IKB-Kapitalmarkt-News – EZB-Niedrigzinspolitik und Konsolidierungs

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IKB-Kapitalmarkt-News – EZB-Niedrigzinspolitik und Konsolidierungsanreize: Wo stehen die Euro-Länder?
11. Februar 2015
Dr. Klaus Bauknecht
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Im Sommer 2012 hatte EZB-Präsident Draghi mit seinem Versprechen die große Wende eingeleitet, alles Erforderliche zu tun,
um den Euro zu erhalten. Seither sinken die Renditen auf Staatsanleihen in der Euro-Zone. Gegenwärtig wird mit dem
Aufkaufprogramm der nächste Schritt getan: nicht nur, dass die Zinsen aufgrund des anstehenden Aufkaufs von Staatsanleihen
sinken. Das Aufkaufprogramm führt auch zur direkten Zinssenkung, da die Notenbanken ihre Gewinne an den Staat abführen.
Die niedrigen Zinsen erleichtern es den Ländern, ihre Schuldenquote zu stabilisieren. Zum einen sinkt das Defizit wegen
niedrigerer Kosten, zum anderen schrumpft der Abstand zwischen nominalem BIP-Wachstum und durchschnittlicher Verzinsung
der Bruttoschulden. Das senkt den für eine stabile Schuldenquote notwendigen Überschuss der Primärbilanz.
Draghis sogenannte „Bazooka“ hat seit 2012 für einen deutlichen Rückgang der Kapitalmarktzinsen gesorgt, was zur effektiven
Senkung der Zinslast der Euro-Staaten geführt hat. Abbildung 1 zeigt die effektive Zinslast für ausgewählte Staaten der EuroZone, wobei Werte für 2014 auf Prognosen der Europäischen Kommission beruhen. Da die aktuelle Rendite auf Staatsanleihen
deutlich unterhalb der durchschnittlichen Verzinsung der Bruttoschulden liegt, ist von weiteren Rückgängen für alle Euro-Länder
auszugehen. Der effektive Zinssatz Italiens lag zum Beispiel 2014 auf immer noch relativ hohem Niveau von 3,7 %. Doch die
italienische Zinskurve liegt deutlich unter dem effektiven Zinssatz, was weitere Ersparnisse bedeutet. Doch besonders der
deutsche Staat hat von den fallenden Renditen profitiert. Zahlte Deutschland 2000 noch einen durchschnittlichen Zinssatz auf
seine Bruttoschulden von 5,4 %, bewegte sich dieser 2014 bei nur noch 2,3 % und hat sich damit mehr als halbiert. Und mit den
aktuellen Renditen auf 10-jährige deutsche Staatsanleihen von unter 0,5 % und sogar negativen Renditen für 5-jährige Anleihen
wird der deutsche Staat in Zukunft noch deutlich niedrigere Zinszahlungen tätigen müssen – zum Leid der Sparer.
Abb. 1: Durchschnittliche Verzinsung der Bruttoschulden (effektiver Zinssatz d. Staates)
in %
8
6
4
2
0
Deutschland
Frankreich
Italien
2000
Spanien
2010
Griechenland
Portugal
Irland
2014P
Quellen: Eurostat; Europäische Kommission; IWF; IKB
Trotz hoher Schuldenquoten und schwachen Wirtschaftswachstums können sich Länder wie Spanien, Italien, aber auch
Deutschland seit 2012 immer günstiger refinanzieren. In diesem Zusammenhang wird zunehmend die Frage aufgeworfen,
inwieweit die Länder diese Entwicklung genutzt haben, um ihre Haushaltslage zu verbessern. Eine faire Beurteilung der
Verschuldung und des Haushaltsdefizits seit 2012 sind schwierig, da verschiedene Einflüsse eine Rolle spielen, insbesondere
das schwache Wirtschaftswachstum. Obwohl die Zinsen niedrig sind, bedeutet das nicht unbedingt, dass der Staat
dadurch Freiräume zur fiskalischen Konsolidierung, zur Wachstumsstimulierung oder für Reformen erfahren hat. So
mag die durchschnittliche Verzinsung der Bruttoschulden, wie in Abbildung 1 dargestellt, für alle Länder sinken, die Zinslast in
Relation zum BIP ist allerdings seit der Krise und wegen des schwachen Wachstums sowie ansteigender Schuldenquoten
oftmals eher stabil oder sogar angestiegen. Wie Abbildung 2 veranschaulicht, hat die Zinsbelastung für die Wirtschaft in Irland,
Spanien und Portugal deutlich zugenommen, während sie für Italien stabil geblieben ist. Konjunkturelle Erholung, niedrige
Zinsen und stabile Schuldenquoten sollten allerdings für alle Länder auf Sicht die Zinslast im Verhältnis zum BIP reduzieren. Erst
dann kann pauschal von einer effektiven Entlastung von Realwirtschaft und Staat durch die EZB die Rede sein. Aktuell ist diese
Entlastung nur für Frankreich und Deutschland ersichtlich, deren Zinslast im Vergleich zum BIP seit 2011 sinkt. Die öffentliche
Zinslast für die deutsche Wirtschaft ist seit 2011 die niedrigste der abgebildeten Länder, während sie für Portugal mit fast 5 %
am höchsten liegt, nämlich immer noch 2 Prozentpunkte über dem Vorkrisenniveau.
Kapitalmarkt News
Abb. 2: Zinszahlungen des Staates in Relation zum BIP
in % des BIP
8
6
4
2
0
2000
2002
Deutschland
Griechenland
2004
2006
Frankreich
Portugal
2008
2010
Italien
Irland
2012
2014P
Spanien
Quellen: Eurostat; Europäische Kommission; IWF; IKB
Großer Profiteur ist Griechenland. Die Zinslast ist nach einem unverkennbaren Anstieg zwischen 2008 und 2011 deutlich
gesunken – trotz des schrumpfenden BIPs. Die Belastung der Wirtschaft durch die Staatsverschuldung hat sich dank EZB und
EU-Rettungsmechanismen reduziert. Das kann für andere Euro-Länder in solch einem Maß noch nicht festgestellt werden.
Entsprechend hat Griechenland trotz rückläufigen BIPs eine relative und effektive Lastenbefreiung erfahren. Zudem ist die
griechische Zinslast in Relation zum BIP niedriger als in Portugal oder Italien und befindet sich auf einem für Griechenland
historisch niedrigem Niveau. Die Schuldenquote mag zwar so hoch sein wie nie zuvor, die Belastung für die Wirtschaft durch
Staatsschulden war jedoch noch nie so gering.
Die Zinslast Portugals, Spaniens und Irlands ist im historischen Vergleich hingegen immer noch auf relativ hohem Niveau und
seit 2010 deutlich angestiegen. Allerdings sollte sich diese Last für alle drei Länder mit anhaltend niedrigen Zinsen und bei
ökonomischer Erholung reduzieren. Erst dann kann davon die Rede sein, dass die EZB mit ihren Maßnahmen Gefahr läuft, den
Reformeifer zu erodieren. Aktuell haben alle Länder immer noch ein großes Interesse daran, ihre in den letzten Jahren oftmals
deutlich angestiegene Zinslast durch Reformen und Wachstumsimpulse zu verringern. Die Gefahr von Reformmüdigkeit scheint
in Deutschland und Frankreich am höchsten zu sein – Länder, die schon länger von der EZB-Politik profitieren.
Ein Vergleich von Zinsersparnissen und Rückführung des Finanzierungsdefizits zeigt, dass viele Länder deutlich mehr
eingespart haben, als es die geringeren Zinszahlungen andeuten würden. Zwar mögen Rekapitalisierung von Banken oder
Einnahmen aus Privatisierungen den Finanzierungssaldo stark beeinflussen. Dennoch sind Unterschiede zwischen den Ländern
ersichtlich. So war 2013 die Optimierung des deutschen Finanzierungsüberschusses deutlich geringer als die Zinsersparnis.
Schätzungen für 2014 deuten auf ein ähnliches Bild hin. Deutschland hat 2013 fast 7 Mrd. € weniger Zinsen bezahlt als im
Vorjahr. Die Verbesserung des Finanzierungssaldos betrug allerdings nur rund 4,5 Mrd. €. Ähnliches gilt für Italien. Die dortige
Zinslast hat sich 2013 um fast 6 Mrd. € reduziert, der Finanzierungssaldo allerdings nur um ca. 2,6 Mrd. €.
Fazit: Die EZB hat seit 2012 mit ihren Aktionen für deutliche Entspannung auf den Anleihemärkten gesorgt. Das Ergebnis kann
sich sehen lassen. Noch nie konnten sich Länder der Euro-Zone so günstig refinanzieren wie aktuell – und das, obwohl
Wirtschaftswachstum und Schuldenquoten alles andere als überzeugend sind. Die sinkende durchschnittliche Verzinsung der
Bruttoschulden ist allerdings weniger spektakulär, wenn die Zinslast in Relation zum BIP gesetzt wird. Das schwache
Wirtschaftswachstum führte bis einschließlich 2013 in vielen Euro-Ländern zu steigender Zinslast. Entsprechend hat die EZB bis
jetzt primär zur Tragfähigkeit der Schuldenquoten beigetragen, aufgrund des schwachen Wachstums allerdings weniger für eine
effektive Entlastung der Wirtschaft gesorgt. Die Gefahr, dass niedrige Zinsen den Konsolidierungs- und Reformdruck reduzieren,
scheint nur für Frankreich und Deutschland zu bestehen. In den kommenden Jahren wird die staatliche Zinslast für die
Realwirtschaft nicht zuletzt aufgrund des wachsenden BIP auch in den anderen Euro-Ländern deutlich sinken. Für manche ist
dies eine Gefahr für den Konsolidierungserfolg, für andere ein wichtiger Treiber.
Kapitalmarkt News
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11. Februar 2015
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