Anpassungsbedarf der Vergütung von Krankenhausleistungen für 2008 Gutachten im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft erstellt durch Prof. Dr. med. Norbert Roeder Dr. med. Wolfgang Fiori Dr. med. Holger Bunzemeier und das Team der DRG-Research-Group Universitätsklinikum Münster Westfälische Wilhelms-Universität Domagkstr. 20, 48129 Münster Mai 2007 Präambel Mit dem Jahr 2005 entfaltete das DRG-System durch den Beginn der Konvergenzphase direkte Wirkungen auf die Erlössituation der einzelnen Krankenhäuser. Hierdurch stiegen die Anforderungen an die Sachgerechtigkeit der Abbildung und Refinanzierung von stationären Krankenhausleistungen über DRG-Fallpauschalen und Zusatzentgelte erheblich. Trotz der deutlichen Fortschritte bei der Weiterentwicklung des G-DRG-Systems hat es noch keinen vollständig ausreichenden Reifegrad erreicht. Die Wirkung des DRG-Systems auf die finanzielle Situation der Krankenhäuser kann sich nur parallel mit der Entwicklung des Systems entfalten, um ungewollte Verwerfungen in der Struktur der Krankenhausversorgung zu vermeiden. Die Frage der Systemreife hat eine hohe Bedeutung für die Ausgestaltung des ordnungspolitischen Rahmens nach 2009, die inhaltlich in diesem Jahr diskutiert werden muss. Das Institut der Selbstverwaltung, InEK gGmbH, dem bei der Weiterentwicklung des DRG-Kataloges eine zentrale Rolle zukommt, leistet eine ausgezeichnete Arbeit. Durch eine ständig zunehmende Differenzierung der Plausibilisierungen und des Kalkulationsverfahrens sowie der Etablierung der ergänzenden Datenlieferung konnte die Systemqualität ständig verbessert werden. Allerdings kann dieser Weg nur beschritten werden, weil eine große Zahl von Krankenhäusern das InEK jedes Jahr mit aufwändigen Kalkulationen unterstützt. Diesen Krankenhäusern gebührt der besondere Dank aller Akteure und Nutzer des G-DRG-Vergütungssystems. Dank gebührt auch den medizinischen Fachgesellschaften und weiteren Institutionen, die sich konstruktiv in das jährliche Vorschlagsverfahren zur Einbindung externen Sachverstandes beim InEK einbringen. Die Diskussionen mit allen Beteiligten verbessern das System, aber auch das Verständnis für die DRG-Einführung. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft beteiligt sich mit der Veröffentlichung dieses Gutachtens an der Diskussion zur Weiterentwicklung des G-DRG-Systems. Wie in den Vorjahren konnten Herr Prof. Dr. Norbert Roeder und seine DRG-ResearchGroup an der Universität Münster als ausgewiesene Experten für die Gutachtenerstellung gewonnen werden. In diesem Jahr erfolgt eine Beschränkung auf die Darstellung aktueller Anpassungsprobleme, weshalb auch auf die Vorgutachten verwiesen wird. Dieses Gutachten kann keinen Anspruch auf Vollständigkeit bezüglich sämtlicher Problemkonstellationen erheben. Auch sind die Ausführungen und Lösungsvorschläge als Empfehlungen des neutralen Gutachters zu verstehen und können deshalb nicht umstandslos als DKG-Positionen aufgefasst werden. Mit der Veröffentlichung des Gutachtens sollen sowohl ein konstruktiver Beitrag für den Anpassungsprozess als auch Anregungen für die weitere wissenschaftliche und politische Diskussion auch im Kontext der Anpassung des ordnungspolitischen Rahmens gegeben werden. Georg Baum Hauptgeschäftsführer Deutsche Krankenhausgesellschaft Danksagung Dieses Gutachten wurde vom Team der DRG-Research-Group des Universitätsklinikums Münster erstellt. Wir möchten uns ganz herzlich bei diesem Team für diese Leistung bedanken, welche ohne diese Unterstützung nicht möglich gewesen wäre. Bedanken möchten wir uns auch bei den vielen Kolleginnen und Kollegen der medizinisch wissenschaftlichen Fachgesellschaften, aus Krankenhausverbänden und aus den Krankenhäusern, die uns geholfen haben, besondere Situationen und Konstellationen der medizinischen Versorgung insbesondere von Spezialisierungen zu identifizieren und deren Besonderheiten zu verstehen. Prof. Dr. med. Norbert Roeder Dr. med. Wolfgang Fiori Dr. med. Holger Bunzemeier Inhalt 1 ZUSAMMENFASSUNG 1 2 AUFGABENSTELLUNG DES GUTACHTENS 7 3 SYSTEMQUALITÄT IM JAHR 2007 9 3.1 Datengrundlage 9 3.2 DRG-Klassifikationssystem 9 3.3 Alternative Finanzierungskomponenten 12 3.4 Grenzen der Pauschalierung 3.4.1 Frührehabilitation 3.4.2 Rehabilitationslücke / Pflegelücke 3.4.3 Vorhalteproblematiken 3.4.4 Flächendeckende Versorgung 3.4.5 Anreizmechanismen 13 13 16 17 19 19 3.5 Administrativer Aufwand 20 3.6 DRGs und Qualität 21 3.7 Begleitforschung zur DRG-Einführung 22 PRÜF- UND ANPASSUNGSBEDARF 23 4 4.1 Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf der ordnungspolitischen Vorgaben 4.1.1 Entgeltverhandlungen 4.1.1.1 4.1.1.2 4.1.2 4.1.3 4.1.4 4.1.5 Ausrichtung am Versorgungsauftrag Ausgleichsregelungen 23 23 23 24 Rechnungsprüfungen durch die Kostenträger Ärztliche Weiterbildung Besondere Leistungen und besondere Einrichtungen Zentrumszuschläge 25 30 30 32 4.2 Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf der Abrechnungsbestimmungen 4.2.1 Fallzusammenführungen / Beurlaubungen 4.2.2 Verlegungen 4.2.3 Neugeborene 4.2.4 Betreuung von Müttern behandlungsbedürftiger Neugeborener 4.2.5 Teilstationäre Leistungen 33 33 35 36 36 37 4.3 Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf zur DRG-Kostenkalkulation 4.3.1 Undifferenzierte Kostenzuordnungen 4.3.2 Kalkulationsunschärfen durch Fehler in der Äquivalenzziffern gestützten Kalkulation in den Krankenhäusern 4.3.3 Kalkulatorische Berücksichtigung der Fallzusammenführung 4.3.4 Einhaus-Kalkulationsmodell 4.3.5 Kostenausreißer 38 39 39 40 41 41 4.4 Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf zu zusatzentgeltfähigen Leistungen 4.4.1 Abbildung aufwändiger diagnostischer Maßnahmen im G-DRG-System 4.4.2 Medikamente bei teilstationären Fällen und Einbelegungstag-DRGs 43 44 44 4.4.3 4.4.4 4.4.5 Problem unterschiedlicher Erlösausgleiche und unterschiedlicher Quoten für Budgetanpassung bei prospektiv vereinbarter Leistungsmengenänderung 45 OPS-Definition von zusatzentgeltfähigen Leistungen 46 Auswirkungen von Dosisklassenänderungen auf die Vorbereitung der Leistungsund Entgeltverhandlungen 47 4.5 Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf der ICD-10/OPS-Klassifikation 4.5.1 Weiterentwicklung der ICD-10-GM 4.5.2 Weiterentwicklung des OPS 4.5.3 Problem von Kodieralternativen 47 47 47 48 4.6 Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf der Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) 50 4.7 Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf bezogen auf das DRG-Klassifikationssystem 4.7.1 Einführung 4.7.2 Kondensationen 4.7.3 Sortierung der DRGs bei der Fallzuordnung 52 52 53 56 4.7.3.1 4.7.3.2 4.7.3.3 4.7.3.4 Verlust des Zusammenhangs zwischen medizinischem Fallkollektiv und G-DRG Transparenzverlust Stabilität der G-DRG-Zuordnung und der Bewertungsrelationen DRG-Konstrukte Basis-DRG, Partition und MDC 57 57 58 60 4.7.4 Einbindung des medizinischen, wissenschaftlichen und weiteren Sachverstandes Sachverstand im Rahmen der strukturierten Dialogs 60 4.7.5 Differenzierung zwischen Leistungsstrukturveränderungen und Upcoding 61 4.7.6 Abbildung des Schweregrads über die CCL-Matrix und den PCCL 61 4.7.7 Komplexbehandlungen 62 4.7.8 Kalkulation von Zu- und Abschlägen 64 4.7.9 Verlegungsfallpauschalen 67 4.7.10 Fehler-DRGs 68 4.7.11 Grenzen der datengetriebenen Anpassung 69 4.7.12 Nutzung der Kostenmatrix des G-DRG-Kostenkalkulationsbrowsers in Bezug auf klassifikatorische Aspekte 70 4.8 Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf bezogen auf einzelne Leistungsbereiche 4.8.1 Einführung 4.8.2 Betroffene Leistungsbereiche 4.8.2.1 AIDS/HIV 4.8.2.2 Neurologie / Neurochirurgie 4.8.2.3 Hämatologie / Onkologie 4.8.2.4 Strahlentherapie 4.8.2.5 Spezialverfahren: Brachytherapie und Stereotaxie 4.8.2.6 Palliativmedizin 4.8.2.7 Intensivtherapie 4.8.2.8 Multiresistente Erreger (MRE) 4.8.2.9 Kinder- und Jugendmedizin 4.8.2.10 Neonatologie 4.8.2.11 Organtransplantationsleistungen 4.8.2.11.1 Multiorgantransplantationen 4.8.2.11.2 Durchgehende stationäre Behandlung vor Transplantation 4.8.2.11.3 Aufenthalte nach Organtransplantation 4.8.2.11.4 Vorhaltekosten in Transplantationszentren 4.8.2.12 Unfallchirurgie / Orthopädie 4.8.2.13 Polytrauma 4.8.2.14 Schwer Brandverletzte 4.8.2.15 Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie 4.8.2.16 Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie 4.8.2.17 Gastroenterologie 71 71 73 73 74 77 80 81 81 81 83 83 84 84 85 85 86 86 88 89 89 90 91 91 4.8.2.18 4.8.2.19 4.8.2.20 4.8.2.21 4.8.2.22 4.8.2.23 4.8.2.24 5 Endokrinologie Rheumatologie Geriatrie Alkoholbezogene Störungen, Qualifizierter Entzug Geburtshilfe Urologie Dermatologie QUELLENVERZEICHNIS 92 92 93 94 94 95 96 99 Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Abs. AEB AHB AIDS AML AR-DRG BAG BMG BNB BPlfV BSG BWR bzw. CC CCL CM CMI CT d.h. DAIG DDG DGHO DGVS DIMDI DKG DKR DMKG DMP DRG e.V. ERCP etc. evtl. FAB FPÄndG FPG FPV G-AEP G-BA G-DRG ggf. GKV GKV-WSG GVD HIV HNO i.S. ICD ICD-10-GM Absatz Aufstellung der Entgelte und Budgetberechnung Anschlussheilbehandlung Acquired Immune Deficiency Syndrome Akute meloische Leukämie Australian Refined Diagnosis Related Group, dt.: Diagnosebezogene Fallgruppe Bundesarbeitsgemeinschaft Rehabilitation Bundesministerium für Gesundheit Bösartige Neubildung(en) Bundespflegesatzverordnung Bundessozialgericht Bewertungsrelation beziehungsweise Complication or comorbity, dt.: Komplikation oder Komorbidität Complication or comorbity level, dt.: Schweregrad einer Komplikation oder Komorbidität Case Mix Case Mix Index Computertomographie das heißt Deutsche AIDS Gesellschaft Deutsche Dermatologische Gesellschaft Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information Deutsche Krankenhausgesellschaft Deutsche Kodierrichtlinie(n) Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft Disease Management Programme Diagnosis Related Group, dt.: Diagnosebezogene Fallgruppe eingetragener Verein Endoskopisch retrograde Cholangio-Pankreatiko-Graphie et cetera eventuell French-American-British, Klassifikation der Leukämien Fallpauschalenänderungsgesetz Fallpauschalengesetz Fallpauschalenvereinbarung German Appropriateness Evaluation Protocol Gemeinsamer Bundesausschuss German (Refined) Diagnosis Related Group, dt.: Diagnosebezogene Fallgruppe (deutsches System) gegebenenfalls Gesetzliche Krankenversicherung GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz Grenzverweildauer Human Immunodeficiency Virus Hals-Nasen-Ohrenheilkunde im Sinne International Classification of Diseases and Related Health Problems, dt.: Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme ICD German Modification, Deutsche Modifikation des ICD-Diagnoseschlüssels Abkürzungsverzeichnis InEK IT KFPV KHEntgG KHG MDC MDK MDS MRE MRSA MRT n.n.bez. NON-OR NUB o.a. o.ä. o.g. oGVD OP OPS OR pAVK PCCL PET PKV PLMS Pos. Psych-PV QE RLS RVO s.o. s.u. SAPS SEG 4 SGB SPECT TEP TIA TISS u.a. u.U. uGVD v.a. VBE Vgl. vs. VWD WHO z. B. z.T. ZE ZNS Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus Informationstechnologie Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser Krankenhausentgeltgesetz Krankenhausfinanzierungsgesetz Major Diagnostic Category, dt.: Hauptdiagnosekategorie (HDK) Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Medizinischer Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen e. V., Multiresistente Erreger Methicillin resistenter Staphylokokkus aureus Magnet Resonanz Tomographie nicht näher bezeichnet Non-operating room (procedure), dt.: nicht-operative (Prozedur), führt ggf. in die sonstige Partition Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oben angegeben(en) oder ähnliche oben genannt(en) Obere Grenzverweildauer Operation(sraum) Operationenschlüssel nach § 301 SGB V Operating room (procedure), dt.: operative (Prozedur), führt in die chirurgische Partition Periphere arterielle Verschlusskrankheit Patient Clinical Complexity Level, dt.: Patientenbezogener Gesamtschweregrad Positronen Emissions Tomographie Private Krankenversicherung Periodic Leg (oder Limb) Movements in Sleep Position Psychiatrie-Personalverordnung Qualifizierter Entzug Restless-Legd-Syndrom Reichsversicherungsordnung siehe oben siehe unten Simplyfied Acute physiology Score Sozialmedizinische Expertengruppe "Vergütung und Abrechnung" der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) Sozialgesetzbuch Single Photon Emission Computed Tomography Totalendoprothese Transient Ischemic Attack Therapeutic Intervention Scoring System unter anderem/anderen unter Umständen Untere Grenzverweildauer vor allem Vereinbarung zur Bestimmung von Besonderen Einrichtungen vergleiche versus Verweildauer World Health Organization, Weltgesundheitsorganisation zum Beispiel zum Teil Zusatzentgelte Zentralnervensystem Zusammenfassung 1 Zusammenfassung Mit dem Fallpauschalengesetz (FPG) vom 23. April 2002 hat der Gesetzgeber den ordnungspolitischen Rahmen für die Einführung des neuen DRG-Vergütungssystems für Krankenhausleistungen nach § 17b KHG konkretisiert. Danach sollte das DRGFallpauschalensystem beginnend ab 2003 die allgemeinen voll- und teilstationären Krankenhausleistungen mit Ausnahme der in § 1 Abs. 2 der Psychiatrie Personalverordnung (Psych-PV) genannten Einrichtungen und der Einrichtungen für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin vergüten. Seit Ende der budgetneutralen Einführungsphase (2003/2004) werden die Erlösbudgets der Krankenhäuser jeweils zum 1. Januar der Jahre 2005 bis 2009 schrittweise an den nach § 17b Abs. 3 Satz 5 KHG festzulegenden bundeslandeinheitlichen Basisfallwert (Landes-Basisfallwert) und das sich daraus ergebende Erlösvolumen angeglichen (Konvergenzphase). Bei planmäßiger Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben würden die meisten Krankenhäuser ihre Leistungen ab dem 1. Januar 2009 auf der Basis landeseinheitlicher Basisfallwerte abrechnen, wobei der ab 2010 geltende gesetzliche Rahmen im Sinne eines „lernenden Systems“ noch gesondert vorgegeben werden soll. Zur kontinuierlichen Weiterentwicklung des DRG-basierten Vergütungssystems sowie der Kalkulation der Bewertungsrelationen haben die Selbstverwaltungspartner im Mai 2001 das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK gGmbH, Siegburg) gegründet. Dieses Institut hat mit der Entwicklung und Kalkulation der GDRG-Versionen 2004-2007 seine Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Begleitet wird die jährliche Fortentwicklung des Systems durch das sogenannte von den Selbstverwaltungspartnern etablierte Vorschlagsverfahren, bei dem alle vom System betroffenen sowie interessierten Organisationen Änderungswünsche an das System unterbreiten können. Die Bewertung der Wirtschaftlichkeit von Krankenhäusern über den krankenhausindividuellen Basisfallwert kann nur dann angemessen erfolgen, wenn alle den Basisfallwert beeinflussenden Katalogpositionen (DRGs und Zusatzentgelte) sachgerecht bewertet sind. Die erfolgreiche Einführung eines Preissystems hängt somit wesentlich von der Definition der Leistungen sowie deren ökonomischen Bewertung ab. Da seit 2005 das DRG-System mit Beginn der Konvergenzphase im Sinne einer Budgetumverteilung zunehmend ökonomisch wirksam wird, müssen andere Maßstäbe als vor Beginn der Konvergenzphase gelten. Im Gutachten wird der noch bestehende Prüf- und Anpassungsbedarf dargestellt, sofern dies nicht schon in den Gutachten der letzten Jahre geschehen ist, auf die hiermit ebenfalls verwiesen sei. Untersucht wurde der bisherige Reifegrad des aus einer Klassifikation und den Finanzierungsrahmenbedingungen bestehenden Vergütungssystems. Wo möglich, werden bei bestehenden Problemen Lösungsansätze vorgeschlagen. Bei der Entwicklung der Vorschläge wurden die Ergebnisse von Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 1 Zusammenfassung DRG-Evaluationsprojekten und die daraus resultierenden Anpassungsvorschläge ebenso berücksichtigt, wie die sich aus der Spezialisierung von Fachabteilungen, unterschiedlichen Versorgungsstufen, Meinungen von Experten und Organisationen und letztendlich auch zur Vermeidung von Fehlanreizen zu Lasten der Patienten/Versicherten ergebenden Anpassungsnotwendigkeiten. Empfohlene Maßnahmen Zur Erstellung eines Vergütungssystems im notwendigen Reifegrad für den Einsatz in einem Preissystem sind weitere Aktivitäten erforderlich, die nachfolgend in sechs Punkten zusammengefasst werden können: Ordnungspolitische Rahmenbedingungen Ziel der ordnungspolitischen Rahmenbedingungen muss es sein, durch sinnvolle Anreize einen gerechten Wettbewerb zu gewährleisten. Übermäßige Bürokratisierung ist zu vermeiden. Rationierungen sind transparent und gerecht vorzunehmen. Gute Qualität muss sich lohnen. Länderspezifische Besonderheiten stehen einer bundesweit einheitlichen Finanzierung von Krankenhausleistungen entgegen (z. B. Frührehabilitation). Harmonisierungen müssen umgesetzt werden, bevor eine Abrechnung über bundesweit einheitlich bewertete G-DRGs erfolgt. Vorhaltung und flächendeckende Versorgung können in einem reinen Preissystem kaum aufrechterhalten werden. Solange die Länder für die Krankenhausplanung verantwortlich sind, muss der Gesetzgeber Lösungen zur notwendigen Finanzierung von ihm geforderter Vorhaltung entwickeln, wenn sich diese nachweislich nicht aus den Fallerlösen refinanzieren läßt. Durch die fortschreitende Entwicklung des G-DRG-Systems und daraus entstandenen Erfahrungen sind einige gesetzliche Vorgaben inzwischen überholt bzw. müssen angepasst werden (z. B. Erlösausgleichsregelungen, rechtliche Rahmenbedingen für Fallprüfungen, Antrag und Verhandlung von NUB-Entgelten). Komplexität und Fehlanreize sind zu reduzieren. Der Gesetzgeber sollte die Regelungen für Zentrumszuschläge präzisieren, um den Umsetzungsproblemen auf der lokalen Ebene zu begegnen (z. B. Verweigerung von Zuschlägen für Brustzenten, Darmzentren etc.). Kalkulation Die Kalkulation muss in den Krankenhäusern noch weiter verbessert werden, damit verlässlichere Daten und somit eine verbesserte Datengrundlage für die Analysen im InEK geschaffen werden. Insbesondere Krankenhäuser mit besonderen und hoch spezialisierten Fachabteilungen müssen sich verstärkt an der Kalkulation beteiligen. 2 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Zusammenfassung Das InEK sollte sich von der Einhaus-Methode bei der Kalkulation lösen und Detailanalysen an verschiedenen Spezialisierungsformen durchführen sowie diese miteinander vergleichen. Sollten sich dabei Unterschiede in Abhängigkeit von der Spezialisierung oder der Versorgungsstufe darstellen lassen, könnten diese durch eine Differenzierung der Fallgruppen im DRG-Katalog oder innerhalb der selben Fallgruppen durch differenzierte Vergütungen in Abhängigkeit von kostenrelevanten Ko-Faktoren berücksichtigt werden. Seltene und sehr heterogene Fallgruppen dürfen nicht bewertet werden. Die ökonomischen Auswirkungen auf Spezialisierungen durch jährlich stark schwankende Bewertungsrelationen sind nicht tolerabel. Die derzeitige normative Kalkulation von Zu- und Abschlägen ist nicht sachgerecht und setzt Fehlanreize. G-DRG-individuelle Kalkulationen, wie sie z.T. schon eingesetzt werden, sind sachgerechter und sollten weiterentwickelt werden. Abrechnungsregeln Aufgrund der Weiterentwicklung des G-DRG-Klassifikationssystems sind die Wiederaufnahmeregeln nicht mehr sachgerecht. Es sollte möglichst eine einfache administrative Lösung gesucht werden, die auch bei der Kalkulation nachvollzogen werden kann. Die kombiniert voll- und teilstationäre Leistungserbringung darf nicht gegenüber einer reinen vollstationären Behandlung benachteiligt werden. Entsprechende Abrechnungsregeln sind anzupassen. Nach Entfristung des § 197 RVO durch das GKV-WSG ist festzulegen, wie lange eine Mutter Anspruch auf Unterkunft, Pflege und Verpflegung für die Zeit nach einer komplikationslosen Entbindung hat. Zusatzentgelte Die Liste der Zusatzentgelte muss jährlich unter Einbeziehung kostenintensiver Medikamente und zusätzlicher Implantate nach transparenten Kriterien unter Berücksichtigung der klinischen Realität geprüft und wo notwendig ergänzt werden. Insbesondere sehr teure diagnostische Leistungen, die nur in einem Teil der Krankenhäuser verfügbar sind, sollten in Zusatzentgelten abgebildet werden und nicht Bestandteil der Fallpauschalierung sein. DRG-Fallgruppen Weitere Ausdifferenzierungen des DRG-Fallgruppensystems sind erforderlich. Dabei müssen insbesondere Leistungsunterschiede berücksichtigt werden, die sich aus besonderen Vorhaltungen/Spezialisierungen ergeben. Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 3 Zusammenfassung Wo möglich sollte neben der ökonomischen Homogenität auch eine medizinische Homogenität angestrebt werden. Behandlungsstrukturübergreifende Kondensationen sollten vermieden werden. Die Abbildung von Mehrfachleistungen ist weiter zu entwickeln. Um die Komplexität und Instabilität des Systems zu reduzieren, sollte freizügiger von der Finanzierung über Zusatzentgelte Gebrauch gemacht werden. Die rein datengetriebene Anpassung des G-DRG-Systems stößt zunehmend an ihre Grenzen. Um Fehlanreize zu vermeiden und Systemfehler zu beheben, sind normative Anpassungen unumgänglich. Die Konkurrenz von inhaltlich verwandten OPS-Komplexkodes im Gruppierungsalgorithmus muss vermieden werden, um Komplexität und Fehlanreize zu vermeiden. Kodierrichtlinien und Klassifikationssysteme Kodieralternativen oder deren finanziellen Auswirkungen müssen reduziert werden. Ist dies nicht über die Klassifikationssysteme oder normativ über den G-DRG-Gruppierungsalgorithmus/die CCL-Matrix möglich, so ist eine Klarstellung über Kodierrichtlinien erforderlich. Kodierrichtlinien, sind zu prüfen, ob sie zu nicht sinnvollen Gruppierungsresultaten führen. Bei Streichungen von DKR sollten entstehende Migrationen von Fällen bei der Kalkulation der Bewertungsrelationen nachvollziehbar sein. Ein weiterer Schwerpunkt der Anpassung sollte auf die Abbildung von bisherigen Kostenausreißern gelegt werden. Dazu ist es wichtig, auch interklinische Vergleiche bezüglich der Behandlung durch verschiedene Versorgungsstrukturen durchzuführen. Bildet sich z. B. eine seltene Spezialisierung überwiegend im Ausreißerbereich einer DRG-Pauschale ab, so kann die G-DRG aufgrund der Kalkulationsmethodik dennoch sehr hohe Homogenitätskriterien aufweisen. Sinnvoll ist die Abbildung der Kostenausreißer in eigenen G-DRGs. Wo dies nicht möglich ist, muss eine Anpassung der Kalkulation der Überliegerzuschläge oder eine additive/alternative Finanzierung erfolgen. Mit einer weiteren Ausdifferenzierung der Fallgruppen selbst sowie einer sachgerechteren Berechnung der Langliegerzuschläge könnte für das Jahr 2008 noch einmal ein Fortschritt hinsichtlich einer sachgerechteren Leistungsabbildung und -finanzierung erzielt werden. Es ist aber anzunehmen, dass gerade die Beschreibung von Strukturunterschieden wie die Verfügbarkeit besonderer diagnostischer und therapeutischer Angebote und Nutzung derselben nicht allein über Leistungs/Fallgruppenmerkmale und damit auch nicht über eine weitere Ausdifferenzierung der Fallgruppen möglich ist. Der Weiterentwicklung des Fallgruppensystems selbst sind Grenzen gesetzt. Es muss daher geprüft werden, wo die Ausdifferenzierung aus gesamtökonomischer Sicht, aber auch aus der Sicht der betroffenen Krankenhäuser 4 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Zusammenfassung Problem lösend wirkte, und wo sie eher die Komplexität steigerte, ohne wirklich Probleme zu reduzieren. Mitunter dürfte es sinnvoller sein, schwer abbildbare Bereiche interimsmäßig oder auch dauerhaft über alternative oder additive Vergütungselemente zu finanzieren, um das G-DRG-System nicht zu überfrachten. Der Erfolg des G-DRG-Systems und einer darauf aufsetzenden Krankenhausfinanzierung steht und fällt mit der Sachgerechtigkeit der Leistungsdarstellung in diesem System und der Minimierung von ungewollten Fehlanreizen. Sind Leistungen unscharf definiert oder kalkuliert, werden hierdurch direkt Fehlanreize gesetzt, die eine Fehlverteilung der verfügbaren Mittel zur Folge haben. Kommt es zu einer Unterversorgung in den defizitären Bereichen, werden gegensteuernde Maßnahmen notwendig, die mit erheblichen Kosten verbunden sein können, da zusätzliche Anreize für den Neuaufbau der verschwundenen Leistungsangebote neu geschaffen werden müssen. Dies wird im Endeffekt dazu führen, dass Mehrkosten für das Gesamtsystem entstehen, weil die in andere Bereiche abgeflossenen Mittel dann nicht mehr zur Verfügung stehen. Anpassungsnotwendigkeiten ergeben sich in unterschiedlichen Verantwortungsbereichen, wobei Anpassungen in einem Bereich auch Einfluss auf andere Bereiche haben. Die unterschiedlichen Verantwortlichkeiten problematisieren Anpassungen mit einer einheitlichen Zielvorstellung. Das DIMDI, das die Klassifikationssysteme ICD-10-GM und OPS pflegt, ist dem BMG unterstellt. Die Kalkulation des DRG-Fallpauschalen- und Zusatzentgeltkatalogs obliegt dem InEK, deren Gesellschafter zwar die Selbstverwaltungspartner (DKG, Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenversicherung, Verband der privaten Krankenversicherung) sind, das jedoch weitgehend selbständig die Systemanpassung vornimmt. Dies ist sicherlich auch Resultat der Beschränkung auf die rein datenbasierte und transparente Anpassungsmethodik. Sinnvolle und notwendige normative Anpassungen sind im Rahmen dieses Mandats schwierig umzusetzen. Abrechnungsregeln (FPV) und Kodierrichtlinien werden in Organen der Selbstverwaltung konsentiert. Sind andere Sektoren von Anpassungsnotwendigkeiten mit berührt, kommen weitere Akteure mit ins Spiel. Grundlegende Rahmenvorgaben sollten wie bisher durch den Gesetzgeber erfolgen. Dabei muss zwischen bundes- und landesspezifischen Kompetenzen und Verantwortlichkeiten unterschieden werden. Nicht selten wirken Entscheidungen an einer Stellschraube des Systems auch an ganz anderer Stelle. So haben z. B. DRG-Konstrukte wie Basis-DRG und Partition auch einen Einfluss auf die Wirkung der Abrechnungsregeln oder die Kodierrichtlinien und Klassifikationssysteme auf die Kalkulation, Fallprüfungen und Entgeltverhandlungen. Die denkbaren Verknüpfungen lassen sich beliebig weiterentwickeln. Es Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 5 Zusammenfassung erscheint daher notwendig, die Abstimmung der unterschiedlichen Institutionen untereinander zu verbessern bzw. Entscheidungen in den unterschiedlichen Bereichen besser als bisher aufeinander abzustimmen. Mit zunehmend technischer Systemreife und realer Umverteilung mit Anreiz zur Rationierung muss der Fokus der Betrachtung auch auf qualitative Aspekte der Behandlung gelenkt werden. Neben der Begleitforschung zur DRG-Einführung kommt auch der kontinuierlichen Überprüfung valider Qualitätsmerkmale eine wichtige Rolle zu, wenn neben dem reinen Preiswettbewerb auch ein Qualitätswettbewerb entstehen soll. Wirtschaftlichkeit und Akzeptanz eines Vergütungssystems sind auch von der Umsetzung in der Praxis abhängig. Führen ursprünglich zur Effizienzsteigerung entwickelte Anreize zum Aufbau eines übermäßigen administrativen Überbaus, so gehen freigesetzte Ressourcen aus Effizienzsteigerungen in der primären Leistungserbringung an anderer Stelle wieder verloren. Der Erfolg der DRG-Einführung darf daher z. B. nicht alleinig an Verweildauerverkürzungen gemessen werden. Werden z. B. bürokratische Institutionen zur Fallprüfung und deren Abwendung aufgebaut, bedarf es zur Vorbereitung und zum Abschluss von Entgeltverhandlungen mehrere Monate oder müssen strittige Fragen zunehmend vor Schiedsstellen oder Gerichten geklärt werden, kommt es lediglich zu Verlagerungen der Ressourcen ohne wesentlichen Nutzen für das Gesamtsystem. Alle Anpassungen sollten daher bürokratische Sekundäreffekte mit berücksichtigen. 6 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Aufgabenstellung des Gutachtens 2 Aufgabenstellung des Gutachtens Ziel der Umstrukturierung der deutschen Krankenhausfinanzierung seit dem Jahr 2003 ist die Etablierung eines Preissystems als Basis für eine wettbewerbsorientierte Leistungserbringung und -vergütung. Da seit dem 01.01.2005 die so genannte Konvergenzphase mit der erstmaligen Umverteilung von Budgets zwischen Krankenhäusern auf der Basis des neuen Vergütungssystems begonnen hat, ist die Sachgerechtigkeit der Leistungsabbildung und -vergütung des Systems seit 2005 von ganz besonderer Bedeutung. Mittel der stationären Versorgung in Krankenhäusern werden nun zwischen den Krankenhäusern unter Nutzung des für das jeweilige Vereinbarungsjahr gültigen Fallpauschalenkataloges und unter Anwendung des Landes-Basisfallwertes als Zielgröße umverteilt. Bei planmäßiger Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben würden die Krankenhäuser ihre Leistungen ab dem 1. Januar 2009 auf der Basis landeseinheitlicher Basisfallwerte abrechnen, wobei der dann geltende gesetzliche Rahmen noch gesondert vorgegeben werden soll. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat als Vertreter der Krankenhäuser in der gemeinsamen Selbstverwaltung dieses Gutachten zur Bewertung der bisherigen Entwicklungen des G-DRG-Systems sowie zur Untersuchung des weiteren Anpassungsbedarfes des Vergütungssystems beauftragt. Grundlage der Begutachtung waren die für 2007 gültige G-DRG-Version sowie die 2007 geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen. Durch das Gutachten soll untersucht werden, inwieweit das German-DiagnosisRelated-Groups-System (G-DRG-System) Version 2007 nach derzeitigem Kenntnisstand, unter Berücksichtigung der Leistung- und Versorgungsstrukturen in Deutschland, die an ein Preissystem zu stellenden Anforderungen bereits erfüllt und wo es weiter zu entwickeln ist, damit allgemeine voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen nach § 2 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) über das pauschalierte Vergütungssystem nach § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) sachgerecht vergütet werden können. In den im Auftrag der DKG vom Gutachter erstellten Gutachten der letzten Jahre bereits ausführlich diskutierte Sachverhalte/Anpassungsvorschläge werden in diesem aktuellen Gutachten nicht wiederholt. Wo notwendig, erfolgen Hinweise auf die Vorgutachten. Für den Fall, dass eine adäquate Leistungsvergütung über DRG-Fallpauschalen nicht umsetzbar erscheint, sollen die Möglichkeiten und Erfordernisse einer additiven oder alternativen Vergütung dargestellt werden. Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 7 8 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Systemqualität im Jahr 2007 3 Systemqualität im Jahr 2007 3.1 Datengrundlage Das G-DRG-System 2007 weist erneut deutliche Verbesserungen in der Sachgerechtigkeit der Leistungsabbildung auf. Wesentliche Fortschritte sind unter anderem auf die validere Ausgangslage in den Kostenkalkulationsdaten zurückzuführen. So stammen die dem G-DRG-System 2007 zugrunde liegenden Kostendaten aus dem Jahr 2005, in dem die meisten Krankenhäuser erstmalig ganzjährig nach G-DRGs abgerechnet haben. Erste Einflüsse der fallpauschalierten Vergütung auf klinische Prozesse, insbesondere die Verkürzung von Verweildauern, die Leistungsverdichtung und die Ausgliederung ambulanten Potenzials spiegeln sich nun in den Kostendaten und damit auch in den Bewertungsrelationen und Grenzverweildauern des G-DRG-Fallpauschalenkatalogs wider. Von nicht zu unterschätzendem Einfluss dürfte auch die höhere Datenqualität im Jahr 2005 gewesen sein. Dies betrifft zum einen die Kodierqualität, deren Verbesserung einerseits durch die Lernkurve der Krankenhäuser und andererseits durch die mit Umstieg in die G-DRG-Echtabrechnung einsetzenden MDK-Prüfungen bedingt gewesen sein dürfte. Zum anderen hat das InEK erneut die Anforderungen für die Qualität der Kostenkalkulation angehoben und konsequent Datensätze und Kliniken von der Kalkulation ausgeschlossen, wenn die Qualitätskriterien nicht erfüllt waren. Die Stichprobe selbst ist nur geringfügig gewachsen, die Repräsentativität hat sich erneut verbessert. 3.2 DRG-Klassifikationssystem Erneut kam es sowohl zu einer Zunahme der Anzahl der G-DRGs, die mit 1.082 erstmals die 1000er-Grenze überschritten hat, als auch zu einer moderaten Zunahme der additiv abzurechnenden Zusatzentgelte. Standardleistungen sind gut abgebildet. Sie werden in einer Vielzahl von Krankenhäusern vorgehalten und erbracht, der mittlere Aufwand der Leistungen dürfte auch in allen Krankenhäusern vergleichbar sein. Ziel der G-DRG-Systemanpassung für 2007 war es insbesondere, Extremkostenfälle im DRG-Klassifikationssystem sachgerechter abzubilden. Schwerpunkte waren z. B. Mehrfachleistungen, Intensivmedizin, Multiresistente Erreger und prä-Transplantationsaufenthalte. Eine sachgerechtere Abbildung in den G-DRGs für 2007 hat zudem die Pädiatrie erfahren. Dennoch steht für viele spezialisierte Fachgebiete noch eine sachgerechte Lösung im DRG-System aus (s. auch Kapitel 4.8.2). Nicht vernachlässigt werden dürfen bei der Bewertung der Systementwicklung die fundamentalen Veränderungen am Abfragealgorithmus (s. auch Kapitel 4.7.3), die Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 9 Systemqualität im Jahr 2007 nicht an den DRG-Definitionen abgelesen werden können. Durch Auflösung des Basis-DRG-Konstrukts und der Partitionsgrenzen konnte eine sachgerechtere Abfragehierarchie für die DRG-Zuordnung implementiert werden. Die dadurch entstandenen Migrationen von Fällen aus scheinbar unveränderten DRGs in andere DRGs als Folge der geändertern Hierarchie dürfen jedoch nicht unterschätzt werden. Die jährlichen Anpassungen erfordern ein iteratives Verfahren, das zwangsläufig eine Veränderung des Gesamtsystems und daraus folgende weitere Migrationen bedingt. Nachteilig an dieser Entwicklung sind die gestiegene Komplexität und die starken Schwankungen der Bewertungsrelationen gleich definierter G-DRGs beim G-DRGVersionswechsel. Spezialisierungen werden durch diese Phänomene am stärksten betroffen, während für Krankenhäuser mit breitem Fallmix diese Effekte nicht so gravierend sind. Um die Zahl der notwendigen G-DRGs zu begrenzen und G-DRGs mit sehr kleinen Fallzahlen zu vermeiden, werden seit 2005 klinisch heterogene Kollektive unter dem Primat der Gesamtkostenhomogenität der betrachteten Fallkonstellationen zu einer DRG zusammengefasst. Diese so genannten Kondensationen (siehe auch Kapitel 4.7.2) tragen, neben der nicht sachgerechten Vergütung einzelner Versorgungsstrukturen, die nicht den exakten Fallmix der Kondensation aufweisen, ebenfalls zur Unübersichtlichkeit des DRG-Systems und zu Akzeptanzproblemen bei den Anwendern bei. Erstmalig wurde eine Methodik zur Überarbeitung der CCL-Matrix (Complication or comorbity level, dt.: Schweregrad einer Komplikation oder Komorbidität) zur Schweregradbewertung der Nebendiagnosen entwickelt, die jedoch für 2007 bislang nur zu sehr moderaten Anpassungen geführt hat. Für die nächsten Jahre sind deutlichere Veränderungen zu erwarten. Außerdem wurden die ebenfalls zur Definition von G-DRGs und zur Schweregraddifferenzierung herangezogenen speziellen Prozedurenfunktionen weiterentwickelt und um die Berücksichtigung von mehrzeitigen Eingriffen ergänzt. Erlöstechnisch profitieren insbesondere die Bereiche von der sachgerechteren Abbildung, in denen komplexe Fälle behandelt oder sehr aufwändige Leistungen erbracht werden. Das deutsche DRG-System berücksichtigt zunehmend häufiger die medizinischen Leistungen (prozedural orientiertes Fallgruppensystem). Nur wenn das im Rahmen des einzuführenden Preissystems zu bewertende „Produkt“ genau genug beschrieben ist, kann auch ein fairer produktbezogener Preis erwartet werden. Durch zunehmende Prozedurenangaben und die damit einhergehende Transparenz des Leistungsgeschehens verändert sich allerdings auch das Verhalten der Kostenträger im G-DRG-System. Wurden bislang vorrangig Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung sowie eine richtlinienkonforme Kodierung überprüft, rücken langsam auch medizinisch-inhaltliche Aspekte der Behandlung wie z. B. Indikationen (Durchführung von Komplexbehandlungen, Einsatz ZE-fähiger Medikamente, OffLabel-Use) in den Fokus. 10 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Systemqualität im Jahr 2007 Die für das DRG-System 2005 entwickelten Lösungsansätze zur sachgerechten Vergütung von Kurz- und Langliegern (nicht-normative Kalkulation der Überliegerzuschläge, implizite Einbelegungstag-DRGs) wurden auch für das DRG-System 2007 weiter genutzt. Eine prinzipielle Lösung der zugrunde liegenden Problematik wird über die o.a. Änderungen des Kalkulationsverfahrens jedoch kaum zu erreichen sein. Durch die Zunahme an Komplexität, die für die Anwendung als Preissystem unerlässlich ist, wird der Umgang mit dem DRG-System zunehmend erschwert. Aus der Bezeichnung einer DRG und selbst ihrer Definition wird es immer schwerer auf die dahinter stehenden Leistungskomplexe zu schließen. So werden die prospektive Fallmengenplanung bei Leistungsstrukturveränderungen, die Identifikation von speziellen Fallkollektiven für besondere Ausgleichsregelungen oder ZE nach § 6.2a KHEntgG sowie das Einbringen des klinischen Sachverstandes im Rahmen des Vorschlagsverfahrens zunehmend schwerer. Zudem entzieht sich das G-DRGSystem der Nutzung für weitere medizinische Aussagen. Je weiter sich die Fallgruppendefinition von klinischen Merkmalen zu kalkulatorischen Konstrukten verschiebt, umso weniger können sie für Qualitätssicherungsaspekte, Bedarfsplanung oder Gesundheitsstatistiken herangezogen werden. Noch sind jährlich erhebliche Veränderungen im System zu beobachten, die teilweise zu Bewertungsveränderungen im zweistelligen Prozentbereich bezogen auf eine Fachabteilung führen können. Hieraus können bedeutsame Veränderungen des jährlich zur Verfügung stehenden Geldvolumens für ein Krankenhaus in die eine oder andere Richtung resultieren. Unabhängig davon, dass diese Bewertungssprünge Zweifel an der Systemreife aufkommen lassen, haben Krankenhäuser keine Chance, sehr kurzfristig auf eine schlagartig veränderte Erlössituation z. B. durch Personalfreisetzungen („Kurzarbeit“) zu reagieren, da sie hochqualifiziertes Personal zur Wahrnehmung ihres Versorgungsauftrages vorhalten müssen. Die für ein Preissystem notwendige Systemstabilität setzt voraus, dass sich Vergütungen für weitgehend unveränderte Fallgruppen nicht beim jährlichen Wechsel der Systemversionen sprunghaft verändern. Beim Einsatz eines DRG-Systems zur Krankenhausfinanzierung ist zu beachten, dass ein enger Zusammenhang zwischen dem Differenzierungsgrad des Klassifikationssystems, der Zusatzentgelte sowie der begleitenden Finanzierungsbedingungen besteht. Ist das Klassifikationssystem sehr differenziert und verfügt über sehr aufwandshomogene Patientenklassen bzw. varianzreduzierende Zusatzentgelte, kann ein großer Teil der Leistungsfinanzierung direkt über ein an die Fallgruppen gebundenes Preissystem erfolgen. Hierzu gehören auch differenzierte Zu- und Abschlagsregelungen, alternative Entgelte oder Zusatzentgelte. Wesentlich ist daher die Balance zwischen der Ausgestaltung der Patientenklassen (DRG-Fallpauschalen), der additiven Vergütungskomponenten und dem Finanzierungsrahmen. Sollen Zuzahlungen und differenzierte Abrechnungsbestimmungen eine eher untergeordnete Rolle spielen, muss die Aufwandsinhomogenität der DRG-Fallgruppen reduziert werden. Dies könnte nur durch eine ausgiebige Varianzreduktion im Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 11 Systemqualität im Jahr 2007 Rahmen einer weiteren Verfeinerung des Fallgruppensystems erfolgen. Der weiteren Ausdifferenzierung sind jedoch kalkulatorische Grenzen gesetzt. Bei geringen Fallzahlen pro G-DRG in der Kalkulationsstichprobe ist die Berechnung einer Bewertungsrelation kritisch zu bewerten. Häufig sind die Daten unizentrisch geprägt und können starken jährlichen Schwankungen unterworfen sein, insbesondere bei Kondensationen. Für 2007 wurden im InEK erneut 35 G-DRGs (Hauptabteilung) mit weniger als zwanzig, insgesamt 95 G-DRGs mit weniger als 50 und insgesamt 191 G-DRGs mit weniger als 100 zugrunde liegenden Fällen (Inliern) kalkuliert. 3.3 Alternative Finanzierungskomponenten In die Betrachtung der ökonomischen Konsequenzen der Anpassungen der letzten Jahre dürfen aber nicht nur das Fallgruppensystem, die Zu- und Abschläge bei Überbzw. Unterschreitung der Grenzverweildauern und die Zusatzentgelte einbezogen werden. Diese Komponenten wären sehr dominierend, wenn es sich schon um ein echtes Preissystem handeln würde. Dies ist allerdings nicht der Fall, da im Rahmen der auf fünf Schritte gestreckten und über eine Obergrenze bei Budgetminderungen angepassten Konvergenzphase die ökonomischen Wirkungen der o. a. Komponenten unter Berücksichtigung des noch nicht ausreichenden Reifegrades des GDRG-Systems abgemildert wurden. Finanzierungsrahmenbedingungen wie Minder- und Mehrerlösausgleichsregelungen bei schwer planbaren oder stark sachkostenlastigen Leistungen, Minder- und Mehrerlösausgleichsregelungen bei Zusatzentgelten, Veränderungen der Prozentsätze bei prospektiver Leistungsveränderung (insbesondere sachkostenlastiger Leistungen und Zusatzentgelte), Regeln zur Implementierung von Innovationsentgelten, die Entfristung der Regelungen gemäß § 6 Abs. 1 Krankenhausentgeltgesetz, Zuschläge für die besonderen Aufgaben von Zentren und Schwerpunkten, der § 6 Abs. 2a KHEntgG, die Vereinbarung zur Bestimmung von Besonderen Einrichtungen (VBE 2007) müssen in die Betrachtung mit einbezogen werden. Das Gutachten legt daher einerseits dar, durch welche Modifikationen eine nach heutigen Erkenntnissen bestmögliche Leistungsgerechtigkeit des DRG-Fallpauschalensystems erzielt werden kann. Andererseits werden aber auch die Grenzen 12 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Systemqualität im Jahr 2007 dieses Systems im Hinblick auf die ordnungspolitischen Vorgaben des deutschen Krankenhausfinanzierungsrechts verdeutlicht. Damit eine verbesserte Aufwandshomogenität der DRG-Fallpauschalen sichergestellt werden kann, sind nach § 17b Absatz 1 Satz 4 und 6 KHG bestimmte Leistungen, deren Finanzierungstatbestand nicht in allen Krankenhäusern vorliegt, aus den pauschalierten Entgelten zu extrahieren und als gesonderte Tatbestände in Form von Zu- und Abschlägen abzubilden. Die Verhandlung auf der Ortsebene hinsichtlich der Leistungen, die nicht über das bundesweit einheitliche System bzw. die bundesweit einheitliche Systematik vergütet werden, gestaltet sich allerdings häufig außerordentlich schwierig. 3.4 Grenzen der Pauschalierung Die Leistungspauschalierung stößt trotz der Adaptationsmöglichkeiten für einige Fallspektren an ihre Grenzen. Schwer bzw. gar nicht pauschalieren lassen sich generell Fallgruppen, in denen bei geringer Fallzahl eine große Variabilität bezüglich der Verweildauer und oder des Sachkosten-/Personaleinsatzes zu beobachten ist. 3.4.1 Frührehabilitation In der Abbildung der Frührehabilitation haben sich im G-DRG-System 2007 keine grundsätzlichen Änderungen ergeben, die in den Vorgutachten (Gutachten 2006: Kapitel 4.3.1.2, Gutachten 2005: Kapitel 4.3.2.3) beschriebenen Probleme bestehen unverändert fort. Die Leistungserbringung ist weiterhin landesweit uneinheitlich, so wird z. B. ein Teil der Einrichtungen der neurologischen Frührehabilitation der Phase B (teilweise sogar der Phase C) durch Einrichtungen mit Verträgen nach § 108/109 SGB V (Akutversorgung) finanziert, während in einigen Bundesländern eine Finanzierung über § 111 SGB V (Rehabilitation) erfolgt. In einigen Bundesländern (z. B. im Bereich der neurologischen Frührehabilitation in Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen) existieren sogar beide Finanzierungsformen parallel. Weiterhin gilt die vom BMG in Zusammenarbeit mit den Ländern vorgenommene Abgrenzung der Frührehabilitation. Diese ist nur solange zu erbringen, wie ein gleichzeitiger akutstationärer Behandlungsbedarf nach § 39 SGB V besteht. Diese Definition widerspricht unter anderem der in einigen Bundesländern geübten Praxis der Abgrenzung der behandelnden Einrichtung nach den Phasen B und C der neurologischen Rehabilitation. Bei derartigen strukturellen Unterschieden kann eine Weiterentwicklung des G-DRGSystems für die Frührehabilitation selbst bei Kostenhomogenität der zur Verfügung stehenden Datensätze nicht kalkulatorisch erfolgen, hierzu sind normative Festlegungen erforderlich. Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 13 Systemqualität im Jahr 2007 Zur Überprüfung der Qualität der Abbildung der frührehabilitativen Leistungen im DRG-System hat die DRG-Research-Group ein DRG-Evaluationsprojekt in Zusammenarbeit mit Kliniken der Bundesarbeitsgemeinschaft der Akutkrankenhäuser mit Abteilungen der fachübergreifenden Frührehabilitation e.V. (BAG) durchgeführt. In diesem Projekt wurden knapp 1.300 Fälle hinsichtlich ihrer besonderen Leistung der fachübergreifenden Frührehabilitation in zehn Mitgliedskliniken der BAG sehr differenziert dokumentiert. Es konnte gezeigt werden, dass die dokumentierten und ausgewerteten Fälle ein sowohl von ihren Krankheiten als auch bezüglich des Therapieaufwandes sehr inhomogenes Patientenspektrum darstellten. Die Analyse zeigte, dass Patienten mit einer fachübergreifenden frührehabilitativen Behandlung von mehr als 14 Tagen (OPS 8-559.4- bis 8-559.8-) in 142 verschiedene DRGs aus nahezu allen MDCs gruppiert werden. Über 40 % der Patienten mit fachübergreifender Frührehabilitation ≥14 Tage werden in G-DRGs gruppiert, für die die fachübergreifende Frührehabilitation nicht gruppierungsrelevant ist. Zum einen werden Fälle in MDCs ohne „FrührehabilitaitonsDRGs“ gruppiert, zum anderen in MDCs mit „Frührehabilitations-DRGs“ zuvor von anderen im Abfragealgorithmus abgefragten unspezifischen G-DRGs „abgefangen“. In ähnlicher Form, wenn auch nicht so ausgeprägt, zeigt sich dieses Problem auch bei Patienten mit neurologisch-neurochirurgischer Frührehabilitation. Da die Leistungen der Frührehabilitation über viele verschiedene DRGs streuen, erscheint eine sachgerechte Abbildung der Leistung über spezifische DRG-Fallgruppen zur Abbildung frührehabilitativer Leistungen nur schwer umsetzbar. Die bestehenden DRGs für die fachübergreifende und neurologische Frührehabilitation sowie die geriatrische Komplexbehandlung fassen operierte bzw. nicht operativ behandelte Fälle ausschließlich nach dem Kriterium der Frührehabilitation in DRG-Fallgruppen zusammen. Dabei werden die Primärbehandlungen (unterschiedliche Operationsverfahren, unterschiedliche konservativ zu behandelnde Erkrankungen) nicht sachgerecht berücksichtigt. 14 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Systemqualität im Jahr 2007 ohne Frühreha mit Frühreha G-DRG Text G03A G03B G15Z G16B G19B G23C G25Z Abbildung 1 BW R Groß e Eingriffe an Magen, Ösophagus und Duodenum mit hochkomplexem Eingriff oder komplizierenden Prozeduren oder bei bestimmter bösartiger Neubildung Groß e Eingriffe an Magen, Ösophagus und Duodenum ohne hochkomplexen Eingriff, ohne komplizierende Prozeduren, auß er bei bestimmter bösartiger Neubildung Strahlentherapie mit groß em abdominellen Eingriff Komplexe Rektumresektion ohne Lebermetastasenchirurgie, ohne komplizierende Prozeduren Andere Eingriffe an Magen, Ösophagus und Duodenum ohne komplizierende Prozeduren, auß er bei bösartiger Neubildung, Alter > 2 Jahre Appendektomie auß er bei Peritonitis, ohne äuß erst schwere oder schwere CC, Alter > 13 Jahre Eingriffe bei Leisten- und Schenkelhernien, Alter > 0 Jahre oder Eingriffe bei Hernien, Alter < 1 Jahr 5,861 G14Z 4,096 4,063 3,928 1,878 Geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung mit bestimmter OR-Prozedur bei Krankheiten und Störungen der Verdauungsorgane 0,704 0,677 BWR 6,152 Darstellung der DRG-Zuordnung unterschiedlicher Leistungen mit und ohne Frührehabilitation Abbildung 1 zeigt beispielhaft für unterschiedliche Leistungen aus dem Bereich der Magen-Darm-Erkrankungen das Problem. Ohne begleitende Frührehabiliation führen die unterschiedlichen Erkrankungen mit ihren Behandlungsleistungen in unterschiedliche G-DRGs. Sobald eine Frührehabilitation erfolgt, werden diese Leistungen in der G-DRG G14Z zusammengefasst, unabhängig von der eigentlichen Grundleistung. Die Differenzen der Bewertungsrelationen könnnen damit nicht der frührehabilitativen Leistung entsprechen und förden Fallselektionsmechanismen. Empfehlung: Eine Möglichkeit zur besseren Leistungsabbildung und –bewertung der aufwändigen, zusätzlich zur akutstationären Behandlung erfolgenden frührehabilitativen Leistungen wäre die Bildung eines aufwandsbezogenen Scores analog zur intensivmedizinischen Komplexbehandlung. Dieser Score könnte unter Berücksichtigung der Aufwandsintensität und der Behandlungsdauer den Gesamtaufwand darstellen. Der resultierende Gesamtaufwand könnte Grundlage einer Kalkulation des Mehraufwandes sein. Ob dann die Ergebnisse zu einer schweregradgestuften Abbildung innerhalb der DRG-Fallgruppen oder zur Schaffung von additiven Vergütungselementen führen, ist letztendlich anhand der Datenlage zu entscheiden. Die Eta- Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 15 Systemqualität im Jahr 2007 blierung eines Zusatzentgeltes würde jedoch eine gewünschte integrale Leistungserbringung unterstützen. Ein kumulativer Aufwandsscore zur Dokumentation der frührehabilitativen Leistungen müsste den Einsatz der unterschiedlichen Therapeutengruppen einschließlich der aktivierenden Pflege sowie die Einsatzintensität/Einsatzzeit berücksichtigen. Die zur Ermittlung des Scores notwendige Leistungsdokumentation muss bezogen auf den Aufwand tolerabel sein und sollte im Vorfeld einer Neustrukturierung der Dokumentation mit den Fachgesellschaften abgestimmt werden. Da der Einsatz unterschiedlicher Therapeutengruppen bei den fachspezifischen Frührehabilitationsmaßnahmen unabhängig von der Art der Therapeutengruppe zu vergleichbaren Aufwänden führen kann, ist u. U. eine Differenzierung nach Fachrichtungen (Neurologie, Geriatrie, fachübergreifende Frührehabilitation) für ein solches Konzept gar nicht notwendig. Wesentlich ist die Dokumentation des Aufwandes mit dem Ziel, den Gesamtaufwand zu ermitteln und zu bewerten. Ein entsprechender Antrag liegt dem InEK vor. Grundsätzliche Voraussetzung für eine bewertete Abbildung der Frührehabilitation in einem bundesweiten DRG-System ist eine bundesweit einheitliche Leistungserbringung, insbesondere im Bereich der Schnittstelle zur Rehabilitation. Solange diese nicht existiert und auch gelebt wird, darf eine Kalkulation von FrührehabilitationsDRGs nicht erfolgen. Insofern dürfen diese G-DRGs nicht bewertet werden bzw. müssen weiterhin unbewertet bleiben. 3.4.2 Rehabilitationslücke / Pflegelücke Ist nach § 39 SGB V eine vollstationäre Behandlung nicht mehr notwendig, kann aber eine vorher selbständige und nun pflegebedürftige Person nicht mehr ohne weiteres nach Hause entlassen werden, stellt sich die Frage, wer für die Weiterbetreuung im Krankenhaus die Kosten trägt. Teilweise kann es durch die Bestellung eines Vormunds und/oder Gutachters zu erheblichen Verzögerungen kommen, bis letztlich eine Entlassung in ein Pflegeheim möglich wird. Kostenträger lehnen teilweise die Übernahme der weiteren Behandlungskosten bei Überschreitung der oberen Grenzverweildauer mit dem Hinweis auf sekundäre Fehlbelegung ab. Andere Möglichkeiten zur Finanzierung der Leistungen bestehen aber nicht. Analog entstehen Versorgungslücken an der Schnittstelle zur Anschlussheilbehandlung / Rehabilitation. Auch eine Verlegung in diese Einrichtungen ist abhängig von Faktoren, die ein Krankenhaus nur bedingt beeinflussen kann (Bearbeitung des Antrags, Vergabe der Plätze, Rehabilitationsfähigkeit) und eine Weiterbehandlung ohne Notwendigkeit einer akutstationären Behandlungsbedürftigkeit nach § 39 SGB V erfordern. Eine zwischenzeitliche Entlassung nach Hause oder in eine Kurzzeitpflege würde das medizinisch sinnvolle Konzept einer möglichst frühzeitig einsetzenden und kontinuierlichen Rehabilitation konterkarieren und ist bei einem Teil der Patienten auch gar nicht möglich. 16 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Systemqualität im Jahr 2007 Abhängig davon, wer die Kosten der AHB / Rehabilitation / Pflege tragen muss, können unterschiedliche Interessen verfolgt werden. Spätestens mit Überschreiten der oberen Grenzverweildauer und einem Kostenträgerwechsel werden die Krankenkassen die Verweildauer in Frage stellen. Ist die Krankenkasse selbst Träger der Rehabilitation, so besteht für sie möglicherweise der Anreiz, eine Verlegung nahe an der oberen Grenzverweildauer anzustreben, um im Rehabilitationsbereich Kosten zu minimieren. In beiden Fällen besteht für das Krankenhaus kaum Handlungsspielraum. Es müssen Lösungen gefunden werden, die klarstellen, wer in den jeweiligen Konstellationen Kostenträger ist und wie die erbrachten Leistungen zu vergüten sind. 3.4.3 Vorhalteproblematiken Spezialeinrichtungen wie z. B. Zentren für die Versorgung von schwer Brandverletzten, Schwerstunfällen, Zentren für Infektionsmedizin, Tropenmedizinische Einrichtungen Intensivtherapieplätze sowie Transplantationszentren, aber auch viele Krankenhäuser der Maximalversorgung sind durch einen sehr hohen Vorhaltungsaufwand gekennzeichnet und wegen der dort besonders schlechten Planbarkeit der DRG-Fallmengenentwicklung für diese Bereiche zusätzlich im Nachteil. Es existieren Krankenhausversorgungsbereiche in allen Versorgungsstufen, die eine hohe Vorhaltung betreiben, sich aber über die behandelten Fälle nicht refinanzieren können. Dies sind Vorhaltungen für die Behandlung von extremen Erkrankungen, die auch einmal in höherer Zahl auftreten können und für die deshalb entsprechende Behandlungsmöglichkeiten vorgehalten werden müssen. Diese Behandlungskapazitäten müssen an den potentiellen Bedarf z. B. in Katastrophenfällen angepasst sein. Eine besondere Vorhaltung findet auch in kleinen, ländlich gelegenen Krankenhäusern statt, die eine komplette Grund- und Regelversorgung vorhalten, welche aber aufgrund des Einzuggebietes nicht entsprechend ausgelastet sind. Dies kann z. B. für eine Geburtshilfe zutreffen, die 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr einsatzbereit sein muss, auch wenn dort nur 400 Kinder pro Jahr zur Welt kommen. Diese Geburtshilfe wird über die Fallpauschalen nicht adäquat finanziert, da in der Kalkulation in der Regel Strukturen mit höheren Fallzahlen Berücksichtigung finden. Für diese Behandlungsstrukturen stellt auch die Deklaration als besondere Einrichtung mit der Möglichkeit, hierfür vom bundesweiten Vergütungskatalog abweichende tages- oder fallpauschalierte Entgelte zu vereinbaren, keine adäquate Lösung dar. Die in diesen Krankenhäusern und Indikationsbereichen behandelte Fallzahl ist extrem variabel und entzieht sich damit einer konkreten prospektiven Mengenplanung. Diese ist aber Voraussetzung für die Festlegung eines Erlösbudgetvolumens auf der Basis von tages- oder fallpauschalierten Entgelten. Im Unterschied zu „Besonderen Einrichtungen“ nach § 17b Abs. 1 Satz 15 KHG sowie § 1 Abs. 4 VBE 2007, die aufgrund eines insgesamt sehr hohen Vorhaltungsaufkommens Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 17 Systemqualität im Jahr 2007 vollständig für ein Jahr aus der Anwendung der bundeseinheitlichen DRG-Fallpauschalen herausgenommen werden können, geht es hier um die spezielle Leistungsvorhaltung an Krankenhausabteilungen mit ansonsten regulärem Leistungsangebot. Für solche Fälle sieht § 17b Abs. 1 Satz 6 ff. KHG ab dem Jahr 2005 eine ergänzende Finanzierung über Sicherstellungszuschläge vor, die auf der Landesebene, ggf. unter Beachtung ergänzender leistungsinhaltlicher Vorgaben der für die Krankenhausplanung verantwortlichen Behörde vor. Da die Vergütungseinheiten (Behandlungstage / zu behandelnde Fälle) prospektiv nicht quantifiziert werden können, muss eine angepasste Finanzierung erfolgen. Diese könnte z. B. aus einer Grundfinanzierung zur Refinanzierung der Vorhaltung und einer Zusatzfinanzierung zur Nutzung dieser Vorhaltung („Nutzungspauschale“) bestehen. Die Grundfinanzierung muss so bemessen sein, dass die für notwendig erachtete Einheit in den Fixkosten auch finanziert ist, wenn kein einziger Patient dort behandelt wird. Im Fixkostenanteil sind notwendige Personalkosten für die Vorhaltung zu berücksichtigen. Es kann allerdings nicht davon ausgegangen werden, dass für die gesamte Vorhaltung auch komplett Personal vorgehalten wird. Das vorgehaltene Personal kann eventuell in anderen Bereichen des Krankenhauses eingesetzt werden, wenn ein Einsatz auf den Spezialstationen nicht notwendig ist. Allerdings müssen notwendige Mehrkosten im Personalbereich (stetige Weiterbildung, Bereitschaftsdienste etc.) über den Fixkostenanteil für die Vorhaltung finanziert werden. Für die Kalkulation der Vorhaltung reicht auch die Teilnahme von Krankenhäusern mit entsprechender Spezialisierung an der Kalkulation nicht aus, da die tatsächliche Erbringung dieser Leistungen wie beschrieben erheblichen Schwankungen unterworfen ist. Hier wäre eine Vereinbarung über die Leistungen und Versorgungseinrichtungen notwendig, für die eine gezielte Finanzierung bereitgestellt werden soll. Diese wäre dann im Folgenden in die Kostenkalkulation einzubeziehen. Bestimmte diagnostische Optionen und therapeutische Möglichkeiten stehen nur in einem Teil der deutschen Krankenhäuser zur Verfügung. Hierzu gehören neben einer besonderen Spezialisierung und personellen Qualifikation auch besondere Vorhaltungen wie z. B. die PET- oder SPECT-Untersuchungen. Patientinnen und Patienten, die komplexe Diagnostik benötigen, werden direkt in solche Häuser eingewiesen bzw. aus anderen Krankenhäusern in Häuser mit diesen Vorhaltungen verlegt. Für diese Krankenhäuser bzw. besonders spezialisierte Abteilungen in allen Versorgungsstufen ergibt sich das Problem, mit umfangreicher und aufwändiger Diagnostik Verdachtsdiagnosen innerhalb weniger Tage (Kurzlieger) auszuschließen, die dann nicht als DRG-Diagnosen kodiert werden dürfen und somit auch keine Gruppierungsrelevanz entfalten. Im Ergebnis tragen diese Fachabteilungen/ Krankenhäuser ein hohes Kostenrisiko, dessen sachgerechte Refinanzierung über die pauschalierten Entgelte kaum möglich ist. Die Vorhaltung und der Betrieb von Geräten, besonderen Laboratorien etc. sind mit erheblichen Kosten verbunden, die z. B. beim PET mit Fallkosten von ca. 600 € zu veranschlagen sind. Es werden in den o.a. Einrichtungen systematisch Mehrleistungen erbracht, die in anderen 18 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Systemqualität im Jahr 2007 Krankenhäusern bei gleicher Diagnose nicht anfallen. Unterschiede in der Vorhaltestruktur können zu sehr unterschiedlichen Leistungen führen, die auch in der Aufwandskomponente differenziert zu betrachten sind. Für diese diagnostischen Leistungen sollte vom InEK geprüft werden, ob Zusatzentgelte zu etablieren sind. Auch bei den therapeutischen Leistungen wird es problematisch, wenn aufgrund der Komplexität der Angebotsstruktur in einem Krankenhaus im Durchschnitt deutlich mehr Leistungen pro Patient erbracht werden, da bei einer Behandlung von mehreren Erkrankungen keine Verlegung in andere Krankenhäuser erfolgen muss, sondern die Gesamtleistung im selben Krankenhaus während desselben Aufenthaltes erbracht werden kann. Da sich ein Großteil der Leistungen über die OPS-Klassifikation kodieren lässt, wäre es notwendig, die Leistungsdichte bzw. den Leistungsumfang bei allen DRGs in Abhängigkeit von der Versorgungsstufe zu analysieren. Solche Analysen wären am InEK-Kalkulationsdatensatz auch unter Berücksichtigung der durch die Leistungen ausgelösten Kosten problemlos möglich. Es ist ganz klar vorhersehbar, dass bei nicht sachgerechter Finanzierung der Behandlungsleistungen bei komplexen Fällen Probleme zu befürchten sind, die zu einer Unterversorgung dieser Patientinnen und Patienten durch erheblich reduzierten Zugang zu diesen Gesundheitsleistungen resultieren können. 3.4.4 Flächendeckende Versorgung Eine Leistungserbringung zu wettbewerbsfähigen Kosten ist an eine gewisse Krankenhausgröße gebunden. Hohe Auslastungen und Fallzahlen tragen zu einem positiven Kostendeckungsbeitrag für Infrastruktur-, Verwaltungskosten und andere Vorhaltungen bei. Bei Abnahme größerer Mengen können im Einkauf Rabatte realisiert werden. Mangelnde Größe kann nur zum Teil durch Verbundbildung (Einkaufsgemeinschaften, gemeinsame IT-Struktur, etc.) kompensiert werden. Die flächendeckende wohnortnahe Versorgung für einen Teil der Leistungen ist gesellschaftlich und politisch gewollt. Verantwortlich für die Krankenhausbedarfsplanung sind derzeit die Bundesländer. Ist eine wettbewerbsfähige Leistungserbringung in kleinen Krankenhäusern in ländlichen Gebieten nachweislich nicht möglich aber gewünscht, so muss das Defizit eventuell steuerfinanziert ausgeglichen werden. Eine Lösung dieser strukturbedingten Finanzierungsprobleme ist im G-DRG-System nicht möglich. 3.4.5 Anreizmechanismen Ein Ziel einer pauschalierenden Vergütung ist es, durch gezielte wettbewerbliche Anreize Rationalisierungsreserven zu mobilisieren. Ressourcen können durch Pro- Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 19 Systemqualität im Jahr 2007 zessoptimierung, Leistungsverdichtung und Einsparung überflüssiger Leistungen freigesetzt werden. In Leistungsbereichen wie z. B. der Palliativmedizin, in denen eine simple „Leistungsverdichtung“ nicht unbedingt gewünscht wird, können diese Anreize zu unerwünschten Fehlsteuerungen führen. Dies kann nur bedingt durch ein bei der Gruppierung oder für ein Zusatzentgelt berücksichtigten OPS-Komplexkode aufgefangen werden. Deshalb stellt sich die Frage, ob Bereiche wie die Palliativmedizin überhaupt im G-DRG-System abgebildet werden sollten. Auch bei chronischen Erkrankungen können durch die episodenorientierte Finanzierung (s. auch Kapitel 3.6) falsche Anreize gesetzt werden. Der Fehlanreiz besteht darin, kurzfristige Erfolge bei minimalem Ressourceneinsatz und nicht auf nachhaltige Verbesserungen zu erzielen. Beispiele können Implantate mit kürzerer Haltbarkeit oder der Einsatz billigerer Medikamente mit höherer Gefahr von Spätfolgen (z. B. L-Dopa beim Parkinsonsyndrom) sein. Letztlich entstehen langfristig Mehrkosten für das Gesamtsystem. Diese Fehlanreize können nur durch eine sachgerechte Vergütung verhindert werden. Wird eine Schwangere bei noch unreifer Frucht mit einer Komplikation aufgenommen, die zu einer Frühgeburt führen kann, müssen alle Anstrengungen unternommen werden, die Schwangerschaft bis zur erforderlichen Reife des Kindes aufrecht zu erhalten. Kommt es im selben Aufenthalt zu einer Geburt, resultiert dieselbe G-DRG unabhängig vom Entbindungszeitpunkt. Die Verzögerung der Geburt bis zur angemessenen Reife des Kindes geht mit einer verlängerten Verweildauer und erhöhtem Ressourcenverbrauch einher. Vermehrte Kosten der Versorgung von Frühgeborenen werden über die gewichtsorientierte Gruppierung bei Neugeborenen abgefangen. Eine Selbstregulation ist dadurch, dass für Mutter und Kind getrennte Pauschalen abgerechnet werden, nicht möglich. Seit 2005 stehen zur Dokumentation der präpartalen Verweildauern die OPS der Kategorie 9-280 (Stationäre Behandlung vor Entbindung im gleichen Aufenthalt) zur Verfügung. Eine Berücksichtigung im Gruppierungsalgorithmus ist bislang allerdings noch nicht erfolgt. Auch wenn nicht anzunehmen ist, dass die oben angegebenen Konstellationen bereits zu einem deutlichen Qualitätsverlust der Behandlung geführt haben, sind Konstellationen, in denen falsche Anreize gesetzt werden, wenn möglich generell zu vermeiden (s. auch Kapitel 3.7). 3.5 Administrativer Aufwand Die DRG-Einführung wird insbesondere von der Ärzteschaft aber auch von anderen Berufsgruppen im Krankenhaus und sicherlich auch bei den Kostenträgern/MDK als Ursache für eine erhebliche Ausweitung des administrativen Aufwandes empfunden. Dabei wird aber häufig nicht differenziert zwischen den verschiedenen Komponenten 20 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Systemqualität im Jahr 2007 der Überfrachtung der Ärzteschaft durch nicht ärztliche Tätigkeiten. Die für die sachgerechte DRG-Zuordnung notwendige Kodierung von Diagnosen, Prozeduren und anderen patientenbezogenen Variablen stellt bei kritischer Betrachtung nicht das eigentliche Problem dar. Um den Dokumentationsaufwand insgesamt zu verringern, bestehen aber auch Möglichkeiten, Systemkomponenten gezielt anzupassen. Beispielsweise kann durch gezielte (aber zum Teil normative) Anpassungen des Gruppierungsalgorithmus, und insbesondere der CCL-Matrix sowie der Diagnose- und Prozedurenklassifikationssysteme durch das InEK die Selbstverwaltung und das DIMDI die Kodierung bzw. die Kodierrichtlinien wieder näher an eine medizinisch sinnvolle Dokumentation angenähert oder Grauzonen der Kodierung bzw. Kodieralternativen in ihren finanziellen Auswirkungen entschärft werden. Ebenso könnten durch klare Abgrenzungen der Leistungsbereiche (ambulant/prästationär/poststationär/teilstationär/vollstationär/Rehabilitation) und Setzen adäquater Anreize eine Vielzahl von Rechnungsprüfungen verhindert werden. So müssen einige Abrechnungsprobleme auf Einzelfallebene lokal mit der einzelnen Krankenkasse oder Systemprobleme/Regelungslücken zwischen jedem Krankenhaus und Entgeltkommission der Krankenkassen individuell gelöst werden, für die auf Bundesebene keine konsensfähige Lösung gefunden wurde. Sozialgerichte und Schiedsstellen beschäftigen sich zunehmend mit Fragestellungen, die durch eine bundesweit eindeutige Regelung zu verhindern gewesen wären. Ebenso tragen einige gesetzliche Vorgaben zu einer unnötigen Bürokratisierung bei. So müssen Neue Untersuchungs- und Behandlungsverfahren (NUB) nach § 6 Abs. 2 KHEntgG von jedem Krankenhaus individuell beantragt werden. Die Statistik des InEK zeigt, dass die meisten der anerkannten NUB von vielen Krankenhäusern parallel beantragt wurden. Weiterhin sind die Regelungen des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG), die Abrechnungsregeln und der Katalog der Fallpauschalen und Zusatzentgelte in ihrer Interaktion derart komplex geworden, dass umfangreiche Vorbereitungen auf die Entgeltverhandlung und eine große Anzahl von Verhandlungsrunden pro Krankenhaus notwendig sind. 3.6 DRGs und Qualität G-DRGs und deren Bewertungsrelationen stellen eine Bestandsaufnahme der gängigen (zwei Jahre alten) Behandlungspraxis und der daraus resultierenden Kosten der an der G-DRG-Kalkulation teilnehmenden Krankenhausstichprobe dar. Die aktuellen Tarifsteigerungen im ärztlichen und nichtärztlichen Dienst sind ebenso wenig berücksichtigt wie Preisveränderungen bei den Implantaten oder die Mehrwertsteuererhöhung, woraus unzweifelhaft Fehlbewertungen innerhalb der DRG-Relationen resultieren. Andererseits setzt die fallpauschalierende Vergütung wiederum Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 21 Systemqualität im Jahr 2007 Anreize, die die Leistungserbringung verändern können. DRGs können immer nur grob zwischen unterschiedlichen Leistungen differenzieren, mit zunehmender Komplexität und resultierenden Migrationsphänomenen (s. auch Kapitel 4.7.3) geht der medizinische Leistungsbezug zunehmend verloren. DRGs sind ein Instrument der episodenorientierten Finanzierung. Unter dem bestehenden Kostendruck kann dies z. B. einen Einfluss auf die Auswahl von Implantaten oder z. B. Koronarstents mit unterschiedlicher Lebensdauer haben. Aus einer Verschlechterung der mittelfristigen Ergebnisqualität resultiert eine vorzeitige erneute Behandlung mit entsprechender Belastung für den Patienten und einer Kostenbelastung für das Gesamtsystem. Auch die Qualität der Behandlung chronischer Erkrankungen kann durch die Anreize einer episodenorientierten Finanzierung negativ beeinflusst werden. Letztlich kann auch die sektorale Finanzierung und Budgetierung mit ihren jeweiligen Anreizen zu ineffizienter und qualitativ schlechterer Versorgung im Gesamtkontext führen. Es ist offensichtlich, dass eine Paradigmenwechsel in der Krankenhausfinanzierung mit veränderten Anreizen und veränderter Leistungserbringung einhergeht. Auch wenn ein Teil der Veränderungen wünschenswert ist, muss aufmerksam verfolgt werden, dass die Qualität der Versorgung nicht über Gebühr unter den Veränderungen leidet und Missbrauch vermieden wird. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber die Selbstverwaltungspartner mit der Durchführung einer Begleitforschung zur DRG-Einführung in Deutschland beauftragt und dies gesetzlich in § 17b Abs. 8 KHG verankert. 3.7 Begleitforschung zur DRG-Einführung Die Kostenträger und der Gesetzgeber sollten ein besonders großes Interesse an der Beantwortung der Frage haben, welchen Einfluss die umfassenden Veränderungen der ökonomischen Rahmenbedingungen auf die gesamte Gesundheitsversorgung haben. Anfang 2006 und 2007 hat das InEK im Auftrag der Selbstverwaltungspartner durchgeführte Auswertungen veröffentlicht. Darüber hinaus wurde ein Auftrag von den Selbstverwaltungspartnern zur Erstellung einer Machbarkeitsstudie für die Begleitforschung vergeben. Die bislang veröffentlichten Daten geben jedoch keine Antworten zu den in Kapitel 3.6 aufgeworfenen Fragen. Es muss verhindert werden, dass neben einem Teil der Krankenhäuser letztendlich gerade der Patient der große Verlierer der Umstrukturierungen und der Ressourcenverknappung ist. 22 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf 4 Prüf- und Anpassungsbedarf 4.1 Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf der ordnungspolitischen Vorgaben 4.1.1 Entgeltverhandlungen Die ursprünglich vom Gesetzgeber vorgesehenen prospektiven Entgeltverhandlungen sind nicht mehr umsetzbar. Die Anzahl der unterschiedlichen Abrechnungspositionen, die unterschiedlichen Budgetbereiche und Erlösausgleiche machen eine sorgfältige Planung notwendig. Die Leistungsmengenplanung und Vereinbarung des Leistungsmengengerüstes haben für Krankenhäuser und Krankenkassen eine hohe strategische Bedeutung, was die Verhandlungen erschwert und häufig in die Länge zieht. Selbst bei frühzeitigen Verhandlungen kann der Budgetabschluss frühestens mit Vorliegen eines landesweiten Basisfallwertes erfolgen. Auch hier ziehen sich die Verhandlungen zum Teil bis weit in das zu verhandelnde Budgetjahr hinein. Regelungen wie die Vereinbarung von Innovationszusatzentgelten (NUB) nach § 6 Abs. 2 KHEntgG verlieren dadurch ihren ursprünglichen Sinn und die Einführung von Innovationen wird entgegen des Willens des Gesetzgebers verzögert. Eine Abtrennung der Verhandlung der NUB-Entgelte von den übrigen Leistungs- und Entgeltverhandlungen wäre notwendig, um zu gewährleisten, dass neue Untersuchungsund Behandlungsmethoden auch kurzfristig Einzug in die klinische Praxis finden. In der derzeitigen Konstellation können Verzögerungen von mehreren Jahren auftreten. 4.1.1.1 Ausrichtung am Versorgungsauftrag Im Rahmen des zunehmenden Wettbewerbes ist auch zu diskutieren, inwieweit die Beschränkung der Leistungserbringung auf den Versorgungsauftrag für die Krankenhäuser noch einzuhalten ist. Auch bei der Vergütung der Krankenhausleistung über ein reines Preissystem wird aller Voraussicht nach der Versorgungsauftrag aufrecht erhalten bleiben müssen. Krankenhäuser, die im Wettbewerb stehen, können sich nicht auf wenig lukrative Leistungen beschränken, nur weil diese besser zu ihrem Versorgungsauftrag passen als lukrativere Leistungen. Aus ethischen und aus versorgungspolitischen Gründen wäre es nicht akzeptabel, komplexe und damit häufig ökonomisch unattraktive Patienten aus der Versorgung auszugrenzen (Patientenselektion). Eine adäquate Finanzierung der Vorhaltung ist daher unverzichtbar, wenn ein flächendeckendes Versorgungssystem in der Bundesrepublik Deutschland aufrechterhalten werden soll. Eine Missachtung dieses Grundsatzes führt zwangsläufig zu Versorgungsproblemen bei chronisch kranken Patienten oder Patienten, die sehr komplexe Leistungen benötigen. Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 23 Prüf- und Anpassungsbedarf Die Frage der Begrenzung des Leistungsspektrums der Krankenhäuser auf bestimmte G-DRGs unter Hinweis auf den Versorgungsauftrag muss in der Selbstverwaltung aber auch in der Politik gerade unter Wettbewerbsgesichtspunkten diskutiert werden. In den Bereichen, in denen durch Eingreifen der Planungsbehörden, der Kostenträger und des G-BA der Wettbewerb ausgesetzt wird, darf keine Möglichkeit der Positiv-/Negativselektion bestehen. 4.1.1.2 Ausgleichsregelungen Die derzeitigen im KHEntgG und der BPflV verankerten hoch komplexen Erlösausgleichsregelungen entsprechen nicht mehr der Komplexität des G-DRG-Systems und passen zudem nicht zu einem Preissystem. Auch wenn Vertreter des Gesetzgebers in einem Fachbeitrag1 ihre Sicht der Anwendung der Minder- und Mehrerlösausgleichsregelungen detailliert dargestellt haben, bleiben die in den letzten Gutachten (z. B. Gutachten 2005: Kapitel 5.4.1) beschriebenen grundsätzlichen Probleme der Ausgleichsregelungen ungelöst. Je weiter der Übergang vom Budget in ein Preissystem in den Krankenhäusern fortschreitet, je mehr sind auch die vom Grundsatz her aus dem Budgetsystem übernommenen Ausgleichsregelungen für Minder- und Mehrerlöse in Frage zu stellen. Während der (durch das GKV-WSG um die Hälfte reduzierte) Mindererlösausgleich noch unter dem Thema Sicherstellung der Versorgung nachvollziehbar ist, ist der Mehrerlösausgleich keinesfalls mit einem Preissystem vereinbar. Allenfalls wären verhandelte Rabattierungen bei Überschreitung der vereinbarten Leistungsmenge denkbar. Es ist kaum nachvollziehbar, dass bei prospektiver Verhandlung von Leistungsveränderungen wesentlich höhere Bewertungsquoten gültig sind als bei der Leistungsveränderung bezogen auf die Vereinbarung. Die Regelung führt im Ergebnis zu einer ungleichen Behandlung von unterschiedlichen Leistungserbringern, da sie auf dem CMI des jeweiligen Krankenhauses und nicht auf der Bewertungsrelation der tatsächlich erbrachten Leistung aufsetzt. Im Ergebnis werden Mehrerlöse aus gleichen Leistungen in unterschiedlichen Krankenhäusern auch bei gleichem Basisfallwert unterschiedlich vergütet. Zur weiteren Information verweisen wir auch auf die ausführlichen und weiterhin gültigen Kommentierungen im Gutachten 2005 (siehe Kapitel 5.4.1). Unter der angegebenen Quelle findet sich eine ausführliche Bewertung sowie eine Lösungsempfehlung. Die Erlösausgleichsregelung bei „kodierbedingten Mehrerlösen“ und die vereinfachte Ermittlung des Erlösausgleichs von „Sonstigen Mehrerlösen“ nach § 4 Abs. 9 KHEntgG basieren auf der Struktur des australischen AR-DRG-Systems, in dem aufgrund der Konstrukte „Basis-DRG“ und den hierarchisch untergeordneten Splitts sowie der damit verbundenen medizinischen Homogenität der G-DRGs eine klarere 1 Tuschen K.H., Braun T., Rau F., (2005), Erlösausgleiche im Krankenhausbereich: Eine Orientierungshilfe, das Krankenhaus, 11:955-960 24 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf Abgrenzung zwischen kodierbedingten und sonstigen Mehrerlösen möglich war. Aufgrund der Komplexität des G-DRG-Gruppierungsalgorithmus (s. Kapitel 4.7) wird auch diese Abgrenzung immer komplexer. Da das Krankenhaus die Nachweispflicht besitzt, werden Krankenhäuser, denen vermehrt aufwändigere Fälle mit dem Resultat eines CMI-Anstiegs zugewiesen werden (Maximal- und Spezialversorgung), systematisch benachteiligt. Eine Anpassung des § 4 Abs. 9 KHEntgG ist daher dringend zu fordern. Im Rahmen einer Anpassung des § 4 Abs. 9 KHEntgG könnten auch der fehlerhaft einschränkende Verweis auf § 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 korrigiert und die Mitberücksichtigung der Outlier bei den Erlösausgleichen auf eine rechtliche Grundlage gestellt werden. Im gleichen Zuge sollten Verlegungsabschläge in § 7 Satz 1 Nr. 3 ergänzt werden. Auch die Einführung von teilstationären Ein-Tages-DRGs, wie derzeit bei der Dialyse, hat einen Einfluss auf die Ausgleichsberechnungen, da die Darstellung des gesamten Leistungsgeschehens sowie die Bewertung verändert werden. Die G-DRG L60C (teilstationäre Dialyse) ist bundesweit einheitlich bewertet. Werden viele Fälle mit dieser G-DRG in das Fallmengengerüst eingebracht, hat das eine CMIverdünnende Wirkung, da eine hohe Fallzahl mit einem insgesamt geringen CaseMix eingebracht wird. Der CMI ist aber Grundlage der Berechnungen von Mehrerlösausgleichen nach der vom Gesetzgeber vorgegebenen vereinfachten Formel nach § 4 Abs. 9 KHEntgG. Diese Problematik ist nicht nephrologiespezifisch, sondern trifft auf alle Bereiche mit noch zu realisierenden teilstationären DRG-Fallpauschalen zu. Eine Lösung wäre die Trennung der vollstationären und teilstationären Fälle in der AEB (E1-vollstationär, E1-teilstationär). Für die bundesweit nicht einheitlich bewerteten G-DRGs und Zusatzentgelte gelten noch unverändert die Ausgleichsregelungen der Bundespflegesatzverordnung. Diese sind nicht mehr adäquat, da es sich gerade bei den ZE-Leistungen um hoch sachkostenlastige Leistungen handelt und bezogen auf die Gesamterlöse eines Krankenhauses der Erlösbereich für diese ZE sehr klein ist und damit erheblichen Schwankungen unterliegen kann. Abhängig von der Art der Pauschalierung (Tagespauschalierung/Fallpauschalierung) können die Ausgleiche bei G-DRGs der Anlagen 3a und 3b (§ 6 Abs. 1 KHEntgG) trotz identischer Leistung variieren. Zu fordern ist daher eine Anpassung der Erlösausgleiche für G-DRGs und Zusatzentgelte nach § 6 Abs. 1 KHEntgG durch den Gesetzgeber, da auf der Ortsebene nur selten sachgerechte Lösungen für diese Problemkonstellation zur Vereinbarung kommen. 4.1.2 Rechnungsprüfungen durch die Kostenträger Zur Unterstützung einer sachgerechten Finanzierung von Krankenhausleistungen in einem DRG-System ist die Überprüfung der Leistungserbringung und der Abrechnungen in gewissem Umfang notwendig. Gesetzlichen Krankenkassen stehen über den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung im Wesentlichen Einzelfall- Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 25 Prüf- und Anpassungsbedarf prüfungen nach § 275 SGB V und Stichprobenprüfungen nach § 17c KHG zur Verfügung, wobei das Verfahren nach § 17c KHG bislang keine Prüfung auf sekundäre Fehlbelegung vorsieht. Die bisherigen gesetzlichen Regelungen zu den Abrechnungsprüfungen haben sich nicht bewährt, was daran ersichtlich ist, dass sie häufig nicht eingehalten werden. Leistungserbringer und Kostenträger haben nicht selten unter Umgehung des MDK vor Ort eigene pragmatische Regelungen gefunden. Hinzu kommen die inhaltlich und qualitativ sehr heterogenen Abrechnungsprüfungen durch die privaten Krankenkassen und Berufsgenossenschaften. Während die Stichprobenprüfung nach § 17c aus vielerlei Gründen bislang nicht die ihr vom Gesetzgeber zugedachte Bedeutung erhalten hat, wurden die Einzelfallprüfungen nach § 275 SGB V bislang von vielen Kostenträgern instrumentalisiert, um einseitige Rechnungskürzungen durchzusetzen. Die Rechnungsprüfungen gingen in vielen Fällen weit über das zur Identifikation von systematischer Falschabrechnung und Fehlbelegung notwendige Maß hinaus. Für Krankenhäuser ist das Erlös-/Leistungsmanagement von vielen Faktoren abhängig. Wenn Leistungsveränderungen zu Minder- oder Mehrerlösen und Ausgleichen führen, ist es nicht unerheblich, ob G-DRGs mit besonderen Ausgleichsquoten oder (bewertete?) ZE betroffen sind. Insbesondere spielt es eine Rolle, welcher Budgetbereich (§ 4 oder § 6 Abs. 3 KHEntgG) betroffen ist und wie der effektive CMI von Mehr- oder Minderleistungen sich gegenüber dem vereinbartem CMI verhält. Eine Strategie auf Einzelfallebene kann daher für Krankenhäuser nicht zielführend sein. Damit zahlen sich zweifelhafte Kodierstrategien für ein Krankenhaus selten aus. Die Strategie setzt bei der Planung an; Kodierung ist Erlössicherung nicht Erlösoptimierung. Eine den Krankenhäusern bisweilen unterstellte „grenzverweildaueroptimierte“ Behandlung ist nicht sinnvoll, da hier nur die Erlösseite betrachtet wird. So kann z. B. die Leistungserbringung unterhalb der unteren Grenzverweildauer für ein Krankenhaus durchaus sinnvoller sein, als Fälle möglichst bis zum Erreichen der unteren Grenzverweildauer zu hospitalisieren. Ganz im Gegensatz dazu ist für die Kostenträger jeder am Einzelfall gesparte Euro gespartes Geld. An den Erlösausgleichen partizipieren in relevantem Ausmaß nur die großen Krankenkassen. Die meisten Einzelfallprüfungen erfolgten deshalb bislang verdachtsunabhängig, sobald eine Rechnungskürzung nur entfernt Aussicht auf Erfolg bot. Überraschenderweise überprüfen die Kostenträger seltener als zu erwarten, die im Rahmen der Einführung eines DRG-Systems bedeutsame Kodierqualität. Bisherige Erfahrungen haben gezeigt, dass bei einer genaueren Fallbetrachtung hier die Abrechnung auch häufig zugunsten des Krankenhauses geändert werden muss. Allen an der Dokumentation, der Abrechnung und den Abrechnungsprüfungen Beteiligten ist bewusst, dass eine „perfekte“ Kodierung nicht existiert und niemals erreicht werden kann, zumal ein gewisser Interpretationsspielraum bei strategischer missbräuchlicher Auslegung der Kodierrichtlinien nicht vermeidbar ist. (s. Kapitel 4.6). 26 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf DRG-Erlöse ergeben sich nach einem komplexen Algorithmus aus kodierten ICDDiagnosen, OPS-Prozeduren und administrativen Daten (z. B. Verweildauer). Vor Ende des stationären Aufenthaltes kann daher häufig noch keine Aussage über die zu erlösende G-DRG, die Grenzverweildauern und die damit verbundenen Zu- bzw. Abschläge gemacht werden. Für Verweildauerausreißer (Outlier) resultieren bei niedriger bewerteten G-DRGs häufig paradoxerweise höhere Erlöse (s. Kapitel 4.7.8). Systematische Steuerungen im Einzelfall sind daher für Krankenhäuser nicht sinnvoll, insbesondere da sich der Algorithmus und die Grenzverweildauern jährlich ändern. Krankenkassen haben hier den systematischen Vorteil, ex post prüfen zu können. Auch Überschreitungen der oberen Grenzverweildauer (oGVD) dürften in den seltensten Fällen ökonomisch motiviert sein. DRG-Erlöse sind in Bezug auf die mittlere Verweildauer kalkuliert. Das bedeutet, dass ein Krankenhaus in der Regel zwischen mittlerer Verweildauer und oberer Grenzverweildauer bereits Verluste im Einzelfall erwirtschaften dürfte. Ab Erreichen der oberen Grenzverweildauer „teilen“ sich Kostenträger und Krankenhaus weiter entstehende Mehrkosten, da Überliegerzuschläge meist so kalkuliert sind, dass auch nach Überschreiten der oGVD kein Anreiz für Krankenhäuser besteht, die Verweildauer gewinnmaximierend auszudehnen. Überschreitungen der oGVD dürften daher in fast allen Fällen medizinisch begründet sein. Da der MDK inzwischen dazu übergeht, Fehlbelegungspotenzial auch dann zu identifizieren, wenn während des stationären Aufenthalts eine prinzipiell höhere Leistungsverdichtung denkbar gewesen wäre, stellt sich generell die Frage der Anforderung an eine prüfungssichere Dokumentation. Grenzverweildauerprüfungen sind in der Regel keine Prüfungen die sich, wie vom Gesetzgeber intendiert, auf den begründeten Verdacht einer Falschabrechnung stützen. Aufgrund des geringen Missbrauchspotenzials bei gleichgerichteten Anreizen zur Verweildauerverkürzung für Krankenhaus und Kostenträger wäre es eine bedenkliche und wenig sinnvolle Zweckentfremdung, auch Informationen zu anderen Patienten (z. B. zwischengeschobene Notfälle) oder organisatorische Aspekten (Reparatur-/Wartungsinformationen zu Großgeräten) allein aus abrechnungstechnischen Gründen in die individuelle medizinische Patientenakte aufnehmen zu müssen. Die Umsetzung dürfte in Krankenhäusern nur mit erheblichem Druck und Ressourceneinsatz durchsetzbar sein. Nicht selten finden Rechnungsprüfungen auch in den Bereichen statt, in denen noch klare Definitionen und Abgrenzungen der stationären Leistungen zu prä- oder poststationären Leistungsbereichen fehlen (z. B. teilstationäre Versorgung oder eintägige stationäre Behandlungen, die nicht im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden). Der MDK ist auf Länderebene organisiert, der MDS ist ein eingetragener Verein (e.V.). Gegenüber den Medizinischen Diensten soll der MDS Koordinierungsaufgaben wahrnehmen und die Zusammenarbeit der Medizinischen Dienste und die wirksame Durchführung der Aufgaben fördern. Eine Fallprüfung kann nur dann sachgerecht erfolgen, wenn eindeutige Prüfungskriterien und eine allgemein anerkannte Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 27 Prüf- und Anpassungsbedarf Interpretation derselben existieren. Die Prüfungsrealität zeigt, dass trotz bisheriger Koordinierungsversuche des MDS (SEG 4) Gutachten des MDK für vergleichbare Sachverhalte zu höchst unterschiedlichen Ergebnissen führen können. Zudem erstaunt, dass trotz bestehender Einigung über Kodiersachverhalte innerhalb der Selbstverwaltung der MDK zunehmend neue Auslegungsvarianten zu einzelnen DKR hervorbringt. Diese stellen nicht selten bereits in der Selbstverwaltung konsentierte Grundsätze aus Erlösoptimierungszwecken nachträglich wieder in Frage. Das liegt zum Teil daran, dass die zugrunde liegenden Kriterien (Kodierrichtlinien, G-AEPKriterien, Kriterien für sekundäre Fehlbelegung) Raum für missbräuchliche Interpretationen bieten. Oft sind damit explizit unterschiedliche Auslegungen durch die einzelnen Länder-MDKs verbunden. Der bisher praktizierte Ansatz auf der lokalen Ebene zwischen ca. 1.800 Krankenhäusern und 250 Krankenkassen Lösungen zu finden erscheint nicht effizient und führt unweigerlich zu Bundesland- (MDK-), Krankenkassen-, Sachbearbeiter- und Krankenhaus-spezifischen Lösungen, die eine sachgerechte Vergütung über das bundesweit gültige G-DRG-System unterlaufen. Neben einer Verzerrung des Wettbewerbs wird eine Weiterentwicklung des G-DRG-Systems behindert. Krankenhäuser müssen unter dem wirtschaftlichem Druck entscheiden, wofür sie ihre Ressourcen einsetzen. Ökonomisch betrachtet, muss eine Balance zwischen Leistungserbringung und optimaler Dokumentation gefunden werden. Werden vermehrt Anstrengungen zur optimierten Dokumentation eingesetzt (z. B. erfahrener Oberarzt überprüft Kodierung im Einzelfall), kann darunter die primäre Leistungserbringung leiden (weniger Fälle, weniger Operationen). Im Hinblick auf die Effizienz des gesamten Gesundheitssystems in Deutschland und die darin enthaltenen noch existierenden Rationalisierungspotenziale, ist darauf zu achten, Anreize bei Krankenhäusern und Kostenträgern so zu setzen, dass möglichst viele Ressourcen in die primäre Leistungserbringung am Patienten fließen können. Empfehlung: Seit DRG-Einführung wird sehr viel Personal zur Bearbeitung von Abrechnungsprüfungen gebunden. Es ist offensichtlich, dass die vom Gesetzgeber vorgesehene und für das System auch notwendige „Prüfung bei begründetem Verdacht auf Falschabrechnung“ nicht die Grundlage für die bisherigen Fallprüfungen darstellt. Die durch Fallprüfungen gebundenen Ressourcen gehen letztlich für die Patientenversorgung verloren. Das bisherige Ausmaß der Einzelfallprüfungen liegt weit jenseits einer akzeptablen Grenze. Es bleibt abzuwarten, welche Folgen die Änderungen der §§ 275 SGB V und 17c KHG im GKV-WSG nach sich ziehen werden und wie viel Missbrauchspotenzial noch besteht. Erfahrungen aus Bundesländern mit bestehenden Fristenregelungen in den landesspezifischen Verträgen nach § 112 SGB V lassen befürchten, dass keine wesentlichen Auswirkungen auf das Volumen der Anfragen resultieren könnten. Zudem sind von den Gesetzesänderungen nur gesetzliche Krankenkassen betroffen. Berufsgenossenschaften, private Krankenversicherer sowie andere Kostenträger werden 28 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf unter den derzeitigen Anreizen kein Bedürfnis verspüren, weniger Einzelfallprüfungen durchzuführen. Zur notwendigen Aufdeckung systematischer Fehlabrechnungen sind Stichprobenprüfungen wesentlich besser als Einzelfallprüfungen geeignet. Dass dennoch bislang von den Kostenträgern die Einzelfallprüfung bevorzugt wurde, liegt an den gesetzlichen Fehlanreizen. Inwiefern die Gesetzesänderungen zu weniger und zielgerichteten Prüfungen führen, bleibt abzuwarten. Da Überschreitungen der Grenzverweildauern in den seltensten Fällen ökonomisch motiviert sind, sollten sekundäre Fehlbelegungsprüfungen generell von den Einzelfallprüfungen nach § 275 SGB V ausgenommen werden. Fallkollektive auffälliger Krankenhäuser sollten ebenfalls Stichprobenprüfungen nach § 17c KHG unterzogen werden, wenn entsprechende Kriterien in der Selbstverwaltung analog zu den GAEP-Kriterien konsentiert werden könnten. Da die Fallprüfungen sowie die Funktion des MDK im SGB V bzw. KHG verankert sind und die Durchführung durch BSG-Urteile weitgehend gefestigt ist, ist primär der Gesetzgeber gefordert. Die Selbstverwaltungspartner sollten die landespezifischen Verträge nach § 112 SGB V nutzen, um zumindest eine Vereinheitlichung der Prüfungen zu erreichen. Ebenso sollten die Selbstverwaltungspartner dort, wo noch notwendig, die Prüfungskriterien präzisieren (z. B. Kodierrichtlinien, Grauzonen zur ambulanten/teilstationären Leistungserbringung) und, wo möglich, interpretationsbedürftige Kriterien durch administrative Regelungen (z. B. bei den Fallzusammenführungsregeln) ersetzen. Häufig könnten Streitpunkte in Grauzonen auch durch normative Anpassungen im G-DRG-Algorithmus begegnet werden (Gruppierungsrelevanz von Kodieralternativen, CCL-Bewertungen). Hierzu bedarf es allerdings normativer und nicht datengetriebener Anpassungen. Durch die zunehmende Bedeutung von Prozeduren (z. B. KomplexbehandlungsOPS, Zusatzentgelte) können Fallprüfungen häufig nur noch auf Basis der gesamten Patientenakte erfolgen. Diese enthält eine Vielzahl medizinischer und persönlicher Informationen über die Patienten. Teilweise ist der MDK sehr freizügig bezüglich der Weitergabe von medizinischen Informationen an die Kostenträger. Eine Begutachtung im Sinne von „Kodierung korrekt“ oder „Leistungsanspruch gerechtfertigt“ sollte in der Kommunikation zwischen MDK und Krankenkasse eigentlich ausreichen. Stattdessen werden in den an die Krankenkasse übermittelten Gutachten zum Teil ganze Passagen aus dem Arztbrief oder anderen Krankenunterlagen zitiert. Kritischer ist noch die Anforderung der umfangreichen Dokumentation durch private Krankenversicherungen zu bewerten. Diese kann prinzipiell Informationen enthalten, die für eine spätere Vertragsgestaltung oder Prüfung genutzt werden könnten. Da Patienten, wenn sie eine Kostenerstattung wünschen, in der Regel keine andere Wahl haben als einer Schweigepflichtentbindung zuzustimmen. Hier ist der Gesetzgeber gefordert, die Privatsphäre der Versicherten zukünftig zu sichern. Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 29 Prüf- und Anpassungsbedarf 4.1.3 Ärztliche Weiterbildung Weiterhin von der Gesetzgebung und der Selbstverwaltung hinsichtlich einer Lösung unbearbeitet ist das Problem der Finanzierung der ärztlichen Weiterbildung. Derzeit ist zu beobachten, dass der Anteil der Weiterbildungsassistenten zu Gunsten von Fachärzten reduziert wird, um die Effektivität des Gesamtteams in den Krankenhäusern zu erhöhen. Die Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten ist kostenintensiv, da aus der Weiterbildung eine höhere Personalbindung resultiert2. Ein nicht geringer Anteil der Weiterbildung muss unter besonderer Aufsicht durch einen Facharzt erfolgen. Diese Tendenz verschärft sich als Folge des steigenden Kostendruckes, der überproportional in den Häusern der Maximalversorgung wirkt, die einen erheblichen Anteil der Weiterbildungskapazitäten stellen. Diese Veränderungen können mittelfristig zu Versorgungsproblemen führen, da zumindest in einigen Fachgebieten ein Facharztmangel entstehen kann. Gesondert finanziert wird durch die Krankenkassen nur die Ausbildung in mit den Krankenhäusern notwendigerweise verbundenen Ausbildungsstätten und staatlich anerkannten Einrichtungen an Krankenhäusern von in § 2 Nr. 1a KHG gelisteten Gesundheitsfachberufen, die auch als nichtärztliche Heilhilfsberufe bezeichnet werden. Dass diese Berufsausbildungen von den Krankenkassen finanziert werden, ist das Ergebnis einer historischen Entwicklung mit dem gescheiterten Versuch einer Verschiebung der Finanzierung dieser Aufgaben auf die Länder. Die ärztliche Weiterbildung wurde in diesem Kontext bisher kaum thematisiert. Um die prognostizierte Entwicklung gar nicht eintreten zu lassen, müssen die ökonomischen Risiken einer ärztlichen Weiterbildung für die weiterbildenden Krankenhäuser reduziert werden. Es sind finanzielle Anreize zu schaffen. Eine Lösungsoption wären Weiterbildungszuschläge pro Weiterbildungsassistent. Die Refinanzierung kann wie bei den Ausbildungsstätten über einen fallbezogenen Weiterbildungszuschlag erfolgen, mit dem die Fälle aller Krankenhäuser belastet werden. Da letztendlich das Ergebnis allen Krankenhäusern zu gute kommt, kann die Finanzierung über ein Umlageverfahren erfolgen. Wenn aufgrund unterschiedlicher Kosten notwendig, wäre bei der Ermittlung der Höhe des Zuschlages auch nach Fachgebietsgruppen (z. B. Innere Medizin, Chirurgische Fachgebiete) zu differenzieren. Der Weiterbildungserfolg (Abschluss und zeitliche Komponente) könnte an die Zahlung des Zuschlages geknüpft werden. 4.1.4 Besondere Leistungen und besondere Einrichtungen Grundsätzlich wünschenswert wäre die Abbildung der meisten Leistungen über bundesweit bewertete G-DRGs. Für Bereiche, die sich derzeit nicht in dieser Form 2 Bauer M. et al. (2007), Apoptose im DRG-System: Weiterbildung und dezentrale Strukturen verhindern wettbewerbsfähige intraoperative Prozesszeiten, Anästh- Intensivmedizin, 48: im Druck 30 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf abbilden lassen, stehen mehrere alternative und additive Vergütungselemente zur Verfügung. Dabei erscheint es ungünstig, wenn prinzipiell mehrere Optionen für die Finanzierung einer spezialisierten Leistung zur Verfügung stehen. So können kinderund jugendrheumatologische Einrichtungen z. B. für 2006 den Weg über die Verhandlung der unbewerteten Anlage-3a-DRG I97Z oder die Annerkennung als Besondere Einrichtung nach § 17b KHG/VBE 2007 wählen. Ähnliches gilt für die Palliativmedizin (ZE und Besondere Einrichtung). Verschiedene Finanzierungsformen haben jeweils ihre Vor- und Nachteile. Für Leistungen, für die künftig eine Abbildung in bundesweit bewerteten G-DRGs möglich erscheint, sollte aufgrund einer einheitlichen Falldefinition und der Möglichkeit zur Vereinbarung einer pauschalierten Finanzierung eher der Abbildung in unbewerteten G-DRGs der Vorzug gegeben werden. Besondere Einrichtungen gelten bei hausinternen Verlegungen beispielsweise wie ein externes Krankenhaus und tragen somit nicht zu einer einfachen Abrechnung bei. Aufgrund der Mengenabhängigkeit vieler entgeltrelevanter Variablen (Beatmungszeiten, ZE für Blutprodukte und Medikamente, OPS-Komplexkodes) wird die Fallmengenplanung und Entgeltverhandlung bei wechselnder Anerkennung als Besondere Einrichtung unnötig erschwert. Auch wenn das InEK eine Bewertung bislang in erheblichem Ausmaß in Besonderen Einrichtungen nach § 17b KHG erbrachten Leistungen vornehmen soll (z. B. Frührehabilitation), muss vorab eine aufwändige Fallzusammenführung erfolgen. Während sich ein Großteil der stationären Krankenhausleistungen sachgerecht pauschalieren lässt, bleibt ein Rest an Leistungen, der über DRG-Pauschalen auch 2007 noch nicht sachgerecht vergütet wird. Diese Leistungen können von der bundesweiten DRG-Vergütung auf der Ebene der Leistung (Besondere Leistungen) oder der gesamten Einrichtung bzw. organisatorisch abgrenzbarer Bereiche (Besondere Einrichtungen) ausgenommen werden. Ersatzweise können fall- oder tagespauschalierte Entgelte nach § 6 Abs. 1 des KHEntgG krankenhausindividuell verhandelt werden. Diese Budgetanteile unterliegen den Regelungen der Bundespflegesatzverordnung bezüglich der Ausgleiche bei Mehr- oder Mindererlösen. Hieraus ergeben sich schwer kalkulierbare Risiken, weil der Budgetanteil nur noch sehr klein ist und Schwankungen in der Fallzahl oder der Behandlungsstruktur (Belegungstage) etc. einen sehr großen Einfluss auf die Bildung der Differenz zwischen vereinbartem Budget und Ist-Erlösen haben. Es ist daher primär anzustreben, möglichst viele Leistungen auch im DRG-Budgetbereich zu belassen, also nach einer „Lösung im System“ zu suchen. Um negative Einflüsse auf die Versorgung abzuwenden, müssen Krankenhäuser, die solche Leistungskomplexe erbringen, kurzfristig klare Signale hinsichtlich der Finanzierung erhalten. So lange eine Abbildung dieser Leistungen aufgrund der Komplexität oder der Heterogenität beim Vergleich verschiedener Leistungserbringer in der bundesweit bewerteten DRG-Klassifikation noch nicht gelingen kann, sind alternative Lösungen notwendig. Möglichkeiten bestehen in der Schaffung von G-DRGs in der Anlage 3a der FPV oder in der Definition von besonderen Einrichtungen. Da es allerdings problematisch ist, besondere Leistungen über auf einzelne Krankenhäuser anwendbare Kriterien zu identifizieren, sollte der Weg fortgesetzt werden, diese be- Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 31 Prüf- und Anpassungsbedarf sonderen Leistungen im Rahmen der DRG-Kalkulation und -Anpassung zu erkennen und zu markieren. Auch wenn die Anzahl der G-DRGs in der Anlage 3a des Fallpauschalenkataloges vergrößert wurde, beschränken sich die betroffenen Leistungen auf einen sehr geringen Anteil der Gesamtfälle der Bundesrepublik und auf einen sehr geringen Anteil an den landesweiten Budgets für die Finanzierung von stationären Krankenhausleistungen. Es erscheint außerordentlich schwierig, eine so genannte organisatorische Einheit bei der Definition einer Besonderen Einrichtung unterhalb der Ebene einer Fachabteilung klar abzugliedern. Problematisch ist auch, dass damit noch nicht die Leistungen, die in der organisatorischen Einheit erbracht werden, klar beschrieben sind. Darüber hinaus muss die organisatorische Einheit wie ein eigenes Krankenhaus bezüglich der Betrachtung von Verlegungen (Verlegungsabschläge etc.) angesehen werden. Dies erhöht die Komplexität der Leistungsabrechnung der Krankenhäuser und erschwert die Rechnungsprüfung der Krankenkassen. Wird dagegen der vorgeschlagene Weg der Deklaration von besonderen Leistungen über die Aufnahme dieser Leistungen in die Anlage 3a des Fallpauschalenkataloges verfolgt, relativieren sich die o. a. Probleme. Es bleibt allerdings das Problem der sachgerechten Abgrenzung eines Anteils aus dem DRG-Budget zur Finanzierung der Anlage-3aLeistungen und die Kalkulation einer sachgerechten Entgelthöhe für die Entgeltvereinbarung. 4.1.5 Zentrumszuschläge Nach § 5 Abs. 3 KHEntgG sind Zuschläge für Zentren durch die Kostenträger zu finanzieren. Dort wird geregelt, dass bei Nichtvorliegen von bundesweiten Regelungen zu Zuschlägen nach § 17b Abs. 1 des KHG oder bei fehlenden Vorgaben des BMG die Vertragsparteien vor Ort Zu- und Abschläge auf der Grundlage der Vorgaben dieses Gesetzes vereinbaren. Der Anspruch auf einen Zentrumszuschlag setzt das Vorliegen eines Zentrums oder Schwerpunktes voraus, beispielhaft werden Tumorzentren und geriatrische Zentren angeführt. In der Realität werden Zentrumszuschläge allerdings fast flächendeckend von den Kostenträgern verweigert. Dies gilt z. B. auch für anerkannte Brustzentren. Die lokale Selbstverwaltung scheint in dieser Frage überfordert, Schiedsstellenverfahren enden mit teilweise sehr unterschiedlichen Entscheidungen bei grundsätzlich gleichem Sachverhalt. Empfehlung: Der Gesetzgeber sollte den § 5 Abs. 3 KHEntgG durch Benennung von Zentren konkretisieren und auch die Grundlagen für die Ermittlung der Zuschläge darstellen. Dies können z. B. Zuschläge für Netzkoordinatoren, Qualitätsmanagement, Durchführung von Tumorkonferenzen oder sektorübergreifende Angebote der Psychoonko- 32 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf logie und die besonderen Tumorsprechstunden sein. All dies sind Leistungen, die standardmäßig nicht in die G-DRG-Fallpauschalen einkalkuliert sind. 4.2 Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf der Abrechnungsbestimmungen Auch für 2007 kam es wieder zu einer Vereinbarung der Abrechnungsregeln zwischen den Selbstverwaltungsparteien (FPV 2007). Diese beruht im Wesentlichen auf den Versionen der Vorjahre. Die Vereinbarung zur Aufnahme von Begleitpersonen aus dem Jahr 2005 ist auch weiter für 2007 gültig. 4.2.1 Fallzusammenführungen / Beurlaubungen Fallzusammenführungen können aufgrund von Wiederaufnahmen, Rückverlegungen und Kombinationen aus beidem erforderlich sein. Die Regelungen zu den Fallzusammenführungen sind sehr komplex. Den Konstruktionen zu den Wiederaufnahmeregelungen nach § 2 FPV, die die GDRG-Konstrukte Basis-DRG, Partition und MDC benutzen, lagen ursprünglich medizinische Zusammenhänge und der Wunsch nach einer möglichst administrativen Regelung zugrunde. So entsprach die Fallzusammenführung bei Gruppierung in die gleiche Basis-DRG (§ 2 Abs. 1 Nr. 2) der Annahme, dass es sich um den gleichen Behandlungsauftrag und damit um eine nicht abgeschlossene Behandlung handelte. Durch die Fallzusammenführung bei Partitionswechsel (§ 2 Abs. 2 Nr. 2) sollte das ökonomisch motivierte Fallsplitting in diagnostischen und operativen Aufenthalt unterbunden werden. Seitdem durch den splittgenauen und partitionsübergreifenden Abfragealgorithmus sowie durch Kondensationen der Zusammenhang zwischen medizinischem Kollektiv einerseits und G-DRG, Basis-DRG und Partition andererseits zunehmend abhanden kommt, greifen auch die Wiederaufnahmeregelungen nach § 2 Abs. 1 und 2 FPV 2007 nicht mehr. Fangen vorzeitig im Gruppierungsalgorithmus abgefragte und der medizinischen Partition zugeordnete G-DRGs auch operierte Fälle ab, oder werden Fälle durch im Gruppierungsalgorithmus interponierte G-DRGs zwischen zwei Splitts einer Basis-DRG abgefangen, so geben die bisherigen Regelungen zu Fallzusammenführungen keinen Sinn mehr. Andererseits stellen gerade diese Regelungen den einzigen Grund dar, noch an der Aufrechterhaltung von inzwischen inhaltlich ausgehöhlten Basis-DRG- und Partitionsdefinitionen festzuhalten. Kompensatorisch prüfen die Kostenträger wieder verstärkt die Wiederaufnahme wegen Komplikation (§ 2 Abs. 3), die aufgrund der fehlenden Definition des Komplikationsbegriffs weiterhin höchst problematisch ist. Zunehmend wird auch die ebenfalls problematische Beurlaubungsregelung nach § 1 Abs. 7 FPV verwendet, um (häufig inhaltlich nachvollziehbare aber nach § 2 Abs. 1 oder 2 nicht mehr mögliche) Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 33 Prüf- und Anpassungsbedarf Fallzusammenführungen zu erwirken. „Eine Beurlaubung liegt vor, wenn ein Patient mit Zustimmung des behandelnden Krankenhausarztes die Krankenhausbehandlung zeitlich befristet unterbricht, die stationäre Behandlung jedoch noch nicht abgeschlossen ist. Bei Fortsetzung der Krankenhausbehandlung nach einer Beurlaubung liegt keine Wiederaufnahme im Sinne von § 2 vor.“ Die Abgrenzung einer Beurlaubung von einer geplanten Wiederaufnahme bei standardisierten mehrzeitigen bzw. sequentiellen medizinischen Behandlungskonzepten ist in der Praxis schwierig und eröffnet neue Grauzonen bei der Prüfung von Krankenhausabrechnungen. Betroffen sind insbesondere Behandlungskonzepte bei chronischen Erkrankungen und in der Onkologie. Aber auch die Abrechnung einer differenzierten Weiterführung einer Therapie in Abhängigkeit von während einer „Beurlaubung“ eintreffenden Untersuchungsergebnissen (z. B. Histologie) ist von der Regelung betroffen. Bei übertriebener Auslegung könnten alle Therapiepausen (z. B. vor Entfernung von Osteosynthesematerial, Rückverlegung eines Kolostomas oder geplanten stationären Kontrolluntersuchungen nach langen Intervallen) als „Beurlaubung“ gewertet werden. Im Gegensatz zu den Wiederaufnahmeregelungen nach § 2 FPV 2007 sind Zusammenführungen von Fällen aus unterschiedlichen Jahren bei Beurlaubungen nicht ausgeschlossen und führen z. B. zu Schwierigkeiten bezüglich der verwendeten Versionen der Klassifikationssysteme (ICD-10-GM/OPS). Es bestehen weiterhin erhebliche rechtliche Diskrepanzen zu den Beurlaubungsregelungen in den landesspezifischen Verträgen nach § 112 SGB V. Auch haftungsrechtliche Fragen sind bei „Beurlaubungen“ zu berücksichtigen. Problematisch waren Fallzusammenführungen bislang im Hinblick auf die G-DRGKalkulation. Die Kostenkalkulations- und §-21-Daten spiegeln die Daten der Echtabrechnung wider. Es handelt sich demnach um zusammengeführte Fälle. Durch Änderung der G-DRG-Definitionen und des Abfragealgorithmus des neu kalkulierten G-DRG-Systems könnten sich jedoch die vorgenommenen Zusammenführungen als nicht mehr notwendig bzw. sich andere notwendige Fallzusammenlegungen ergeben. Letztere berücksichtigt das InEK soweit möglich. Eine Trennung und Neugruppierung bereits zusammengelegt gelieferter Fälle ist jedoch nicht möglich. Empfehlung: Es sollte eine einfache administrative Regelung zur Wiederaufnahme, Rückverlegung und Beurlaubung gefunden werden. Diese könnte sich schlicht an einem bestimmten Zeitfenster (z. B. ein oder zwei Wochen) oder der oberen Grenzverweildauer orientieren. Zusammengelegt werden sollten nur Fälle, die der gleichen MDC zugeordnet werden, da bei unterschiedlichen MDCs in der Regel nicht von einem inhaltlichen Zusammenhang auszugehen ist. Komplikationen werden seit 2005 nach Änderung der DKR D002d organspezifisch kodiert, damit eine sachgerechte MDC-Zuordnung erfolgen kann. Generell nicht zusammengelegt werden sollten Fälle, bei denen GDRGs durch das Erreichen spezieller in OPS-Komplexkodes definierter Leistungs- 34 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf inhalte beschrieben sind. Hier ist jeweils die volle Leistungserbringung gewährleistet, Anreize zum Fallsplitting können nicht entstehen. Soll eine Sonderlösung für Komplikationen bestehen bleiben, so muss eine klarere Definition und Abgrenzung für den Begriff „Komplikation“ gefunden werden. In Ermangelung einer bundesweit gültigen Definition bilden sich Bundesland-, MDK(z.T. einzelprüferspezifische), Krankenkassen- und krankenhausindividuelle Lösungen, die neben den in Abrechnungskonflikten verschwendeten Ressourcen insbesondere auch negative Auswirkungen auf die Weiterentwicklung eines bundesweit gültigen Abrechnungssystems haben. Das BMG hat in einem Schreiben vom 2. April 2007 die Selbstverwaltungspartner explizit dazu aufgefordert, für die Komplikationsregelung eine „trennschärfere und praxistauglichere Abgrenzung“ zu finden. Zudem sollte weiter untersucht werden, bei welchen standardmäßig mehrzeitigen Therapien eine Fallzusammenlegung keinen Sinn ergibt (z. B. zweizeitige Operationen an paarigen Organen). Die Mehrzeitigkeit erfolgt häufig zum Schutz der Patienten und ist Ausdruck eines medizinisch sorgfältigen Vorgehens. Würden alle Eingriffe in einem Aufenthalt durchgeführt, steigt u. U. das Risiko für Komplikationen. Es müssen daher weiterhin einige G-DRGs von Fallzusammenführungen ausgenommen werden. Durch zunehmende Entfernung der DRG-Definitionen von der Beschreibung medizinischer Kollektive wird dies zukünftig jedoch Schwierigkeiten bereiten. 4.2.2 Verlegungen Im Fallpauschalenkatalog sind G-DRGs als so genannte Verlegungsfallpauschalen gekennzeichnet (Spalten 12/14), wenn verlegte Fälle (auch unterhalb der mittleren Verweildauer der G-DRG) genauso kostenintensiv bzw. noch kostenaufwändiger sind, als nicht verlegte Fälle. Dies betrifft insbesondere Fälle, die aufgrund ihrer Komplexität in eine höhere Versorgungsstufe verlegt werden müssen bzw. von dieser aufgenommen werden. Um diesem Umstand zu begegnen, wurden G-DRGs, bei denen die Kalkulationsdaten diese Auffälligkeit aufwiesen, seit 2005 sinnvollerweise von der Verlegungsabschlagsregelung nach § 3 FPV ausgenommen und gehen zum Teil auch in die Kalkulation der Bewertungsrelationen im InEK ein. Die Zahl der betroffenen G-DRGs hat sich seit 2005 kontinuierlich erhöht. Weiterhin fallen für diese Fälle bei Verlegung im aufnehmenden Krankenhaus keine Unterliegerabschläge an, wenn (z. B. aufgrund frühzeitigen Versterbens) die untere Grenzverweildauer unterschritten wird. Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 35 Prüf- und Anpassungsbedarf Empfehlung: An den Kalkulationsdaten sollte einfach nachvollziehbar sein, ob die derzeitige Regelung sachgerecht ist. Wahrscheinlich ist es jedoch sachgerechter, auch die Rechnung des aufnehmenden Krankenhauses um Unterliegerabschläge bei Unterschreiten der unteren Grenzverweildauer zu kürzen. 4.2.3 Neugeborene Nach § 1 Abs. 5 FPV 2007 ist die Versorgung eines Neugeborenen mit dem Entgelt für die Mutter abgegolten, wenn eine im Fallpauschalen-Katalog angegebene Mindestverweildauer nicht erreicht wurde. Diese Regelung betrifft ausschließlich die G-DRG P60C (Neugeborenes, verlegt < 5 Tage nach Aufnahme ohne signifikante OR-Prozedur, nicht zuverlegt). Es ist jedoch auch nicht nachvollziehbar, warum die G-DRG P60C bei Unterschreiten der Mindestverweildauer nicht abgerechnet werden kann. Neugeborene, die nach Entbindung verlegt werden müssen, können durchaus sehr aufwändig zu behandeln sein. Bei einer Entlassung nach Hause (gesundes Kind) darf im Gegensatz dazu eine eigene G-DRG abgerechnet werden. Direktverlegungen aus dem Kreißsaal aufgrund akuter Ereignisse dürfen nach § 1 Abs. 5 FPV 2007 genauso wenig wie bei einer Direktentlassung getrennt abgerechnet werden. Sollen Verlegungen unter 24 Stunden von Verlegungen nach einem bis fünf Tagen vergütungstechnisch getrennt werden, so könnte dies durch die Berücksichtigung als implizite Einbelegungstag-DRG erfolgen. 4.2.4 Betreuung von Müttern behandlungsbedürftiger Neugeborener Nach § 197 der Reichsversicherungsordnung (RVO) stehen der Mutter und dem Neugeborenen nach der Entbindung Unterkunft, Pflege und Verpflegung in einem Krankenhaus zu. Es handelt sich dabei nicht um eine Krankenhausbehandlung. Die ursprüngliche Befristung des § 197 RVO bis zum sechsten postpartalen Tag wurde im GKV-WSG aufgehoben, um eine Weiterbetreuung der Neugeborenen im Krankenhaus bei Behandlungsbedürftigkeit der Mutter zu ermöglichen. Aus der Begründung zum Gesetz geht zweifelsfrei hervor, dass für die Weiterbetreuung der Neugeborenen ab Überschreiten der oberen Grenzverweildauer Überliegerzuschläge zu berechnen sind. So sinnvoll die Entfristung für die Betreuung der Neugeborenen ist, für die Abrechnung der Betreuungsleistung für die Mütter treten dadurch neue Probleme auf. Im Gegensatz zu Neugeborenen ist bei Müttern, die aufgrund einer Behandlungsbedürftigkeit des Neugeborenen ein Übergang aus der stationären Versorgung in eine Begleitperson denkbar. Wann dieser Übergang erfolgen kann, ist sicherlich individuell unterschiedlich und auch von der Entbindungsart (vaginale Entbindung/Kaiserschnitt) abhängig. Abhängig von Grenzverweildauern und evtl. Verlegungsstatus sind 36 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf nun unterschiedliche ökonomisch motivierte Strategien denkbar. Das Krankenhaus, in dem die Entbindung stattfand, wird spätestens mit Erreichen der unteren Grenzverweildauer versucht sein, die Mutter als Begleitperson zu führen, da somit zwar geringe, aber zusätzliche Erlöse zu erwirtschaften sind. Für Mütter, die aufgrund einer Erkrankung des Neugeborenen in ein Krankenhaus höherer Versorgungsstufe verlegt werden, werden Kostenträger möglicherweise die Kostenübernahme verweigern bzw. die Aufnahme von der Erfüllung der G-AEP-Kriterien abhängig machen wollen, da durch die Verlegungsnotwendigkeit des Kindes der Krankenkasse auch für die Mutter zusätzliche Kosten entstehen können. Das Recht der Mutter auf eine stationäre Nachbetreuung nach Geburt darf jedoch keinesfalls durch die Erkrankung des Kindes und den damit verbundenen ökonomischen Konsequenzen „verwirkt“ werden. Empfehlung: Es ist dringend eine Lösung, z. B. im Sinne der ehemaligen Sechs-Tage-Regelung zu finden. Dabei ist rechtlich zu prüfen, ob die Selbstverwaltung selbständig, ohne den Gesetzgeber befugt ist, in der FPV eine Festlegung zu treffen. 4.2.5 Teilstationäre Leistungen Mit Ausnahme der Leistungen innerhalb der Onkologie, der Schmerztherapie, der HIV-Behandlung sowie der Dialysen sind teilstationär erbrachte Leistungen innerhalb der oberen Grenzverweildauer einer zuvor abgerechneten G-DRG auch 2007 nur ab dem dritten Tag nach Überschreiten der abgerundeten mittleren Verweildauer (bemessen ab dem Aufnahmedatum des vorherigen stationären Aufenthaltes) über teilstationäre Entgelte gesondert abrechenbar. Diese seit 2005 bestehende Regelung (§ 6 Abs. 2 FPV) sieht überdies vor, dass teilstationäre Entgelte auch für alle teilstationären Behandlungstage bis zum Erreichen etwaiger stationärer Abschlagstage (z. B. wegen Unterschreiten der unteren Grenzverweildauer oder Verlegungsabschläge) abrechenbar sein können. Die im Gegensatz zu der Regelung bei prä- und poststationären Behandlungen, bei denen die erbrachten Prozeduren bei der (Neu-)Kalkulation der zugehörigen DRGPauschale berücksichtigt werden (§ 1 Abs. 6 FPV 2007), weiterhin fehlende Berücksichtigung von teilstationär erbrachten Leistungen ist in hohem Maße inkonsequent. Spezialisierungen werden im G-DRG-System zunehmend über OPS-Komplexziffern abgebildet. Viele dieser Komplexziffern enthalten Kriterien bezüglich der Behandlungsdauer. Da Komplexbehandlungen auch teilstationär über mehrere Behandlungstage erbracht werden können, sind diese bei der Abbildung der teilstationären Behandlung im G-DRG-System zu berücksichtigen. Wird für teilstationäre Behandlungen eine tagesbezogene Falldefinition eingeführt, können die in den OPSKomplexziffern festgelegten Behandlungsdauerkriterien auf Fallebene nicht erreicht Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 37 Prüf- und Anpassungsbedarf werden (außer ggf. durch die aufwändig zu handhabende Fallzusammenführung bei gleicher Basis-DRG). Dennoch wird die spezialisierte Leistung erbracht. Die derzeit gepflegte Falldefinition mit Bezug auf das Quartal ist nicht geeignet, die Einzelkontakte einer teilstationären Behandlung zu einer sinnvollen Episode auf Fallebene zusammenzufügen. Es wäre eher zu befürchten, dass eine quartalsbezogene Falldefinition Fehlsteuerungen (z. B. Verschiebung Behandlungsbeginn auf nächsten Quartalsanfang) auslöst, wie sie bereits in anderen Sektoren beobachtet werden können. Im G-DRG-System 2007 ergeben sich weiterhin Probleme durch die teilstationäre Behandlung bei spezialisierten Leistungserbringern (z. B. Geriatrie, Schmerzbehandlung, Rheumatologie). So werden in Kliniken, die auch tagesklinische Plätze vorhalten, Komplexbehandlungen häufig kombiniert voll- und teilstationär erbracht. Im Gegensatz zu vor- und nachstationären Leistungen, können teilstationäre Prozeduren jedoch wie oben beschrieben, auch wenn sie nicht gesondert abgerechnet werden dürfen, nicht bei der Gruppierung berücksichtigt werden. Aufgrund der in den Komplexziffern festgeschriebenen Behandlungsdauerkriterien kann somit bei der kombinierten Leistungserbringung, die für die Kodierung der OPS-Komplexziffer notwendige Mindestbehandlungsdauer (im vollstationären Bereich) nicht erreicht und damit auch nicht bei der Gruppierung berücksichtigt werden. Nichtsdestotrotz wurde die spezialisierte Leistung erbracht. Durch diese Situation wird der Anreiz gesetzt, auf Seite der Krankenhäuser die akutstationäre Behandlung möglichst bis zum Erreichen der Mindestbehandlungsdauer „auszureizen“ und auf Seiten der Krankenkassen die akutstationäre Verweildauer im Sinne einer sekundären Fehlbelegungsprüfung verstärkt zu hinterfragen. Da die Leistung zweifelsohne erbracht wurde, sind diese Anreize durch eine sachgerechte Vergütung zu vermeiden. Eine Lösung kann allerdings nur im Gesamtkonzept der Vergütung teilstationärer Leistungen gefunden werden. 4.3 Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf zur DRG-Kostenkalkulation Durch höhere Anforderungen an die Methodik der Kostenkalkulation in den Krankenhäusern und durch verschärfte Plausibilitätsprüfungen der Kalkulationsdaten durch das InEK konnte die Qualität der DRG-Kostenkalkulation für das System 2007 weiter verbessert werden. Mit dem Fokus auf eine sachgerechtere Verrechnung der Infrastrukturkosten und der Personalkosten im Rahmen der DRG-Kostenkalkulation für das Kalkulationsjahr 2007, ist mit einer Fortsetzung dieses Trends für das GDRG-System 2008 zu rechnen. Dennoch bleiben weiterhin folgende methodische Probleme der Kalkulation bestehen: 38 - Undifferenzierte Kostenzuordnungen - Kalkulationsunschärfen durch Fehler in der Äquivalenzziffern gestützten Kalkulation in den Krankenhäusern Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf - Abbildung der Fallzusammenlegungsregelungen - Einhaus-Kalkulationsmodell - Abbildung von Kostenausreißern in der DRG-Kalkulation 4.3.1 Undifferenzierte Kostenzuordnungen Auf die grundsätzlichen Probleme der undifferenzierten Kostenzuordnung für Leistungen unterschiedlicher Berufsgruppen bei fehlender Leistungsdokumentation in Funktionsbereichen und auf Stationen wurde in den Vorgutachten (2006: Kapitel 4.3.4, 2005: Kapitel 5.2) bereits ausführlich eingegangen. Einzuschließen ist die z. T. unzureichende Verrechnung der Infrastrukturkosten, wie Gebäude-, Energie- und Verwaltungskosten. Im Ergebnis können Leistungsunterschiede nicht adäquat in den Kosten und den daraus abgeleiteten Bewertungsrelationen widergespiegelt werden. Durch konsequente Steigerung des Anspruches an die verursachungsgerechte Verrechnung der Kosten in den Krankenhäusern ist hier in den kommenden Jahren mit einer weiteren Verbesserung der Kalkulationsqualität zu rechnen. 4.3.2 Kalkulationsunschärfen durch Fehler in der Äquivalenzziffern gestützten Kalkulation in den Krankenhäusern Erneut konnten viele Kalkulationsdatensätze den Plausibilitätsprüfungen durch das InEK nicht standhalten. Die notwendigen Bereinigungen führten zu einer Reduktion der ursprünglichen Datenbasis von 4.239.635 Datensätzen auf 2.863.115 (-22 %). 38 Krankenhäuser (14%) mussten komplett von der Kalkulation ausgeschlossen werden. In diesem Zusammenhang wurde bereits in den Vorgutachten dargestellt, dass für die Weiterentwicklung des G-DRG Systems die Bereinigung der Kalkulationsdaten um unplausible Fälle dringend notwendig ist. Dabei ist aufgrund der großen Datenbasis davon auszugehen, dass die Kalkulationsqualität unter dem Ausschluss der unplausiblen Fälle nicht leidet. Dennoch ist zu beachten, dass auch bei Ausschluss der als unplausibel erkannten Fälle nicht sichergestellt werden kann, dass die verbleibenden, als plausibel eingestuften Fälle, tatsächlich sachgerecht kalkuliert wurden. Abhängig von der Art der in den Krankenhäusern aufgetretenen Fehler können große Verzerrungen in den Kalkulationen entstehen, die auf das Äquivalenzziffern gestützte Kalkulationsverfahren zurückzuführen sind. Die Fehlbewertung eines Falles kann dabei automatisch zu einer Fehlbewertung aller anderen Fälle, die Leistungen aus dem entsprechenden Kostenbereich erhalten haben, führen, da im Rahmen der Kalkulation die Gesamtistkosten auf die Fälle verrechnet werden. Ist ein Fall überbewertet, fehlen diese Kosten bei anderen Fällen, die aber mangels besonderer Auffälligkeiten in der Kalkulationsstichprobe verbleiben. Fehlbewertungen geringen Ausmaßes haben Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 39 Prüf- und Anpassungsbedarf dabei keinen signifikanten Einfluss auf die Gesamtkalkulation im Krankenhaus und in der InEK-Kalkulation. Größere Abweichungen können aber zu erheblichen Verzerrungen in der Kalkulation führen, die auch in der Kalkulation der Bewertungsrelationen zu Fehlern führen können; insbesondere dann, wenn DRGs mit kleiner Fallzahl von den Fehlern betroffen sind (z. B. komplexe Fallkonstellationen, die vorrangig in spezialisierten Abteilungen auftreten). 4.3.3 Kalkulatorische Berücksichtigung der Fallzusammenführung Die jährlichen Anpassungen des G-DRG-Systems haben auch Einfluss auf die durch die Fallpausschalenverordnung vorgegebenen Fallzusammenführungsregelungen (§§ 2 und 3 FPV). Da sich die Fallzusammenführungsregeln an den DRG-Gruppierungsergebnissen orientieren (obere Grenzverweildauer, gleiche Basis-DRG oder Partitionswechsel), können Änderungen des G-DRG-Algorithmus dazu beitragen, dass vormals zusammenzufassende Aufenthalte im G-DRG-System 2006 im System 2008 nicht mehr zusammengefasst werden müssen. Derzeit stellen die Kalkulationshäuser dem InEK die zusammengefassten Fallkostendaten nach den im jeweiligen Datenjahr vorgegebenen Regeln zur Verfügung. Die zusammengelegten Aufenthalte der Patienten des Datenjahres 2006 stellen damit die Grundlage für die Kalkulation des G-DRG-Systems 2008 dar. Folglich werden die Kosten der zusammengefassten Aufenthalte der DRG-Kalkulation zugrunde gelegt, obwohl eigentlich die Kosten jeder einzelnen Behandlungsepisode berücksichtigt werden müssten. Hieraus tritt eine nicht abschätzbare Verfälschung der Kalkulationsergebnisse auf, deren Auswirkung auf das System an Daten aus Krankenhäusern geprüft werden sollte, die zuverlässig die nicht zusammengelegten Fälle exportieren können. Einige Krankenhausinformationssysteme erlauben keine nachträgliche datentechnische Wiederauftrennung zuvor zusammengefasster Behandlungsepisoden einzelner Patienten. Auch wenn es aus kalkulatorischer Sicht grundsätzlich sinnvoll erscheint, die Kalkulationsdaten differenziert aus den Krankenhäusern abzufragen, wird kurzfristig die Forderung, dass alle Kalkulationshäuser die Kosten der nicht zusammengeführten Behandlungsfälle dem InEK zur Verfügung stellen, nicht realisiert werden. Vor dem Hintergrund, dass eine Überarbeitung der Abrechnungsregelungen zu den Fallzusammenführungen notwendig ist (s. auch Kapitel 4.2.1), sollte die Möglichkeit der differenzierten Kalkulation und Datenlieferung geprüft werden und die Kalkulationshäuser frühzeitig auf die ggf. neuen Anforderungen an die Kalkulationsdaten hingewiesen werden. Mit der Erweiterung des §-21-Datensatzes um die Kennzeichnung des Zusammenlegungsgrundes wird die oben beschriebene Problematik nicht gelöst. Sinnvoll wäre es hingegen, eine einfache administrative Regelung zur Fallzusammenlegung zu finden, die auch bei der Kalkulation nachvollzogen werden kann. 40 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf 4.3.4 Einhaus-Kalkulationsmodell Das Einhaus-Kalkulationsmodell, bei dem die Kostendaten aus allen Fallkosten liefernden Krankenhäusern zusammengeführt und ohne weitere Differenzierung nach Versorgungsstufen und Spezialisierungen zur Berechnung der Bewertungsrelationen verarbeitet werden, war auch Grundlage für das G-DRG-System 2007. Lediglich die Schaffung neuer Komplexkodes, z. B. für die neurologische Komplexbehandlung oder die intensivmedizinische Komplexbehandlung und deren Berücksichtigung im Gruppierungsalgorithmus, haben für diese bestimmten Bereiche dazu beigetragen auch Leistungs- und Kostenunterschiede, die auf unterschiedliche Strukturen in den Krankenhäusern zurückzuführen sind, in der Weiterentwicklung des DRG-Systems zu berücksichtigen. Für die meisten Bereiche gilt aber weiterhin, dass abhängig von der Zusammensetzung der Stichprobe einer DRG und der Dominanz bestimmter Versorgungsstufen oder Spezialisierungen die berechnete Bewertungsrelation in die eine oder andere Richtung verfälscht werden kann. Wird die Stichprobe einer G-DRG durch ein weniger komplexes Patientenspektrum bestimmt, resultiert eine Bewertungsrelation für den Standardfall, die in Bezug auf komplexere und vorrangig (aber nicht ausschließlich) in Krankenhäusern höherer Versorgungsstufe behandelte Fälle zu gering ist. Umgekehrt gilt, dass als Folge des Modells Standardfälle auch überbewertet werden können. Besonders problematisch kann die Anwendung der EinhausKalkulationsmethodik im Zusammenhang mit der Abbildung von hochspezialisierten Leistungen sein, die bundesweit nur wenige Fälle in einer kleinen Anzahl von Behandlungszentren betrifft. Diese wenigen Fälle gehen in der Masse aller Behandlungsfälle unter und nehmen damit nur einen geringen oder keinen Einfluss auf die Kalkulation der Bewertungsrelationen. Abbildungsprobleme der Spezialisierungen im G-DRG-System werden z. T. erst durch interklinische Vergleiche von Verweildauern und/oder Kostendaten ergänzt durch Subgruppenanalysen sichtbar. Werden hierbei Auffälligkeiten gefunden, kann häufig die weitere Analyse der Morbiditätsdaten auf Fallebene klären, ob die Unterschiede zwischen den Kliniken allein auf ein unterschiedliches Behandlungsmanagement anscheinend gleicher Fälle oder auf unterschiedliche Fallspektren innerhalb der untersuchten G-DRG-Fallgruppe zurückzuführen sind. Die alleinige Betrachtung der Kostenhomogenität einer G-DRG als Kriterium der sachgerechten Abbildung greift daher zu kurz. Erst ein Abrücken von diesem „Einhaus-Modell" und die Durchführung interklinischer Vergleiche bietet die Möglichkeit, Differenzen im Fallspektrum und in der Behandlungsleistung darzustellen und sachgerecht zu bewerten. 4.3.5 Kostenausreißer Ein Teil der im Krankenhaus behandelten Patienten mit extrem hoher Leistungsdichte, Mehrfachleistungen und/oder einer sehr langen Verweildauer weisen im Vergleich zu Standardfällen deutlich höhere Fallkosten auf. Häufig misslingt die Kompensation der Unterdeckung dieser Kostenausreißer durch andere, entsprechend Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 41 Prüf- und Anpassungsbedarf überbewertete Fälle in den betroffenen G-DRGs. Kumulieren derartige Fälle in einem Krankenhaus, können sich die Erlösausfälle auf eine Summe in mehrstelliger Millionenhöhe summieren. Eine vollständig sachgerechte Abbildung der Aufwände und der daraus resultierenden Kosten über spezifische G-DRGs und Zusatzentgelte erscheint trotz konstruktiver Lösungsansätze (z. B. Berücksichtigung intensivmedizinischer Aufwandspunkte, Prozedurenfunktionen „Mehrzeitige Eingriffe“, etc.) unwahrscheinlich. Es ist zu erwarten, dass ein diffuser, häufig von der Versorgungsstruktur bzw. Versorgungsstufe abhängiger Rest verbleibt, der sich im pauschalierenden System nicht sachgerecht abbilden lässt. Dieser lässt sich zwar qualitativ auf der Ebene einzelner Leistungen beschreiben, ist aber wegen der Vielzahl der möglichen Fallkonstellationen kaum über pauschalierte Fallgruppen darstellbar, wenn die Komplexität des Gesamtsystems nicht überfordert werden soll. Häufig gehen diese Fälle in der Masse der Kalkulationsdaten unter, so dass sie, soweit sie im Rahmen der Kostenbereinigungen des InEK nicht ohnehin ausgeschlossen werden, keinen bzw. nur geringen Einfluss auf die Mittelwertbildung der Fallkosten einer G-DRG nehmen können. Schwerpunktmäßig hat das InEK für das G-DRG-System 2007 besonders auch nach Abbildungsmöglichkeiten für Kostenausreißer gesucht. Durch Integration weiterer Differenzierungsmerkmale im G-DRG-Systems, wie z. B. Prä-Transplantationsaufenthalte, aufwandsgerechte Kalkulation von Langliegerzuschlägen, aber auch weitere Öffnung der Dosisklassenobergrenzen von Zusatzentgelten für Arzneimittel (z. B. polyvalente Immunglobuline) sowie Schaffung neuer Zusatzentgelte konnte für einen Teil der Fälle eine sachgerechtere Abbildung hergestellt werden. Dennoch erscheint eine vollständige, systemimmanente Abbildung der Kostenausreißer im G-DRGSystem unwahrscheinlich. In den Vorjahresgutachten wurde bereits darauf hingewiesen, dass bevorzugt in Häusern der höchsten Versorgungsstufe ein höherer Anteil besonders komplexer Fälle zu finden ist, deren Behandlung auf Grund einer sehr hohen Leistungsdichte (besondere Diagnostik, Mehrfacheingriffe etc.) und/oder auf Grund einer langen Verweildauer so hohe Kosten produziert, dass sie mit den G-DRGs und Zusatzentgeltvergütungen nicht adäquat refinanziert werden können. Analysen von Universitätskliniken3 haben gezeigt, dass sich Kostenausreißer nahezu in allen G-DRGs finden, wenn auch Häufungen zumindest in bestimmten MDCs zu beobachten sind und teilweise eine Überschneidung mit den Langliegern haben. Häufig zeichnen sich diese Fälle aber auch dadurch aus, dass die grundsätzliche Diagnose- und Prozedurendokumentation sich von anderen Fällen in der G-DRG nicht unterscheidet. Im Vergleich zu Krankenhäusern anderer Versorgungsstufen lastet somit auf Häusern hoher Versorgungsstufe und Krankenhäusern mit hohem Spezialisierungsgrad ein systematisch höheres Kostenrisiko. 3 Tecklenburg A., Schaefer O., Bömeke C., (2006), Separate Vergütung für Patienten mit ExtremKosten. "Es wäre fatal abzuwarten, bis das DRG-System perfekt ist", f&w, 2:148-152 42 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf Es muss kurzfristig eine alternative Lösung zur Refinanzierung der Kostenausreißer gefunden werden, um Fehlsteuerungen im Gesundheitswesen zu vermeiden. Gesonderte Basisfallwerte, besondere Zusatzentgelte etc. werden in diesem Kontext diskutiert. Es ist dabei zu beachten, dass an die Versorgungsstufe gekoppelte Basisfallwerte alle Leistungen in den betroffenen Krankenhäusern systematisch verteuern, wodurch ein deutlicher Wettbewerbsnachteil für diese Krankenhäuser entsteht. Insbesondere wenn das G-DRG-System als Preissystem verwendet werden soll, ist eine vertiefte Auseinandersetzung und Lösung des Problems dringend notwendig. Nur so wird sicherzustellen sein, dass die Versorgung auch dieser komplexen Behandlungsverläufe weiterhin auf hohem Niveau erfolgen kann. Die eingeführte systematische Überprüfung der Kostenausreißer durch das InEK sollte mit dem Ziel ausgebaut werden, Gemeinsamkeiten dieser Fälle zu demaskieren (z. B. Gesamtverweildauer, Intensivverweildauer, Anwendung teurer Verfahren, Mehrfacheingriffe, Anwendung hochteurer Medikamente etc.). Aus den Ergebnissen einer solchen Analyse lässt sich evtl. ein modulares System der Leistungsbewertung ableiten, nachdem die über OPS-Kodes und andere Variablen identifizierten Einzelleistungen innerhalb der gesamten Behandlungskette bewertet und zur Ermittlung der „Gesamtkosten“ herangezogen werden können. 4.4 Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf zu zusatzentgeltfähigen Leistungen Die Anzahl der Zusatzentgelte wurde im G-DRG-System 2007 auf 105 Zusatzentgelte (ZE) erhöht. Bundeseinheitlich bewertet wurden 59 (+19) Zusatzentgelte, 46 (+4) müssen krankenhausindividuell vereinbart werden. Damit setzt sich der Trend der moderaten Steigerung zusatzentgeltfähiger Leistungen fort. Angesichts der großen Anzahl neu beantragter neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 6 Abs. 2 KHEntgG (NUB) ist auch in den kommenden Jahren mit einem leichten Anstieg der Zusatzentgeltanzahl zu rechnen. Gleichzeitig wird es aber auch möglich sein, einzelne bereits etablierte Zusatzentgelte wieder zurück in den DRGBereich zu verlagern. Dies gelang 2006 für Implantationen von Tumorendoprothesen sowie für Hirnstimulatoren und 2007 für Stentgraft-Prothesen. Insbesondere für zusatzentgeltfähige Implantate ist zukünftig damit zu rechnen, dass eine Übertragung in den DRG-Bereich möglich sein wird. Am Beispiel des Hormons rh-TSH wird deutlich, dass auch Arzneimittel unmittelbar als gruppierungsrelevante Variable im GDRG-Algorithmus verwendet werden können. Dieses Hormon wird ausschließlich im Bereich der nuklearmedizinischen Schilddrüsentherapie und Nachsorge verwendet und bietet sich durch den eindeutigen Bezug zu drei Basis-DRGs unmittelbar als Gruppierungsvariable an. Auf die Einrichtung eines Zusatzentgeltes für dieses Arzneimittel konnte damit verzichtet werden. Grundsätzlich hat sich die jährliche Prüfung potentieller ZE-Leistungen durch das InEK analog zur Prüfung der Abbildung veränderter oder neuer Leistungen durch GDRG-Fallpauschalen bewährt. Hinweise auf potenziell zusatzentgeltfähige Leis- Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 43 Prüf- und Anpassungsbedarf tungen werden durch die Einbindung des medizinisch wissenschaftlichen Sachverstands im Rahmen des Vorschlagsverfahrens zur Weiterentwicklung des G-DRGSystems gewonnen. Darüber hinaus bietet das Verfahren zur Prüfung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 6 Abs. 2 KHEntgG für das Jahr 2007 weitere differenzierte Hinweise auf mögliche zusatzentgeltfähige Implantate, Arzneimittel und Verfahren. 4.4.1 Abbildung aufwändiger diagnostischer Maßnahmen im G-DRG-System Schwerpunktmäßig wurden Zusatzentgelte bislang für therapeutische Verfahren eingerichtet. Einzige Ausnahme für eine zusatzentgeltfähige diagnostische Leistung stellt die „Komplexe Diagnostik bei hämatologischen und onkologischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen“ dar. Die sachgerechte Abbildung weiterer sehr aufwändiger diagnostischer Maßnahmen im G-DRG-Algorithmus erscheint aufgrund der Streuung über viele Fallgruppen, also eines fehlenden unmittelbaren DRG-Bezugs der entsprechenden Leistungen, nicht möglich. Hier sind beispielhaft insbesondere bildgebende diagnostische Verfahren zu nennen, wie z. B. PET, PET-CT und SPECT Untersuchungen, aber auch aufwändige Laborleistungen, wie molekulargenetische Untersuchungen oder die fetale Pathologie. Diese Leistungen werden nur in einem Teil der Krankenhäuser angeboten und verteuern dort die Krankenhausleistungen z. T. erheblich ohne adäquate Abbildung im G-DRG-System. In der Diskussion um die Abbildung diagnostischer Maßnahmen im G-DRG-System als DRG-gruppierungsrelevante Variablen oder als Zusatzentgelte wird häufig auf die Anreizwirkung zur Leistungsausweitung hingewiesen. Ungeachtet dieser Diskussion darf aber nicht übersehen werden, dass die Leistungen bislang nicht sachgerecht im G-DRG-System abgebildet sind. Erscheint eine Berücksichtigung der Leistungen im G-DRG-System aufgrund der fraglichen Anreizwirkung nicht möglich, ist über alternative Vergütungsformen, die z. B. die Vorhaltekosten für diese Bereiche pauschal, ggf. ohne Leistungsmengenbezug abdecken, nachzudenken. Derzeit werden bestimmte Fallkollektive noch zur Durchführung spezieller Differenzialdiagnostik Krankenhäusern zugewiesen, die diese diagnostischen Möglichkeiten vorhalten. Es besteht daher eine Schieflage in Bezug auf die Erbringung aufwändiger diagnostischer Leistungen. 4.4.2 Medikamente bei teilstationären Fällen und Einbelegungstag-DRGs Im Kapitel 4.8.2.3 wird auf die Abbildungsproblematik der Arzneimittelkosten bei teilstationärer Behandlung hingewiesen. Danach sollten Arzneimittel grundsätzlich nicht Bestandteil der pauschalen Vergütung von teilstationären Leistungen und Einbelegungstag-DRGs sein. Je nach Spezialisierung auf bestimmte Subgruppen innerhalb einer Einbelegungstag-DRG können allein die Kosten der medikamentösen 44 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf Therapie die Erlöse pro Fall deutlich übersteigen. Da die Kosten der Arzneimittel gerade in den onkologischen Einbelegungstag-DRGs zu erheblichen Kostenvarianzen führen, kann eine sachgerechte Finanzierung nur erfolgen, wenn die Kosten der Arzneimittel über arzneimittelbezogen festzulegende Schwellenwerte hinaus über ein Zusatzentgelt finanziert werden. 4.4.3 Problem unterschiedlicher Erlösausgleiche und unterschiedlicher Quoten für Budgetanpassung bei prospektiv vereinbarter Leistungsmengenänderung Es existieren bundeseinheitlich bewertete Zusatzentgelte, die dem Erlösbudget nach § 4 KHEntgG zuzuordnen sind, nicht bewertete, für jedes Krankenhaus individuell zu vereinbarende Zusatzentgelte, die dem Budget § 6 Abs. 3 KHEntgG zugeordnet werden sowie Zusatzentgelte für Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB) nach § 6 Abs. 2 KHEntgG. Für jeden der genannten Bereiche existieren unterschiedliche Erlösausgleiche und unterschiedliche Quoten für Budgetanpassung bei prospektiv vereinbarter Leistungsmengenänderung. Auch innerhalb der Budgetbereiche existieren für unterschiedliche Leistungsgruppen unterschiedliche Ausgleichsquoten bei Über- oder Unterschreitung der vereinbarten Leistungsmengen bzw. prospektiver Vereinbarung von Leistungsmengenänderungen4. Beispielsweise werden Mehrleistungen bei bundeseinheitlich bewerteten Zusatzentgelten für Arzneimittel und Medikalprodukte zu 25% (75% der Erlöse verbleiben im Krankenhaus) ausgeglichen, alle anderen bundeseinheitlich bewerteten Zusatzentgelte zu 65% (35% der Erlöse verbleiben im Krankenhaus). Die Erlösausgleiche für nicht bewertete Zusatzentgelte richten sich nach den Vorgaben der Bundespflegesatzverordnung, NUB-Entgelte unterliegen keinem Ausgleich. Es ist nicht auszuschließen, dass die unterschiedlichen Erlösausgleichsmechanismen und die unterschiedlichen Quoten zur Budgetanpassung bei prospektiv vereinbarter Leistungsmengenänderung – insbesondere bei Medikamente und Medikalprodukten – in Einzelfällen zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen konkurrierenden Maßnahmen bzw. Produkten beitragen können. Abhängig von der Ausschöpfung der vereinbarten Budgetbereiche existiert die Möglichkeit bei konkurrierenden Maßnahmen bzw. Produkten, z. B. Arzneimittel mit gleichen Indikationsbereichen, gezielt die zusatzentgeltfähigen Leistungen auszuwählen, die für das Krankenhaus zu günstigeren Erlösausgleichen führt. Gleiches gilt für die Bewertung einer prospektiv vereinbarten Leistungsmengenänderung, die bei bewerteten Zusatzentgelten für Arzneimittel und Medikalprodukten bei Leistungssteigerung zu einer vergleichbar höheren Budgetanpassung führen kann als eine Leistungssteigerung eines konkurrierenden zusatzentgeltfähigen Produktes, das bundeseinheitlich nicht bewertet 4 Tuschen K.H., Braun T., Rau F., Erlösausgleiche im Krankenhausbereich: Eine Orientierungshilfe, das Krankenhaus (2005), 11:955-960 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 45 Prüf- und Anpassungsbedarf wurde. Diese Strategien lassen sich selbstverständlich nur bei Produkten oder Verfahren anwenden, die entsprechende Pendants im Bereich anderer Budgetbereiche aufweisen, so dass hiervon nur ein kleiner Teil der Zusatzentgelte betroffen ist. Dennoch sollte bei der Weiterentwicklung des G-DRG-Systems darauf geachtet werden, dass konkurrierende Verfahren und Produkte möglichst in gleichen Budgetbereichen aufgeführt werden, um Wettbewerbsverzerrungen durch unterschiedliche Ausgleichsquoten zu vermeiden. Darüber hinaus sollten zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen als Folge der Systemanpassung bei der Betrachtung von Zusatzentgeltkandidaten, wenn möglich, auch Wettbewerbsprodukte berücksichtigt werden. Darüber hinaus ist der Gesetzgeber aufgefordert, die Erlösausgleiche den Anforderungen an ein Preissystem anzupassen (s. Kapitel 4.1.1.2). 4.4.4 OPS-Definition von zusatzentgeltfähigen Leistungen Abgesehen von der regelmäßigen Überprüfung potenziell zusatzentgeltfähiger Leistungen ist bei der Überarbeitung des Zusatzentgeltkataloges auch auf Auswirkungen der Änderungen auf die Abrechnungspraxis und die Vorbereitung der Leistungs- und Entgeltverhandlungen zu achten. Voraussetzung für die Kalkulation und Abrechnung von zusatzentgeltfähigen Leistungen ist die korrekte Erkennung der Zusatzentgelte aus dem § 301-Datensatz. Damit Zusatzentgelte kalkulatorisch aber auch abrechnungstechnisch aus dem § 301-Datensatz abgeleitet werden können, müssen spezifische OPS-Schlüssel für die Verwendung von Zusatzentgelten eingesetzt werden. Das Fehlen entsprechender OPS-Kodes für die Zusatzentgelte „Fremdbezug von hämatopoetischen Stammzellen“ und „Gabe von Anti-Human-T-LymphozytenImmunglobulin“ erschwert die Dokumentation und Abrechnung der Leistungen in den Krankenhäusern und die Rechnungsprüfung der Krankenkassen. In Krankenhäusern muss mit erheblichem Aufwand nachgehalten werden, welcher Patient mit entsprechenden zusatzentgeltfähigen Leistungen versorgt wurde. Dies erfolgt außerhalb der gesetzlich vorgegebenen Klassifikationen mit Hilfe von Parallelsystem, die im Krankenhaus individuell eingesetzt werden. Sofern aufgrund fehlender Informationen eine OPS-Differenzierung, z. B. nach Dosisklassen für Arzneimittel, nicht möglich ist, sollte zur Identifikation der Leistungen zumindest ein undifferenzierter Indikatorkode im OPS-Katalog aufgenommen werden, der anzeigt, dass die Leistung erbracht wurde. Diese Form der Indikatorkodes wurde 2007 bereits für einige NUB-Leistungen im OPS eingeführt. 46 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf 4.4.5 Auswirkungen von Dosisklassenänderungen auf die Vorbereitung der Leistungs- und Entgeltverhandlungen Dosisklassenänderungen bei Zusatzentgelten, die bereits im Vorjahr etabliert waren, können im Rahmen der Vorbereitung der Leistungs- und Entgeltverhandlungen zu Problemen führen. Als Grundlage für die Leistungs- und Entgeltverhandlungen müssen die Vorjahresvereinbarungen auf das weiterentwickelte G-DRG-System übergeleitet werden. Dies erfordert auch die Überleitung der zusatzentgeltfähigen Leistungsmengen je Dosisklasse eines Arzneimittels. Abhängig von der technischen Organisation der Dokumentation zusatzentgeltfähiger Arzneimittel können zur korrekten Überleitung Aktenprüfungen notwendig werden. Sofern die applizierten Mengen im Krankenhaus elektronisch erfasst werden, ist eine weitestgehend automatisierte Überleitung der Vorjahresvereinbarung möglich. Da nur ein Teil der Krankenhäuser über eine durchgängige elektronische Dokumentation der Arzneimittelverbräuche verfügt, ist für viele Krankenhäuser eine detaillierte Überleitung der Vorjahresvereinbarung mit erheblichem Aufwand verbunden. Dosisklassenänderungen sollten deshalb nur sehr zurückhaltend umgesetzt werden. Gleichzeitig ist dabei aber auch zu beachten, dass Dosisklassenänderungen – insbesondere im Rahmen der Diskussion um Extremkostenfälle – zu einer sachgerechteren Abbildung dieser Fälle beitragen können. 4.5 Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf der ICD-10/OPS-Klassifikation 4.5.1 Weiterentwicklung der ICD-10-GM Die Änderungen der ICD-10-GM-Klassifikation für 2007 waren marginal. Anpassungsvorschläge werden durch das DIMDI sehr restriktiv umgesetzt. Ohne Nachweis der dringenden Notwendigkeit für die Weiterentwicklung des G-DRG-Systems und Beleg durch Kostendaten/-abschätzungen haben Änderungsanträge – häufig mit Verweis auf die Vorgaben der WHO – kaum Aussicht auf Erfolg. Im Hinblick auf die erhebliche Verzögerung der Abbildung von diagnosebezogenen Besonderheiten im G-DRG-System bei fehlenden Attributen und dem im Gegensatz zu Prozeduren fehlenden direkten Kostenbezug von Diagnosen erscheint es zielführender, bei plausiblen Anpassungsvorschlägen eine zügige Umsetzung anzustreben. 4.5.2 Weiterentwicklung des OPS Die Beschränkungen der Weiterentwicklung bei der ICD-10-GM durch die vorgegebene Grundstruktur der WHO existieren beim OPS nicht. Auch besteht ein direkterer Kostenbezug, dessen Nachweis bei der Weiterentwicklung eingefordert werden Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 47 Prüf- und Anpassungsbedarf kann. Aus diesem Grund hat der OPS in den letzten Jahren deutlichere Weiterentwicklungen erfahren als die ICD-10-GM. Die Probleme, die durch die Trennung in einen amtlichen und einen optionalen Erweiterungskatalog in den letzten Jahren entstanden sind, dürften mit der geplanten Aufgabe der Trennung behoben werden. Zur systemimmanenten Abbildung von Struktur- und Prozessqualität im G-DRGSystem werden zunehmend OPS für Komplexbehandlungen konzipiert und als Attribute für G-DRG-Definitionen verwendet (siehe auch 4.7.7 auf Seite 62). In Anbetracht dessen, dass keine „Türschildmedizin“ betrieben werden soll, erscheint es nicht zweckmäßig, die Kodierung der OPS-Komplexziffern an den Strukturen selbst fest zu machen, sondern diese bei Erfüllung der Kriterien kodierbar zu halten. In den Krankenhäusern kodieren aktuell überwiegend die behandelnden Ärzte, denen es nicht zumutbar ist, die konkrete Auswirkung der Auswahl eines Kodierprinzips (z. B. Neurologische Komplexbehandlung vs. intensivmedizinische Aufwandspunkte) zu kennen. Daher ist es nicht sinnvoll, nur eine alternative Kodierung zuzulassen. Insbesondere auch deshalb, weil die Vergütungshöhe abhängig von erreichten Grenzwerten (z. B. Aufwandspunkten) ist, die bei der Entscheidung für einen OPS noch gar nicht abgeschätzt werden können. Auch wenn es bedauerlicherweise mit vermehrtem Dokumentationsaufwand verbunden ist, sollte daher die parallele Kodierung der Komplex-OPS zugelassen und über Hinweise zu den OPS eindeutig legitimiert werden. Bei OPS, die (noch) eindeutige Hierarchiestufen darstellen, wie z. B. die OPS-Kategorien 8-981 und 8-98b, sollte die parallele Kodierung durch Exklusiva explizit ausgeschlossen werden. 4.5.3 Problem von Kodieralternativen Die zunehmenden Erfahrungen mit der G-DRG-Echtabrechnung zeigen, dass in der Praxis die eindeutige Überführung von klinischen Diagnosen und Behandlungen in ICD-10-GM- und OPS-Kodes schwierig ist. Häufig existieren Kodieralternativen, die in mehrfacher Hinsicht als ungünstig zu werten sind: 48 - Kodieralternativen erschweren unnötig die Kodierung und die Abrechnungsprüfung und verunsichern die Kodierenden - Kodieralternativen erschweren die Abrechnung, wenn diese Gruppierungsrelevanz entfalten; beispielsweise in folgenden Fällen: - Wahl der Hauptdiagnose bei Kodieralternativen - Unterschiedliche CCL-Bewertung von Kodieralternativen - Nicht disjunkte OPS-Prozeduren Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf - Kodieralternativen erschweren die Anpassung des G-DRG-Systems insbesondere aus folgenden Gründen: - Kostenunterschiede können im „Rauschen der Kodierung“ untergehen. - Sie begünstigen unizentrische Effekte aufgrund eines unizentrischen Kodierverhaltens und lokalen/MDK-spezifischen Lösungen. - Bei Anpassungen muss darauf geachtet werden, dass Kodieralternativen mit berücksichtigt werden. Wünschenswert wären eindeutige, systematische und disjunkte Klassifikationssysteme. Der Anpassung der ICD-10-GM sind jedoch Grenzen gesetzt. Die Grundsystematik wird von der WHO vorgegeben; nationale Änderungen können und sollen nur in beschränktem Rahmen stattfinden. Ist eine Änderung der Klassifikation nicht möglich, so dürfen Kodieralternativen keine Gruppierungsrelevanz entfalten. Der OPS entwickelt sich im Bereich der Komplexbehandlungen strukturspezifisch weiter. Der Ansatz der DRG-Vergütung ist jedoch primär leistungs- und kostenbezogen. Analoge Diagnosen (Kodieralternativen) müssen, auch wenn dies nicht durch Kostendaten gestützt werden kann, normativ den gleichen Schweregrad im CCLSystem erhalten oder als Hauptdiagnose in die gleiche G-DRG führen. Ein rein datengetriebenes System kann hier nicht zum Ziel führen. Für viele Kodierprobleme gibt es inzwischen eine „Vermeidungskodierung“ (z. B. neurogene Harnblasenfunktionsstörung). Die Chance einer datengetriebene Identifikation von wirklich abweichenden Fallkonstellationen schwindet damit zunehmend. Nicht alle Kodieralternativen können über Anpassung des G-DRG-Algorithmus/der CCL-Matrix gruppierungstechnisch harmonisiert werden. Insbesondere Kodieralternativen, wie sie z. B. durch Primär-Sekundär-Kodekombinationen entstehen, können aufgrund unterschiedlicher MDC-Zuordnung nicht systemimmanent gelöst werden. Wenn die Lösung über die Vorgabe zahlreicher Kodierrichtlinien vermieden werden soll, so sollte die Primär-Sekundär-Kodekombinations-„Systematik“ generell überdacht werden. Es ist nicht anzunehmen, dass in der ICD-11 die Kreuz-SternKodierung aufrechterhalten wird. Weiterhin treten Kodieralternativen häufig bei alternativen Klassifikationsprinzipien der ICD-10 auf. Hiervon sind insbesondere die Infektionserkrankungen (ICD-10 Kapitel I), die Geburtshilfe (ICD-10 Kapitel XV), die Neonatologie (ICD-10 Kapitel XVI) sowie alle systemischen Erkrankungen mit lokalen Manifestationen betroffen. Neben einer Abbildung in den Klassifikationssystemen (ICD-10-GM/OPS) ist häufig auch eine „Entschärfung“ des Problems durch normative Änderung von DRGDefinitionen und CCL-Matrix möglich. Für notwendige normative Entscheidungen besitzt das InEK derzeit allerdings keinen Auftrag. Notfalls könnten Kodierprobleme auch durch neue Kodierrichtlinien gelöst werden. Da dies jedoch die Komplexität der Dokumentation für die behandelnden Ärzte, die aktuell in den Krankenhäusern überwiegend die Kodierungen durchführen, erhöhen würde, sollten prioritär Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 49 Prüf- und Anpassungsbedarf Lösungen auf Ebene der Klassifikationssysteme oder des G-DRG-Systems gefunden werden. Zur weiteren Information verweisen wir auch auf die ausführlichen und weiterhin gültigen Kommentierungen in den Vorjahresgutachten (Gutachten 2006 Kapitel 5.4, Seite 95 ff. und Gutachten 2005 Kapitel 5.5, Seite 157 ff.). 4.6 Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf der Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) Bei der Überarbeitung der Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) für 2007 standen erneut redaktionelle Überarbeitungen und Anpassungen der DKR auf die neuen Klassifikationssysteme (ICD-10-GM 2007 und OPS 2007) im Vordergrund. Grundlegende Probleme der ICD-10-GM sowie des OPS können mit ihnen jedoch nicht gelöst werden. Alternative Kodierungen und Grauzonen erschweren die Schulung von Kodierrichtlinien, erhöhen die Unsicherheit bei der Kodierung und führen bei Erlösrelevanz fast unweigerlich zu Auseinandersetzungen, die nicht selten sozialoder zivilgerichtlich ausgetragen werden. Sind ganze medizinische Kollektive betroffen, so kann auch die Leistungsmengenplanung beeinträchtigt werden. Auch die Qualität der Kostenkalkulation und die Weiterentwicklung des G-DRG-Systems werden dadurch belastet. Es ist hilfreich, dass viele Fachgesellschaften und Verbände Kodierleitfäden publiziert haben, um so für die häufigen Fallkonstellationen in ihren Fachgebieten eine einheitliche Kodierung zu ermöglichen. Auch die DKG und der MDK haben frühzeitig Kodierempfehlungen veröffentlicht, die eine einheitliche Kodierung bzw. Begutachtung gewährleisten sollen. Sämtliche Kodierempfehlungen und Kodierleitfäden stellen aber nur Interpretationen der DKR für konkrete Situationen dar und haben keine Verbindlichkeit. Einige DKR führen noch zu nicht sinnvollen und unspezifischen Gruppierungsergebnissen (DKR 0712a, 0912f, 1205d und 1805f). Diese sind vordringlich anzupassen, damit eine Abbildung der Behandlungsleistung spezifisch in der jeweiligen Organ-MDC erfolgen kann. In der Regel können die Änderungen (analog zu den Änderungen der Shuntanlage zur Dialyse für 2007) an den Kalkulationsdaten nachvollzogen werden und stellen damit kein großes Problem dar. Auch die Kodierung in der Geburthilfe mit einer großen Anzahl von Regelungen in den Speziellen DKR könnte noch wesentlich vereinfacht werden. Wo immer möglich, sollte vermieden werden, dass sich durch komplizierte Kodierrichtlinien die DRG-Kodierung weiter von der medizinischen Dokumentation entfernt. Insofern sind weiterhin insbesondere die Speziellen Kodierrichtlinien auf ihre Relevanz zu hinterfragen. Führt eine intuitive Kodierung (wie z. B. in der Geburtshilfe, beim Diabetes mellitus oder bei den Fieberkrämpfen) häufig zu gruppierungsrelevanten Fehlkodierungen oder entfalten Kodieralternativen Gruppierungsrelevanz (z. B. bei Erkrankungen von Neugeborenen oder Infektionserkrankungen), so ist zunächst zu prüfen, ob diese Variationen in der Gruppierung nicht durch Anpassung 50 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf des Algorithmus oder der CCL-Matrix „entschärft“ werden können. Hierzu sind jedoch auch normative und nicht datengestützte Anpassungen notwendig. Erst als letzte Alternative sollte die Einführung einer neuen Kodierrichtlinie erwogen werden. Weitere notwendige Detailanpassungen der DKR wurden in den Vorgutachten ausführlich thematisiert (Gutachten 2006 Kapitel 5.5, Seite 97 ff. und Gutachten 2005 Kapitel 5.6, Seite 169 ff.). Hierzu gehören: - Kodierung von Symptomen und Darstellung komplexer Krankheitsbilder über mehrere ICD-Kodes - Kriterien zur Kodierung von Stern- und Ausrufezeichenkodes - Zeitpunkt der Kodierung (Widerspruch DKR D002f und D008b) - Kodierprinzipien, die nur für Hauptdiagnosen gelten (Kodierzeitpunkt, Komplikationen, Diabetes) - Abgrenzung Grunderkrankung vs. Risikofaktor (z. B. pAVK bei Diabetes) - Keine Definition/Abgrenzung gruppierungsrelevanter Diagnosen (z. B. entgleister Diabetes mellitus, Herzvitien) - Kodierung von Metastasen - Klarstellung wichtiger Kodieralternativen (z. B. bei möglichen Kreuz-Stern-Kombinationen) - Verwendung der Perinatalen Diagnosen - Definition des Endes der Entwöhnung bei maschineller Beatmung Änderungen von Kodierprinzipien sind dadurch problematisch, dass sie selten aus den zwei Jahre alten Kalkulationsdaten antizipiert werden können. Es besteht daher die Gefahr, dass die Werte des Fallpauschalenkatalogs für einen Zeitraum von zwei Jahren nicht valide sind, bis die Änderung in der Kodierung in den Kalkulationsdaten nachvollzogen werden kann. Es ist daher wichtig, dass notwendige Änderungen von Kodierprinzipien so früh wie möglich umgesetzt werden, da nach Abschluss des konvergenzbedingten Budgetschutzes jede kodierbedingte Erlösänderung kritisch wäre. Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 51 Prüf- und Anpassungsbedarf 4.7 Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf bezogen auf das DRG-Klassifikationssystem 4.7.1 Einführung Die jährliche Weiterentwicklung des G-DRG-Systems hat sich in den letzten Jahren als sehr dynamisch erwiesen. Für viele Problemkonstellationen wurden innovative Lösungen gefunden, die eine systemimmanente Abbildung von bislang nicht sachgerecht abgebildeten Leistungen ermöglichten. Zur ausführlichen Erläuterung der Prinzipien und Methoden der bisherigen Systementwicklung (z. B. splittgenaue und partitionsübergreifende Abfraghierarchie, Migrationen, Kondensationen, Prozedurenfunktionen) sei auf die Vorgutachten verwiesen (z. B. Gutachten 2006: Kapitel 5.8). Schwerpunkt bei der Systemanpassung für 2007 war es erneut Kostenausreißer und Outlier sachgerechter abzubilden. Neu im G-DRG-System 2007 ist die Berücksichtigung des OPS-Datums bei der Gruppierung im Sinne von mehrzeitigen Prozeduren. So können aufwändige Fälle mit Mehrfachleistungen in eigenen G-DRGs zusammengefasst werden. Durch diese Innovation hat sich das G-DRG-System erneut einen Schritt von seiner eindimensionalen australischen Grundlage aus weiterentwickelt. Neben vielen weiteren Einzelanpassungen und der konsequenten Fortführung bereits im Vorjahr begonnener Lösungsansätze (z. B. Intensivmedizin, Stroke-UnitBehandlung, OPs an mehreren Lokalisationen) wurde insbesondere die Kinderheilkunde durch viele neue Alterssplitts spezifischer abgebildet. Auch für die Behandlung von Patienten mit multiresistenten Erregern wurden Lösungsansätze (über OPSKomplexziffern) gefunden. Von großer Relevanz für die Systementwicklung der nächsten Jahre wird die Etablierung einer Methodik zur Überarbeitung der CCL-Matrix sein. Auch wenn die Konsequenzen für das G-DRG-System 2007 noch relativ gering sind, dürfte bereits für 2008 eine weitgehende Überarbeitung zu erwarten sein. Auch externe Faktoren haben wahrscheinlich die Verbesserung der Leistungsabbildung und – bewertung gefördert. 2005 war das erste Jahr, in dem nahezu alle Krankenhäuser unter Echtbedingungen nach DRG-Paradigmen abgerechnet haben. Anreize der Fallpauschalierung beim Leistungserbringer (Leistungsverdichtung, Verweildauerverkürzung, Bereinigung ambulantes Potenzial, hohe Dokumentationsqualität) und Kostenträger (Kodier- und Fehlbelegungsprüfungen) spiegeln sich nun erstmals in vollem Umfang in den Werten des G-DRG-Fallpauschalenkatalogs und den G-DRG-Definitionen (z. B. Renaissance der PCCL-Splitts, [Grenz- ]Verweildauern, implizite Einbelegungstag-DRGs) wider. Auch die gestiegenen Anforderungen an die Qualität der Kostenkalkulationsdaten und der konsequente Ausschluss unplausibler Daten durch das InEK, dürften mit dazu beigetragen haben, dass das G- 52 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf DRG-System 2007 nochmals einen deutlichen Fortschrittt in der Abbildungsqualität erzielt hat. Das InEK gibt zur Bewertung der Abbildungsqualität stets den R²-Wert der Klassifikation an. Dieser bezieht sich auf die zwei Jahre alten Kostenkalkulationsdaten und berücksichtigt nicht neu eingeführte Attribute für die Gruppierung und insbesondere nicht die Anreize des neuen Fallpauschenkatalogs. Als Beitrag zur Versorgungsforschung und zur nachträglichen Bewertung der tatsächlichen Abbildungsqualität wäre es interessant, den R²-Wert der Klassifikation im Anwendungsjahr zu ermitteln, d.h. z. B. den R²-Wert des G-DRG-Systems 2006 anhand der Kostenkalkulationsdaten 2006 um diesen mit dem R²-Wert bei Versionsentwicklung abzugleichen und damit die Systemreife zu bewerten. Der zu begrüßende Zugewinn an Vergütungssachgerechtigkeit wird mit einigen Problemen erkauft, auf die im Folgenden eingegangen wird. 4.7.2 Kondensationen Die meisten G-DRGs fassen unterschiedliche medizinische Fallspektren unter ökonomischen Aspekten mit Hinblick auf die Gesamtkostenhomogenität zusammen (Kondensationen). Dies ist ein Grundprinzip der DRG-Fallpauschalierung. Um die mengenmäßige Ausweitung der G-DRG-Fallgruppen bei zunehmender Differenzierung trotzdem begrenzen zu können und um G-DRGs mit geringen Fallzahlen (aus kalkulatorischen Gründen) zu vermeiden, werden seit 2005 vermehrt Kondensationen vorgenommen. Merkmal dieser neuen Kondensationen ist die Zusammenfassung medizinisch-inhaltlich wenig zusammenhängender Fallkollektive. Dabei bleibt unberücksichtigt, wie sich die Sach- und Personalkosten innerhalb bestimmter Fallkonstellationen verteilen, wenn die Gesamtkosten vergleichbar sind. Im Ergebnis werden sachkostenlastige Fallkonstellationen mit personalkostenlastigen Fallkonstellation in einem Teil der DRGs zusammengefasst. Auch wenn dies unter Systemgesichtspunkten zulässig ist, so ist zu beachten, dass in einer dynamischen Phase weit reichender Veränderungen der Krankenhausbehandlung, wechselnder Kalkulationskollektive und noch steigender Kodierqualität, die ökonomische Homogenität häufig nur ein kalkulatorisches Zufallsprodukt ist. Kondensationen sind daher (wenn im Folgejahr überprüft) nur von kurzer Lebensdauer, weil sich die zusammengefassten Fallkollektive in Bezug auf die Kosten unabhängig entwickeln. Auch Migrationseffekte (s. auch Kapitel 4.7.3) insbesondere bei Kondensationen von PCCL-definierten Fallgruppen dürften die Reproduktion der Vorjahreskalkulation unwahrscheinlich machen. Besonders ungünstig wirken sich Kondensationen aus, wenn Fallkollektive unterschiedlicher Fachdisziplinen oder Versorgungsstrukturen kondensiert wurden. Es resultiert eine Schieflage, da unterschiedlich aufwändige Leistungen in einer GDRG zusammengefasst werden. Durch die „Einhauskalkulationsmethodik“ und die einseitige Orientierung an pauschalen Homogenitätskriterien (Homogenitätskoeffi- Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 53 Prüf- und Anpassungsbedarf zient, R²-Wert) werden diese interklinischen Homogenitäten häufig nicht offensichtlich. Für Spezialisierungen mit geringen Fallzahlen und Spezialisierungen, die sich nicht an der G-DRG-Kostenkalkulation beteiligt haben, kann dies existenzbedrohend werden. Als Beispiel kann die Behandlung in der Kinder- und Jugendmedizin herangezogen werden. Immer wieder wurde von Pädiatern auf die unterschiedlichen Ressourcenverbräuche in der Kinder- und Jugendmedizin hingewiesen. Dennoch wurden die meisten Fälle der Kinder- und Jugendmedizin mit Fällen erwachsener Patienten in den gleichen G-DRGs kondensiert, weil sie aufwandsähnlich waren. Die höhere Leistungsdichte pro Tag bei Kindern wurde durch eine kürzere Verweildauer gegenüber Erwachsenen kompensiert. Die zu beobachtende Verweildauerverkürzung bei Erwachsenen veränderte die Verhältnisse. Für 2007 wurde eine erhebliche Anzahl von neuen Altersplitts eingeführt, da sich nun an den Kostendaten aus 2005 gezeigt hat, dass deutliche Aufwandsunterschiede bestehen. Während bei der G-DRG-Kalkulation durch das InEK regelhaft auf die Einführung von sinnvollen Alterssplitts geprüft wird, trifft dies auf andere Kondensationen nicht zu. So sollte nicht die Ausnahme von der Wiederaufnahmeregelung nach § 2 Abs. 1 und 2 FPV das primäre Kondensationshindernis in Abbildung 2 darstellen, sondern die Behandlung in völlig unterschiedlichen Strukturen mit unterschiedlichen Ressourcen und die bereits bestehenden hochkomplexen Splittkonstrukte beider Basis-DRGs, die jährliche Migrationen und damit eine Instabilität des Systems erwarten lassen. Abbildung 2 54 Nicht vorgenommene Kondensation für 2007 (Vortrag Dr. Heimig, Berlin, 27.09.2006) Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf Eine Höchstgrenze für die Anzahl der G-DRGs besteht nicht mehr, somit ist der Zwang vermeidbare Kondensationen durchzuführen, nicht mehr ersichtlich. Einige G-DRGs stellen jedoch zwangsläufig Kondensationen dar. Es handelt sich um die Restegruppen („Andere Erkrankungen ….“: z. B. B81Z, C63Z, D66Z…), die Fehler-DRGs und die gesamte MDC 23 (Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen, und andere Inanspruchnahme des Gesundheitswesens). Diese GDRGs sollten regelhaft daraufhin untersucht werden, ob eine spezifischere Abbildung und damit eine Entkondensation möglich ist. Dass die Verschiebung der Shuntanlage für die Dialyse in die MDC 11 (Änderung der DKR 0912) letztlich aufgrund der unklaren Kodierung für die Anlage eines Peritonealkatheters erfolgt ist und nicht bereits aus Gründen einer sachgerechten Gruppierung (Entkondensation), ist unverständlich. Abbildung 3 zeigt, dass die unspezifische G-DRG zu nahezu 60% von diesem Fallkollektiv dominiert wurde, was den dringenden Bedarf einer spezifischen Abbildung verdeutlicht. Analoge Konstellationen mit geringeren Fallzahlen dürften durch die weiterhin problematischen DKR 0712a, 0912f, 1205d und 1805f entstehen (s. auch Kapitel 4.6). Abbildung 3 Hauptdiagnosenprofil des G-DRG-Browsers für § 21-Daten aus 2005 (gruppiert nach G-DRG-Version 2006), InEK Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 55 Prüf- und Anpassungsbedarf Abbildung 4 Prozedurenprofil des G-DRG-Browsers für § 21-Daten aus 2005 [nicht Kalkulationsdatenbrowser] (gruppiert nach G-DRG-Version 2006), InEK Die Vergütung über G-DRGs setzt neben Anreizen zur Leistungsverdichtung und Verweildauerreduktion auch Anreize zur Fallselektion. Werden unterschiedlich aufwändige medizinische Fallkollektive in G-DRGs kondensiert, für die bislang keine Schieflage der Leistungserbringung bestand, so muss dies im Jahr der Anwendung nicht mehr der Fall sein. Leistungserbringer, die die aufwändigeren Fälle behandeln müssen und beschränkte Möglichkeit haben, ihren Fallmix zu steuern (z. B. Maximalversorger, Spezialkliniken) werden systematisch benachteiligt. Auch unter diesem, zukünftig möglicherweise an Bedeutung gewinnenden Aspekt sollten Kondensationen kritisch überprüft werden. 4.7.3 Sortierung der DRGs bei der Fallzuordnung Auch 2007 haben die Änderungen an der Abfragehierarchie im Gruppierungsprozess und die damit verbundene Migration von Fallkollektiven einen sehr großen Einfluss auf die Casemixumverteilung gehabt. Die Veränderung der DRG-Zuordnungshierarchie kann dabei stärkere Einflüsse auf den Katalogeffekt in einem Krankenhaus haben als die Umdefinition von einzelnen Fallgruppen. Neben der Ausweitung der partitions- und splittübergreifenden Abfrage (s. Vorgutachten Kapitel 5.8.2), sind in der prä-MDC zwei neue „Bypässe“ für Fälle mit der 56 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf Implantation eines Defibrillators und Fälle mit einer Tuberkulose entstanden, die nun auch zu einem Bruch des „MDC-Konstrukts“ führen. Wenn auch für die sachgerechte Abbildung von Leistungen unabdingbar, gehen auch Änderungen am Abfragealgorithmus mit einigen Problemen einher. 4.7.3.1 Verlust des Zusammenhangs zwischen medizinischem Fallkollektiv und G-DRG G-DRGs werden derzeit noch mit Bezeichnungen versehen, die unweigerlich zu Assoziation mit klinischen Kollektiven führen. Nicht allen, die mit G-DRGs in Berührung kommen, sind die komplexen Zusammenhänge, die zu einer Gruppierung in eine spezielle G-DRG führen können, bekannt. Dies betrifft nicht nur Selbstzahler, sondern inzwischen auch viele derjenigen, die sich professionell mit den G-DRGs auseinandersetzen. Ab 2007 werden konsequenterweise G-DRGs nicht mehr im Qualitätsbericht nach § 137 SGB V aufgeführt. Auch für die Zwecke der Leistungsplanung (krankenhaushausinterne Leistungssteuerung, Entgeltverhandlungen und Bedarfsplanung) müssen andere Kenngrößen gefunden werden, um eine Zuordnung von medizinischen Kollektiven/Leistungskomplexen zu einem DRG-Portfolio zu erreichen5. Die Vereinbarung zur Bestimmung von Besonderen Einrichtungen für das Jahr 2007 (VBE 2007) berücksichtigt zur Definition von spezialisierten Einrichtungen noch ein DRG-Gerüst. Fälle mit Multipler Sklerose, Morbus Parkinson und Epilepsie streuen hingegen zunehmend über ein größeres DRG-Portfolio (z. B. B36A/B, B61Z). Die Definition sollte sich daher zukünftig an Diagnoseverteilungen und nicht an G-DRGs orientieren. 4.7.3.2 Transparenzverlust Trotz der Veröffentlichung der G-DRG-Handbücher, kann die Gruppierungshierarchie kaum noch nachvollzogen werden. Durch die seit der G-DRG-Version 2006 gewählten „Basis-DRG-bezogenen“ Darstellung des Gruppierungsalgorithmus kann die Abfragereihenfolge der einzelnen Splitts nur mit Mühe aufgelöst werden (s. auch Vorgutachten 2006 Kapitel 5.8.2). Hinzu kommt, dass viele Ein- und Ausschlüsse sich an anderer Stelle, der Handbücher „verstecken“, so z. B. in MDC-, Basis-DRG oder G-DRG-Definitionen. So wird zwar die Basis-DRG B36 (Intensivmedizinische Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Nervensystems) im Abfragealgorithmus weit vor den Frühreha- 5 Roeder N., Siebers L., Frie M., Bunzemeier H., (2006), DRG-Akzeptanz verbessern. Kliniker erreichen mit klinischen Leistungsgruppen, das Krankenhaus, 5:390-401 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 57 Prüf- und Anpassungsbedarf bilitations-DRG (B11Z, B43Z, B42A/B) berücksichtigt, für einen Teil dieser Fälle durch eine komplexere Basis-DRG-Definition als der Name vermuten lässt, jedoch ein „Tunnel“ gebildet. Die logischen Konstrukte vieler Basis-DRGs oder G-DRGs lassen sich mit menschlicher Abstraktionsfähigkeit nicht mehr nachvollziehen (s. z. B. Basis-DRG B02 oder G-DRG B39A) und erschließen sich klinisch allenfalls durch Gruppierung größerer Datenmengen. Die resultierende Zuordnung einzelner klinischer Kollektive zu GDRGs kann dabei durchaus überraschend sein. So ist zwar die Basis-DRG B39 (Neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls mit bestimmter Prozedur) für die Kombinationsleistung aus akuter Schlaganfallbehandlung mit einem operativen/interventionellen Eingriff (Gefäßchirurgie, Kraniotomie, interventionelle Radiologie) und somit zur Abgrenzung von elektiven Eingriffen gedacht, ob aber die Zuordnung zu einem Splitt der Basis-DRG B39 oder einem Splitt der „Standard“DRGs (Basis-DRGs B02, B04, B20, …) erfolgt, kann aus medizinischer Perspektive nicht vorhergesagt werden. Insbesondere die chirurgischen Partitionen der MDCs 01 (Nervensystem), 05 (Kreislaufsystem) und 08 (Muskel-Skelett-System und Bindegewebe) sowie die prä-MDC sind bereits hochgradig von diesen Phänomenen betroffen. 4.7.3.3 Stabilität der G-DRG-Zuordnung und der Bewertungsrelationen Im Gegensatz zu den G-DRGs der klassischen Medizinischen Partition, definieren sich chirurgische oder interventionelle G-DRGs in der Regel nicht exklusiv über Hauptdiagnosen. Somit können Fälle der Definition mehrerer G-DRGs entsprechen und der Reihenfolge der Abfrage im Gruppierungsalgorithmus kommt eine Bedeutung zu. Hinzukommen neu geschaffene G-DRGs, die hoch aufwändige Fälle in speziellen G-DRGs zusammenfassen (z. B. Intensivmedizinische Komplexbehandlung, Mehrzeitige Eingriffe, Eingriffe an mehreren Lokalisationen, Komplexbehandlung bei Multiresistenten Erregern, etc.). Werden diese Fallgruppen wieder nach Alter, PCCL oder anderen Kriterien gesplittet und die G-DRGs konsequent splittgenau nach der Höhe der Bewertungsrelation im Abfragealgorithmus sortiert, so resultiert zwangsläufig ein instabiles G-DRG-System. Alleinig durch Umsortierung im Abfragealgorithmus migrieren Fälle zwischen unterschiedlichen G-DRGs, obwohl die Definition der DRGs unverändert blieb. Die Fallzuordnung und G-DRG-Bewertung im InEK stellt ein iteratives Verfahren dar. Dabei spiegeln die Bewertungsrelationen und der Abfragealgorithmus die Momentaufnahme zwei Jahre alter Kostendaten wider. Eine Reproduktion derselben Konstruktion im Folgejahr erscheint höchst unwahrscheinlich. Änderungen der CCLMatrix, neue G-DRGs, die hochaufwändige Fälle vorab im Algorithmus abfangen (z. B. Intensivmedizinische Komplexbehandlung, Mehrzeitige Eingriffe, etc.) und Veränderungen in der Leistungserbringung führen zu veränderten Bewertungsrelationen, veränderter Abfragehierarchie und in der Konsequenz zu erheblichen Migrationen. Das ökonomische Ausmaß der einzelnen Migrationen kann leider anhand der vom InEK veröffentlichten Migrationstabelle nicht nachvollzogen werden. 58 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf Für einzelne Fachabteilungen und Spezialkliniken können Migrationseffekte existenzielle Bedeutung haben. Beispielsweise werden die strahlentherapeutischen GDRGs seit 2005 relativ konsequent anhand der Bewertungsrelation in den Abfragealgorithmus integriert. Ist die Strahlentherapie die „aufwandsbestimmende“ Leistung, so werden z. B. auch chirurgische Fälle „abgefangen“ die sonst einer später in der Gruppierungshierarchie folgenden G-DRG zugeordnet würden. Durch andere Anpassungen am G-DRG-System werden strahlentherapeutische G-DRGs jährlich an anderer Abfrageposition einsortiert. Damit werden jährlich andere Fälle abgefangen, bzw. wird ein wechselnder Anteil der strahlentherapeutisch behandelten Fälle von vorher berücksichtigten G-DRGs (hier z. B. hochkomplexe Chemotherapie, OR-Prozeduren, etc.) abgefangen. Ohne, dass sich an den DRG-Definitionen (und Namen) etwas ändern würde, werden andere Fallkollektive über die G-DRGs abgebildet. Im Hinblick auf den Fokus der „Einhauskalkulation“ spielen diese versteckten Migrationen eine untergeordnete Rolle. Da aber nicht jedes Krankenhaus über eine strahlentherapeutische Abteilung verfügt (Schieflage der Leistungserbringung), sind diese Mischungen (Kondensationen) und Vergütungssprünge nicht sachgerecht. Abbildung 5 zeigt die Vergütungssprünge, die für Fälle mit strahlentherapeutischen Leistungen resultieren können. Auch die Bewertungsrelationen der restlichen G-DRGs der MDC werden natürlich anteilsmäßig über in den Kostenkalkulationsdaten enthaltene strahlentherapeutische (hier möglicherweise überrepräsentiert) Fälle mit beeinflusst. Neben den Bewertungsrelationen für Inlier, sind natürlich auch die (Grenz-)Verweildauern sowie Zu- und Abschläge mit betroffen. G-DRG R05Z R06Z R07A R07B 2007 2006 2005 BW R Pos. BW R Pos. BW R Pos. Be zeichnung Strahlentherapie bei hämatologischen und soliden Neubildungen, mehr als 9 Bestrahlungen oder bei akuter myeloischer Leukämie, A lter < 19 Jahre oder mit äußerst schw eren CC Strahlentherapie bei hämatologischen und soliden Neubildungen, mehr als 9 Bestrahlungen oder bei akuter myeloischer Leukämie, A lter > 18 Jahre, ohne äußerst schw ere CC Strahlentherapie bei hämatologischen und soliden Neubildungen, w eniger als 10 Bestrahlungen, außer bei akuter myeloischer Leukämie, A lter < 19 Jahre oder mit äußerst schw eren CC Strahlentherapie bei hämatologischen und soliden Neubildungen, w eniger als 10 Bestrahlungen, außer bei akuter myeloischer Leukämie, A lter > 18 Jahre, ohne äußerst schw ere CC Abbildung 5 6,080 4 4,719 6 4,382 3 4,061 9 3,522 14 3,415 5 2,309 20 2,729 16 3,203 8 0,921 43 1,143 38 1,327 19 „Strahlentherapeutische G-DRGs“ der MDC 17 mit Bewertungsrelation (BWR) und Position (Pos.) im Abfragealgorithmus (R07Z/R08Z der G-DRG-Version 2005 entsprechen den G-DRGs R07A/B der Folgeversionen) Weder für einzelne G-DRGs noch für spezielle medizinische Kollektive dürfte sich so eine Stabilität der Bewertungsrelationen und Verweildauerwerte in den nächsten Jahren entwickeln. Veränderungen der Kalkulationsstichprobe, der CCL-Matrix, der Leistungserbringung, neue G-DRGs oder Splitts können über die resultierenden Migrationen einen potenzierenden Effekt auf die Bewertung einzelner G-DRGs bzw. medizinischer Kollektive ausüben. Ziel sollte es sein, im G-DRG-System eine möglichst spezifische Abbildung (Deckung medizinisches Kollektiv – G-DRG) zu erreichen. Kondensationen insbesondere von Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 59 Prüf- und Anpassungsbedarf Fallkollektiven unterschiedlicher Fachdisziplinen sind zu vermeiden. Wo möglich sollten Kombinationsleistungen über Zusatzentgelte (z. B. Palliativmedizin) abgebildet werden, damit G-DRG-Definitionen disjunkter werden. Würde z. B. die Strahlentherapie über Zusatzentgelte finanziert, so würde das oben genannte Problem entschärft. 4.7.3.4 DRG-Konstrukte Basis-DRG, Partition und MDC Durch die oben beschriebene splittgenaue Abfrage und Sortierung im Gruppierungsalgorithmus sind die DRG-Konstrukte Basis-DRG und Partition hinfällig geworden (s. auch Vorgutachten Kapitel 5.8.2). Den Wiederaufnahmeregeln nach § 2 Abs. 1 und 2 FPV 2007 wird damit die inhaltliche Grundlage entzogen. Die vermehrten Fallprüfungen wegen „Beurlaubung“ dürften Folge dieser Entwicklung sein und gehen mit dem gleichen Konfliktpotenzial einher wie die ebenfalls nicht administrative Fallzusammenführung bei Komplikation (§ 2 Abs. 3 FPV 2007). Es sind daher neue Regelungen zur Fallzusammenführung bei Wiederaufnahme von der Selbstverwaltung zu entwickeln (s. Kapitel 4.2.1). Des Weiteren spielen Basis-DRG und Partition noch bei der CCL-Bewertung von Nebendiagnosen in der CCL-Matrix eine Rolle. Da auch hier kein inhaltlicher Zusammenhang mehr bestehen muss, sollte die CCL-Matrix entsprechend vereinfacht werden. Durch neue „Bypässe“ in der prä-MDC-Verarbeitung für Implantationen von Defibrillatoren und die Behandlung der Tuberkulose, werden nun auch Fälle mit Hauptdiagnosen anderer MDCs den MDCs 04 (Atmungsorgane) und 05 (Kreislaufsystem) zugeordnet. Diese Anpassungen waren sinnvoll und notwendig, führen jedoch zu einer Aufweichung des DRG-Konstrukts „MDC“. Derzeit besteht jedoch noch keine Notwendigkeit dieses Konstrukt ebenfalls aufzugeben. 4.7.4 Einbindung des medizinischen, wissenschaftlichen und weiteren Sachverstandes Sachverstand im Rahmen der strukturierten Dialogs Die oben beschriebenen Veränderungen des G-DRG-Systems in den letzen Jahren, insbesondere aber die Diskrepanz zwischen medizinischen Kollektiven und G-DRGs, die Auswirkungen der Abfragehierarchie sowie die des Transparenzverlustes durch die Komplexität machen es äußerst schwierig noch medizinische Gesichtpunkte in die Weiterentwicklung einzubringen. Die zurückgehende Anzahl der differenzierten Anpassungsvorschläge von Fachgesellschaften und Institutionen ist sicherlich dadurch mitbedingt. Unabhängig davon, ob von Medizinischen Fachgesellschaften noch die fundierte Kenntnis der komplexen Zusammenhänge erwartet werden darf, wird das G-DRG-System, je mehr G-DRGs lediglich Abrechnungspositionen darstellen, lernen müssen, sich von alleine heraus weiter zu entwickeln. 60 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf 4.7.5 Differenzierung zwischen Leistungsstrukturveränderungen und Upcoding Nach § 4 Abs. 9 Satz 3 und 4 KHEntgG werden „Mehrerlöse aus Fallpauschalen, die infolge einer veränderten Kodierung von Diagnosen und Prozeduren entstehen, (...) vollständig ausgeglichen. (…) sonstige Mehrerlöse zu 65 vom Hundert ausgeglichen.“ Nach der vereinfachten Ermittlung „sonstiger Mehrerlöse“ (Satz 6) werden Steigerungen des CMI zunächst als kodierbedingte Mehrerlöse angesehen. Bei einer CMI-Steigerung muss das Krankenhaus nachweisen, „dass die sonstigen Mehrerlöse nach Satz 4 infolge von Veränderungen der Leistungsstruktur mit der vereinfachten Ermittlung nach Satz 6 zu niedrig (…) bemessen sind“. Aufgrund des Verlustes des Basis-DRG-Konstruktes und der partitionsübergreifenden Abfrage gestaltet sich dieser Nachweis methodisch als schwierig. Krankenhäuser, deren CMI aufgrund eines Anstiegs komplexerer Fälle steigt, werden durch die gesetzlichen Regelungen benachteiligt. 4.7.6 Abbildung des Schweregrads über die CCL-Matrix und den PCCL Aus dem australischen AR-DRG-System wurde eine sehr differenzierte Schweregradsystematik übernommen (PCCL/Alter). Aufgrund der politischen Vorgabe ein Preissystem zur Einzelfallabrechnung zu entwickeln, enthält das G-DRG-System 2007 eine Reihe weiterer Parameter (z. B. Prozedurenfunktionen), die eine Beschreibung unterschiedlich aufwändiger Fallkollektive ermöglichen. Durch die inhaltliche Aufhebung des Unterschieds von Basis-DRGs und abrechenbaren Splitts werden diese Kriterien sowohl zur Definition von Basis-DRGs als auch abrechenbaren G-DRGs herangezogen. Obwohl für 2007 erstmalig nennenswerte Anpassungen der CCL-Matrix erfolgt sind, besteht die wesentliche Neuerung in der Etablierung einer datengetriebenen Methodik zu Anpassung der CCL-Matrix. Diese ist sehr rechenaufwändig, so dass für 2007 nur eine kleine Anzahl von Kodes überprüft werden konnte. Für die G-DRG-Version 2008 dürften weitreichendere Änderungen zu erwarten sein. Die für 2006 vorgenommenen Änderungen beschränkten sich auf eklatante Unstimmigkeiten. So wurden z. B. spezifische ICD-Kodes mindestens ebenso bewertet wie unspezifische ICD-Kodes der gleichen Kategorie. Dieses Vorgehen war normativ und wurde durch die datengetriebene Methodik abgelöst. Auch wenn ein datengetriebenes Vorgehen begrüßenswert ist, so sollten dennoch parallel sinnvolle Anpassungen normativ erfolgen. Durch die datengetriebene Anpassungen wurden erneut unspezifische ICD-Kodes CCL-bewertet, während spezifische Kodes der gleichen Kategorie nicht oder niedriger bewertet sind. Seltene ICD-Kodes wie z. B. der Kode U81! (Bakterien mit Multiresistenz gegen Antibiotika) wurden nicht bewertet, während nun alle Kodes der Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 61 Prüf- und Anpassungsbedarf Kategorie U80.-! in die CCL-Matrix aufgenommen wurden. Herzklappenerkrankungen wurden z.T. aus der CCL-Matrix gestrichen oder abgewertet. Analoges gilt für die anamnestischen Kodes der Kategorie (I69.-) und die Inkontinenzen. Datengetriebene Überprüfungen von Einzelkodes sind bei bestehenden Kodieralternativen nicht sinnvoll. Hier muss entweder die Überprüfung von Diagnosegruppen (verbundenen Diagnosen) oder eine normative Anpassung (analoge Bewertung) erfolgen. ICD-Kodes, deren Kodierung offensichtlich nicht mit assoziiertem Ressourcenverbrauch verbunden ist, sollten normativ aus der CCL-Matrix entfernt werden. Dies trifft insbesondere auf die in DKR D005d genannten anamnestischen Kodes zu, die ohne eigenen Ressourcenverbrauch kodiert werden dürfen (Folgezustände: B90.-, B91, E64.-, I69.- und T91.3). Der Ressourcen verbrauchende Folgezustand als solcher wird stets zusätzlich kodiert. Eine doppelte Berücksichtigung im Schweregrad ist nicht sinnvoll. Unter gleichem Aspekt sollte auch die Mehrfachkodierung im KreuzStern-System überprüft werden. Dass obligate Diagnosekombinationen kombiniert in den PCCL eingehen oder Sterndiagnosen einer Hauptdiagnose schweregradsteigernd wirken, ist sicherlich fragwürdig. 4.7.7 Komplexbehandlungen Zur Abbildung spezialisierter Struktur- und Prozessqualität im G-DRG-System werden zunehmend OPS für Komplexbehandlungen konzipiert und als Attribute für G-DRG-Definitionen verwendet. Die Abbildung der Spezialisierung über eigene OPS ist sinnvoll, da die unterschiedlichen Behandlungsstrukturen nicht alleinig über Diagnosen eindeutig beschrieben und damit sachgerecht vergütet werden können. Über die Operationalisierung und Miterfassung von Strukturmerkmalen kann eine Unterscheidung von Behandlungsinhalten erfolgen und in der Regel eine Pauschalierung ermöglicht werden. Über die Integration in das G-DRG-System kann die Anzahl der Ausnahmeregelungen (z. B. Finanzierung besonderer Einrichtungen nach § 17b Abs. 1 S. 15, VBE 2007) in engem Rahmen gehalten und bei Aufrechterhaltung eines faireren interklinischen Wettbewerbs eine „Türschildmedizin“ vermieden werden. Durch die Einführung der neuen OPS für Komplexbehandlungen ist die OPSKlassifikation in diesen Bereichen nicht mehr disjunkt. Erbrachte Leistungen können möglicherweise über unterschiedliche OPS kodiert werden. Einzelnen Fachdisziplinen ist dabei nicht immer klar, welche OPS-Kodes für sie relevant sind und ob für die gleiche Leistung (z. B. intensivmedizinische Behandlung) mehrere OPS kodiert werden dürfen oder sogar müssen. OPS-Komplexziffern fokussieren meist unterschiedliche Aspekte einer Behandlung und können daher nicht als Prozedurenkomponenten (entsprechend Teilleistungen) gesehen werden. Durch die stete Zunahme der Komplexität im G-DRG-System können die zur Abbildung verwendeten Attribute bei der DRG-Gruppierung in Konkurrenz zu einander geraten, so dass die Entscheidung für die Kodierung eines von mehreren zur Verfügung stehenden OPS direkt erlösrelevant werden kann. 62 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf Im G-DRG-System 2007 gilt dies z. B. für die OPS der folgenden Kategorien: 8-980 Intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur) 8-981 Neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls 8-98b Andere neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls 8-97a Multimodale intensivmedizinische Überwachung und Behandlung bei zerebrovaskulären Vasospasmen 8-97b Multimodale intensivmedizinische Überwachung und Behandlung bei neuromuskulären Erkrankungen Es ist derzeit nicht eindeutig geregelt, ob z. B. auf zertifizierten Stroke Units, die natürlich auch die Kriterien für die OPS 8-980, 8-97a und 8-98b erfüllen, auch diese OPS zu kodieren sind oder nur die OPS der Kategorie 8-981. Oder ob z. B. auf neurologischen Intensivstationen, die häufig auch die Kriterien der OPS 8-981, 897a, 8-97b und 8-98b erfüllen, diese OPS parallel oder alternativ zum OPS 8-980 zu kodieren sind. Die Wahl des OPS-Komplexkodes kann eine erhebliche Auswirkung auf den Erlös haben. Derzeit wird uneinheitlich kodiert, was eine Weiterentwicklung des G-DRG-Systems unterläuft. Welcher OPS-Kode im Einzelfall den höchsten Erlös für das Krankenhaus bringt, kann schwer vorhergesagt werden. Vergleichbare Situationen finden sich bei der Multimodalen Schmerztherapie (8-918), die Bestandteil anderer Komplexbehandlungen sein kann, und bei der (geriatrischen) Frührehabilitation. So wurde z. B. für 2007 die G-DRG B48Z (Frührehabilitation bei Multipler Sklerose und zerebellarer Ataxie) neu eingeführt. Diese ist jedoch nicht mit einem OPS aus der Kategorie 8-552 (Neurologisch-neurochirurgische Frührehabilitation) erreichbar, der in die „unspezifischen“ aber meist besser bewerteten G-DRGs B42A/B, B43Z) führt, sondern nur mit einem OPS aus der Kategorie 8-559 (Fachübergreifende und andere Frührehabilitation). Die Zuordnungskriterien und die Subklassifikation beider OPS unterscheiden sich deutlich, da sie ursprünglich für unterschiedliche Behandlungsstrukturen geschaffen wurden. Nicht alle Fälle in der neurologischen-neurochirurgische Frührehabilitation erfüllen die strengen Kriterien der „eigenen“ OPS-Kategorie 8-552, würden aber den Kriterien der „fremden“ OPSZiffern genügen. Bislang wäre jedoch die neurologisch-neurochirurgische Frührehabilitation nicht auf die Idee gekommen, bei der OPS-Kodierung „fremdzugehen“. Da nun ökonomische Anreize gesetzt wurden und das G-DRG-System explizit keine Abgrenzung durch „Türschildmedizin“ fördern soll, resultiert eine parallele, konkurrierende und aufwändigere Kodierung. Insbesondere vor der Berücksichtigung neuer OPS-Komplexziffern bei der Gruppierung ist daher auf Abgrenzungsprobleme zu bestehenden OPS und entstehende Fehlanreize zu prüfen. Eine rein datengetriebene oder auf Grundlage ergänzender Datenlieferung erfolgende Berücksichtigung, kann diese Probleme nicht aufdecken. Die kodierbedingte Migration der Fälle resultiert erst im Jahr der Anwendung durch Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 63 Prüf- und Anpassungsbedarf die entstehenden Anreize. Zudem sollte bei der Etablierung neuer OPS-Komplexziffern bereits durch das DIMDI auf eine eindeutige klassifikatorische Abgrenzung zu exisiterenden und „verwandten“ OPS geachtet werden. Ebenso muss beachtet werden, dass die Komplexziffern, die strukturelle und inhaltliche Mindeststandards definieren, genauso wie das G-DRG-System einem steten Wandel unterworfen sind. Gerade zur Einführung des G-DRG-Systems werden aufgrund der veränderten Anreize zunehmend Versorgungsstrukturen und -inhalte hinterfragt. So werden voraussichtlich auch die OPS-Komplexziffern kontinuierlich angepasst werden müssen. Durch die zweijährige Verzögerung der Abbildung im G-DRG-System tritt die Situation auf, dass die durch einen veränderten Komplex-OPS beschriebene Komplexleistung mit einem „Preis“ abgerechnet wird, der auf der Basis von Fällen ermittelt wurde, die die OPS-Definition von vor zwei Jahren erfüllen und daher nicht mehr valide ist. In einem Preissystem können solche Verschiebungen auch bei korrekter Planung ein spezialisiertes Krankenhaus in der Existenz gefährden. Hier müssen Übergangslösungen gefunden werden (z. B. Finanzierung über § 6 Abs. 1 KHEntgG), bis die OPS-Kriterien in Kalkulationsdatenund Abrechnungsjahr wieder übereinstimmen. 4.7.8 Kalkulation von Zu- und Abschlägen Die G-DRG-Anpassung wird inzwischen zu einem nicht unerheblichen Teil durch die Anreize des Systems selbst unterhalten. Krankenhäuser verkürzen durch Leistungsverdichtung die Verweildauer. In der Konsequenz verringern sich die Bewertungsrelationen und mittleren Verweildauern für gleichartig definierte und im Abfragealgorithmus positionierte G-DRGs. Durch die formelgestützte Ableitung der Grenzverweildauern sinken auch diese aufgrund des o.a. Effekt. Die Grenzverweildauerfestlegung und Outliervergütung erfolgt (mit Ausnahme der Unterliegerabschläge bei impliziten Einbelegungstag-DRGs, Verlegungsabschlägen bei Verlegungs-DRGs und Outlierzuschlägen bei speziellen Ausnahme-DRGs) normativ. Durch ein Sinken der mittleren Verweildauer und der beiden Grenzverweildauern kommt es daher meist zu einer relativen Höhervergütung der Outlier (Unterlieger, verlegte Fälle, Überlieger) wie in Abbildung 6 ersichtlich. Krankenhäuser sollten daher ihren Katalogeffekt genauer analysieren. Positive Katalogeffekte im Outlierbereich können möglicherweise aufgrund der verstärkten Fehlbelegungsprüfungen der Kostenträger in der Echtabrechnung nicht vollständig realisiert werden. Dies sollten Krankenhäuser bei den Entgeltverhandlungen mit berücksichtigen. 64 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf „Positiver“ Katalogeffekt für Outlier und verlegte Fälle bei Absenkung der Inlier-BWR durch VWD-Verkürzung und/oder Ausgrenzung der bisherigen High-Outlier (Extremkostenfälle) Erlös Grund: normative Kalkulation der Grenzverweildauern sowie Zu- und Abschläge! Belegungstage DRG-Research-Group Abbildung 6 Gegenteiliger Effekt der Veränderung der Inlierbewertungsrelation auf die Outliervergütung Grundproblem ist die normative Kalkulation der Outliervergütung. Die der Kalkulation zugrunde liegende Hypothese, dass sich Outlier im Wesentlichen durch die Verweildauer und nicht medizinisch-inhaltlich von Standardfällen unterscheiden, trifft meist nicht zu. Kurzlieger stellen häufig Spezialkollektive (definierte Auftragsleistung) mit unterschiedlichen Behandlungsinhalten dar. Auch Langlieger und verlegte Fälle stellen meist andere medizinische Kollektive als Standardfälle dar. Mehrkosten bei Langliegern können zum einen durchaus auch in den als „Hauptleistung“ ausgegliederten Kostenstellen- und arten auftreten (z. B. Mehrfachoperationen), zum anderen ist nicht selbstverständlich davon auszugehen, dass z. B. das Verhältnis zwischen den Personal- und Sachkosten für Outlier vergleichbar ist mit dem für Standardfälle. Die bei der Kalkulation der Zu- und Abschläge auszugliedernde „Hauptleistung“ erscheint unter Berücksichtigung der Entwicklung des G-DRG-Systems zunehmend nicht mehr sachgerecht. Das „Hauptleistungs-Konzept“ leitet sich aus einer klassisch operativen DRG ab. Durch die zunehmende Differenzierung des G-DRG-Systems erlangen jedoch immer mehr neue Attribute, wie z. B. Komplexbehandlungen (Intensivmedizin, Stroke-Unit, Multiresistente Erreger, etc.) Gruppierungsrelevanz, die damit auch als „Hauptleistung“ zu verstehen sind. Die Kosten dieser „Hauptleis- Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 65 Prüf- und Anpassungsbedarf tungen“ finden sich jedoch nicht in den entsprechend auszugliedernden Kostenstellen und -arten wieder. Die Abschlagskalkulation bei impliziten Einbelegungstag-DRGs und die Zuschlagskalkulation für viele G-DRGs anhand des Median der Langliegertageskosten stellen bereits Ansätze dar, dieses Problem für einzelne G-DRGs zu lösen. Der oben beschriebene paradoxe Effekt für die Outliervergütung muss auch von Spezialisierungen beachtet werden, die sich aufgrund einer nicht sachgerechten Vergütung ihrer Leistung ggf. an der G-DRG-Fallkostenkalkulation beteiligen. Abbildung 7 zeigt am Beispiel der Parkinsonbehandlung wie durch die Teilnahme von Spezialisierungen, diese möglicherweise einen negativen Katalogeffekt für ihre Spezialisierung selbst erzielen. Kann keine Abbildung der Spezialisierung in einer eigenen, spezifischen G-DRG erfolgen, so hat die Teilnahme der Krankenhäuser mit Spezialisierung lediglich eine Auswirkung auf die mittlere Verweildauer (dadurch auch auf die Grenzverweildauern) und die Höhe der Inlierbewertungsrelation. Erfolgt die Behandlung in den spezialisierten Einrichtungen zum großen Teil im Outlierbereich (Langlieger, zuverlegte komplexe Fälle), so ist trotz gestiegener Inlierbewertungsrelation und Verweildauern unter Umständen mit einem negativen Katalogeffekt zu rechnen. Die Durchmischung mit aufwändigeren Fällen führt zu einer Anhebung der Inlierbewertungsrelation und damit häufig zu niedrigeren effektiven Bewertungsrelationen bei Langliegern. Die tatsächlichen Unterschiede zwischen den verschiedenen Versorgern gehen im Grundrauschen der Kalkulation unter, haben aber Konsequenzen in der Leistungsfinanzierung. 66 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf Vergütungsprofile bei M. Parkinson und PCCL > 2 G-DRGs B67A(2006) und B67B (2007) 9000 Negativer Katalogeffekt für die Spezialisierung ? Erlös* 8000 7000 6000 5000 4000 3000 B67A (2006) Degenerative Krankheiten des Nervensystems bei M orbus Parkinson mit äußerst schweren oder schweren CC B67A (2006) verlegt 2000 B67B (2007) Degenerative Krankheiten des Nervensystems bei M orbus Parkinson mit äußerst schweren oder schweren CC B67B (2007) verlegt 1000 0 0 7 14 21 28 * bei einem fiktiven Basisfallwert von 2.700 €, 35 42 49 Belegungstage DRG-Research-Group Abbildung 7 Möglicher negativer Katalogeffekt bei Teilnahme von Spezialisierungen an der GDRG-Fallkostenkalkulation durch Anheben der Bewertungsrelation und Grenzverweildauern Wichtig ist daher eine möglichst spezifische Abbildung von Spezialisierungen zu realisieren. Die „Einhauskalkulationsmethodik“ begünstigt jedoch weiterhin oben beschriebene Phänomene. 4.7.9 Verlegungsfallpauschalen Analog zu den Kurz- und Langliegern wurden auch bei den verlegten Fällen aus den Kalkulationsdaten DRGs ermittelt, bei denen die Anwendung der normativ kalkulierten Verlegungsabschläge zu einer nicht sachgerechten Vergütung führt. Diese GDRGs wurden von der Verlegungsabschlagsregelung ausgenommen (s. Spalte 12 bzw. 14 des G-DRG-Fallpauschalenkatalogs). Die Zahl dieser in Spalte 12 (bzw. Spalte 14 bei Belegabteilungen) im Fallpauschalenkatalog gekennzeichneten GDRGs hat für 2007 erneut zugenommen. Bei der Kalkulation der Bewertungsrelationen wurde für 2007 eine Unterscheidung zwischen zu- und wegverlegten Fällen gemacht. Für Fallpauschalen, die sich alleinig über OPS-Komplexziffern (Geriatrie, Schmerztherapie, Qualifizierter Entzug) definieren, in denen bereits Mindestkriterien zur Ver- Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 67 Prüf- und Anpassungsbedarf weildauer und Behandlungsintensität enthalten sind, sollte ebenfalls über die normative Ausnahme von der Verlegungsabschlagsregelung nachgedacht werden. Hier ist die in der DRG-Fallpauschale geforderte Leistung bei korrekter Kodierung bereits erbracht. Letztlich sollte sich dies bei korrekter Kalkulation allerdings auch bereits an den Kalkulationsdaten zeigen. Der Kostenunterschied zwischen verlegten und nicht-verlegten Fällen dürfte bei über Komplexbehandlungen definierten GDRGs vernachlässigbar sein. Bezüglich der Sachgerechtigkeit der Verlegungsabschläge bei G-DRGs mit der „Hauptleistung“ einer Komplexbehandlung s. Kapitel 4.7.8. Auf die schwer nachvollziehbare unterschiedliche Berücksichtigung bei der Unterliegervergütung zwischen zu- und wegverlegten Fällen wird in Kapitel (s. Kapitel 4.2.2) eingegangen. 4.7.10 Fehler-DRGs Die so genannten Fehler-DRGs vereinen Fälle, die aufgrund ihrer komplexen Fallstruktur oder unplausibler Kodierung nicht entsprechend des DRG-Algorithmus eingruppierbar sind. Dabei sind die Fehler-DRGs 902Z und insbesondere 901A-D von besonderer Bedeutung, da es sich hier häufig nicht um Fehlkodierungen handelt, sondern um Konstellationen von Hauptdiagnose und operativer Therapie, die selten sind und im aktuellen DRG-System keine adäquate Abbildung in einer MDC finden. Es ist zu erwarten, dass insbesondere in Kliniken der Maximalversorgung ein nicht geringer Anteil von multidisziplinär oder mehrfach versorgten Patienten in diese Fehler-DRGs eingruppiert wird. Ein Teil der Fälle wird allerdings aufgrund mangelnder ICD- oder OPS-Differenzierung den Fehler-DRGs zugeordnet (z. B. Coiling eines intrazerebralen Carotisaneurysmas). Ebenso könnte durch Berücksichtigung einiger organunspezifischer oder -fremder Prozeduren in den Organ-MDCs eine spezifischere Abbildung häufiger Kombinationsleistungen erzielt werden (z. B. interventionelle Herzkatheterleistungen bei anderen arteriosklerotischen Folgeerkrankungen wie z. B. Schlaganfällen). Als Beispiel kann hier die G-DRG B12Z (Implantation eines Herzschrittmachers bei Krankheiten und Störungen des Nervensystems) dienen. Die umstrittenen Fehler-DRGs 962Z und 963Z, die geburtshilfliche bzw. neonatale Unplausibilitäten abdecken sollen, blieben auch im System 2007 erhalten. Während die Fehler-DRG 962Z überflüssig ist, werden durch die 963Z tatsächlich viele Dokumentationsfehler identifiziert, die eine sachgerechte Eingruppierung verhindern. Dennoch sammelt auch die „Fehler-DRG 963Z viele korrekt kodierte Fälle (s. Gutachten 2005 Kapitel 5.6.2.5 sowie DRG-Liste im Anhang). Die dieser Fehler-DRG zugeordneten ICD-Kodes sollten daher genau untersucht und wenn möglich spezifischen Organ-MDCs zugeordnet werden. 68 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf 4.7.11 Grenzen der datengetriebenen Anpassung Mit einem gemeinsamen Grundsatzbeschluss beauftragen seit der G-DRG-Version 2005 die Spitzenverbände der Krankenkassen, der Verband der privaten Krankenversicherung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (Selbstverwaltungspartner) jährlich das InEK, die Weiterentwicklung und Pflege des G-DRG-Systems auf Grundlage der bisherigen Kalkulationserfahrungen sachgerecht fortzuführen. Die Entscheidungen zur Weiterentwicklung beruhten dabei in der Vergangenheit in der Regel auf datenbasierten Auswertungen und konnten so frei vom Vorwurf eines Lobbyismus nachvollzogen werden. Datengetriebenen Anpassungen sind jedoch Grenzen gesetzt. Zum einen resultiert die Kalkulation eines G-DRG-Systems immer aus historischen Daten. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Behandlungsrealität bzw. Dokumentation im Jahr der Anwendung aufgrund externer Einflüsse aber auch der durch das neue System gesetzen Anreize reproduziert werden kann, ist äußerst gering. Beispiele sind Veränderungen in der CCL-Matrix (insbesondere bei bestehenden Kodieralternativen, s. Kapitel 4.7.6) oder die Konkurrenz von Komplexbehandlungen (s. Kapitel 4.7.7). Wichtig wäre es daher, wo möglich Veränderungen und Anreize zu antizipieren und Fehlsteuerungen zu vermeiden. Aufgrund der geringen Zeit, die dem InEK zur jährlichen Erstellung der neuen G-DRG-Version zur Verfügung steht, sind diese normativen Korrekturen sicherlich auch unter praktischen Gesichtspukten begrenzt. Ebenso existieren allseits bekannte Systemfehler, die z.T. seit Übernahme der australischen AR-DRG Version 4.1. im G-DRG-System weitergepflegt werden, deren rein datenbasierte Beseitigung jedoch nicht möglich erscheint. Als Beispiele seien folgende Problemberiche aufgeführt: - die Existenz der nicht bewerteten Anlage-3a-DRG B61Z (Akute Erkrankungen und Verletzungen des Rückenmarks außer bei Transplantation)(s. auch Vorgutachten 2006: Kapitel 5.9.4.1.12 und 6.1.3), - die Fehler-DRGs 962Z und 963Z (s. Kapitel 4.7.10 sowie Vorgutachten 2006: Kapitel 6.1.15 und Vorgutachten 2005: Kapitel 5.6.3.1), - die MDC-Zuordung bei HIV (und andere nicht sinnolle Zuordnungen bei geringer Fallzahl) (s. auch Kapitel 4.8.2.1) - Kodierrichtlinien mit nicht sinnvoller MDC-Zuordnung (DKR 0712a, 0912f, 1205d und 1805f, s. auch Kapitel 4.6) - Die Abbildung der Frührehabilitation in bewerteten G-DRGs (s. auch Kapitel 3.4.1) Langfristig kann sich die Abbildungsqualität nur dann verbessern, wenn frühzeitig entsprechende Weichen gestellt wurden. Zu den o.g. Problembereichen müsste eigentlich Konsens zwischen den Selbstverwaltungspartnern zu erreichen sein. Zieht Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 69 Prüf- und Anpassungsbedarf man die Ressourcen und das Missbrauchspotenzial in Betracht, die bundesweit aufgrund der Existenz der Anlage-3a-DRG B61Z entstehen, so ist die Abschaffung dieser G-DRG offensichtlich zwingend notwendig. Aus der Perspektive der Systementwicklung tragen Anlage-3a-DRGs nicht zur Abnahme der Homogenitätskennzahlen des Systems bei, ein dringender Anpassungsbedarf besteht somit aus der limitierten Sicht der Systementwickler nicht. Andererseits kann aus Homogenitätskriterien systemimmanent eine Bewertung von Frührehabilitationsleistungen erfolgen, auch wenn diese bundesweit noch unterschiedlich finanziert werden und damit eine sachgerechte Vergütung unmöglich ist. 4.7.12 Nutzung der Kostenmatrix des G-DRG-Kostenkalkulationsbrowsers in Bezug auf klassifikatorische Aspekte Mit zunehmender Leistungsorientierung des G-DRG-Systems versuchen Krankenhäuser auch intern DRG-Erlöse leistungsbezogen zu verteilen. Viele Krankenhäuser nutzen zur krankenhausinternen Leistungsverrechnung die vom InEK veröffentlichte Kostenmatrix des G-DRG-Kostenkalkulationsbrowsers, da diese DRG-bezogen die Normwerte der Kalkulationsstichprobe angibt und Grundlage der DRG-Bewertung ist. Auch wenn die Kostenmatrix ein sehr hilfreiches Instrument zur krankenhausinternen Leistungsverrechnung ist, sind bei der Anwendung Limitationen zu berücksichtigen, da sonst unternehmerische Fehlentscheidungen getroffen werden können. Auch wenn dies kein direktes Problem des G-DRG-Systems darstellt, so ergeben sich die Limitationen zum Teil direkt aus den oben geschilderten Phänomenen (Kondensationen, Abfraghierarchie, Kalkulation der Outliervergütung) und sollen hier aufgrund des weit verbreiteten unkritischen Einsatzes der Matrix nicht unerwähnt bleiben. Je differenzierter die Matrix krankenhausintern genutzt werden soll (z. B. fachabteilungsbezogen, Differenzierung unterschiedlicher Kostenarten/-stellen) umso differenzierter muss die Prüfung auf Sachgerechtigkeit und Repräsentativität erfolgen. Zunächst enthält die Kostenmatrix nur die Durchschnittskosten der Inlier. Krankenhäuser müssen daher prüfen in welchem Ausmaß Outlier ihr Leistungsportfolio bestimmen. Für die Outlierbewertung kann die Kostenmatrix nicht ohne weiteres angewendet werden. Outlier können gänzlich unterschiedliche medizinische Kollektive darstellen, Probleme bezüglich der Definition der Hauptleistung zur Zu- und Abschlagsberechnung werden in Kapitel 4.7.8 beschrieben. Für die Anwendung der Kostenmatrix für Outlier muss daher vorab eine krankenhaus- bzw. fachabteilungsindividuelle Einschätzung der Repräsentativität erfolgen. Probleme bereiten ebenso explizit oder implizit (über den Abfragealgorithmus, wie z. B. bei den in Kapitel 4.7.3.3 erwähnten strahlentherapeutischen G-DRG) kondensierte G-DRGs. Auch hier ist vor der Nutzung zu prüfen, ob das Kalkulationskollektiv repräsentativ für das Krankenhaus bzw. die zu bewertende Fachabteilung ist. Ob eine Kondensation vorgenommen werden kann, entscheidet sich in der Regel an ver- 70 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf gleichbaren Verweildauerwerten und Gesamtkosten. Vergleichbare Relationen zwischen Personal- und Sachkosten sind dabei nicht ausschlaggebend. Für Standardleistungen und größere Krankenhäuser dürften sich bei globaler Betrachtung viele der beschriebenen Effekte herausmitteln. Die Kostenmatrix stellt damit durchaus ein hilfreiches Instrument zum hausinternen Controlling dar. Für Spezialkliniken oder Spezialleistungen einzelner Fachabteilungen im Rahmen einer hausinternen Leistungsverrechnung können jedoch durch die oben beschriebenen Beschränkungen bei unkritischer Nutzung unternehmerische Fehlentscheidungen resultieren. 4.8 Prüf- und ggf. Anpassungsbedarf bezogen auf einzelne Leistungsbereiche 4.8.1 Einführung Spezialisierung wird grundsätzlich gewünscht und gefordert, so dass diese konsequenterweise auch gefördert und sachgerecht finanziert werden muss. Die DRGFallgruppen berücksichtigen den Aspekt der Spezialisierung nicht ausreichend, da sie nicht spezialisierte Fachgebiete sondern Erkrankungsgruppen abbilden. Unterschiedliche Fachgebiete können Fälle behandeln, die den gleichen DRGs zugeordnet werden, allerdings häufig mit differierenden Schwerpunkten und Fallspektren innerhalb einer G-DRG. Nicht selten führt die Spezialisierung innerhalb eines Fachgebietes dazu, dass Subgruppen aus einer DRG behandelt werden, die aufwändiger und damit kostenintensiver sind als die „Mischung“ aller Fälle, die der Kalkulation der bundesweiten Bewertungsrelationen zugrunde liegt. Auf DRG-Ebene selbst können nur die Abbildungsschwächen beseitigt werden, die sich eindeutig über eine Fallgruppendefinition oder deren Differenzierung beschreiben lassen. Schwer bzw. gar nicht pauschalieren lassen sich Fallgruppen, in denen eine große Variabilität bezüglich der Verweildauer und/oder des Sachkosten-/Personaleinsatzes zu beobachten ist, und/oder deren Fallzahlen in den Kostenkalkulationsdaten zu gering sind. Hierzu gehören z. B. in Teilen die Behandlung chronischer Krankheiten, die Behandlung bösartiger Erkrankungen, die Behandlung von atypischen Infektionskrankheiten oder von Schwerverletzten. In einigen der o.a. Leistungsbereiche setzt eine pauschalierte Vergütung unter Umständen auch Fehlanreize (z. B. Palliativmedizin, Behandlung des M. Parkinson und anderer chronischer Erkrankungen). Nur wenn Fall- bzw. Behandlungsgruppen auch in genügender Anzahl in Deutschland z. B. pro Jahr vorkommen, erscheint es gerechtfertigt, hierfür eine eigene Fallgruppe zu bilden. Inhomogenitäten oder Pseudohomogenitäten, die aufgrund von Kalkulationsschwächen oder Kodierfehlern bestehen, können so nicht behoben werden. Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 71 Prüf- und Anpassungsbedarf Das G-DRG-System ist nicht als „pädagogisches System“ konzipiert. Die existierende Deutsche Behandlungsrealität soll sachgerecht darin abgebildet werden. Ob gewisse Fallgruppen zukünftig nur noch von gewissen Versorgungsstrukturen behandelt werden dürfen und sollen, kann nicht über die DRG-Fallgruppen selbst geregelt werden, sondern ist über andere Mechanismen zu regeln. So ist es nicht Aufgabe des G-DRG-Systems durch Kostenanreize zu entscheiden, wo onkologische Patienten behandelt werden, wer geriatrische Patienten versorgt, in welchem Versorgungsbereich Frührehabilitation erfolgt, oder ob die Anthroposophisch-medizinische Komplexbehandlung eine sinnvolle Ergänzung zur rein somatischen Therapie darstellt. In der Regel stellen Spezialisierungen jedoch eine gewünschte Versorgungsform mit deutlichem Benefit für die Patienten dar. Soweit möglich sollte aber die Anpassung im Klassifikationssystem selbst erfolgen. Kann die Spezialisierung aufgrund eines OPS-Kodes bereits dokumentiert werden, kann der OPS auch zur Gruppierung herangezogen werden. Liegen keine Kalkulationsdaten vor (z. B. weil sich nicht genügend spezialisierte Krankenhäuser an der G-DRG-Fallkostenkalkulation beteiligt haben), können zur Entscheidung einer gesonderten Abbildung im G-DRG-System – sofern es nicht bereits offensichtlich ist – behelfsweise auch die Verweildauerdaten des § 21-Datensatzes, den jedes Krankenhaus abgibt, herangezogen werden. Eine bundesweite Bewertung muss nicht unbedingt erfolgen, da prinzipiell eine übergangsweise Finanzierung nach § 6 Abs. 1 KHEntgG möglich ist. Wichtig ist jedoch, dass die Spezialisierungen in den Daten erkannt und nicht aufgrund der vergleichsweise geringen Bedeutung für das Gesamtsystem zu wenig priorisiert werden. Das Einhauskalkulationsverfahren des InEK birgt prinzipiell die Gefahr, dass Spezialisierungen übersehen werden. Ist die Spezialisierung als solche datentechnisch über ICD-10-GM, OPS, Alter, etc. nicht erfassbar, muss eine Sonderlösung gefunden werden. Hier bieten sich z. B. die Finanzierung als „Besondere Einrichtung“ (VBE) oder Sicherstellungszuschläge an. Wird allerdings tatsächlich keine ergänzende oder alternative Lösung für Spezialisierungen zeitnah gefunden, dann wird es im Rahmen der Umsetzung der Katalogvorgaben zu Budgetumverteilungen innerhalb eines Krankenhauses kommen. Mit fortschreitender Konvergenz nimmt auch der Druck auf nicht sachgerecht abgebildete Spezialisierungen zu. Während Budgetkürzungen in Höhe der Kappungsgrenzen bislang noch von den meisten Kliniken kompensiert werden konnten, so können ungenügend finanzierte Leistungen zukünftig sicherlich nicht aufrechterhalten werden. 72 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf 4.8.2 Betroffene Leistungsbereiche 4.8.2.1 AIDS/HIV Trotz erfolgter konstruktiver Beteiligung der Deutschen Aids Gesellschaft (DAIG) am Vorschlagsverfahren im letzten Jahr und der Umsetzung einiger Anpassungsvorschläge, ist die Abbildung der Behandlung von HIV-Infizierten und an AIDS erkrankten im G-DRG-System nach wie vor unbefriedigend. Nach dem Abschlussbericht des InEK stellt die MDC 18A (HIV) mit einem R²-Wert von 0,25 das Schlusslicht aller MDCs dar. Trotz versuchter Verbesserung und Etablierung einer neuen operativen G-DRG, kam es sogar zu einer Reduktion des R²-Wertes von der G-DRG-Version 2006 zur Version 2007. Das Problem der Abbildung der HIV-Behandlung ist vielfältig. Eine ausführliche Beschreibung der Problematik und zum Teil weiterhin sinnvoller Anpassungsvorschläge findet sich in den Vorgutachten (z. B. Gutachten 2006: Kapitel 5.9.4.1.6). Zum einen handelt es sich bei HIV-Fällen um ein sehr heterogenes Fallkollektiv bei gleichzeitig geringen Fallzahlen und zum Teil sehr hohen Kosten. Erschwerend kommt hinzu, dass nicht alle Krankenhäuser, die sich auf die Behandlung von HIVInfizierten spezialisiert haben, an der G-DRG-Kostenkalkulation teilnehmen. Die dem InEK zur Verfügung stehenden Fallzahlen, lassen eine valide und über die Jahre halbwegs stabile Kalkulation von Bewertungsrelationen kaum zu. Krankenhäuser benötigen jedoch für ihre strategische Ausrichtung ein Mindestmaß an Planungssicherheit, die in diesem Bereich kaum gegeben ist. Ein anderes grundlegendes Problem ist die Abbildungsstruktur der HIV-Behandlung im G-DRG-Algorithmus. Hier ist insbesondere die aus dem Australischen AR-DRGSystem übernommene MDC-Zuordnung verantwortlich zu machen. Diese ist nicht in der Lage, zwischen der (hoch aufwändigen) Behandlung von Patienten, die aufgrund ihrer HIV-Erkrankung und/oder assoziierten Erkrankungen überwiegend in spezialisierte Krankenhäuser aufgenommen werden, und Fällen zu unterscheiden, bei denen die HIV-Erkrankung „lediglich“ eine komplexitätssteigernde Komponente eines Aufenthaltes darstellt, der aus einem HIV-unabhängigen Grund erfolgt. So werden z. B. Bypassoperationen und Herzkatheteruntersuchungen (bei einer KHK oder einem Herzinfarkt) bei HIV-positiven Patienten ebenso in der MDC 18A abgebildet wie Patienten in Spätstadien der AIDS-Erkrankung. Ein Blick in die Zuordnungstabellen zur MDC 18A verdeutlicht anschaulich wie wenig Bezug die MDC-Zuordnung zur Identifikation von aufwändigen Patienten beitragen kann. Andererseits zeigen die Fallzahlen (805 Inlier in der MDC, nur zwei von acht G-DRGs mit mehr als 100 Inliern kalkuliert, eine G-DRG S65A auf Basis von 23 Inliern kalkuliert), dass eine datengetriebene Anpassung der MDC-Zuordnung schwer möglich sein dürfte. Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 73 Prüf- und Anpassungsbedarf Empfehlung: Es sollten gänzlich neue Konzepte zur Abbildung dieser Leistungen überdacht werden. Auch wenn nicht alle von der Deutschen AIDS Gesellschaft geforderten Attribute in die Klassifikationssysteme (ICD-10-GM und OPS) übernommen wurden, ist es denkbar mit den vorhandenen Attributen bereits eine alternative Abbildung zu simulieren. Da bei HIV-Patienten im Spätstadium die Behandlung zunehmend durch die HIV-Infektion und die Immunschwäche-assoziierten Krankheiten bestimmt wird und die Behandlung überwiegend in spezialisierten Einrichtungen erfolgt, braucht auch nur für dieses Kollektiv eine Sonderlösung im G-DRG-Algorithmus gefunden werden. Nach den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) kann dabei eine Vielzahl von Erkrankungen zur stationären Aufnahme geführt haben. An diesen die MDCZuordnung zu verankern, ist daher nicht sinnvoll. Denkbar wäre eine Abbildung der HIV-Spätstadien (hinreichend identifizierbar über die ICD-Kategorien U60.-! und U61.-!) über eine prä-MDC-DRG. Sofern aufgrund der zu erwartenden Heterogenität der Kosten keine Bewertung möglich ist, kann die Finanzierung der wenigen zu erwartenden Fälle in Deutschland auch gut über eine Anlage-3a-G-DRG nach § 6 Abs. 1 KHEntgG erfolgen. Spezialkliniken könnten hier die Behandlung sichernde sachgerechte Tagessätze verhandeln. Alle anderen Fälle, die keine HIV-Hauptdiagnose besitzen, könnten über die entsprechenden G-DRGs der jeweiligen OrganMDCs abgebildet werden. Handelt es sich nicht um ein Spätstadium der HIVErkrankung, ist anzunehmen, dass im Regelfall die jeweilige, die Aufnahme veranlassende Diagnose den diagnostischen und therapeutischen Aufwand definiert. Die HIV-Erkrankung stellt in diesen Fälle meist eine erschwerende Komponente dar und kann – wo nicht über den PCCL möglich – als Attribut für einen DRG-Splitt verwendet werden. Dieses Modell findet sich bereits bei der Sectio (Basis-DRG O01) und den Suchterkrankungen (G-DRG V65Z). Die Fälle, die aufgrund der Hauptdiagnose HIV (ICD-10-GM Gruppe B20-B24) und frühem Krankheitsstadium in der MDC 18A übrig bleiben, müssten weiter analysiert werden. Nach DKR 0101f erhalten nur die Fälle eine HIV-Hauptdiagnose, die zur Behandlung der Grunderkrankung aufgenommen werden. Wenn dies so wäre und von einer hinreichenden Kodierqualität ausgegangen werden kann, könnte es sich um eine relativ kostenhomogene Restgruppe handeln. Andererseits werden möglicherweise auch Fälle aufgrund der in Deutschland noch obligaten Kreuz-Stern-Diagnosekombinationen auch bei anderen Aufnahmegründen mit einem HIV-Kode als Hauptdiagnose verschlüsselt. Letztlich könnte für die verbleibenden Fälle bei Aufrechterhaltung der MDC 18A dort eine Lösung gefunden werden. Ansonsten könnte durch Abbildung in einer weiteren eigenen Basis-DRG der prä-MDC die problematische MDC 18A gänzlich aufgelöst werden. 4.8.2.2 Neurologie / Neurochirurgie In der MDC 01 (Krankheiten und Störungen des Nervensystems) erfolgten für 2007 erneut umfassende Änderungen. Das Resultat ist ein äußerst komplexer Gruppierungsalgorithmus, bei dem auch die prä-MDC-Verarbeitung bei der Interpretation 74 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf berücksichtigt werden muss. Der Gruppierungsalgorithmus ist nicht mehr alleine mit dem Ablaufschema zu Beginn der MDC in den Handbüchern nachzuvollziehen. Es müssen dazu auch die expliziten (Basis-) DRG-Definitionen und Informationen an anderen Stellen der Handbücher herangezogen werden. Durch die splittgenaue Abfrage kommt es zur Streuung medizinischer Kollektive über eine Vielzahl von GDRGs, die wiederum unterschiedlichen Basis-DRGs zugeordnet sind. Auch wenn ein gewisses Maß an Komplexität im Hinblick auf Verteilungsgerechtigkeit akzeptiert werden muss, so blockiert diese eine sinnvolle Weiterentwicklung. Zur Abbildung von aufwändigen, insbesondere intensivmedizinisch betreuten Fällen sind in den letzen Jahren neben der reinen Beatmungszeit zahlreiche neue Attribute eingeführt worden. Langzeitbeatmete Schlaganfälle werden zum Beispiel (außer beim Vorliegen besonderer OPS) nicht mehr in den G-DRGs der prä-MDC abgebildet. Bis zum G-DRG-System 2006 wurden nicht operativ behandelte und über 177 Stunden beatmete Schlaganfälle in die hoch bewertete Basis-DRG B83 (Apoplexie mit Beatmung) gruppiert. 2007 sind in der MDC 01 (Krankheiten und Störungen des Nervensystems) neue gruppierungsrelevante Attribute eingeführt worden oder GDRGs neu konstruiert worden, die andere Attribute nutzen als Beatmungszeiten. Hierzu gehören die Basis-DRG B36, die als Zuordnungskriterium die intensivmedizinischen Aufwandspunkte (OPS 8-980) und die Basis-DRG B39 die als Zuordnungskriterium die Neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls (OPS 8981) in Zusammenhang mit bestimmten anderen OPS-Prozeduren nutzt. OPS der Kategorie 8-97a (Multimodale intensivmedizinische Überwachung und Behandlung bei zerebrovaskulären Vasospasmen), werden als Zuordnungskriterium für die BasisDRG B02 und die DRG-Splitts B20A/B/D sowie die G-DRG B70B, die OPS der Kategorien 8-98b (Andere neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls) und 8-97b (Multimodale intensivmedizinische Überwachung und Behandlung bei neuromuskulären Erkrankungen) sind bislang nicht gruppierungsrelevant. Generell ist es ungünstig, konkurrierende Attribute für die Gruppierung einzusetzen. Zur Abbildung von Struktur- und Prozessqualität im G-DRG-System werden zunehmend OPS für Komplexbehandlungen konzipiert und als Attribute für G-DRGDefinitionen verwendet. Die jeweiligen OPS-Komplexziffern sind dabei nicht eindeutig disjunkt. Erbrachte Leistungen können häufig über unterschiedliche OPS kodiert werden. Einzelnen Fachdisziplinen ist dabei nicht immer klar, welche OPS-Kodes für sie relevant sind und ob für die gleiche Leistung (z. B. intensivmedizinische Behandlung) mehrere OPS kodiert werden dürfen oder sogar müssen. Durch die stete Zunahme der Komplexität im G-DRG-System können die zur Abbildung verwendeten Attribute in Konflikt zu einander geraten, so dass die Entscheidung für die Kodierung eines von mehreren zur Verfügung stehenden OPS (neben der Gefahr der Mindervergütung durch Mehrleistung) direkt erlösrelevant werden kann. Analoge Probleme können im frührehabilitativen Bereich auftreten. Derzeit besteht konkret die Gefahr der Mindervergütung durch Mehrleistung bei langzeitbeatmeten Schlaganfällen aufgrund konkurrierender Abbildung in den Basis- Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 75 Prüf- und Anpassungsbedarf DRGs B83 beziehungsweise B36/B39. Eine Klarstellung der Kodierung und konsequente Sortierung der G-DRGs nach Bewertungsrelation ist unabdingbar. Ebenso produziert die prä-MDC-Umgehung für Schlaganfälle mit zunehmender Differenzierung des G-DRG-Systems wieder neue Probleme (z. B. Umgehung der prä-MDC-Lösung für Defibrillatoren) und ist daher als ungünstig zu werten. Das InEK hat angekündigt, dass die Zuordnung der Fälle zu den hoch bewerteten G-DRGs der prä-MDC in den nächsten G-DRG-Systemversionen ggf. von Beatmungszeiten auf die intensivmedizinischen Aufwandspunkte (OPS-Kategorie 8-980) umgestellt wird. Das InEK sollte daher prüfen, ob die Schlaganfälle nicht wieder die prä-MDC als Filter für besonders komplexe und aufwändige Fälle durchlaufen könnten. Inzwischen sind auch viele neue Attribute zur Differenzierung der Langzeitbeatmungs-DRGs eingeführt worden (Alter, SAPS, Prozedurenfunktionen, (hoch) komplexe Eingriffe), so dass eine Wiedereingliederung der Schlaganfälle ggf. bereits in die derzeitige Struktur möglich wäre. Die derzeitigen Splittkonstrukte der Basis-DRGs B70 (Apoplexie) und B69 (Transitorische ischämische Attacke (TIA) und extrakranielle Gefäßverschlüsse) sind noch nicht ausgereift. Mit zunehmender Datenqualität ist hier allerdings im Rahmen des lernenden Systems mit einer sachgerechten Abbildung zu rechnen.Auch 2007 sind wieder Kondensationen (B70E, B69C) eingeführt worden (s. auch Kapitel 4.7.2). Diese müssen einer kritischen Prüfung für 2008 unterzogen werden. Insbesondere Kondensationen die sich über PCCL-Werte bilden, sind aufgrund der nun zu erwartenden umfangreicheren Überarbeitung der CCL-Matrix und der zweijährigen Kalkulationslücke zu vermeiden. Die Neuropädiatrie ist über viele neue Alterssplitts ab 2007 sachgerechter abgebildet. Datenauswertung im Rahmen eines DRG-Evaluationsprojektes lassen viele sinnvolle Anpassungsmöglichkeiten für neurologische Fälle erkennen. Entsprechende Anpassungsvorschläge wurden fristgerecht beim InEK eingereicht. So erscheint neben der Schärfung der Basis-DRG-Definitionen die Berücksichtigung des Status epilepticus, der Erstmanifestation einer Multiplen Sklerose, des Stadiums einer Parkinsonerkrankung und spezieller infektiöser ZNS-Erkrankungen bei der Gruppierung in den jeweiligen Basis-DRGs sinnvoll. Ein typisches Beispiel für die Gefahren der Versorgungsqualität einer Finanzierung von Krankenhausleistungen unter DRG-Bedingungen zeigt sich an der Entwöhnungsbehandlung bei Kopfschmerzen wegen Medikamentenübergebrauch. Es handelt sich aufgrund niedriger stationärer Fallzahlen und relativ niedriger Gesamtkosten im Hinblick auf das Gesamtsystem (R²-Wert) nicht um ein prioritäres Problem bei der G-DRG-Anpassung. Nichtsdestotrotz besteht aufgrund gleichgerichtetem ökonomischen Interesses der Kostenträger und Krankenhäuser die Gefahr, dass diese Behandlung zukünftig nicht mehr (in neurologischen Kliniken) erfolgt oder nur noch mit den teureren Strukturen einer spezialisierten Schmerzklinik, die die Strukturen des OPS 8-918 (Multimodale Schmerztherapie) erfüllt. Derzeit werden 76 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf diese Fälle, deren Behandlung nach den Therapieempfehlungen der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) zwischen 10 und 14 Tagen Entwöhnung erfordert, in die G-DRG B77Z gruppiert. Deren mittlere Verweildauer beträgt 3,9 Tage, die obere Grenzverweildauer acht Tage. Insbesondere das Krankenhaus, aber auch die einzelne Krankenkasse aufgrund der Beteiligung über die Überliegerzuschläge, machen regelhaft Verluste mit dieser Behandlung. Eine „stille Rationierung“ ist zu befürchten, die in der Konsequenz zu deutlichen Mehrkosten durch häufigere Wiederaufnahmen, höhere Medikamentenkosten sowie Nebenwirkungen (z. B. Magen-Darm-Geschwüre) und Spätfolgen (Analgetikanephropathie, psychische Konsequenzen chronischer Schmerzen und des Arzneimittelabusus) führen kann. Die Abbildung Schlafmedizin, die von vielen neurologischen Kliniken betrieben wird, bedarf ebenfalls einer grundlegenden Anpassung. Schlafstörungen (mit Ausnahme des Schlafapnoesyndroms) werden verstreut über unspezifische G-DRGs abgebildet (RLS/PLMS in B67C/E, Narkolepsie in B81Z, alle weiteren Schlafstörungen in U64Z). Insbesondere die G-DRG U64Z (Angststörungen oder andere affektive und somatoforme Störungen) bereitet in der Schlafmedizin aufgrund der Bezeichnung immer wieder Probleme bei der Abrechnung mit Selbstzahlern. Weiterhin konnten für die bereits in den Vorgutachten (Gutachten 2006: Kapitel 5.9.4.1.7, 5.9.4.1.8, 5.9.4.1.9, 5.9.4.1.10, 5.9.4.1.11, 5.9.4.1.12, 4.3.1.2) erwähnten Problembereiche (Querschnittslähmungen/prä-MDC-DRG B61Z, somatische Ausschlussdiagnostik, Spezialkliniken, Frührehabilitation) noch keine langfristig befriedigenden Lösungen gefunden werden. 4.8.2.3 Hämatologie / Onkologie Anpassungsbedarf bei akuten myeloischen Leukämien Akute myeloische Leukämien werden trotz vergleichbarer Behandlungskonzepte und Behandlungskosten nicht konsequent der Basis-DRG R60 Akute myeloische Leukämie zugeordnet. So führt die akute Myeloische Leukämie (AML) FAB M6 (Akute Erythroleukämie, ICD C94.0-) in die Basis-DRG R63 (Andere akute Leukämien) und die AML M7 (Akute Megakaryoblastenleukämie, ICD C94.2-) in die Basis-DRG R61 (Lymphom und nicht akute Leukämie). Hieraus resultieren auf der DRG-Ebene Inhomogenitäten. Eine vergleichbare Problematik betrifft myelodysplastische Syndrome. Im Gegensatz zu den eben dargestellten akuten myeloischen Leukämien M6 und M7 werden bei myelodysplastischen Syndromen jedoch Behandlungskonzepte mit sehr unterschiedlichen Ressourcenaufwänden eingesetzt. Myelodysplastische Syndrome, die mit hochkomplexen Chemotherapien behandelt werden, sollten der Basis-DRG R60 zugeordnet werden. Zur Identifikation dieser sehr aufwändigen Diagnosegruppe sind zusätzlich zum Diagnose-Kode, die OPS-Kodes für hochkomplexe Chemotherapien Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 77 Prüf- und Anpassungsbedarf (8-544.0 und 8-544.1) heranzuziehen. Die übrigen Fälle mit myelodysplastischem Syndrom können in der Basis-DRG R61 verbleiben. Zusätzliche Differenzierungskriterien für solide Tumore Die DRG-Struktur für die konservative Therapie solider onkologischer Tumore berücksichtigt als Differenzierungsparameter in der Regel die Komorbidität der Patienten (PCCL) und die Verweildauer. Die sehr differenzierten Splittkriterien, die in den letzten Jahren für Leukämien und Lymphome etabliert wurde, werden für solide onkologische Tumore nicht angewendet. Im Rahmen der Weiterentwicklung des DRG-Systems sollte eine ausführliche Überprüfung weiterer Differenzierungskriterien für die konservative Therapie solider onkologischer Tumore durchgeführt werden. Hierbei sollten sowohl die bereits bestehenden Kriterien für Leukämien und Lymphome (z. B. unterschiedliche Komplexität der Chemotherapien) aber auch neue Ansätze berücksichtigt werden. Neue Differenzierungskriterien wären sowohl tumorspezifisch (z. B. Ernährung über Enterostomata bei HNO-Tumoren) als auch tumorübergreifend vorstellbar (z. B. Intensivmedizinische Komplexbehandlungen). In diesem Zusammenhang wurde durch die Fachgesellschaften bereits mehrfach auch auf die Basis-DRGs B66 und L62 aufmerksam gemacht. Bei beiden DRGs erfolgt keine Differenzierung in Abhängigkeit von der Dignität der Grunderkrankung, so dass maligne und benigne Erkrankungen in der gleichen DRG zusammengefasst werden. Darüber hinaus wird die DRG L62 als Z-DRG nicht weiter differenziert. Es erscheint zweifelhaft, dass bei der Therapie von Neubildungen der Harnorgane im Gegensatz zu allen anderen Körperregionen keinerlei Aufwandunterschiede hinsichtlich der Komorbidität der Patienten oder der Verweildauer bestehen sollen. Sinnvollerweise neu zu etablierende Zusatzentgelte Bei den Medikamenten, insbesondere in der Onkologie, ist eine erhebliche Dynamik bzgl. der Weiterentwicklung zu beobachten. Diese erfordert auch eine zeitnahe Berücksichtigung neuer therapuetischer Optionen im Zusatzentgeltsystem. Die neuen Substanzen finden in der Regel sehr schnell Einzug in die NUB-Vergütung und sollten dann bezüglich der Aufnahme in den bundesweiten Katalog geprüft werden. Von der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) werden die folgenden Wirkstoffe zur Überprüfung hinsichtlich der Einführung von Zusatzentgelten vorgeschlagen, die alle den NUB-Status 1 für 2007 vom InEK bekommen haben.): • Amphotericin B Lipidkomplex • Anidulafungin • Clofarabin • Decitabine • Lenalidomid • Nelarabin 78 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf • Palifermin • Posaconazol • Sorafenib • Sunitib In-vitro-Aufbereitung bei Stammzelltransplantation Bei Fallkonstellationen, bei denen eine in-vitro-Aufbereitung in einer Klinik stattfindet, welche selber nicht transplantiert, erfolgt aufgrund der Berücksichtigung der in-vitroAufbereitung in der Transplantations-DRG derzeit keine Refinanzierung der nicht unerheblichen Kosten der in-vitro-Aufbereitung. Das InEK sollte eine Prüfung dieses Sachverhaltes durchführen und eventuell die in-vitro-Aufbereitung in ein Zusatzentgelt auslagern. Teilstationäre onkologische Behandlung In vielen Krankenhäusern ist neben der vollstationären auch die teilstationäre Versorgung fester Bestandteil von Behandlungs- und Betreuungskonzepten für Patienten mit hämatoonkologischen Erkrankungen, wobei sich die teilstationäre Krankenhausbehandlung als eine fest verwurzelte Versorgungsform in Ergänzung zur vollstationären Behandlung etabliert hat. Im Rahmen der teilstationären onkologischen Krankenhausbehandlung werden komplexe Krankheitsbilder durch medizinische Maßnahmen versorgt, die grundsätzlich die Infrastruktur und die Ressourcen eines Krankenhauses, jedoch keine Übernachtung des Patienten erfordern. Das teilstationäre Behandlungskonzept ist zumeist auf eine Intervallbehandlung ausgerichtet. Dies bedeutet grundsätzlich eine mehrtägige Behandlung (z. B. vorgegeben durch ein spezielles Chemotherapie-Protokoll), welches tageweise unterbrochen wird. Diese Unterbrechung ist auch im Sinne der Patienten, da eine zwischenzeitliche, medizinisch nicht notwendige Hospitalisierung vermieden wird. Aus diesem Grund stellt die teilstationäre Krankenhausbehandlung einen wichtigen Eckpfeiler der onkologischen Patientenversorgung dar. Teilstationäre onkologische Leistungen sind sowohl medizinisch als auch bezogen auf den ökonomischen Aufwand sehr heterogen. Die gegenwärtigen Vergütungsstrukturen führen aufgrund der Therapie mit sehr teuren Arzneimitteln und Blutprodukten häufig nicht zu einer sachgerechten Leistungsabbildung. Die Umsetzung der in der Gesetzgebung geforderten Entwicklung teilstationärer Vergütungselemente innerhalb des DRG-Systems in Anlehnung an die vollstationären DRGs ist bisher nicht gelungen. Wesentliche Ursache hierfür ist laut Abschlussbericht des InEK eine unzureichende Datengrundlage. Die Umwandlung der zu Abrechnungszwecken in den Krankenhäusern quartalsweise geführten teilstationären Fälle in kontaktbezogene Datensätze ist häufig mit einem signifikanten inhaltlichen Qualitätsverlust verbunden, die wiederum die Kalkulationen des InEK deutlich erschweren. Darüber hinaus stehen dem InEK nur zum Teil Informationen zu Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 79 Prüf- und Anpassungsbedarf Art und Dosierung der im Rahmen der teilstationären onkologischen Behandlung verwendeten Arzneimittel und Blutprodukte zur Verfügung. Ein Abgleich der erheblichen Kostenvariabilität der teilstationären onkologischen Fälle mit dem Einsatz hochpreisiger Arzneimittel und Blutprodukte ist daher nicht in dem gebotenen Umfang möglich. Die erhebliche Variabilität der teilstationären Behandlungskosten beruht im Wesentlichen auf äußerst heterogenen Arzneimittelkosten. Es sollten teilstationäre DRGs zur Behandlung hämatoonkologischer Fallkonstellationen gebildet werden, die den Standard-Basisaufwand der behandelten Fälle abbilden – teure Arzneimittel und Blutprodukte sollten in Anlehnung an den vollstationären Bereich über Zusatzentgelte additiv vergütet werden. Für „teilstationäre“ Zusatzentgelte können allerdings nicht die bisher definierten Dosisklassen zur Anwendung kommen. Die in der teilstationären Behandlung applizierten Dosen müssen die Grundlage für die Kalkulation bilden. Die für die Bildung und Kalkulation teilstationärer onkologischer DRGs notwendigen Informationen müssen im Rahmen einer ergänzenden Datenlieferung gewonnen werden, da sie in den Krankenhausinformationssystemen nicht in der benötigten Form vorliegen. 4.8.2.4 Strahlentherapie Die Strahlentherapie ist auch weiterhin für den Großteil der Krankenhausbehandlungen differenziert abgebildet. Es verbleiben aber Probleme in der Darstellung von Spezialtherapien, die vor allem Maximalversorger und hoch spezialisierte Strahlentherapiezentren betreffen. Es ist festzustellen dass mit den bisherigen Kalkulationsdaten diese Problematik nicht befriedigend gelöst werden konnte. Daher wird empfohlen, die Empfehlungen für die Kalkulation im Hinblick auf die Strahlentherapie zu überarbeiten und die Kalkulationsdaten auch einer strengen Plausibilisierung zu unterziehen. Probleme entstehen durch die Abbildung der Mehrfachleistung bei operativen Eingriffen im gleichen Aufenthalt. Durch die jährlich wechselnde Sortierung des Abfragealgorithmus kann keine stabile und sachgerechte Finanzierung entstehen (s. auch Kapitel 4.7.3.3). Es sollte daher nochmals alternativ die Etablierung eines Zusatzentgeltes zur Abbildung der strahlentherapeutischen Leistung erwogen werden. Dabei könnte eine Vielzahl von G-DRGs eingespart und die Komplexität des Gesamtsystems deutlich reduziert werden. Neuere Entwicklungen der Strahlentherapie lassen die ökonomische Differenzierung der Therapieformen in Zukunft erforderlich erscheinen. Hier sind die Therapien mit Protonen oder schweren Teilchen zu nennen und die intensitätsmodulierte Strahlentherapie. Für die intensitätsmodulierten Strahlentherapie ist ein Prozedurenkode eingeführt worden. Um eine zeitnahe Abbildung dieser Technik zu ermöglichen, sind 80 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf erforderliche ergänzende Datenlieferungen zu ermöglichen. In naher Zukunft ist auch die Etablierung der Protonentherapie zu erwarten. Um diese Entwicklung gegebenenfalls auch kalkulatorisch frühzeitig aufzugreifen, ist die Einführung eines OPSKodes für diese Therapieform zu empfehlen. 4.8.2.5 Spezialverfahren: Brachytherapie und Stereotaxie Die Problematik der Brachytherapie-Kalkulation besteht, wie im Vorgutachten 2005 beschrieben, weiterhin (s. Kapitel 6.14.7.8). Insbesondere komplexe Brachytherapiebehandlungen sind bisher nicht adäquat abgebildet. Dies betrifft einige spezialisierte Zentren, die diese Behandlungen in relevanter Anzahl durchführen. Ursache der fehlenden Abbildung ist am ehesten die mangelnde Teilnahme dieser Zentren an der Kalkulation. Vergleichbar ist die Situation für stereotaktische Therapieverfahren, die bisher nicht in ausreichender Anzahl und Datenqualität in die Kalkulation eingebracht wurden (s. auch Vorgutachten 2005 Kapitel 6.14.7.9). Es wird empfohlen, die Daten einer strengen Plausibilitätsprüfung zu unterziehen oder ggf. erforderliche ergänzende Datenlieferungen zu ermöglichen. Eine befriedigende Lösung der Problematik wäre am wahrscheinlichsten durch die Teilnahme der betroffenen Krankenhäuser am Kalkulationsverfahren zu erwarten. 4.8.2.6 Palliativmedizin Durch die Berücksichtigung der Palliativmedizin als Besondere Einrichtung und die Einführung des Zusatzentgeltes ZE60 für 2007 sind die deutlichen Schwächen bei der DRG-Abbildung der Palliativmedizin zunächst abgefangen. Generell müssen jedoch die Anreize, die durch eine pauschalierende Vergütung palliativmedizinischer Leistungen gesetzt werden, hinterfragt werden (s. auch Kapitel 3.4.5). Die palliativmedizinische Betreuung ist eine politisch gewollte Behandlungsform. Daher ist zumindest eine Differenzierung des Zusatzentgeltes nach den im OPS (Kategorie 8982) vorgegebenen Verweildauerwerten anzustreben. Anderenfalls besteht die Gefahr einer stillen Rationierung in diesem ethisch sensiblen Bereich. 4.8.2.7 Intensivtherapie Die Bedeutung der Intensivmedizinischen Komplexbehandlung hat im G-DRGSystem seit der Möglichkeit ihrer Erfassung durch die entsprechenden OPS-Kodes (Kategorie 8-980) seit 2005 sukzessive zugenommen. Mit dem G-DRG-System 2006 konnte die Intensivmedizinische Komplexbehandlung erstmals als Gruppierungsvariable etabliert werden und besaß in dieser Version – ab 1.105 Aufwandspunkten – innerhalb von vier Langzeitbeatmungs-DRGs sowie drei Nicht-Langzeitbeatmungs-DRGs der Organ-MDCs 05, 06 und 21A Gruppierungsrelevanz. Im G-DRG-System 2007 ist die Intensivmedizinische Komplexbehandlung sowohl innerhalb der Prä-MDC – mit einer zusätzlichen Berücksichtigung in den drei Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 81 Prüf- und Anpassungsbedarf Basis-DRGs als auch innerhalb der organsystembezogenen MDCs – mit zehn statt bisher drei DRGs – erweitert worden. Darüber hinaus wurde die Einstiegsschwelle, ab der die intensivmedizinischen Aufwandspunkte für die Gruppierung relevant sein können, auf 553 Punkte gesenkt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die G-DRGs B36A und B – im Gegensatz zu den anderen intensivmedizinischen G-DRGs innerhalb der Organ-MDCs – überwiegend langzeitbeatmete Schlaganfallpatienten abbilden, die die Prä-MDC-Verarbeitung umgehen. Auch die G-DRG W36Z kann Fälle mit Beatmungszeiten bis 499h enthalten. Seit 2005 spielt die Funktion „komplizierende Prozeduren“ – damals ursprünglich vor allem als Hilfskonstrukt für die noch fehlende Intensivmedizinische Komplexbehandlung eingeführt – als Splittkriterium im Fallpauschalensystem eine Rolle. Im GDRG-System 2007 hat die Bedeutung weiter zugenommen. Mit den Kalkulationsdaten des Jahres 2006 erhält das InEK Zugang zu Angaben in Bezug auf die Intensivmedizinische Komplexbehandlung, die im betreffenden Jahr bereits gruppierungsrelevant waren. Die Intensivmedizinische Komplexbehandlung muss hinsichtlich ihrer Tauglichkeit als kostenerklärende Variable im InEK weiterhin analysiert und ggf. im DRG-Algorithmus weiter verstärkt berücksichtigt werden. Beatmungszeiten von Patienten, die sich – wie sich in den letzten Jahren gezeigt hat – als alleiniger Parameter wie mehrzeitige Eingriffe, PCCL-Wert, Alter der Patienten u.ä. zur Differenzierung des Behandlungsaufwandes von Fällen auf der Intensivstation nicht eignen, könnten ihre Bedeutung innerhalb des DRG-Systems teilweise verlieren bzw. erst auf zweiter Ebene neben weiteren Parametern nach/hinter der Berücksichtigung von Aufwandspunkten der Intensivmedizinischen Komplexbehandlung eine Rolle spielen. Würde das Zuordnungskriterium der Beatmungsdauer durch die Intensivmedizinische Komplexbehandlung als maßgebliches Gruppierungsmerkmal abgelöst, wäre zu klären, ob die Berücksichtigung der Intensivmedizinischen Komplexbehandlung innerhalb der Organ-MDCs weiterhin notwendig ist. Im G-DRG-System 2007 existiert für diese G-DRGs keine weitere Differenzierung, z. B. nach operierten oder nicht operierten Patienten. Es ist zu prüfen, ob die intensivmedizinische Komplexbehandlung so kostenaufwändig ist, dass die operative Therapie selbst oder andere derzeit gruppierungsrelevante Variablen tatsächlich als kostenbestimmender Faktor in den Hintergrund treten. Mit der Intensivmedizinischen Komplexbehandlung (8-980.-), der Neurologischen Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls (8-981.-), der Multimodalen Intensivmedizinischen Überwachung und Behandlung bei zerebrovaskulären Vasospasmen (8-97a.-) etc. existieren im G-DRG-System 2007 zahlreiche gruppierungsrelevante Komplexbehandlungen, die nicht eindeutig disjunkt sind. Erbrachte Leistungen können häufig über unterschiedliche OPS kodiert werden, da die jeweiligen Strukturkriterien und Mindestmerkmale erfüllt sind. Entscheidungen für die Kodierung eines OPS können dabei direkt erlösrelevant werden. Es muss im OPS hinsichtlich dieses Problems eine eindeutige Lösung gefunden werden. 82 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf 4.8.2.8 Multiresistente Erreger (MRE) Für 2007 ist erstmalig eine Abbildung des Mehraufwands durch Isolierung für Patienten mit multiresistenten Erregern (MRE) in spezifischen G-DRGs gelungen. Wie bei anderen Komplexbehandlungen auch, musste eine Abwägung getroffen werden, welches Attribut als primäres Zuordnungskriterium verwendet wird. Abhängig von der Positionierung im Abfragealgorithmus werden nun Fälle mit unterschiedlichen Behandlungsinhalten überwiegend alleinig anhand der MRE-Komplexbehandlung (OPS-Kategorie 8-987) zusammengefasst. Dies geschieht unter der Prämisse, dass die Komplexbehandlung der kostenbestimmende Faktor ist. Bei Fällen, die aufgrund der Sortierung im Abfragealgorithmus von anderen G-DRGs vorher abgefangen werden, erfolgt die Berücksichtigung von multiresistenten Erregern derzeit nur über den PCCL. Ausgehend von dieser ersten Abbildung ist bei einer zunehmend besseren Kodierqualität eine differenziertere Abbildung ab 2009 denkbar. Für 2008 wird dies voraussichtlich noch nicht möglich sein, da aufgrund der erheblichen Dokumentationsanforderungen für die OPS-Kategorie 8-987 eventuell noch nicht alle Krankenhäuser 2006 die umfassende Kodierung praktiziert haben. Aufgrund des Charakters einer „Add-on-Leistung“ ist in Hinblick auf die in Kapitel 4.7 erwähnten Migrations- und Homogenitätsprobleme, die Etablierung eines Zusatzentgeltes zu erwägen. Derzeit findet auf OPS-Ebene keine Differenzierung zwischen unterschiedlichen MRE statt. Der Aufwand, der für die einzelnen Erregertypen betrieben wird, unterscheidet sich allerdings deutlich. Während Fälle mit multi-(methicillin-) resistenten Staphylokokken (MRSA) zusätzlich zur Isolation in der Regel auch saniert werden, trifft dies z. B. auf Vancomycin-resistente Enterokokken nicht zu. Fallzahlmäßig dominieren MRSA, dennoch ist einer „Schärfung“ der OPS- und ggf. resultierend der DRG-Abbildung anzustreben. 4.8.2.9 Kinder- und Jugendmedizin Mit der Version 2007 des G-DRG-Systems wurden nach Angaben des InEK 154 neue DRGs mit Kinder-Alterssplitts eingeführt. Dies war notwendig, da die Verkürzung der Verweildauer bei Erwachsenen zu einer Reduktion der Kosten führte und sich damit in einem Teil der gemischten Fallgruppen die aufwändigere Behandlung von Kindern kostenintensiver darstellte als die der Erwachsenen in derselben Fallgruppe. Dies war in den Vorjahren nicht der Fall, da der höhere Aufwand bei Kindern durch eine längere Verweildauer bei den Erwachsenen kompensiert wurde und die Gesamtkosten sich daher nicht signifikant unterschieden. Mit den aktuellen Anpassungen folgt das System den Veränderungen. Gleichzeitig nimmt auch die Transparenz bezüglich pädiatrischer Leistungen und Behandlungsinhalte zu, da die Fälle von Kindern und Jugendlichen, die bisher häufig nur einen kleinen Anteil des Gesamtkollektivs einer DRG ausmachten, demaskiert werden. Die Entwicklungen der nun eindeutig identifizierbaren pädiatrischen Fallkollektive sind Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 83 Prüf- und Anpassungsbedarf anhand der Kalkulationsdaten besonders genau zu beobachten. Der von den Pädiatern beklagte höhere Aufwand an ärztlicher, pflegerischer und sozialer Betreuung von Kindern und Jugendlichen, der zu unter Umständen erheblichen personellen und technischen Mehrkosten führt, kann spezifisch ausgewiesen und analysiert werden. Gleiches gilt für die vermutlich im Vergleich zu den Erwachsenen unterschiedlichen Verweildauern. Die Situation allein stehender Kinderkliniken wird sich voraussichtlich durch die bessere Abbildung der pädiatrischen Fallkollektive verbessern. Dennoch müssen weiterhin andere Finanzierungskomponenten und die Sonderstellung dieser Fachkliniken als ‚Besondere Einrichtungen’ diskutiert werden, wenn diese häufig sehr kleinen Krankenhäuser in der Versorgungslandschaft erhalten bleiben sollten (siehe auch Kapitel 3). 4.8.2.10 Neonatologie Mit dem Wechsel von Version 2006 zu 2007 des DRG-Systems wurden in der MDC 15 lediglich vereinzelt Splittkriterien, insbesondere bezüglich der Beatmungsdauer, verändert, bei einigen DRGs sind im Vergleich zu den Vorsystemen deutlich abweichende Bewertungsrelationen auffällig. Die „Fehler-DRG“ 963Z (Neonatale Diagnose unvereinbar mit Alter oder Gewicht) sammelt Fälle, bei denen die kodierte Hauptdiagnose nach Definition nicht mit dem Patientenalter vereinbar ist. Die Liste der definierten Hauptdiagnosen umfasst eine große Zahl von Diagnosen aus dem Kapitel XVI (Bestimmte Zustände, die ihren Ursprung in der Perinatalperiode haben) und ist für das System 2007 weitgehend übernommen worden. Eine Trennung von korrekt kodierten und unplausiblen Fällen ist hier nicht zu erwarten. Es wird empfohlen, die Fälle dieser Fehler-DRG nochmals genau zu prüfen und eine differenzierte Abbildung der Fälle herbeizuführen. Wie in den Vorjahren empfohlen, sollte die Situation der neonatologischen Abteilungen jährlich genau analysiert und die Einteilung anhand von Gewichtsklassen wie auch die Pauschalierung prinzipiell kritisch geprüft werden. Dies betrifft insbesondere Frühgeborene mit besonders niedrigen Geburtsgewichten, bei denen der rasante medizinische Fortschritt und die Variabilität der Behandlungsleistungen berücksichtigt werden müssen. 4.8.2.11 Organtransplantationsleistungen Für die Abbildung der Transplantationsmedizin im G-DRG-System haben sich seit dem Jahr 2004 etliche Veränderungen ergeben, die zum Teil die in Gutachten der vergangenen Jahre gegebenen Empfehlungen aufgreifen. So wurden im G-DRGSystem 2007 Transplantationen aus der G-DRG B61Z ausgenommen. Trotz der insgesamt erheblichen Verbesserungen sind die Transplantationsleistungen auch im DRG-System 2007 noch nicht sachgerecht abgebildet, was auf die Komplexität der 84 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf Leistungserbringung zurückzuführen ist. Organtransplantationen erfordern umfangreiche und aufwändige Vorbereitungen. Der postoperative Verlauf und die Weiterbehandlung der Patienten nach Entlassung aus dem Krankenhaus sind geprägt von unterschiedlichen Verlaufsmustern und teilweise wiederholten Wiederaufnahmen. Während sich die eigentlichen Transplantationsaufenthalte zur Transplantation solider Organe in Grenzen pauschalieren lassen, gilt dies für die Vorbereitung der Patienten zur Transplantation, aber auch für die Weiterbehandlung nach Transplantationen nicht. 4.8.2.11.1 Multiorgantransplantationen Transplantationen bestimmter Organkombinationen in einem Aufenthalt werden im G-DRG-System 2007 nicht adäquat abgebildet. So werden parallel zu einer Lebertransplantation erbrachte Transplantationen von Pankreas und/oder Dünndarm im G-DRG-System 2007 nicht berücksichtigt, diese Patienten werden über die GDRGs für die Lebertransplantation abgerechnet. Zwar handelt es sich hier bundesweit nur um wenige Fälle, diese verursachen aber einen extrem gesteigerten Mehraufwand gegenüber den isolierten Lebertransplantationen. Ob sich diese seltenen Fälle überhaupt pauschalieren lassen, muss durch Analyse der Einzelfälle geprüft werden. Wahrscheinlich ist auch für diese Fälle eine Herausnahme aus dem G-DRGSystem durch Schaffung unbewerteter G-DRGs (Anlage 3a FPV) notwendig. Eine alternative Abbildung dieser Fälle durch Erweiterung der Definition der individuell zu vereinbarenden G-DRG A16A (Transplantation von Darm oder Pankreas) erscheint grundsätzlich möglich, würde aber zu einer weiteren Inhomogenität des in dieser GDRG abgebildeten Patientenspektrums führen. Auch wäre diese G-DRG dann in der Abfragehierarchie vor den G-DRGs für isolierte Lebertransplantationen zu positionieren. Ob sich diese Analyse rein anhand der dem InEK vorliegenden Kostendaten durchführen lässt, erscheint fraglich. Ggf. ist hierzu eine normative Änderung erforderlich. 4.8.2.11.2 Durchgehende stationäre Behandlung vor Transplantation Trotz der Einführung der Evaluations-DRGs und der G-DRGs für einen längeren stationären Aufenthalt vor Transplantation besteht die Problematik der nicht sachgerechten Abbildung einer durchgehenden Hospitalisierung vor der Transplantation fort, diese ist im Vorgutachten 2006 ausführlich beschrieben (Kapitel 5.9.4.10, Seiten 186f). Im G-DRG-System 2007 wurde die G-DRG A67Z (Längerer stationärer Aufenthalt vor Transplantationen) (außer Herztransplantation) für einen mindestens 30 Tage dauernden Aufenthalt vor Transplantation geschaffen. Diese G-DRG wird aber nur dann erreicht, wenn im gleichen Aufenthalt die Evaluation zur Transplantation, die Transplantation selbst jedoch nicht im gleichen Aufenthalt erfolgt. Hierfür wurde der OPS 8-97c (Stationäre Behandlung bei erfolgter Aufnahme auf die Warteliste zur Organtransplantation) neu geschaffen. Diese G-DRG kommt daher also nur für Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 85 Prüf- und Anpassungsbedarf Patienten in Betracht, die trotz Listung mit hoher Dringlichkeit auf der Warteliste versterben oder aber für Patienten, die in einem anderen, mit einem Transplantationszentrum kooperierenden Krankenhaus auf ein Organ warten. Für Patienten, die bereits zuvor evaluiert und auf die Warteliste aufgenommen wurden und dann z. B. aufgrund einer akuten Verschlechterung der Organfunktion stationär aufgenommen werden müssen, kommen die G-DRGs E37Z, F37Z und H37Z in Betracht. Der Aufwand für Patienten, die im gleichen Krankenhaus nach längerer Wartezeit transplantiert werden, wird weiterhin nur über die ggf. anfallenden LangliegerZuschläge der Transplantations-DRGs und ggf. über Zusatzentgelte z. B. für mechanische Herzunterstützungssysteme („Kunstherz“) oder für eine Leberdialyse abgebildet. Dass dieses sachgerecht ist, erscheint zweifelhaft. Möglich wäre eine administrative Trennung der Fälle in einen Aufenthalt vor der Transplantation und einen Transplantationsaufenthalt. Es wäre zu erwägen, die durch den neuen OPS-Kode identifizierten Fälle 2006 und 2007 in eine eigene GDRG zu führen, für die individuelle Entgelte zu vereinbaren sind, bis ausreichende Kalkulationsdaten für bundesweit zu bewertende G-DRGs vorliegen. Bei dieser Lösung würde die bisherige Abrechnungslogik (ein Fall = eine DRG) aufgehoben. Dies erscheint aber tolerabel, da das auftrennende Kriterium (Durchführung der Transplantation) nicht manipuliert werden kann. 4.8.2.11.3 Aufenthalte nach Organtransplantation Die im Vorgutachten ausführlich beschriebenen Probleme der Abbildung von Aufenthalten nach dem Transplantationsaufenthalt aufgrund von Komplikationen oder notwendiger Kontrollen bestehen fort. Diese sind im Vorgutachten 2006 im Kapitel 5.9.4.10, Seiten 186ff. beschrieben. 4.8.2.11.4 Vorhaltekosten in Transplantationszentren In einem Transplantationszentrum wird eine besondere Ausrüstung und besonders ausgebildetes Personal vorgehalten. Inwieweit diese Vorhaltung durch Transplantationen genutzt wird, ist stark von Bedarf und vor allem von der Verfügbarkeit von Organen abhängig. Da diese Faktoren nicht vom Krankenhaus beeinflusst werden können, ist es fraglich, ob Transplantationszentren generell komplett fallbezogen finanziert werden können. Wahrscheinlich bedarf es einer zusätzlichen Finanzierung. Das 2. FPÄndG ermöglicht es den Vertragsparteien, auf lokaler Ebene Zu- und Abschläge für die besonderen Aufgaben von Zentren und Schwerpunkten zu vereinbaren, sofern es auf Landesebene nicht zu einer Einigung gekommen ist. Auf diesem Wege könnten die außergewöhnlich hohen Vorhaltekosten eines Transplantationszentrums alternativ vergütet werden. 86 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf Empfehlungen: • Die Abbildung seltener Kombinationen von Organtransplantationen, z. B. Leber und Dünndarm oder Leber und Pankreas, ist sorgfältig zu analysieren. Vermutlich ist eine Herausnahme aus dem G-DRG-System durch Bildung neuer unbewerteter DRGs oder durch Nutzung der vorhandenen unbewerteten G-DRG A16A erforderlich. • Zur Klärung der o. a. Fragen sollte eine differenzierte Aufwandsanalyse der einzelnen Episoden der Gesamtbehandlung erfolgen. Diese ist aber trotz der bestehenden Kodes zur besseren Identifizierung unterschiedlicher Fallgruppen nicht auf Basis der Kalkulationsdaten durchführbar, da diese Datenbasis keine Zusammenfassung der Episoden zur Gesamtbehandlung eines Patienten erlaubt. Es ist ein gesondertes Forschungsprojekt unter Einbeziehung von verschiedenen Transplantationszentren zur Untersuchung dieser Problematik zu empfehlen. Alternativ können auch schon zeitnah ergänzende Datenlieferungen zu den aktuell kalkulierten Fällen Informationsdefizite reduzieren und damit die Möglichkeit einer Verkürzung der Anpassungsphase eröffnen. Folgende Fallkonstellationen sollten im Rahmen der Prüfung auch hinsichtlich einer Abbildung in eigenen G-DRGs besonders analysiert werden: - Fälle, die vor der Transplantation mehr als 1 Tag hospitalisiert werden. - Fälle, die nach dem Transplantationsaufenthalt erneut stationär behandelt werden mussten. • Bildung einer neuen G-DRG für präoperativ behandelte Transplantationsfälle, für die krankenhausindividuelle Entgelte zu vereinbaren sind. • Ggf. Erweiterung der Zuordnung zu G-DRGs für Evaluationsaufenthalte vor Transplantation um Fälle, die trotz vollständiger Evaluation nicht auf eine Warteliste aufgenommen werden, sowie um Fälle mit Re-Evaluationen. • Operationalisierte Differenzierung zwischen Funktionsverschlechterung und Abstoßung innerhalb der ICD-Kategorie T86.-. oder Festlegung der Kodierung der ICD-Kodes T86.-- in Form einer Kodierrichtlinie. Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 87 Prüf- und Anpassungsbedarf • Entsprechende Differenzierung der Basis-DRG A60 (Alternativ: Einführung der T86er-Kodes für die Abstoßung als Splittkriterium für bestimmte DRGs, bei denen sie häufig als Nebendiagnose verwendet werden). Die Einführung von spezifischen G-DRGs für eine über das Maß der jetzt bereits existierenden, transplantationsspezifischen Infektions-DRGs (komplexe Atemwegsinfekte, septische Krankheitsbilder) erscheint nicht sinnvoll. Es sollte vielmehr überprüft werden, ob eine Homogenität der verschiedenen, bis jetzt nicht berücksichtigten Infektionen besteht und diese in einer DRG zusammengefasst werden können. • Unter Berücksichtung der dargestellten Fallkonstellationen sollten im Rahmen von besonderen Analysen die in speziellen Transplantationszentren vorgehaltenen Versorgungsstrukturen und die dadurch verursachten Kosten untersucht werden. Inwieweit sich diese Vorhaltungen alleinig über Fälle auslasten und refinanzieren lassen, hängt von vielen Faktoren, maßgeblich aber von der Organverfügbarkeit ab. Sollte eine sachgerechte Finanzierung der Leistungen von Transplantationszentren über DRG-Pauschalen zunächst nicht möglich sein, ist zu prüfen, ob diese in organisatorisch abgegrenzten Bereichen (Transplantationszentren) vorübergehend alternativ finanziert werden müssen. Möglich wäre die Schaffung einer alternativen Finanzierungsmöglichkeit der außergewöhnlich hohen Vorhaltekosten eines Transplantationszentrums durch generelle Verhandlungsmöglichkeit nach § 17 b Abs. 1 Satz 4 KHG auf lokaler Ebene, wobei die Bewertung der Vorhaltung problembehaftet sein dürfte. 4.8.2.12 Unfallchirurgie / Orthopädie Eingriffe an mehreren Lokalisationen Seit 2006 existiert die DRG-Funktion „Eingriffe an mehreren Lokalisationen“. Zur Bildung „belastbarer“ DRG-Splitts wird diese Funktion nur dann berücksichtigt, wenn die Eingriffe nicht an unmittelbar benachbarten Lokalisationen durchgeführt wurden (z. B. Hüftgelenk und Becken). Durch diese Struktur wird eine Reihe von Mehrfacheingriffen nicht sachgerecht berücksichtigt. Eine leistungsgerechte Balance zwischen ressourcenaufwändigen Mehrfacheingriffen und „banalen“ Leistungserweiterungen an benachbarten Lokalisationen wurde noch nicht erreicht. Aufgrund einer stetigen Verbesserung der Datenqualität der InEK-Kalkulationsstichprobe ist eine regelmäßige Neubewertung der Notwendigkeit des Ausschlusskriteriums „unmittelbar benachbarte Lokalisation“ erforderlich. Hüft-Endoprothetik und zusätzliche operative Eingriffe Die Falldefinition der G-DRG I08A (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur) wurde um Fallkonstellationen mit einer Erstimplantation einer Hüft-TEP und zusätzlichen Eingriffen an der oberen Extremität oder an der Wirbelsäule während des gleichen 88 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf stationären Aufenthaltes erweitert. Die Systemversion 2006 berücksichtigte diese kombinierten Eingriffe nicht, die z. B. aufgrund traumatischer Ursachen nicht selten sind, obwohl ein erhöhter operativer Aufwand resultiert und die Rehabilitation der Patienten deutlich erschwert sein kann und längere Verweildauern resultieren können. Unverständlich ist jedoch die Beschränkung auf TEP-Erstimplantationen. Die Grenzen dieser neuen DRG-Struktur werden sehr schnell deutlich, wenn keine HüftTEP-Erstimplantation, sondern ein Prothesenwechsel durchgeführt wird. Sofern relevante Komorbiditäten nicht vorhanden sind, führt diese Fallkonstellation sowohl bei einem Gruppierungsvergleich 2006 vs. 2007 als auch bei einem Gruppierungsvergleich zwischen TEP-Wechsel und TEP-Erstimplantation innerhalb der Systemversion 2007 zu einer nicht sachgerechten DRG-Eingruppierung verbunden mit einer Reduktion des DRG-Erlöses. Es ist erforderlich, die relevanten OPS-Kodes für TEPWechsel in die Falldefinition der G-DRG I08A aufzunehmen. 4.8.2.13 Polytrauma Für die MDC 21A gab es von 2006 nach 2007 keine relevanten Veränderungen. Dies besagt nicht, dass in dieser MDC abschließend eine sach- und leistungsgerechte Abbildungsqualität vorhanden wäre. Weiterhin besteht aus Sicht der beteiligten Fachgesellschaften ein nicht unerheblicher Anpassungsbedarf. Dies betrifft im Wesentlichen eine bis heute nicht ausreichend vorhandene „Definition“ des Begriffs Polytrauma im Sinne der MDC-Zuordnung. Die Fachgesellschaften halten in diesem Zusammenhang auch eine Berücksichtigung der Verletzungsschwere als Parameter für den Ressourcenaufwand für notwendig. Dies könnte z. B. in Form eines OPSKomplex-Kodes geschehen, in dessen inhaltlicher Ausgestaltung auch die Intensivmedizinische Komplexbehandlung einbezogen werden sollte. 4.8.2.14 Schwer Brandverletzte Die in den Vorgutachten beschriebenen grundsätzlichen Probleme bei der Abbildung schwer Brandverletzter bestehen fort (s. z. B. Gutachten 2006: Kapitel 5.9.4.5). Abhängig vom Ausmaß der Verbrennungen und Begleiterkrankungen verursachen diese Patienten einen extrem variablen Aufwand. Bei der Vergütung dieser in den wenigen speziellen Einrichtungen behandelten Patienten müssen auch die Vorhaltekosten berücksichtigt werden (s. auch Kapitel 3.4.3). Auch wenn der Forderung nach einer Herausnahme der Schwerbrandverletzten aus der DRG-basierten Finanzierung und der grundsätzlichen Klassifizierung von Verbrennungsbetten vorhaltende Abteilungen als Besondere Einrichtungen auch für 2007 nicht bzw. noch nicht aufgegriffen wurde, besteht dennoch mit der individuellen Vergütungsmöglichkeit eine de-facto-Herausnahme aus der DRG-Vergütung zumindest für die Fallgruppen in den nicht bewerteten DRGs. Damit können die Vergütungen für die Behandlung dieser Patienten unter Berücksichtigung der vor Ort tatsächlich anfallenden Kosten leistungsgerecht vereinbart werden. Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 89 Prüf- und Anpassungsbedarf Empfehlung: Bei einer insgesamt kleinen Fallzahl sind die ärztlichen und pflegerischen, aber auch frührehabilitativen Aufwände erheblich und über ein pauschalierendes System nicht sachgerecht abbildbar. Organisatorisch abgrenzbare Bereiche zur Behandlung schwer Brandverletzter sollten zunächst nicht über DRGs finanziert werden. Die Budgets sind aus dem DRG-Budget zu isolieren und gesondert unter Berücksichtigung der Vorhaltung und der erbrachten Leistungen zu verhandeln. Diese Abteilungen können nicht in eine wettbewerbsorientierte Struktur und Finanzierung überführt werden. Hier muss eine Refinanzierung der notwendigen Kosten für die Vorhaltung und Behandlung erfolgen. 4.8.2.15 Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie Obwohl begrüßenswerte Neuerungen für sehr spezielle Fallgruppen der HNOHeilkunde im G-DRG-System 2007 etabliert wurden, bleibt weiterhin ein wesentlicher Problembereich ungelöst. Dies betrifft die Wertung von diagnostischen Endoskopien mit starren Instrumenten als nicht-operativen Eingriff. Im Gegensatz zu den flexiblen Endoskopien der Gastroenterologie werden starre diagnostische Endoskopien der HNO nicht als OR-Prozeduren gewertet und somit DRGs der medizinischen Partition der MDC03 zugeordnet. Dies hat gegenwärtig zur Folge, dass es z. B. bei diagnostischen Endoskopien zur Tumorabklärung in der Basis-DRG D60 (Bösartige Neubildungen an Ohr, Nase, Mund und Hals) zu einer Vermischung von Patienten mit sehr kurzen Verweildauern (diagnostische Endoskopie) und Patienten mit längeren Verweildauern (systemische Chemotherapie) kommt, was einer sach- und leistungsgerechten Fallzuordnung weiterhin entgegensteht. Aufgrund der Rigidität des Instrumentariums und der komplexen anatomischen Verhältnisse von Rachen, Kehlkopf und Luftröhre werden starre diagnostische Endoskopien im HNO-Bereich regelhaft in Allgemeinanästhesie durchgeführt. Bei komplizierenden Komorbiditäten oder postoperativen Morbiditätsrisiken (Schwellung der Atemwege mit Luftnot, Blutungsrisiken) werden diese Eingriffe zudem in der Mehrzahl im Rahmen eines stationären Aufenthaltes erbracht. Wesentliche Unterschiede zwischen starren diagnostischen Endoskopien der HNO und flexiblen Endoskopien z. B. der Gastroenterologie sind • die Notwendigkeit der Durchführung in einem Operationssaal • die regelhafte Durchführung in Vollnarkose mit Beatmung • erhöhte intrainterventionelle Risiken wie z. B. Perforation, Blutung, • erhöhte postinterventionelle Risiken wie z. B. Schwellung, Luftnot Notwendig ist eine sachgerechte Gruppierung diagnostischer Endoskopien in separaten Basis-DRGs der „chirurgischen“ oder der „sonstigen“ Partition der MDC. 90 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf 4.8.2.16 Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Nach den Anpassungsvorschlägen der Vorjahre, die nicht zuletzt aus dem DRGEvaluationsprojekt der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie in Zusammenarbeit mit der DRG-Research-Group resultierten, ergeben sich für den Bereich der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie aktuell nur noch wenige Abbildungsprobleme. Ein weiter bestehender Aspekt bleibt systembedingt die kombinierte Erbringung von Leistungen innerhalb der MDC 03 durch die Fachgebiete Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und Hals-Nasen-Ohrenheilkunde. Hier kann die Mischkalkulation der von beiden Fachgebieten in teilweise sehr unterschiedlicher Verteilung erbrachten Leistungen in gemeinsamen G-DRGs zur Querfinanzierung zwischen den Fachgebieten führen. Es wäre eine an der Fachabteilung orientierte Auswertung und Kalkulation durch das InEK wünschenswert, um diese schwer quantifizierbaren Auswirkungen abschätzen zu können. Ein weiteres Problem findet sich auf der Ebene der Kodierung. Da die unterschiedlichen Osteosyntheseverfahren und Verfahren zur Okklusionssicherung vielfach im Zusammenhang mit Frakturen erbracht werden, existieren auch nur Kombinations-OPS-Kodes zur Darstellung dieser Leistungen (z. B. 5-769.0: Andere Operationen bei Gesichtsschädelfrakturen: Maßnahmen zur Okklusionssicherung an der Maxilla). Nicht selten werden diese Leistungen aber auch prophylaktisch im Rahmen von Zahnsanierungen oder als okklusionssichernde Maßnahmen bei kieferchirurgischen Interventionen durchgeführt, so dass dann der Textkomponente „andere Operationen bei Gesichtsschädelfrakturen“ nicht Rechnung getragen werden kann. Überdies stellt das Fehlen eines Kodes für eine Fraktur im Gesichtsschädelbereich bei Vorhandensein der erwähnten OPS-Kodes im Abrechnungsdatensatz häufig die Ursache für Rückfragen und Prüfungen der Kostenträger dar. Es ist entweder die Schaffung neuer OPS-Kodes oder, vereinfachend, die Streichung des Zusatzes „andere Operationen bei Gesichtsschädelfrakturen“ zu empfehlen. 4.8.2.17 Gastroenterologie Durch konsequente jährliche Überarbeitung ist in der Abbildung von Krankheiten und Störungen der Verdauungsorgane bereits eine sehr differenzierte und weitgehend sachgerechte Abbildung erzielt worden. Insbesondere werden innovative Behandlungsverfahren zunehmend berücksichtigt. In den Basis-DRGs G46 und G48 wird im G-DRG-System 2007 die intravenöse Anästhesie als Splittkriterium genutzt. Die Kodierung dieses Kodes erfolgt uneinheitlich und unabhängig von der Schwere der Erkrankung oder des Eingriffs. Auch im Rahmen eines Projektes der DGVS in Zusammenarbeit mit der DRG-ResearchGroup hat sich die intravenöse Anästhesie als nicht belastbare Gruppierungsvariable herausgestellt. Eine sachgerechte Differenzierung der Fälle anhand dieses Kriteriums ist nicht zu erwarten, eine Überprüfung dieses Attributs daher erforderlich. Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 91 Prüf- und Anpassungsbedarf Unzureichend erscheint weiterhin die Abbildung von Fällen mit chronischentzündlichen Darmerkrankungen, die bei schwerer Erkrankung über einen längeren Zeitraum intensiv konservativ behandelt werden, um eine drohende Operation abzuwenden. Dieses hochaufwändige Fallkollektiv zeichnet sich häufig weder durch Komorbiditäten noch durch interventionelle Eingriffe aus. Eine sachgerechte Vergütung dieser Leistung ist über das aktuelle G-DRG-System nicht möglich. Eine klassische Konstellation bei Choledocholithiasis ist die Durchführung einer laparoskopischen Cholezystektomie im Anschluss an einen hochaufwändigen aber mitunter erfolglosen Versuch einer therapeutischen ERCP (Endoskopisch retrograde Cholangio-Pankreatiko-Graphie). In der Version 2007 des G-DRG-Systems führt die korrekte Kodierung der Operation als zusätzliche Maßnahme in der Standardsituation zu einer Mindervergütung bei Mehrleistung. 4.8.2.18 Endokrinologie In den endokrinologischen Fachabteilungen werden häufig Patienten behandelt, deren Erkrankung eine aufwändige Diagnostik (z. B. laborchemische Bestimmung bestimmter Hormonspiegel) und zumeist auch eine aufwändige Therapie (z. B. die Gabe teurer Hormonersatzpräparate) oder komplizierte Operationen erforderlich macht. Die niedrige Prävalenz vieler endokrinologischer Erkrankungen (Beispiel: Prolaktinom 0,06%, Morbus Cushing 0,007%6) bedingt, dass diese schweren Erkrankungen nur an bestimmten spezialisierten Abteilungen behandelt werden, die häufig an Krankenhäusern der Maximalversorgung angesiedelt sind. Eine sachgerechte Vergütung über unspezifische DRGs ist nicht zu erwarten. 4.8.2.19 Rheumatologie Unverändert bleibt die G-DRG I97Z (Rheumatologische Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen am Muskel-Skelett-System und Bindegewebe) unbewertet (Anlage 3a FPV 2007) und muss krankenhausindividuell nach § 6 Abs. 1 KHEntgG verhandelt werden. Da in dieser G-DRG Fälle der Kinder- und Erwachsenenrheumatologie kondensiert werden, wäre aufgrund der unterschiedlichen Strukturen und Sachkosten eine Bewertung nur bei Trennung der Kollektive möglich. Nach Einführung des entsprechenden OPS-Kodes für die Kinder- und Jugendrheumatologie (8-986) 2006 ist eine differenzierte Kalkulation des Kollektivs für die Version 2008 anzustreben. Außerdem sollte das Fallkollektiv hinsichtlich der Behandlungsund Diagnosehomogenität überprüft werden. Vorrangige Frage ist hier, ob alle verschiedenen Fallgruppen sachgerecht über eine einzige G-DRG abgebildet werden können. 6 Dr. Fingscheidt, Medizinische Universität zu Lübeck, http://www.strandpraxis.de/end.htm 92 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf Der größte Teil der in rheumatologischen Kliniken behandelten Fälle wird wenigen unspezifischen konservativen G-DRGs der MDC 08 zugeordnet. Die sachgerechte Vergütung der relativ kleinen Patientenkollektive ist durch den begrenzten Einfluss auf die Kalkulation der Bewertungsrelationen und Verweildauerwerte der entsprechenden G-DRGs gefährdet. Insbesondere gilt dies auch für die relativ gesehen noch kleinere Zahl der kinder- und jugendrheumatologischen Fälle, die ebenfalls überwiegend diesen unspezifischen G-DRGs zugeordnet wird. Neue Kondensationen, wie z. B. die der I66D (Andere Erkrankungen des Bindegewebes, [...] oder Frakturen an Becken und Schenkelhals oder Fibromyalgie) in der Version 2007 können diesen Effekt noch verstärken. Auf ungünstige Kondensation von Fallkollektiven, die von unterschiedlichen Strukturen versorgt werden, wurde bereits in Kapitel 4.7.2 hingewiesen. Es ist nicht von einer gleichförmigen Kostenentwicklung auszugehen. 4.8.2.20 Geriatrie Wie bereits in früheren Gutachten (s. Gutachten 2006 Kapitel 6.14.1.4) beschrieben, ist die spezialisierte Komplexbehandlung bei geriatrischen Patienten häufig in Verbindung mit unterschiedlichen chirurgischen und anderen Leistungen wie beispielsweise der Strahlentherapie Teil einer Leistungskombination. Eine adäquate Abbildung von Leistungskombinationen stellt sich im G-DRG-System häufig problematisch dar, da dabei Leistungen mit sehr unterschiedlichen Kosten zu „SammelDRGs“ zusammengeführt werden (s. auch Kapitel 4.7.2, 4.7.3 und 4.7.7). Darüber hinaus sind die Kalkulationsmöglichkeiten und -ergebnisse davon abhängig, welche der Leistungskombinationen bzw. in welchem Maß diese bei den Kalkulationskrankenhäusern tatsächlich erbracht werden. Die Abbildung von Behandlungsfällen mit einer geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlung über „Kombinations-DRGs“ und damit verbundener Kondensation unterschiedlicher Fallkollektive ist zwar möglich, stellt aber aus oben genannten Gründen ggf. nicht die optimale Lösung des Problems dar. Alternativ erscheint die Abbildung der geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlung als Zusatzentgelt sinnvoller und sollte im Rahmen der Weiterentwicklung des G-DRGSystems bedacht und analysiert werden. Die Abgrenzungsproblematik unterschiedlicher (frührehabilitativer) Komplexbehandlungen wird in Kapitel 4.7.7 thematisiert. Das Problem der Abrechnung kombiniert voll- und teilstationärer Leistungen bei einer verweildauerabhängigen Komplexbehandlung wird in Kapitel 4.2.5 diskutiert. Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 93 Prüf- und Anpassungsbedarf 4.8.2.21 Alkoholbezogene Störungen, Qualifizierter Entzug Über die Bundesrepublik verteilt haben sich circa zehn internistische Fachabteilungen auf die so genannte Qualifizierte Entzugsbehandlung (QE) bei Alkoholaber auch bei Drogensucht spezialisiert. Der QE wird seit 2006 über die OPS 8-985.1/8-985.2/ 8-985.3 bei der Basis-DRG V60 (Alkoholintoxikation und -entzug oder Störungen durch Alkoholmissbrauch und Alkoholabhängigkeit) berücksichtigt. Der QE bei anderen Abhängigkeiten wird derzeit nicht berücksichtigt. Problematisch sind auch Fälle, die nicht primär wegen eines Alkoholabhängigkeitssyndroms stationär aufgenommen werden, bei denen jedoch ein therapiebedürftiges Alkoholabhängigkeitssyndrom diagnostiziert wird und die Bereitschaft des Patienten besteht, dieses behandeln zu lassen. Medizinisch und volkswirtschaftlich ist die Qualifizierte Entzugsbehandlung wünschenswert. Bei einer Entlassung des Patienten besteht die Gefahr, dass ein Rückfall droht und/oder der Patient die Bereitschaft zum Entzug verliert. In der Regel ist daher eine nahtlose Weiterbehandlung im selben Aufenthalt indiziert. Dennoch muss als Hauptdiagnose diejenige Erkrankung kodiert werden, die den stationären Aufenthalt veranlasst hat. Erfolgt keine Verlegung in eine nach BPflV abrechnende Abteilung, so wird der Mehraufwand des Hauses durch die Weiterbehandlung in der DRG-Pauschale nicht abgebildet. Maximal kann in seltenen Fällen aufgrund der Nebendiagnose F10.2 der Schweregrad gesteigert und die Eingruppierung in eine höher bewertete DRG-Splitt erfolgen. Dies ist jedoch unabhängig davon, ob ein QE tatsächlich durchgeführt wurde. Es ist daher von einer systematischen Benachteiligung somatischer Abteilungen, die eine Entzugsbehandlung durchführen, auszugehen. Ob bei der geringen Zahl betroffener Kliniken und den niedrigen Fallzahlen eine Finanzierung über das DRG-System, wie für 2007 umgesetzt, langfristig sinnvoll ist, ist fraglich. Sinnvoller erscheint daher die Lösung über ein Zusatzentgelt. 4.8.2.22 Geburtshilfe Das G-DRG-System 2007 wird möglicherweise das letzte gewesen sein, in dem eine Bewertung der „Fehler-DRG“ 962Z erfolgt ist. Die Kalkulationsdaten aus 2006 werden kaum noch Fälle mit dieser „Fehler-DRG“ enthalten, da die meisten Krankenhäuser 2006 vollständig unter DRG-Bedingungen abgerechnet haben dürften. Damit haben letztlich alle Krankenhäuser und Krankenkassen die aufwändige, fehleranfällige und schulungsintensive „korrekte“ Kodierung in der Geburtshilfe mit viel Aufwand gelernt. Eine datengetriebene Vereinfachung der Kodierung und Gruppierung dürfte damit kaum noch möglich sein. Die Limitationen eines rein datengetrieben lernenden Systems sind an diesem Beispiel gut ersichtlich. Probleme bei der Abbildung in der Geburtshilfe und Neonatologie treten noch dort auf, wo Probleme beim Neonaten/Fetus Kosten bei der Mutter und Probleme bei der 94 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf Mutter Kosten bei den Neonaten nach sich ziehen. Leistungen und Diagnosen können jeweils nur im Datensatz des/der jeweiligen Betroffenen kodiert werden. So fehlt z. B. die Abbildbarkeit fetaler Pathologien im mütterlichen Datensatz. Auf problematische Anreize bei Aufnahmen zur Verhinderung einer Frühgeburt wurde bereits in Kapitel 3.4.5. hingewiesen. 4.8.2.23 Urologie Im Fachgebiet Urologie und Nephrologie resultieren neue DRGs und DRG-Splitts überwiegend aus der zunehmenden Berücksichtigung von Alters- und Komorbiditätskriterien, ein Trend, der dem des gesamten Kataloges 2007 entspricht. Neue DRGs entstanden durch die Berücksichtigung der intensivmedizinischen Aufwandspunkte außerhalb der Prä-MDC (L36Z), der Realisierung der Abbildung der komplexen Behandlung multiresistenter Erreger (L63A) und der Berücksichtigung mehrzeitiger Eingriffe (L33Z). Eine Forderung der letzten Jahre nach besonderer Berücksichtigung der Workbenchsurgery der Niere wurde auch im System 2007 nicht umgesetzt, die Etablierung eines eigenständigen OPS-Kodes für die Teilresektion an der Niere in Kaltperfusion kann in weiteren Kalkulationsrunden jedoch eine adäquate Identifizierbarkeit dieser Fälle und damit eine datengetriebene Umsetzung der Forderung nach einer Anpassung der Vergütung bringen. Auch weiterhin bestehen Defizite innerhalb der MDCs 11 und 12. So sind die Möglichkeiten zur Kodierung lasergestützter Eingriffe weiter überarbeitungswürdig. Diese Eingriffe repräsentieren ein zunehmend größer werdendes und inhaltlich eigenständiges Fallspektrum. Der existierende Zusatzkode ohne klaren Bezug zu einem bestimmten Eingriffskode ist keine zukunftsweisende Lösung. Auch fehlt weiterhin eine Refinanzierung der zum Teil erheblichen Kosten für die Laservaporisation der Prostata zum Beispiel über ein Zusatzentgelt. Eine fundamentale Überarbeitung der Leistungsabbildung für Eingriffe am Penis (DRG M03Z) steht ebenfalls weiterhin aus. In dieser G-DRG sammeln sich auch in 2007 viele Eingriffe, die nicht leistungs- und aufwandshomogen sind. Ein Problem besteht auch innerhalb der neu geschaffenen G-DRG L37Z (Große Eingriffe an Darm oder Harnblase bei Erkrankungen und Störungen der männlichen Geschlechtsorgane). Die Kodierung einer Blasenteilresektion in Verbindung mit einem Eingriff an den männlichen Geschlechtsorganen führt in diese G-DRG für kombinierte Eingriffe, während die einfache oder radikale Zystektomie als wesentlich aufwändigere Operation weiterhin die Eingruppierung in die niedriger bewertete Basis-DRG M01 zur Folge hat. Diesem Umstand liegt eine fehlerhafte Zuordnung der OPS-Kodes innerhalb der entsprechenden Definitionstabelle zugrunde, bei der zwar die Kodes für die einfache bzw. radikale Zystektomie bei der Frau berücksichtigt Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 95 Prüf- und Anpassungsbedarf werden, die Kodes für die Durchführung beim Mann jedoch ausgenommen sind. Fälle weiblichen Geschlechts sind jedoch per definitionem von der Gruppierung in die Hauptdiagnosekategorie 12 ausgeschlossen. Hier müssen die fraglichen Kodes dringlich ausgetauscht werden, um Fehlanreizen für eine Kodierung von Teilresektionen trotz durchgeführter Zystektomien und den damit verbundenen Folgen für den InEK-Datensatz vorzubeugen. 4.8.2.24 Dermatologie Auf der DRG-Systemebene haben sich für die MDC 09 für das Jahr 2007 keine größeren Änderungen vollzogen. Die Leistungen der konservativen Therapie sind im Rahmen der Kalkulation des InEK insgesamt niedriger bewertet worden. Innerhalb der MDC 09 findet sich jedoch auch noch Anpassungsbedarf hinsichtlich einer sachgerechten Abbildung vieler dermatologischer Leistungen. Im Rahmen eines DRG-Evaluationsprojektes der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft in Zusammenarbeit mit der DRG-Research-Group fanden sich folgende systematische Änderungsvorschläge: Fälle mit Erysipel und/oder Ulcus der Haut kennzeichnen sich in der Regel durch eine signifikant längere Verweildauer als andere Fälle in den derzeitig angesteuerten DRGs. Da die in diesem Zusammenhang möglichen und regelhaft erbrachten Eingriffe im Vergleich mit der Verweildauer eher eine untergeordnete Rolle für die Kosten des Falles spielen, erscheint eine Sammlung all dieser Fälle z. B. in der GDRG J60Z sinnvoll. Ein ebenfalls eher systematisches Problem stellt die Erbringung mehrfacher Eingriffe in der Dermatologie dar. Gängige Therapiekonzepte bedingen hier häufig die Erbringung von Leistungen in mehreren Eingriffen. Dieser Mehraufwand findet sich in der Bewertung dieser Fälle im Vergleich mit Fällen ohne dieses Charakteristikum in der Regel nicht wieder. Die Betrachtung der bisher als Funktionen in anderen MDCs herangezogenen komplexen OR-Prozeduren ist in der Dermatologie derzeit nicht sinnvoll. Hier sollte entweder eine Berücksichtigung von Mehrfacheingriffen in Abhängigkeit einer im Anpassungsvorschlag der DDG aufgeführten Prozedurenliste stattfinden, oder die Liste der komplexen OR-Prozeduren um die aufwändigen dermatologischen Eingriffe erfolgen. Multiresistente Keime stellen insbesondere in der Dermatologie in Anbetracht der Beschäftigung des Faches mit chronischen Wunden häufig hospitalisierter Fälle ein besonderes Problem dar. Analog zu anderen MDCs sollte auch in der MDC 09 eine besondere Berücksichtigung der Fälle mit erfolgter Komplexbehandlung bei multiresistenten Keimen erfolgen. Histographisch kontrollierte Eingriffe an der Haut gehören zum Standard der modernen Dermatologie. Bei der Durchführung der Mikrographie werden Fälle der MDC 09 jedoch regelhaft in schlechter bewertete DRG-Fallpauschalen eingruppiert. 96 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Prüf- und Anpassungsbedarf Hier sollten die Tabellen der betreffenden DRGs entsprechend dem Vorschlag der DDG umgestaltet werden, um eine sachgerechte Vergütung des aufwändigeren Verfahrens zu ermöglichen. In der MDC 09 ist die partitionsübergreifende Abfrage der DRGs in der absteigenden Reihenfolge der Bewertungsrelationen noch nicht adäquat umgesetzt. Daher kommt es in dermatologischen Standardsituationen zu Abwertungen von Behandlungsfällen durch die Erbringung kleinerer operativer Eingriffe. Die Hierarchisierung dieser MDC sollte daher dringend anhand der Bewertungsrelationen umgearbeitet werden. Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 97 98 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Anhang Quellenverzeichnis 5 Quellenverzeichnis Bisherige Gutachten 1. Roeder N., (2006), Anpassungsbedarf der Vergütung von Krankenhausleistungen für 2007. Gutachten im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft / Norbert Roeder – Münster, Mai 2006: DRG-Research-Group, siehe http://www.dkgev.de 2. Roeder N., (2005), Anpassungsbedarf der Vergütung von Krankenhausleistungen für 2006. Gutachten im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft / Norbert Roeder – Münster, Mai 2005: DRG-Research-Group, siehe http://www.dkgev.de 3. Roeder N., (2004), Anpassungsbedarf der Vergütung von Krankenhausleistungen für 2005. Gutachten im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft / Norbert Roeder – Münster, Mai 2004: DRG-Research-Group, siehe http://www.dkgev.de 4. Roeder N., (2003) Anpassungsbedarf des G-DRG-Systems an das deutsche Leistungsgeschehen, Gutachten im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft / Norbert Roeder – Münster, Mai 2003: DRG-Research-Group, siehe http://www.dkgev.de Ausgewählte Berichte zu Projekten der DRG-Research-Group 1. Loskamp N.: DRG-Benchmarkprojekt 2005: Benchmarking stationärer MKGChirurgischer Behandlungen in Hauptfachabteilungen im Jahr 2005 und Anpassungsbedarf des G-DRG-Systems 2006 / Norbert Loskamp, Norbert Roeder - Münster, Schüling-Verlag, 2006; ISBN 3-86523-050-4 2. Franz, Dominik: DRG-Evaluationsprojekt Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopfund Hals-Chirurgie: Abbildungsqualität stationärer Therapien der Hals-NasenOhrenheilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie und Anpassungsbedarf des GDRG-Systems / Dominik Franz, Norbert Roeder, Jürgen Alberty – Münster, Schüling Verlag, 2005; ISBN 3-86523-035-0 3. Franz, Dominik: DRG-Evaluationsprojekt Onkologie – Solide Tumore: Abbildungsqualität stationärer onkologischer Therapien solider Tumore und Anpassungsbedarf des G-DRG-Systems / Dominik Franz; Stefan Glocker; Norbert Roeder, Münster - Schüling, 2004; ISBN 3-865-23-005-9 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 99 Anhang Quellenverzeichnis 4. Franz, Dominik: DRG-Evaluationsprojekt Hämatoonkologie. Abbildungsqualität stationärer hämatoonkologischer Therapien und Anpassungsbedarf des GDRG-Systems / Dominik Franz; Stefan Glocker; Norbert Roeder, Münster Schüling, 2004; 3-865-23004-0 5. Glocker, Stefan: DRG-Evaluationsprojekt Knochenmarktransplantation: Abbildungsqualität stationärer Knochenmark- und Stammzelltransplantationen und Anpassungsbedarf des G-DRG-Systems / Stefan Glocker; Cornelie Haag; Dominik Franz; Norbert Roeder, Münster - Schüling, 2004; 3-865-23013-X 6. Loskamp N.: DRG-Evaluationsprojekt Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Abbildungsqualität stationärer MKG-Chirurgischer Behandlungen und Anpassungsbedarf des G-DRG-Systems / Norbert Loskamp, Norbert Roeder, Münster, Schüling-Verlag, 2004; ISBN 3-86523-011-3 Ausgewählte Publikationen der DRG-Research-Group 1. Franz D., Franz K., Roeder N., Hörmann K., Fischer R.-J. und Alberty J., (2007), Analyse der Abbildungsqualität großer operativer Eingriffe an Kopf und Hals in den G-DRG-Systemen 2004-2007, HNO, Online publiziert: 6. April 2007 2. Franz D., Roeder N., Hörmann K., Alberty J., (2007), HNO-Heilkunde, Kopfund Hals-Chirurgie im G-DRG-System 2007, HNO, Online publiziert: 27. April 2007 3. Franz D., Windolf J., Kaufmann M., Siebert C.H., Roeder N., (2007), Die Handchirurgie im G-DRG-System 2007, Der Unfallchirurg, Online publiziert: 26. April 2007 4. Franz D., Kaufmann M., Siebert C.H., Windolf J., Roeder N., (2007), Unfallchirurgie und Orthopädie im G-DRG-System 2007, Der Unfallchirurg, 3:270-280 5. Kaufmann M.M., Franz D., Lassahn C., Siebert C.H., (2007), HüftgelenksEndoprothetik im DRG-System, Z Orthop, 145:61-67 6. Liedtke-Dyong, A, Fiori W, Lakomek HJ, Wenke A, Limann W, Roeder N. (2007) Gibt es Neues für die Rheumatologie in G-DRG-System 2007? Z Rheumatol, 2007 Mai 24 [im Druck] 7. Roeder N., Siebers L., (2007), Finanzierung der minimal invasiven Herzchirurgie und Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB) im DRG-System, casemix cardiovascular, 7:27-33 100 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group Anhang Quellenverzeichnis 8. Siebers L., (2007), Abbildung der Kardiologie im DRG-System 2007, casemix cardiovascular, 7:2-15 9. Siebers L., Roeder N., (2007), Intraoperative Behandlung von Vorhofflimmern - MAZE-Prozedur und intraoperative Ablationsverfahren im G-DRG-System 2007, casemix cardiovascular, 7:34-40 10. Bunzemeier H., Rosien U., Roesch T., Akoglu B., Brechmann T., Roeder N., (2006) Gastroenterologie und Hepatologie im G-DRG-System 2006, Z Gastroenterol, 44:1195–1199 11. Franz D., Kaufmann M., Siebert C.H., Siebert H., Wenke A., Roeder N., (2006), Das G-DRG-System 2006. Veränderungen für die Unfallchirurgie und Orthopädie, Der Unfallchirurg, Der Unfallchirurg, 2:165-175 12. Franz D., Roeder N., Hörmann K., Alberty J., (2006), Das G-DRG-System und seinen Auswirkungen auf die Abbildungsqualität der HNO-Heilkunde und Kopf- und Hals-Chirurgie, HNO, 4:275-279 13. Roeder N., Fiori W., Wenke A., (2006), Methodik zur Bewertung von nicht bewerteten DRGs, das Krankenhaus, 2:120-123 14. Roeder N., Fiori W., Ringelstein E.B., (2006), Schlaganfallbehandlung im deutschen DRG-System 2006, Der Nervenarzt, 2:221-228 15. Siebers L., Bunzemeier H., Roeder N., (2006), Herz-Kreislauf-Medizin im GDRG-System 2006, das Krankenhaus, 3:192-202 16. Fiori W., Bunzemeier H., Franz D., Hensen P., Irps S., Loskamp N., Siebers L., Wenke A., Roeder N., (2005), G-DRG-Version 2006 – Komplexer aber gerechter?, Arzt und Krankenhaus, 11:Sonderdruck 17. Juhra C., Roeder N., Loskamp N., Bunzemeier H., Overkamp D., Häring H.U., (2005), Endokrinologie im G-DRG-System, Diabetes und Stoffwechsel, 14:1930 18. Roeder N., Franz D., Glocker S., Krych M., Krause S.W., Thalheimer M., Ganser A., Ostermann H., (2005), G-DRG-System in der Onkologie, Der Onkologe, 2:173-189 19. Roeder N., Hensen P., Fiori W., Bunzemeier H., Franz D., Rochell B., (2004), Zusatzentgelte im DRG-System 2005. Aufwändige Teilbereiche werden ausgegliedert und stärken das Fallpauschalensystem, f&w, 6:566-574 Gutachten DKG, © DRG-Research-Group 101 Anhang Quellenverzeichnis 20. Roeder N., Fiori W., Loskamp N., Bunzemeier H., Juhra C., Hensen P., Rochell B., (2003), Strategische Kodierung – Schlüssel zum DRG-Erfolg?, das Krankenhaus, 10:780-788 Weitere Quellen 1. Report-Browser der Kostenkalkulationsdaten G-DRG V2005/2007, V2004/2006 sowie der § 21-Daten (2005/2006), siehe http://www.g-drg.de 2. Abschlussbericht „Weiterentwicklung des G-DRG-Systems für das Jahr 2007“, Klassifikation, Katalog und Bewertungsrelationen, Teil I: Projektbericht, Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, Siegburg, 15. Dezember 2006, siehe http://www.g-drg.de 3. Abschlussbericht „Weiterentwicklung des G-DRG-Systems für das Jahr 2006“, Klassifikation, Katalog und Bewertungsrelationen, Teil I: Projektbericht, Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, Siegburg, 20. Dezember 2005, siehe http://www.g-drg.de 4. Abschlussbericht „Weiterentwicklung des G-DRG-Systems für das Jahr 2005“, Klassifikation, Katalog und Bewertungsrelationen, Teil I: Projektbericht, Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, Siegburg, 20. Dezember 2004, siehe http://www.g-drg.de 5. Abschlussbericht „Weiterentwicklung des G-DRG-Systems für das Jahr 2004“ Band I-II; Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, Siegburg, den 20. Dezember 2003, siehe http://www.g-drg.de 6. Fallpauschalenvereinbarungen (FPV) 2005-2007, http://www.g-drg.de 7. G-DRG German Diagnosis Related Groups, Versionen 1.0 – 2007, Definitionshandbücher, Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus gGmbH (InEK gGmbH), http//www.g-drg.de 8. 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Bauer M. et al., (2007), Apoptose im DRG-System: Weiterbildung und dezentrale Strukturen verhindern wettbewerbsfähige intraoperative Prozesszeiten, Anästh- Intensivmedizin, 48: im Druck 13. Tecklenburg A., Schaefer O., Bömeke C., (2006), Separate Vergütung für Patienten mit Extrem-Kosten. "Es wäre fatal abzuwarten, bis das DRG-System perfekt ist", f&w, 2:148-152 14. Krause S., Krych M., Glocker S., Franz D., Ostermann H., Ganser A., Roeder N., (2005), DRG in der Hämatologie und Internistischen Onkologie: Ergebnisse aus zwei deutschlandweiten Evaluationsprojekten, Onkologie, 28:292-296 15. Lakomek H.-J., Fiori W., Buscham K., Hülsemann J.L., Köneke N., Liman W., Märker-Hermann E., Roeder N., (2005), Die multimodale rheumatologische Komplexbehandlung (OPS 8-983) - Herausforderungen, Lösungen und Perspektiven, Z Rheumatol, 64:557-563 16. 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