Prothetik/Produktkonzept D och während in der konservierenden, prothetischen und implantologischen Zahnheilkunde seit langem eine natürliche Ästhetik erwartet wird und in der chirurgischen die Schnittführung möglichst im „ästhetischen Schatten“ erfolgt, wird für die temporäre Versorgung präparierter Zahnstümpfe in der zahnärztlichen Praxis häufig auf ein einphasiges Material zurückgegriffen, das in ästhetischer Hinsicht jedoch viele Wünsche offen lässt. Die Anfertigung einer laborgefertigten temporären Restauration hingegen ist mit deutlich größerem Aufwand und höheren Kosten verbunden. Die Industrie stellt nun ein Material zur Verfügung, das bei guter Wirtschaftlichkeit nicht nur die wichtigsten Aufgaben einer temporären Versorgung • Schutz des beschliffenen Dentins • Pulpenverträglichkeit • okklusale und approximale Stabilisierung erfüllt, sondern darüber hinaus ästhetisch hochwertige Ergebnisse bei guter Wirtschaftlichkeit ermöglicht. Der folgende Anwendungsbericht beschreibt die direkte zweiphasige Herstellung ästhetischer Frontzahnrestaurationen, anschließend werden 2 Fälle vorgestellt. Fortbildung Steigende ästhetische Ansprüche in der Zahnheilkunde beschränken sich nicht länger lediglich auf das prothetische Ergebnis. Immer mehr Patienten wollen auch bei Provisorien nicht auf eine hohe Ästhetik verzichten. Vorgehen in der Praxis Eine wichtige Voraussetzung für die Herstellung einer passgenauen temporären Krone oder Brücke ist die Anfertigung einer dimensionsstabilen und detailgenauen Abformung. Sie kann mit Alginat, Silikon oder thermoplastischem Material erfolgen. Die fertige Abformung muss exakt im Mund reponiert werden können, vor allem dann, wenn – wie hier beschrieben – die temporären Kronen in 2 Schritten angefertigt werden. Zunächst wird ein den anatomischen Gegebenheiten des Kiefers entsprechender Abformlöffel ausgesucht. Am besten eignet sich dazu ein Rim-Lock-Löffel, da er im Vergleich zu einem perforierten Löffel eine größere Dimensionsstabilität der fertigen Abformung gewährleistet. Anschließend wird der Abformlöffel individualisiert und abgedämmt. Das ermöglicht eine gute Reposition des Löffels und verhindert zusammen mit dem korrekten Einbringen des Löffels in den Mund, dass überschüssiges Abformmaterial unerwünscht nach dorsal gebracht wird. Es wird zunächst ein etwa 3 mm hoher satteldachfirstförmiger anteriorer Stopp aus lichthärtendem Kunststoff entlang der Mittellinie auf den Abformlöffel aufgebracht und ausgehärtet (Abb. 1). ZWR 114. Jahrg. 2005, Nr. 5 235 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. U. Sachse, Kiel Temporäre Versorgung präparierter Zahnstümpfe mit einem neuen hochästhetischen Kronen- und Brückenmaterial Abb. 3 Einbringen von Structur Premium in die Zahnnegative der Alginatabformung. Abb. 1 Präparierter Abformlöffel mit anteriorem Stopp aus lichthärtendem Kunststoff. Abb. 5 Im Zweischichtverfahren hergestellte Restauration vor der Ausarbeitung. Abb. 2 Abformlöffel mit dorsaler Abdämmung. Abb. 6 Restauration nach der Ausarbeitung. Um ein Lösen des Stopps vom Löffel zu vermeiden, kann vorher ein Tropfen Sekundenkleber auf dem Löffel verstrichen werden. Anschließend wird im Bereich der Molaren rechts und links je ein etwa 3 mm hohes und 2 mm langes Polster aus Knetsilikon in den Löffel gebracht, um bei der anschließenden Herstellung der dorsalen Abdämmung den Abformlöffel nicht auf die Kaufläche zu drücken, sondern genug Platz für das spätere Abformmaterial zu lassen. Durch Eintauchen in heißes Wasser wird die Abbindung des Knetsilikons beschleunigt. Die dorsale Löffelabdämmung kann mit lichthärtendem Kunststoff oder mit Bissregistriermaterial aus Silikon erfolgen, wobei der lichthärtende Kunststoff besser zu formen und stabiler ist. Auch hier werden die entsprechenden Bereiche des Abformlöffels vor dem Aufbringen des lichthärtenden Kunststoffes dünn mit Sekundenkleber bestrichen. Der Abformlöffel wird in den Mund gebracht, dabei wird der Lichtkunststoff mit dem Finger bukkal und dorsal modelliert und adaptiert. Nach Entnahme des Löffels aus dem Mund 236 ZWR 114. Jahrg. 2005, Nr. 5 Abb. 4 Ausarbeitung der temporären Restauration mit einem Hartmetallfräser. Abb. 7 Hartmetallfräser, Diamantscheiben und Gummipolierer erleichtern die Ausarbeitung der Restauration. wird der Lichtkunststoff mit der Polymerisationslampe ausgehärtet (Abb. 2). Nach Entfernen der okklusalen Stopps aus Knetsilikon wird der Abformlöffel mit Haftlack bestrichen. Der Abformlöffel ist nun für die Abformung vorbereitet. Alginat wird nach Herstellervorschrift angerührt und in den Abformlöffel eingebracht. Gleichzeitig wird etwas Alginat okklusal, inzisal sowie vestibulär und palatinal entlang der Sulci mit dem Finger appliziert. Nach vollständiger Aushärtung des Alginats wird der Abformlöffel entnommen. Stark unter sich gehende Bereiche vestibulär können nun mit dem Skalpell entfernt werden. Dabei ist darauf zu achten und zu überprüfen, dass der Abformlöffel exakt reponiert werden kann. Bei geringem Restzahnbestand und damit unsicherer Abstützung sollte nur wenig beschnitten werden. Die zu präparierenden Zähne werden separiert, und Retraktionsfäden werden gelegt. Dann erfolgt die Pfeilerpräparation unter Darstellung einer infrasulkulären Präparationsgrenze. Nach Beendigung der Präparation und durchgeführter Präparationsabformung werden die Pfeilerzähne mit Vaseline isoliert. Mit der Mischpistole wird provisorisches Kronen- und Brückenmaterial in die den Pfeilerzähnen entsprechenden Zahnnegative der Alginatabformung eingebracht (Abb. 3). Für das hier verwendete Material VOCO Structur Premium gelten dabei folgende Verarbeitungszeiten: Bis zum Einbringen des Abformlöffels in den Mund stehen 45 s zur Verfügung, nach weiteren 60 s muss der Abformlöffel entnommen werden. Die auf den Pfeilerzähnen verbleibenden temporären Restaurationen sind innerhalb von 30 s – während der elastischen Phase – zu lösen und können nach weiteren 2 min und 45 s bearbeitet werden. Die gesamte Verarbeitungszeit beträgt also nur 5 min. Der Vorgang wird erleichtert, wenn nach dem Lösen der temporären Restauration diese einige Male im Wechsel wieder reponiert und gelöst wird, bevor sie vollständig abgebunden und ausgehärtet ist. Die materialtypische, geringe Inhibitionsschicht kann leicht mit einem alkoholgetränkten Tuch entfernt werden. Nun kann die temporäre Restauration ausgearbeitet werden, vorzugsweise mit einem kreuzverzahnten Hartmetallfräser (Abb. 4). Bei den hier beschriebenen Behandlungsfällen besteht die Aufgabe darin, den vor Beginn der Behandlung geäußerten ästhetischen Wünschen und Ansprüchen gerecht zu werden. Insbesondere soll zum einen eine gegenüber der vorhandenen provisorischen Restauration deutlich höhere Transparenz im Bereich der Schneidekanten der Zähne 12–22 erreicht werden (Fall 1), zum anderen sollen sich nicht nur die neu anzufertigenden Keramikverblendkronen, sondern bereits die temporären Restaurationen ästhetisch harmonisch in die vorhandenen einreihen (Fall 2). Dazu wird ein zweischichtiges Verfahren gewählt, bei dem zu- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Prothetik/Produktkonzept Prothetik/Produktkonzept Abb. 9 Neue, temporäre Restauration mit hoher Ästhetik durch inzisale Transparenz. nächst die temporären Restaurationen in der Grundfarbe wie beschrieben hergestellt und mit einem Hartmetallfräser ausgearbeitet werden. Anschließend werden die Restaurationen einprobiert und eine Funktionskontrolle durchgeführt. Um ein natürlicheres Erscheinungsbild zu erreichen, ist eine erhöhte Transparenz im Bereich der Schneidekanten erforderlich. Dazu werden die zunächst fertigen temporären Restaurationen inzisal eingekürzt und vestibulär sowie palatinal nach zervikal auslaufend leicht beschliffen. Dann wird die passgenaue Restauration auf die Pfeilerzähne gesetzt. Nun wird VOCO Structur Premium in der Farbe BL aus dem Dispenser in die den Pfeilerzähnen entsprechenden Zahnnegative der Alginatabformung eingefüllt. Nach 2 min und 15 s kann die im zweischichtigen Verfahren hergestellte Restauration entnommen und nach weiteren 2 min und 45 s nach vollständiger Abbindung ausgearbeitet werden. Bestreichen der Oberfläche mit Bonding zwischen den beiden Phasen ist nicht erforderlich (Abb. 5 und 6). Abb. 10 Erhalt der funktionstüchtigen Keramikverblendkronen. Abb. 11 Temporäre Versorgung. Abb. 12 Endgültige Restauration. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Abb. 8 Ausgangssituation: Die temporären Kronen wirken zu einfarbig und sind wenig transluzent. Bereits nach dem Entfernen der Inhibitionsschicht mit einem alkoholgetränkten Tuch erscheint ein nahezu perfekter Glanz. Die Ausarbeitung der temporären Restauration geschieht mit Hartmetallfräser, dünner Diamantscheibe und Gummipolierer (Abb. 7). Eine natürliche Ästhetik wird erreicht, indem die Oberfläche mit einem Diamantschleifer mittlerer Körnung strukturiert sowie mit Polierscheiben verschiedener Körnung und abschließend mit einer Ziegenhaarbürste nachpoliert wird. Die fertigen Restaurationen werden nun mit einem eugenolfreien, temporären Befestigungszement (Provicol, VOCO) eingegliedert. Fall 1 Die Patientin trägt temporäre Kronen auf den Zähnen 12, 11, 21 und 22 aus herkömmlichem Material, die ihr „zu einfarbig“ und „zu stumpf“ erscheinen (Abb. 8). Für die Herstellung der neuen, temporären Kronen wird das oben beschriebene Verfahren der Zweischichttechnik angewandt. Nach Abschluss der ersten Phase wird die Inzisalkante um ca. 1,5– 2 mm gekürzt und die vestibulären und palatinalen Flächen leicht beschliffen. Weiter wird wie oben beschrieben vorgegangen. Die fertige temporäre Restauration zeigt eine deutliche inzisale Transparenz (Abb. 9). Fall 2 Die Patientin wünscht die Erneuerung der nicht mehr funktionstüchtigen Kronen auf den Zähnen 13, 11, 21 und 23. Die Schwierigkeit besteht darin, temporäre Kronen herzustellen, die unter Belassen der funktionstüchtigen Keramikverblendkronen auf den Zähnen 12 und 22 ein ästhetisch anspruchsvolles und harmonisches Erscheinungsbild ermöglichen (Abb. 10). Auch hier wird die Zweischichttechnik eingesetzt. Die temporäre Restauration auf den Zähnen 11 und 21 wird mit einem Diamantschleifer mittlerer Körnung charakterisiert. In vivo ist kein Unterschied zwischen der VMK-Krone 22 und den angefertigten Provisorien erkennbar (Abb. 11). Abb. 12 zeigt abschließend die endgültige Restauration. Schlussbetrachtung Das hier verwendete neue Kronen- und Brückenmaterial zur Herstellung temporärer Restaurationen ermöglicht ausgezeichnete ästhetische Resultate. Das Material ist gut zu applizieren und dosieren, sehr hart und einfach auszuarbeiten und zu polieren. Die Bereitstellung einer transparenteren Farbe erlaubt es, die Transluzenz zu steuern. Der hierbei anfallende zeitliche und finanzielle Mehraufwand steht in einem günstigen Verhältnis zu dem erzielbaren Resultat. Korrespondenzadresse Dr. Ulrich Sachse An der Schanze 29 24159 Kiel Fax: 0431/391395 E-Mail: [email protected] ZWR 114. Jahrg. 2005, Nr. 5 237