494 Fortsehr. Neurol. 48 (1980) 494 509 © Georg Thieme Verlag, Stuttgart . New York Die Beurteilung hirnatrophischer Prozesse mit Hilfe der Computertomographie W. Meese. Th. Grumme Zusammenfassung Assessment of Brain Atrophy by Computer Tomogrdphy Die computertomographischen Befunde von 512 Patienten mit Atrophia cerebri wurden anhand standardisierter Kriterien analysiert. Die exakte Beurteilung der äußeren und inneren Liquorräume gestattete eine Neugliederung dieses Krankheitsbildes. Die Grenzen gegenüber physiologischen Alterungsprozessen wurden erörtert. Darüber hinaus wurde der Versuch unternommen, die CT-Befunde mit psychopathologischen und EEG-Befunden zu korrelieren. Computer tomograms from 512 patients with brain atrophy were analysed according to standardlzed Cr!teria. Exact studies of the outer and inner CSF spaces allowed aredefinition of this disease entity. The limits of change related to the physiological process 01' aging were established. In addition, an attempt was made to correlate CT findings with EEG tracings and psychiatrie criteria. Die zerebrale Computertomographie (CCT) hat in den vergangenen Jahren ihre Brauchbarkeit und Zuverlässigkeit in der Diagnostik zerebraler Erkrankungen in hohem Maße bewiesen (1, 3, 5). Die Vorteile der CCT , namen tlich bei der Diagnostik hirnatrophischer Prozesse, seien nochmals kurz erwähnt. Material und Methodik Die sichere Unterscheidung zwischen Liquor und Hirngewebe gestattet, die Liquorräume des Endokraniums in Form und Größe exakt zu beschreiben und unter Verwendung bestimmter Parameter zu objektivieren. Die erhobenen Befunde sindjederzeit reproduzierbar. Die aus der Pneumenzephalographie bekannten Füllungsdefekte und die fUr den Patienten erheblichen Belastungen sind dieser Methode fremd. Die einzige Bedingung, besonders bei psychopathologisch veränderten Patienten, die Ruhigstellung des Patientenkopfes, wird durch verbale Beeinflussung, kurzfristiges Festhalten oder durch Sedativa, leicht erreichbar - abgesehen davon, daß die technische Entwicklung die Untersllchungsdauer auf Sekunden herabgedrückt hat. Da die CCT ob ihrer geringen Belastung flir den Patien ten langfristige Kontrolluntersuchungen ermöglicht, kann die zerebrale Atrophie auch in ihrer Dynamik erfaßt werden. Für die Beurteilung der Liquorräume ist die Gabe von Kontrastmitteln nicht notwendig. Innerhalb von 2 Jahren wurden 6 484 Patienten computertomographisch untersucht. In 512 Fällen (7,9 %) lautete die Diagnose ausschlief.lllieh ,,hirnatrophischer Prozeß", Patienten mit in trakraniellen Raum forde rungen, Hirn traUinen und Getaßprozessen, bei denen als Nebenbefund eine Hirnatrophie diagnostiziert wurde, fanden in dieser Studie keine Berücksichtigung. Die Untersuchungen wurden mit Computertomographieanlagen der Firma EMI durchgeführt (anfangs CT -Gerät ,,Mark I" mit einer 160 x 160 Matrix, in neuerer Zeit "CT 1010" mit einer 240 x 240 Matrix). Die bei der Routineuntersuchung zerebraler Erkrankungen allgemein üblichen 4 Standardschichten reichten ausnahmslos flir eine exakte Beurteilung einer Hirnatrophie aus. Die transversalen Schichten werden parallel zur Orbito-meatal-Linie in I(}mm-Abständen durch den Gehirnschädel gelegt. Bei dem alten CT-Gerät ,,Mark 1" war der Abstand der Parallelschichten A lind B 13 mm. Die Abb. I -4 bringen Beispiele der vier Standardschichten, bei deren Beschreibung das Interesse den Liquorräumen galt. Abb. 1 zeigt die basalen Parallelschichten lA und IB, die eine Beurteilung der Weite und Form des IV. Ventrikels sowie der Kleinhirnoberfläche ermöglichen. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Freie Universität Berlin, Klinikum Charlottenburg, Neurochirurgische Klinik (Komm. Leiter: Prof. Dr. Th. GrummeI Die Beurteilung hirnatrophischer Prozesse mit Hilfe der Computertomographie 495 Abb. 2 Untere Mittelschichten 2A und 2B Abb. 3 Obere Mittelschichten 3A und 3B Abb. 4 Kortikale Schichten 4A und 4B Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Abb. 1 Basale Standardschichten 1 A und 1B W. Meese, Th. Grumme Darüber hinaus sind die basalen Zisternen, das sogenannte Pentagon, die Cisterna ambiens und die Temporalhörner sichtbar. Die unteren Mittelschichten 2A und 2B (Abb.2) enthalten die meiste Information. Neben den Inselzisternen und dem frontobasalen Interhemisphärenspalt ist die Breite des 3. Ventrikels und die Weite der Frontalhörner bestimmbar. In der Schicht 2A ist die Cisterna quadrigeminaHs sichtbar, die oval nach hinten erweitert Auskunft über eine Kleinhirnwurmatrophie geben kann. Das durch das Corpus pineale und die Plexus chorioidei gebildete Dreieck hat großen Orientierungswert, einmal zur Überprüfung der eingestellten Schichtebene, zum anderen bei der Einstellung von Verlaufsuntersuchungen und bei Befundvergleichen verschiedener Patienten. In den oberen Mittelschichten 3A und 3B (Abb. 3) ist eine ergänzende Information über den frontalen Interhemisphärenspalt und die obere Inselzisternenbegrenzung zu erhalten, vor allem aber ist die Weite der Seitenventrikel im Corpusventriculi-Bereich zu bestimmen. In den Oberschichten 4A und 4B (Abb. 4) kann die Zahl der Sulci und deren Weite ermittelt werden. Strichförmig angedeutete Sulci oder die, die in der Breite weniger als 3 mm messen, werden als normal angesehen. Die Geräte der verschiedenen Firmen haben eine unterschiedlich große Bilddokumentation, so daß fUr jedes Gerät ein maßstabgerechter 2B Schicht 3B Meßstab angefertigt werden muß. Dadurch wird es möglich, alle Meßgrößen im Dezimalsystem anzugeben. Bei kleinen Meßwerten bis etwa I cm empfiehlt sich die Verwendung eines Stechzirkels. Bei der Beurteilung namentlich der äußeren Liquorräume kann eine einfache Leselupe zur Verbesserung der Meßgenauigkeit von Nutzen sein. Nicht alle aus der Pneumenzephalographie bekannten Meßgrößen sind für die Beurteilung der CT-Bilder sinnvoll. Wir haben uns bei der Auswahl der Beurteilungsparameter von folgenden Kriterien leiten lassen: leicht bestimmbar, jederzeit reproduzierbar, gut vergleichbar und nicht zuletzt flir die Routinearbeit empfehlenswert. Innere Liquorräume Lokalisation und Ausmaß hirnatrophischer Prozesse geben sich durch unterschiedliche Veränderungen am Ventrikelsystem zu erkennen. Die Seitenventrikel unterliegen namentlich im Frontal- und Korpusbereich den größten Schwankungen. Sämtliche Meßpunkte und -größen sind in Abb.5 erläutert. Normalbefunde und Graduierung der pathologischen Meßwerte sind in Tab. 2 aufgetragen. Zur Beurteilung der Frontalhörner wurden der Frontalhornindex und die Huckman-Zahl verwendet. Der Frontalhornindex (FHI) ist der Quotient aus größtem äußeren Schädeldurchmesser in Höhe der Frontalhörner und dem größten Frontalhornabstand(FHI = AlB), Abb.5 Meßpunkte bzw. -strecken (A~E). Die leeren Pfeile vwisen auf jene Meßstellen hin, die zur Beurteilung der äußeren Liquorräume geeignet erscheinen Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 496 Die Beurteilung hirnatrophischer Prozesse mit Hilfe der Computertomographie Veränderungen im Corpus-ventriculi-Bereich werden durch den Cella-media-Index (CMI) er· faßt. Der CMI ist der Quotient aus dem größten äußeren bitemporalen Durchmesser und dem größten Abstand der Seitenventrikel in Höhe der Cella media (CMI = D/G). Der 3. Ventrikel kann direkt in einer der Mittelschichten gemessen werden. Der 4. Ventrikel ist in den Basisschichten di· rekt meßbar. Werte bis 12 mm im Querdurchmesser können als normal, bis 16 mm als leicht und über 16 mm als deutlich erweitert angesehen werden. Abb. 6 40jähriger Mann. Hochgradige kortikale Hirnatrophie. Eindeutiges Überwiegen der externen Atrophiezeichen. Die inneren Liquorräume sind nur rnäßiggradig erweitert. (FHI = 3,2; HZ = 5,3 crn; 111. V. = 7 rnrn; CMI = 3,4; Inselzisterne rnittelgradig erweitert; frontaler Interhernisphärenspalt = 10 rnrn; Sulci in Schicht 4A = 12; Sulciweiten in Schicht 46 = 6- 7 rnrn) Ä'ußere Liquo"äume Von den äußeren Liquorräumen unterliegen die Inselzisternen, der frontale Interhemisphärenspalt und die Sulci den größten Schwankungen. Das Ausmaß der pathologisch veränderten äußeren Liquorräume bestimmt den Schweregrad des hirnatrophischen Prozesses. Die isolierte Beurteilung dieser Regionen bietet darüber hinaus Hinweise auf die Lokalisation des Prozesses. Grundsätzlich wurden strichförmig erweiterte oder weniger als 3 mm messende äußere Liquorräume als normal angesehen. Die Meßpunkte rlir die Inselzisternen sind in Abb. 5 ersichtlich. Werte zwischen 3 - 5 mm sprechen rlir eine mäßiggradige Erweiterung (Abb. 8). Für eine mittelgradige Erweiterung sprechen Meßwerte zwischen 6 - 9 mm. Ein weiteres Kriterium ist die Darstellung der einzelnen Insel· windungen (Abb. 2). Eine hochgradige Veränderung liegt dann vor, wenn sich die gesamte Inselregion mit Liquor gefiillt darstellt (Abb. 7). Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Die Huckman-Zahl (HZ) ist die Summe der größten Frontalhorndistanz und des größten Nucleus-caudatus-Abstandes. Die ursprünglich von Huckman (6) angegebene Zahl wurde dahingehend modifiziert, daß sie mit einem maßstabgerechten Meßstab abgenommen und direkt in Zentimetern angegeben werden kann. (HZ = B + C in cm). 497 W. Meese, Th. Grumme Der frontale Interhemisphärenspalt ist direkt meßbar. Der Interhemisphärenspalt kann auch durchgehend erweitert sein, was einer besonderen Erwähnung bedarf. Für die Beurteilung der Sulci bieten sich zwei Kriterien an, einmal die Zahl der sichtbaren Sulci in der Parietalmarkschicht 4A, zum anderen die Weiten der Sulci in der obersten Schicht 4B (Abb. 4). Zur Vereinfachung des Meßvorganges wurden die 3 weitesten Sulci gemessen und deren Mittelwert als Meßgröße registriert. Die relativ geringe Schwankungsbreite der Sulci läßt eine Einteilung in 3 Schweregrade nicht gerechtfertigt erscheinen. Die Zahl der erweiterten Sulci kann als Maß für die Flächenausdehnung angesehen werden, wäh- rend die Weite der Sulci die lokale Intensität des Prozesses charakterisiert. Die Graduierung der pathologisch erweiterten äußeren Liquorräume ist in Tab. 3 aufgetragen. Die basalen Zisternen (darunter das sogenannte Pentagon mit der Cisterna ambiens) zeigen im Erwachsenenalter, bedingt durch die benachbarten Strukturen, die geringste Schwankungsneigung (Abb. I). Die Cisterna ambiens wird in der basalen Schicht 1B horizontal geschnitten und kann in Millimetern gemessen werden. Eine Graduierung jedoch erscheint nicht gerechtfertigt. Eine isolierte Erweiterung der basalen Zisternen wurde in unserem Untersuchungsmaterial nicht beobachtet. Abb. 7 67jähriger Mann mit fronto-temporal betonter Hirnatrophie. Der frontale Interhemisphärenspalt und die Inselzisternen sind hochgradig verändert. Auch die Frontalhornerweiterung weist ein Übergewicht auf (FHI ; 2,6; HZ; 7,3 cm; CMI = 3,6; 111. V.; 9 mm) Abb. 8 38jährige Frau, mäßiggradige oder beginnende kortikale Atrophie im Bereich der Inselzisternen und des frontalen Interhemisphärenspaltes. Normales Ventrikelsystem Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 498 Ergebnisse In 512 Fällen lautete die computertomographisehe Diagnose ausschließlich ,,Atrophia cerebri" (Tab. 1). Die Hirnatrophien wurden anhand der in Tab. 2 und 3 aufgezeigten Kriterien analysiert. Die Tab. 4-12 sind nach ein und demselben Schema aufgebaut. In der ersten Spalte sind die Altersgruppen in Jahren aufgetragen. Die Zahlen in Klammern bedeuten stets die prozentualen Anteile der entsprechenden Altersgruppe. Der besseren übersicht halber wird fürderhin auf eine Differenzierung der Geschlechter verzichtet. Die Tab. 4 zeigt das Verhalten der Seitenventrikel im Bereich des Corpus ventriculi und der Frontalhörner auf. Als normal wurde das Ventrikelsystem in diesen Bereichen in 109 Fällen (21,3 %) befundet. Diese normalen Anteile nahmen mit steigendem Alter kontinuierlich ab. Gleichmäßige Erweiterungen - d.h. der Schwere- Tab. 1 Gllsamtübersicht über 512 Patienten mit computertomographisch diagnosti zierter Hirnatrophie aufgeschlüsselt nach Alter und Geschlecht ' Altersgruppe Gesamt (%) (Jahre) 21-30 31-40 41-50 51-60 61-70 71-80 81 14 (2,71 56(10,9) 95 (18,6) 93 (18,2) 153(29,9) 84(16,4) 17(3,3) Männer Frauen (%) (%) 11 ( 2,1) 47( 9,21 68 (13,31 63 (12,3) 68(13,3) 54(10,5) 7(1,4) 3 ( 0,6) 9( 1,7) 27 ( 5,31 30 ( 5,91 85(16,6) 30( 5,9) 10(1,9) 512 (100,0) 318 (62,1) 194 (37,9) --- grad der pathologischen Veränderungen aller Bereiche (FHI, HZ und CMI) stimmte überein ~ wurden in 270 Fällen (52,7 %) angetroffen. Die Zahl der Fälle, bei denen eine Frontalhornerweiterung überwog, war mit 28 (5,5 %) gering. ~nter 40 Jahren wurde ein solcher Befund gar ~Icht ~ngetro~fen, in den anderen Altersgruppen smd die Anteile annähernd gleichmäßig verteilt. Ein überwiegen der pathologischen Veränderungen im Bereich des Corpus ventriculi hingegen fmdet sich in 105 Fällen (20,5 %), wobei die Anteile in den niederen und höheren Altersgruppen überwiegen. Das Verhalten des 3. Ventrikels geht aus der Tab. 5 hervor. Als normalweit wurde er in 258 Fällen (50,4 %) angetroffen. Im höheren Alter nahm die Zahl der normalen 3. Ventrikel kontinuierlich ab. In 156 Fällen (30,5 %) stimmte der Schweregrad des vergrößerten 3. Ventrikels mit dem der Seitenventrikelerweiterun~ überein. 98mal (19,1%) war der 3. Ventrikel um ein bis zwei Schweregrade geringer erweitert als die Seitenventrikel. Die Zahl der gleichsinnig und weniger erweiterten 3. Ventrikel stieg mit zunehmendem Alter kontinuierlich an. Das Verhalten der Temporalhörner ist in Tab. 6 aufgetragen. In 237 Fällen (46,3%) wurden sie als normal befundet. Mit steigendem Alter nahmen die normalen Anteile kontinuierlich ab. Mäßiggradig erweiterte Temporalhörner fanden sich in 181 (35,4%), hochgradig erweiterte in 94 Fällen (18,3%). Die Anteile der pathologisch erweiterten Temporalhörner stiegen mit zunehmendem Alter kontinuierlich an. In Tab. 7 sind die Ergebnisse der äußeren Liquorräume aufgetragen. Nur in 9 Fällen unse- Tabe~e 2 tJormalbefunde und Graduierung der pathologisch veränderten inneren Liquorräume. FHI.- Frontalhorn-Index; HZ = Huckman-Zahl (cm); 3. V. = 3. Ventrikel (mm); CMI = Cellamedia-Index; TH = Temporal-Hörner (mm). Die Meßpunkte sind in Abb. 5 ersichtlich Normal befund mäßiggradig FHI HZ (cm) 3. V.(mm) CMI TH (mm) > 3,7 < 5 < 7 ? 4,1 nicht sichtbar, strichförmig 3,6- 3,1 5,1- 6,4 8 -10 4,0- 3,6 3 - 5 499 Pathologisch verändert mittelgradig 3,0- 2,6 6,5- 7,9 11 -14 3,5- 3,0 </J hochgradig < > 2,5 8 ). 15 ). 2,9 f;' 6 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Die Beurteilung hirnatrophischer Prozesse mit Hilfe der Computertomographie 500 W. Meese, Th. Grumme Tabella 3 Normalbefunde und Graduierung der pathologisch veränderten äußeren Liquorräume mäßiggradig hochgradig 3-5mm 6-9mm (und/oder Insel windungen sind sichtbad > 10 mm nicht sichtbar, strichförmig, < 3mm 3-5mm 6-9mm 3-5 6-9 nicht sichtbar, strichförmig, < 3mm 3-5 q, > > > 10mm weniger als 3 Cisternae insulares nicht sichtbar, strichförmig <3mm frontaler' Interhemisphärenspalt Zahl der Sulci Weite der Sulci Pathologisch verändert mittelgradig 10 6mm Tabelle 4 CT-Befunde der Seitenventrikel Altersgruppen normales Ventri kelsystem gleichmäßig erweitert Frontalhorn überwiegend Corpus ventriculi überwiegend ~ 40 41-50 51-60 61-70 > 71 29 30 23 19 8 24 44 53 88 61 q, 17 15 11 36 26 (41,4) (31,6) (24,7) (12,5) ( 7,9) (34,3) (46,3) (57,0) (57,5) (60,3) 6 6 10 6 (6,3) (6,5) (6,5) (5,9) (24,3) (15,8) (11,8) (23,5) (25,7) Tabelle 5 Verhalten des 3. Ventrikels im Vergleich zu den Veränderungen an den Seitenventrikeln Altersgruppe normaler 3. Ventrikel 40 ~ 41-50 51-60 61-70 > 71 56 53 49 66 34 (80,0) (55,8) (52,5) (43,2) (33,7) gleichsinnig erweitert weniger erweitert 10 (14,3) 4 13 18 34 29 29 (30,5) 26 (27,9) 53 (34,6) 38 (37,6) ( 5,7) (13,7) (19,5) (22,2) (28,7) Tabelle 6 Beurteilung der Tempralhörner Altersgruppe normale Temporalhörner mäßiggradig erweitert ~ 46 (65,7) 54 (56,8) 49 (52,7) 59 (38,6) 29 (28,7) 20 (28,6) 40 41-50 51-60 61-70 ? 71 30 29 57 45 hochgradig erweitert 4 ( 5,7) (31,6) (31,2) (37,2) (44,6) 11 15 37 27 (11,6) (16,11 (24,2) (26,7) Tabelle 7 Beurteilung der äußeren Liquorräume Altersgruppe 40 ~ 41-50 51-60 61-70 ~ 71 äußerer Liquorraum normal 2 (2,8) q, 3 4 q, (3,2) (2,6) gleichmäßig erweitert fronto-temporal betont Hirnhaube betont 27 44 36 45 45 19 26 18 41 18 22 25 36 63 38 (38,7) (46,3) (38,7) (29,4) (44,6) (27,1) (27,3) (19,4) (26,8) (17,8) (31,4) (26,4) (38,7) (41,2) (37,61 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Normalbefund res Untersuchungsmaterials (1,7%) wurden die äußeren Liquorräume als normal befundet. Eine gleichmäßige Erweiterung der Inselzisternen, des Interhemisphärenspaltes und der Sulci fand sich in 197 Fällen (38,6%). Ein Überwiegen der erweiterten äußeren Liquorräume im frontotemporalen Bereich wurde in 122 Fällen (23,8%), ein Überwiegen im Bereich der Hirnhaube in 184 (35,9%) gefunden. In den einzelnen Altersgruppen waren annähernd gleiche Anteile pathologisch erweiterter äußerer Liquorräume anzutreffen. Veränderungen im frontotemporalen Bereich scheinen bei der Beurteilung hirnatrophischer Prozesse eine besondere Rolle zu spielen. Eine gesonderte Betrachtung der Inselregion und des frontalen Interhemisphärenspaltes ist in Tab. 8 dargestellt. Bei 240 Hirnatr0phien (47,7%) waren beide Regionen gleichmäßig erweitert. Die prozentualen Anteile in den verschiedenen Altersgruppen waren dabei annähernd gleich. Bei 122 Patienten mit Atrophie (24,3%) war ein Überwiegen der Inselerweiterungen festzustellen. Hierbei zeigte sich eine deutliche kontinuierliche Zunahme dieser Befunde mit steigendem Alter. Genau umgekehrte Verhältnisse lagen bei 141 Fällen (28,0%) vor, bei denen die Weite des Interhemisphärenspaltes überwog. Ein direkter Vergleich der pathologisch veränderten inneren und äußeren Liquorräume ist in Tab. 9 aufgezeigt. Bei 103 Patienten mit Atrophie (20,1%) stimmte der Schweregrad der pathologischen Veränderungen an den inneren mit dem der äußeren Liquorräume überein. Mit ansteigendem Lebensalter war eine kontinuierliche Zunallme dieser Befunde festzustellen. Bei 80 Patienten mit Hirnatrop~lie (15,6%) überwogen die Veränderungen der inneren Liquorräume. Diese intern-betonten Atrophieformen zeigten eine Häufung mit zunehmendem Alter. Ein genau umgekehrtes Verhalten wiesen 329 externbetonte Atrophieformen (64,3%) auf. In Tab. 10 sind jene Fälle zusammengetragen, bei denen die Zeichen einer Atrophie an den inneren und äußeren Liquorräumen auf eine bestimmte Region hinwiesen. In 71 Fällen (13,7%) waren die Ventrikelweiten im Be- reich des Corpus ventriculi am stärksten ausgeprägt. Der CMI wies einen höheren Veränderungsgrad auf als der FHI, HZ und 3. Ventrikel. Gleichzeitig zeigten die äußeren Liquorräume im Bereich der Hirnhaube die stärksten Veränderungen, dokumentiert durch Zahl und Weite der Su1ci. In den höheren Altersgruppen waren diese Befunde häufiger anzutreffen. Vergleichbar veränderte innere und äußere Liquorräume im Frontalhirnbereich fanden sich nur bei 15 Patienten mit Hirnatrophie (2,9%), die annähernd gleichmäßig auf die Altersgruppen verteilt waren. Tabelle 8 Gegenüberstellung der Veränderungen an den Inselzisternen und im frontalen Interhemisphärenspalt Altersgruppe gleichmäßig Inselregion erweitert betont ~ 40 41-50 51-60 61-70 ? 71 26 43 48 78 45 4 ( 5,9) 16 (16,8) 15 (16,6) 44 (29,5) 43 (42,5) (38,2) (45,3) (53,3) (50,3) (44,6) Interhemisphärenspalt betont 38 37 27 27 13 (55,9) (38,9) (30,1) (18,2) (12,9) Tabelle 9 Gegenüberstellung von Atrophiezeichen der inneren und der äußeren Liquorräume Altersgruppe gleichmäßig erweitert intern betont extern betont ~ 40 41-50 51-60 61-70 ? 71 7 16 16 38 26 4 4 17 31 24 59 75 60 84 51 (10,0) (16,8) (17,2) (24,8) (25,7) ( 5,7) ( 4,3) (18,3) (20,3) (23,8) (84,3) (78,9) (64,5) (54,9) (50,5) Tabelle 10 Übereinstimmende Veränderungen der inneren und der äußeren Liquorräume in bestimmten Regionen Altersgruppe Corpus ventriculi und Hirnhaube frontal ex tern und frontal intern 40 41-50 51-60 61-70 ? 71 7 11 10 25 18 rfJ insgesamt 71 (13,7) 5- (10,0) (11,6) (10,8) (16,3) (17,8) 5 (5,3) 1 11,11 8 (5,2) 1 (1,0) 15 (2,9) Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 501 Die Beurteilung hirnatrophischer Prozesse mit Hilfe der Computertomographie 502 Tabelle 11 Fälle mit asymmetrischer Hirnatrophie Alters· gruppe asymmetrische Veränderungen links betont rechts betont > 40 41-50 51-60 61-70 ~ 71 tf> insgesamt 18 (4,7) tf> tf> 1 (1.1) 1 (1,1) 6 (5.2) 8 (7,9) 3 1 2 (3.2) (0.7) (2.8) 6 Tabelle 12 Fälle mit Kleinhirnatrophie Alters· gruppe gleich' mäßige Kleinhirnatrophie extern intern betonte betonte s:. 40 41-50 51-60 61-70 > 71 tf> tf> tf> 4 2 (2,6) (2,0) 2 4 4 2 8 insge' samt 8 7 (6,8) 20 2 2 1 (2,1) (2,2) (1,4) tf> tf> (2,8) (4,2) (4,4) (1.3) (7,9) Die Tab. 11 gibt einen Überblick über jene Fälle, bei denen atrophische Zeichen asym· metrisch ausgeprägt beobachtet wurden. Asym· metrische Hirnatrophien wurden nur bei 24 Fällen (4,7%) ~ im Bereich der linken Hemi· sphäre dreimal häufiger als in der rechten ~ angetroffen. An dieser Stelle sei der Hinweis gestattet, daß durch eine inkorrekte Schräg· lage des Patientenkopfes die zu beurteilenden Strukturen schräggeschnitten zur Abbildung kommen und eine Asymmetrie vortäuschen können. Eindeutige Zeichen einer Kleinhirnatrophie wurden bei 35 Fällen (6,8%) beobachtet. Auch hierbei kann, wie Tab. 12 zeigt, zwi· schen einer gleichmäßigen, einer intern· bzw. extern·beton ten Atrophieform unterschieden werden (Abb. 17, 18). Eine Korrelation zwi· sehen den Altersgmppen konnte anhand der geringen Fallzahl nicht gesehen werden, je· doch fiel eine Häufung der externen Atrophie· formen auf. Interpretation und Diskussion der Ergebnisse In dem dieser Studie zugrunde liegenden Be· obachtungszeitraum von 2 Jahren wurden neben den hier analysierten 512 Patienten mit reiner Hirnatrophie weitaus mehr Fälle beobachtet, bei denen als Nebenbefund ein hirnatrophischer Prozeß diagnostiziert wurde. Insgesamt weist das Untersuchungsmaterial einen Anteil von 18,4% auf. Der hohe Anteil computertomographisch untersuchter P<ltien· ten mit hirn atrophischen Veränderungen drängt die Frage nach dem physiologisch veränderten Altershirn auf oder nach der Grenze der Liquorraumerweiterung, die einen krankhaf· ten Prozeß anzeigt. Darüber hinaus verlangt die durch die CCT gegebene exakte Beurteilungsmöglichkeit der Liquorräume eine Neugliederung der hirnatrophischen Prozesse. Das sicherste Zeichen rur eine Hirnatrophie sind Veränderungen im Bereich der äußeren Li· quorräume (Tab. 7). Daß in der vorliegenden Serie nur bei 9 Fällen keine Auffalligkeiten in diesem Bereich beobachtet wurden, läßt den Gedanken aufkommen, daß überhaupt erst dann von einer Hirnatrophie gesprochen werden sollte, wenn die Sulci, der Interhemisphärenspalt oder die Inselzisternen pathologisch verändert sind. Die Überlegung wird noch dadurch unterstrichen, daß die Zahl der Fälle, bei denen das Ventrikelsystem als unauffallig befundet wurde, mit 109 wesentlich höher liegt (Tab. 4). Isolierte oder überwiegende Veränderungen der äußeren Liquorräume, die zu der Diagnose "kortikale Hirnatrophie" fuhrten, las· sen sich in 3 Gruppen unterteilen (Tab. 8). 1. Die Zahl der sichtbaren Sulci und die Weite derselben sind im Bereich der Hirnhaube am deutlichsten ausgeprägt (Abb. 6). 2. Der Schweregrad der Erweiterung der Cisternae insulares und/oder des frontalen Interhemisphärenspaltes übertrifft den der übrigen Regionen (Abb. 7,8). 3. Alle Anteile der äußeren Liquorräume sind gleichmäßig erweitert (Abb. 9). Die zur Bestimmung des Schweregrades dienenden Parameter lassen auch Deutungen über die Dauer des Krankheitsprozesses und über die Aus· breitungsrichtung zu. Sind beispielsweise in der Staridardschicht 4A, also im Bereich der Hirnhaube, mehr als 10 Sulci mit Weiten über 5 mm sichtbar, so ist der Krankheitsbeginn wahrscheinlich früher anzusetzen als in einem Vergleichs- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. W. Meese, Th. Grumme 503 Abb.9 61jährige Frau. Mittelgradige, gleichsinnige Hirnatrophie Abb. 10 49jähriger Mann. Morbus Pick. Isoliert erweiterte Frontalhörner. Kortikale Veränderungen in den Frontallappenregionen fall, bei dem die gleiche Sulcizahl vorliegt, aber deren Weiten nur 3-4 mm aufweisen. Die überlegung wird noch durch die zusätzliche Mitbeurteilung des Verhaltens der Ventrikelweiten unterstrichen, was an anderer Stelle erfolgen wird. Bei der Beurteilung der Ausbreitungsrichtung scheint der Fronto-Temporal-Relation eine große Bedeutung zuzukommen (Tab. 8). Wenn die atrophischen Zeichen im Bereich der Hirnhaube hochgradig, im frontalen Interhemisphärenspalt mittelgradig und im Bereich der Insel· Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Die Beurteilung hirnatrophischer Prozesse mit Hilfe der Computertomographie W. Meese, Th. Grumme Abb.11 61jähriger Mann. Mäßig- bis mittelgradige Erweiterung der Seitenventrikel. Regelrecht weiter 3. Ventrikel. Von den äußeren Liquorräumen sind lediglich die Insel zisternen mäßiggradig erweitert Abb. 12 72jährige Frau. Eindeutiges Überwiegen der erweiterten inneren Liquorräume zisternen mäßiggradig ausgeprägt sind, so ist die Ausbreitungsrichtung des atrophischen Prozesses entsprechend den lokalen Unterschieden zu vermuten (Abb. 6). Wenn hingegen die Inselregionen deutlich und die Liquorräume im frontalen Interhemisphärenspalt und in den übrigen Regionen geringfügiger erweitert sind, ist die Annahme berechtigt, daß der Prozeß seinen Ausgang in den Temporallappen nimmt (Abb. 7). Das supratentorielle Ventrikelsystem ist in allen seinen Anteilen direkt meßbar und ver- glichen mit den externen Liquorräumen größer und vielgestaltiger. Die einzelnen Ventrikelanteile zeigen ein sehr unterschiedliches Verhalten im Rahmen hirnatrophischer Vorgänge (Tab. 4, 5, 6). Die differenzierten Meßwerte bieten einige Diskussionspunkte an. Vor allem fallt der hohe Anteil von 109 Fällen (21,3 %) mit einem normal befundeten Ven trikelsystem au f. Die größten Anteile pathologischer Meßwerte bieten die Seitenventrikel in 403 Fällen (78,7 %). In keinem der 109 Fälle, bei denen die Seitenven- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 504 Abb. 13 505 72jährige Frau. Mittelgradige Hemiatrophie rechts Abb. 14 Rechts: Asymmetrische kortikale Veränderungen im Bereich der Hirnhaube. Links: Ausschließlich hochgradig erweiterte Sulci postcentrales trikel normal weit waren, wurde eine isolierte Erweiterung des 3. Ventrikels gesehen. Den größten Anteil an Normalwerten bietet der 3. Ventrikel in 258 Fällen (50,4%), gefolgt von den Temporalhörnern, die 237mal (46,3%) als unaummig befundet wurden. Bei isolierter Beurteilung der Seitenventrikel läßt sich eine ähnliche Gruppierung wie bei den externen Liquorräumen durchfUhren. Neben den gleichmäßig erweiterten Seitenventrikeln fanden sich solche, bei denen die Erweiterung der Frontalhörner bzw. der Korpusbereiche überwog (Tab. 4). Setzt man die äußeren und inneren Liquorräume in den entsprechenden Hirnarealen in Beziehung zueinander, so ergeben sich deutliche Unterschiede. Bei den externen Formen konnte ein Überwiegen der Veränderungen im Hirnhaubenbereich in 35,9% beob- achtet werden, während die Seitenventrikel eine Betonung im Korpusbereich nur in 20,5% der Fälle aufwiesen. Noch deutlicher wurd~n die Unterschiede im Frontalbereich. Bei den externen Formen war hier ein Übergewicht in 23,8% zu beobachten, während die Frontalhömer nur in 5,5 % eine Betonung in dieser Gegend zeigten (Abb.1O). Diese Beobachtungen könnten am ehesten als Ausdruck einer Zeitkomponente gedeutet werden. Offenbar wurden diese Fälle zu einem Zeitpunkt untersucht, wo die Ventrikelbereiche noch im Begriff waren, sich den veränderten Verhältnissen in den umliegenden Regionen im Sinne eines Hydrocephalus e vacuo anzugleichen, während in den entsprechenden Kortikalbereichen schon ein Höchstmaß an Veränderungen sichtbar war. Der Zeitpunkt des Krankheitsbeginns Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Die Beurteilung hirnatrophischer Prozesse mit Hilfe der Computertomographie W. Meese, Th. Grumme Abb. 15 Kortikale Veränderungen im Bereich der Hirnhaube: Links: Frontalbetonung (Sulci frontales) Rechts: Okzipitalbetonung ist dann früher anzusetzen, wenn sich die Schweregrade der pathologischen Veränderungen sowohl im Kortikal- als auch im Ventrikelbereich gleichen. Auch die Beurteilung der Temporalhörner verdient einige Beachtung (Tab. 6). Eine Dominanz der Temporalhornweiten gegenüber den übrigen Ventrikelabschnitten wurde bei keinem der Fälle beobachtet. Hingegen waren die Temporalhörner nur dann hochgradig erweitert, wenn auch die Seitenventrikel ein solches Maß an Veränderungen aufwiesen. Abb. 16 Ausgeprägte, extern betonte Kleinhirnatrophie eines 38jährigen Mannes Nachdem die externen und internen Liquorräume gesondert analysiert wurden, gestattet die Gegenüberstellung dieser Befunde in den Einzelfallen eine exakte Aussage über die vorliegende Atrophieform (Tab. 9). Darüber hinaus wird anhand der Ergebnisse die Einteilung des gesamten Untersuchungsmaterials in 3 Haupt- und einige Nebengruppen möglich. 1. Alle Liquorräume sind in all ihren Anteilen gleichmäßig, gleichsinnig pathologisch verändert (Abb. 9). Diese gleichmäßige oder allgemeine Hirnatrophie war im vorliegenden Material 103mal (20,1%) vertreten. 2. Wenn der Schwere grad der pathologisch veränderten Ventrikel dem der äußeren Liquorräume eindeutig überlegen ist, liegt eine internbetonte Atrophieform vor. Bei 80 Fällen (15,6 %) wurde diese Diagnose gestellt (Abb. 11,12). Abb. 17 Intern betonte Kleinhirnatrophie eines 18· jährigen Mannes mit 27 mm messendem 4. Ventrikel und erweiterter Cisterna cerebellaris magna 3. Die extern-betonten oder vorwiegend kortikalen Atrophieformen stellten mit 329 Fällen den größten Anteil (64,3 %). Hierbei zeigte der Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 506 507 Abb. 18 76jähriger Mann mit insgesamt noch gleichsinniger, mäßig- bis mittelgradiger Hirnatrophie Schweregrad der erweiterten externen Liquorräume eine eindeutige Dominanz gegenüber den internen (Abb. 6). Diese große Gruppe der extern-betonten Atrophieformen läßt sich noch in 2 sicher abgrenzbare Untergruppen unterteilen. 3 a) Die temporo-frontal-betonte externe Hirnatrophie ist charakterisiert durch überwiegend erweiterte Liquorräume im Bereich der Insel und des frontalen Interhemisphärenspaltes sowie durch isoliert erweiterte Frontalhörner: 28 Fälle (8,5 %) (Abb. 10). 3 b) Die parietal-betonte externe Hirnatrophie zeigt überwiegende Veränderungen an der Hirn· haube und am Corpus ventriculi: 105 Fälle (31,9 %)(Abb. 6). In dem gesamten Material findet sich noch eine kleine Gruppe (weniger als 5 %), bei der Zeichen a~ymmetrischer Veränderungen oder einer Hemiatrophie vorlagen (Tab. 11; Abb. 13, 14). Eine weitere kleine Gruppe sei erwähnt (weniger als 1 %), die allein durch Betrachtung der Hirnoberfläche einige Besonderheiten zu erkennen gibt. Es sei betont, daß isolierte Veränderungen der zentralen Hirnfurchen sowie eine umschriebene externe okzipitale Atrophie als Raritäten aufzufassen sind (Abb. 14, 15). Die Kleinhirnatrophien sind anhand der computertomographischen Befunde als eine Sonderform zu betrachten. Durch ihren relativ kleinen Anteil von 6,8 % im Untersuchungsmaterial läßt sie keine Korrelation zu der Vielfalt der atrophischen Veränderungen im Großhirnbereich erkennen. Aufgrund der eingangs beschriebenen Kriterien sind auch die Kleinhirnatrophien in eine gleichmäßige, intern-betonte bzw. externbetonte Form zu unterscheiden (Tab. 12; Abb. 1,16,17). Bei der Beurteilung der Atrophia cerebri als eigenständigem Krankheitsbild werden die eindeutigen CT-Befunde so lange nicht voll zur Geltung kommen, solange diese nicht mit ebenso exakten klinischen, psychopathologischen und paraklinischen Befunden korreliert werden. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Die Beurteilung hirnatrophischer Prozesse mit Hilfe der Computertomographie W. Meese, Tb. Grumme In vielen Fällen gelang es, die notwendigen klinischen Angaben zu erhalten, insgesamt aber reichen sie nicht aus, um im Rahmen dieser Studie eine hinreichend korrekte Korrelation zwischen den computertomographischen Befunden und den klinischen, psychopathologischen und EEG-Veränderungen herzustellen. Es sei aus diesen Gründen ausdrücklich darauf hingewiesen, daß im folgenden nur Tendenzen aufgezeigt und die erörterten Gesichtspunkte nur im Range einer Arbeitshypothese verstanden werden können. In der hier vorliegenden Studie läßt sich eine Gruppe eindeutig abgrenzen (ca. 20 % der Fälle), in der die computertomographischen Befunde darauf hindeuten, daß es sich um physiologische Alterungsprozesse ohne Krankheitswert handeln könnte. Die sichtbaren Veränderungen der inneren und äußeren Liquorräume gleichen einander. Die ermittelten Schweregrade in allen Regionen sind ebenmäßig, gleichsinnig. Die CTBilder gestatten, von geordneten Verhältnissen zu sprechen (Abb. 9, 18). Dabei können die gleichmäßigen Veränderuhgen durchaus mäßigbis mittelgradig sein. Mit zunehmendem Alter werden diese gleichmäßigen Atrophieformen häufiger angetroffen (Tab. 9). Psychopathologische Befunde oder entsprechend pathologisch veränderte EEG-Befunde finden sich in dieser Gruppe auffallend selten. Wenn dieses Gleichgewicht bzw. diese geordneten Verhältnisse zuungunsten der inneren oder äußeren Liquorräume gestört werden, gewinnt der CT-Befund an pathognomonischem Wert. Psychopathologische Befunde und entsprechende EEG-Veränderungen häufen sich in dieser Gruppe in eindrucksvollem Maße. Auch die computertomographisch faßbaren Ungleichgewichte in der Parietalregion (Hirnhaube Corpus ventriculi) oder in der Fronto-TemporalRegion (Interhemisphärenspalt, Cisternae insulares - Frontalhörner) sind in diese Gruppe einzugliedern (Abb. 6,10). Die klassischen Krankheitsbilder der präsenilen und senilen Demenz dürften sicher in diesem Bereich anzusiedeln sein. Die neuropathologischen Befunde (9) weisen bei der präsenilen Demenz hinsichtlich Topik und Höchstmaß der Veränderungen auf den Temporallappen hin. So wird ein CT-Befund, der diese Region als überwiegend verändert ausweist, den klinischen Verdacht auf eine präsenile Demenz eher erhärten. Andererseits wird der Verdacht auf eine senile Demenz dadurch unterstrichen, wenn der CT -Befund die Mantelkanten- bzw. die Hirnhaubenregion als dominant verändert zu erkennen gibt. Die auffallend hohe Repräsentanz kortikaler Atrophien in den niedrigen und mittleren Dezennien (Tab. 9) läßt die Erkenntnis aufkommen, daß es sich hier um ein eigenständiges Krankheitsbild handelt (Abb. 6). Chronischer Alkoholabusus kann dabei als Ursache dieser Atrophieform mit hoher Wahrscheinlichkeit als gesichert gelten. Courville (4) und Neubuerger (8) wiesen schon in den 50er Jahren auf eine enge Beziehung zwischen kortikaler, meist frontal-betonter Atrophie und Alkoholmißbrauch hin. A vdaloII (2) zeigte unlängst ein Korrelat der computertomographisch gesicherten Atrophie mit psychopathologischen Veränderungen, zerebralen Anfallen und chronischem Alkoholabusus in eindrucksvoller Weise auf. Im Rahmen dieses Krankheitsbildes kann der Schweregrad des CT -Befundes einen Eindruck vermitteln über die Dauer und das Ausmaß der Noxeneinwirkung, andererseits die Prognose einer Therapie besser abschätzen helfen. Ebenfalls völlig eigenständige Krankheitsbilder können sich hinter einer intern-betonten Hirnatrophie verbergen. Die exakte Analyse des gesamten Ventrikelsystems kann dabei entscheidende differential-diagnostische Erwägungen indizieren. Wenn beispielsweise die Seitenventrikel mittel- bis hochgradig erweitert, der 3. Ventrikel und die Temporalhörner nur mäßiggradig oder gar normalweit sind, spricht diese Kombination eher fUr eine subkortikale Atrophie im Marklager (Abb. 11). Wenn andererseits alle Ventrikelanteile gleichermaßen mittel- bis hochgradig erweitert sind (Abb. 12), werden die Überlegungen auf das Problemfeld der Liquordynamikstörung gefUhrt. Bei einer Gesamtbeurteilung ist das Alter des Patienten stets mit zu berücksichtigen. So wird dem CT-Befund eines 40jährigen (Abb. 6) eine höhere pathognomonische Wertigkeit zuzuordnen sein, als jener eines 70jährigen (Abb. 18). Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 508 Eine weitere Einengung der Übergänge zwischen physiologischen und pathologischen Befunden wird möglicherweise die Analyse objektiver Dichtemessungen in definierten Hirnarealen erbringen (7). 6 Literatur 7 Ambrose, 1.: Computerized transverse axial scanning (tomography). Part. 2. Clinical application. Brit. J. Radiol. 46 (1973) 1023 2 A vda/off. W.: Inaugural-Dissertation, Freie Universität Berlin 1978 3 du Bou/ay, G.H., I.F. Mose/ey: Computerised Axial Tomography in Clinical Practice. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 1977 4 Courvi/[e, C.B.: The effects of alcohol on the ner- 8 5 9 509 vous system of man. San Lucas Press, Los Angeles 1955 Hounsjie/d, G.: Computerized transverse axial scanning (tomography). Part. I. Description of system. Brit. 1. Radiol. 46 (1973) 1016 Huckman, M.S., J. Fox, J. Tope/: The validity of criteria for the evaluation of cerebral atrophy by computed tomography. Radiology 116 (1975) 85 Meese, w., W. Lanksch, S. Wende: Cerebral Atrophy and Computerized Tomography - Aspects of a Qualitative and Quantitative Analysis. In: Cranial Computerized Tomography, Ed.: W. Lanksch and E. Kazner, pp. 222-232, Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 1976 Neubuerger, K. T.: The changing neuropathological picture of chronic alcoholism. Arch. Pathol. 63 (1957) I Peters, G.: Klinische Neuropathologie, IV. Abschnitt, G. Thieme Verlag, Stuttgart 1970 Freie Universität Berlin, Klinikum Char/ottenburg Neurochirurgische Klinik, Komm. Leiter Prof Dr. Th. Grumme Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Die Beurteilung hirnatrophischer Prozesse mit Hilfe der Computertomographie