2, Gutachten 2005: Kapitel 4.3.2.3) beschriebenen Probleme bestehen
unverändert fort.
Die Leistungserbringung ist weiterhin landesweit uneinheitlich, so wird z. B. ein Teil
der Einrichtungen der neurologischen Frührehabilitation der Phase B (teilweise sogar
der Phase C) durch Einrichtungen mit Verträgen nach § 108/109 SGB V (Akutversorgung) finanziert, während in einigen Bundesländern eine Finanzierung über § 111
SGB V (Rehabilitation) erfolgt. In einigen Bundesländern (z. B. im Bereich der neurologischen Frührehabilitation in Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen) existieren sogar beide Finanzierungsformen parallel.
Weiterhin gilt die vom BMG in Zusammenarbeit mit den Ländern vorgenommene
Abgrenzung der Frührehabilitation. Diese ist nur solange zu erbringen, wie ein gleichzeitiger akutstationärer Behandlungsbedarf nach § 39 SGB V besteht. Diese
Definition widerspricht unter anderem der in einigen Bundesländern geübten Praxis
der Abgrenzung der behandelnden Einrichtung nach den Phasen B und C der
neurologischen Rehabilitation.
Bei derartigen strukturellen Unterschieden kann eine Weiterentwicklung des G-DRGSystems für die Frührehabilitation selbst bei Kostenhomogenität der zur Verfügung
stehenden Datensätze nicht kalkulatorisch erfolgen, hierzu sind normative Festlegungen erforderlich.
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
13
Systemqualität im Jahr 2007
Zur Überprüfung der Qualität der Abbildung der frührehabilitativen Leistungen im
DRG-System hat die DRG-Research-Group ein DRG-Evaluationsprojekt in Zusammenarbeit mit Kliniken der Bundesarbeitsgemeinschaft der Akutkrankenhäuser
mit Abteilungen der fachübergreifenden Frührehabilitation e.V. (BAG) durchgeführt.
In diesem Projekt wurden knapp 1.300 Fälle hinsichtlich ihrer besonderen Leistung
der fachübergreifenden Frührehabilitation in zehn Mitgliedskliniken der BAG sehr
differenziert dokumentiert. Es konnte gezeigt werden, dass die dokumentierten und
ausgewerteten Fälle ein sowohl von ihren Krankheiten als auch bezüglich des
Therapieaufwandes sehr inhomogenes Patientenspektrum darstellten.
Die Analyse zeigte, dass Patienten mit einer fachübergreifenden frührehabilitativen
Behandlung von mehr als 14 Tagen (OPS 8-559.4- bis 8-559.8-) in 142 verschiedene
DRGs aus nahezu allen MDCs gruppiert werden.
Über 40 % der Patienten mit fachübergreifender Frührehabilitation ≥14 Tage werden
in G-DRGs gruppiert, für die die fachübergreifende Frührehabilitation nicht
gruppierungsrelevant ist. Zum einen werden Fälle in MDCs ohne „FrührehabilitaitonsDRGs“ gruppiert, zum anderen in MDCs mit „Frührehabilitations-DRGs“ zuvor von
anderen im Abfragealgorithmus abgefragten unspezifischen G-DRGs „abgefangen“.
In ähnlicher Form, wenn auch nicht so ausgeprägt, zeigt sich dieses Problem auch
bei Patienten mit neurologisch-neurochirurgischer Frührehabilitation.
Da die Leistungen der Frührehabilitation über viele verschiedene DRGs streuen, erscheint eine sachgerechte Abbildung der Leistung über spezifische DRG-Fallgruppen
zur Abbildung frührehabilitativer Leistungen nur schwer umsetzbar. Die bestehenden
DRGs für die fachübergreifende und neurologische Frührehabilitation sowie die
geriatrische Komplexbehandlung fassen operierte bzw. nicht operativ behandelte
Fälle ausschließlich nach dem Kriterium der Frührehabilitation in DRG-Fallgruppen zusammen. Dabei werden die Primärbehandlungen (unterschiedliche
Operationsverfahren, unterschiedliche konservativ zu behandelnde Erkrankungen)
nicht sachgerecht berücksichtigt.
14
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Systemqualität im Jahr 2007
ohne Frühreha
mit Frühreha
G-DRG Text
G03A
G03B
G15Z
G16B
G19B
G23C
G25Z
Abbildung 1
BW R
Groß e Eingriffe an Magen, Ösophagus und
Duodenum mit hochkomplexem Eingriff oder
komplizierenden Prozeduren oder bei
bestimmter bösartiger Neubildung
Groß e Eingriffe an Magen, Ösophagus und
Duodenum ohne hochkomplexen Eingriff,
ohne komplizierende Prozeduren, auß er bei
bestimmter bösartiger Neubildung
Strahlentherapie mit groß em
abdominellen Eingriff
Komplexe Rektumresektion
ohne Lebermetastasenchirurgie,
ohne komplizierende Prozeduren
Andere Eingriffe an Magen, Ösophagus und
Duodenum ohne komplizierende
Prozeduren, auß er bei bösartiger
Neubildung, Alter > 2 Jahre
Appendektomie auß er bei Peritonitis,
ohne äuß erst schwere oder schwere CC,
Alter > 13 Jahre
Eingriffe bei Leisten- und Schenkelhernien,
Alter > 0 Jahre oder Eingriffe bei Hernien,
Alter < 1 Jahr
5,861
G14Z
4,096
4,063
3,928
1,878
Geriatrische
frührehabilitative
Komplexbehandlung
mit bestimmter
OR-Prozedur
bei Krankheiten
und Störungen der
Verdauungsorgane
0,704
0,677
BWR 6,152
Darstellung der DRG-Zuordnung unterschiedlicher Leistungen mit und ohne
Frührehabilitation
Abbildung 1 zeigt beispielhaft für unterschiedliche Leistungen aus dem Bereich der
Magen-Darm-Erkrankungen das Problem. Ohne begleitende Frührehabiliation führen
die unterschiedlichen Erkrankungen mit ihren Behandlungsleistungen in unterschiedliche G-DRGs. Sobald eine Frührehabilitation erfolgt, werden diese Leistungen in der
G-DRG G14Z zusammengefasst, unabhängig von der eigentlichen Grundleistung.
Die Differenzen der Bewertungsrelationen könnnen damit nicht der frührehabilitativen
Leistung entsprechen und förden Fallselektionsmechanismen.
Empfehlung:
Eine Möglichkeit zur besseren Leistungsabbildung und –bewertung der aufwändigen,
zusätzlich zur akutstationären Behandlung erfolgenden frührehabilitativen Leistungen
wäre die Bildung eines aufwandsbezogenen Scores analog zur intensivmedizinischen Komplexbehandlung. Dieser Score könnte unter Berücksichtigung der Aufwandsintensität und der Behandlungsdauer den Gesamtaufwand darstellen. Der
resultierende Gesamtaufwand könnte Grundlage einer Kalkulation des Mehraufwandes sein. Ob dann die Ergebnisse zu einer schweregradgestuften Abbildung
innerhalb der DRG-Fallgruppen oder zur Schaffung von additiven Vergütungselementen führen, ist letztendlich anhand der Datenlage zu entscheiden. Die Eta-
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
15
Systemqualität im Jahr 2007
blierung eines Zusatzentgeltes würde jedoch eine gewünschte integrale Leistungserbringung unterstützen.
Ein kumulativer Aufwandsscore zur Dokumentation der frührehabilitativen Leistungen
müsste den Einsatz der unterschiedlichen Therapeutengruppen einschließlich der
aktivierenden Pflege sowie die Einsatzintensität/Einsatzzeit berücksichtigen. Die zur
Ermittlung des Scores notwendige Leistungsdokumentation muss bezogen auf den
Aufwand tolerabel sein und sollte im Vorfeld einer Neustrukturierung der Dokumentation mit den Fachgesellschaften abgestimmt werden. Da der Einsatz unterschiedlicher Therapeutengruppen bei den fachspezifischen Frührehabilitationsmaßnahmen unabhängig von der Art der Therapeutengruppe zu vergleichbaren Aufwänden führen kann, ist u. U. eine Differenzierung nach Fachrichtungen (Neurologie,
Geriatrie, fachübergreifende Frührehabilitation) für ein solches Konzept gar nicht
notwendig. Wesentlich ist die Dokumentation des Aufwandes mit dem Ziel, den
Gesamtaufwand zu ermitteln und zu bewerten. Ein entsprechender Antrag liegt dem
InEK vor.
Grundsätzliche Voraussetzung für eine bewertete Abbildung der Frührehabilitation in
einem bundesweiten DRG-System ist eine bundesweit einheitliche Leistungserbringung, insbesondere im Bereich der Schnittstelle zur Rehabilitation. Solange diese
nicht existiert und auch gelebt wird, darf eine Kalkulation von FrührehabilitationsDRGs nicht erfolgen. Insofern dürfen diese G-DRGs nicht bewertet werden bzw.
müssen weiterhin unbewertet bleiben.
3.4.2 Rehabilitationslücke / Pflegelücke
Ist nach § 39 SGB V eine vollstationäre Behandlung nicht mehr notwendig, kann
aber eine vorher selbständige und nun pflegebedürftige Person nicht mehr ohne
weiteres nach Hause entlassen werden, stellt sich die Frage, wer für die Weiterbetreuung im Krankenhaus die Kosten trägt. Teilweise kann es durch die Bestellung
eines Vormunds und/oder Gutachters zu erheblichen Verzögerungen kommen, bis
letztlich eine Entlassung in ein Pflegeheim möglich wird. Kostenträger lehnen teilweise die Übernahme der weiteren Behandlungskosten bei Überschreitung der
oberen Grenzverweildauer mit dem Hinweis auf sekundäre Fehlbelegung ab. Andere
Möglichkeiten zur Finanzierung der Leistungen bestehen aber nicht.
Analog entstehen Versorgungslücken an der Schnittstelle zur Anschlussheilbehandlung / Rehabilitation. Auch eine Verlegung in diese Einrichtungen ist abhängig von
Faktoren, die ein Krankenhaus nur bedingt beeinflussen kann (Bearbeitung des
Antrags, Vergabe der Plätze, Rehabilitationsfähigkeit) und eine Weiterbehandlung
ohne Notwendigkeit einer akutstationären Behandlungsbedürftigkeit nach § 39 SGB
V erfordern. Eine zwischenzeitliche Entlassung nach Hause oder in eine Kurzzeitpflege würde das medizinisch sinnvolle Konzept einer möglichst frühzeitig einsetzenden und kontinuierlichen Rehabilitation konterkarieren und ist bei einem Teil
der Patienten auch gar nicht möglich.
16
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Systemqualität im Jahr 2007
Abhängig davon, wer die Kosten der AHB / Rehabilitation / Pflege tragen muss,
können unterschiedliche Interessen verfolgt werden. Spätestens mit Überschreiten
der oberen Grenzverweildauer und einem Kostenträgerwechsel werden die Krankenkassen die Verweildauer in Frage stellen. Ist die Krankenkasse selbst Träger der
Rehabilitation, so besteht für sie möglicherweise der Anreiz, eine Verlegung nahe an
der oberen Grenzverweildauer anzustreben, um im Rehabilitationsbereich Kosten zu
minimieren. In beiden Fällen besteht für das Krankenhaus kaum Handlungsspielraum.
Es müssen Lösungen gefunden werden, die klarstellen, wer in den jeweiligen
Konstellationen Kostenträger ist und wie die erbrachten Leistungen zu vergüten sind.
3.4.3 Vorhalteproblematiken
Spezialeinrichtungen wie z. B. Zentren für die Versorgung von schwer Brandverletzten, Schwerstunfällen, Zentren für Infektionsmedizin, Tropenmedizinische Einrichtungen Intensivtherapieplätze sowie Transplantationszentren, aber auch viele
Krankenhäuser der Maximalversorgung sind durch einen sehr hohen Vorhaltungsaufwand gekennzeichnet und wegen der dort besonders schlechten Planbarkeit der
DRG-Fallmengenentwicklung für diese Bereiche zusätzlich im Nachteil.
Es existieren Krankenhausversorgungsbereiche in allen Versorgungsstufen, die eine
hohe Vorhaltung betreiben, sich aber über die behandelten Fälle nicht refinanzieren
können. Dies sind Vorhaltungen für die Behandlung von extremen Erkrankungen, die
auch einmal in höherer Zahl auftreten können und für die deshalb entsprechende
Behandlungsmöglichkeiten vorgehalten werden müssen. Diese Behandlungskapazitäten müssen an den potentiellen Bedarf z. B. in Katastrophenfällen angepasst sein.
Eine besondere Vorhaltung findet auch in kleinen, ländlich gelegenen Krankenhäusern statt, die eine komplette Grund- und Regelversorgung vorhalten, welche
aber aufgrund des Einzuggebietes nicht entsprechend ausgelastet sind.
Dies kann z. B. für eine Geburtshilfe zutreffen, die 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr
einsatzbereit sein muss, auch wenn dort nur 400 Kinder pro Jahr zur Welt kommen.
Diese Geburtshilfe wird über die Fallpauschalen nicht adäquat finanziert, da in der
Kalkulation in der Regel Strukturen mit höheren Fallzahlen Berücksichtigung finden.
Für diese Behandlungsstrukturen stellt auch die Deklaration als besondere Einrichtung mit der Möglichkeit, hierfür vom bundesweiten Vergütungskatalog abweichende tages- oder fallpauschalierte Entgelte zu vereinbaren, keine adäquate
Lösung dar. Die in diesen Krankenhäusern und Indikationsbereichen behandelte
Fallzahl ist extrem variabel und entzieht sich damit einer konkreten prospektiven
Mengenplanung. Diese ist aber Voraussetzung für die Festlegung eines Erlösbudgetvolumens auf der Basis von tages- oder fallpauschalierten Entgelten. Im Unterschied
zu „Besonderen Einrichtungen“ nach § 17b Abs. 1 Satz 15 KHG sowie § 1 Abs. 4
VBE 2007, die aufgrund eines insgesamt sehr hohen Vorhaltungsaufkommens
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
17
Systemqualität im Jahr 2007
vollständig für ein Jahr aus der Anwendung der bundeseinheitlichen DRG-Fallpauschalen herausgenommen werden können, geht es hier um die spezielle Leistungsvorhaltung an Krankenhausabteilungen mit ansonsten regulärem Leistungsangebot. Für solche Fälle sieht § 17b Abs. 1 Satz 6 ff. KHG ab dem Jahr 2005 eine
ergänzende Finanzierung über Sicherstellungszuschläge vor, die auf der Landesebene, ggf. unter Beachtung ergänzender leistungsinhaltlicher Vorgaben der für die
Krankenhausplanung verantwortlichen Behörde vor.
Da die Vergütungseinheiten (Behandlungstage / zu behandelnde Fälle) prospektiv
nicht quantifiziert werden können, muss eine angepasste Finanzierung erfolgen.
Diese könnte z. B. aus einer Grundfinanzierung zur Refinanzierung der Vorhaltung
und einer Zusatzfinanzierung zur Nutzung dieser Vorhaltung („Nutzungspauschale“)
bestehen. Die Grundfinanzierung muss so bemessen sein, dass die für notwendig
erachtete Einheit in den Fixkosten auch finanziert ist, wenn kein einziger Patient dort
behandelt wird. Im Fixkostenanteil sind notwendige Personalkosten für die Vorhaltung zu berücksichtigen. Es kann allerdings nicht davon ausgegangen werden, dass
für die gesamte Vorhaltung auch komplett Personal vorgehalten wird. Das vorgehaltene Personal kann eventuell in anderen Bereichen des Krankenhauses eingesetzt werden, wenn ein Einsatz auf den Spezialstationen nicht notwendig ist. Allerdings müssen notwendige Mehrkosten im Personalbereich (stetige Weiterbildung,
Bereitschaftsdienste etc.) über den Fixkostenanteil für die Vorhaltung finanziert
werden.
Für die Kalkulation der Vorhaltung reicht auch die Teilnahme von Krankenhäusern
mit entsprechender Spezialisierung an der Kalkulation nicht aus, da die tatsächliche
Erbringung dieser Leistungen wie beschrieben erheblichen Schwankungen unterworfen ist. Hier wäre eine Vereinbarung über die Leistungen und Versorgungseinrichtungen notwendig, für die eine gezielte Finanzierung bereitgestellt werden soll.
Diese wäre dann im Folgenden in die Kostenkalkulation einzubeziehen.
Bestimmte diagnostische Optionen und therapeutische Möglichkeiten stehen nur in
einem Teil der deutschen Krankenhäuser zur Verfügung. Hierzu gehören neben
einer besonderen Spezialisierung und personellen Qualifikation auch besondere Vorhaltungen wie z. B. die PET- oder SPECT-Untersuchungen. Patientinnen und
Patienten, die komplexe Diagnostik benötigen, werden direkt in solche Häuser eingewiesen bzw. aus anderen Krankenhäusern in Häuser mit diesen Vorhaltungen
verlegt. Für diese Krankenhäuser bzw. besonders spezialisierte Abteilungen in allen
Versorgungsstufen ergibt sich das Problem, mit umfangreicher und aufwändiger
Diagnostik Verdachtsdiagnosen innerhalb weniger Tage (Kurzlieger) auszuschließen,
die dann nicht als DRG-Diagnosen kodiert werden dürfen und somit auch keine
Gruppierungsrelevanz entfalten. Im Ergebnis tragen diese Fachabteilungen/
Krankenhäuser ein hohes Kostenrisiko, dessen sachgerechte Refinanzierung über
die pauschalierten Entgelte kaum möglich ist. Die Vorhaltung und der Betrieb von
Geräten, besonderen Laboratorien etc. sind mit erheblichen Kosten verbunden, die
z. B. beim PET mit Fallkosten von ca. 600 € zu veranschlagen sind. Es werden in
den o.a. Einrichtungen systematisch Mehrleistungen erbracht, die in anderen
18
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Systemqualität im Jahr 2007
Krankenhäusern bei gleicher Diagnose nicht anfallen. Unterschiede in der Vorhaltestruktur können zu sehr unterschiedlichen Leistungen führen, die auch in der Aufwandskomponente differenziert zu betrachten sind. Für diese diagnostischen
Leistungen sollte vom InEK geprüft werden, ob Zusatzentgelte zu etablieren sind.
Auch bei den therapeutischen Leistungen wird es problematisch, wenn aufgrund der
Komplexität der Angebotsstruktur in einem Krankenhaus im Durchschnitt deutlich
mehr Leistungen pro Patient erbracht werden, da bei einer Behandlung von
mehreren Erkrankungen keine Verlegung in andere Krankenhäuser erfolgen muss,
sondern die Gesamtleistung im selben Krankenhaus während desselben Aufenthaltes erbracht werden kann.
Da sich ein Großteil der Leistungen über die OPS-Klassifikation kodieren lässt, wäre
es notwendig, die Leistungsdichte bzw. den Leistungsumfang bei allen DRGs in
Abhängigkeit von der Versorgungsstufe zu analysieren. Solche Analysen wären am
InEK-Kalkulationsdatensatz auch unter Berücksichtigung der durch die Leistungen
ausgelösten Kosten problemlos möglich. Es ist ganz klar vorhersehbar, dass bei
nicht sachgerechter Finanzierung der Behandlungsleistungen bei komplexen Fällen
Probleme zu befürchten sind, die zu einer Unterversorgung dieser Patientinnen und
Patienten durch erheblich reduzierten Zugang zu diesen Gesundheitsleistungen
resultieren können.
3.4.4 Flächendeckende Versorgung
Eine Leistungserbringung zu wettbewerbsfähigen Kosten ist an eine gewisse
Krankenhausgröße gebunden. Hohe Auslastungen und Fallzahlen tragen zu einem
positiven Kostendeckungsbeitrag für Infrastruktur-, Verwaltungskosten und andere
Vorhaltungen bei. Bei Abnahme größerer Mengen können im Einkauf Rabatte
realisiert werden. Mangelnde Größe kann nur zum Teil durch Verbundbildung
(Einkaufsgemeinschaften, gemeinsame IT-Struktur, etc.) kompensiert werden.
Die flächendeckende wohnortnahe Versorgung für einen Teil der Leistungen ist
gesellschaftlich und politisch gewollt. Verantwortlich für die Krankenhausbedarfsplanung sind derzeit die Bundesländer. Ist eine wettbewerbsfähige Leistungserbringung
in kleinen Krankenhäusern in ländlichen Gebieten nachweislich nicht möglich aber
gewünscht, so muss das Defizit eventuell steuerfinanziert ausgeglichen werden. Eine
Lösung dieser strukturbedingten Finanzierungsprobleme ist im G-DRG-System nicht
möglich.
3.4.5 Anreizmechanismen
Ein Ziel einer pauschalierenden Vergütung ist es, durch gezielte wettbewerbliche
Anreize Rationalisierungsreserven zu mobilisieren. Ressourcen können durch Pro-
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19
Systemqualität im Jahr 2007
zessoptimierung, Leistungsverdichtung und Einsparung überflüssiger Leistungen freigesetzt werden.
In Leistungsbereichen wie z. B. der Palliativmedizin, in denen eine simple „Leistungsverdichtung“ nicht unbedingt gewünscht wird, können diese Anreize zu unerwünschten Fehlsteuerungen führen. Dies kann nur bedingt durch ein bei der
Gruppierung oder für ein Zusatzentgelt berücksichtigten OPS-Komplexkode aufgefangen werden. Deshalb stellt sich die Frage, ob Bereiche wie die Palliativmedizin
überhaupt im G-DRG-System abgebildet werden sollten.
Auch bei chronischen Erkrankungen können durch die episodenorientierte Finanzierung (s. auch Kapitel 3.6) falsche Anreize gesetzt werden. Der Fehlanreiz besteht
darin, kurzfristige Erfolge bei minimalem Ressourceneinsatz und nicht auf nachhaltige Verbesserungen zu erzielen. Beispiele können Implantate mit kürzerer Haltbarkeit oder der Einsatz billigerer Medikamente mit höherer Gefahr von Spätfolgen
(z. B. L-Dopa beim Parkinsonsyndrom) sein. Letztlich entstehen langfristig Mehrkosten für das Gesamtsystem. Diese Fehlanreize können nur durch eine sachgerechte Vergütung verhindert werden.
Wird eine Schwangere bei noch unreifer Frucht mit einer Komplikation aufgenommen, die zu einer Frühgeburt führen kann, müssen alle Anstrengungen unternommen werden, die Schwangerschaft bis zur erforderlichen Reife des Kindes
aufrecht zu erhalten. Kommt es im selben Aufenthalt zu einer Geburt, resultiert
dieselbe G-DRG unabhängig vom Entbindungszeitpunkt. Die Verzögerung der
Geburt bis zur angemessenen Reife des Kindes geht mit einer verlängerten Verweildauer und erhöhtem Ressourcenverbrauch einher. Vermehrte Kosten der Versorgung von Frühgeborenen werden über die gewichtsorientierte Gruppierung bei
Neugeborenen abgefangen. Eine Selbstregulation ist dadurch, dass für Mutter und
Kind getrennte Pauschalen abgerechnet werden, nicht möglich. Seit 2005 stehen zur
Dokumentation der präpartalen Verweildauern die OPS der Kategorie 9-280
(Stationäre Behandlung vor Entbindung im gleichen Aufenthalt) zur Verfügung. Eine
Berücksichtigung im Gruppierungsalgorithmus ist bislang allerdings noch nicht
erfolgt.
Auch wenn nicht anzunehmen ist, dass die oben angegebenen Konstellationen
bereits zu einem deutlichen Qualitätsverlust der Behandlung geführt haben, sind
Konstellationen, in denen falsche Anreize gesetzt werden, wenn möglich generell zu
vermeiden (s. auch Kapitel 3.7).
3.5
Administrativer Aufwand
Die DRG-Einführung wird insbesondere von der Ärzteschaft aber auch von anderen
Berufsgruppen im Krankenhaus und sicherlich auch bei den Kostenträgern/MDK als
Ursache für eine erhebliche Ausweitung des administrativen Aufwandes empfunden.
Dabei wird aber häufig nicht differenziert zwischen den verschiedenen Komponenten
20
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Systemqualität im Jahr 2007
der Überfrachtung der Ärzteschaft durch nicht ärztliche Tätigkeiten. Die für die
sachgerechte DRG-Zuordnung notwendige Kodierung von Diagnosen, Prozeduren
und anderen patientenbezogenen Variablen stellt bei kritischer Betrachtung nicht das
eigentliche Problem dar.
Um den Dokumentationsaufwand insgesamt zu verringern, bestehen aber auch
Möglichkeiten, Systemkomponenten gezielt anzupassen. Beispielsweise kann durch
gezielte (aber zum Teil normative) Anpassungen des Gruppierungsalgorithmus, und
insbesondere der CCL-Matrix sowie der Diagnose- und Prozedurenklassifikationssysteme durch das InEK die Selbstverwaltung und das DIMDI die Kodierung bzw. die
Kodierrichtlinien wieder näher an eine medizinisch sinnvolle Dokumentation angenähert oder Grauzonen der Kodierung bzw. Kodieralternativen in ihren finanziellen
Auswirkungen entschärft werden. Ebenso könnten durch klare Abgrenzungen der
Leistungsbereiche (ambulant/prästationär/poststationär/teilstationär/vollstationär/Rehabilitation) und Setzen adäquater Anreize eine Vielzahl von Rechnungsprüfungen
verhindert werden.
So müssen einige Abrechnungsprobleme auf Einzelfallebene lokal mit der einzelnen
Krankenkasse oder Systemprobleme/Regelungslücken zwischen jedem Krankenhaus und Entgeltkommission der Krankenkassen individuell gelöst werden, für die
auf Bundesebene keine konsensfähige Lösung gefunden wurde. Sozialgerichte und
Schiedsstellen beschäftigen sich zunehmend mit Fragestellungen, die durch eine
bundesweit eindeutige Regelung zu verhindern gewesen wären.
Ebenso tragen einige gesetzliche Vorgaben zu einer unnötigen Bürokratisierung bei.
So müssen Neue Untersuchungs- und Behandlungsverfahren (NUB) nach § 6 Abs. 2
KHEntgG von jedem Krankenhaus individuell beantragt werden. Die Statistik des
InEK zeigt, dass die meisten der anerkannten NUB von vielen Krankenhäusern
parallel beantragt wurden.
Weiterhin sind die Regelungen des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG), die
Abrechnungsregeln und der Katalog der Fallpauschalen und Zusatzentgelte in ihrer
Interaktion derart komplex geworden, dass umfangreiche Vorbereitungen auf die
Entgeltverhandlung und eine große Anzahl von Verhandlungsrunden pro Krankenhaus notwendig sind.
3.6
DRGs und Qualität
G-DRGs und deren Bewertungsrelationen stellen eine Bestandsaufnahme der
gängigen (zwei Jahre alten) Behandlungspraxis und der daraus resultierenden
Kosten der an der G-DRG-Kalkulation teilnehmenden Krankenhausstichprobe dar.
Die aktuellen Tarifsteigerungen im ärztlichen und nichtärztlichen Dienst sind ebenso
wenig berücksichtigt wie Preisveränderungen bei den Implantaten oder die Mehrwertsteuererhöhung, woraus unzweifelhaft Fehlbewertungen innerhalb der DRG-Relationen resultieren. Andererseits setzt die fallpauschalierende Vergütung wiederum
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
21
Systemqualität im Jahr 2007
Anreize, die die Leistungserbringung verändern können. DRGs können immer nur
grob zwischen unterschiedlichen Leistungen differenzieren, mit zunehmender
Komplexität und resultierenden Migrationsphänomenen (s. auch Kapitel 4.7.3) geht
der medizinische Leistungsbezug zunehmend verloren.
DRGs sind ein Instrument der episodenorientierten Finanzierung. Unter dem bestehenden Kostendruck kann dies z. B. einen Einfluss auf die Auswahl von Implantaten oder z. B. Koronarstents mit unterschiedlicher Lebensdauer haben. Aus einer
Verschlechterung der mittelfristigen Ergebnisqualität resultiert eine vorzeitige erneute
Behandlung mit entsprechender Belastung für den Patienten und einer Kostenbelastung für das Gesamtsystem. Auch die Qualität der Behandlung chronischer Erkrankungen kann durch die Anreize einer episodenorientierten Finanzierung negativ
beeinflusst werden.
Letztlich kann auch die sektorale Finanzierung und Budgetierung mit ihren jeweiligen
Anreizen zu ineffizienter und qualitativ schlechterer Versorgung im Gesamtkontext
führen.
Es ist offensichtlich, dass eine Paradigmenwechsel in der Krankenhausfinanzierung
mit veränderten Anreizen und veränderter Leistungserbringung einhergeht. Auch
wenn ein Teil der Veränderungen wünschenswert ist, muss aufmerksam verfolgt
werden, dass die Qualität der Versorgung nicht über Gebühr unter den Veränderungen leidet und Missbrauch vermieden wird. Aus diesem Grund hat der
Gesetzgeber die Selbstverwaltungspartner mit der Durchführung einer Begleitforschung zur DRG-Einführung in Deutschland beauftragt und dies gesetzlich in
§ 17b Abs. 8 KHG verankert.
3.7
Begleitforschung zur DRG-Einführung
Die Kostenträger und der Gesetzgeber sollten ein besonders großes Interesse an der
Beantwortung der Frage haben, welchen Einfluss die umfassenden Veränderungen
der ökonomischen Rahmenbedingungen auf die gesamte Gesundheitsversorgung
haben. Anfang 2006 und 2007 hat das InEK im Auftrag der Selbstverwaltungspartner
durchgeführte Auswertungen veröffentlicht. Darüber hinaus wurde ein Auftrag von
den Selbstverwaltungspartnern zur Erstellung einer Machbarkeitsstudie für die
Begleitforschung vergeben. Die bislang veröffentlichten Daten geben jedoch keine
Antworten zu den in Kapitel 3.6 aufgeworfenen Fragen.
Es muss verhindert werden, dass neben einem Teil der Krankenhäuser letztendlich
gerade der Patient der große Verlierer der Umstrukturierungen und der Ressourcenverknappung ist.
22
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
4 Prüf- und Anpassungsbedarf
4.1
Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf der ordnungspolitischen Vorgaben
4.1.1 Entgeltverhandlungen
Die ursprünglich vom Gesetzgeber vorgesehenen prospektiven Entgeltverhandlungen sind nicht mehr umsetzbar. Die Anzahl der unterschiedlichen Abrechnungspositionen, die unterschiedlichen Budgetbereiche und Erlösausgleiche machen eine
sorgfältige Planung notwendig. Die Leistungsmengenplanung und Vereinbarung des
Leistungsmengengerüstes haben für Krankenhäuser und Krankenkassen eine hohe
strategische Bedeutung, was die Verhandlungen erschwert und häufig in die Länge
zieht. Selbst bei frühzeitigen Verhandlungen kann der Budgetabschluss frühestens
mit Vorliegen eines landesweiten Basisfallwertes erfolgen. Auch hier ziehen sich die
Verhandlungen zum Teil bis weit in das zu verhandelnde Budgetjahr hinein.
Regelungen wie die Vereinbarung von Innovationszusatzentgelten (NUB) nach § 6
Abs. 2 KHEntgG verlieren dadurch ihren ursprünglichen Sinn und die Einführung von
Innovationen wird entgegen des Willens des Gesetzgebers verzögert. Eine Abtrennung der Verhandlung der NUB-Entgelte von den übrigen Leistungs- und Entgeltverhandlungen wäre notwendig, um zu gewährleisten, dass neue Untersuchungsund Behandlungsmethoden auch kurzfristig Einzug in die klinische Praxis finden. In
der derzeitigen Konstellation können Verzögerungen von mehreren Jahren auftreten.
4.1.1.1 Ausrichtung am Versorgungsauftrag
Im Rahmen des zunehmenden Wettbewerbes ist auch zu diskutieren, inwieweit die
Beschränkung der Leistungserbringung auf den Versorgungsauftrag für die Krankenhäuser noch einzuhalten ist. Auch bei der Vergütung der Krankenhausleistung über
ein reines Preissystem wird aller Voraussicht nach der Versorgungsauftrag aufrecht
erhalten bleiben müssen. Krankenhäuser, die im Wettbewerb stehen, können sich
nicht auf wenig lukrative Leistungen beschränken, nur weil diese besser zu ihrem
Versorgungsauftrag passen als lukrativere Leistungen. Aus ethischen und aus versorgungspolitischen Gründen wäre es nicht akzeptabel, komplexe und damit häufig
ökonomisch unattraktive Patienten aus der Versorgung auszugrenzen (Patientenselektion). Eine adäquate Finanzierung der Vorhaltung ist daher unverzichtbar, wenn
ein flächendeckendes Versorgungssystem in der Bundesrepublik Deutschland aufrechterhalten werden soll. Eine Missachtung dieses Grundsatzes führt zwangsläufig
zu Versorgungsproblemen bei chronisch kranken Patienten oder Patienten, die sehr
komplexe Leistungen benötigen.
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
23
Prüf- und Anpassungsbedarf
Die Frage der Begrenzung des Leistungsspektrums der Krankenhäuser auf bestimmte G-DRGs unter Hinweis auf den Versorgungsauftrag muss in der Selbstverwaltung aber auch in der Politik gerade unter Wettbewerbsgesichtspunkten diskutiert
werden. In den Bereichen, in denen durch Eingreifen der Planungsbehörden, der
Kostenträger und des G-BA der Wettbewerb ausgesetzt wird, darf keine Möglichkeit
der Positiv-/Negativselektion bestehen.
4.1.1.2 Ausgleichsregelungen
Die derzeitigen im KHEntgG und der BPflV verankerten hoch komplexen Erlösausgleichsregelungen entsprechen nicht mehr der Komplexität des G-DRG-Systems und
passen zudem nicht zu einem Preissystem.
Auch wenn Vertreter des Gesetzgebers in einem Fachbeitrag1 ihre Sicht der Anwendung der Minder- und Mehrerlösausgleichsregelungen detailliert dargestellt
haben, bleiben die in den letzten Gutachten (z. B. Gutachten 2005: Kapitel 5.4.1) beschriebenen grundsätzlichen Probleme der Ausgleichsregelungen ungelöst. Je weiter
der Übergang vom Budget in ein Preissystem in den Krankenhäusern fortschreitet, je
mehr sind auch die vom Grundsatz her aus dem Budgetsystem übernommenen
Ausgleichsregelungen für Minder- und Mehrerlöse in Frage zu stellen. Während der
(durch das GKV-WSG um die Hälfte reduzierte) Mindererlösausgleich noch unter
dem Thema Sicherstellung der Versorgung nachvollziehbar ist, ist der Mehrerlösausgleich keinesfalls mit einem Preissystem vereinbar. Allenfalls wären verhandelte
Rabattierungen bei Überschreitung der vereinbarten Leistungsmenge denkbar. Es ist
kaum nachvollziehbar, dass bei prospektiver Verhandlung von Leistungsveränderungen wesentlich höhere Bewertungsquoten gültig sind als bei der Leistungsveränderung bezogen auf die Vereinbarung.
Die Regelung führt im Ergebnis zu einer ungleichen Behandlung von unterschiedlichen Leistungserbringern, da sie auf dem CMI des jeweiligen Krankenhauses und
nicht auf der Bewertungsrelation der tatsächlich erbrachten Leistung aufsetzt. Im
Ergebnis werden Mehrerlöse aus gleichen Leistungen in unterschiedlichen Krankenhäusern auch bei gleichem Basisfallwert unterschiedlich vergütet. Zur weiteren
Information verweisen wir auch auf die ausführlichen und weiterhin gültigen
Kommentierungen im Gutachten 2005 (siehe Kapitel 5.4.1). Unter der angegebenen
Quelle findet sich eine ausführliche Bewertung sowie eine Lösungsempfehlung.
Die Erlösausgleichsregelung bei „kodierbedingten Mehrerlösen“ und die vereinfachte
Ermittlung des Erlösausgleichs von „Sonstigen Mehrerlösen“ nach § 4 Abs. 9
KHEntgG basieren auf der Struktur des australischen AR-DRG-Systems, in dem
aufgrund der Konstrukte „Basis-DRG“ und den hierarchisch untergeordneten Splitts
sowie der damit verbundenen medizinischen Homogenität der G-DRGs eine klarere
1
Tuschen K.H., Braun T., Rau F., (2005), Erlösausgleiche im Krankenhausbereich: Eine Orientierungshilfe, das Krankenhaus, 11:955-960
24
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
Abgrenzung zwischen kodierbedingten und sonstigen Mehrerlösen möglich war.
Aufgrund der Komplexität des G-DRG-Gruppierungsalgorithmus (s. Kapitel 4.7) wird
auch diese Abgrenzung immer komplexer. Da das Krankenhaus die Nachweispflicht
besitzt, werden Krankenhäuser, denen vermehrt aufwändigere Fälle mit dem
Resultat eines CMI-Anstiegs zugewiesen werden (Maximal- und Spezialversorgung),
systematisch benachteiligt. Eine Anpassung des § 4 Abs. 9 KHEntgG ist daher
dringend zu fordern.
Im Rahmen einer Anpassung des § 4 Abs. 9 KHEntgG könnten auch der fehlerhaft
einschränkende Verweis auf § 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 korrigiert und die Mitberücksichtigung der Outlier bei den Erlösausgleichen auf eine rechtliche Grundlage gestellt
werden. Im gleichen Zuge sollten Verlegungsabschläge in § 7 Satz 1 Nr. 3 ergänzt
werden.
Auch die Einführung von teilstationären Ein-Tages-DRGs, wie derzeit bei der Dialyse,
hat einen Einfluss auf die Ausgleichsberechnungen, da die Darstellung des gesamten Leistungsgeschehens sowie die Bewertung verändert werden. Die G-DRG
L60C (teilstationäre Dialyse) ist bundesweit einheitlich bewertet. Werden viele Fälle
mit dieser G-DRG in das Fallmengengerüst eingebracht, hat das eine CMIverdünnende Wirkung, da eine hohe Fallzahl mit einem insgesamt geringen CaseMix eingebracht wird. Der CMI ist aber Grundlage der Berechnungen von Mehrerlösausgleichen nach der vom Gesetzgeber vorgegebenen vereinfachten Formel nach
§ 4 Abs. 9 KHEntgG. Diese Problematik ist nicht nephrologiespezifisch, sondern trifft
auf alle Bereiche mit noch zu realisierenden teilstationären DRG-Fallpauschalen zu.
Eine Lösung wäre die Trennung der vollstationären und teilstationären Fälle in der
AEB (E1-vollstationär, E1-teilstationär).
Für die bundesweit nicht einheitlich bewerteten G-DRGs und Zusatzentgelte gelten
noch unverändert die Ausgleichsregelungen der Bundespflegesatzverordnung. Diese
sind nicht mehr adäquat, da es sich gerade bei den ZE-Leistungen um hoch sachkostenlastige Leistungen handelt und bezogen auf die Gesamterlöse eines Krankenhauses der Erlösbereich für diese ZE sehr klein ist und damit erheblichen Schwankungen unterliegen kann. Abhängig von der Art der Pauschalierung (Tagespauschalierung/Fallpauschalierung) können die Ausgleiche bei G-DRGs der Anlagen 3a und
3b (§ 6 Abs. 1 KHEntgG) trotz identischer Leistung variieren. Zu fordern ist daher
eine Anpassung der Erlösausgleiche für G-DRGs und Zusatzentgelte nach § 6 Abs. 1
KHEntgG durch den Gesetzgeber, da auf der Ortsebene nur selten sachgerechte
Lösungen für diese Problemkonstellation zur Vereinbarung kommen.
4.1.2 Rechnungsprüfungen durch die Kostenträger
Zur Unterstützung einer sachgerechten Finanzierung von Krankenhausleistungen in
einem DRG-System ist die Überprüfung der Leistungserbringung und der Abrechnungen in gewissem Umfang notwendig. Gesetzlichen Krankenkassen stehen über
den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung im Wesentlichen Einzelfall-
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
25
Prüf- und Anpassungsbedarf
prüfungen nach § 275 SGB V und Stichprobenprüfungen nach § 17c KHG zur Verfügung, wobei das Verfahren nach § 17c KHG bislang keine Prüfung auf sekundäre
Fehlbelegung vorsieht.
Die bisherigen gesetzlichen Regelungen zu den Abrechnungsprüfungen haben sich
nicht bewährt, was daran ersichtlich ist, dass sie häufig nicht eingehalten werden.
Leistungserbringer und Kostenträger haben nicht selten unter Umgehung des MDK
vor Ort eigene pragmatische Regelungen gefunden. Hinzu kommen die inhaltlich und
qualitativ sehr heterogenen Abrechnungsprüfungen durch die privaten Krankenkassen und Berufsgenossenschaften.
Während die Stichprobenprüfung nach § 17c aus vielerlei Gründen bislang nicht die
ihr vom Gesetzgeber zugedachte Bedeutung erhalten hat, wurden die Einzelfallprüfungen nach § 275 SGB V bislang von vielen Kostenträgern instrumentalisiert, um
einseitige Rechnungskürzungen durchzusetzen. Die Rechnungsprüfungen gingen in
vielen Fällen weit über das zur Identifikation von systematischer Falschabrechnung
und Fehlbelegung notwendige Maß hinaus.
Für Krankenhäuser ist das Erlös-/Leistungsmanagement von vielen Faktoren abhängig. Wenn Leistungsveränderungen zu Minder- oder Mehrerlösen und Ausgleichen führen, ist es nicht unerheblich, ob G-DRGs mit besonderen Ausgleichsquoten oder (bewertete?) ZE betroffen sind. Insbesondere spielt es eine Rolle,
welcher Budgetbereich (§ 4 oder § 6 Abs. 3 KHEntgG) betroffen ist und wie der
effektive CMI von Mehr- oder Minderleistungen sich gegenüber dem vereinbartem
CMI verhält. Eine Strategie auf Einzelfallebene kann daher für Krankenhäuser nicht
zielführend sein. Damit zahlen sich zweifelhafte Kodierstrategien für ein Krankenhaus
selten aus. Die Strategie setzt bei der Planung an; Kodierung ist Erlössicherung nicht
Erlösoptimierung. Eine den Krankenhäusern bisweilen unterstellte „grenzverweildaueroptimierte“ Behandlung ist nicht sinnvoll, da hier nur die Erlösseite betrachtet
wird. So kann z. B. die Leistungserbringung unterhalb der unteren Grenzverweildauer
für ein Krankenhaus durchaus sinnvoller sein, als Fälle möglichst bis zum Erreichen
der unteren Grenzverweildauer zu hospitalisieren.
Ganz im Gegensatz dazu ist für die Kostenträger jeder am Einzelfall gesparte Euro
gespartes Geld. An den Erlösausgleichen partizipieren in relevantem Ausmaß nur die
großen Krankenkassen. Die meisten Einzelfallprüfungen erfolgten deshalb bislang
verdachtsunabhängig, sobald eine Rechnungskürzung nur entfernt Aussicht auf
Erfolg bot.
Überraschenderweise überprüfen die Kostenträger seltener als zu erwarten, die im
Rahmen der Einführung eines DRG-Systems bedeutsame Kodierqualität. Bisherige
Erfahrungen haben gezeigt, dass bei einer genaueren Fallbetrachtung hier die Abrechnung auch häufig zugunsten des Krankenhauses geändert werden muss. Allen
an der Dokumentation, der Abrechnung und den Abrechnungsprüfungen Beteiligten
ist bewusst, dass eine „perfekte“ Kodierung nicht existiert und niemals erreicht
werden kann, zumal ein gewisser Interpretationsspielraum bei strategischer missbräuchlicher Auslegung der Kodierrichtlinien nicht vermeidbar ist. (s. Kapitel 4.6).
26
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
DRG-Erlöse ergeben sich nach einem komplexen Algorithmus aus kodierten ICDDiagnosen, OPS-Prozeduren und administrativen Daten (z. B. Verweildauer). Vor
Ende des stationären Aufenthaltes kann daher häufig noch keine Aussage über die
zu erlösende G-DRG, die Grenzverweildauern und die damit verbundenen Zu- bzw.
Abschläge gemacht werden. Für Verweildauerausreißer (Outlier) resultieren bei
niedriger bewerteten G-DRGs häufig paradoxerweise höhere Erlöse (s. Kapitel
4.7.8). Systematische Steuerungen im Einzelfall sind daher für Krankenhäuser nicht
sinnvoll, insbesondere da sich der Algorithmus und die Grenzverweildauern jährlich
ändern. Krankenkassen haben hier den systematischen Vorteil, ex post prüfen zu
können.
Auch Überschreitungen der oberen Grenzverweildauer (oGVD) dürften in den
seltensten Fällen ökonomisch motiviert sein. DRG-Erlöse sind in Bezug auf die
mittlere Verweildauer kalkuliert. Das bedeutet, dass ein Krankenhaus in der Regel
zwischen mittlerer Verweildauer und oberer Grenzverweildauer bereits Verluste im
Einzelfall erwirtschaften dürfte. Ab Erreichen der oberen Grenzverweildauer „teilen“
sich Kostenträger und Krankenhaus weiter entstehende Mehrkosten, da Überliegerzuschläge meist so kalkuliert sind, dass auch nach Überschreiten der oGVD kein
Anreiz für Krankenhäuser besteht, die Verweildauer gewinnmaximierend auszudehnen. Überschreitungen der oGVD dürften daher in fast allen Fällen medizinisch
begründet sein. Da der MDK inzwischen dazu übergeht, Fehlbelegungspotenzial
auch dann zu identifizieren, wenn während des stationären Aufenthalts eine
prinzipiell höhere Leistungsverdichtung denkbar gewesen wäre, stellt sich generell
die Frage der Anforderung an eine prüfungssichere Dokumentation. Grenzverweildauerprüfungen sind in der Regel keine Prüfungen die sich, wie vom Gesetzgeber
intendiert, auf den begründeten Verdacht einer Falschabrechnung stützen. Aufgrund
des geringen Missbrauchspotenzials bei gleichgerichteten Anreizen zur Verweildauerverkürzung für Krankenhaus und Kostenträger wäre es eine bedenkliche und
wenig sinnvolle Zweckentfremdung, auch Informationen zu anderen Patienten (z. B.
zwischengeschobene Notfälle) oder organisatorische Aspekten (Reparatur-/Wartungsinformationen zu Großgeräten) allein aus abrechnungstechnischen Gründen in
die individuelle medizinische Patientenakte aufnehmen zu müssen. Die Umsetzung
dürfte in Krankenhäusern nur mit erheblichem Druck und Ressourceneinsatz
durchsetzbar sein.
Nicht selten finden Rechnungsprüfungen auch in den Bereichen statt, in denen noch
klare Definitionen und Abgrenzungen der stationären Leistungen zu prä- oder poststationären Leistungsbereichen fehlen (z. B. teilstationäre Versorgung oder eintägige
stationäre Behandlungen, die nicht im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung
erbracht werden).
Der MDK ist auf Länderebene organisiert, der MDS ist ein eingetragener Verein
(e.V.). Gegenüber den Medizinischen Diensten soll der MDS Koordinierungsaufgaben wahrnehmen und die Zusammenarbeit der Medizinischen Dienste und die
wirksame Durchführung der Aufgaben fördern. Eine Fallprüfung kann nur dann sachgerecht erfolgen, wenn eindeutige Prüfungskriterien und eine allgemein anerkannte
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
27
Prüf- und Anpassungsbedarf
Interpretation derselben existieren. Die Prüfungsrealität zeigt, dass trotz bisheriger
Koordinierungsversuche des MDS (SEG 4) Gutachten des MDK für vergleichbare
Sachverhalte zu höchst unterschiedlichen Ergebnissen führen können. Zudem
erstaunt, dass trotz bestehender Einigung über Kodiersachverhalte innerhalb der
Selbstverwaltung der MDK zunehmend neue Auslegungsvarianten zu einzelnen DKR
hervorbringt. Diese stellen nicht selten bereits in der Selbstverwaltung konsentierte
Grundsätze aus Erlösoptimierungszwecken nachträglich wieder in Frage. Das liegt
zum Teil daran, dass die zugrunde liegenden Kriterien (Kodierrichtlinien, G-AEPKriterien, Kriterien für sekundäre Fehlbelegung) Raum für missbräuchliche Interpretationen bieten. Oft sind damit explizit unterschiedliche Auslegungen durch die
einzelnen Länder-MDKs verbunden.
Der bisher praktizierte Ansatz auf der lokalen Ebene zwischen ca. 1.800 Krankenhäusern und 250 Krankenkassen Lösungen zu finden erscheint nicht effizient und
führt unweigerlich zu Bundesland- (MDK-), Krankenkassen-, Sachbearbeiter- und
Krankenhaus-spezifischen Lösungen, die eine sachgerechte Vergütung über das
bundesweit gültige G-DRG-System unterlaufen. Neben einer Verzerrung des
Wettbewerbs wird eine Weiterentwicklung des G-DRG-Systems behindert.
Krankenhäuser müssen unter dem wirtschaftlichem Druck entscheiden, wofür sie ihre
Ressourcen einsetzen. Ökonomisch betrachtet, muss eine Balance zwischen Leistungserbringung und optimaler Dokumentation gefunden werden. Werden vermehrt
Anstrengungen zur optimierten Dokumentation eingesetzt (z. B. erfahrener Oberarzt
überprüft Kodierung im Einzelfall), kann darunter die primäre Leistungserbringung
leiden (weniger Fälle, weniger Operationen). Im Hinblick auf die Effizienz des gesamten Gesundheitssystems in Deutschland und die darin enthaltenen noch existierenden Rationalisierungspotenziale, ist darauf zu achten, Anreize bei Krankenhäusern und Kostenträgern so zu setzen, dass möglichst viele Ressourcen in die
primäre Leistungserbringung am Patienten fließen können.
Empfehlung:
Seit DRG-Einführung wird sehr viel Personal zur Bearbeitung von Abrechnungsprüfungen gebunden. Es ist offensichtlich, dass die vom Gesetzgeber vorgesehene
und für das System auch notwendige „Prüfung bei begründetem Verdacht auf
Falschabrechnung“ nicht die Grundlage für die bisherigen Fallprüfungen darstellt. Die
durch Fallprüfungen gebundenen Ressourcen gehen letztlich für die Patientenversorgung verloren. Das bisherige Ausmaß der Einzelfallprüfungen liegt weit jenseits
einer akzeptablen Grenze. Es bleibt abzuwarten, welche Folgen die Änderungen der
§§ 275 SGB V und 17c KHG im GKV-WSG nach sich ziehen werden und wie viel
Missbrauchspotenzial noch besteht.
Erfahrungen aus Bundesländern mit bestehenden Fristenregelungen in den landesspezifischen Verträgen nach § 112 SGB V lassen befürchten, dass keine wesentlichen Auswirkungen auf das Volumen der Anfragen resultieren könnten. Zudem sind
von den Gesetzesänderungen nur gesetzliche Krankenkassen betroffen. Berufsgenossenschaften, private Krankenversicherer sowie andere Kostenträger werden
28
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
unter den derzeitigen Anreizen kein Bedürfnis verspüren, weniger Einzelfallprüfungen durchzuführen.
Zur notwendigen Aufdeckung systematischer Fehlabrechnungen sind Stichprobenprüfungen wesentlich besser als Einzelfallprüfungen geeignet. Dass dennoch bislang
von den Kostenträgern die Einzelfallprüfung bevorzugt wurde, liegt an den gesetzlichen Fehlanreizen. Inwiefern die Gesetzesänderungen zu weniger und zielgerichteten Prüfungen führen, bleibt abzuwarten.
Da Überschreitungen der Grenzverweildauern in den seltensten Fällen ökonomisch
motiviert sind, sollten sekundäre Fehlbelegungsprüfungen generell von den Einzelfallprüfungen nach § 275 SGB V ausgenommen werden. Fallkollektive auffälliger
Krankenhäuser sollten ebenfalls Stichprobenprüfungen nach § 17c KHG unterzogen
werden, wenn entsprechende Kriterien in der Selbstverwaltung analog zu den GAEP-Kriterien konsentiert werden könnten.
Da die Fallprüfungen sowie die Funktion des MDK im SGB V bzw. KHG verankert
sind und die Durchführung durch BSG-Urteile weitgehend gefestigt ist, ist primär der
Gesetzgeber gefordert. Die Selbstverwaltungspartner sollten die landespezifischen
Verträge nach § 112 SGB V nutzen, um zumindest eine Vereinheitlichung der
Prüfungen zu erreichen.
Ebenso sollten die Selbstverwaltungspartner dort, wo noch notwendig, die Prüfungskriterien präzisieren (z. B. Kodierrichtlinien, Grauzonen zur ambulanten/teilstationären Leistungserbringung) und, wo möglich, interpretationsbedürftige Kriterien
durch administrative Regelungen (z. B. bei den Fallzusammenführungsregeln) ersetzen. Häufig könnten Streitpunkte in Grauzonen auch durch normative Anpassungen im G-DRG-Algorithmus begegnet werden (Gruppierungsrelevanz von Kodieralternativen, CCL-Bewertungen). Hierzu bedarf es allerdings normativer und nicht
datengetriebener Anpassungen.
Durch die zunehmende Bedeutung von Prozeduren (z. B. KomplexbehandlungsOPS, Zusatzentgelte) können Fallprüfungen häufig nur noch auf Basis der gesamten
Patientenakte erfolgen. Diese enthält eine Vielzahl medizinischer und persönlicher
Informationen über die Patienten. Teilweise ist der MDK sehr freizügig bezüglich der
Weitergabe von medizinischen Informationen an die Kostenträger. Eine Begutachtung im Sinne von „Kodierung korrekt“ oder „Leistungsanspruch gerechtfertigt“
sollte in der Kommunikation zwischen MDK und Krankenkasse eigentlich ausreichen.
Stattdessen werden in den an die Krankenkasse übermittelten Gutachten zum Teil
ganze Passagen aus dem Arztbrief oder anderen Krankenunterlagen zitiert.
Kritischer ist noch die Anforderung der umfangreichen Dokumentation durch private
Krankenversicherungen zu bewerten. Diese kann prinzipiell Informationen enthalten,
die für eine spätere Vertragsgestaltung oder Prüfung genutzt werden könnten. Da
Patienten, wenn sie eine Kostenerstattung wünschen, in der Regel keine andere
Wahl haben als einer Schweigepflichtentbindung zuzustimmen. Hier ist der Gesetzgeber gefordert, die Privatsphäre der Versicherten zukünftig zu sichern.
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
29
Prüf- und Anpassungsbedarf
4.1.3 Ärztliche Weiterbildung
Weiterhin von der Gesetzgebung und der Selbstverwaltung hinsichtlich einer Lösung
unbearbeitet ist das Problem der Finanzierung der ärztlichen Weiterbildung. Derzeit
ist zu beobachten, dass der Anteil der Weiterbildungsassistenten zu Gunsten von
Fachärzten reduziert wird, um die Effektivität des Gesamtteams in den Krankenhäusern zu erhöhen. Die Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten ist kostenintensiv,
da aus der Weiterbildung eine höhere Personalbindung resultiert2. Ein nicht geringer
Anteil der Weiterbildung muss unter besonderer Aufsicht durch einen Facharzt erfolgen. Diese Tendenz verschärft sich als Folge des steigenden Kostendruckes, der
überproportional in den Häusern der Maximalversorgung wirkt, die einen erheblichen
Anteil der Weiterbildungskapazitäten stellen. Diese Veränderungen können mittelfristig zu Versorgungsproblemen führen, da zumindest in einigen Fachgebieten ein
Facharztmangel entstehen kann.
Gesondert finanziert wird durch die Krankenkassen nur die Ausbildung in mit den
Krankenhäusern notwendigerweise verbundenen Ausbildungsstätten und staatlich
anerkannten Einrichtungen an Krankenhäusern von in § 2 Nr. 1a KHG gelisteten Gesundheitsfachberufen, die auch als nichtärztliche Heilhilfsberufe bezeichnet werden.
Dass diese Berufsausbildungen von den Krankenkassen finanziert werden, ist das
Ergebnis einer historischen Entwicklung mit dem gescheiterten Versuch einer Verschiebung der Finanzierung dieser Aufgaben auf die Länder. Die ärztliche Weiterbildung wurde in diesem Kontext bisher kaum thematisiert.
Um die prognostizierte Entwicklung gar nicht eintreten zu lassen, müssen die ökonomischen Risiken einer ärztlichen Weiterbildung für die weiterbildenden Krankenhäuser reduziert werden. Es sind finanzielle Anreize zu schaffen. Eine Lösungsoption
wären Weiterbildungszuschläge pro Weiterbildungsassistent. Die Refinanzierung
kann wie bei den Ausbildungsstätten über einen fallbezogenen Weiterbildungszuschlag erfolgen, mit dem die Fälle aller Krankenhäuser belastet werden. Da letztendlich das Ergebnis allen Krankenhäusern zu gute kommt, kann die Finanzierung
über ein Umlageverfahren erfolgen. Wenn aufgrund unterschiedlicher Kosten notwendig, wäre bei der Ermittlung der Höhe des Zuschlages auch nach Fachgebietsgruppen (z. B. Innere Medizin, Chirurgische Fachgebiete) zu differenzieren. Der
Weiterbildungserfolg (Abschluss und zeitliche Komponente) könnte an die Zahlung
des Zuschlages geknüpft werden.
4.1.4 Besondere Leistungen und besondere Einrichtungen
Grundsätzlich wünschenswert wäre die Abbildung der meisten Leistungen über
bundesweit bewertete G-DRGs. Für Bereiche, die sich derzeit nicht in dieser Form
2
Bauer M. et al. (2007), Apoptose im DRG-System: Weiterbildung und dezentrale Strukturen verhindern wettbewerbsfähige intraoperative Prozesszeiten, Anästh- Intensivmedizin, 48: im Druck
30
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Prüf- und Anpassungsbedarf
abbilden lassen, stehen mehrere alternative und additive Vergütungselemente zur
Verfügung. Dabei erscheint es ungünstig, wenn prinzipiell mehrere Optionen für die
Finanzierung einer spezialisierten Leistung zur Verfügung stehen. So können kinderund jugendrheumatologische Einrichtungen z. B. für 2006 den Weg über die Verhandlung der unbewerteten Anlage-3a-DRG I97Z oder die Annerkennung als
Besondere Einrichtung nach § 17b KHG/VBE 2007 wählen. Ähnliches gilt für die
Palliativmedizin (ZE und Besondere Einrichtung). Verschiedene Finanzierungsformen
haben jeweils ihre Vor- und Nachteile. Für Leistungen, für die künftig eine Abbildung
in bundesweit bewerteten G-DRGs möglich erscheint, sollte aufgrund einer
einheitlichen Falldefinition und der Möglichkeit zur Vereinbarung einer pauschalierten
Finanzierung eher der Abbildung in unbewerteten G-DRGs der Vorzug gegeben
werden. Besondere Einrichtungen gelten bei hausinternen Verlegungen beispielsweise wie ein externes Krankenhaus und tragen somit nicht zu einer einfachen
Abrechnung bei. Aufgrund der Mengenabhängigkeit vieler entgeltrelevanter Variablen (Beatmungszeiten, ZE für Blutprodukte und Medikamente, OPS-Komplexkodes)
wird die Fallmengenplanung und Entgeltverhandlung bei wechselnder Anerkennung
als Besondere Einrichtung unnötig erschwert. Auch wenn das InEK eine Bewertung
bislang in erheblichem Ausmaß in Besonderen Einrichtungen nach § 17b KHG
erbrachten Leistungen vornehmen soll (z. B. Frührehabilitation), muss vorab eine
aufwändige Fallzusammenführung erfolgen.
Während sich ein Großteil der stationären Krankenhausleistungen sachgerecht
pauschalieren lässt, bleibt ein Rest an Leistungen, der über DRG-Pauschalen auch
2007 noch nicht sachgerecht vergütet wird. Diese Leistungen können von der
bundesweiten DRG-Vergütung auf der Ebene der Leistung (Besondere Leistungen)
oder der gesamten Einrichtung bzw. organisatorisch abgrenzbarer Bereiche (Besondere Einrichtungen) ausgenommen werden. Ersatzweise können fall- oder tagespauschalierte Entgelte nach § 6 Abs. 1 des KHEntgG krankenhausindividuell verhandelt
werden. Diese Budgetanteile unterliegen den Regelungen der Bundespflegesatzverordnung bezüglich der Ausgleiche bei Mehr- oder Mindererlösen. Hieraus ergeben
sich schwer kalkulierbare Risiken, weil der Budgetanteil nur noch sehr klein ist und
Schwankungen in der Fallzahl oder der Behandlungsstruktur (Belegungstage) etc.
einen sehr großen Einfluss auf die Bildung der Differenz zwischen vereinbartem
Budget und Ist-Erlösen haben. Es ist daher primär anzustreben, möglichst viele
Leistungen auch im DRG-Budgetbereich zu belassen, also nach einer „Lösung im
System“ zu suchen.
Um negative Einflüsse auf die Versorgung abzuwenden, müssen Krankenhäuser, die
solche Leistungskomplexe erbringen, kurzfristig klare Signale hinsichtlich der Finanzierung erhalten. So lange eine Abbildung dieser Leistungen aufgrund der Komplexität oder der Heterogenität beim Vergleich verschiedener Leistungserbringer in der
bundesweit bewerteten DRG-Klassifikation noch nicht gelingen kann, sind alternative
Lösungen notwendig. Möglichkeiten bestehen in der Schaffung von G-DRGs in der
Anlage 3a der FPV oder in der Definition von besonderen Einrichtungen. Da es
allerdings problematisch ist, besondere Leistungen über auf einzelne Krankenhäuser
anwendbare Kriterien zu identifizieren, sollte der Weg fortgesetzt werden, diese be-
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
31
Prüf- und Anpassungsbedarf
sonderen Leistungen im Rahmen der DRG-Kalkulation und -Anpassung zu erkennen
und zu markieren. Auch wenn die Anzahl der G-DRGs in der Anlage 3a des Fallpauschalenkataloges vergrößert wurde, beschränken sich die betroffenen Leistungen auf
einen sehr geringen Anteil der Gesamtfälle der Bundesrepublik und auf einen sehr
geringen Anteil an den landesweiten Budgets für die Finanzierung von stationären
Krankenhausleistungen.
Es erscheint außerordentlich schwierig, eine so genannte organisatorische Einheit
bei der Definition einer Besonderen Einrichtung unterhalb der Ebene einer Fachabteilung klar abzugliedern. Problematisch ist auch, dass damit noch nicht die Leistungen, die in der organisatorischen Einheit erbracht werden, klar beschrieben sind.
Darüber hinaus muss die organisatorische Einheit wie ein eigenes Krankenhaus bezüglich der Betrachtung von Verlegungen (Verlegungsabschläge etc.) angesehen
werden. Dies erhöht die Komplexität der Leistungsabrechnung der Krankenhäuser
und erschwert die Rechnungsprüfung der Krankenkassen. Wird dagegen der vorgeschlagene Weg der Deklaration von besonderen Leistungen über die Aufnahme
dieser Leistungen in die Anlage 3a des Fallpauschalenkataloges verfolgt, relativieren
sich die o. a. Probleme. Es bleibt allerdings das Problem der sachgerechten Abgrenzung eines Anteils aus dem DRG-Budget zur Finanzierung der Anlage-3aLeistungen und die Kalkulation einer sachgerechten Entgelthöhe für die Entgeltvereinbarung.
4.1.5 Zentrumszuschläge
Nach § 5 Abs. 3 KHEntgG sind Zuschläge für Zentren durch die Kostenträger zu
finanzieren. Dort wird geregelt, dass bei Nichtvorliegen von bundesweiten Regelungen zu Zuschlägen nach § 17b Abs. 1 des KHG oder bei fehlenden Vorgaben des
BMG die Vertragsparteien vor Ort Zu- und Abschläge auf der Grundlage der Vorgaben dieses Gesetzes vereinbaren. Der Anspruch auf einen Zentrumszuschlag
setzt das Vorliegen eines Zentrums oder Schwerpunktes voraus, beispielhaft werden
Tumorzentren und geriatrische Zentren angeführt.
In der Realität werden Zentrumszuschläge allerdings fast flächendeckend von den
Kostenträgern verweigert. Dies gilt z. B. auch für anerkannte Brustzentren. Die lokale
Selbstverwaltung scheint in dieser Frage überfordert, Schiedsstellenverfahren enden
mit teilweise sehr unterschiedlichen Entscheidungen bei grundsätzlich gleichem
Sachverhalt.
Empfehlung:
Der Gesetzgeber sollte den § 5 Abs. 3 KHEntgG durch Benennung von Zentren
konkretisieren und auch die Grundlagen für die Ermittlung der Zuschläge darstellen.
Dies können z. B. Zuschläge für Netzkoordinatoren, Qualitätsmanagement, Durchführung von Tumorkonferenzen oder sektorübergreifende Angebote der Psychoonko-
32
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
logie und die besonderen Tumorsprechstunden sein. All dies sind Leistungen, die
standardmäßig nicht in die G-DRG-Fallpauschalen einkalkuliert sind.
4.2
Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf der Abrechnungsbestimmungen
Auch für 2007 kam es wieder zu einer Vereinbarung der Abrechnungsregeln
zwischen den Selbstverwaltungsparteien (FPV 2007). Diese beruht im Wesentlichen
auf den Versionen der Vorjahre. Die Vereinbarung zur Aufnahme von Begleitpersonen aus dem Jahr 2005 ist auch weiter für 2007 gültig.
4.2.1 Fallzusammenführungen / Beurlaubungen
Fallzusammenführungen können aufgrund von Wiederaufnahmen, Rückverlegungen
und Kombinationen aus beidem erforderlich sein. Die Regelungen zu den Fallzusammenführungen sind sehr komplex.
Den Konstruktionen zu den Wiederaufnahmeregelungen nach § 2 FPV, die die GDRG-Konstrukte Basis-DRG, Partition und MDC benutzen, lagen ursprünglich medizinische Zusammenhänge und der Wunsch nach einer möglichst administrativen
Regelung zugrunde. So entsprach die Fallzusammenführung bei Gruppierung in die
gleiche Basis-DRG (§ 2 Abs. 1 Nr. 2) der Annahme, dass es sich um den gleichen
Behandlungsauftrag und damit um eine nicht abgeschlossene Behandlung handelte.
Durch die Fallzusammenführung bei Partitionswechsel (§ 2 Abs. 2 Nr. 2) sollte das
ökonomisch motivierte Fallsplitting in diagnostischen und operativen Aufenthalt
unterbunden werden.
Seitdem durch den splittgenauen und partitionsübergreifenden Abfragealgorithmus
sowie durch Kondensationen der Zusammenhang zwischen medizinischem Kollektiv
einerseits und G-DRG, Basis-DRG und Partition andererseits zunehmend abhanden
kommt, greifen auch die Wiederaufnahmeregelungen nach § 2 Abs. 1 und 2 FPV
2007 nicht mehr. Fangen vorzeitig im Gruppierungsalgorithmus abgefragte und der
medizinischen Partition zugeordnete G-DRGs auch operierte Fälle ab, oder werden
Fälle durch im Gruppierungsalgorithmus interponierte G-DRGs zwischen zwei Splitts
einer Basis-DRG abgefangen, so geben die bisherigen Regelungen zu Fallzusammenführungen keinen Sinn mehr. Andererseits stellen gerade diese Regelungen
den einzigen Grund dar, noch an der Aufrechterhaltung von inzwischen inhaltlich
ausgehöhlten Basis-DRG- und Partitionsdefinitionen festzuhalten.
Kompensatorisch prüfen die Kostenträger wieder verstärkt die Wiederaufnahme
wegen Komplikation (§ 2 Abs. 3), die aufgrund der fehlenden Definition des
Komplikationsbegriffs weiterhin höchst problematisch ist. Zunehmend wird auch die
ebenfalls problematische Beurlaubungsregelung nach § 1 Abs. 7 FPV verwendet, um
(häufig inhaltlich nachvollziehbare aber nach § 2 Abs. 1 oder 2 nicht mehr mögliche)
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
33
Prüf- und Anpassungsbedarf
Fallzusammenführungen zu erwirken. „Eine Beurlaubung liegt vor, wenn ein Patient
mit Zustimmung des behandelnden Krankenhausarztes die Krankenhausbehandlung
zeitlich befristet unterbricht, die stationäre Behandlung jedoch noch nicht abgeschlossen ist. Bei Fortsetzung der Krankenhausbehandlung nach einer Beurlaubung
liegt keine Wiederaufnahme im Sinne von § 2 vor.“ Die Abgrenzung einer Beurlaubung von einer geplanten Wiederaufnahme bei standardisierten mehrzeitigen
bzw. sequentiellen medizinischen Behandlungskonzepten ist in der Praxis schwierig
und eröffnet neue Grauzonen bei der Prüfung von Krankenhausabrechnungen.
Betroffen sind insbesondere Behandlungskonzepte bei chronischen Erkrankungen
und in der Onkologie. Aber auch die Abrechnung einer differenzierten Weiterführung
einer Therapie in Abhängigkeit von während einer „Beurlaubung“ eintreffenden
Untersuchungsergebnissen (z. B. Histologie) ist von der Regelung betroffen. Bei
übertriebener Auslegung könnten alle Therapiepausen (z. B. vor Entfernung von
Osteosynthesematerial, Rückverlegung eines Kolostomas oder geplanten stationären
Kontrolluntersuchungen nach langen Intervallen) als „Beurlaubung“ gewertet werden.
Im Gegensatz zu den Wiederaufnahmeregelungen nach § 2 FPV 2007 sind Zusammenführungen von Fällen aus unterschiedlichen Jahren bei Beurlaubungen nicht
ausgeschlossen und führen z. B. zu Schwierigkeiten bezüglich der verwendeten
Versionen der Klassifikationssysteme (ICD-10-GM/OPS). Es bestehen weiterhin
erhebliche rechtliche Diskrepanzen zu den Beurlaubungsregelungen in den landesspezifischen Verträgen nach § 112 SGB V. Auch haftungsrechtliche Fragen sind bei
„Beurlaubungen“ zu berücksichtigen.
Problematisch waren Fallzusammenführungen bislang im Hinblick auf die G-DRGKalkulation. Die Kostenkalkulations- und §-21-Daten spiegeln die Daten der Echtabrechnung wider. Es handelt sich demnach um zusammengeführte Fälle. Durch
Änderung der G-DRG-Definitionen und des Abfragealgorithmus des neu kalkulierten
G-DRG-Systems könnten sich jedoch die vorgenommenen Zusammenführungen als
nicht mehr notwendig bzw. sich andere notwendige Fallzusammenlegungen ergeben. Letztere berücksichtigt das InEK soweit möglich. Eine Trennung und Neugruppierung bereits zusammengelegt gelieferter Fälle ist jedoch nicht möglich.
Empfehlung:
Es sollte eine einfache administrative Regelung zur Wiederaufnahme, Rückverlegung und Beurlaubung gefunden werden. Diese könnte sich schlicht an einem
bestimmten Zeitfenster (z. B. ein oder zwei Wochen) oder der oberen Grenzverweildauer orientieren.
Zusammengelegt werden sollten nur Fälle, die der gleichen MDC zugeordnet
werden, da bei unterschiedlichen MDCs in der Regel nicht von einem inhaltlichen
Zusammenhang auszugehen ist. Komplikationen werden seit 2005 nach Änderung
der DKR D002d organspezifisch kodiert, damit eine sachgerechte MDC-Zuordnung
erfolgen kann. Generell nicht zusammengelegt werden sollten Fälle, bei denen GDRGs durch das Erreichen spezieller in OPS-Komplexkodes definierter Leistungs-
34
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
inhalte beschrieben sind. Hier ist jeweils die volle Leistungserbringung gewährleistet,
Anreize zum Fallsplitting können nicht entstehen.
Soll eine Sonderlösung für Komplikationen bestehen bleiben, so muss eine klarere
Definition und Abgrenzung für den Begriff „Komplikation“ gefunden werden. In
Ermangelung einer bundesweit gültigen Definition bilden sich Bundesland-, MDK(z.T. einzelprüferspezifische), Krankenkassen- und krankenhausindividuelle Lösungen, die neben den in Abrechnungskonflikten verschwendeten Ressourcen insbesondere auch negative Auswirkungen auf die Weiterentwicklung eines bundesweit
gültigen Abrechnungssystems haben. Das BMG hat in einem Schreiben vom 2. April
2007 die Selbstverwaltungspartner explizit dazu aufgefordert, für die Komplikationsregelung eine „trennschärfere und praxistauglichere Abgrenzung“ zu finden.
Zudem sollte weiter untersucht werden, bei welchen standardmäßig mehrzeitigen
Therapien eine Fallzusammenlegung keinen Sinn ergibt (z. B. zweizeitige Operationen an paarigen Organen). Die Mehrzeitigkeit erfolgt häufig zum Schutz der
Patienten und ist Ausdruck eines medizinisch sorgfältigen Vorgehens. Würden alle
Eingriffe in einem Aufenthalt durchgeführt, steigt u. U. das Risiko für Komplikationen.
Es müssen daher weiterhin einige G-DRGs von Fallzusammenführungen ausgenommen werden. Durch zunehmende Entfernung der DRG-Definitionen von der
Beschreibung medizinischer Kollektive wird dies zukünftig jedoch Schwierigkeiten
bereiten.
4.2.2 Verlegungen
Im Fallpauschalenkatalog sind G-DRGs als so genannte Verlegungsfallpauschalen
gekennzeichnet (Spalten 12/14), wenn verlegte Fälle (auch unterhalb der mittleren
Verweildauer der G-DRG) genauso kostenintensiv bzw. noch kostenaufwändiger
sind, als nicht verlegte Fälle. Dies betrifft insbesondere Fälle, die aufgrund ihrer
Komplexität in eine höhere Versorgungsstufe verlegt werden müssen bzw. von dieser
aufgenommen werden. Um diesem Umstand zu begegnen, wurden G-DRGs, bei
denen die Kalkulationsdaten diese Auffälligkeit aufwiesen, seit 2005 sinnvollerweise
von der Verlegungsabschlagsregelung nach § 3 FPV ausgenommen und gehen zum
Teil auch in die Kalkulation der Bewertungsrelationen im InEK ein. Die Zahl der betroffenen G-DRGs hat sich seit 2005 kontinuierlich erhöht.
Weiterhin fallen für diese Fälle bei Verlegung im aufnehmenden Krankenhaus keine
Unterliegerabschläge an, wenn (z. B. aufgrund frühzeitigen Versterbens) die untere
Grenzverweildauer unterschritten wird.
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
35
Prüf- und Anpassungsbedarf
Empfehlung:
An den Kalkulationsdaten sollte einfach nachvollziehbar sein, ob die derzeitige
Regelung sachgerecht ist. Wahrscheinlich ist es jedoch sachgerechter, auch die
Rechnung des aufnehmenden Krankenhauses um Unterliegerabschläge bei Unterschreiten der unteren Grenzverweildauer zu kürzen.
4.2.3 Neugeborene
Nach § 1 Abs. 5 FPV 2007 ist die Versorgung eines Neugeborenen mit dem Entgelt
für die Mutter abgegolten, wenn eine im Fallpauschalen-Katalog angegebene
Mindestverweildauer nicht erreicht wurde.
Diese Regelung betrifft ausschließlich die G-DRG P60C (Neugeborenes, verlegt < 5
Tage nach Aufnahme ohne signifikante OR-Prozedur, nicht zuverlegt). Es ist jedoch
auch nicht nachvollziehbar, warum die G-DRG P60C bei Unterschreiten der Mindestverweildauer nicht abgerechnet werden kann. Neugeborene, die nach Entbindung
verlegt werden müssen, können durchaus sehr aufwändig zu behandeln sein. Bei
einer Entlassung nach Hause (gesundes Kind) darf im Gegensatz dazu eine eigene
G-DRG abgerechnet werden. Direktverlegungen aus dem Kreißsaal aufgrund akuter
Ereignisse dürfen nach § 1 Abs. 5 FPV 2007 genauso wenig wie bei einer Direktentlassung getrennt abgerechnet werden. Sollen Verlegungen unter 24 Stunden von
Verlegungen nach einem bis fünf Tagen vergütungstechnisch getrennt werden, so
könnte dies durch die Berücksichtigung als implizite Einbelegungstag-DRG erfolgen.
4.2.4 Betreuung von Müttern behandlungsbedürftiger Neugeborener
Nach § 197 der Reichsversicherungsordnung (RVO) stehen der Mutter und dem
Neugeborenen nach der Entbindung Unterkunft, Pflege und Verpflegung in einem
Krankenhaus zu. Es handelt sich dabei nicht um eine Krankenhausbehandlung. Die
ursprüngliche Befristung des § 197 RVO bis zum sechsten postpartalen Tag wurde
im GKV-WSG aufgehoben, um eine Weiterbetreuung der Neugeborenen im Krankenhaus bei Behandlungsbedürftigkeit der Mutter zu ermöglichen. Aus der Begründung
zum Gesetz geht zweifelsfrei hervor, dass für die Weiterbetreuung der Neugeborenen ab Überschreiten der oberen Grenzverweildauer Überliegerzuschläge zu
berechnen sind.
So sinnvoll die Entfristung für die Betreuung der Neugeborenen ist, für die Abrechnung der Betreuungsleistung für die Mütter treten dadurch neue Probleme auf. Im
Gegensatz zu Neugeborenen ist bei Müttern, die aufgrund einer Behandlungsbedürftigkeit des Neugeborenen ein Übergang aus der stationären Versorgung in eine
Begleitperson denkbar. Wann dieser Übergang erfolgen kann, ist sicherlich individuell unterschiedlich und auch von der Entbindungsart (vaginale Entbindung/Kaiserschnitt) abhängig. Abhängig von Grenzverweildauern und evtl. Verlegungsstatus sind
36
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
nun unterschiedliche ökonomisch motivierte Strategien denkbar. Das Krankenhaus,
in dem die Entbindung stattfand, wird spätestens mit Erreichen der unteren Grenzverweildauer versucht sein, die Mutter als Begleitperson zu führen, da somit zwar
geringe, aber zusätzliche Erlöse zu erwirtschaften sind. Für Mütter, die aufgrund
einer Erkrankung des Neugeborenen in ein Krankenhaus höherer Versorgungsstufe
verlegt werden, werden Kostenträger möglicherweise die Kostenübernahme verweigern bzw. die Aufnahme von der Erfüllung der G-AEP-Kriterien abhängig machen
wollen, da durch die Verlegungsnotwendigkeit des Kindes der Krankenkasse auch
für die Mutter zusätzliche Kosten entstehen können. Das Recht der Mutter auf eine
stationäre Nachbetreuung nach Geburt darf jedoch keinesfalls durch die Erkrankung
des Kindes und den damit verbundenen ökonomischen Konsequenzen „verwirkt“
werden.
Empfehlung:
Es ist dringend eine Lösung, z. B. im Sinne der ehemaligen Sechs-Tage-Regelung
zu finden. Dabei ist rechtlich zu prüfen, ob die Selbstverwaltung selbständig, ohne
den Gesetzgeber befugt ist, in der FPV eine Festlegung zu treffen.
4.2.5 Teilstationäre Leistungen
Mit Ausnahme der Leistungen innerhalb der Onkologie, der Schmerztherapie, der
HIV-Behandlung sowie der Dialysen sind teilstationär erbrachte Leistungen innerhalb
der oberen Grenzverweildauer einer zuvor abgerechneten G-DRG auch 2007 nur ab
dem dritten Tag nach Überschreiten der abgerundeten mittleren Verweildauer
(bemessen ab dem Aufnahmedatum des vorherigen stationären Aufenthaltes) über
teilstationäre Entgelte gesondert abrechenbar. Diese seit 2005 bestehende Regelung
(§ 6 Abs. 2 FPV) sieht überdies vor, dass teilstationäre Entgelte auch für alle teilstationären Behandlungstage bis zum Erreichen etwaiger stationärer Abschlagstage
(z. B. wegen Unterschreiten der unteren Grenzverweildauer oder Verlegungsabschläge) abrechenbar sein können.
Die im Gegensatz zu der Regelung bei prä- und poststationären Behandlungen, bei
denen die erbrachten Prozeduren bei der (Neu-)Kalkulation der zugehörigen DRGPauschale berücksichtigt werden (§ 1 Abs. 6 FPV 2007), weiterhin fehlende Berücksichtigung von teilstationär erbrachten Leistungen ist in hohem Maße inkonsequent.
Spezialisierungen werden im G-DRG-System zunehmend über OPS-Komplexziffern
abgebildet. Viele dieser Komplexziffern enthalten Kriterien bezüglich der Behandlungsdauer. Da Komplexbehandlungen auch teilstationär über mehrere Behandlungstage erbracht werden können, sind diese bei der Abbildung der teilstationären
Behandlung im G-DRG-System zu berücksichtigen. Wird für teilstationäre Behandlungen eine tagesbezogene Falldefinition eingeführt, können die in den OPSKomplexziffern festgelegten Behandlungsdauerkriterien auf Fallebene nicht erreicht
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
37
Prüf- und Anpassungsbedarf
werden (außer ggf. durch die aufwändig zu handhabende Fallzusammenführung bei
gleicher Basis-DRG). Dennoch wird die spezialisierte Leistung erbracht.
Die derzeit gepflegte Falldefinition mit Bezug auf das Quartal ist nicht geeignet, die
Einzelkontakte einer teilstationären Behandlung zu einer sinnvollen Episode auf Fallebene zusammenzufügen. Es wäre eher zu befürchten, dass eine quartalsbezogene
Falldefinition Fehlsteuerungen (z. B. Verschiebung Behandlungsbeginn auf nächsten
Quartalsanfang) auslöst, wie sie bereits in anderen Sektoren beobachtet werden
können.
Im G-DRG-System 2007 ergeben sich weiterhin Probleme durch die teilstationäre
Behandlung bei spezialisierten Leistungserbringern (z. B. Geriatrie, Schmerzbehandlung, Rheumatologie). So werden in Kliniken, die auch tagesklinische Plätze vorhalten, Komplexbehandlungen häufig kombiniert voll- und teilstationär erbracht. Im
Gegensatz zu vor- und nachstationären Leistungen, können teilstationäre Prozeduren jedoch wie oben beschrieben, auch wenn sie nicht gesondert abgerechnet
werden dürfen, nicht bei der Gruppierung berücksichtigt werden. Aufgrund der in den
Komplexziffern festgeschriebenen Behandlungsdauerkriterien kann somit bei der
kombinierten Leistungserbringung, die für die Kodierung der OPS-Komplexziffer notwendige Mindestbehandlungsdauer (im vollstationären Bereich) nicht erreicht und
damit auch nicht bei der Gruppierung berücksichtigt werden. Nichtsdestotrotz wurde
die spezialisierte Leistung erbracht. Durch diese Situation wird der Anreiz gesetzt,
auf Seite der Krankenhäuser die akutstationäre Behandlung möglichst bis zum
Erreichen der Mindestbehandlungsdauer „auszureizen“ und auf Seiten der Krankenkassen die akutstationäre Verweildauer im Sinne einer sekundären Fehlbelegungsprüfung verstärkt zu hinterfragen. Da die Leistung zweifelsohne erbracht wurde, sind
diese Anreize durch eine sachgerechte Vergütung zu vermeiden. Eine Lösung kann
allerdings nur im Gesamtkonzept der Vergütung teilstationärer Leistungen gefunden
werden.
4.3
Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf zur DRG-Kostenkalkulation
Durch höhere Anforderungen an die Methodik der Kostenkalkulation in den
Krankenhäusern und durch verschärfte Plausibilitätsprüfungen der Kalkulationsdaten
durch das InEK konnte die Qualität der DRG-Kostenkalkulation für das System 2007
weiter verbessert werden. Mit dem Fokus auf eine sachgerechtere Verrechnung der
Infrastrukturkosten und der Personalkosten im Rahmen der DRG-Kostenkalkulation
für das Kalkulationsjahr 2007, ist mit einer Fortsetzung dieses Trends für das GDRG-System 2008 zu rechnen. Dennoch bleiben weiterhin folgende methodische
Probleme der Kalkulation bestehen:
38
-
Undifferenzierte Kostenzuordnungen
-
Kalkulationsunschärfen durch Fehler in der Äquivalenzziffern
gestützten Kalkulation in den Krankenhäusern
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
-
Abbildung der Fallzusammenlegungsregelungen
-
Einhaus-Kalkulationsmodell
-
Abbildung von Kostenausreißern in der DRG-Kalkulation
4.3.1 Undifferenzierte Kostenzuordnungen
Auf die grundsätzlichen Probleme der undifferenzierten Kostenzuordnung für Leistungen unterschiedlicher Berufsgruppen bei fehlender Leistungsdokumentation in
Funktionsbereichen und auf Stationen wurde in den Vorgutachten (2006: Kapitel
4.3.4, 2005: Kapitel 5.2) bereits ausführlich eingegangen. Einzuschließen ist die z. T.
unzureichende Verrechnung der Infrastrukturkosten, wie Gebäude-, Energie- und
Verwaltungskosten. Im Ergebnis können Leistungsunterschiede nicht adäquat in den
Kosten und den daraus abgeleiteten Bewertungsrelationen widergespiegelt werden.
Durch konsequente Steigerung des Anspruches an die verursachungsgerechte
Verrechnung der Kosten in den Krankenhäusern ist hier in den kommenden Jahren
mit einer weiteren Verbesserung der Kalkulationsqualität zu rechnen.
4.3.2 Kalkulationsunschärfen durch Fehler in der Äquivalenzziffern gestützten
Kalkulation in den Krankenhäusern
Erneut konnten viele Kalkulationsdatensätze den Plausibilitätsprüfungen durch das
InEK nicht standhalten. Die notwendigen Bereinigungen führten zu einer Reduktion
der ursprünglichen Datenbasis von 4.239.635 Datensätzen auf 2.863.115 (-22 %). 38
Krankenhäuser (14%) mussten komplett von der Kalkulation ausgeschlossen
werden. In diesem Zusammenhang wurde bereits in den Vorgutachten dargestellt,
dass für die Weiterentwicklung des G-DRG Systems die Bereinigung der Kalkulationsdaten um unplausible Fälle dringend notwendig ist. Dabei ist aufgrund der
großen Datenbasis davon auszugehen, dass die Kalkulationsqualität unter dem
Ausschluss der unplausiblen Fälle nicht leidet.
Dennoch ist zu beachten, dass auch bei Ausschluss der als unplausibel erkannten
Fälle nicht sichergestellt werden kann, dass die verbleibenden, als plausibel
eingestuften Fälle, tatsächlich sachgerecht kalkuliert wurden. Abhängig von der Art
der in den Krankenhäusern aufgetretenen Fehler können große Verzerrungen in den
Kalkulationen entstehen, die auf das Äquivalenzziffern gestützte Kalkulationsverfahren zurückzuführen sind. Die Fehlbewertung eines Falles kann dabei automatisch
zu einer Fehlbewertung aller anderen Fälle, die Leistungen aus dem entsprechenden
Kostenbereich erhalten haben, führen, da im Rahmen der Kalkulation die
Gesamtistkosten auf die Fälle verrechnet werden. Ist ein Fall überbewertet, fehlen
diese Kosten bei anderen Fällen, die aber mangels besonderer Auffälligkeiten in der
Kalkulationsstichprobe verbleiben. Fehlbewertungen geringen Ausmaßes haben
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
39
Prüf- und Anpassungsbedarf
dabei keinen signifikanten Einfluss auf die Gesamtkalkulation im Krankenhaus und in
der InEK-Kalkulation. Größere Abweichungen können aber zu erheblichen Verzerrungen in der Kalkulation führen, die auch in der Kalkulation der Bewertungsrelationen zu Fehlern führen können; insbesondere dann, wenn DRGs mit kleiner
Fallzahl von den Fehlern betroffen sind (z. B. komplexe Fallkonstellationen, die
vorrangig in spezialisierten Abteilungen auftreten).
4.3.3 Kalkulatorische Berücksichtigung der Fallzusammenführung
Die jährlichen Anpassungen des G-DRG-Systems haben auch Einfluss auf die durch
die Fallpausschalenverordnung vorgegebenen Fallzusammenführungsregelungen
(§§ 2 und 3 FPV). Da sich die Fallzusammenführungsregeln an den DRG-Gruppierungsergebnissen orientieren (obere Grenzverweildauer, gleiche Basis-DRG oder
Partitionswechsel), können Änderungen des G-DRG-Algorithmus dazu beitragen,
dass vormals zusammenzufassende Aufenthalte im G-DRG-System 2006 im System
2008 nicht mehr zusammengefasst werden müssen.
Derzeit stellen die Kalkulationshäuser dem InEK die zusammengefassten Fallkostendaten nach den im jeweiligen Datenjahr vorgegebenen Regeln zur Verfügung. Die
zusammengelegten Aufenthalte der Patienten des Datenjahres 2006 stellen damit
die Grundlage für die Kalkulation des G-DRG-Systems 2008 dar. Folglich werden die
Kosten der zusammengefassten Aufenthalte der DRG-Kalkulation zugrunde gelegt,
obwohl eigentlich die Kosten jeder einzelnen Behandlungsepisode berücksichtigt
werden müssten. Hieraus tritt eine nicht abschätzbare Verfälschung der Kalkulationsergebnisse auf, deren Auswirkung auf das System an Daten aus Krankenhäusern
geprüft werden sollte, die zuverlässig die nicht zusammengelegten Fälle exportieren
können. Einige Krankenhausinformationssysteme erlauben keine nachträgliche
datentechnische Wiederauftrennung zuvor zusammengefasster Behandlungsepisoden einzelner Patienten. Auch wenn es aus kalkulatorischer Sicht grundsätzlich sinnvoll erscheint, die Kalkulationsdaten differenziert aus den Krankenhäusern abzufragen, wird kurzfristig die Forderung, dass alle Kalkulationshäuser die Kosten der
nicht zusammengeführten Behandlungsfälle dem InEK zur Verfügung stellen, nicht
realisiert werden.
Vor dem Hintergrund, dass eine Überarbeitung der Abrechnungsregelungen zu den
Fallzusammenführungen notwendig ist (s. auch Kapitel 4.2.1), sollte die Möglichkeit
der differenzierten Kalkulation und Datenlieferung geprüft werden und die Kalkulationshäuser frühzeitig auf die ggf. neuen Anforderungen an die Kalkulationsdaten
hingewiesen werden. Mit der Erweiterung des §-21-Datensatzes um die Kennzeichnung des Zusammenlegungsgrundes wird die oben beschriebene Problematik
nicht gelöst. Sinnvoll wäre es hingegen, eine einfache administrative Regelung zur
Fallzusammenlegung zu finden, die auch bei der Kalkulation nachvollzogen werden
kann.
40
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
4.3.4 Einhaus-Kalkulationsmodell
Das Einhaus-Kalkulationsmodell, bei dem die Kostendaten aus allen Fallkosten
liefernden Krankenhäusern zusammengeführt und ohne weitere Differenzierung nach
Versorgungsstufen und Spezialisierungen zur Berechnung der Bewertungsrelationen
verarbeitet werden, war auch Grundlage für das G-DRG-System 2007. Lediglich die
Schaffung neuer Komplexkodes, z. B. für die neurologische Komplexbehandlung
oder die intensivmedizinische Komplexbehandlung und deren Berücksichtigung im
Gruppierungsalgorithmus, haben für diese bestimmten Bereiche dazu beigetragen
auch Leistungs- und Kostenunterschiede, die auf unterschiedliche Strukturen in den
Krankenhäusern zurückzuführen sind, in der Weiterentwicklung des DRG-Systems
zu berücksichtigen. Für die meisten Bereiche gilt aber weiterhin, dass abhängig von
der Zusammensetzung der Stichprobe einer DRG und der Dominanz bestimmter
Versorgungsstufen oder Spezialisierungen die berechnete Bewertungsrelation in die
eine oder andere Richtung verfälscht werden kann. Wird die Stichprobe einer G-DRG
durch ein weniger komplexes Patientenspektrum bestimmt, resultiert eine Bewertungsrelation für den Standardfall, die in Bezug auf komplexere und vorrangig (aber
nicht ausschließlich) in Krankenhäusern höherer Versorgungsstufe behandelte Fälle
zu gering ist. Umgekehrt gilt, dass als Folge des Modells Standardfälle auch überbewertet werden können. Besonders problematisch kann die Anwendung der EinhausKalkulationsmethodik im Zusammenhang mit der Abbildung von hochspezialisierten
Leistungen sein, die bundesweit nur wenige Fälle in einer kleinen Anzahl von
Behandlungszentren betrifft. Diese wenigen Fälle gehen in der Masse aller Behandlungsfälle unter und nehmen damit nur einen geringen oder keinen Einfluss auf die
Kalkulation der Bewertungsrelationen.
Abbildungsprobleme der Spezialisierungen im G-DRG-System werden z. T. erst
durch interklinische Vergleiche von Verweildauern und/oder Kostendaten ergänzt
durch Subgruppenanalysen sichtbar. Werden hierbei Auffälligkeiten gefunden, kann
häufig die weitere Analyse der Morbiditätsdaten auf Fallebene klären, ob die Unterschiede zwischen den Kliniken allein auf ein unterschiedliches Behandlungsmanagement anscheinend gleicher Fälle oder auf unterschiedliche Fallspektren innerhalb der
untersuchten G-DRG-Fallgruppe zurückzuführen sind. Die alleinige Betrachtung der
Kostenhomogenität einer G-DRG als Kriterium der sachgerechten Abbildung greift
daher zu kurz. Erst ein Abrücken von diesem „Einhaus-Modell" und die Durchführung
interklinischer Vergleiche bietet die Möglichkeit, Differenzen im Fallspektrum und in
der Behandlungsleistung darzustellen und sachgerecht zu bewerten.
4.3.5 Kostenausreißer
Ein Teil der im Krankenhaus behandelten Patienten mit extrem hoher Leistungsdichte, Mehrfachleistungen und/oder einer sehr langen Verweildauer weisen im
Vergleich zu Standardfällen deutlich höhere Fallkosten auf. Häufig misslingt die Kompensation der Unterdeckung dieser Kostenausreißer durch andere, entsprechend
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
41
Prüf- und Anpassungsbedarf
überbewertete Fälle in den betroffenen G-DRGs. Kumulieren derartige Fälle in einem
Krankenhaus, können sich die Erlösausfälle auf eine Summe in mehrstelliger
Millionenhöhe summieren.
Eine vollständig sachgerechte Abbildung der Aufwände und der daraus resultierenden Kosten über spezifische G-DRGs und Zusatzentgelte erscheint trotz konstruktiver Lösungsansätze (z. B. Berücksichtigung intensivmedizinischer Aufwandspunkte, Prozedurenfunktionen „Mehrzeitige Eingriffe“, etc.) unwahrscheinlich. Es ist
zu erwarten, dass ein diffuser, häufig von der Versorgungsstruktur bzw. Versorgungsstufe abhängiger Rest verbleibt, der sich im pauschalierenden System nicht
sachgerecht abbilden lässt. Dieser lässt sich zwar qualitativ auf der Ebene einzelner
Leistungen beschreiben, ist aber wegen der Vielzahl der möglichen Fallkonstellationen kaum über pauschalierte Fallgruppen darstellbar, wenn die Komplexität des
Gesamtsystems nicht überfordert werden soll. Häufig gehen diese Fälle in der Masse
der Kalkulationsdaten unter, so dass sie, soweit sie im Rahmen der Kostenbereinigungen des InEK nicht ohnehin ausgeschlossen werden, keinen bzw. nur
geringen Einfluss auf die Mittelwertbildung der Fallkosten einer G-DRG nehmen
können.
Schwerpunktmäßig hat das InEK für das G-DRG-System 2007 besonders auch nach
Abbildungsmöglichkeiten für Kostenausreißer gesucht. Durch Integration weiterer
Differenzierungsmerkmale im G-DRG-Systems, wie z. B. Prä-Transplantationsaufenthalte, aufwandsgerechte Kalkulation von Langliegerzuschlägen, aber auch weitere
Öffnung der Dosisklassenobergrenzen von Zusatzentgelten für Arzneimittel (z. B.
polyvalente Immunglobuline) sowie Schaffung neuer Zusatzentgelte konnte für einen
Teil der Fälle eine sachgerechtere Abbildung hergestellt werden. Dennoch erscheint
eine vollständige, systemimmanente Abbildung der Kostenausreißer im G-DRGSystem unwahrscheinlich.
In den Vorjahresgutachten wurde bereits darauf hingewiesen, dass bevorzugt in
Häusern der höchsten Versorgungsstufe ein höherer Anteil besonders komplexer
Fälle zu finden ist, deren Behandlung auf Grund einer sehr hohen Leistungsdichte
(besondere Diagnostik, Mehrfacheingriffe etc.) und/oder auf Grund einer langen Verweildauer so hohe Kosten produziert, dass sie mit den G-DRGs und Zusatzentgeltvergütungen nicht adäquat refinanziert werden können. Analysen von Universitätskliniken3 haben gezeigt, dass sich Kostenausreißer nahezu in allen G-DRGs finden,
wenn auch Häufungen zumindest in bestimmten MDCs zu beobachten sind und
teilweise eine Überschneidung mit den Langliegern haben. Häufig zeichnen sich
diese Fälle aber auch dadurch aus, dass die grundsätzliche Diagnose- und Prozedurendokumentation sich von anderen Fällen in der G-DRG nicht unterscheidet. Im
Vergleich zu Krankenhäusern anderer Versorgungsstufen lastet somit auf Häusern
hoher Versorgungsstufe und Krankenhäusern mit hohem Spezialisierungsgrad ein
systematisch höheres Kostenrisiko.
3
Tecklenburg A., Schaefer O., Bömeke C., (2006), Separate Vergütung für Patienten mit ExtremKosten. "Es wäre fatal abzuwarten, bis das DRG-System perfekt ist", f&w, 2:148-152
42
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
Es muss kurzfristig eine alternative Lösung zur Refinanzierung der Kostenausreißer
gefunden werden, um Fehlsteuerungen im Gesundheitswesen zu vermeiden. Gesonderte Basisfallwerte, besondere Zusatzentgelte etc. werden in diesem Kontext
diskutiert. Es ist dabei zu beachten, dass an die Versorgungsstufe gekoppelte Basisfallwerte alle Leistungen in den betroffenen Krankenhäusern systematisch verteuern,
wodurch ein deutlicher Wettbewerbsnachteil für diese Krankenhäuser entsteht.
Insbesondere wenn das G-DRG-System als Preissystem verwendet werden soll, ist
eine vertiefte Auseinandersetzung und Lösung des Problems dringend notwendig.
Nur so wird sicherzustellen sein, dass die Versorgung auch dieser komplexen
Behandlungsverläufe weiterhin auf hohem Niveau erfolgen kann.
Die eingeführte systematische Überprüfung der Kostenausreißer durch das InEK
sollte mit dem Ziel ausgebaut werden, Gemeinsamkeiten dieser Fälle zu demaskieren (z. B. Gesamtverweildauer, Intensivverweildauer, Anwendung teurer Verfahren, Mehrfacheingriffe, Anwendung hochteurer Medikamente etc.). Aus den
Ergebnissen einer solchen Analyse lässt sich evtl. ein modulares System der
Leistungsbewertung ableiten, nachdem die über OPS-Kodes und andere Variablen
identifizierten Einzelleistungen innerhalb der gesamten Behandlungskette bewertet
und zur Ermittlung der „Gesamtkosten“ herangezogen werden können.
4.4
Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf zu zusatzentgeltfähigen Leistungen
Die Anzahl der Zusatzentgelte wurde im G-DRG-System 2007 auf 105 Zusatzentgelte (ZE) erhöht. Bundeseinheitlich bewertet wurden 59 (+19) Zusatzentgelte, 46
(+4) müssen krankenhausindividuell vereinbart werden. Damit setzt sich der Trend
der moderaten Steigerung zusatzentgeltfähiger Leistungen fort. Angesichts der
großen Anzahl neu beantragter neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
nach § 6 Abs. 2 KHEntgG (NUB) ist auch in den kommenden Jahren mit einem
leichten Anstieg der Zusatzentgeltanzahl zu rechnen. Gleichzeitig wird es aber auch
möglich sein, einzelne bereits etablierte Zusatzentgelte wieder zurück in den DRGBereich zu verlagern. Dies gelang 2006 für Implantationen von Tumorendoprothesen
sowie für Hirnstimulatoren und 2007 für Stentgraft-Prothesen. Insbesondere für
zusatzentgeltfähige Implantate ist zukünftig damit zu rechnen, dass eine Übertragung
in den DRG-Bereich möglich sein wird. Am Beispiel des Hormons rh-TSH wird
deutlich, dass auch Arzneimittel unmittelbar als gruppierungsrelevante Variable im GDRG-Algorithmus verwendet werden können. Dieses Hormon wird ausschließlich im
Bereich der nuklearmedizinischen Schilddrüsentherapie und Nachsorge verwendet
und bietet sich durch den eindeutigen Bezug zu drei Basis-DRGs unmittelbar als
Gruppierungsvariable an. Auf die Einrichtung eines Zusatzentgeltes für dieses
Arzneimittel konnte damit verzichtet werden.
Grundsätzlich hat sich die jährliche Prüfung potentieller ZE-Leistungen durch das
InEK analog zur Prüfung der Abbildung veränderter oder neuer Leistungen durch GDRG-Fallpauschalen bewährt. Hinweise auf potenziell zusatzentgeltfähige Leis-
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
43
Prüf- und Anpassungsbedarf
tungen werden durch die Einbindung des medizinisch wissenschaftlichen Sachverstands im Rahmen des Vorschlagsverfahrens zur Weiterentwicklung des G-DRGSystems gewonnen. Darüber hinaus bietet das Verfahren zur Prüfung neuer
Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 6 Abs. 2 KHEntgG für das Jahr
2007 weitere differenzierte Hinweise auf mögliche zusatzentgeltfähige Implantate,
Arzneimittel und Verfahren.
4.4.1 Abbildung aufwändiger diagnostischer Maßnahmen im G-DRG-System
Schwerpunktmäßig wurden Zusatzentgelte bislang für therapeutische Verfahren eingerichtet. Einzige Ausnahme für eine zusatzentgeltfähige diagnostische Leistung
stellt die „Komplexe Diagnostik bei hämatologischen und onkologischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen“ dar.
Die sachgerechte Abbildung weiterer sehr aufwändiger diagnostischer Maßnahmen
im G-DRG-Algorithmus erscheint aufgrund der Streuung über viele Fallgruppen, also
eines fehlenden unmittelbaren DRG-Bezugs der entsprechenden Leistungen, nicht
möglich. Hier sind beispielhaft insbesondere bildgebende diagnostische Verfahren zu
nennen, wie z. B. PET, PET-CT und SPECT Untersuchungen, aber auch aufwändige
Laborleistungen, wie molekulargenetische Untersuchungen oder die fetale Pathologie. Diese Leistungen werden nur in einem Teil der Krankenhäuser angeboten und
verteuern dort die Krankenhausleistungen z. T. erheblich ohne adäquate Abbildung
im G-DRG-System.
In der Diskussion um die Abbildung diagnostischer Maßnahmen im G-DRG-System
als DRG-gruppierungsrelevante Variablen oder als Zusatzentgelte wird häufig auf die
Anreizwirkung zur Leistungsausweitung hingewiesen. Ungeachtet dieser Diskussion
darf aber nicht übersehen werden, dass die Leistungen bislang nicht sachgerecht im
G-DRG-System abgebildet sind. Erscheint eine Berücksichtigung der Leistungen im
G-DRG-System aufgrund der fraglichen Anreizwirkung nicht möglich, ist über alternative Vergütungsformen, die z. B. die Vorhaltekosten für diese Bereiche pauschal, ggf.
ohne Leistungsmengenbezug abdecken, nachzudenken. Derzeit werden bestimmte
Fallkollektive noch zur Durchführung spezieller Differenzialdiagnostik Krankenhäusern zugewiesen, die diese diagnostischen Möglichkeiten vorhalten. Es besteht
daher eine Schieflage in Bezug auf die Erbringung aufwändiger diagnostischer
Leistungen.
4.4.2 Medikamente bei teilstationären Fällen und Einbelegungstag-DRGs
Im Kapitel 4.8.2.3 wird auf die Abbildungsproblematik der Arzneimittelkosten bei
teilstationärer Behandlung hingewiesen. Danach sollten Arzneimittel grundsätzlich
nicht Bestandteil der pauschalen Vergütung von teilstationären Leistungen und
Einbelegungstag-DRGs sein. Je nach Spezialisierung auf bestimmte Subgruppen
innerhalb einer Einbelegungstag-DRG können allein die Kosten der medikamentösen
44
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
Therapie die Erlöse pro Fall deutlich übersteigen. Da die Kosten der Arzneimittel
gerade in den onkologischen Einbelegungstag-DRGs zu erheblichen Kostenvarianzen führen, kann eine sachgerechte Finanzierung nur erfolgen, wenn die
Kosten der Arzneimittel über arzneimittelbezogen festzulegende Schwellenwerte
hinaus über ein Zusatzentgelt finanziert werden.
4.4.3 Problem unterschiedlicher Erlösausgleiche und unterschiedlicher
Quoten für Budgetanpassung bei prospektiv vereinbarter Leistungsmengenänderung
Es existieren bundeseinheitlich bewertete Zusatzentgelte, die dem Erlösbudget nach
§ 4 KHEntgG zuzuordnen sind, nicht bewertete, für jedes Krankenhaus individuell zu
vereinbarende Zusatzentgelte, die dem Budget § 6 Abs. 3 KHEntgG zugeordnet
werden sowie Zusatzentgelte für Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
(NUB) nach § 6 Abs. 2 KHEntgG. Für jeden der genannten Bereiche existieren
unterschiedliche Erlösausgleiche und unterschiedliche Quoten für Budgetanpassung
bei prospektiv vereinbarter Leistungsmengenänderung. Auch innerhalb der Budgetbereiche existieren für unterschiedliche Leistungsgruppen unterschiedliche Ausgleichsquoten bei Über- oder Unterschreitung der vereinbarten Leistungsmengen
bzw. prospektiver Vereinbarung von Leistungsmengenänderungen4. Beispielsweise
werden Mehrleistungen bei bundeseinheitlich bewerteten Zusatzentgelten für Arzneimittel und Medikalprodukte zu 25% (75% der Erlöse verbleiben im Krankenhaus)
ausgeglichen, alle anderen bundeseinheitlich bewerteten Zusatzentgelte zu 65%
(35% der Erlöse verbleiben im Krankenhaus). Die Erlösausgleiche für nicht bewertete
Zusatzentgelte richten sich nach den Vorgaben der Bundespflegesatzverordnung,
NUB-Entgelte unterliegen keinem Ausgleich.
Es ist nicht auszuschließen, dass die unterschiedlichen Erlösausgleichsmechanismen und die unterschiedlichen Quoten zur Budgetanpassung bei prospektiv vereinbarter Leistungsmengenänderung – insbesondere bei Medikamente und Medikalprodukten – in Einzelfällen zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen konkurrierenden
Maßnahmen bzw. Produkten beitragen können. Abhängig von der Ausschöpfung der
vereinbarten Budgetbereiche existiert die Möglichkeit bei konkurrierenden Maßnahmen bzw. Produkten, z. B. Arzneimittel mit gleichen Indikationsbereichen, gezielt
die zusatzentgeltfähigen Leistungen auszuwählen, die für das Krankenhaus zu
günstigeren Erlösausgleichen führt. Gleiches gilt für die Bewertung einer prospektiv
vereinbarten Leistungsmengenänderung, die bei bewerteten Zusatzentgelten für
Arzneimittel und Medikalprodukten bei Leistungssteigerung zu einer vergleichbar
höheren Budgetanpassung führen kann als eine Leistungssteigerung eines konkurrierenden zusatzentgeltfähigen Produktes, das bundeseinheitlich nicht bewertet
4
Tuschen K.H., Braun T., Rau F., Erlösausgleiche im Krankenhausbereich: Eine Orientierungshilfe,
das Krankenhaus (2005), 11:955-960
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
45
Prüf- und Anpassungsbedarf
wurde. Diese Strategien lassen sich selbstverständlich nur bei Produkten oder
Verfahren anwenden, die entsprechende Pendants im Bereich anderer Budgetbereiche aufweisen, so dass hiervon nur ein kleiner Teil der Zusatzentgelte betroffen
ist. Dennoch sollte bei der Weiterentwicklung des G-DRG-Systems darauf geachtet
werden, dass konkurrierende Verfahren und Produkte möglichst in gleichen Budgetbereichen aufgeführt werden, um Wettbewerbsverzerrungen durch unterschiedliche
Ausgleichsquoten zu vermeiden. Darüber hinaus sollten zur Vermeidung von
Wettbewerbsverzerrungen als Folge der Systemanpassung bei der Betrachtung von
Zusatzentgeltkandidaten, wenn möglich, auch Wettbewerbsprodukte berücksichtigt
werden.
Darüber hinaus ist der Gesetzgeber aufgefordert, die Erlösausgleiche den Anforderungen an ein Preissystem anzupassen (s. Kapitel 4.1.1.2).
4.4.4 OPS-Definition von zusatzentgeltfähigen Leistungen
Abgesehen von der regelmäßigen Überprüfung potenziell zusatzentgeltfähiger
Leistungen ist bei der Überarbeitung des Zusatzentgeltkataloges auch auf Auswirkungen der Änderungen auf die Abrechnungspraxis und die Vorbereitung der
Leistungs- und Entgeltverhandlungen zu achten. Voraussetzung für die Kalkulation
und Abrechnung von zusatzentgeltfähigen Leistungen ist die korrekte Erkennung der
Zusatzentgelte aus dem § 301-Datensatz. Damit Zusatzentgelte kalkulatorisch aber
auch abrechnungstechnisch aus dem § 301-Datensatz abgeleitet werden können,
müssen spezifische OPS-Schlüssel für die Verwendung von Zusatzentgelten eingesetzt werden.
Das Fehlen entsprechender OPS-Kodes für die Zusatzentgelte „Fremdbezug von
hämatopoetischen Stammzellen“ und „Gabe von Anti-Human-T-LymphozytenImmunglobulin“ erschwert die Dokumentation und Abrechnung der Leistungen in den
Krankenhäusern und die Rechnungsprüfung der Krankenkassen. In Krankenhäusern
muss mit erheblichem Aufwand nachgehalten werden, welcher Patient mit entsprechenden zusatzentgeltfähigen Leistungen versorgt wurde. Dies erfolgt außerhalb der
gesetzlich vorgegebenen Klassifikationen mit Hilfe von Parallelsystem, die im
Krankenhaus individuell eingesetzt werden. Sofern aufgrund fehlender Informationen
eine OPS-Differenzierung, z. B. nach Dosisklassen für Arzneimittel, nicht möglich ist,
sollte zur Identifikation der Leistungen zumindest ein undifferenzierter Indikatorkode
im OPS-Katalog aufgenommen werden, der anzeigt, dass die Leistung erbracht
wurde. Diese Form der Indikatorkodes wurde 2007 bereits für einige NUB-Leistungen
im OPS eingeführt.
46
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
4.4.5 Auswirkungen von Dosisklassenänderungen auf die Vorbereitung der
Leistungs- und Entgeltverhandlungen
Dosisklassenänderungen bei Zusatzentgelten, die bereits im Vorjahr etabliert waren,
können im Rahmen der Vorbereitung der Leistungs- und Entgeltverhandlungen zu
Problemen führen. Als Grundlage für die Leistungs- und Entgeltverhandlungen
müssen die Vorjahresvereinbarungen auf das weiterentwickelte G-DRG-System
übergeleitet werden. Dies erfordert auch die Überleitung der zusatzentgeltfähigen
Leistungsmengen je Dosisklasse eines Arzneimittels. Abhängig von der technischen
Organisation der Dokumentation zusatzentgeltfähiger Arzneimittel können zur korrekten Überleitung Aktenprüfungen notwendig werden. Sofern die applizierten
Mengen im Krankenhaus elektronisch erfasst werden, ist eine weitestgehend automatisierte Überleitung der Vorjahresvereinbarung möglich. Da nur ein Teil der
Krankenhäuser über eine durchgängige elektronische Dokumentation der Arzneimittelverbräuche verfügt, ist für viele Krankenhäuser eine detaillierte Überleitung der
Vorjahresvereinbarung mit erheblichem Aufwand verbunden. Dosisklassenänderungen sollten deshalb nur sehr zurückhaltend umgesetzt werden. Gleichzeitig ist
dabei aber auch zu beachten, dass Dosisklassenänderungen – insbesondere im
Rahmen der Diskussion um Extremkostenfälle – zu einer sachgerechteren Abbildung
dieser Fälle beitragen können.
4.5
Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf der ICD-10/OPS-Klassifikation
4.5.1 Weiterentwicklung der ICD-10-GM
Die Änderungen der ICD-10-GM-Klassifikation für 2007 waren marginal. Anpassungsvorschläge werden durch das DIMDI sehr restriktiv umgesetzt. Ohne Nachweis der dringenden Notwendigkeit für die Weiterentwicklung des G-DRG-Systems
und Beleg durch Kostendaten/-abschätzungen haben Änderungsanträge – häufig mit
Verweis auf die Vorgaben der WHO – kaum Aussicht auf Erfolg. Im Hinblick auf die
erhebliche Verzögerung der Abbildung von diagnosebezogenen Besonderheiten im
G-DRG-System bei fehlenden Attributen und dem im Gegensatz zu Prozeduren
fehlenden direkten Kostenbezug von Diagnosen erscheint es zielführender, bei
plausiblen Anpassungsvorschlägen eine zügige Umsetzung anzustreben.
4.5.2 Weiterentwicklung des OPS
Die Beschränkungen der Weiterentwicklung bei der ICD-10-GM durch die vorgegebene Grundstruktur der WHO existieren beim OPS nicht. Auch besteht ein direkterer
Kostenbezug, dessen Nachweis bei der Weiterentwicklung eingefordert werden
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
47
Prüf- und Anpassungsbedarf
kann. Aus diesem Grund hat der OPS in den letzten Jahren deutlichere Weiterentwicklungen erfahren als die ICD-10-GM.
Die Probleme, die durch die Trennung in einen amtlichen und einen optionalen
Erweiterungskatalog in den letzten Jahren entstanden sind, dürften mit der geplanten
Aufgabe der Trennung behoben werden.
Zur systemimmanenten Abbildung von Struktur- und Prozessqualität im G-DRGSystem werden zunehmend OPS für Komplexbehandlungen konzipiert und als
Attribute für G-DRG-Definitionen verwendet (siehe auch 4.7.7 auf Seite 62).
In Anbetracht dessen, dass keine „Türschildmedizin“ betrieben werden soll, erscheint
es nicht zweckmäßig, die Kodierung der OPS-Komplexziffern an den Strukturen
selbst fest zu machen, sondern diese bei Erfüllung der Kriterien kodierbar zu halten.
In den Krankenhäusern kodieren aktuell überwiegend die behandelnden Ärzte,
denen es nicht zumutbar ist, die konkrete Auswirkung der Auswahl eines Kodierprinzips (z. B. Neurologische Komplexbehandlung vs. intensivmedizinische Aufwandspunkte) zu kennen. Daher ist es nicht sinnvoll, nur eine alternative Kodierung
zuzulassen. Insbesondere auch deshalb, weil die Vergütungshöhe abhängig von
erreichten Grenzwerten (z. B. Aufwandspunkten) ist, die bei der Entscheidung für
einen OPS noch gar nicht abgeschätzt werden können. Auch wenn es bedauerlicherweise mit vermehrtem Dokumentationsaufwand verbunden ist, sollte daher die
parallele Kodierung der Komplex-OPS zugelassen und über Hinweise zu den OPS
eindeutig legitimiert werden. Bei OPS, die (noch) eindeutige Hierarchiestufen darstellen, wie z. B. die OPS-Kategorien 8-981 und 8-98b, sollte die parallele Kodierung
durch Exklusiva explizit ausgeschlossen werden.
4.5.3 Problem von Kodieralternativen
Die zunehmenden Erfahrungen mit der G-DRG-Echtabrechnung zeigen, dass in der
Praxis die eindeutige Überführung von klinischen Diagnosen und Behandlungen in
ICD-10-GM- und OPS-Kodes schwierig ist. Häufig existieren Kodieralternativen, die
in mehrfacher Hinsicht als ungünstig zu werten sind:
48
-
Kodieralternativen erschweren unnötig die Kodierung und die Abrechnungsprüfung und verunsichern die Kodierenden
-
Kodieralternativen erschweren die Abrechnung, wenn diese Gruppierungsrelevanz entfalten; beispielsweise in folgenden Fällen:
-
Wahl der Hauptdiagnose bei Kodieralternativen
-
Unterschiedliche CCL-Bewertung von Kodieralternativen
-
Nicht disjunkte OPS-Prozeduren
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
-
Kodieralternativen erschweren die Anpassung des G-DRG-Systems
insbesondere aus folgenden Gründen:
-
Kostenunterschiede können im „Rauschen der Kodierung“ untergehen.
-
Sie begünstigen unizentrische Effekte aufgrund eines unizentrischen
Kodierverhaltens und lokalen/MDK-spezifischen Lösungen.
-
Bei Anpassungen muss darauf geachtet werden, dass Kodieralternativen
mit berücksichtigt werden.
Wünschenswert wären eindeutige, systematische und disjunkte Klassifikationssysteme. Der Anpassung der ICD-10-GM sind jedoch Grenzen gesetzt. Die Grundsystematik wird von der WHO vorgegeben; nationale Änderungen können und sollen
nur in beschränktem Rahmen stattfinden. Ist eine Änderung der Klassifikation nicht
möglich, so dürfen Kodieralternativen keine Gruppierungsrelevanz entfalten. Der
OPS entwickelt sich im Bereich der Komplexbehandlungen strukturspezifisch weiter.
Der Ansatz der DRG-Vergütung ist jedoch primär leistungs- und kostenbezogen.
Analoge Diagnosen (Kodieralternativen) müssen, auch wenn dies nicht durch
Kostendaten gestützt werden kann, normativ den gleichen Schweregrad im CCLSystem erhalten oder als Hauptdiagnose in die gleiche G-DRG führen. Ein rein
datengetriebenes System kann hier nicht zum Ziel führen. Für viele Kodierprobleme
gibt es inzwischen eine „Vermeidungskodierung“ (z. B. neurogene Harnblasenfunktionsstörung). Die Chance einer datengetriebene Identifikation von wirklich abweichenden Fallkonstellationen schwindet damit zunehmend.
Nicht alle Kodieralternativen können über Anpassung des G-DRG-Algorithmus/der
CCL-Matrix gruppierungstechnisch harmonisiert werden. Insbesondere Kodieralternativen, wie sie z. B. durch Primär-Sekundär-Kodekombinationen entstehen,
können aufgrund unterschiedlicher MDC-Zuordnung nicht systemimmanent gelöst
werden. Wenn die Lösung über die Vorgabe zahlreicher Kodierrichtlinien vermieden
werden soll, so sollte die Primär-Sekundär-Kodekombinations-„Systematik“ generell
überdacht werden. Es ist nicht anzunehmen, dass in der ICD-11 die Kreuz-SternKodierung aufrechterhalten wird. Weiterhin treten Kodieralternativen häufig bei
alternativen Klassifikationsprinzipien der ICD-10 auf. Hiervon sind insbesondere die
Infektionserkrankungen (ICD-10 Kapitel I), die Geburtshilfe (ICD-10 Kapitel XV), die
Neonatologie (ICD-10 Kapitel XVI) sowie alle systemischen Erkrankungen mit lokalen
Manifestationen betroffen.
Neben einer Abbildung in den Klassifikationssystemen (ICD-10-GM/OPS) ist häufig
auch eine „Entschärfung“ des Problems durch normative Änderung von DRGDefinitionen und CCL-Matrix möglich. Für notwendige normative Entscheidungen
besitzt das InEK derzeit allerdings keinen Auftrag. Notfalls könnten Kodierprobleme
auch durch neue Kodierrichtlinien gelöst werden. Da dies jedoch die Komplexität der
Dokumentation für die behandelnden Ärzte, die aktuell in den Krankenhäusern
überwiegend die Kodierungen durchführen, erhöhen würde, sollten prioritär
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
49
Prüf- und Anpassungsbedarf
Lösungen auf Ebene der Klassifikationssysteme oder des G-DRG-Systems gefunden
werden. Zur weiteren Information verweisen wir auch auf die ausführlichen und
weiterhin gültigen Kommentierungen in den Vorjahresgutachten (Gutachten 2006
Kapitel 5.4, Seite 95 ff. und Gutachten 2005 Kapitel 5.5, Seite 157 ff.).
4.6
Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf der Deutschen Kodierrichtlinien (DKR)
Bei der Überarbeitung der Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) für 2007 standen
erneut redaktionelle Überarbeitungen und Anpassungen der DKR auf die neuen
Klassifikationssysteme (ICD-10-GM 2007 und OPS 2007) im Vordergrund. Grundlegende Probleme der ICD-10-GM sowie des OPS können mit ihnen jedoch nicht
gelöst werden. Alternative Kodierungen und Grauzonen erschweren die Schulung
von Kodierrichtlinien, erhöhen die Unsicherheit bei der Kodierung und führen bei
Erlösrelevanz fast unweigerlich zu Auseinandersetzungen, die nicht selten sozialoder zivilgerichtlich ausgetragen werden. Sind ganze medizinische Kollektive
betroffen, so kann auch die Leistungsmengenplanung beeinträchtigt werden. Auch
die Qualität der Kostenkalkulation und die Weiterentwicklung des G-DRG-Systems
werden dadurch belastet.
Es ist hilfreich, dass viele Fachgesellschaften und Verbände Kodierleitfäden publiziert haben, um so für die häufigen Fallkonstellationen in ihren Fachgebieten eine
einheitliche Kodierung zu ermöglichen. Auch die DKG und der MDK haben frühzeitig
Kodierempfehlungen veröffentlicht, die eine einheitliche Kodierung bzw. Begutachtung gewährleisten sollen. Sämtliche Kodierempfehlungen und Kodierleitfäden
stellen aber nur Interpretationen der DKR für konkrete Situationen dar und haben
keine Verbindlichkeit.
Einige DKR führen noch zu nicht sinnvollen und unspezifischen Gruppierungsergebnissen (DKR 0712a, 0912f, 1205d und 1805f). Diese sind vordringlich anzupassen, damit eine Abbildung der Behandlungsleistung spezifisch in der jeweiligen
Organ-MDC erfolgen kann. In der Regel können die Änderungen (analog zu den
Änderungen der Shuntanlage zur Dialyse für 2007) an den Kalkulationsdaten nachvollzogen werden und stellen damit kein großes Problem dar.
Auch die Kodierung in der Geburthilfe mit einer großen Anzahl von Regelungen in
den Speziellen DKR könnte noch wesentlich vereinfacht werden.
Wo immer möglich, sollte vermieden werden, dass sich durch komplizierte Kodierrichtlinien die DRG-Kodierung weiter von der medizinischen Dokumentation entfernt.
Insofern sind weiterhin insbesondere die Speziellen Kodierrichtlinien auf ihre Relevanz zu hinterfragen. Führt eine intuitive Kodierung (wie z. B. in der Geburtshilfe,
beim Diabetes mellitus oder bei den Fieberkrämpfen) häufig zu gruppierungsrelevanten Fehlkodierungen oder entfalten Kodieralternativen Gruppierungsrelevanz
(z. B. bei Erkrankungen von Neugeborenen oder Infektionserkrankungen), so ist zunächst zu prüfen, ob diese Variationen in der Gruppierung nicht durch Anpassung
50
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
des Algorithmus oder der CCL-Matrix „entschärft“ werden können. Hierzu sind jedoch
auch normative und nicht datengestützte Anpassungen notwendig. Erst als letzte
Alternative sollte die Einführung einer neuen Kodierrichtlinie erwogen werden.
Weitere notwendige Detailanpassungen der DKR wurden in den Vorgutachten
ausführlich thematisiert (Gutachten 2006 Kapitel 5.5, Seite 97 ff. und Gutachten 2005
Kapitel 5.6, Seite 169 ff.). Hierzu gehören:
-
Kodierung von Symptomen und Darstellung komplexer Krankheitsbilder über
mehrere ICD-Kodes
-
Kriterien zur Kodierung von Stern- und Ausrufezeichenkodes
-
Zeitpunkt der Kodierung (Widerspruch DKR D002f und D008b)
-
Kodierprinzipien, die nur für Hauptdiagnosen gelten
(Kodierzeitpunkt, Komplikationen, Diabetes)
-
Abgrenzung Grunderkrankung vs. Risikofaktor (z. B. pAVK bei Diabetes)
-
Keine Definition/Abgrenzung gruppierungsrelevanter Diagnosen (z. B.
entgleister Diabetes mellitus, Herzvitien)
-
Kodierung von Metastasen
-
Klarstellung wichtiger Kodieralternativen
(z. B. bei möglichen Kreuz-Stern-Kombinationen)
-
Verwendung der Perinatalen Diagnosen
-
Definition des Endes der Entwöhnung bei maschineller Beatmung
Änderungen von Kodierprinzipien sind dadurch problematisch, dass sie selten aus
den zwei Jahre alten Kalkulationsdaten antizipiert werden können. Es besteht daher
die Gefahr, dass die Werte des Fallpauschalenkatalogs für einen Zeitraum von zwei
Jahren nicht valide sind, bis die Änderung in der Kodierung in den Kalkulationsdaten
nachvollzogen werden kann. Es ist daher wichtig, dass notwendige Änderungen von
Kodierprinzipien so früh wie möglich umgesetzt werden, da nach Abschluss des
konvergenzbedingten Budgetschutzes jede kodierbedingte Erlösänderung kritisch
wäre.
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
51
Prüf- und Anpassungsbedarf
4.7
Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf bezogen auf das DRG-Klassifikationssystem
4.7.1 Einführung
Die jährliche Weiterentwicklung des G-DRG-Systems hat sich in den letzten Jahren
als sehr dynamisch erwiesen. Für viele Problemkonstellationen wurden innovative
Lösungen gefunden, die eine systemimmanente Abbildung von bislang nicht sachgerecht abgebildeten Leistungen ermöglichten.
Zur ausführlichen Erläuterung der Prinzipien und Methoden der bisherigen Systementwicklung (z. B. splittgenaue und partitionsübergreifende Abfraghierarchie, Migrationen, Kondensationen, Prozedurenfunktionen) sei auf die Vorgutachten verwiesen
(z. B. Gutachten 2006: Kapitel 5.8).
Schwerpunkt bei der Systemanpassung für 2007 war es erneut Kostenausreißer und
Outlier sachgerechter abzubilden. Neu im G-DRG-System 2007 ist die Berücksichtigung des OPS-Datums bei der Gruppierung im Sinne von mehrzeitigen Prozeduren.
So können aufwändige Fälle mit Mehrfachleistungen in eigenen G-DRGs zusammengefasst werden. Durch diese Innovation hat sich das G-DRG-System erneut einen
Schritt von seiner eindimensionalen australischen Grundlage aus weiterentwickelt.
Neben vielen weiteren Einzelanpassungen und der konsequenten Fortführung
bereits im Vorjahr begonnener Lösungsansätze (z. B. Intensivmedizin, Stroke-UnitBehandlung, OPs an mehreren Lokalisationen) wurde insbesondere die Kinderheilkunde durch viele neue Alterssplitts spezifischer abgebildet. Auch für die Behandlung
von Patienten mit multiresistenten Erregern wurden Lösungsansätze (über OPSKomplexziffern) gefunden.
Von großer Relevanz für die Systementwicklung der nächsten Jahre wird die Etablierung einer Methodik zur Überarbeitung der CCL-Matrix sein. Auch wenn die
Konsequenzen für das G-DRG-System 2007 noch relativ gering sind, dürfte bereits
für 2008 eine weitgehende Überarbeitung zu erwarten sein.
Auch externe Faktoren haben wahrscheinlich die Verbesserung der Leistungsabbildung und – bewertung gefördert. 2005 war das erste Jahr, in dem nahezu alle
Krankenhäuser unter Echtbedingungen nach DRG-Paradigmen abgerechnet haben.
Anreize der Fallpauschalierung beim Leistungserbringer (Leistungsverdichtung, Verweildauerverkürzung, Bereinigung ambulantes Potenzial, hohe Dokumentationsqualität) und Kostenträger (Kodier- und Fehlbelegungsprüfungen) spiegeln sich nun
erstmals in vollem Umfang in den Werten des G-DRG-Fallpauschalenkatalogs und
den G-DRG-Definitionen (z. B. Renaissance der PCCL-Splitts, [Grenz- ]Verweildauern, implizite Einbelegungstag-DRGs) wider. Auch die gestiegenen Anforderungen an die Qualität der Kostenkalkulationsdaten und der konsequente Ausschluss
unplausibler Daten durch das InEK, dürften mit dazu beigetragen haben, dass das G-
52
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
DRG-System 2007 nochmals einen deutlichen Fortschrittt in der Abbildungsqualität
erzielt hat.
Das InEK gibt zur Bewertung der Abbildungsqualität stets den R²-Wert der
Klassifikation an. Dieser bezieht sich auf die zwei Jahre alten Kostenkalkulationsdaten und berücksichtigt nicht neu eingeführte Attribute für die Gruppierung und
insbesondere nicht die Anreize des neuen Fallpauschenkatalogs. Als Beitrag zur
Versorgungsforschung und zur nachträglichen Bewertung der tatsächlichen Abbildungsqualität wäre es interessant, den R²-Wert der Klassifikation im Anwendungsjahr zu ermitteln, d.h. z. B. den R²-Wert des G-DRG-Systems 2006 anhand der
Kostenkalkulationsdaten 2006 um diesen mit dem R²-Wert bei Versionsentwicklung
abzugleichen und damit die Systemreife zu bewerten.
Der zu begrüßende Zugewinn an Vergütungssachgerechtigkeit wird mit einigen
Problemen erkauft, auf die im Folgenden eingegangen wird.
4.7.2 Kondensationen
Die meisten G-DRGs fassen unterschiedliche medizinische Fallspektren unter
ökonomischen Aspekten mit Hinblick auf die Gesamtkostenhomogenität zusammen
(Kondensationen). Dies ist ein Grundprinzip der DRG-Fallpauschalierung. Um die
mengenmäßige Ausweitung der G-DRG-Fallgruppen bei zunehmender Differenzierung trotzdem begrenzen zu können und um G-DRGs mit geringen Fallzahlen (aus
kalkulatorischen Gründen) zu vermeiden, werden seit 2005 vermehrt Kondensationen vorgenommen. Merkmal dieser neuen Kondensationen ist die Zusammenfassung medizinisch-inhaltlich wenig zusammenhängender Fallkollektive. Dabei
bleibt unberücksichtigt, wie sich die Sach- und Personalkosten innerhalb bestimmter
Fallkonstellationen verteilen, wenn die Gesamtkosten vergleichbar sind. Im Ergebnis
werden sachkostenlastige Fallkonstellationen mit personalkostenlastigen Fallkonstellation in einem Teil der DRGs zusammengefasst. Auch wenn dies unter Systemgesichtspunkten zulässig ist, so ist zu beachten, dass in einer dynamischen Phase weit
reichender Veränderungen der Krankenhausbehandlung, wechselnder Kalkulationskollektive und noch steigender Kodierqualität, die ökonomische Homogenität häufig
nur ein kalkulatorisches Zufallsprodukt ist. Kondensationen sind daher (wenn im
Folgejahr überprüft) nur von kurzer Lebensdauer, weil sich die zusammengefassten
Fallkollektive in Bezug auf die Kosten unabhängig entwickeln. Auch Migrationseffekte
(s. auch Kapitel 4.7.3) insbesondere bei Kondensationen von PCCL-definierten
Fallgruppen dürften die Reproduktion der Vorjahreskalkulation unwahrscheinlich
machen.
Besonders ungünstig wirken sich Kondensationen aus, wenn Fallkollektive
unterschiedlicher Fachdisziplinen oder Versorgungsstrukturen kondensiert wurden.
Es resultiert eine Schieflage, da unterschiedlich aufwändige Leistungen in einer GDRG zusammengefasst werden. Durch die „Einhauskalkulationsmethodik“ und die
einseitige Orientierung an pauschalen Homogenitätskriterien (Homogenitätskoeffi-
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
53
Prüf- und Anpassungsbedarf
zient, R²-Wert) werden diese interklinischen Homogenitäten häufig nicht offensichtlich. Für Spezialisierungen mit geringen Fallzahlen und Spezialisierungen, die sich
nicht an der G-DRG-Kostenkalkulation beteiligt haben, kann dies existenzbedrohend
werden. Als Beispiel kann die Behandlung in der Kinder- und Jugendmedizin
herangezogen werden. Immer wieder wurde von Pädiatern auf die unterschiedlichen
Ressourcenverbräuche in der Kinder- und Jugendmedizin hingewiesen. Dennoch
wurden die meisten Fälle der Kinder- und Jugendmedizin mit Fällen erwachsener
Patienten in den gleichen G-DRGs kondensiert, weil sie aufwandsähnlich waren. Die
höhere Leistungsdichte pro Tag bei Kindern wurde durch eine kürzere Verweildauer
gegenüber Erwachsenen kompensiert. Die zu beobachtende Verweildauerverkürzung bei Erwachsenen veränderte die Verhältnisse. Für 2007 wurde eine erhebliche Anzahl von neuen Altersplitts eingeführt, da sich nun an den Kostendaten aus
2005 gezeigt hat, dass deutliche Aufwandsunterschiede bestehen.
Während bei der G-DRG-Kalkulation durch das InEK regelhaft auf die Einführung von
sinnvollen Alterssplitts geprüft wird, trifft dies auf andere Kondensationen nicht zu. So
sollte nicht die Ausnahme von der Wiederaufnahmeregelung nach § 2 Abs. 1 und 2
FPV das primäre Kondensationshindernis in Abbildung 2 darstellen, sondern die
Behandlung in völlig unterschiedlichen Strukturen mit unterschiedlichen Ressourcen
und die bereits bestehenden hochkomplexen Splittkonstrukte beider Basis-DRGs, die
jährliche Migrationen und damit eine Instabilität des Systems erwarten lassen.
Abbildung 2
54
Nicht vorgenommene Kondensation für 2007 (Vortrag Dr. Heimig, Berlin, 27.09.2006)
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
Eine Höchstgrenze für die Anzahl der G-DRGs besteht nicht mehr, somit ist der
Zwang vermeidbare Kondensationen durchzuführen, nicht mehr ersichtlich.
Einige G-DRGs stellen jedoch zwangsläufig Kondensationen dar. Es handelt sich um
die Restegruppen („Andere Erkrankungen ….“: z. B. B81Z, C63Z, D66Z…), die
Fehler-DRGs und die gesamte MDC 23 (Faktoren, die den Gesundheitszustand
beeinflussen, und andere Inanspruchnahme des Gesundheitswesens). Diese GDRGs sollten regelhaft daraufhin untersucht werden, ob eine spezifischere Abbildung
und damit eine Entkondensation möglich ist. Dass die Verschiebung der Shuntanlage
für die Dialyse in die MDC 11 (Änderung der DKR 0912) letztlich aufgrund der
unklaren Kodierung für die Anlage eines Peritonealkatheters erfolgt ist und nicht
bereits aus Gründen einer sachgerechten Gruppierung (Entkondensation), ist unverständlich. Abbildung 3 zeigt, dass die unspezifische G-DRG zu nahezu 60% von
diesem Fallkollektiv dominiert wurde, was den dringenden Bedarf einer spezifischen
Abbildung verdeutlicht. Analoge Konstellationen mit geringeren Fallzahlen dürften
durch die weiterhin problematischen DKR 0712a, 0912f, 1205d und 1805f entstehen
(s. auch Kapitel 4.6).
Abbildung 3
Hauptdiagnosenprofil des G-DRG-Browsers für § 21-Daten aus 2005 (gruppiert nach
G-DRG-Version 2006), InEK
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
55
Prüf- und Anpassungsbedarf
Abbildung 4
Prozedurenprofil des G-DRG-Browsers für § 21-Daten aus 2005 [nicht
Kalkulationsdatenbrowser] (gruppiert nach G-DRG-Version 2006), InEK
Die Vergütung über G-DRGs setzt neben Anreizen zur Leistungsverdichtung und
Verweildauerreduktion auch Anreize zur Fallselektion. Werden unterschiedlich
aufwändige medizinische Fallkollektive in G-DRGs kondensiert, für die bislang keine
Schieflage der Leistungserbringung bestand, so muss dies im Jahr der Anwendung
nicht mehr der Fall sein. Leistungserbringer, die die aufwändigeren Fälle behandeln
müssen und beschränkte Möglichkeit haben, ihren Fallmix zu steuern (z. B.
Maximalversorger, Spezialkliniken) werden systematisch benachteiligt. Auch unter
diesem, zukünftig möglicherweise an Bedeutung gewinnenden Aspekt sollten
Kondensationen kritisch überprüft werden.
4.7.3 Sortierung der DRGs bei der Fallzuordnung
Auch 2007 haben die Änderungen an der Abfragehierarchie im Gruppierungsprozess
und die damit verbundene Migration von Fallkollektiven einen sehr großen Einfluss
auf die Casemixumverteilung gehabt. Die Veränderung der DRG-Zuordnungshierarchie kann dabei stärkere Einflüsse auf den Katalogeffekt in einem Krankenhaus
haben als die Umdefinition von einzelnen Fallgruppen.
Neben der Ausweitung der partitions- und splittübergreifenden Abfrage (s. Vorgutachten Kapitel 5.8.2), sind in der prä-MDC zwei neue „Bypässe“ für Fälle mit der
56
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
Implantation eines Defibrillators und Fälle mit einer Tuberkulose entstanden, die nun
auch zu einem Bruch des „MDC-Konstrukts“ führen.
Wenn auch für die sachgerechte Abbildung von Leistungen unabdingbar, gehen
auch Änderungen am Abfragealgorithmus mit einigen Problemen einher.
4.7.3.1 Verlust des Zusammenhangs zwischen medizinischem Fallkollektiv und
G-DRG
G-DRGs werden derzeit noch mit Bezeichnungen versehen, die unweigerlich zu
Assoziation mit klinischen Kollektiven führen. Nicht allen, die mit G-DRGs in
Berührung kommen, sind die komplexen Zusammenhänge, die zu einer Gruppierung
in eine spezielle G-DRG führen können, bekannt. Dies betrifft nicht nur Selbstzahler,
sondern inzwischen auch viele derjenigen, die sich professionell mit den G-DRGs
auseinandersetzen.
Ab 2007 werden konsequenterweise G-DRGs nicht mehr im Qualitätsbericht nach
§ 137 SGB V aufgeführt. Auch für die Zwecke der Leistungsplanung (krankenhaushausinterne Leistungssteuerung, Entgeltverhandlungen und Bedarfsplanung)
müssen andere Kenngrößen gefunden werden, um eine Zuordnung von medizinischen Kollektiven/Leistungskomplexen zu einem DRG-Portfolio zu erreichen5.
Die Vereinbarung zur Bestimmung von Besonderen Einrichtungen für das Jahr 2007
(VBE 2007) berücksichtigt zur Definition von spezialisierten Einrichtungen noch ein
DRG-Gerüst. Fälle mit Multipler Sklerose, Morbus Parkinson und Epilepsie streuen
hingegen zunehmend über ein größeres DRG-Portfolio (z. B. B36A/B, B61Z). Die
Definition sollte sich daher zukünftig an Diagnoseverteilungen und nicht an G-DRGs
orientieren.
4.7.3.2
Transparenzverlust
Trotz der Veröffentlichung der G-DRG-Handbücher, kann die Gruppierungshierarchie
kaum noch nachvollzogen werden. Durch die seit der G-DRG-Version 2006 gewählten „Basis-DRG-bezogenen“ Darstellung des Gruppierungsalgorithmus kann die
Abfragereihenfolge der einzelnen Splitts nur mit Mühe aufgelöst werden (s. auch
Vorgutachten 2006 Kapitel 5.8.2).
Hinzu kommt, dass viele Ein- und Ausschlüsse sich an anderer Stelle, der Handbücher „verstecken“, so z. B. in MDC-, Basis-DRG oder G-DRG-Definitionen. So wird
zwar die Basis-DRG B36 (Intensivmedizinische Komplexbehandlung bei Krankheiten
und Störungen des Nervensystems) im Abfragealgorithmus weit vor den Frühreha-
5
Roeder N., Siebers L., Frie M., Bunzemeier H., (2006), DRG-Akzeptanz verbessern. Kliniker
erreichen mit klinischen Leistungsgruppen, das Krankenhaus, 5:390-401
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
57
Prüf- und Anpassungsbedarf
bilitations-DRG (B11Z, B43Z, B42A/B) berücksichtigt, für einen Teil dieser Fälle
durch eine komplexere Basis-DRG-Definition als der Name vermuten lässt, jedoch
ein „Tunnel“ gebildet.
Die logischen Konstrukte vieler Basis-DRGs oder G-DRGs lassen sich mit menschlicher Abstraktionsfähigkeit nicht mehr nachvollziehen (s. z. B. Basis-DRG B02 oder
G-DRG B39A) und erschließen sich klinisch allenfalls durch Gruppierung größerer
Datenmengen. Die resultierende Zuordnung einzelner klinischer Kollektive zu GDRGs kann dabei durchaus überraschend sein. So ist zwar die Basis-DRG B39
(Neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls mit bestimmter Prozedur) für die Kombinationsleistung aus akuter Schlaganfallbehandlung mit einem
operativen/interventionellen Eingriff (Gefäßchirurgie, Kraniotomie, interventionelle
Radiologie) und somit zur Abgrenzung von elektiven Eingriffen gedacht, ob aber die
Zuordnung zu einem Splitt der Basis-DRG B39 oder einem Splitt der „Standard“DRGs (Basis-DRGs B02, B04, B20, …) erfolgt, kann aus medizinischer Perspektive
nicht vorhergesagt werden. Insbesondere die chirurgischen Partitionen der MDCs 01
(Nervensystem), 05 (Kreislaufsystem) und 08 (Muskel-Skelett-System und Bindegewebe) sowie die prä-MDC sind bereits hochgradig von diesen Phänomenen betroffen.
4.7.3.3
Stabilität der G-DRG-Zuordnung und der Bewertungsrelationen
Im Gegensatz zu den G-DRGs der klassischen Medizinischen Partition, definieren
sich chirurgische oder interventionelle G-DRGs in der Regel nicht exklusiv über
Hauptdiagnosen. Somit können Fälle der Definition mehrerer G-DRGs entsprechen
und der Reihenfolge der Abfrage im Gruppierungsalgorithmus kommt eine Bedeutung zu. Hinzukommen neu geschaffene G-DRGs, die hoch aufwändige Fälle in
speziellen G-DRGs zusammenfassen (z. B. Intensivmedizinische Komplexbehandlung, Mehrzeitige Eingriffe, Eingriffe an mehreren Lokalisationen, Komplexbehandlung bei Multiresistenten Erregern, etc.). Werden diese Fallgruppen wieder nach
Alter, PCCL oder anderen Kriterien gesplittet und die G-DRGs konsequent splittgenau nach der Höhe der Bewertungsrelation im Abfragealgorithmus sortiert, so
resultiert zwangsläufig ein instabiles G-DRG-System. Alleinig durch Umsortierung im
Abfragealgorithmus migrieren Fälle zwischen unterschiedlichen G-DRGs, obwohl die
Definition der DRGs unverändert blieb.
Die Fallzuordnung und G-DRG-Bewertung im InEK stellt ein iteratives Verfahren dar.
Dabei spiegeln die Bewertungsrelationen und der Abfragealgorithmus die Momentaufnahme zwei Jahre alter Kostendaten wider. Eine Reproduktion derselben Konstruktion im Folgejahr erscheint höchst unwahrscheinlich. Änderungen der CCLMatrix, neue G-DRGs, die hochaufwändige Fälle vorab im Algorithmus abfangen
(z. B. Intensivmedizinische Komplexbehandlung, Mehrzeitige Eingriffe, etc.) und
Veränderungen in der Leistungserbringung führen zu veränderten Bewertungsrelationen, veränderter Abfragehierarchie und in der Konsequenz zu erheblichen
Migrationen. Das ökonomische Ausmaß der einzelnen Migrationen kann leider
anhand der vom InEK veröffentlichten Migrationstabelle nicht nachvollzogen werden.
58
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
Für einzelne Fachabteilungen und Spezialkliniken können Migrationseffekte existenzielle Bedeutung haben. Beispielsweise werden die strahlentherapeutischen GDRGs seit 2005 relativ konsequent anhand der Bewertungsrelation in den Abfragealgorithmus integriert. Ist die Strahlentherapie die „aufwandsbestimmende“ Leistung,
so werden z. B. auch chirurgische Fälle „abgefangen“ die sonst einer später in der
Gruppierungshierarchie folgenden G-DRG zugeordnet würden. Durch andere
Anpassungen am G-DRG-System werden strahlentherapeutische G-DRGs jährlich
an anderer Abfrageposition einsortiert. Damit werden jährlich andere Fälle abgefangen, bzw. wird ein wechselnder Anteil der strahlentherapeutisch behandelten
Fälle von vorher berücksichtigten G-DRGs (hier z. B. hochkomplexe Chemotherapie,
OR-Prozeduren, etc.) abgefangen. Ohne, dass sich an den DRG-Definitionen (und
Namen) etwas ändern würde, werden andere Fallkollektive über die G-DRGs
abgebildet. Im Hinblick auf den Fokus der „Einhauskalkulation“ spielen diese
versteckten Migrationen eine untergeordnete Rolle. Da aber nicht jedes Krankenhaus
über eine strahlentherapeutische Abteilung verfügt (Schieflage der Leistungserbringung), sind diese Mischungen (Kondensationen) und Vergütungssprünge nicht
sachgerecht. Abbildung 5 zeigt die Vergütungssprünge, die für Fälle mit strahlentherapeutischen Leistungen resultieren können. Auch die Bewertungsrelationen der
restlichen G-DRGs der MDC werden natürlich anteilsmäßig über in den Kostenkalkulationsdaten enthaltene strahlentherapeutische (hier möglicherweise überrepräsentiert) Fälle mit beeinflusst. Neben den Bewertungsrelationen für Inlier, sind natürlich
auch die (Grenz-)Verweildauern sowie Zu- und Abschläge mit betroffen.
G-DRG
R05Z
R06Z
R07A
R07B
2007
2006
2005
BW R Pos. BW R Pos. BW R Pos.
Be zeichnung
Strahlentherapie bei hämatologischen und soliden Neubildungen,
mehr als 9 Bestrahlungen oder bei akuter myeloischer Leukämie,
A lter < 19 Jahre oder mit äußerst schw eren CC
Strahlentherapie bei hämatologischen und soliden Neubildungen,
mehr als 9 Bestrahlungen oder bei akuter myeloischer Leukämie,
A lter > 18 Jahre, ohne äußerst schw ere CC
Strahlentherapie bei hämatologischen und soliden Neubildungen,
w eniger als 10 Bestrahlungen, außer bei akuter myeloischer Leukämie,
A lter < 19 Jahre oder mit äußerst schw eren CC
Strahlentherapie bei hämatologischen und soliden Neubildungen,
w eniger als 10 Bestrahlungen, außer bei akuter myeloischer Leukämie,
A lter > 18 Jahre, ohne äußerst schw ere CC
Abbildung 5
6,080
4 4,719
6 4,382
3
4,061
9 3,522
14 3,415
5
2,309
20 2,729
16 3,203
8
0,921
43 1,143
38 1,327
19
„Strahlentherapeutische G-DRGs“ der MDC 17 mit Bewertungsrelation (BWR) und
Position (Pos.) im Abfragealgorithmus (R07Z/R08Z der G-DRG-Version 2005
entsprechen den G-DRGs R07A/B der Folgeversionen)
Weder für einzelne G-DRGs noch für spezielle medizinische Kollektive dürfte sich so
eine Stabilität der Bewertungsrelationen und Verweildauerwerte in den nächsten
Jahren entwickeln. Veränderungen der Kalkulationsstichprobe, der CCL-Matrix, der
Leistungserbringung, neue G-DRGs oder Splitts können über die resultierenden
Migrationen einen potenzierenden Effekt auf die Bewertung einzelner G-DRGs bzw.
medizinischer Kollektive ausüben.
Ziel sollte es sein, im G-DRG-System eine möglichst spezifische Abbildung (Deckung
medizinisches Kollektiv – G-DRG) zu erreichen. Kondensationen insbesondere von
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
59
Prüf- und Anpassungsbedarf
Fallkollektiven unterschiedlicher Fachdisziplinen sind zu vermeiden. Wo möglich
sollten Kombinationsleistungen über Zusatzentgelte (z. B. Palliativmedizin) abgebildet werden, damit G-DRG-Definitionen disjunkter werden. Würde z. B. die Strahlentherapie über Zusatzentgelte finanziert, so würde das oben genannte Problem
entschärft.
4.7.3.4
DRG-Konstrukte Basis-DRG, Partition und MDC
Durch die oben beschriebene splittgenaue Abfrage und Sortierung im Gruppierungsalgorithmus sind die DRG-Konstrukte Basis-DRG und Partition hinfällig geworden (s.
auch Vorgutachten Kapitel 5.8.2).
Den Wiederaufnahmeregeln nach § 2 Abs. 1 und 2 FPV 2007 wird damit die
inhaltliche Grundlage entzogen. Die vermehrten Fallprüfungen wegen „Beurlaubung“
dürften Folge dieser Entwicklung sein und gehen mit dem gleichen Konfliktpotenzial
einher wie die ebenfalls nicht administrative Fallzusammenführung bei Komplikation
(§ 2 Abs. 3 FPV 2007). Es sind daher neue Regelungen zur Fallzusammenführung
bei Wiederaufnahme von der Selbstverwaltung zu entwickeln (s. Kapitel 4.2.1).
Des Weiteren spielen Basis-DRG und Partition noch bei der CCL-Bewertung von
Nebendiagnosen in der CCL-Matrix eine Rolle. Da auch hier kein inhaltlicher
Zusammenhang mehr bestehen muss, sollte die CCL-Matrix entsprechend vereinfacht werden.
Durch neue „Bypässe“ in der prä-MDC-Verarbeitung für Implantationen von Defibrillatoren und die Behandlung der Tuberkulose, werden nun auch Fälle mit Hauptdiagnosen anderer MDCs den MDCs 04 (Atmungsorgane) und 05 (Kreislaufsystem)
zugeordnet. Diese Anpassungen waren sinnvoll und notwendig, führen jedoch zu
einer Aufweichung des DRG-Konstrukts „MDC“. Derzeit besteht jedoch noch keine
Notwendigkeit dieses Konstrukt ebenfalls aufzugeben.
4.7.4 Einbindung des medizinischen, wissenschaftlichen und weiteren Sachverstandes Sachverstand im Rahmen der strukturierten Dialogs
Die oben beschriebenen Veränderungen des G-DRG-Systems in den letzen Jahren,
insbesondere aber die Diskrepanz zwischen medizinischen Kollektiven und G-DRGs,
die Auswirkungen der Abfragehierarchie sowie die des Transparenzverlustes durch
die Komplexität machen es äußerst schwierig noch medizinische Gesichtpunkte in
die Weiterentwicklung einzubringen. Die zurückgehende Anzahl der differenzierten
Anpassungsvorschläge von Fachgesellschaften und Institutionen ist sicherlich
dadurch mitbedingt. Unabhängig davon, ob von Medizinischen Fachgesellschaften
noch die fundierte Kenntnis der komplexen Zusammenhänge erwartet werden darf,
wird das G-DRG-System, je mehr G-DRGs lediglich Abrechnungspositionen darstellen, lernen müssen, sich von alleine heraus weiter zu entwickeln.
60
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
4.7.5 Differenzierung zwischen Leistungsstrukturveränderungen und
Upcoding
Nach § 4 Abs. 9 Satz 3 und 4 KHEntgG werden „Mehrerlöse aus Fallpauschalen, die
infolge einer veränderten Kodierung von Diagnosen und Prozeduren entstehen, (...)
vollständig ausgeglichen. (…) sonstige Mehrerlöse zu 65 vom Hundert ausgeglichen.“ Nach der vereinfachten Ermittlung „sonstiger Mehrerlöse“ (Satz 6) werden
Steigerungen des CMI zunächst als kodierbedingte Mehrerlöse angesehen. Bei einer
CMI-Steigerung muss das Krankenhaus nachweisen, „dass die sonstigen Mehrerlöse
nach Satz 4 infolge von Veränderungen der Leistungsstruktur mit der vereinfachten
Ermittlung nach Satz 6 zu niedrig (…) bemessen sind“. Aufgrund des Verlustes des
Basis-DRG-Konstruktes und der partitionsübergreifenden Abfrage gestaltet sich
dieser Nachweis methodisch als schwierig. Krankenhäuser, deren CMI aufgrund
eines Anstiegs komplexerer Fälle steigt, werden durch die gesetzlichen Regelungen
benachteiligt.
4.7.6 Abbildung des Schweregrads über die CCL-Matrix und den PCCL
Aus dem australischen AR-DRG-System wurde eine sehr differenzierte Schweregradsystematik übernommen (PCCL/Alter). Aufgrund der politischen Vorgabe ein
Preissystem zur Einzelfallabrechnung zu entwickeln, enthält das G-DRG-System
2007 eine Reihe weiterer Parameter (z. B. Prozedurenfunktionen), die eine Beschreibung unterschiedlich aufwändiger Fallkollektive ermöglichen. Durch die inhaltliche Aufhebung des Unterschieds von Basis-DRGs und abrechenbaren Splitts
werden diese Kriterien sowohl zur Definition von Basis-DRGs als auch abrechenbaren G-DRGs herangezogen.
Obwohl für 2007 erstmalig nennenswerte Anpassungen der CCL-Matrix erfolgt sind,
besteht die wesentliche Neuerung in der Etablierung einer datengetriebenen Methodik zu Anpassung der CCL-Matrix. Diese ist sehr rechenaufwändig, so dass für 2007
nur eine kleine Anzahl von Kodes überprüft werden konnte. Für die G-DRG-Version
2008 dürften weitreichendere Änderungen zu erwarten sein.
Die für 2006 vorgenommenen Änderungen beschränkten sich auf eklatante
Unstimmigkeiten. So wurden z. B. spezifische ICD-Kodes mindestens ebenso bewertet wie unspezifische ICD-Kodes der gleichen Kategorie. Dieses Vorgehen war
normativ und wurde durch die datengetriebene Methodik abgelöst. Auch wenn ein
datengetriebenes Vorgehen begrüßenswert ist, so sollten dennoch parallel sinnvolle
Anpassungen normativ erfolgen.
Durch die datengetriebene Anpassungen wurden erneut unspezifische ICD-Kodes
CCL-bewertet, während spezifische Kodes der gleichen Kategorie nicht oder
niedriger bewertet sind. Seltene ICD-Kodes wie z. B. der Kode U81! (Bakterien mit
Multiresistenz gegen Antibiotika) wurden nicht bewertet, während nun alle Kodes der
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
61
Prüf- und Anpassungsbedarf
Kategorie U80.-! in die CCL-Matrix aufgenommen wurden. Herzklappenerkrankungen
wurden z.T. aus der CCL-Matrix gestrichen oder abgewertet. Analoges gilt für die
anamnestischen Kodes der Kategorie (I69.-) und die Inkontinenzen. Datengetriebene
Überprüfungen von Einzelkodes sind bei bestehenden Kodieralternativen nicht
sinnvoll. Hier muss entweder die Überprüfung von Diagnosegruppen (verbundenen
Diagnosen) oder eine normative Anpassung (analoge Bewertung) erfolgen.
ICD-Kodes, deren Kodierung offensichtlich nicht mit assoziiertem Ressourcenverbrauch verbunden ist, sollten normativ aus der CCL-Matrix entfernt werden. Dies trifft
insbesondere auf die in DKR D005d genannten anamnestischen Kodes zu, die ohne
eigenen Ressourcenverbrauch kodiert werden dürfen (Folgezustände: B90.-, B91,
E64.-, I69.- und T91.3). Der Ressourcen verbrauchende Folgezustand als solcher
wird stets zusätzlich kodiert. Eine doppelte Berücksichtigung im Schweregrad ist
nicht sinnvoll. Unter gleichem Aspekt sollte auch die Mehrfachkodierung im KreuzStern-System überprüft werden. Dass obligate Diagnosekombinationen kombiniert in
den PCCL eingehen oder Sterndiagnosen einer Hauptdiagnose schweregradsteigernd wirken, ist sicherlich fragwürdig.
4.7.7 Komplexbehandlungen
Zur Abbildung spezialisierter Struktur- und Prozessqualität im G-DRG-System
werden zunehmend OPS für Komplexbehandlungen konzipiert und als Attribute für
G-DRG-Definitionen verwendet. Die Abbildung der Spezialisierung über eigene OPS
ist sinnvoll, da die unterschiedlichen Behandlungsstrukturen nicht alleinig über
Diagnosen eindeutig beschrieben und damit sachgerecht vergütet werden können.
Über die Operationalisierung und Miterfassung von Strukturmerkmalen kann eine
Unterscheidung von Behandlungsinhalten erfolgen und in der Regel eine Pauschalierung ermöglicht werden. Über die Integration in das G-DRG-System kann die
Anzahl der Ausnahmeregelungen (z. B. Finanzierung besonderer Einrichtungen nach
§ 17b Abs. 1 S. 15, VBE 2007) in engem Rahmen gehalten und bei Aufrechterhaltung eines faireren interklinischen Wettbewerbs eine „Türschildmedizin“ vermieden
werden.
Durch die Einführung der neuen OPS für Komplexbehandlungen ist die OPSKlassifikation in diesen Bereichen nicht mehr disjunkt. Erbrachte Leistungen können
möglicherweise über unterschiedliche OPS kodiert werden. Einzelnen Fachdisziplinen ist dabei nicht immer klar, welche OPS-Kodes für sie relevant sind und ob
für die gleiche Leistung (z. B. intensivmedizinische Behandlung) mehrere OPS
kodiert werden dürfen oder sogar müssen. OPS-Komplexziffern fokussieren meist
unterschiedliche Aspekte einer Behandlung und können daher nicht als Prozedurenkomponenten (entsprechend Teilleistungen) gesehen werden. Durch die stete
Zunahme der Komplexität im G-DRG-System können die zur Abbildung verwendeten
Attribute bei der DRG-Gruppierung in Konkurrenz zu einander geraten, so dass die
Entscheidung für die Kodierung eines von mehreren zur Verfügung stehenden OPS
direkt erlösrelevant werden kann.
62
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
Im G-DRG-System 2007 gilt dies z. B. für die OPS der folgenden Kategorien:
8-980 Intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur)
8-981 Neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls
8-98b Andere neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls
8-97a Multimodale intensivmedizinische Überwachung und Behandlung bei
zerebrovaskulären Vasospasmen
8-97b Multimodale intensivmedizinische Überwachung und Behandlung bei
neuromuskulären Erkrankungen
Es ist derzeit nicht eindeutig geregelt, ob z. B. auf zertifizierten Stroke Units, die
natürlich auch die Kriterien für die OPS 8-980, 8-97a und 8-98b erfüllen, auch diese
OPS zu kodieren sind oder nur die OPS der Kategorie 8-981. Oder ob z. B. auf
neurologischen Intensivstationen, die häufig auch die Kriterien der OPS 8-981, 897a, 8-97b und 8-98b erfüllen, diese OPS parallel oder alternativ zum OPS 8-980 zu
kodieren sind. Die Wahl des OPS-Komplexkodes kann eine erhebliche Auswirkung
auf den Erlös haben. Derzeit wird uneinheitlich kodiert, was eine Weiterentwicklung
des G-DRG-Systems unterläuft. Welcher OPS-Kode im Einzelfall den höchsten Erlös
für das Krankenhaus bringt, kann schwer vorhergesagt werden.
Vergleichbare Situationen finden sich bei der Multimodalen Schmerztherapie (8-918),
die Bestandteil anderer Komplexbehandlungen sein kann, und bei der (geriatrischen)
Frührehabilitation. So wurde z. B. für 2007 die G-DRG B48Z (Frührehabilitation bei
Multipler Sklerose und zerebellarer Ataxie) neu eingeführt. Diese ist jedoch nicht mit
einem OPS aus der Kategorie 8-552 (Neurologisch-neurochirurgische Frührehabilitation) erreichbar, der in die „unspezifischen“ aber meist besser bewerteten G-DRGs
B42A/B, B43Z) führt, sondern nur mit einem OPS aus der Kategorie 8-559
(Fachübergreifende und andere Frührehabilitation). Die Zuordnungskriterien und die
Subklassifikation beider OPS unterscheiden sich deutlich, da sie ursprünglich für
unterschiedliche Behandlungsstrukturen geschaffen wurden. Nicht alle Fälle in der
neurologischen-neurochirurgische Frührehabilitation erfüllen die strengen Kriterien
der „eigenen“ OPS-Kategorie 8-552, würden aber den Kriterien der „fremden“ OPSZiffern genügen. Bislang wäre jedoch die neurologisch-neurochirurgische Frührehabilitation nicht auf die Idee gekommen, bei der OPS-Kodierung „fremdzugehen“. Da
nun ökonomische Anreize gesetzt wurden und das G-DRG-System explizit keine
Abgrenzung durch „Türschildmedizin“ fördern soll, resultiert eine parallele, konkurrierende und aufwändigere Kodierung.
Insbesondere vor der Berücksichtigung neuer OPS-Komplexziffern bei der Gruppierung ist daher auf Abgrenzungsprobleme zu bestehenden OPS und entstehende
Fehlanreize zu prüfen. Eine rein datengetriebene oder auf Grundlage ergänzender
Datenlieferung erfolgende Berücksichtigung, kann diese Probleme nicht aufdecken.
Die kodierbedingte Migration der Fälle resultiert erst im Jahr der Anwendung durch
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
63
Prüf- und Anpassungsbedarf
die entstehenden Anreize. Zudem sollte bei der Etablierung neuer OPS-Komplexziffern bereits durch das DIMDI auf eine eindeutige klassifikatorische Abgrenzung zu
exisiterenden und „verwandten“ OPS geachtet werden.
Ebenso muss beachtet werden, dass die Komplexziffern, die strukturelle und
inhaltliche Mindeststandards definieren, genauso wie das G-DRG-System einem
steten Wandel unterworfen sind. Gerade zur Einführung des G-DRG-Systems
werden aufgrund der veränderten Anreize zunehmend Versorgungsstrukturen und
-inhalte hinterfragt. So werden voraussichtlich auch die OPS-Komplexziffern kontinuierlich angepasst werden müssen. Durch die zweijährige Verzögerung der
Abbildung im G-DRG-System tritt die Situation auf, dass die durch einen veränderten
Komplex-OPS beschriebene Komplexleistung mit einem „Preis“ abgerechnet wird,
der auf der Basis von Fällen ermittelt wurde, die die OPS-Definition von vor zwei
Jahren erfüllen und daher nicht mehr valide ist. In einem Preissystem können solche
Verschiebungen auch bei korrekter Planung ein spezialisiertes Krankenhaus in der
Existenz gefährden. Hier müssen Übergangslösungen gefunden werden (z. B.
Finanzierung über § 6 Abs. 1 KHEntgG), bis die OPS-Kriterien in Kalkulationsdatenund Abrechnungsjahr wieder übereinstimmen.
4.7.8 Kalkulation von Zu- und Abschlägen
Die G-DRG-Anpassung wird inzwischen zu einem nicht unerheblichen Teil durch die
Anreize des Systems selbst unterhalten. Krankenhäuser verkürzen durch Leistungsverdichtung die Verweildauer. In der Konsequenz verringern sich die Bewertungsrelationen und mittleren Verweildauern für gleichartig definierte und im Abfragealgorithmus positionierte G-DRGs. Durch die formelgestützte Ableitung der Grenzverweildauern sinken auch diese aufgrund des o.a. Effekt.
Die Grenzverweildauerfestlegung und Outliervergütung erfolgt (mit Ausnahme der
Unterliegerabschläge bei impliziten Einbelegungstag-DRGs, Verlegungsabschlägen
bei Verlegungs-DRGs und Outlierzuschlägen bei speziellen Ausnahme-DRGs)
normativ. Durch ein Sinken der mittleren Verweildauer und der beiden Grenzverweildauern kommt es daher meist zu einer relativen Höhervergütung der Outlier
(Unterlieger, verlegte Fälle, Überlieger) wie in Abbildung 6 ersichtlich.
Krankenhäuser sollten daher ihren Katalogeffekt genauer analysieren. Positive
Katalogeffekte im Outlierbereich können möglicherweise aufgrund der verstärkten
Fehlbelegungsprüfungen der Kostenträger in der Echtabrechnung nicht vollständig
realisiert werden. Dies sollten Krankenhäuser bei den Entgeltverhandlungen mit
berücksichtigen.
64
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
„Positiver“ Katalogeffekt für Outlier und verlegte Fälle bei
Absenkung der Inlier-BWR durch VWD-Verkürzung
und/oder Ausgrenzung der bisherigen High-Outlier
(Extremkostenfälle)
Erlös
Grund: normative Kalkulation der Grenzverweildauern sowie Zu- und Abschläge!
Belegungstage
DRG-Research-Group
Abbildung 6
Gegenteiliger Effekt der Veränderung der Inlierbewertungsrelation auf die
Outliervergütung
Grundproblem ist die normative Kalkulation der Outliervergütung. Die der Kalkulation
zugrunde liegende Hypothese, dass sich Outlier im Wesentlichen durch die Verweildauer und nicht medizinisch-inhaltlich von Standardfällen unterscheiden, trifft meist
nicht zu. Kurzlieger stellen häufig Spezialkollektive (definierte Auftragsleistung) mit
unterschiedlichen Behandlungsinhalten dar. Auch Langlieger und verlegte Fälle
stellen meist andere medizinische Kollektive als Standardfälle dar. Mehrkosten bei
Langliegern können zum einen durchaus auch in den als „Hauptleistung“ ausgegliederten Kostenstellen- und arten auftreten (z. B. Mehrfachoperationen), zum
anderen ist nicht selbstverständlich davon auszugehen, dass z. B. das Verhältnis
zwischen den Personal- und Sachkosten für Outlier vergleichbar ist mit dem für
Standardfälle.
Die bei der Kalkulation der Zu- und Abschläge auszugliedernde „Hauptleistung“
erscheint unter Berücksichtigung der Entwicklung des G-DRG-Systems zunehmend
nicht mehr sachgerecht. Das „Hauptleistungs-Konzept“ leitet sich aus einer klassisch
operativen DRG ab. Durch die zunehmende Differenzierung des G-DRG-Systems
erlangen jedoch immer mehr neue Attribute, wie z. B. Komplexbehandlungen (Intensivmedizin, Stroke-Unit, Multiresistente Erreger, etc.) Gruppierungsrelevanz, die
damit auch als „Hauptleistung“ zu verstehen sind. Die Kosten dieser „Hauptleis-
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
65
Prüf- und Anpassungsbedarf
tungen“ finden sich jedoch nicht in den entsprechend auszugliedernden Kostenstellen und -arten wieder.
Die Abschlagskalkulation bei impliziten Einbelegungstag-DRGs und die Zuschlagskalkulation für viele G-DRGs anhand des Median der Langliegertageskosten stellen
bereits Ansätze dar, dieses Problem für einzelne G-DRGs zu lösen.
Der oben beschriebene paradoxe Effekt für die Outliervergütung muss auch von
Spezialisierungen beachtet werden, die sich aufgrund einer nicht sachgerechten
Vergütung ihrer Leistung ggf. an der G-DRG-Fallkostenkalkulation beteiligen.
Abbildung 7 zeigt am Beispiel der Parkinsonbehandlung wie durch die Teilnahme
von Spezialisierungen, diese möglicherweise einen negativen Katalogeffekt für ihre
Spezialisierung selbst erzielen. Kann keine Abbildung der Spezialisierung in einer
eigenen, spezifischen G-DRG erfolgen, so hat die Teilnahme der Krankenhäuser mit
Spezialisierung lediglich eine Auswirkung auf die mittlere Verweildauer (dadurch
auch auf die Grenzverweildauern) und die Höhe der Inlierbewertungsrelation. Erfolgt
die Behandlung in den spezialisierten Einrichtungen zum großen Teil im Outlierbereich (Langlieger, zuverlegte komplexe Fälle), so ist trotz gestiegener Inlierbewertungsrelation und Verweildauern unter Umständen mit einem negativen Katalogeffekt zu rechnen. Die Durchmischung mit aufwändigeren Fällen führt zu einer
Anhebung der Inlierbewertungsrelation und damit häufig zu niedrigeren effektiven
Bewertungsrelationen bei Langliegern. Die tatsächlichen Unterschiede zwischen den
verschiedenen Versorgern gehen im Grundrauschen der Kalkulation unter, haben
aber Konsequenzen in der Leistungsfinanzierung.
66
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
Vergütungsprofile bei M. Parkinson und PCCL > 2
G-DRGs B67A(2006) und B67B (2007)
9000
Negativer Katalogeffekt
für die Spezialisierung ?
Erlös*
8000
7000
6000
5000
4000
3000
B67A (2006) Degenerative Krankheiten des Nervensystems bei
M orbus Parkinson mit äußerst schweren oder schweren CC
B67A (2006) verlegt
2000
B67B (2007) Degenerative Krankheiten des Nervensystems bei
M orbus Parkinson mit äußerst schweren oder schweren CC
B67B (2007) verlegt
1000
0
0
7
14
21
28
* bei einem fiktiven Basisfallwert von 2.700 €,
35
42
49
Belegungstage
DRG-Research-Group
Abbildung 7
Möglicher negativer Katalogeffekt bei Teilnahme von Spezialisierungen an der GDRG-Fallkostenkalkulation durch Anheben der Bewertungsrelation und
Grenzverweildauern
Wichtig ist daher eine möglichst spezifische Abbildung von Spezialisierungen zu
realisieren. Die „Einhauskalkulationsmethodik“ begünstigt jedoch weiterhin oben
beschriebene Phänomene.
4.7.9 Verlegungsfallpauschalen
Analog zu den Kurz- und Langliegern wurden auch bei den verlegten Fällen aus den
Kalkulationsdaten DRGs ermittelt, bei denen die Anwendung der normativ kalkulierten Verlegungsabschläge zu einer nicht sachgerechten Vergütung führt. Diese GDRGs wurden von der Verlegungsabschlagsregelung ausgenommen (s. Spalte 12
bzw. 14 des G-DRG-Fallpauschalenkatalogs). Die Zahl dieser in Spalte 12 (bzw.
Spalte 14 bei Belegabteilungen) im Fallpauschalenkatalog gekennzeichneten GDRGs hat für 2007 erneut zugenommen. Bei der Kalkulation der Bewertungsrelationen wurde für 2007 eine Unterscheidung zwischen zu- und wegverlegten
Fällen gemacht.
Für Fallpauschalen, die sich alleinig über OPS-Komplexziffern (Geriatrie, Schmerztherapie, Qualifizierter Entzug) definieren, in denen bereits Mindestkriterien zur Ver-
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
67
Prüf- und Anpassungsbedarf
weildauer und Behandlungsintensität enthalten sind, sollte ebenfalls über die
normative Ausnahme von der Verlegungsabschlagsregelung nachgedacht werden.
Hier ist die in der DRG-Fallpauschale geforderte Leistung bei korrekter Kodierung
bereits erbracht. Letztlich sollte sich dies bei korrekter Kalkulation allerdings auch
bereits an den Kalkulationsdaten zeigen. Der Kostenunterschied zwischen verlegten
und nicht-verlegten Fällen dürfte bei über Komplexbehandlungen definierten GDRGs vernachlässigbar sein. Bezüglich der Sachgerechtigkeit der Verlegungsabschläge bei G-DRGs mit der „Hauptleistung“ einer Komplexbehandlung s. Kapitel
4.7.8.
Auf die schwer nachvollziehbare unterschiedliche Berücksichtigung bei der Unterliegervergütung zwischen zu- und wegverlegten Fällen wird in Kapitel (s. Kapitel
4.2.2) eingegangen.
4.7.10 Fehler-DRGs
Die so genannten Fehler-DRGs vereinen Fälle, die aufgrund ihrer komplexen Fallstruktur oder unplausibler Kodierung nicht entsprechend des DRG-Algorithmus
eingruppierbar sind.
Dabei sind die Fehler-DRGs 902Z und insbesondere 901A-D von besonderer
Bedeutung, da es sich hier häufig nicht um Fehlkodierungen handelt, sondern um
Konstellationen von Hauptdiagnose und operativer Therapie, die selten sind und im
aktuellen DRG-System keine adäquate Abbildung in einer MDC finden. Es ist zu
erwarten, dass insbesondere in Kliniken der Maximalversorgung ein nicht geringer
Anteil von multidisziplinär oder mehrfach versorgten Patienten in diese Fehler-DRGs
eingruppiert wird. Ein Teil der Fälle wird allerdings aufgrund mangelnder ICD- oder
OPS-Differenzierung den Fehler-DRGs zugeordnet (z. B. Coiling eines intrazerebralen Carotisaneurysmas). Ebenso könnte durch Berücksichtigung einiger organunspezifischer oder -fremder Prozeduren in den Organ-MDCs eine spezifischere
Abbildung häufiger Kombinationsleistungen erzielt werden (z. B. interventionelle
Herzkatheterleistungen bei anderen arteriosklerotischen Folgeerkrankungen wie z. B.
Schlaganfällen). Als Beispiel kann hier die G-DRG B12Z (Implantation eines Herzschrittmachers bei Krankheiten und Störungen des Nervensystems) dienen.
Die umstrittenen Fehler-DRGs 962Z und 963Z, die geburtshilfliche bzw. neonatale
Unplausibilitäten abdecken sollen, blieben auch im System 2007 erhalten. Während
die Fehler-DRG 962Z überflüssig ist, werden durch die 963Z tatsächlich viele
Dokumentationsfehler identifiziert, die eine sachgerechte Eingruppierung verhindern.
Dennoch sammelt auch die „Fehler-DRG 963Z viele korrekt kodierte Fälle (s.
Gutachten 2005 Kapitel 5.6.2.5 sowie DRG-Liste im Anhang). Die dieser Fehler-DRG
zugeordneten ICD-Kodes sollten daher genau untersucht und wenn möglich
spezifischen Organ-MDCs zugeordnet werden.
68
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
4.7.11 Grenzen der datengetriebenen Anpassung
Mit einem gemeinsamen Grundsatzbeschluss beauftragen seit der G-DRG-Version
2005 die Spitzenverbände der Krankenkassen, der Verband der privaten Krankenversicherung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (Selbstverwaltungspartner)
jährlich das InEK, die Weiterentwicklung und Pflege des G-DRG-Systems auf Grundlage der bisherigen Kalkulationserfahrungen sachgerecht fortzuführen.
Die Entscheidungen zur Weiterentwicklung beruhten dabei in der Vergangenheit in
der Regel auf datenbasierten Auswertungen und konnten so frei vom Vorwurf eines
Lobbyismus nachvollzogen werden.
Datengetriebenen Anpassungen sind jedoch Grenzen gesetzt. Zum einen resultiert
die Kalkulation eines G-DRG-Systems immer aus historischen Daten. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Behandlungsrealität bzw. Dokumentation im Jahr der
Anwendung aufgrund externer Einflüsse aber auch der durch das neue System
gesetzen Anreize reproduziert werden kann, ist äußerst gering. Beispiele sind Veränderungen in der CCL-Matrix (insbesondere bei bestehenden Kodieralternativen, s.
Kapitel 4.7.6) oder die Konkurrenz von Komplexbehandlungen (s. Kapitel 4.7.7).
Wichtig wäre es daher, wo möglich Veränderungen und Anreize zu antizipieren und
Fehlsteuerungen zu vermeiden. Aufgrund der geringen Zeit, die dem InEK zur
jährlichen Erstellung der neuen G-DRG-Version zur Verfügung steht, sind diese
normativen Korrekturen sicherlich auch unter praktischen Gesichtspukten begrenzt.
Ebenso existieren allseits bekannte Systemfehler, die z.T. seit Übernahme der australischen AR-DRG Version 4.1. im G-DRG-System weitergepflegt werden, deren
rein datenbasierte Beseitigung jedoch nicht möglich erscheint. Als Beispiele seien
folgende Problemberiche aufgeführt:
-
die Existenz der nicht bewerteten Anlage-3a-DRG B61Z (Akute Erkrankungen
und Verletzungen des Rückenmarks außer bei Transplantation)(s. auch
Vorgutachten 2006: Kapitel 5.9.4.1.12 und 6.1.3),
-
die Fehler-DRGs 962Z und 963Z (s. Kapitel 4.7.10 sowie Vorgutachten 2006:
Kapitel 6.1.15 und Vorgutachten 2005: Kapitel 5.6.3.1),
-
die MDC-Zuordung bei HIV (und andere nicht sinnolle Zuordnungen bei
geringer Fallzahl) (s. auch Kapitel 4.8.2.1)
-
Kodierrichtlinien mit nicht sinnvoller MDC-Zuordnung (DKR 0712a, 0912f,
1205d und 1805f, s. auch Kapitel 4.6)
-
Die Abbildung der Frührehabilitation in bewerteten G-DRGs (s. auch Kapitel
3.4.1)
Langfristig kann sich die Abbildungsqualität nur dann verbessern, wenn frühzeitig
entsprechende Weichen gestellt wurden. Zu den o.g. Problembereichen müsste
eigentlich Konsens zwischen den Selbstverwaltungspartnern zu erreichen sein. Zieht
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
69
Prüf- und Anpassungsbedarf
man die Ressourcen und das Missbrauchspotenzial in Betracht, die bundesweit
aufgrund der Existenz der Anlage-3a-DRG B61Z entstehen, so ist die Abschaffung
dieser G-DRG offensichtlich zwingend notwendig. Aus der Perspektive der Systementwicklung tragen Anlage-3a-DRGs nicht zur Abnahme der Homogenitätskennzahlen des Systems bei, ein dringender Anpassungsbedarf besteht somit aus der
limitierten Sicht der Systementwickler nicht. Andererseits kann aus Homogenitätskriterien systemimmanent eine Bewertung von Frührehabilitationsleistungen erfolgen,
auch wenn diese bundesweit noch unterschiedlich finanziert werden und damit eine
sachgerechte Vergütung unmöglich ist.
4.7.12 Nutzung der Kostenmatrix des G-DRG-Kostenkalkulationsbrowsers in
Bezug auf klassifikatorische Aspekte
Mit zunehmender Leistungsorientierung des G-DRG-Systems versuchen Krankenhäuser auch intern DRG-Erlöse leistungsbezogen zu verteilen. Viele Krankenhäuser
nutzen zur krankenhausinternen Leistungsverrechnung die vom InEK veröffentlichte
Kostenmatrix des G-DRG-Kostenkalkulationsbrowsers, da diese DRG-bezogen die
Normwerte der Kalkulationsstichprobe angibt und Grundlage der DRG-Bewertung ist.
Auch wenn die Kostenmatrix ein sehr hilfreiches Instrument zur krankenhausinternen
Leistungsverrechnung ist, sind bei der Anwendung Limitationen zu berücksichtigen,
da sonst unternehmerische Fehlentscheidungen getroffen werden können. Auch
wenn dies kein direktes Problem des G-DRG-Systems darstellt, so ergeben sich die
Limitationen zum Teil direkt aus den oben geschilderten Phänomenen (Kondensationen, Abfraghierarchie, Kalkulation der Outliervergütung) und sollen hier aufgrund
des weit verbreiteten unkritischen Einsatzes der Matrix nicht unerwähnt bleiben.
Je differenzierter die Matrix krankenhausintern genutzt werden soll (z. B. fachabteilungsbezogen, Differenzierung unterschiedlicher Kostenarten/-stellen) umso differenzierter muss die Prüfung auf Sachgerechtigkeit und Repräsentativität erfolgen.
Zunächst enthält die Kostenmatrix nur die Durchschnittskosten der Inlier. Krankenhäuser müssen daher prüfen in welchem Ausmaß Outlier ihr Leistungsportfolio
bestimmen. Für die Outlierbewertung kann die Kostenmatrix nicht ohne weiteres angewendet werden. Outlier können gänzlich unterschiedliche medizinische Kollektive
darstellen, Probleme bezüglich der Definition der Hauptleistung zur Zu- und Abschlagsberechnung werden in Kapitel 4.7.8 beschrieben. Für die Anwendung der
Kostenmatrix für Outlier muss daher vorab eine krankenhaus- bzw. fachabteilungsindividuelle Einschätzung der Repräsentativität erfolgen.
Probleme bereiten ebenso explizit oder implizit (über den Abfragealgorithmus, wie
z. B. bei den in Kapitel 4.7.3.3 erwähnten strahlentherapeutischen G-DRG) kondensierte G-DRGs. Auch hier ist vor der Nutzung zu prüfen, ob das Kalkulationskollektiv
repräsentativ für das Krankenhaus bzw. die zu bewertende Fachabteilung ist. Ob
eine Kondensation vorgenommen werden kann, entscheidet sich in der Regel an ver-
70
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
gleichbaren Verweildauerwerten und Gesamtkosten. Vergleichbare Relationen
zwischen Personal- und Sachkosten sind dabei nicht ausschlaggebend.
Für Standardleistungen und größere Krankenhäuser dürften sich bei globaler Betrachtung viele der beschriebenen Effekte herausmitteln. Die Kostenmatrix stellt
damit durchaus ein hilfreiches Instrument zum hausinternen Controlling dar. Für
Spezialkliniken oder Spezialleistungen einzelner Fachabteilungen im Rahmen einer
hausinternen Leistungsverrechnung können jedoch durch die oben beschriebenen
Beschränkungen bei unkritischer Nutzung unternehmerische Fehlentscheidungen
resultieren.
4.8
Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf bezogen auf einzelne Leistungsbereiche
4.8.1 Einführung
Spezialisierung wird grundsätzlich gewünscht und gefordert, so dass diese konsequenterweise auch gefördert und sachgerecht finanziert werden muss. Die DRGFallgruppen berücksichtigen den Aspekt der Spezialisierung nicht ausreichend, da
sie nicht spezialisierte Fachgebiete sondern Erkrankungsgruppen abbilden. Unterschiedliche Fachgebiete können Fälle behandeln, die den gleichen DRGs zugeordnet werden, allerdings häufig mit differierenden Schwerpunkten und Fallspektren
innerhalb einer G-DRG. Nicht selten führt die Spezialisierung innerhalb eines Fachgebietes dazu, dass Subgruppen aus einer DRG behandelt werden, die aufwändiger
und damit kostenintensiver sind als die „Mischung“ aller Fälle, die der Kalkulation der
bundesweiten Bewertungsrelationen zugrunde liegt.
Auf DRG-Ebene selbst können nur die Abbildungsschwächen beseitigt werden, die
sich eindeutig über eine Fallgruppendefinition oder deren Differenzierung beschreiben lassen. Schwer bzw. gar nicht pauschalieren lassen sich Fallgruppen, in denen
eine große Variabilität bezüglich der Verweildauer und/oder des Sachkosten-/Personaleinsatzes zu beobachten ist, und/oder deren Fallzahlen in den Kostenkalkulationsdaten zu gering sind. Hierzu gehören z. B. in Teilen die Behandlung chronischer
Krankheiten, die Behandlung bösartiger Erkrankungen, die Behandlung von atypischen Infektionskrankheiten oder von Schwerverletzten. In einigen der o.a. Leistungsbereiche setzt eine pauschalierte Vergütung unter Umständen auch Fehlanreize (z. B. Palliativmedizin, Behandlung des M. Parkinson und anderer chronischer
Erkrankungen).
Nur wenn Fall- bzw. Behandlungsgruppen auch in genügender Anzahl in Deutschland z. B. pro Jahr vorkommen, erscheint es gerechtfertigt, hierfür eine eigene Fallgruppe zu bilden. Inhomogenitäten oder Pseudohomogenitäten, die aufgrund von
Kalkulationsschwächen oder Kodierfehlern bestehen, können so nicht behoben
werden.
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
71
Prüf- und Anpassungsbedarf
Das G-DRG-System ist nicht als „pädagogisches System“ konzipiert. Die existierende Deutsche Behandlungsrealität soll sachgerecht darin abgebildet werden. Ob
gewisse Fallgruppen zukünftig nur noch von gewissen Versorgungsstrukturen
behandelt werden dürfen und sollen, kann nicht über die DRG-Fallgruppen selbst
geregelt werden, sondern ist über andere Mechanismen zu regeln. So ist es nicht
Aufgabe des G-DRG-Systems durch Kostenanreize zu entscheiden, wo onkologische
Patienten behandelt werden, wer geriatrische Patienten versorgt, in welchem Versorgungsbereich Frührehabilitation erfolgt, oder ob die Anthroposophisch-medizinische Komplexbehandlung eine sinnvolle Ergänzung zur rein somatischen
Therapie darstellt. In der Regel stellen Spezialisierungen jedoch eine gewünschte
Versorgungsform mit deutlichem Benefit für die Patienten dar.
Soweit möglich sollte aber die Anpassung im Klassifikationssystem selbst erfolgen.
Kann die Spezialisierung aufgrund eines OPS-Kodes bereits dokumentiert werden,
kann der OPS auch zur Gruppierung herangezogen werden. Liegen keine Kalkulationsdaten vor (z. B. weil sich nicht genügend spezialisierte Krankenhäuser an der
G-DRG-Fallkostenkalkulation beteiligt haben), können zur Entscheidung einer
gesonderten Abbildung im G-DRG-System – sofern es nicht bereits offensichtlich ist
– behelfsweise auch die Verweildauerdaten des § 21-Datensatzes, den jedes
Krankenhaus abgibt, herangezogen werden. Eine bundesweite Bewertung muss
nicht unbedingt erfolgen, da prinzipiell eine übergangsweise Finanzierung nach § 6
Abs. 1 KHEntgG möglich ist.
Wichtig ist jedoch, dass die Spezialisierungen in den Daten erkannt und nicht
aufgrund der vergleichsweise geringen Bedeutung für das Gesamtsystem zu wenig
priorisiert werden. Das Einhauskalkulationsverfahren des InEK birgt prinzipiell die
Gefahr, dass Spezialisierungen übersehen werden.
Ist die Spezialisierung als solche datentechnisch über ICD-10-GM, OPS, Alter, etc.
nicht erfassbar, muss eine Sonderlösung gefunden werden. Hier bieten sich z. B. die
Finanzierung als „Besondere Einrichtung“ (VBE) oder Sicherstellungszuschläge an.
Wird allerdings tatsächlich keine ergänzende oder alternative Lösung für Spezialisierungen zeitnah gefunden, dann wird es im Rahmen der Umsetzung der
Katalogvorgaben zu Budgetumverteilungen innerhalb eines Krankenhauses kommen. Mit fortschreitender Konvergenz nimmt auch der Druck auf nicht sachgerecht
abgebildete Spezialisierungen zu. Während Budgetkürzungen in Höhe der Kappungsgrenzen bislang noch von den meisten Kliniken kompensiert werden konnten,
so können ungenügend finanzierte Leistungen zukünftig sicherlich nicht aufrechterhalten werden.
72
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
4.8.2 Betroffene Leistungsbereiche
4.8.2.1 AIDS/HIV
Trotz erfolgter konstruktiver Beteiligung der Deutschen Aids Gesellschaft (DAIG) am
Vorschlagsverfahren im letzten Jahr und der Umsetzung einiger Anpassungsvorschläge, ist die Abbildung der Behandlung von HIV-Infizierten und an AIDS erkrankten im G-DRG-System nach wie vor unbefriedigend. Nach dem Abschlussbericht des
InEK stellt die MDC 18A (HIV) mit einem R²-Wert von 0,25 das Schlusslicht aller
MDCs dar. Trotz versuchter Verbesserung und Etablierung einer neuen operativen
G-DRG, kam es sogar zu einer Reduktion des R²-Wertes von der G-DRG-Version
2006 zur Version 2007.
Das Problem der Abbildung der HIV-Behandlung ist vielfältig. Eine ausführliche
Beschreibung der Problematik und zum Teil weiterhin sinnvoller Anpassungsvorschläge findet sich in den Vorgutachten (z. B. Gutachten 2006: Kapitel 5.9.4.1.6).
Zum einen handelt es sich bei HIV-Fällen um ein sehr heterogenes Fallkollektiv bei
gleichzeitig geringen Fallzahlen und zum Teil sehr hohen Kosten. Erschwerend
kommt hinzu, dass nicht alle Krankenhäuser, die sich auf die Behandlung von HIVInfizierten spezialisiert haben, an der G-DRG-Kostenkalkulation teilnehmen. Die dem
InEK zur Verfügung stehenden Fallzahlen, lassen eine valide und über die Jahre
halbwegs stabile Kalkulation von Bewertungsrelationen kaum zu. Krankenhäuser
benötigen jedoch für ihre strategische Ausrichtung ein Mindestmaß an Planungssicherheit, die in diesem Bereich kaum gegeben ist.
Ein anderes grundlegendes Problem ist die Abbildungsstruktur der HIV-Behandlung
im G-DRG-Algorithmus. Hier ist insbesondere die aus dem Australischen AR-DRGSystem übernommene MDC-Zuordnung verantwortlich zu machen. Diese ist nicht in
der Lage, zwischen der (hoch aufwändigen) Behandlung von Patienten, die aufgrund
ihrer HIV-Erkrankung und/oder assoziierten Erkrankungen überwiegend in spezialisierte Krankenhäuser aufgenommen werden, und Fällen zu unterscheiden, bei
denen die HIV-Erkrankung „lediglich“ eine komplexitätssteigernde Komponente eines
Aufenthaltes darstellt, der aus einem HIV-unabhängigen Grund erfolgt. So werden
z. B. Bypassoperationen und Herzkatheteruntersuchungen (bei einer KHK oder
einem Herzinfarkt) bei HIV-positiven Patienten ebenso in der MDC 18A abgebildet
wie Patienten in Spätstadien der AIDS-Erkrankung. Ein Blick in die Zuordnungstabellen zur MDC 18A verdeutlicht anschaulich wie wenig Bezug die MDC-Zuordnung zur Identifikation von aufwändigen Patienten beitragen kann. Andererseits
zeigen die Fallzahlen (805 Inlier in der MDC, nur zwei von acht G-DRGs mit mehr als
100 Inliern kalkuliert, eine G-DRG S65A auf Basis von 23 Inliern kalkuliert), dass eine
datengetriebene Anpassung der MDC-Zuordnung schwer möglich sein dürfte.
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
73
Prüf- und Anpassungsbedarf
Empfehlung:
Es sollten gänzlich neue Konzepte zur Abbildung dieser Leistungen überdacht
werden. Auch wenn nicht alle von der Deutschen AIDS Gesellschaft geforderten
Attribute in die Klassifikationssysteme (ICD-10-GM und OPS) übernommen wurden,
ist es denkbar mit den vorhandenen Attributen bereits eine alternative Abbildung zu
simulieren. Da bei HIV-Patienten im Spätstadium die Behandlung zunehmend durch
die HIV-Infektion und die Immunschwäche-assoziierten Krankheiten bestimmt wird
und die Behandlung überwiegend in spezialisierten Einrichtungen erfolgt, braucht
auch nur für dieses Kollektiv eine Sonderlösung im G-DRG-Algorithmus gefunden
werden. Nach den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) kann dabei eine Vielzahl von
Erkrankungen zur stationären Aufnahme geführt haben. An diesen die MDCZuordnung zu verankern, ist daher nicht sinnvoll. Denkbar wäre eine Abbildung der
HIV-Spätstadien (hinreichend identifizierbar über die ICD-Kategorien U60.-! und
U61.-!) über eine prä-MDC-DRG. Sofern aufgrund der zu erwartenden Heterogenität
der Kosten keine Bewertung möglich ist, kann die Finanzierung der wenigen zu
erwartenden Fälle in Deutschland auch gut über eine Anlage-3a-G-DRG nach § 6
Abs. 1 KHEntgG erfolgen. Spezialkliniken könnten hier die Behandlung sichernde
sachgerechte Tagessätze verhandeln. Alle anderen Fälle, die keine HIV-Hauptdiagnose besitzen, könnten über die entsprechenden G-DRGs der jeweiligen OrganMDCs abgebildet werden. Handelt es sich nicht um ein Spätstadium der HIVErkrankung, ist anzunehmen, dass im Regelfall die jeweilige, die Aufnahme veranlassende Diagnose den diagnostischen und therapeutischen Aufwand definiert. Die
HIV-Erkrankung stellt in diesen Fälle meist eine erschwerende Komponente dar und
kann – wo nicht über den PCCL möglich – als Attribut für einen DRG-Splitt verwendet
werden. Dieses Modell findet sich bereits bei der Sectio (Basis-DRG O01) und den
Suchterkrankungen (G-DRG V65Z). Die Fälle, die aufgrund der Hauptdiagnose HIV
(ICD-10-GM Gruppe B20-B24) und frühem Krankheitsstadium in der MDC 18A übrig
bleiben, müssten weiter analysiert werden. Nach DKR 0101f erhalten nur die Fälle
eine HIV-Hauptdiagnose, die zur Behandlung der Grunderkrankung aufgenommen
werden. Wenn dies so wäre und von einer hinreichenden Kodierqualität ausgegangen werden kann, könnte es sich um eine relativ kostenhomogene Restgruppe
handeln. Andererseits werden möglicherweise auch Fälle aufgrund der in Deutschland noch obligaten Kreuz-Stern-Diagnosekombinationen auch bei anderen Aufnahmegründen mit einem HIV-Kode als Hauptdiagnose verschlüsselt. Letztlich
könnte für die verbleibenden Fälle bei Aufrechterhaltung der MDC 18A dort eine
Lösung gefunden werden. Ansonsten könnte durch Abbildung in einer weiteren
eigenen Basis-DRG der prä-MDC die problematische MDC 18A gänzlich aufgelöst
werden.
4.8.2.2 Neurologie / Neurochirurgie
In der MDC 01 (Krankheiten und Störungen des Nervensystems) erfolgten für 2007
erneut umfassende Änderungen. Das Resultat ist ein äußerst komplexer Gruppierungsalgorithmus, bei dem auch die prä-MDC-Verarbeitung bei der Interpretation
74
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
berücksichtigt werden muss. Der Gruppierungsalgorithmus ist nicht mehr alleine mit
dem Ablaufschema zu Beginn der MDC in den Handbüchern nachzuvollziehen. Es
müssen dazu auch die expliziten (Basis-) DRG-Definitionen und Informationen an
anderen Stellen der Handbücher herangezogen werden. Durch die splittgenaue
Abfrage kommt es zur Streuung medizinischer Kollektive über eine Vielzahl von GDRGs, die wiederum unterschiedlichen Basis-DRGs zugeordnet sind. Auch wenn ein
gewisses Maß an Komplexität im Hinblick auf Verteilungsgerechtigkeit akzeptiert
werden muss, so blockiert diese eine sinnvolle Weiterentwicklung.
Zur Abbildung von aufwändigen, insbesondere intensivmedizinisch betreuten Fällen
sind in den letzen Jahren neben der reinen Beatmungszeit zahlreiche neue Attribute
eingeführt worden. Langzeitbeatmete Schlaganfälle werden zum Beispiel (außer
beim Vorliegen besonderer OPS) nicht mehr in den G-DRGs der prä-MDC abgebildet. Bis zum G-DRG-System 2006 wurden nicht operativ behandelte und über 177
Stunden beatmete Schlaganfälle in die hoch bewertete Basis-DRG B83 (Apoplexie
mit Beatmung) gruppiert. 2007 sind in der MDC 01 (Krankheiten und Störungen des
Nervensystems) neue gruppierungsrelevante Attribute eingeführt worden oder GDRGs neu konstruiert worden, die andere Attribute nutzen als Beatmungszeiten.
Hierzu gehören die Basis-DRG B36, die als Zuordnungskriterium die intensivmedizinischen Aufwandspunkte (OPS 8-980) und die Basis-DRG B39 die als Zuordnungskriterium die Neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls (OPS 8981) in Zusammenhang mit bestimmten anderen OPS-Prozeduren nutzt. OPS der
Kategorie 8-97a (Multimodale intensivmedizinische Überwachung und Behandlung
bei zerebrovaskulären Vasospasmen), werden als Zuordnungskriterium für die BasisDRG B02 und die DRG-Splitts B20A/B/D sowie die G-DRG B70B, die OPS der
Kategorien 8-98b (Andere neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls) und 8-97b (Multimodale intensivmedizinische Überwachung und Behandlung
bei neuromuskulären Erkrankungen) sind bislang nicht gruppierungsrelevant.
Generell ist es ungünstig, konkurrierende Attribute für die Gruppierung einzusetzen.
Zur Abbildung von Struktur- und Prozessqualität im G-DRG-System werden zunehmend OPS für Komplexbehandlungen konzipiert und als Attribute für G-DRGDefinitionen verwendet. Die jeweiligen OPS-Komplexziffern sind dabei nicht eindeutig
disjunkt. Erbrachte Leistungen können häufig über unterschiedliche OPS kodiert
werden. Einzelnen Fachdisziplinen ist dabei nicht immer klar, welche OPS-Kodes für
sie relevant sind und ob für die gleiche Leistung (z. B. intensivmedizinische Behandlung) mehrere OPS kodiert werden dürfen oder sogar müssen. Durch die stete
Zunahme der Komplexität im G-DRG-System können die zur Abbildung verwendeten
Attribute in Konflikt zu einander geraten, so dass die Entscheidung für die Kodierung
eines von mehreren zur Verfügung stehenden OPS (neben der Gefahr der Mindervergütung durch Mehrleistung) direkt erlösrelevant werden kann. Analoge Probleme
können im frührehabilitativen Bereich auftreten.
Derzeit besteht konkret die Gefahr der Mindervergütung durch Mehrleistung bei
langzeitbeatmeten Schlaganfällen aufgrund konkurrierender Abbildung in den Basis-
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
75
Prüf- und Anpassungsbedarf
DRGs B83 beziehungsweise B36/B39. Eine Klarstellung der Kodierung und konsequente Sortierung der G-DRGs nach Bewertungsrelation ist unabdingbar.
Ebenso produziert die prä-MDC-Umgehung für Schlaganfälle mit zunehmender
Differenzierung des G-DRG-Systems wieder neue Probleme (z. B. Umgehung der
prä-MDC-Lösung für Defibrillatoren) und ist daher als ungünstig zu werten. Das InEK
hat angekündigt, dass die Zuordnung der Fälle zu den hoch bewerteten G-DRGs der
prä-MDC in den nächsten G-DRG-Systemversionen ggf. von Beatmungszeiten auf
die intensivmedizinischen Aufwandspunkte (OPS-Kategorie 8-980) umgestellt wird.
Das InEK sollte daher prüfen, ob die Schlaganfälle nicht wieder die prä-MDC als
Filter für besonders komplexe und aufwändige Fälle durchlaufen könnten. Inzwischen
sind auch viele neue Attribute zur Differenzierung der Langzeitbeatmungs-DRGs
eingeführt worden (Alter, SAPS, Prozedurenfunktionen, (hoch) komplexe Eingriffe),
so dass eine Wiedereingliederung der Schlaganfälle ggf. bereits in die derzeitige
Struktur möglich wäre.
Die derzeitigen Splittkonstrukte der Basis-DRGs B70 (Apoplexie) und B69 (Transitorische ischämische Attacke (TIA) und extrakranielle Gefäßverschlüsse) sind noch
nicht ausgereift. Mit zunehmender Datenqualität ist hier allerdings im Rahmen des
lernenden Systems mit einer sachgerechten Abbildung zu rechnen.Auch 2007 sind
wieder Kondensationen (B70E, B69C) eingeführt worden (s. auch Kapitel 4.7.2).
Diese müssen einer kritischen Prüfung für 2008 unterzogen werden. Insbesondere
Kondensationen die sich über PCCL-Werte bilden, sind aufgrund der nun zu erwartenden umfangreicheren Überarbeitung der CCL-Matrix und der zweijährigen
Kalkulationslücke zu vermeiden.
Die Neuropädiatrie ist über viele neue Alterssplitts ab 2007 sachgerechter abgebildet.
Datenauswertung im Rahmen eines DRG-Evaluationsprojektes lassen viele sinnvolle
Anpassungsmöglichkeiten für neurologische Fälle erkennen. Entsprechende Anpassungsvorschläge wurden fristgerecht beim InEK eingereicht. So erscheint neben
der Schärfung der Basis-DRG-Definitionen die Berücksichtigung des Status epilepticus, der Erstmanifestation einer Multiplen Sklerose, des Stadiums einer Parkinsonerkrankung und spezieller infektiöser ZNS-Erkrankungen bei der Gruppierung in
den jeweiligen Basis-DRGs sinnvoll.
Ein typisches Beispiel für die Gefahren der Versorgungsqualität einer Finanzierung
von Krankenhausleistungen unter DRG-Bedingungen zeigt sich an der Entwöhnungsbehandlung bei Kopfschmerzen wegen Medikamentenübergebrauch. Es
handelt sich aufgrund niedriger stationärer Fallzahlen und relativ niedriger Gesamtkosten im Hinblick auf das Gesamtsystem (R²-Wert) nicht um ein prioritäres Problem
bei der G-DRG-Anpassung. Nichtsdestotrotz besteht aufgrund gleichgerichtetem
ökonomischen Interesses der Kostenträger und Krankenhäuser die Gefahr, dass
diese Behandlung zukünftig nicht mehr (in neurologischen Kliniken) erfolgt oder nur
noch mit den teureren Strukturen einer spezialisierten Schmerzklinik, die die
Strukturen des OPS 8-918 (Multimodale Schmerztherapie) erfüllt. Derzeit werden
76
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
diese Fälle, deren Behandlung nach den Therapieempfehlungen der Deutschen
Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) zwischen 10 und 14 Tagen Entwöhnung erfordert, in die G-DRG B77Z gruppiert. Deren mittlere Verweildauer
beträgt 3,9 Tage, die obere Grenzverweildauer acht Tage. Insbesondere das
Krankenhaus, aber auch die einzelne Krankenkasse aufgrund der Beteiligung über
die Überliegerzuschläge, machen regelhaft Verluste mit dieser Behandlung. Eine
„stille Rationierung“ ist zu befürchten, die in der Konsequenz zu deutlichen Mehrkosten durch häufigere Wiederaufnahmen, höhere Medikamentenkosten sowie
Nebenwirkungen (z. B. Magen-Darm-Geschwüre) und Spätfolgen (Analgetikanephropathie, psychische Konsequenzen chronischer Schmerzen und des Arzneimittelabusus) führen kann.
Die Abbildung Schlafmedizin, die von vielen neurologischen Kliniken betrieben wird,
bedarf ebenfalls einer grundlegenden Anpassung. Schlafstörungen (mit Ausnahme
des Schlafapnoesyndroms) werden verstreut über unspezifische G-DRGs abgebildet
(RLS/PLMS in B67C/E, Narkolepsie in B81Z, alle weiteren Schlafstörungen in U64Z).
Insbesondere die G-DRG U64Z (Angststörungen oder andere affektive und somatoforme Störungen) bereitet in der Schlafmedizin aufgrund der Bezeichnung immer
wieder Probleme bei der Abrechnung mit Selbstzahlern.
Weiterhin konnten für die bereits in den Vorgutachten (Gutachten 2006: Kapitel
5.9.4.1.7, 5.9.4.1.8, 5.9.4.1.9, 5.9.4.1.10, 5.9.4.1.11, 5.9.4.1.12, 4.3.1.2) erwähnten
Problembereiche (Querschnittslähmungen/prä-MDC-DRG B61Z, somatische Ausschlussdiagnostik, Spezialkliniken, Frührehabilitation) noch keine langfristig befriedigenden Lösungen gefunden werden.
4.8.2.3 Hämatologie / Onkologie
Anpassungsbedarf bei akuten myeloischen Leukämien
Akute myeloische Leukämien werden trotz vergleichbarer Behandlungskonzepte und
Behandlungskosten nicht konsequent der Basis-DRG R60 Akute myeloische Leukämie zugeordnet. So führt die akute Myeloische Leukämie (AML) FAB M6 (Akute
Erythroleukämie, ICD C94.0-) in die Basis-DRG R63 (Andere akute Leukämien) und
die AML M7 (Akute Megakaryoblastenleukämie, ICD C94.2-) in die Basis-DRG R61
(Lymphom und nicht akute Leukämie). Hieraus resultieren auf der DRG-Ebene
Inhomogenitäten.
Eine vergleichbare Problematik betrifft myelodysplastische Syndrome. Im Gegensatz
zu den eben dargestellten akuten myeloischen Leukämien M6 und M7 werden bei
myelodysplastischen Syndromen jedoch Behandlungskonzepte mit sehr unterschiedlichen Ressourcenaufwänden eingesetzt. Myelodysplastische Syndrome, die mit
hochkomplexen Chemotherapien behandelt werden, sollten der Basis-DRG R60
zugeordnet werden. Zur Identifikation dieser sehr aufwändigen Diagnosegruppe sind
zusätzlich zum Diagnose-Kode, die OPS-Kodes für hochkomplexe Chemotherapien
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
77
Prüf- und Anpassungsbedarf
(8-544.0 und 8-544.1) heranzuziehen. Die übrigen Fälle mit myelodysplastischem
Syndrom können in der Basis-DRG R61 verbleiben.
Zusätzliche Differenzierungskriterien für solide Tumore
Die DRG-Struktur für die konservative Therapie solider onkologischer Tumore
berücksichtigt als Differenzierungsparameter in der Regel die Komorbidität der
Patienten (PCCL) und die Verweildauer. Die sehr differenzierten Splittkriterien, die in
den letzten Jahren für Leukämien und Lymphome etabliert wurde, werden für solide
onkologische Tumore nicht angewendet. Im Rahmen der Weiterentwicklung des
DRG-Systems sollte eine ausführliche Überprüfung weiterer Differenzierungskriterien
für die konservative Therapie solider onkologischer Tumore durchgeführt werden.
Hierbei sollten sowohl die bereits bestehenden Kriterien für Leukämien und
Lymphome (z. B. unterschiedliche Komplexität der Chemotherapien) aber auch neue
Ansätze berücksichtigt werden. Neue Differenzierungskriterien wären sowohl tumorspezifisch (z. B. Ernährung über Enterostomata bei HNO-Tumoren) als auch tumorübergreifend vorstellbar (z. B. Intensivmedizinische Komplexbehandlungen).
In diesem Zusammenhang wurde durch die Fachgesellschaften bereits mehrfach
auch auf die Basis-DRGs B66 und L62 aufmerksam gemacht. Bei beiden DRGs
erfolgt keine Differenzierung in Abhängigkeit von der Dignität der Grunderkrankung,
so dass maligne und benigne Erkrankungen in der gleichen DRG zusammengefasst
werden. Darüber hinaus wird die DRG L62 als Z-DRG nicht weiter differenziert. Es
erscheint zweifelhaft, dass bei der Therapie von Neubildungen der Harnorgane im
Gegensatz zu allen anderen Körperregionen keinerlei Aufwandunterschiede hinsichtlich der Komorbidität der Patienten oder der Verweildauer bestehen sollen.
Sinnvollerweise neu zu etablierende Zusatzentgelte
Bei den Medikamenten, insbesondere in der Onkologie, ist eine erhebliche Dynamik
bzgl. der Weiterentwicklung zu beobachten. Diese erfordert auch eine zeitnahe
Berücksichtigung neuer therapuetischer Optionen im Zusatzentgeltsystem. Die
neuen Substanzen finden in der Regel sehr schnell Einzug in die NUB-Vergütung
und sollten dann bezüglich der Aufnahme in den bundesweiten Katalog geprüft
werden. Von der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO)
werden die folgenden Wirkstoffe zur Überprüfung hinsichtlich der Einführung von
Zusatzentgelten vorgeschlagen, die alle den NUB-Status 1 für 2007 vom InEK bekommen haben.):
• Amphotericin B Lipidkomplex
• Anidulafungin
• Clofarabin
• Decitabine
• Lenalidomid
• Nelarabin
78
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Prüf- und Anpassungsbedarf
• Palifermin
• Posaconazol
• Sorafenib
• Sunitib
In-vitro-Aufbereitung bei Stammzelltransplantation
Bei Fallkonstellationen, bei denen eine in-vitro-Aufbereitung in einer Klinik stattfindet,
welche selber nicht transplantiert, erfolgt aufgrund der Berücksichtigung der in-vitroAufbereitung in der Transplantations-DRG derzeit keine Refinanzierung der nicht
unerheblichen Kosten der in-vitro-Aufbereitung. Das InEK sollte eine Prüfung dieses
Sachverhaltes durchführen und eventuell die in-vitro-Aufbereitung in ein Zusatzentgelt auslagern.
Teilstationäre onkologische Behandlung
In vielen Krankenhäusern ist neben der vollstationären auch die teilstationäre Versorgung fester Bestandteil von Behandlungs- und Betreuungskonzepten für Patienten mit hämatoonkologischen Erkrankungen, wobei sich die teilstationäre Krankenhausbehandlung als eine fest verwurzelte Versorgungsform in Ergänzung zur vollstationären Behandlung etabliert hat. Im Rahmen der teilstationären onkologischen
Krankenhausbehandlung werden komplexe Krankheitsbilder durch medizinische
Maßnahmen versorgt, die grundsätzlich die Infrastruktur und die Ressourcen eines
Krankenhauses, jedoch keine Übernachtung des Patienten erfordern.
Das teilstationäre Behandlungskonzept ist zumeist auf eine Intervallbehandlung
ausgerichtet. Dies bedeutet grundsätzlich eine mehrtägige Behandlung (z. B. vorgegeben durch ein spezielles Chemotherapie-Protokoll), welches tageweise unterbrochen wird. Diese Unterbrechung ist auch im Sinne der Patienten, da eine
zwischenzeitliche, medizinisch nicht notwendige Hospitalisierung vermieden wird.
Aus diesem Grund stellt die teilstationäre Krankenhausbehandlung einen wichtigen
Eckpfeiler der onkologischen Patientenversorgung dar.
Teilstationäre onkologische Leistungen sind sowohl medizinisch als auch bezogen
auf den ökonomischen Aufwand sehr heterogen. Die gegenwärtigen Vergütungsstrukturen führen aufgrund der Therapie mit sehr teuren Arzneimitteln und Blutprodukten häufig nicht zu einer sachgerechten Leistungsabbildung.
Die Umsetzung der in der Gesetzgebung geforderten Entwicklung teilstationärer
Vergütungselemente innerhalb des DRG-Systems in Anlehnung an die vollstationären DRGs ist bisher nicht gelungen. Wesentliche Ursache hierfür ist laut
Abschlussbericht des InEK eine unzureichende Datengrundlage. Die Umwandlung
der zu Abrechnungszwecken in den Krankenhäusern quartalsweise geführten teilstationären Fälle in kontaktbezogene Datensätze ist häufig mit einem signifikanten
inhaltlichen Qualitätsverlust verbunden, die wiederum die Kalkulationen des InEK
deutlich erschweren. Darüber hinaus stehen dem InEK nur zum Teil Informationen zu
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
79
Prüf- und Anpassungsbedarf
Art und Dosierung der im Rahmen der teilstationären onkologischen Behandlung verwendeten Arzneimittel und Blutprodukte zur Verfügung. Ein Abgleich der erheblichen
Kostenvariabilität der teilstationären onkologischen Fälle mit dem Einsatz hochpreisiger Arzneimittel und Blutprodukte ist daher nicht in dem gebotenen Umfang
möglich.
Die erhebliche Variabilität der teilstationären Behandlungskosten beruht im Wesentlichen auf äußerst heterogenen Arzneimittelkosten. Es sollten teilstationäre DRGs zur
Behandlung hämatoonkologischer Fallkonstellationen gebildet werden, die den
Standard-Basisaufwand der behandelten Fälle abbilden – teure Arzneimittel und
Blutprodukte sollten in Anlehnung an den vollstationären Bereich über Zusatzentgelte
additiv vergütet werden. Für „teilstationäre“ Zusatzentgelte können allerdings nicht
die bisher definierten Dosisklassen zur Anwendung kommen. Die in der teilstationären Behandlung applizierten Dosen müssen die Grundlage für die Kalkulation
bilden.
Die für die Bildung und Kalkulation teilstationärer onkologischer DRGs notwendigen
Informationen müssen im Rahmen einer ergänzenden Datenlieferung gewonnen
werden, da sie in den Krankenhausinformationssystemen nicht in der benötigten
Form vorliegen.
4.8.2.4 Strahlentherapie
Die Strahlentherapie ist auch weiterhin für den Großteil der Krankenhausbehandlungen differenziert abgebildet. Es verbleiben aber Probleme in der Darstellung von
Spezialtherapien, die vor allem Maximalversorger und hoch spezialisierte Strahlentherapiezentren betreffen.
Es ist festzustellen dass mit den bisherigen Kalkulationsdaten diese Problematik
nicht befriedigend gelöst werden konnte. Daher wird empfohlen, die Empfehlungen
für die Kalkulation im Hinblick auf die Strahlentherapie zu überarbeiten und die
Kalkulationsdaten auch einer strengen Plausibilisierung zu unterziehen.
Probleme entstehen durch die Abbildung der Mehrfachleistung bei operativen Eingriffen im gleichen Aufenthalt. Durch die jährlich wechselnde Sortierung des Abfragealgorithmus kann keine stabile und sachgerechte Finanzierung entstehen (s. auch
Kapitel 4.7.3.3). Es sollte daher nochmals alternativ die Etablierung eines Zusatzentgeltes zur Abbildung der strahlentherapeutischen Leistung erwogen werden. Dabei
könnte eine Vielzahl von G-DRGs eingespart und die Komplexität des Gesamtsystems deutlich reduziert werden.
Neuere Entwicklungen der Strahlentherapie lassen die ökonomische Differenzierung
der Therapieformen in Zukunft erforderlich erscheinen. Hier sind die Therapien mit
Protonen oder schweren Teilchen zu nennen und die intensitätsmodulierte Strahlentherapie. Für die intensitätsmodulierten Strahlentherapie ist ein Prozedurenkode
eingeführt worden. Um eine zeitnahe Abbildung dieser Technik zu ermöglichen, sind
80
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Prüf- und Anpassungsbedarf
erforderliche ergänzende Datenlieferungen zu ermöglichen. In naher Zukunft ist auch
die Etablierung der Protonentherapie zu erwarten. Um diese Entwicklung gegebenenfalls auch kalkulatorisch frühzeitig aufzugreifen, ist die Einführung eines OPSKodes für diese Therapieform zu empfehlen.
4.8.2.5 Spezialverfahren: Brachytherapie und Stereotaxie
Die Problematik der Brachytherapie-Kalkulation besteht, wie im Vorgutachten 2005
beschrieben, weiterhin (s. Kapitel 6.14.7.8). Insbesondere komplexe Brachytherapiebehandlungen sind bisher nicht adäquat abgebildet. Dies betrifft einige spezialisierte
Zentren, die diese Behandlungen in relevanter Anzahl durchführen. Ursache der
fehlenden Abbildung ist am ehesten die mangelnde Teilnahme dieser Zentren an der
Kalkulation. Vergleichbar ist die Situation für stereotaktische Therapieverfahren, die
bisher nicht in ausreichender Anzahl und Datenqualität in die Kalkulation eingebracht
wurden (s. auch Vorgutachten 2005 Kapitel 6.14.7.9).
Es wird empfohlen, die Daten einer strengen Plausibilitätsprüfung zu unterziehen
oder ggf. erforderliche ergänzende Datenlieferungen zu ermöglichen. Eine befriedigende Lösung der Problematik wäre am wahrscheinlichsten durch die Teilnahme der
betroffenen Krankenhäuser am Kalkulationsverfahren zu erwarten.
4.8.2.6 Palliativmedizin
Durch die Berücksichtigung der Palliativmedizin als Besondere Einrichtung und die
Einführung des Zusatzentgeltes ZE60 für 2007 sind die deutlichen Schwächen bei
der DRG-Abbildung der Palliativmedizin zunächst abgefangen. Generell müssen jedoch die Anreize, die durch eine pauschalierende Vergütung palliativmedizinischer
Leistungen gesetzt werden, hinterfragt werden (s. auch Kapitel 3.4.5). Die palliativmedizinische Betreuung ist eine politisch gewollte Behandlungsform. Daher ist zumindest eine Differenzierung des Zusatzentgeltes nach den im OPS (Kategorie 8982) vorgegebenen Verweildauerwerten anzustreben. Anderenfalls besteht die Gefahr einer stillen Rationierung in diesem ethisch sensiblen Bereich.
4.8.2.7 Intensivtherapie
Die Bedeutung der Intensivmedizinischen Komplexbehandlung hat im G-DRGSystem seit der Möglichkeit ihrer Erfassung durch die entsprechenden OPS-Kodes
(Kategorie 8-980) seit 2005 sukzessive zugenommen.
Mit dem G-DRG-System 2006 konnte die Intensivmedizinische Komplexbehandlung
erstmals als Gruppierungsvariable etabliert werden und besaß in dieser Version – ab
1.105 Aufwandspunkten – innerhalb von vier Langzeitbeatmungs-DRGs sowie drei
Nicht-Langzeitbeatmungs-DRGs der Organ-MDCs 05, 06 und 21A Gruppierungsrelevanz. Im G-DRG-System 2007 ist die Intensivmedizinische Komplexbehandlung
sowohl innerhalb der Prä-MDC – mit einer zusätzlichen Berücksichtigung in den drei
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
81
Prüf- und Anpassungsbedarf
Basis-DRGs als auch innerhalb der organsystembezogenen MDCs – mit zehn statt
bisher drei DRGs – erweitert worden. Darüber hinaus wurde die Einstiegsschwelle,
ab der die intensivmedizinischen Aufwandspunkte für die Gruppierung relevant sein
können, auf 553 Punkte gesenkt.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die G-DRGs B36A und B – im Gegensatz zu den
anderen intensivmedizinischen G-DRGs innerhalb der Organ-MDCs – überwiegend
langzeitbeatmete Schlaganfallpatienten abbilden, die die Prä-MDC-Verarbeitung umgehen. Auch die G-DRG W36Z kann Fälle mit Beatmungszeiten bis 499h enthalten.
Seit 2005 spielt die Funktion „komplizierende Prozeduren“ – damals ursprünglich vor
allem als Hilfskonstrukt für die noch fehlende Intensivmedizinische Komplexbehandlung eingeführt – als Splittkriterium im Fallpauschalensystem eine Rolle. Im GDRG-System 2007 hat die Bedeutung weiter zugenommen.
Mit den Kalkulationsdaten des Jahres 2006 erhält das InEK Zugang zu Angaben in
Bezug auf die Intensivmedizinische Komplexbehandlung, die im betreffenden Jahr
bereits gruppierungsrelevant waren. Die Intensivmedizinische Komplexbehandlung
muss hinsichtlich ihrer Tauglichkeit als kostenerklärende Variable im InEK weiterhin
analysiert und ggf. im DRG-Algorithmus weiter verstärkt berücksichtigt werden.
Beatmungszeiten von Patienten, die sich – wie sich in den letzten Jahren gezeigt hat
– als alleiniger Parameter wie mehrzeitige Eingriffe, PCCL-Wert, Alter der Patienten
u.ä. zur Differenzierung des Behandlungsaufwandes von Fällen auf der Intensivstation nicht eignen, könnten ihre Bedeutung innerhalb des DRG-Systems teilweise
verlieren bzw. erst auf zweiter Ebene neben weiteren Parametern nach/hinter der
Berücksichtigung von Aufwandspunkten der Intensivmedizinischen Komplexbehandlung eine Rolle spielen.
Würde das Zuordnungskriterium der Beatmungsdauer durch die Intensivmedizinische
Komplexbehandlung als maßgebliches Gruppierungsmerkmal abgelöst, wäre zu
klären, ob die Berücksichtigung der Intensivmedizinischen Komplexbehandlung
innerhalb der Organ-MDCs weiterhin notwendig ist. Im G-DRG-System 2007 existiert
für diese G-DRGs keine weitere Differenzierung, z. B. nach operierten oder nicht
operierten Patienten. Es ist zu prüfen, ob die intensivmedizinische Komplexbehandlung so kostenaufwändig ist, dass die operative Therapie selbst oder andere
derzeit gruppierungsrelevante Variablen tatsächlich als kostenbestimmender Faktor
in den Hintergrund treten.
Mit der Intensivmedizinischen Komplexbehandlung (8-980.-), der Neurologischen
Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls (8-981.-), der Multimodalen Intensivmedizinischen Überwachung und Behandlung bei zerebrovaskulären Vasospasmen
(8-97a.-) etc. existieren im G-DRG-System 2007 zahlreiche gruppierungsrelevante
Komplexbehandlungen, die nicht eindeutig disjunkt sind. Erbrachte Leistungen
können häufig über unterschiedliche OPS kodiert werden, da die jeweiligen
Strukturkriterien und Mindestmerkmale erfüllt sind. Entscheidungen für die Kodierung
eines OPS können dabei direkt erlösrelevant werden. Es muss im OPS hinsichtlich
dieses Problems eine eindeutige Lösung gefunden werden.
82
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
4.8.2.8 Multiresistente Erreger (MRE)
Für 2007 ist erstmalig eine Abbildung des Mehraufwands durch Isolierung für
Patienten mit multiresistenten Erregern (MRE) in spezifischen G-DRGs gelungen.
Wie bei anderen Komplexbehandlungen auch, musste eine Abwägung getroffen
werden, welches Attribut als primäres Zuordnungskriterium verwendet wird. Abhängig von der Positionierung im Abfragealgorithmus werden nun Fälle mit unterschiedlichen Behandlungsinhalten überwiegend alleinig anhand der MRE-Komplexbehandlung (OPS-Kategorie 8-987) zusammengefasst. Dies geschieht unter der
Prämisse, dass die Komplexbehandlung der kostenbestimmende Faktor ist. Bei
Fällen, die aufgrund der Sortierung im Abfragealgorithmus von anderen G-DRGs
vorher abgefangen werden, erfolgt die Berücksichtigung von multiresistenten
Erregern derzeit nur über den PCCL. Ausgehend von dieser ersten Abbildung ist bei
einer zunehmend besseren Kodierqualität eine differenziertere Abbildung ab 2009
denkbar. Für 2008 wird dies voraussichtlich noch nicht möglich sein, da aufgrund der
erheblichen Dokumentationsanforderungen für die OPS-Kategorie 8-987 eventuell
noch nicht alle Krankenhäuser 2006 die umfassende Kodierung praktiziert haben.
Aufgrund des Charakters einer „Add-on-Leistung“ ist in Hinblick auf die in Kapitel 4.7
erwähnten Migrations- und Homogenitätsprobleme, die Etablierung eines Zusatzentgeltes zu erwägen.
Derzeit findet auf OPS-Ebene keine Differenzierung zwischen unterschiedlichen
MRE statt. Der Aufwand, der für die einzelnen Erregertypen betrieben wird, unterscheidet sich allerdings deutlich. Während Fälle mit multi-(methicillin-) resistenten
Staphylokokken (MRSA) zusätzlich zur Isolation in der Regel auch saniert werden,
trifft dies z. B. auf Vancomycin-resistente Enterokokken nicht zu. Fallzahlmäßig
dominieren MRSA, dennoch ist einer „Schärfung“ der OPS- und ggf. resultierend der
DRG-Abbildung anzustreben.
4.8.2.9 Kinder- und Jugendmedizin
Mit der Version 2007 des G-DRG-Systems wurden nach Angaben des InEK 154
neue DRGs mit Kinder-Alterssplitts eingeführt. Dies war notwendig, da die Verkürzung der Verweildauer bei Erwachsenen zu einer Reduktion der Kosten führte
und sich damit in einem Teil der gemischten Fallgruppen die aufwändigere Behandlung von Kindern kostenintensiver darstellte als die der Erwachsenen in derselben
Fallgruppe. Dies war in den Vorjahren nicht der Fall, da der höhere Aufwand bei
Kindern durch eine längere Verweildauer bei den Erwachsenen kompensiert wurde
und die Gesamtkosten sich daher nicht signifikant unterschieden.
Mit den aktuellen Anpassungen folgt das System den Veränderungen. Gleichzeitig
nimmt auch die Transparenz bezüglich pädiatrischer Leistungen und Behandlungsinhalte zu, da die Fälle von Kindern und Jugendlichen, die bisher häufig nur einen
kleinen Anteil des Gesamtkollektivs einer DRG ausmachten, demaskiert werden. Die
Entwicklungen der nun eindeutig identifizierbaren pädiatrischen Fallkollektive sind
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
83
Prüf- und Anpassungsbedarf
anhand der Kalkulationsdaten besonders genau zu beobachten. Der von den
Pädiatern beklagte höhere Aufwand an ärztlicher, pflegerischer und sozialer Betreuung von Kindern und Jugendlichen, der zu unter Umständen erheblichen
personellen und technischen Mehrkosten führt, kann spezifisch ausgewiesen und
analysiert werden. Gleiches gilt für die vermutlich im Vergleich zu den Erwachsenen
unterschiedlichen Verweildauern.
Die Situation allein stehender Kinderkliniken wird sich voraussichtlich durch die
bessere Abbildung der pädiatrischen Fallkollektive verbessern. Dennoch müssen
weiterhin andere Finanzierungskomponenten und die Sonderstellung dieser Fachkliniken als ‚Besondere Einrichtungen’ diskutiert werden, wenn diese häufig sehr
kleinen Krankenhäuser in der Versorgungslandschaft erhalten bleiben sollten (siehe
auch Kapitel 3).
4.8.2.10
Neonatologie
Mit dem Wechsel von Version 2006 zu 2007 des DRG-Systems wurden in der MDC
15 lediglich vereinzelt Splittkriterien, insbesondere bezüglich der Beatmungsdauer,
verändert, bei einigen DRGs sind im Vergleich zu den Vorsystemen deutlich
abweichende Bewertungsrelationen auffällig.
Die „Fehler-DRG“ 963Z (Neonatale Diagnose unvereinbar mit Alter oder Gewicht)
sammelt Fälle, bei denen die kodierte Hauptdiagnose nach Definition nicht mit dem
Patientenalter vereinbar ist. Die Liste der definierten Hauptdiagnosen umfasst eine
große Zahl von Diagnosen aus dem Kapitel XVI (Bestimmte Zustände, die ihren
Ursprung in der Perinatalperiode haben) und ist für das System 2007 weitgehend
übernommen worden. Eine Trennung von korrekt kodierten und unplausiblen Fällen
ist hier nicht zu erwarten. Es wird empfohlen, die Fälle dieser Fehler-DRG nochmals
genau zu prüfen und eine differenzierte Abbildung der Fälle herbeizuführen.
Wie in den Vorjahren empfohlen, sollte die Situation der neonatologischen Abteilungen jährlich genau analysiert und die Einteilung anhand von Gewichtsklassen
wie auch die Pauschalierung prinzipiell kritisch geprüft werden. Dies betrifft insbesondere Frühgeborene mit besonders niedrigen Geburtsgewichten, bei denen der
rasante medizinische Fortschritt und die Variabilität der Behandlungsleistungen
berücksichtigt werden müssen.
4.8.2.11
Organtransplantationsleistungen
Für die Abbildung der Transplantationsmedizin im G-DRG-System haben sich seit
dem Jahr 2004 etliche Veränderungen ergeben, die zum Teil die in Gutachten der
vergangenen Jahre gegebenen Empfehlungen aufgreifen. So wurden im G-DRGSystem 2007 Transplantationen aus der G-DRG B61Z ausgenommen. Trotz der
insgesamt erheblichen Verbesserungen sind die Transplantationsleistungen auch im
DRG-System 2007 noch nicht sachgerecht abgebildet, was auf die Komplexität der
84
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
Leistungserbringung zurückzuführen ist. Organtransplantationen erfordern umfangreiche und aufwändige Vorbereitungen. Der postoperative Verlauf und die Weiterbehandlung der Patienten nach Entlassung aus dem Krankenhaus sind geprägt von
unterschiedlichen Verlaufsmustern und teilweise wiederholten Wiederaufnahmen.
Während sich die eigentlichen Transplantationsaufenthalte zur Transplantation
solider Organe in Grenzen pauschalieren lassen, gilt dies für die Vorbereitung der
Patienten zur Transplantation, aber auch für die Weiterbehandlung nach Transplantationen nicht.
4.8.2.11.1
Multiorgantransplantationen
Transplantationen bestimmter Organkombinationen in einem Aufenthalt werden im
G-DRG-System 2007 nicht adäquat abgebildet. So werden parallel zu einer
Lebertransplantation erbrachte Transplantationen von Pankreas und/oder Dünndarm
im G-DRG-System 2007 nicht berücksichtigt, diese Patienten werden über die GDRGs für die Lebertransplantation abgerechnet. Zwar handelt es sich hier bundesweit nur um wenige Fälle, diese verursachen aber einen extrem gesteigerten Mehraufwand gegenüber den isolierten Lebertransplantationen. Ob sich diese seltenen
Fälle überhaupt pauschalieren lassen, muss durch Analyse der Einzelfälle geprüft
werden. Wahrscheinlich ist auch für diese Fälle eine Herausnahme aus dem G-DRGSystem durch Schaffung unbewerteter G-DRGs (Anlage 3a FPV) notwendig. Eine
alternative Abbildung dieser Fälle durch Erweiterung der Definition der individuell zu
vereinbarenden G-DRG A16A (Transplantation von Darm oder Pankreas) erscheint
grundsätzlich möglich, würde aber zu einer weiteren Inhomogenität des in dieser GDRG abgebildeten Patientenspektrums führen. Auch wäre diese G-DRG dann in der
Abfragehierarchie vor den G-DRGs für isolierte Lebertransplantationen zu
positionieren. Ob sich diese Analyse rein anhand der dem InEK vorliegenden
Kostendaten durchführen lässt, erscheint fraglich. Ggf. ist hierzu eine normative
Änderung erforderlich.
4.8.2.11.2
Durchgehende stationäre Behandlung vor Transplantation
Trotz der Einführung der Evaluations-DRGs und der G-DRGs für einen längeren
stationären Aufenthalt vor Transplantation besteht die Problematik der nicht
sachgerechten Abbildung einer durchgehenden Hospitalisierung vor der Transplantation fort, diese ist im Vorgutachten 2006 ausführlich beschrieben (Kapitel 5.9.4.10,
Seiten 186f).
Im G-DRG-System 2007 wurde die G-DRG A67Z (Längerer stationärer Aufenthalt
vor Transplantationen) (außer Herztransplantation) für einen mindestens 30 Tage
dauernden Aufenthalt vor Transplantation geschaffen. Diese G-DRG wird aber nur
dann erreicht, wenn im gleichen Aufenthalt die Evaluation zur Transplantation, die
Transplantation selbst jedoch nicht im gleichen Aufenthalt erfolgt. Hierfür wurde der
OPS 8-97c (Stationäre Behandlung bei erfolgter Aufnahme auf die Warteliste zur
Organtransplantation) neu geschaffen. Diese G-DRG kommt daher also nur für
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
85
Prüf- und Anpassungsbedarf
Patienten in Betracht, die trotz Listung mit hoher Dringlichkeit auf der Warteliste
versterben oder aber für Patienten, die in einem anderen, mit einem Transplantationszentrum kooperierenden Krankenhaus auf ein Organ warten. Für Patienten, die
bereits zuvor evaluiert und auf die Warteliste aufgenommen wurden und dann z. B.
aufgrund einer akuten Verschlechterung der Organfunktion stationär aufgenommen
werden müssen, kommen die G-DRGs E37Z, F37Z und H37Z in Betracht.
Der Aufwand für Patienten, die im gleichen Krankenhaus nach längerer Wartezeit
transplantiert werden, wird weiterhin nur über die ggf. anfallenden LangliegerZuschläge der Transplantations-DRGs und ggf. über Zusatzentgelte z. B. für mechanische Herzunterstützungssysteme („Kunstherz“) oder für eine Leberdialyse abgebildet. Dass dieses sachgerecht ist, erscheint zweifelhaft.
Möglich wäre eine administrative Trennung der Fälle in einen Aufenthalt vor der
Transplantation und einen Transplantationsaufenthalt. Es wäre zu erwägen, die
durch den neuen OPS-Kode identifizierten Fälle 2006 und 2007 in eine eigene GDRG zu führen, für die individuelle Entgelte zu vereinbaren sind, bis ausreichende
Kalkulationsdaten für bundesweit zu bewertende G-DRGs vorliegen. Bei dieser
Lösung würde die bisherige Abrechnungslogik (ein Fall = eine DRG) aufgehoben.
Dies erscheint aber tolerabel, da das auftrennende Kriterium (Durchführung der
Transplantation) nicht manipuliert werden kann.
4.8.2.11.3
Aufenthalte nach Organtransplantation
Die im Vorgutachten ausführlich beschriebenen Probleme der Abbildung von Aufenthalten nach dem Transplantationsaufenthalt aufgrund von Komplikationen oder
notwendiger Kontrollen bestehen fort. Diese sind im Vorgutachten 2006 im Kapitel
5.9.4.10, Seiten 186ff. beschrieben.
4.8.2.11.4
Vorhaltekosten in Transplantationszentren
In einem Transplantationszentrum wird eine besondere Ausrüstung und besonders
ausgebildetes Personal vorgehalten. Inwieweit diese Vorhaltung durch Transplantationen genutzt wird, ist stark von Bedarf und vor allem von der Verfügbarkeit
von Organen abhängig. Da diese Faktoren nicht vom Krankenhaus beeinflusst
werden können, ist es fraglich, ob Transplantationszentren generell komplett fallbezogen finanziert werden können. Wahrscheinlich bedarf es einer zusätzlichen
Finanzierung. Das 2. FPÄndG ermöglicht es den Vertragsparteien, auf lokaler Ebene
Zu- und Abschläge für die besonderen Aufgaben von Zentren und Schwerpunkten zu
vereinbaren, sofern es auf Landesebene nicht zu einer Einigung gekommen ist. Auf
diesem Wege könnten die außergewöhnlich hohen Vorhaltekosten eines Transplantationszentrums alternativ vergütet werden.
86
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
Empfehlungen:
•
Die Abbildung seltener Kombinationen von Organtransplantationen, z. B.
Leber und Dünndarm oder Leber und Pankreas, ist sorgfältig zu analysieren.
Vermutlich ist eine Herausnahme aus dem G-DRG-System durch Bildung
neuer unbewerteter DRGs oder durch Nutzung der vorhandenen unbewerteten G-DRG A16A erforderlich.
•
Zur Klärung der o. a. Fragen sollte eine differenzierte Aufwandsanalyse der
einzelnen Episoden der Gesamtbehandlung erfolgen. Diese ist aber trotz der
bestehenden Kodes zur besseren Identifizierung unterschiedlicher Fallgruppen nicht auf Basis der Kalkulationsdaten durchführbar, da diese Datenbasis keine Zusammenfassung der Episoden zur Gesamtbehandlung eines
Patienten erlaubt. Es ist ein gesondertes Forschungsprojekt unter Einbeziehung von verschiedenen Transplantationszentren zur Untersuchung dieser
Problematik zu empfehlen. Alternativ können auch schon zeitnah ergänzende
Datenlieferungen zu den aktuell kalkulierten Fällen Informationsdefizite reduzieren und damit die Möglichkeit einer Verkürzung der Anpassungsphase eröffnen.
Folgende Fallkonstellationen sollten im Rahmen der Prüfung auch hinsichtlich
einer Abbildung in eigenen G-DRGs besonders analysiert werden:
- Fälle, die vor der Transplantation mehr als 1 Tag hospitalisiert werden.
- Fälle, die nach dem Transplantationsaufenthalt erneut stationär behandelt
werden mussten.
•
Bildung einer neuen G-DRG für präoperativ behandelte Transplantationsfälle,
für die krankenhausindividuelle Entgelte zu vereinbaren sind.
•
Ggf. Erweiterung der Zuordnung zu G-DRGs für Evaluationsaufenthalte vor
Transplantation um Fälle, die trotz vollständiger Evaluation nicht auf eine
Warteliste aufgenommen werden, sowie um Fälle mit Re-Evaluationen.
•
Operationalisierte Differenzierung zwischen Funktionsverschlechterung und
Abstoßung innerhalb der ICD-Kategorie T86.-. oder Festlegung der Kodierung
der ICD-Kodes T86.-- in Form einer Kodierrichtlinie.
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
87
Prüf- und Anpassungsbedarf
•
Entsprechende Differenzierung der Basis-DRG A60 (Alternativ: Einführung der
T86er-Kodes für die Abstoßung als Splittkriterium für bestimmte DRGs, bei
denen sie häufig als Nebendiagnose verwendet werden). Die Einführung von
spezifischen G-DRGs für eine über das Maß der jetzt bereits existierenden,
transplantationsspezifischen Infektions-DRGs (komplexe Atemwegsinfekte,
septische Krankheitsbilder) erscheint nicht sinnvoll. Es sollte vielmehr überprüft werden, ob eine Homogenität der verschiedenen, bis jetzt nicht berücksichtigten Infektionen besteht und diese in einer DRG zusammengefasst
werden können.
•
Unter Berücksichtung der dargestellten Fallkonstellationen sollten im Rahmen
von besonderen Analysen die in speziellen Transplantationszentren vorgehaltenen Versorgungsstrukturen und die dadurch verursachten Kosten untersucht werden. Inwieweit sich diese Vorhaltungen alleinig über Fälle auslasten
und refinanzieren lassen, hängt von vielen Faktoren, maßgeblich aber von der
Organverfügbarkeit ab.
Sollte eine sachgerechte Finanzierung der Leistungen von Transplantationszentren
über DRG-Pauschalen zunächst nicht möglich sein, ist zu prüfen, ob diese in
organisatorisch abgegrenzten Bereichen (Transplantationszentren) vorübergehend
alternativ finanziert werden müssen. Möglich wäre die Schaffung einer alternativen
Finanzierungsmöglichkeit der außergewöhnlich hohen Vorhaltekosten eines Transplantationszentrums durch generelle Verhandlungsmöglichkeit nach § 17 b Abs. 1
Satz 4 KHG auf lokaler Ebene, wobei die Bewertung der Vorhaltung problembehaftet sein dürfte.
4.8.2.12
Unfallchirurgie / Orthopädie
Eingriffe an mehreren Lokalisationen
Seit 2006 existiert die DRG-Funktion „Eingriffe an mehreren Lokalisationen“. Zur
Bildung „belastbarer“ DRG-Splitts wird diese Funktion nur dann berücksichtigt, wenn
die Eingriffe nicht an unmittelbar benachbarten Lokalisationen durchgeführt wurden
(z. B. Hüftgelenk und Becken). Durch diese Struktur wird eine Reihe von Mehrfacheingriffen nicht sachgerecht berücksichtigt. Eine leistungsgerechte Balance zwischen
ressourcenaufwändigen Mehrfacheingriffen und „banalen“ Leistungserweiterungen
an benachbarten Lokalisationen wurde noch nicht erreicht. Aufgrund einer stetigen
Verbesserung der Datenqualität der InEK-Kalkulationsstichprobe ist eine regelmäßige Neubewertung der Notwendigkeit des Ausschlusskriteriums „unmittelbar
benachbarte Lokalisation“ erforderlich.
Hüft-Endoprothetik und zusätzliche operative Eingriffe
Die Falldefinition der G-DRG I08A (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur) wurde
um Fallkonstellationen mit einer Erstimplantation einer Hüft-TEP und zusätzlichen
Eingriffen an der oberen Extremität oder an der Wirbelsäule während des gleichen
88
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
stationären Aufenthaltes erweitert. Die Systemversion 2006 berücksichtigte diese
kombinierten Eingriffe nicht, die z. B. aufgrund traumatischer Ursachen nicht selten
sind, obwohl ein erhöhter operativer Aufwand resultiert und die Rehabilitation der
Patienten deutlich erschwert sein kann und längere Verweildauern resultieren
können.
Unverständlich ist jedoch die Beschränkung auf TEP-Erstimplantationen. Die
Grenzen dieser neuen DRG-Struktur werden sehr schnell deutlich, wenn keine HüftTEP-Erstimplantation, sondern ein Prothesenwechsel durchgeführt wird. Sofern
relevante Komorbiditäten nicht vorhanden sind, führt diese Fallkonstellation sowohl
bei einem Gruppierungsvergleich 2006 vs. 2007 als auch bei einem Gruppierungsvergleich zwischen TEP-Wechsel und TEP-Erstimplantation innerhalb der Systemversion 2007 zu einer nicht sachgerechten DRG-Eingruppierung verbunden mit einer
Reduktion des DRG-Erlöses. Es ist erforderlich, die relevanten OPS-Kodes für TEPWechsel in die Falldefinition der G-DRG I08A aufzunehmen.
4.8.2.13
Polytrauma
Für die MDC 21A gab es von 2006 nach 2007 keine relevanten Veränderungen. Dies
besagt nicht, dass in dieser MDC abschließend eine sach- und leistungsgerechte
Abbildungsqualität vorhanden wäre. Weiterhin besteht aus Sicht der beteiligten Fachgesellschaften ein nicht unerheblicher Anpassungsbedarf. Dies betrifft im Wesentlichen eine bis heute nicht ausreichend vorhandene „Definition“ des Begriffs Polytrauma im Sinne der MDC-Zuordnung. Die Fachgesellschaften halten in diesem
Zusammenhang auch eine Berücksichtigung der Verletzungsschwere als Parameter
für den Ressourcenaufwand für notwendig. Dies könnte z. B. in Form eines OPSKomplex-Kodes geschehen, in dessen inhaltlicher Ausgestaltung auch die Intensivmedizinische Komplexbehandlung einbezogen werden sollte.
4.8.2.14
Schwer Brandverletzte
Die in den Vorgutachten beschriebenen grundsätzlichen Probleme bei der Abbildung
schwer Brandverletzter bestehen fort (s. z. B. Gutachten 2006: Kapitel 5.9.4.5). Abhängig vom Ausmaß der Verbrennungen und Begleiterkrankungen verursachen
diese Patienten einen extrem variablen Aufwand. Bei der Vergütung dieser in den
wenigen speziellen Einrichtungen behandelten Patienten müssen auch die Vorhaltekosten berücksichtigt werden (s. auch Kapitel 3.4.3). Auch wenn der Forderung nach
einer Herausnahme der Schwerbrandverletzten aus der DRG-basierten Finanzierung
und der grundsätzlichen Klassifizierung von Verbrennungsbetten vorhaltende
Abteilungen als Besondere Einrichtungen auch für 2007 nicht bzw. noch nicht
aufgegriffen wurde, besteht dennoch mit der individuellen Vergütungsmöglichkeit
eine de-facto-Herausnahme aus der DRG-Vergütung zumindest für die Fallgruppen
in den nicht bewerteten DRGs. Damit können die Vergütungen für die Behandlung
dieser Patienten unter Berücksichtigung der vor Ort tatsächlich anfallenden Kosten
leistungsgerecht vereinbart werden.
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
89
Prüf- und Anpassungsbedarf
Empfehlung:
Bei einer insgesamt kleinen Fallzahl sind die ärztlichen und pflegerischen, aber auch
frührehabilitativen Aufwände erheblich und über ein pauschalierendes System nicht
sachgerecht abbildbar. Organisatorisch abgrenzbare Bereiche zur Behandlung
schwer Brandverletzter sollten zunächst nicht über DRGs finanziert werden. Die
Budgets sind aus dem DRG-Budget zu isolieren und gesondert unter Berücksichtigung der Vorhaltung und der erbrachten Leistungen zu verhandeln. Diese Abteilungen können nicht in eine wettbewerbsorientierte Struktur und Finanzierung überführt werden. Hier muss eine Refinanzierung der notwendigen Kosten für die Vorhaltung und Behandlung erfolgen.
4.8.2.15
Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie
Obwohl begrüßenswerte Neuerungen für sehr spezielle Fallgruppen der HNOHeilkunde im G-DRG-System 2007 etabliert wurden, bleibt weiterhin ein wesentlicher
Problembereich ungelöst. Dies betrifft die Wertung von diagnostischen Endoskopien
mit starren Instrumenten als nicht-operativen Eingriff. Im Gegensatz zu den flexiblen
Endoskopien der Gastroenterologie werden starre diagnostische Endoskopien der
HNO nicht als OR-Prozeduren gewertet und somit DRGs der medizinischen Partition
der MDC03 zugeordnet. Dies hat gegenwärtig zur Folge, dass es z. B. bei diagnostischen Endoskopien zur Tumorabklärung in der Basis-DRG D60 (Bösartige
Neubildungen an Ohr, Nase, Mund und Hals) zu einer Vermischung von Patienten
mit sehr kurzen Verweildauern (diagnostische Endoskopie) und Patienten mit
längeren Verweildauern (systemische Chemotherapie) kommt, was einer sach- und
leistungsgerechten Fallzuordnung weiterhin entgegensteht.
Aufgrund der Rigidität des Instrumentariums und der komplexen anatomischen
Verhältnisse von Rachen, Kehlkopf und Luftröhre werden starre diagnostische Endoskopien im HNO-Bereich regelhaft in Allgemeinanästhesie durchgeführt. Bei komplizierenden Komorbiditäten oder postoperativen Morbiditätsrisiken (Schwellung der
Atemwege mit Luftnot, Blutungsrisiken) werden diese Eingriffe zudem in der Mehrzahl im Rahmen eines stationären Aufenthaltes erbracht. Wesentliche Unterschiede
zwischen starren diagnostischen Endoskopien der HNO und flexiblen Endoskopien
z. B. der Gastroenterologie sind
•
die Notwendigkeit der Durchführung in einem Operationssaal
•
die regelhafte Durchführung in Vollnarkose mit Beatmung
•
erhöhte intrainterventionelle Risiken wie z. B. Perforation, Blutung,
•
erhöhte postinterventionelle Risiken wie z. B. Schwellung, Luftnot
Notwendig ist eine sachgerechte Gruppierung diagnostischer Endoskopien in
separaten Basis-DRGs der „chirurgischen“ oder der „sonstigen“ Partition der MDC.
90
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
4.8.2.16
Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
Nach den Anpassungsvorschlägen der Vorjahre, die nicht zuletzt aus dem DRGEvaluationsprojekt der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie in Zusammenarbeit mit der DRG-Research-Group resultierten, ergeben sich
für den Bereich der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie aktuell nur noch wenige
Abbildungsprobleme.
Ein weiter bestehender Aspekt bleibt systembedingt die kombinierte Erbringung von
Leistungen innerhalb der MDC 03 durch die Fachgebiete Mund-, Kiefer- und
Gesichtschirurgie und Hals-Nasen-Ohrenheilkunde. Hier kann die Mischkalkulation
der von beiden Fachgebieten in teilweise sehr unterschiedlicher Verteilung erbrachten Leistungen in gemeinsamen G-DRGs zur Querfinanzierung zwischen den Fachgebieten führen. Es wäre eine an der Fachabteilung orientierte Auswertung und
Kalkulation durch das InEK wünschenswert, um diese schwer quantifizierbaren Auswirkungen abschätzen zu können.
Ein weiteres Problem findet sich auf der Ebene der Kodierung. Da die unterschiedlichen Osteosyntheseverfahren und Verfahren zur Okklusionssicherung
vielfach im Zusammenhang mit Frakturen erbracht werden, existieren auch nur
Kombinations-OPS-Kodes zur Darstellung dieser Leistungen (z. B. 5-769.0: Andere
Operationen bei Gesichtsschädelfrakturen: Maßnahmen zur Okklusionssicherung an
der Maxilla). Nicht selten werden diese Leistungen aber auch prophylaktisch im
Rahmen von Zahnsanierungen oder als okklusionssichernde Maßnahmen bei kieferchirurgischen Interventionen durchgeführt, so dass dann der Textkomponente
„andere Operationen bei Gesichtsschädelfrakturen“ nicht Rechnung getragen werden
kann. Überdies stellt das Fehlen eines Kodes für eine Fraktur im Gesichtsschädelbereich bei Vorhandensein der erwähnten OPS-Kodes im Abrechnungsdatensatz
häufig die Ursache für Rückfragen und Prüfungen der Kostenträger dar. Es ist
entweder die Schaffung neuer OPS-Kodes oder, vereinfachend, die Streichung des
Zusatzes „andere Operationen bei Gesichtsschädelfrakturen“ zu empfehlen.
4.8.2.17
Gastroenterologie
Durch konsequente jährliche Überarbeitung ist in der Abbildung von Krankheiten und
Störungen der Verdauungsorgane bereits eine sehr differenzierte und weitgehend
sachgerechte Abbildung erzielt worden. Insbesondere werden innovative Behandlungsverfahren zunehmend berücksichtigt.
In den Basis-DRGs G46 und G48 wird im G-DRG-System 2007 die intravenöse
Anästhesie als Splittkriterium genutzt. Die Kodierung dieses Kodes erfolgt uneinheitlich und unabhängig von der Schwere der Erkrankung oder des Eingriffs. Auch im
Rahmen eines Projektes der DGVS in Zusammenarbeit mit der DRG-ResearchGroup hat sich die intravenöse Anästhesie als nicht belastbare Gruppierungsvariable
herausgestellt. Eine sachgerechte Differenzierung der Fälle anhand dieses Kriteriums ist nicht zu erwarten, eine Überprüfung dieses Attributs daher erforderlich.
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
91
Prüf- und Anpassungsbedarf
Unzureichend erscheint weiterhin die Abbildung von Fällen mit chronischentzündlichen Darmerkrankungen, die bei schwerer Erkrankung über einen längeren
Zeitraum intensiv konservativ behandelt werden, um eine drohende Operation abzuwenden. Dieses hochaufwändige Fallkollektiv zeichnet sich häufig weder durch
Komorbiditäten noch durch interventionelle Eingriffe aus. Eine sachgerechte Vergütung dieser Leistung ist über das aktuelle G-DRG-System nicht möglich.
Eine klassische Konstellation bei Choledocholithiasis ist die Durchführung einer
laparoskopischen Cholezystektomie im Anschluss an einen hochaufwändigen aber
mitunter erfolglosen Versuch einer therapeutischen ERCP (Endoskopisch retrograde
Cholangio-Pankreatiko-Graphie). In der Version 2007 des G-DRG-Systems führt die
korrekte Kodierung der Operation als zusätzliche Maßnahme in der Standardsituation
zu einer Mindervergütung bei Mehrleistung.
4.8.2.18
Endokrinologie
In den endokrinologischen Fachabteilungen werden häufig Patienten behandelt,
deren Erkrankung eine aufwändige Diagnostik (z. B. laborchemische Bestimmung
bestimmter Hormonspiegel) und zumeist auch eine aufwändige Therapie (z. B. die
Gabe teurer Hormonersatzpräparate) oder komplizierte Operationen erforderlich
macht. Die niedrige Prävalenz vieler endokrinologischer Erkrankungen (Beispiel:
Prolaktinom 0,06%, Morbus Cushing 0,007%6) bedingt, dass diese schweren Erkrankungen nur an bestimmten spezialisierten Abteilungen behandelt werden, die häufig
an Krankenhäusern der Maximalversorgung angesiedelt sind. Eine sachgerechte
Vergütung über unspezifische DRGs ist nicht zu erwarten.
4.8.2.19
Rheumatologie
Unverändert bleibt die G-DRG I97Z (Rheumatologische Komplexbehandlung bei
Krankheiten und Störungen am Muskel-Skelett-System und Bindegewebe) unbewertet (Anlage 3a FPV 2007) und muss krankenhausindividuell nach § 6 Abs. 1
KHEntgG verhandelt werden. Da in dieser G-DRG Fälle der Kinder- und Erwachsenenrheumatologie kondensiert werden, wäre aufgrund der unterschiedlichen Strukturen und Sachkosten eine Bewertung nur bei Trennung der Kollektive möglich. Nach
Einführung des entsprechenden OPS-Kodes für die Kinder- und Jugendrheumatologie (8-986) 2006 ist eine differenzierte Kalkulation des Kollektivs für die Version
2008 anzustreben. Außerdem sollte das Fallkollektiv hinsichtlich der Behandlungsund Diagnosehomogenität überprüft werden. Vorrangige Frage ist hier, ob alle verschiedenen Fallgruppen sachgerecht über eine einzige G-DRG abgebildet werden
können.
6
Dr. Fingscheidt, Medizinische Universität zu Lübeck, http://www.strandpraxis.de/end.htm
92
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
Der größte Teil der in rheumatologischen Kliniken behandelten Fälle wird wenigen
unspezifischen konservativen G-DRGs der MDC 08 zugeordnet. Die sachgerechte
Vergütung der relativ kleinen Patientenkollektive ist durch den begrenzten Einfluss
auf die Kalkulation der Bewertungsrelationen und Verweildauerwerte der entsprechenden G-DRGs gefährdet. Insbesondere gilt dies auch für die relativ gesehen
noch kleinere Zahl der kinder- und jugendrheumatologischen Fälle, die ebenfalls
überwiegend diesen unspezifischen G-DRGs zugeordnet wird. Neue Kondensationen, wie z. B. die der I66D (Andere Erkrankungen des Bindegewebes, [...] oder
Frakturen an Becken und Schenkelhals oder Fibromyalgie) in der Version 2007
können diesen Effekt noch verstärken. Auf ungünstige Kondensation von Fallkollektiven, die von unterschiedlichen Strukturen versorgt werden, wurde bereits in
Kapitel 4.7.2 hingewiesen. Es ist nicht von einer gleichförmigen Kostenentwicklung
auszugehen.
4.8.2.20
Geriatrie
Wie bereits in früheren Gutachten (s. Gutachten 2006 Kapitel 6.14.1.4) beschrieben,
ist die spezialisierte Komplexbehandlung bei geriatrischen Patienten häufig in Verbindung mit unterschiedlichen chirurgischen und anderen Leistungen wie beispielsweise der Strahlentherapie Teil einer Leistungskombination. Eine adäquate Abbildung von Leistungskombinationen stellt sich im G-DRG-System häufig problematisch dar, da dabei Leistungen mit sehr unterschiedlichen Kosten zu „SammelDRGs“ zusammengeführt werden (s. auch Kapitel 4.7.2, 4.7.3 und 4.7.7). Darüber
hinaus sind die Kalkulationsmöglichkeiten und -ergebnisse davon abhängig, welche
der Leistungskombinationen bzw. in welchem Maß diese bei den Kalkulationskrankenhäusern tatsächlich erbracht werden.
Die Abbildung von Behandlungsfällen mit einer geriatrischen frührehabilitativen
Komplexbehandlung über „Kombinations-DRGs“ und damit verbundener Kondensation unterschiedlicher Fallkollektive ist zwar möglich, stellt aber aus oben genannten Gründen ggf. nicht die optimale Lösung des Problems dar. Alternativ
erscheint die Abbildung der geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlung als
Zusatzentgelt sinnvoller und sollte im Rahmen der Weiterentwicklung des G-DRGSystems bedacht und analysiert werden.
Die Abgrenzungsproblematik unterschiedlicher (frührehabilitativer) Komplexbehandlungen wird in Kapitel 4.7.7 thematisiert.
Das Problem der Abrechnung kombiniert voll- und teilstationärer Leistungen bei einer
verweildauerabhängigen Komplexbehandlung wird in Kapitel 4.2.5 diskutiert.
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
93
Prüf- und Anpassungsbedarf
4.8.2.21
Alkoholbezogene Störungen, Qualifizierter Entzug
Über die Bundesrepublik verteilt haben sich circa zehn internistische Fachabteilungen auf die so genannte Qualifizierte Entzugsbehandlung (QE) bei Alkoholaber auch bei Drogensucht spezialisiert.
Der QE wird seit 2006 über die OPS 8-985.1/8-985.2/ 8-985.3 bei der Basis-DRG
V60 (Alkoholintoxikation und -entzug oder Störungen durch Alkoholmissbrauch und
Alkoholabhängigkeit) berücksichtigt. Der QE bei anderen Abhängigkeiten wird derzeit
nicht berücksichtigt.
Problematisch sind auch Fälle, die nicht primär wegen eines Alkoholabhängigkeitssyndroms stationär aufgenommen werden, bei denen jedoch ein therapiebedürftiges
Alkoholabhängigkeitssyndrom diagnostiziert wird und die Bereitschaft des Patienten
besteht, dieses behandeln zu lassen. Medizinisch und volkswirtschaftlich ist die
Qualifizierte Entzugsbehandlung wünschenswert. Bei einer Entlassung des Patienten
besteht die Gefahr, dass ein Rückfall droht und/oder der Patient die Bereitschaft zum
Entzug verliert. In der Regel ist daher eine nahtlose Weiterbehandlung im selben
Aufenthalt indiziert. Dennoch muss als Hauptdiagnose diejenige Erkrankung kodiert
werden, die den stationären Aufenthalt veranlasst hat. Erfolgt keine Verlegung in
eine nach BPflV abrechnende Abteilung, so wird der Mehraufwand des Hauses
durch die Weiterbehandlung in der DRG-Pauschale nicht abgebildet. Maximal kann
in seltenen Fällen aufgrund der Nebendiagnose F10.2 der Schweregrad gesteigert
und die Eingruppierung in eine höher bewertete DRG-Splitt erfolgen. Dies ist jedoch
unabhängig davon, ob ein QE tatsächlich durchgeführt wurde. Es ist daher von einer
systematischen Benachteiligung somatischer Abteilungen, die eine Entzugsbehandlung durchführen, auszugehen.
Ob bei der geringen Zahl betroffener Kliniken und den niedrigen Fallzahlen eine
Finanzierung über das DRG-System, wie für 2007 umgesetzt, langfristig sinnvoll ist,
ist fraglich. Sinnvoller erscheint daher die Lösung über ein Zusatzentgelt.
4.8.2.22
Geburtshilfe
Das G-DRG-System 2007 wird möglicherweise das letzte gewesen sein, in dem eine
Bewertung der „Fehler-DRG“ 962Z erfolgt ist. Die Kalkulationsdaten aus 2006
werden kaum noch Fälle mit dieser „Fehler-DRG“ enthalten, da die meisten Krankenhäuser 2006 vollständig unter DRG-Bedingungen abgerechnet haben dürften. Damit
haben letztlich alle Krankenhäuser und Krankenkassen die aufwändige, fehleranfällige und schulungsintensive „korrekte“ Kodierung in der Geburtshilfe mit viel
Aufwand gelernt. Eine datengetriebene Vereinfachung der Kodierung und Gruppierung dürfte damit kaum noch möglich sein. Die Limitationen eines rein datengetrieben lernenden Systems sind an diesem Beispiel gut ersichtlich.
Probleme bei der Abbildung in der Geburtshilfe und Neonatologie treten noch dort
auf, wo Probleme beim Neonaten/Fetus Kosten bei der Mutter und Probleme bei der
94
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
Mutter Kosten bei den Neonaten nach sich ziehen. Leistungen und Diagnosen
können jeweils nur im Datensatz des/der jeweiligen Betroffenen kodiert werden. So
fehlt z. B. die Abbildbarkeit fetaler Pathologien im mütterlichen Datensatz.
Auf problematische Anreize bei Aufnahmen zur Verhinderung einer Frühgeburt
wurde bereits in Kapitel 3.4.5. hingewiesen.
4.8.2.23
Urologie
Im Fachgebiet Urologie und Nephrologie resultieren neue DRGs und DRG-Splitts
überwiegend aus der zunehmenden Berücksichtigung von Alters- und Komorbiditätskriterien, ein Trend, der dem des gesamten Kataloges 2007 entspricht.
Neue DRGs entstanden durch die Berücksichtigung der intensivmedizinischen Aufwandspunkte außerhalb der Prä-MDC (L36Z), der Realisierung der Abbildung der
komplexen Behandlung multiresistenter Erreger (L63A) und der Berücksichtigung
mehrzeitiger Eingriffe (L33Z).
Eine Forderung der letzten Jahre nach besonderer Berücksichtigung der Workbenchsurgery der Niere wurde auch im System 2007 nicht umgesetzt, die Etablierung eines
eigenständigen OPS-Kodes für die Teilresektion an der Niere in Kaltperfusion kann in
weiteren Kalkulationsrunden jedoch eine adäquate Identifizierbarkeit dieser Fälle und
damit eine datengetriebene Umsetzung der Forderung nach einer Anpassung der
Vergütung bringen.
Auch weiterhin bestehen Defizite innerhalb der MDCs 11 und 12. So sind die Möglichkeiten zur Kodierung lasergestützter Eingriffe weiter überarbeitungswürdig. Diese
Eingriffe repräsentieren ein zunehmend größer werdendes und inhaltlich eigenständiges Fallspektrum. Der existierende Zusatzkode ohne klaren Bezug zu einem
bestimmten Eingriffskode ist keine zukunftsweisende Lösung. Auch fehlt weiterhin
eine Refinanzierung der zum Teil erheblichen Kosten für die Laservaporisation der
Prostata zum Beispiel über ein Zusatzentgelt.
Eine fundamentale Überarbeitung der Leistungsabbildung für Eingriffe am Penis
(DRG M03Z) steht ebenfalls weiterhin aus. In dieser G-DRG sammeln sich auch in
2007 viele Eingriffe, die nicht leistungs- und aufwandshomogen sind.
Ein Problem besteht auch innerhalb der neu geschaffenen G-DRG L37Z (Große
Eingriffe an Darm oder Harnblase bei Erkrankungen und Störungen der männlichen
Geschlechtsorgane). Die Kodierung einer Blasenteilresektion in Verbindung mit
einem Eingriff an den männlichen Geschlechtsorganen führt in diese G-DRG für
kombinierte Eingriffe, während die einfache oder radikale Zystektomie als wesentlich
aufwändigere Operation weiterhin die Eingruppierung in die niedriger bewertete
Basis-DRG M01 zur Folge hat. Diesem Umstand liegt eine fehlerhafte Zuordnung der
OPS-Kodes innerhalb der entsprechenden Definitionstabelle zugrunde, bei der zwar
die Kodes für die einfache bzw. radikale Zystektomie bei der Frau berücksichtigt
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
95
Prüf- und Anpassungsbedarf
werden, die Kodes für die Durchführung beim Mann jedoch ausgenommen sind.
Fälle weiblichen Geschlechts sind jedoch per definitionem von der Gruppierung in die
Hauptdiagnosekategorie 12 ausgeschlossen. Hier müssen die fraglichen Kodes
dringlich ausgetauscht werden, um Fehlanreizen für eine Kodierung von Teilresektionen trotz durchgeführter Zystektomien und den damit verbundenen Folgen für
den InEK-Datensatz vorzubeugen.
4.8.2.24
Dermatologie
Auf der DRG-Systemebene haben sich für die MDC 09 für das Jahr 2007 keine größeren Änderungen vollzogen. Die Leistungen der konservativen Therapie sind im
Rahmen der Kalkulation des InEK insgesamt niedriger bewertet worden.
Innerhalb der MDC 09 findet sich jedoch auch noch Anpassungsbedarf hinsichtlich
einer sachgerechten Abbildung vieler dermatologischer Leistungen. Im Rahmen
eines DRG-Evaluationsprojektes der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft in
Zusammenarbeit mit der DRG-Research-Group fanden sich folgende systematische
Änderungsvorschläge:
Fälle mit Erysipel und/oder Ulcus der Haut kennzeichnen sich in der Regel durch
eine signifikant längere Verweildauer als andere Fälle in den derzeitig angesteuerten
DRGs. Da die in diesem Zusammenhang möglichen und regelhaft erbrachten
Eingriffe im Vergleich mit der Verweildauer eher eine untergeordnete Rolle für die
Kosten des Falles spielen, erscheint eine Sammlung all dieser Fälle z. B. in der GDRG J60Z sinnvoll.
Ein ebenfalls eher systematisches Problem stellt die Erbringung mehrfacher Eingriffe
in der Dermatologie dar. Gängige Therapiekonzepte bedingen hier häufig die Erbringung von Leistungen in mehreren Eingriffen. Dieser Mehraufwand findet sich in
der Bewertung dieser Fälle im Vergleich mit Fällen ohne dieses Charakteristikum in
der Regel nicht wieder. Die Betrachtung der bisher als Funktionen in anderen MDCs
herangezogenen komplexen OR-Prozeduren ist in der Dermatologie derzeit nicht
sinnvoll. Hier sollte entweder eine Berücksichtigung von Mehrfacheingriffen in
Abhängigkeit einer im Anpassungsvorschlag der DDG aufgeführten Prozedurenliste
stattfinden, oder die Liste der komplexen OR-Prozeduren um die aufwändigen
dermatologischen Eingriffe erfolgen.
Multiresistente Keime stellen insbesondere in der Dermatologie in Anbetracht der
Beschäftigung des Faches mit chronischen Wunden häufig hospitalisierter Fälle ein
besonderes Problem dar. Analog zu anderen MDCs sollte auch in der MDC 09 eine
besondere Berücksichtigung der Fälle mit erfolgter Komplexbehandlung bei multiresistenten Keimen erfolgen.
Histographisch kontrollierte Eingriffe an der Haut gehören zum Standard der
modernen Dermatologie. Bei der Durchführung der Mikrographie werden Fälle der
MDC 09 jedoch regelhaft in schlechter bewertete DRG-Fallpauschalen eingruppiert.
96
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Prüf- und Anpassungsbedarf
Hier sollten die Tabellen der betreffenden DRGs entsprechend dem Vorschlag der
DDG umgestaltet werden, um eine sachgerechte Vergütung des aufwändigeren
Verfahrens zu ermöglichen.
In der MDC 09 ist die partitionsübergreifende Abfrage der DRGs in der absteigenden
Reihenfolge der Bewertungsrelationen noch nicht adäquat umgesetzt. Daher kommt
es in dermatologischen Standardsituationen zu Abwertungen von Behandlungsfällen
durch die Erbringung kleinerer operativer Eingriffe. Die Hierarchisierung dieser MDC
sollte daher dringend anhand der Bewertungsrelationen umgearbeitet werden.
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
97
98
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Anhang
Quellenverzeichnis
5 Quellenverzeichnis
Bisherige Gutachten
1.
Roeder N., (2006), Anpassungsbedarf der Vergütung von Krankenhausleistungen für 2007. Gutachten im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft / Norbert Roeder – Münster, Mai 2006: DRG-Research-Group,
siehe http://www.dkgev.de
2.
Roeder N., (2005), Anpassungsbedarf der Vergütung von Krankenhausleistungen für 2006. Gutachten im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft / Norbert Roeder – Münster, Mai 2005: DRG-Research-Group,
siehe http://www.dkgev.de
3.
Roeder N., (2004), Anpassungsbedarf der Vergütung von Krankenhausleistungen für 2005. Gutachten im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft / Norbert Roeder – Münster, Mai 2004: DRG-Research-Group,
siehe http://www.dkgev.de
4.
Roeder N., (2003) Anpassungsbedarf des G-DRG-Systems an das deutsche
Leistungsgeschehen, Gutachten im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft / Norbert Roeder – Münster, Mai 2003: DRG-Research-Group,
siehe http://www.dkgev.de
Ausgewählte Berichte zu Projekten der DRG-Research-Group
1.
Loskamp N.: DRG-Benchmarkprojekt 2005: Benchmarking stationärer MKGChirurgischer Behandlungen in Hauptfachabteilungen im Jahr 2005 und
Anpassungsbedarf des G-DRG-Systems 2006 / Norbert Loskamp, Norbert
Roeder - Münster, Schüling-Verlag, 2006; ISBN 3-86523-050-4
2.
Franz, Dominik: DRG-Evaluationsprojekt Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopfund Hals-Chirurgie: Abbildungsqualität stationärer Therapien der Hals-NasenOhrenheilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie und Anpassungsbedarf des GDRG-Systems / Dominik Franz, Norbert Roeder, Jürgen Alberty – Münster,
Schüling Verlag, 2005; ISBN 3-86523-035-0
3.
Franz, Dominik: DRG-Evaluationsprojekt Onkologie – Solide Tumore:
Abbildungsqualität stationärer onkologischer Therapien solider Tumore und
Anpassungsbedarf des G-DRG-Systems / Dominik Franz; Stefan Glocker;
Norbert Roeder, Münster - Schüling, 2004; ISBN 3-865-23-005-9
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
99
Anhang
Quellenverzeichnis
4.
Franz, Dominik: DRG-Evaluationsprojekt Hämatoonkologie. Abbildungsqualität
stationärer hämatoonkologischer Therapien und Anpassungsbedarf des GDRG-Systems / Dominik Franz; Stefan Glocker; Norbert Roeder, Münster Schüling, 2004; 3-865-23004-0
5.
Glocker, Stefan: DRG-Evaluationsprojekt Knochenmarktransplantation: Abbildungsqualität stationärer Knochenmark- und Stammzelltransplantationen
und Anpassungsbedarf des G-DRG-Systems / Stefan Glocker; Cornelie Haag;
Dominik Franz; Norbert Roeder, Münster - Schüling, 2004; 3-865-23013-X
6.
Loskamp N.: DRG-Evaluationsprojekt Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie.
Abbildungsqualität stationärer MKG-Chirurgischer Behandlungen und Anpassungsbedarf des G-DRG-Systems / Norbert Loskamp, Norbert Roeder,
Münster, Schüling-Verlag, 2004; ISBN 3-86523-011-3
Ausgewählte Publikationen der DRG-Research-Group
1.
Franz D., Franz K., Roeder N., Hörmann K., Fischer R.-J. und Alberty J.,
(2007), Analyse der Abbildungsqualität großer operativer Eingriffe an Kopf und
Hals in den G-DRG-Systemen 2004-2007, HNO, Online publiziert: 6. April
2007
2.
Franz D., Roeder N., Hörmann K., Alberty J., (2007), HNO-Heilkunde, Kopfund Hals-Chirurgie im G-DRG-System 2007, HNO, Online publiziert: 27. April
2007
3.
Franz D., Windolf J., Kaufmann M., Siebert C.H., Roeder N., (2007), Die
Handchirurgie im G-DRG-System 2007, Der Unfallchirurg, Online publiziert:
26. April 2007
4.
Franz D., Kaufmann M., Siebert C.H., Windolf J., Roeder N., (2007),
Unfallchirurgie und Orthopädie im G-DRG-System 2007, Der Unfallchirurg,
3:270-280
5.
Kaufmann M.M., Franz D., Lassahn C., Siebert C.H., (2007), HüftgelenksEndoprothetik im DRG-System, Z Orthop, 145:61-67
6.
Liedtke-Dyong, A, Fiori W, Lakomek HJ, Wenke A, Limann W, Roeder N.
(2007) Gibt es Neues für die Rheumatologie in G-DRG-System 2007? Z
Rheumatol, 2007 Mai 24 [im Druck]
7.
Roeder N., Siebers L., (2007), Finanzierung der minimal invasiven Herzchirurgie und Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
(NUB) im DRG-System, casemix cardiovascular, 7:27-33
100
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
Anhang
Quellenverzeichnis
8.
Siebers L., (2007), Abbildung der Kardiologie im DRG-System 2007, casemix
cardiovascular, 7:2-15
9.
Siebers L., Roeder N., (2007), Intraoperative Behandlung von Vorhofflimmern
- MAZE-Prozedur und intraoperative Ablationsverfahren im G-DRG-System
2007, casemix cardiovascular, 7:34-40
10.
Bunzemeier H., Rosien U., Roesch T., Akoglu B., Brechmann T., Roeder N.,
(2006) Gastroenterologie und Hepatologie im G-DRG-System 2006, Z
Gastroenterol, 44:1195–1199
11.
Franz D., Kaufmann M., Siebert C.H., Siebert H., Wenke A., Roeder N.,
(2006), Das G-DRG-System 2006. Veränderungen für die Unfallchirurgie und
Orthopädie, Der Unfallchirurg, Der Unfallchirurg, 2:165-175
12.
Franz D., Roeder N., Hörmann K., Alberty J., (2006), Das G-DRG-System und
seinen Auswirkungen auf die Abbildungsqualität der HNO-Heilkunde und
Kopf- und Hals-Chirurgie, HNO, 4:275-279
13.
Roeder N., Fiori W., Wenke A., (2006), Methodik zur Bewertung von nicht
bewerteten DRGs, das Krankenhaus, 2:120-123
14.
Roeder N., Fiori W., Ringelstein E.B., (2006), Schlaganfallbehandlung im
deutschen DRG-System 2006, Der Nervenarzt, 2:221-228
15.
Siebers L., Bunzemeier H., Roeder N., (2006), Herz-Kreislauf-Medizin im GDRG-System 2006, das Krankenhaus, 3:192-202
16.
Fiori W., Bunzemeier H., Franz D., Hensen P., Irps S., Loskamp N., Siebers
L., Wenke A., Roeder N., (2005), G-DRG-Version 2006 – Komplexer aber
gerechter?, Arzt und Krankenhaus, 11:Sonderdruck
17.
Juhra C., Roeder N., Loskamp N., Bunzemeier H., Overkamp D., Häring H.U.,
(2005), Endokrinologie im G-DRG-System, Diabetes und Stoffwechsel, 14:1930
18.
Roeder N., Franz D., Glocker S., Krych M., Krause S.W., Thalheimer M.,
Ganser A., Ostermann H., (2005), G-DRG-System in der Onkologie, Der
Onkologe, 2:173-189
19.
Roeder N., Hensen P., Fiori W., Bunzemeier H., Franz D., Rochell B., (2004),
Zusatzentgelte im DRG-System 2005. Aufwändige Teilbereiche werden ausgegliedert und stärken das Fallpauschalensystem, f&w, 6:566-574
Gutachten DKG, © DRG-Research-Group
101
Anhang
Quellenverzeichnis
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Roeder N., Fiori W., Loskamp N., Bunzemeier H., Juhra C., Hensen P.,
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