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22.01.2009
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[hintergrund]
Einfallsreiche Oligarchen
Auch Russland bleibt von der Finanzkrise
nicht verschont. Einiges deutet aber darauf hin, dass der Riese wandlungsfähig
und die Oligarchen einfallsreich genug
sind, um auch das zu überstehen.
Jelena Baturina hat in den letzten Jahren enge Bande zu Österreich geknüpft.
Die Frau des ziemlich eigenwilligen Moskauer Bürgermeisters Juri Luschkow ist
die reichste Russin. Die Unternehmerin
mit einem geschätzten Privatvermögen
von sieben Milliarden US-Dollar managt
die Geschäfte ihres weltweit tätigen
Mischkonzerns Inteco über eine kürzlich
in Wien gegründete Beneco-Stiftung. Alle
Geschäfte des Konzerns, die nicht Russland betreffen, sollen nun über Wien abgewickelt werden. Die Dame hat aber
nicht nur am österreichischen Stiftungsrecht Gefallen gefunden, sondern auch
an der schönen Tiroler Bergwelt. In Aurach
bei Kitzbühel plante sie ein Hotelprojekt.
Sie wollte Elton John für ein Konzert in
die Alpen holen und an der Universität
Innsbruck ein russisches Zentrum entstehen lassen. Pläne, die angesichts der
Finanzkrise möglicherweise geplatzt sind.
Geplatzte Projekte
Jelena Baturinas Mann freilich hat derweilen im vergleichsweise unwirtlichen
Moskau mit anderen Problemen zu kämpfen. Der Rossija-Bürokomplex, mit 612
Meter als höchstes Gebäude Europas geplant, dürfte nun doch nicht gebaut werden. "Er wird ein Symbol Russlands sein,
das sich der Zukunft zuwendet", hatte
Luschkow noch bei der Grundsteinlegung
im September 2007 gesagt. Nun dürfte
es beim Grundstein bleiben. Die Banken,
die das Projekt ursprünglich finanzieren
sollten, zieren sich nun.
Brodeln in der Moskauer Gerüchteküche
Keine Frage: Die Abwärtsbewegung der
Märkte hat auch Russland erfasst – mit
all den Intrigen, die immer schon im und
um den Kreml gespielt wurden. Die neuAutoren: Martin Schwarz, Heinz Erdmann
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anlage[news] jänner.2009
este: Wladimir Putin soll wieder der Weg
ins Präsidentenamt geöffnet werden.
Noch steht Wladimir Putin als Premier
zumindest protokollarisch im Schatten
des russischen Präsidenten Dimitri Medwedew. Doch lange könne dieser Zustand nicht mehr andauern. Seit die Duma
per Verfassungsänderung die Amtszeit
des nächsten Präsidenten von vier auf
sechs Jahre verlängert hat, brodelt es in
der politischen Gerüchteküche Moskaus.
Medwedew könnte wegen der Finanzkrise zurücktreten und wieder seinem
Mentor Putin im Kreml Platz machen.
Bangen um Investitionen
Solche Planspiele sind nicht nur Beweis für den nach wie vor unbändigen
Machtwillen Wladimir Putins, sondern
auch für den Faktor Finanzkrise, der nun
auch Russland erfasst hat. Wie nervös
die Staatsmacht um den Ruf Russlands
als sicheren Standort für Investitionen
bangt, zeigt sich auch in den teilweise
absurd anmutenden Versuchen der Justiz,
das Thema aus den russischen Medien
zu drängen. So hat die Staatsanwaltschaft bereits im Herbst letzten Jahres
gegen regionale Zeitungen zu ermitteln
begonnen, weil die im Verdacht der
"Panikmache" über die Auswirkungen in
den Regionen standen. Die Nervosität ist
wohl begründet: Solange die Finanzkrise
eben eine reine Finanzkrise mit beinahe
ausschließlichen Auswirkungen auf die
Börsen war, störte das niemanden. Weniger als eine Million Russen besitzen
Aktien. Nun, da auch die produzierende
Wirtschaft und insbesondere die Öl- und
Gaswirtschaft betroffen ist, beginnt der
Kreml nervös zu werden. Schließlich ist
nun auch der ganz normale Russe betroffen. Die Rückstände bei den auszuzahlenden Löhnen steigen.
Wirtschaft schrumpft
Diese Indizien reichen aus, um die
Prognosen für das Wachstum der russischen Wirtschaft dementsprechend düs-
ter aussehen zu lassen. Gar von einer –
jedenfalls kurzfristigen – Phase der Rezession ist die Rede. Russlands Wirtschaft soll laut Prognosen russischer
Wirtschaftsforscher in der ersten Jahreshälfte schrumpfen. Selbst die bislang
von den Wogen der Weltmärkte ziemlich
verschont gebliebenen russischen Oligarchen dürften langsam die Finanznot
zu spüren bekommen. Rund 300 Milliarden US-Dollar haben sie vermutlich im
vergangenen Jahr an der Moskauer Börse
verloren. Das bekamen auch reiche
Russen wie Oleg Deripaska zu spüren.
Nur Umschichtungen innerhalb seines
Konzerns und Banken, die für ihn einsprangen, retteten ihn davor, etwa seine
Investments in einem großen österreichischen Unternehmen aufgeben zu müssen.
Die Ankunft der Krise in Russland erwartet Deripaska im Frühjahr 2009.
Kurzes Intermezzo
Freilich: Auch wenn Russland nicht
gänzlich von den Problemen an den
Finanzmärkten unbelastet bleibt – so
steht doch zu hoffen, dass der gern
getätigte staatliche Durchgriff auf die
Wirtschaft die Auswirkungen mittelfristig
glätten wird. So fordert eben Deripaska
Stützungskäufe der russischen Regierung
für die heimischen Metallproduzenten.
Sein Konzern United Co. Rusal ist der
weltweit größte Aluminiumproduzent.
Der Aluminiumpreis ist seit Anfang 2008
um knapp 30 Prozent eingebrochen
(Stand: Dez. 2008). Mit dem Aluminium,
so Deripaskas Forderung, soll Russland
Infrastrukturprojekte verwirklichen. Aber
immerhin: Für den derzeit ein wenig
notleidenden Industriellen scheint
Russland noch am wenigsten betroffen
von der Krise. Weil das Land bisher
nicht allzu viele Kredite angehäuft habe
und die Bevölkerung noch über Reserven
verfüge, werde Russland nach dem
Tiefststand im Frühjahr 2009 schnell
wieder zu alter wirtschaftlicher Größe
aufsteigen.
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