Arzneimittelinteraktionen bei multimorbiden Patienten

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Der Risikopatient –
Arzneimittelinteraktionen
bei multimorbiden Patienten
Lerninhalte
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•
Erkennen von Risiken anhand von Fallbeispielen
(„Risikodreieck“)
Erkennen von Therapiefehlern
Schmerztherapie mit Opioiden und/oder Nicht-OpioidAnalgetika bei Patienten mit Leberinsuffizienz
Schmerztherapie bei Asthma bronchiale
Interaktionen mit Theophyllin
Nebenwirkungen von Theophyllin (geringe therapeutische
Breite!) erkennen
Stufenplan und Langzeittherapie des Asthma bronchiale
 Fall 1
 Fall 2
 Fall 3
Der Risikopatient –
Fall 1
 Zurück
Risikodreieck
Welche Schmerztherapie würden Sie
empfehlen?
•
Bei H.K., einer 48-jährigen Frau, ist vor 6 Monaten ein inoperables
Mundbodenkarzinom diagnostiziert worden. Es wurde eine palliative
Bestrahlung durchgeführt, die zu einer vorübergehenden Besserung
geführt hatte. Vor 8 Wochen musste eine Ernährungssonde gelegt werden,
da eine orale Nahrungsaufnahme nur noch bedingt möglich war.
•
Sie hat starke Weichteil- und Schluckschmerzen (Zungengrund,
Halsweichteile).
•
Aus der Anamnese ist ein Alkoholmissbrauch bekannt. Vor 2 Jahren wurde
eine alkoholtoxische Leberzirrhose diagnostiziert.
Allgemeine Anamnese
H.K. hat eine Medikamentenallergie gegen Penicillin. Seit ihrer Kindheit leidet
sie an Asthma bronchiale.
Diesbezüglich wird sie von ihrem Hausarzt behandelt mit: Prednisolon 10 mg 1
x tgl., aufgelöst über PEG, seit einigen Tagen auch mit Theophyllin 250 mg,
1 - 0 - 1 Retardkapseln, aufgelöst über PEG und Ipratropiumbromid/Fenoterol
als Dosieraerosol bei Bedarf. Ihre asthmatischen Beschwerden sind dadurch gut
eingestellt.
Vor 1 Tag wurde bei der Patientin ein Harnwegsinfekt diagnostiziert, der
ebenfalls vom Hausarzt aktuell mit dem Gyrasehemmer Ciprofloxacin über 3
Tage therapiert wird.
Schmerzanamnese und -therapie
Zur Behandlung der Schmerzen hat ihr der Hausarzt Tilidin + Naloxon
verordnet.
Obwohl H.K. bereits deutlich mehr einnimmt (80 Tropfen alle 3 h), als der
Hausarzt verschrieben hat (40 Tropfen alle 6 h), leidet sie weiterhin unter
starken Schmerzen.
Sie kommt jetzt akut mit starken Schmerzen, Unruhe, Übelkeit und Tachykardie
in die Klinik.
Welche Schmerztherapie würden Sie
empfehlen?
Anamnese und Diagnosen:
•
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•
Z. n. Mundbodenkarzinom, Bestrahlung
Alkoholbedingte Leberzirrhose
Asthma bronchiale
Harnwegsinfekt
Penicillin-Allergie
Starke Schmerzen
Unruhe, Übelkeit
Tachykardie
Arzneimittelanamnese
Aktuelle Arzneimittel - Dosierungen:
•
Prednisolon 10 mg
1-0-0
• Theophyllin retard (250 mg)
1-0-1
• Ipratropiumbromid + Fenoterol DA
bei Bedarf
• Ciprofloxacin 250 mg
1-0-1
• Tilidin + Naloxon (Tropfen)
80 alle 3h
(Penicillin-Allergie!)
Welche Fehler wurden gemacht?
Welche Therapie ist notwendig und indiziert?
Symptome und ihre möglichen Ursachen
Starke Schmerzen:
Mundbodenkarzinom, Therapiefehler
Unruhe, Übelkeit
unerwünschte Arzneimittelwirkung von Theophyllin
Tachykardie:
unerwünschte Arzneimittelwirkung von Theophyllin
Therapierisiken und -fehler
• Schmerztherapie insuffizient, wegen Leberinsuffizienz und Gabe falscher
Formulierung
• Asthmatherapie nicht nach Leitlinie für die Langzeittherapie
• Interaktion: Theophyllin mit Ciprofloxacin, Theophyllin-Spiegel erhöht
(Nebenwirkungen)
• Theophyllin-Spiegel-Erhöhung wegen Leberinsuffizienz
• Therapie der akuten unkomplizierten Zystitis nicht nach Leitlinie
Opioide bei Leberinsuffizienz
Morphin
Problem
Empfehlung
o.BV , Cl , HWZ
orale Dosis 
vermeiden
Tilidin/Naloxon
L-Methadon
Buprenorphin
Fentanyl
Oxycodon
Hydromorphon
HWZ , AUC 
?
Kinetik unverändert
HWZ
Cl , BV
Dosis 
?
normale Dosis
Dosisreduktion
Dosisreduktion
Opioide bei Niereninsuffizienz
Morphin
Problem
Empfehlung
M-6-G kumuliert
vermeiden
Tilidin/Naloxon
L-Methadon
normale Dosis
Kumulation
normale Dosis
Buprenorphin
Fentanyl
Oxycodon
Dosisreduktion
Cl bei Urämie ↓
Cl ↓
Hydromorphon H3G kumuliert
Dosisreduktion
Dosisreduktion
Dosisreduktion?
Tilidin-Aktivierung, Naloxon-Deaktivierung
Tilidin
Naloxon
N
COOC 2H 5
Tilidin
Naloxon
H
N
Nortilidin
COOC 2H 5
Nortilidin
Naloxone-3-Glucuronid
Naloxol
Naloxol-3-Glucuronid
Tilidin + Naloxon bei Leberinsuffizienz
Tilidin
Naloxon
Keine
ausreichende
analgetische
Wirkung?
Theophyllin – Pharmakokinetik
Theophyllin-Kinetik
Perorale BV
95 %
PEB
50 – 60 %
Clearance*
Erwachsene
Kinder
0,7 ml/kg/min
1 – 1,5 ml/kg/min
Vd
0,5 l/kg
t1/2
ca. 8 h
Loading Dose
5 mg/kg
effektive Konz.
5-15 mg/l
toxische Konz.
>20 mg/l
Anorexie, Übelkeit, Angst,
Erbrechen,
Kopfschmerzen
ab 40 mg/l Krampfanfälle,
Arrhythmien
Theophyllin hat eine sehr geringe
therapeutische Breite.
Steigerung der
Theophyllin-Clearance durch:
• Barbiturate
• Phenytoin
• Rifampicin
• Zigarettenrauchen
Abnahme der
Theophyllin-Clearance durch:
• Cimetidin
• orale Kontrazeptiva
• Erythromycin
• Ciprofloxacin u. a.
Abnahme der Clearance bei:
• Leberzirrhose
• schwerer Herzinsuffizienz
Theophyllin – Nebenwirkungen
• Tachykardie, Arrhythmie,
• Positive Inotropie
• Diurese ↑
• Periphere Vasodilatation
• Zentrale Stimulation
– Schlafstörung
– Krampfanfall
• Zentrale Vasokonstriktion
• HCl-Sekretion ↑
• Übelkeit, Erbrechen
Aufgrund der
Nebenwirkungen und
geringen therapeutischen
Breite hat Theophyllin an
Bedeutung verloren.
Theophyllin
• Bei Dauertherapie: Spiegel von ca. 10 mg/l anstreben
• Bei > 20 mg/l: hohe Rate der Nebenwirkungen
• Kritischer Einsatz wegen Nebenwirkungen
Antiasthmatika-Verschreibungen in den USA
Stafford RS et al. J Allergy Clin Immunol 2003;11(4):729 – 35
Grade der Asthmakontrolle
Mutschler E et al. Arzneimittelwirkungen. 10. Aufl., Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft , 2012
Therapiestufen und Langzeittherapie des
Asthma bronchiale
Mutschler E et al. Arzneimittelwirkungen. 10. Aufl., Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 2012
Asthmatherapie?
1. Theophyllin absetzen, Prednisolon ausschleichen
2. Behandlung nach Leitlinie
3. Glukokortikoid per inhalationem, u. U. in Kombination mit
einem inhalativen langwirksamen ß2-Mimetikum (Dauertherapie)
4. Rasch und kurz wirksames inhalatives ß2-Mimetikum als Bedarfsmedikation
5. Anticholinergika (z. B. Ipratropiumbromid) haben
keinen Vorteil bei Asthma bronchiale.
Welche Schmerztherapie?
Opioide?
Opioide bei Leberinsuffizienz, z. B.:
• L-Methadon (Tropfen) oder
• Fentanyl (TTS)
Nicht-Opioide?
Beachte:
• Kein traditionelles NSAR wegen Asthma
bronchiale
• Kein Paracetamol wegen Leberinsuffizienz
• Metamizol problematisch (u. a. Allergie)
• Coxib erscheint am ehesten möglich.
Arzneimittelempfehlungen
Arzneimitteldosierungen:
• z. B. Budesonid/Formoterol
2 x tgl. 1 – 2 Inhalationen
• z. B. Salbutamol DA
bei Bedarf
• z. B. L-Methadon (5 mg/20 Topfen)
nach Titration
• z. B. Coxib
Dosierung nach Fachinfo
(bei Bedarf)
Der Risikopatient –
Fall 2
 Zurück
Risikodreieck
Welche Schmerztherapie würden Sie
empfehlen?
C.F., ein sonst gesunder 52-jähriger Mann, berichtet:
„Ich habe seit 5 – 6 Jahren Rückenschmerzen und immer wieder auch
Probleme mit den Kniegelenken. Aber das ging immer halbwegs, bis ich vor
7.Monaten nach und nach immer antriebsloser und schwermütiger wurde.“
Er habe sogar an Selbstmord gedacht. Sein Hausarzt schickt ihn zum
Psychiater, der eine Depression feststellte.
„Ich glaubte es erst nicht, aber unter den Tabletten ging es mir doch besser,
aber seit 3 Monaten ist alles schlimmer, ich bin müde und auch körperlich
schlapp, ich glaube, ich vertrage diese Tabletten nicht mehr ...“
Schmerz- und sonstige Anamnese
• Seit ca. 8 Jahren meistens lokal, selten ausstrahlende Rückenschmerzen,
dann überwiegend rechts ins Bein (bisweilen in die Großzehe)
• Vor 6 Jahren an einem Bandscheibenvorfall operiert, Taubheit seitdem
weg, nur der Fuß hänge etwas, manchmal würde er darüber stolpern
• Seit 1 Jahr wechselnd beidseitig Knieschmerzen, manchmal seien die
Kniegelenke auch geschwollen, aber mit etwas Schonung, einmal auch
nach Akupunktur, würde sich das immer wieder zurückbilden
• Sonst sei er nie ernsthaft krank gewesen, kein Herz-, Lungen-, Leber- oder
Nierenleiden. Er habe auch Medikamente gut vertragen und nie etwas mit
dem Magen gehabt.
Medikamentenanamnese
Aktuelle Medikation:
• Diclofenac (50 mg)
1-1-1
• Citalopram (60 mg)
1-0-0
• Tilidin + Naloxon (50 mg Tilidin/ 20 – 40 Tropfen bei Bedarf (2 – 3 Woche)
0,72 ml ≈ 20 Tropfen)
Klinische Befunde/Laborwerte
Blasser, erschöpfter Pat. in sonst altersgemäßem Zustand,
bedrückt, aber affektiv schwingungsfähig, RR 120/70, HF 95 – 100,
sonst keine internistischen Auffälligkeiten, WS bis auf Narbe LW4/5
und lumbale Steilstellung unauffällig, Beweglichkeit altersgemäß bis
auf die endgradige Beweglichkeitseinschränkung im Kniegelenk,
neurologisch unauffällig bis auf fehlenden ASR und
Fußheberschwäche (KG 2 – 3) rechts
Laborbefunde:
Hb 9,4 g/dl, Hkt 34 %, Leukozytose, sonst unauffällige Blut-, Leber- und
Nierenwerte
Welche Diagnostik ist zuerst notwendig?
Welche Therapie ist notwendig?
Welche Fehler wurden gemacht?
Diagnosen
Schmerzdiagnosen:
• chronischer Rückenschmerz mit radikulärer Schmerzausstrahlung im
Dermatom L5 rechts bei altem Wurzelsyndrom mit Peroneusparese
• mittelschwere nicht OP-würdige Gonarthrose ohne Aktivitätszeichen
Aktuelle Verdachtsdiagnosen:
• erneute depressive Episode bei bekannter unipolarer Depression
• chronische (?) Anämie unklarer Genese
Diagnosen
Welche Diagnostik ist zuerst notwendig?
•
Gastro-Duodenoskopie
Ulcus ventriculi, Helicobacter pylori negativ,
zurzeit nicht blutend
Symptome und ihre möglichen Ursachen
Anämie, Ulcus ventriculi
unerwünschte Arzneimittelwirkung
(Diclofenac) und Arzneimittelinteraktion
Welche Fehler wurden gemacht?
Diclofenac:
aber:
• ist ulzerogen
• bei fehlenden Risikofaktoren auch ohne PPI erlaubt
Interaktion Diclofenac und Citalopram (SSRI)
nicht beachtet
http://leitlinien.net/
http://dgrh.de/qualitaetssicherung.html
Fischbach W et al. S3-Leilinie
Helicobacter pylori. Z Gastroenterol 2009;47:88 – 89;
Qualitätssicherung in der Rheumatologie. 2. Aufl, 2008.; DGRh-Leitlinie, Management der frühen rheumatoiden Arthritis. 2. Aufl., 2007
SSRI und Blutungsgefahr
• Serotonin wichtig für Thrombozytenfunktion, die durch hochselektive
Re-Uptake-Inhibitoren irreversibel gestört wird (90 % Depletion nach
2 Wochen Behandlung)
• daher erhöhte Blutungsgefahr bei vorhandenem Ulkus oder
gastrointestinaler Läsion
• SNRI wie Venlafaxin erhöhen dosisabhängig die GI-Blutungsrate, für
Duloxetin gibt es wenig Daten
• Risikoerhöhung bei gleichzeitiger Gabe von tNSAR (> 2- bis 10-fach)
• Seit 2000 wurden 2964 Fallberichte über GI-Blutungen unter einer
SSRI-Therapie bekannt, 135 davon schwere (WHO-Datenbank).
Dalton SO et al. CNS Drugs 2006;20(2):143 – 151
Thrombozytenfunktion
Blockade
durch
ADP
Clopidogrel
Adrenalin
Serotonin
Hemmung
durch
SSRI
SerotoninReuptake
Thromboxan A2
Thrombozyten
ohne eigene
SerotoninSynthese
Arachidonsäure
Serotonin-Speicherung in Granula
Freisetzung bei Thrombozytenaktivierung
Reed GL et al. Blood 2000:96(10):3334 – 3342
Frankhauser P et al. Thromb Haemost 2008;100(6):1201 – 1203
Mutschler E et al. Arzneimittelwirkungen. 10. Aufl., Stuttgart: WVG, 2012
COX-1
TxA2
Hemmung
durch
NSAR
Aktivatoren der Thrombozytenaggregation
ADP
Adrenalin
Thromboxan A2
Serotonin
Thrombozyten
ohne eigene
SerotoninSynthese
SerotoninAufnahme durch
SerotoninTransporter SERT
SerotoninSpeicherung
in Granula
Reed GL et al. Blood 2000:96(10):3334 – 3342
Frankhauser P et al. Thromb Haemost 2008;100(6):1201 – 1203
Mutschler E et al. Arzneimittelwirkungen. 10. Aufl., Stuttgart: WVG, 2012
Arachidonsäure
Thromboxan-A2Synthese
über
Cyclooxygenase-1
COX-1
TxA2
Aktivatoren der Thrombozytenaggregation
Thrombozytenaktivierung
 Serotonin-Freisetzung durch Degranulation der
Serotonin-Granula
 Steigerung der TxA2-Synthese und -Freisetzung
Thrombusbildung u.a. durch
rezeptorvermittelte TxA2und Serotonin-Wirkung
Serotonin
Thrombozyten
ohne eigene
SerotoninSynthese
SerotoninAufnahme durch
SerotoninTransporter SERT
SerotoninSpeicherung
in Granula
Reed GL et al. Blood 2000:96(10):3334 – 3342
Frankhauser P et al. Thromb Haemost 2008;100(6):1201 – 1203
Mutschler E et al. Arzneimittelwirkungen. 10. Aufl., Stuttgart: WVG, 2012
Arachidonsäure
Thromboxan-A2Synthese
über
Cyclooxygenase-1
COX-1
TxA2
Beeinflussung der Thrombozytenaggregation
Beeinflussung der Thrombozytenfunktion
Reuptake-Inhibition durch serotonerg wirksame SSRI und SNRI
 Depletion der Serotonin-Granula
Inhibition der Cyclooxygenase-1 durch NSAR
 Hemmung der TxA2-Synthese
Einschränkung der Thrombusbildung
 Steigerung der Blutungsneigung
Serotonin
Hemmung
durch
SSRI
SerotoninReuptakeInhibition
Thrombozyten
ohne eigene
SerotoninSynthese
SerotoninSpeicherung
in Granula
Reed GL et al. Blood 2000:96(10):3334 – 3342
Frankhauser P et al. Thromb Haemost 2008;100(6):1201 – 1203
Mutschler E et al. Arzneimittelwirkungen. 10. Aufl., Stuttgart: WVG, 2012
Arachidonsäure
Thromboxan-A2Synthese
über
Cyclooxygenase-1
COX-1
TxA2
Hemmung
durch
NSAR
Gastrointestinales Blutungsrisiko
1321 Patienten mit Blutungen im oberen GI-Trakt vs. 10 000 Kontrollen
Risikobeeinflussung unter Einnahme von SSRIs, SNRIs und NSARs vs. non-use
Odds Ratio
5
Sertralin
Fluoxetin
Paroxetin
Citalopram
Escitalopram
4
3
2
1
Serotonin-NoradrenalinReuptake-Inhibitoren
Selektive SerotoninReuptake-Inhibitoren
1
1,6
4,8
Venlafaxin
Duloxetin
2,9
2,8
SNRIs
NSAIDs
1,8
0
non-use
SSRIs
SSRIs plus
SNRIs
SRIs plus
NSADs
de Abajo FJ et al. Arch Gen Psychiatry 2008;65(7):795 – 803 – General Practice Database – Great Britain – 01.01.2000 – 31.12.2005
Gastrointestinales Blutungsrisiko
(NSAR-unabhängig)
Einteilung der Antidepressiva nach Affinität zum Serotonin-Transporter (Auswahl)
Hazard
Ratio: 1,0
niedrige Affinität
u.a. Doxepin, Maprotilin, Mirtazapin
(Referenz)
mittlere Affinität
u.a. Venlafaxin, Duloxetin, Imipramin,
Amitriptylin
Hazard Ratio:
1,1 (0,88 – 1,4)
hohe Affinität
Paroxetin, Sertralin, Fluoxetin,
Escitalopram, Citalopram
Hazard Ratio:
1,38 (1,11 –
1,71)
p < 0,01
erhöhtes Risiko psychiatrischer Patienten bei Monotherapie
mit SSRI und erhöhter Affinität
Lee YC et al. J Clin Psychopharmacol 2012;32(4):518 – 524
Gastrointestinales Blutungsrisiko
Metaanalyse mit 153000 Patienten zur Risikobeeinflussung für Blutungen
im oberen GI-Trakt unter Einnahme von SSRIs, NSARs und der Kombination
aus SSRI und NSARs
7
Odds Ratio
6,33
6
5
4
3
2,36
3,16
2
1
0
SSRIs
Loke YK et al. Aliment Pharmacol Ther 2008;27(1):31 – 40
NSAIDs
SRIs plus NSAIDs
Einteilung der Antidepressiva
Klasse
Name
Mechanismus
Vertreter
(Auswahl)
Analgetische
Effekte
TCA
trizyklische
Antidepressiva
nichtselektive 5-HT-/NAWiederaufnahme-Inhibition
Amitriptylin,
Doxepin
ja
SNRI
Serotonin-NoradrenalinReuptake-Inhibitoren
selektive 5-HT-/NAWiederaufnahme-Inhibition
Venlafaxin,
Duloxetin
ja
SSRI
selektive SerotoninReuptake-Inhibitoren
selektive 5-HTWiederaufnahme-Inhibition
Fluoxetin,
Sertralin,
Citalopram,
keine oder geringe
tetrazyklische
Antidepressiva
Ähnlich wie trizyklische
Antidepressiva, jedoch
fehlende SerotoninReuptake-Inhibition und
schwacher H1Antagonismus
Mirtazapin
fraglich (sicher:
Kopfschmerz)
Zeitweilig absetzen oder umstellen?
SSRI (Citalopram) umsetzen auf trizyklisches Antidepressivum?
Gegen eine weitere Gabe spricht:
•
erhöhtes Blutungsrisiko bei nicht abgeheiltem Ulkus
Gegen eine Umstellung spricht:
•
keine Suizidgedanken, relativ stabile psychiatrische Situation
unter Citalopram
•
Risiken bei Ab- und Umsetzen
Für Umstellung auf trizyklisches AD spricht:
•
kein Effekt auf Thrombozytenfunktion
•
Ko-analgetische Wirkung TCA oder SNRI nutzen für den
radikulären Rückenschmerz
Erste Maßnahmen
•
Ulkus abheilen lassen
•
Diclofenac absetzen, PPI bis zur Abheilung
(z. B. Omeprazol 20 mg/d)
•
Citalopram belassen oder ausschleichen, umstellen auf Duloxetin
(Titration über 1 Woche bis auf 60 mg/Tag) wegen seiner analgetischen
Wirksamkeit (bei neuropathischem Schmerz)
•
Kontrollgastroskopie in 3 – 4 Wochen
http://www.leitlinien.de/leitlinienmethodik/clearingverfahren
http://www.versorgungsleitlinien.de/themen/depression
Welche Schmerztherapie zur Überbrückung?
1–1–1–1
• Paracetamol 500 mg
oder
max. 2 – 2 – 2 – 2
• Metamizol 500 mg
falls nicht ausreichend
• Tilidin (50 mg) u. Naloxon (4 mg) Retard-Tbl.
fest:
1–1–1
Verlauf nach 3 Wochen
Kontrollgastroskopie: Ulkus abgeheilt
Schmerzstärke aber zu hoch (5 - 6 NRS gegenüber früher 2 -3)
daher Neueinstellung:
1– 0 –1
• Diclofenac (75 mg)
plus
• Omeprazol (20 mg)
1–0–0
oder
• Diclofenac (75 mg) und Misoprostol
1–0–1
SSRI ?
• Coxib (z.B.Celecoxib 200 o. Etoricoxib 90mg?)
1 – 0 – (1)
Abschluss
Aktuelle Medikation:
• Celecoxib (200 mg)
1 – 0 – (1)
• Duloxetin (60 mg)
1–0–0
• Omeprazol (20 mg)
1–0–2
• Tilidin (50 mg) + Naloxon (4 mg) als Retard-Tbl.
1–1–1
• Etoricoxib (90 mg?)
???
Background-Folien
PPI oder Misoprostol sind indiziert für eine tNSAR-Behandlung
• Patienten über 60 Jahre
• positive Magen-Darm-Anamnese, besonders bei positiver
Ulkusanamnese
• schwere Allgemeinerkrankung
NSAR-Gastropathie
Ereignisraten in der Übersicht
alle NSAR-Patienten
(100 %)
ohne
Beschwerden
ca. 70 %
Schleimhautschäden
ca. 30 -50 %
Magenbeschwerden
mit
Beschwerden
ca. 12 -28% Ulzera
ca. 0,4 % Magenblutung,
Perforation
Bolten WW. MMW Fortschr Med 2005;147(31 – 32):24 – 27
Risiko gastrointestinaler Blutungen
Altersabhängige Ereignishäufigkeit
Altersgruppen (Zahlenangaben in Jahren)
Pérez Gutthann S et al, Epidemiology. 1997;8: 18-24.
FDA. Available at:http//www.fda.gov/ohrms/dockets/ac/05/slides/2005-4090s1.htm.
Differenzierung von Rückenschmerzen
„Mechanische“ Rückenschmerzen
(~ 80 %) nicht radikulär
• Muskulär/ligamentär
Wurzelreiz-/Kompressionssyndrome
• Bandscheibenvorfall
• Spinalkanalstenose
• Zwischenwirbelgelenke
• Spondylolisthese
• Diskogen
Entzündungen
• Iliosakralgelenk
Metabolische
Knochenerkrankungen
• Chronisch-rheumatische
Erkrankungen
Maligne Erkrankungen
Viszerale Ursachen (~ 2 %)
SCHMERZ
Psychogene Faktoren
Auslöser, Aufrechterhaltung,
Chronifizierung
MRT Aufnahme vor 1 Jahr
Zustand nach
OP LWK 4/5
Narbe L5
(+L4) re
Higher rate of upper GI tract bleeding with
concomitant
SSRI vs either aspirin or tNSAID alone (Retrospective analysis)
O/E (95% CI)*
RD per 1000 patient
year**
SSRI
3.6 (2.7─4.7)
3.1
SSRI + tNSAID
12.2 (7.1─19.5)
16.3
SSRI + ASA***
5.2 (3.2─8.0)
12.4
tNSAID
4.5 (3.9─5.2)
not provided
ASA***
2.5 (2.2─2.9)
not provided
* O/E=Ratio of observed / expected
** RD=Rate difference of treatment versus no
treatment group
*** Low-dose ASA
1. Modifiziert nach Dalton SO et al. Arch Intern Med 2003;163(1):59 – 64
Antidepressiva
Wirkmechanismus:
Wiederaufnahme von NA und 5-HT wird präsynaptisch gehemmt, bei nichtTCA selektiv
 zentrale deszendierende Hemmung wird verstärkt
 zentrale Transmitterkonzentration steigt
anticholinerg
Venlafaxin: in niedriger Dosis nur Serotonin-Reuptake gehemmt, NA erst in
höherer Dosis
Antidepressiva
Nebenwirkungen:
Agranulozytose, Neutropenie (Mirtazapin)
Schwindel, anfänglich Müdigkeit, schlafanstoßend (Mirtazapin niedrigdosiert)
Übelkeit, Erbrechen, Gewichtsveränderung
Mundtrockenheit, Obstipation, Miktionsstörung, sexuelle
Funktionsstörungen
Tremor, Hypotension, Herzrhytmusstörungen
Cave:
Glaukom, Pylorusstenose, Miktionsstörung,
Reizleitungsstörungen, Herzinsuffizienz, Epilepsie;
Therapie mit MAO-Hemmern und Triptanen;
Dosisanpassung bei Leber- und
Nierenfunktionsstörung
Trizyklische Antidepressiva
Amitriptylin
Startdosis:
10 – 25 mg (altersabhängig)
Dosierung:
0–0–1
Wirksame Dosis:
10 – 25 mg (50 – 75 mg?)
Clomipramin
Startdosis:
10 – 25 mg (altersabhängig)
Dosierung:
0–0–1
Wirksame Dosis:
10 – 25 mg (50 – 75 mg?)
• Zulassung: chronische Schmerzen
• Evidenz: PZN , PNP , Neuralgie , Stroke 
• NNT (schmerzhafte PNP): 2,1
Andere Antidepressiva
Wirkmechanismus:
• Wiederaufnahme von NA und 5-HT wird präsynaptisch selektiv gehemmt.
• Keine zusätzliche Rezeptorblockade wie TCA  verträglicher
• Venlafaxin: in niedriger Dosierung nur Serotonin-Reuptake gehemmt, NA
erst in höherer Dosierung
• Mirtazapin: prä- und postsynaptische Blockade von 2-Adrenorezeptoren
 Serotonin- und NA-Freisetzung steigt/selektive Blockade serotonerger
Rezeptoren
Nebenwirkungen¹:
Schwindel, anfänglich Müdigkeit, schlafanstoßend (Mirtazapin
niedrigdosiert), Übelkeit, Erbrechen, Gewichtsabnahme bzw. -zunahme
(Mirtazapin), Mundtrockenheit, Obstipation, sexuelle Funktionsstörungen
(Venlafaxin), Agranulozytose und Neutropenie (Mirtazapin)
¹ zu vollständigen Nebenwirkungen vgl. Fachinformation
Andere Antidepressiva
Venlafaxin retard
Startdosis:
37,5 mg
Dosierung:
1–0–0
Wirksame Dosis:
75 mg (225 mg)
•
•
•
Duloxetin
Startdosis:
30 – 60 mg
Dosierung:
1–0–0
Wirksame Dosis:
60 mg (60 mg)
Zulassung: schmerzhafte, diabetische PNP (Duloxetin)
Evidenz: PNP 
NNT (painful PNP): 4,1 (Duloxetin)
Andere Antidepressiva
Mirtazapin
Startdosis:
7,5 – 15 mg
Dosierung:
0–0–1
Wirksame Dosis:
15 – 30 mg (45 mg)
Antidepressiva (wichtigste Regeln)
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Über Schmerzindikation aufklären
Analgesie: 10 – 50 % der antidepressiven Dosis, nicht „viel hilft viel“
Analgetischer Effekt erst nach Tagen bis Wochen
Substanzen verwenden, deren Effekte man kennt
Vorsichtig einschleichen, dann retardiert
Hinweis auf anticholinerge Nebenwirkungen
Individuell: sedierende Komponente nachts
Aktivierende Komponente tagsüber
Aufdosierung, wenn Depression
WHO-Stufe Ill transdermal
Wirkstoff
Tagesdosis (mg)
Wirkungsdauer (h)
Fentanyl TTS
0,6 – 2,4
(transdermal!)
48 – 72
Buprenorphin TTS
0,84 – 1,68
(transdermal!)
48 – 72
Diener HC et al. Das Schmerztherapie-Buch. München: Urban & Fischer, 2003
Levomethadon
Vorteile:
• Liegt als REINES Enantiomer vor
• Evtl. NMDA-antagonistische Wirkung
• Rascher Wirkeintritt bei langer Wirkdauer
• Oral (Tropfen) und Ampullen verfügbar
• Individuelle Feintitration möglich (Tropfen)
• Weniger Histaminfreisetzung
Nachteile:
• Sehr variable
Eliminationshalbwertzeit
(bis 72 h) länger als Wirkdauer
• Ebenso Wirkdauer variabel
(6 – 12 Stunden)
• Dosissenkung nach 7 – 14 Tagen
• Verlangt viel Erfahrung
Transdermale therapeutische Systeme
Vorteile:
• Einfache Handhabung
• Gleichmäßige Zufuhr der
Wirksubstanz
• Compliance erleichtert
• Vorteile bei Schluck- und
Passagestörung
• Geringere Obstipation
Nachteile:
• Sehr langsamer Wirkeintritt (bis
zu 18 Stunden)
• Ungeeignet für Akutschmerz und
bei niedrigem Dosisbedarf
• Resorption von der
Hautdurchblutung (Temperatur)
abhängig
• Keine Behandlung von
Schmerzspitzen möglich; daher
oft Polypharmazie in der Praxis
• Wegen Depotbildung in der Haut
lange Abflutungsphase,
besonders bei Überdosierung
Transdermale therapeutische Systeme
• Durch niedrige
„Verordnungsschwelle“ zunehmende
Hinweise auf nicht bestimmungsgemäßen
Gebrauch
• Verschreibung bei nicht-opioid-sensitiven
Schmerzen mit daraus resultierender
Dosiseskalation
© Maier (Bochum)
Der Risikopatient –
Fall 3
 Zurück
Risikodreieck
Welche Schmerztherapie würden Sie
empfehlen?
• R.H., eine 42-jährige Frau, berichtet:
„Mir tut seit ca. 4 Jahren alles weh, Muskeln und Gelenke, ich
habe aber auch Kopfschmerzen. Diese sind seit 4 Wochen
schlimmer geworden. Ich denke, ich habe eine Fibromyalgie,
das habe ich im Internet gelesen.“
• Neu sei aber seit ein paar Wochen Durchfall (vorher eher
Obstipation), starkes Schwitzen, aber auch seelische
Probleme wie Ängstlichkeit und Antriebslosigkeit seien
schlimmer geworden.
Schmerztagebuch und -zeichnung
Schmerzintensität
10
8
6
4
2
0
7
9
10
12
14
16
Uhrzeit
Tagebuch (von gestern)
18
20
22
0
Allgemeine Anamnese
• Bei Frau R.H. wurden bei mehreren psychiatrischen
Aufenthalten schwere depressive Episoden diagnostiziert.
Sie ist seit 4 Jahren wegen einer chronischen Depression
berentet.
• Opioide hätten eigentlich nie gut gegen die Schmerzen
geholfen, aber ihr Hausarzt habe ihr jetzt deshalb zusätzlich
Tramadol-Tropfen gegen die Schmerzspitzen verschrieben.
Bisherige Schmerzmedikation
R.H. nimmt täglich Citalopram (60 mg). Zudem hat sie ein Fentanyl-Pflaster
(transdermal, zurzeit 125 µg/h, Wechsel alle 2 Tage), bei Schmerzspitzen
auch Morphin-Tabletten (10 mg) und seit Kurzem noch Tramadol-Tropfen im
Wechsel. Lithium hat Frau R.H. vor 6 Monaten abgesetzt.
Fentanyl TTS
X Morphin-Tabletten
XXX
X
X
XX
Tagebuch (gestern)
XXX
X Citalopram
X Tramadol-Tropfen
Bisherige Schmerzmedikation
Arzneimittel:
• Citalopram (60 mg)
1–0–0
• Fentanyl TTS (125 μg/h)
Wechsel alle 2 Tage
• Morphin Tbl. (10 mg)
bei Bedarf 2 – 5 Tbl. pro Tag
• Tramadol Tropfen (100 mg/ml)
bei Bedarf 2 – 4 x 20 – 40 Tropfen pro Tag
Klinische Befunde
• Befunde: erschöpfte und müde Pat., bedrückt, affektlabil,
aber schwingungsfähig, keine formalen Denkstörungen
• Miosis, alle Muskeleigenreflexe lebhaft bis gesteigert, keine
pathologischen Reflexe, diskreter Tremor,
Gelenkbeweglichkeit o.B.
• Laborbefunde: γ-GT 88 U/ml, Elektrolyte: Hyponatriämie,
sonst unauffällig, ebenso Leber-, Nierenwerte und
Schilddrüsenwerte
Welche Fehler wurden gemacht?
Welche Therapie ist notwendig und indiziert?
Welche akute Diagnostik ist notwendig ?
Verdachtsdiagnosen
• Rezidivierende Depression oder Dysthymie
• Aktuell: Hyperthyreose? Serotonin-Syndrom ?
• Zunehmender Kopfschmerz
• Diarrhoe, Reflexsteigerung, Tremor
• Opioid-resistenter Schmerz oder Opioid-Fehlgebrauch
Serotonin-Syndrom
Bedrohliches Syndrom, ausgelöst durch Serotonin-Anstieg im ZNS, oft durch
Medikamenteninteraktion
Symptome:
• autonome:
• Tachykardie, Schwitzen, RR-Anstieg, Diarrhoe, Mydriasis
•
ZNS-Erregung
• Unruhe, Halluzinationen, Hypomanie, Dyskinesie,
Bewegungsunruhe, Suizidalität
• neuromuskuläre:
• Tremor, Reflexsteigerung, Myoklonie
Serotonin-Syndrom
Auslösende Medikamente (v. a. durch kombinierte
Einnahme):
MAO-Hemmer, SSRI, Mirtazapin, Venlafaxin,
Tramadol, Triptane, Anti-Parkinson-Mittel, Drogen
(Kokain, Ecstasy u.a.m.)
Tramadol Razemat
CYP2D6
Interaktion z.B.
mit Amitriptylin
(+)-M1-Metabolit
(+)-O-Desmethyltramadol
1
µ-OpioidRezeptorAgonist
(+)-Tramadol
(-)-Tramadol
2
3
Serotonin
Noradrenalin
Hemmung der Wiederaufnahme
5-HT-Spiegel 
Interaktion, z.B. SSRI
NA-Spiegel 
Tramadol
• Mittelstark wirksames Opioid (WHO-Stufe 2)
• Razemat
•
μ- ,κ- und δ-Agonist (Morphinäquivalenz: ca. 0,08– 0,1)
• dualer (Serotonin-Noradrenalin-)Reuptake-Hemmer
Dosierung (oral): 200 bis max. 600 mg/Tag
Dosisreduktion bei Nieren- und Leberfunktionsstörung
Tramadol
Wirkung:
• Opioid -typische Wirkungen, in der Regel postoperativ oder bei
mittelstarken chronischen Schmerzen eingesetzt
• Wirkeffekt durch RCT gesichert u.a. bei Polyneuropathie und anderen
neuropathischen Schmerzen
Unerwünschte Wirkungen:
• alle Opioid -typischen UAW, auch Abhängigkeit
• vermehrt Übelkeit, Serotonin-Syndrom bei Interaktion mit SSRI und
Drogen
• Metabolismus evtl. beeinträchtig bei anderen CYP3A4-hemmenden
Substanzen (u. a. Erythromycin)
• Slow-Metabolizer: erhöhte Nebenwirkungsrate!
Symptome und ihre möglichen Ursachen
Kopfschmerz und ZNSÜbererregung
Serotonin-Syndrom, unerwünschte
Arzneimittelwirkung (Tramadol, Citalopram)
Diffuse Schmerzzunahme,
Erschöpfung, Depressivität
Opioid-Fehlgebrauch, Suchterkrankung
(Fentanyl TTS, Morphin, Tramadol)
Was ist zu tun?
• Tramadol absetzen
Nächster Schritt ?
Arzneimittel nach Umstellung:
• Citalopram (60 mg)
1–0–0
• Fentanyl TTS (125 μg/h)
Wechsel alle 2 Tage
• Morphin Tbl. (10 mg)
bei Bedarf 2 – 5 Tbl. pro Tag
Opioid-Dosis erhöhen?
Opioid wechseln?
Opioide entziehen?
Schmerztagebuch nach Absetzen
von Tramadol
Fentanyl TTS
X
X
XX X XX
XX
XX
X
Schmerz- und Medikamententagebuch (nach Umstellung)
Citalopram
Welche Fehler wurden bei der OpioidTherapie gemacht?
• Gleichzeitige Gabe von Opioiden der WHO-Stufen 2 und 3
• Verschreibung von kurz wirkenden Opioiden bei
chronischen Schmerzen
• Weiterverschreibung trotz fehlender Wirksamkeit
• Dosiserhöhung bei primär wenig Opioid-sensitivem
Schmerz, evtl. Auslösung einer Hyperalgesie
• Nichtbeachtung der psychiatrischen Ko-Morbidität
 Entscheidung: stationärer Entzug
Neurobiologische Mechanismen der OpioidHyperalgesie
• Periphere Sensibilisierung
• Vermehrte absteigende Faszilitierung (rostrale ventrale
Medulla)
• Erhöhte Wiederaufnahme von Substanz P und anderen
erregenden Transmittern
• Langzeitpotenzierung und Sensibilisierung anderer Neurone
• Zunahme neurotoxischer Marker
Angst MS et al. Anesthesiology 2006;104(3):570 – 587
Opioid-Wirkung und Psychopathologie
Schmerzreduktion (TOTPAR)
70
60
50
40
Morphin
Placebo
30
20
10
0
niedrig
mittel
hoch
Psychopathologie (Gruppen)
Wasan AD et al. Pain 2005;117(3):450 – 461
Ursachen von Schmerzen unter einer
Opioidtherapie
Opioid-induzierte Hyperalgesie(OIH)
•
Schmerzzunahme / Hyperalgesie
• unter Opioidgabe
• nach Absetzen der Opioide
Gewöhnung /Tachyphylaxie
•
Wirkabnahme ohne Dosissteigerung
Primäre Teil- oder Unwirksamkeit
• opioid-insensitive Schmerzen
Sucht / Abhängigkeit / schädlicher Gebrauch
Schmerzen +
Dosiseskalation
+ psychische
Verschlechterung
Leitsymptome einer Therapiefehlentwicklung
bei Langzeittherapie mit Opioiden
Hinweise für psychotrope UAW
(Therapiefehler)
Tages)-Müdigkeit
Schlafstörung
Depressiven Episoden
Kognitive Einschränkung
reduzierte Aktivität
Sozialer Rückzug
Konflikte in Ehe, Familie und bei
der Arbeit / arbeitsunfähig
Zunahme psychotroper UAW
Hinweise für Fehlumgang
mit Opioiden (ICD 11.1)
Beigebrauch psychotroper
Substanzen
Weitereinnahme gegen
ärztl. Rat
Wunsch nach
Therapiesteigerung
Hinweise auf eine OIH
Schmerzzunahme trotz
steigender Dosis /Opioidrotation
Neue Schmerzlokalisation
Transformation zu diffusen
Schmerzbildern
Druckhyperalgesie
Wirkungslosigkeit anderer
Therapien (z.B. Physiotherapie
Hinweise für eine
Suchterkrankung (ICD F11.2)
Unregelmäßigkeit bei Beschaffung
(z.B. Zusatzrezept, Kap 23)
Craving Symptome ./.
Kontrollverlust,
zwanghafter Gebrauch,
Einnahme illegaler Drogen
Injektionen oraler /transdermaler
Applikationsformen,
Rezeptfälschungen usw.
© C. Maier /D. Kindler (Bochum) In: Maier/Bingel/Diener (Hrsg.) Lehrbuch der Schmerzmedizin (5. Auflage 2016,) Elsevier Verlag
Maßnahmen vor dem stationären Entzug
• Ärztliches und psychologisches Explorationsgespräch
• Abklären der intrinsischen Motivation
• Edukation wegen der Ängste des Patienten vor Schmerzverstärkung,
Entzugssymptomen
• Prognose
• Schriftlicher Entzugsvertrag!
Effekt des Opioid-Entzugs und der
Psychotherapie
Schmerztagebuch:
Patienten mit dauerhafter Opioid-Freiheit nach Entzug
haben bereits frühzeitig ausgeprägte Schmerzlinderung
durch den Entzug als später Rückfällige
Krumova EK et al. Clin J Pain 2013;29(9):760 – 769
Weiterbehandlung
Arzneimittel bei Entlassung:
• Citalopram (60 mg)
1–0–0
• Clonidin (0,075 mg)
2 – 2 – 2 (ausschleichend)
Tagesstationäre Weiterbehandlung in einer psychosomatischen Klinik
Background-Folien
Verlauf und Differenzialdiagnose bei
Depression
aus : NVL Depression, entnommen: 11.7.2009, http://www.depression.versorgungsleitlinien.de
F32. Depressive Episode
Bei den typischen Episoden leidet der betroffene Patient unter einer
gedrückten Stimmung und einer Verminderung von Antrieb und Aktivität.
Die Fähigkeit zu Freude, das Interesse und die Konzentration sind
vermindert. Ausgeprägte Müdigkeit kann nach jeder kleinsten Anstrengung
auftreten. Der Schlaf ist meist gestört, der Appetit vermindert.
Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen sind fast immer beeinträchtigt. Sogar
bei der leichten Form kommen Schuldgefühle oder Gedanken über eigene
Wertlosigkeit vor. Die gedrückte Stimmung verändert sich von Tag zu Tag
wenig, reagiert nicht auf Lebensumstände und kann von sogenannten
„somatischen“ Symptomen begleitet werden, wie Interessenverlust oder
Verlust der Freude, Früherwachen, Morgentief, deutliche psychomotorische
Hemmung, Agitiertheit, Appetitverlust, Gewichtsverlust und Libidoverlust ...
ICD-10 Kapitel V (F)
F32. Depressive Episode
F32.0
Leichte depressive Episode
F32.1
Mittelgradige depressive Episode
F32.2
Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome
F32.3
Schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen
F32.8
Sonstige depressive Episode
F32.9
Depressive Episode, nicht näher bezeichnet
ICD-10 Kapitel V (F)
F32. Depressive Episode
Leicht:
Gewöhnlich sind mindestens 2 oder 3 der angegebenen Symptome
vorhanden. Der betroffene Patient ist im Allgemeinen davon beeinträchtigt,
aber oft in der Lage, die meisten Aktivitäten fortzusetzen.
Mittelgradig:
Gewöhnlich sind 4 oder mehr der angegebenen Symptome vorhanden, und
der betroffene Patient hat meist große Schwierigkeiten, alltägliche
Aktivitäten fortzusetzen.
Schwer:
Eine depressive Episode mit mehreren angegebenen, quälenden Symptomen.
Typischerweise bestehen ein Verlust des Selbstwertgefühls und Gefühle von
Wertlosigkeit und Schuld. Suizidgedanken und -handlungen sind häufig, und
meist liegen einige somatische Symptome vor.
ICD-10 Kapitel V (F)
F31. Bipolare affektive Störung
Hierbei handelt es sich um eine Störung, die durch wenigstens 2 Episoden
charakterisiert ist, in denen Stimmung und Aktivitätsniveau des Betroffenen
deutlich gestört sind. Diese Störung besteht einmal in gehobener Stimmung,
vermehrtem Antrieb und Aktivität (Hypomanie oder Manie), dann wieder in
einer Stimmungssenkung und vermindertem Antrieb und Aktivität
(Depression). Wiederholte hypomanische oder manische Episoden sind
ebenfalls als bipolar zu klassifizieren.
ICD-10 Kapitel V (F)
% Non-responder
Einfluss des Genotyps auf die Wirksamkeit
einer postoperativen Analgesie mit Tramadol
Stamer UM et al. Pain 2003;105(1 – 2):231 – 238
EM: extensive metaboliser
(„Normalmetabolisierer“)
PM: poor metaboliser
(„Langsammetabolisierer“)
Einfluss des Genotyps auf die Wirksamkeit
einer postoperativen Analgesie mit Tramadol
Kumulativer Analgetikaverbrauch PCA
12
1200
1000
10
Poor Metabolizers
Extensive Metabolizers
Tramadol
800
mg
Metamizol
8
g
600
6
400
4
MW+/-SEM
p=0,003
200
4
8 12 16 20 24 28 32 36 40 44 48
Stunden
Stamer UM et al. Pain 2003;105(1 – 2):231 – 238
2
Management bei Entzugsbehandlung
Medikamente zur Linderung der Entzugssymptome
Standard:
Poststationär
ausschleichen
Clonidin
beginnend 3 x75 µg (in Abhängigkeit von RR und HF)
Bedarfsmedikation:
Angst/Unruhe:
Lorazepam
Schlafprobleme:
Zopiclon
Bauchkoliken:
Butylscopolamin
}
Diarrhoe: Loperamid bei Bedarf
Schmerz:
Parecoxib bei Bedarf/Interventionen
Vor Entlassung
absetzen
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