GRAND AMPLIFIERS Vintage meets Modern DV Mark Little 40 L34 Wenn wir ehrlich sind, dann gilt Italien ja gemeinhin nicht unbedingt als Speerspitze in Sachen Hightech. Denken wir an Italien, kommen uns eher ganz andere Dinge in den Sinn: Tourismus, pittoreske Landschaften, guter Wein und leckeres Essen sind die Dinge, die wir an Italien schätzen. Von Alexander Heimbrecht Dann ist da sicher noch die Kunst, die uns auch zu begeistern vermag. Natürlich gibt es auch einige Hightech-Produkte mit hohem Ansehen, man denke an die roten Flitzer aus Maranello. Und auch das italienische Universalgenie Leonardo da Vinci wusste nicht nur durch Kunst zu überzeugen. Leicht Umso schöner, wenn mir heute eine interessante Symbiose aus Retro und Hightech in Sachen Gitarrenlautmacherei ins Haus schneit. Wem das Produktlabel DV Mark zunächst nichts sagt, der hat vielleicht trotzdem schon etwas von der Truppe um Marco De Virgiliis gehört. Unter dem Label Markbass gibt es für die Fraktion der Tieftöner nämlich schon seit geraumer Zeit fantastisch tönende Bass-Amps mit ordentlich Tinte auf dem Füller, die aber gleichzeitig federleicht sind. Da gibt es dann durchaus einen 500 Watt Boliden in der Zweikilo-Klasse. Dieses beachtliche Leistungsgewicht wird durch Class-D Endstufen erreicht, die freilich nicht für den Bau eines klassisch konzipierten Gitarren-Amps in Frage gekommen sind. Hier sind es schon die allseits geschätzten glimmenden Glaskolben aus dem letzten Jahrhundert, die zur Verstärkung des Gitarrensounds herangezogen werden. Dennoch fällt auf, dass auch der Little 40 im Vergleich zu anderen Röhrenamps federleicht ausgefallen ist. Wer von uns, der im Nebenberuf nicht gerade Bodybuilder oder Türsteher an der Nobeldisse ist und daher quasi von Berufs wegen ständig in der Muckibude verweilt, kann schon von sich behaupten, dass er sein Halfstack mal eben locker auf 164 grand gtrs einmal in den Proberaum verfrachtet. Zugegeben, eigentlich handelt es sich bei der hier vorgestellten Kombination ja eher um ein „Quaterstack“, da die Box ja nur über zwei Speaker verfügt, aber selbst wenn man das berücksichtigt, fällt mir kein vergleichbares Produkt ein, das ebenso leicht und handlich ist. Wenn es dann noch prima klingt, dann ist die Geschichte mit dem geringen Gewicht (Achtung, Wortspiel!) schon ein gewichtiges Argument für die italienischen Amps. Die Firma positioniert ihre Produkte, indem sie auf drei wesentliche Eigenschaften ihrer Verstärker abstellt: Zuverlässigkeit, Flexibilität und geringes Gewicht. Beim letzten Punkt gibt es nach dem oben Gesagten keinen Grund für eine weitere Diskussion, daran ist nicht zu rütteln. Mit der Flexibilität ist es bei einem Gerät mit sieben Potis auf den ersten Blick schon ein wenig schwieriger zu erkennen, ob dieser Anspruch auch wirklich erfüllt wird, besonders, wenn man den Amp zum ersten Mal in Betrieb nimmt. Der Little 40 klingt immer warm und fett, auch wenn man die Höhen anhebt und Bässe absenkt. In Sachen Flexibilität lautet hier „Auto-Bias“ das Zauberwort, das wir zwar bereits im Zusammenhang mit den jüngsten Kreationen aus Milton Keynes wahrgenommen haben, aber von unseren südeuropäischen Freunden noch ein wenig weitergesponnen wurde. Möchte man den Amp eher kalt oder heiß abgestimmt haben? Dafür gibt’s einen Knopf auf der Rückseite. Vielleicht statt der EL34 kurz 6L6 probieren oder gar eine fette KT88 (letztere hatte ich leider nicht parat)? Das wird mit dem Little 40 so simpel wie der Austausch einer Vorstufenröhre. Und weil die Röhren im Laufe ihres Daseins unterschiedlich schnell verschleißen, berücksichtigt die ausgebuffte Schaltung dies ebenfalls beim automatischen Bias-Abgleich. Wir sehen, Flexibilität und Hightech sind auch bei einem Röhrenamp in bescheidenem Rahmen möglich. Natürlich gibt’s nicht die Features eines Axe-FX, aber es wird schon einiges geboten, und wenn es nur das Überwachen der Betriebstemperatur der Röhren ist, vor deren Erreichen die Power-LED freundlich blinkt und erst danach durch konstantes Leuchten zum Aktivieren des Amps ermuntert. Der Zuverlässigkeit und Servicefreundlichkeit wird im Übrigen auch große Beachtung geschenkt. So gibt es einen unscheinbaren Diagnosestecker auf der Rückseite des Amps, der primär für den Servicetechniker gedacht ist. Das muss man sich dann wie bei unseren modernen Autos vorstellen, wo mithilfe eines Computers und geeigneter Software Fehlerspeicher ausgelesen und Systemparameter gesetzt werden können. Nutzwert hat dies vor allem für den tourenden Profi, dessen Guitar Tech künftig vor jedem Gig die Betriebsspannungen der Röhren und diverse andere Kenngrößen auf diese Weise elegant auslesen kann. Das hat schon was vom Renningenieur in der Formel Eins, der mit dem Laptop bewaffnet noch während des Zeittrainings Eingriffe in der Motorsteuerung vornehmen kann. DETAILS Modern Modell: C212 V Herkunftsland: Italien Lautsprecher: 2 x 12” B&C Neodymium DV Mark Custom Belastbarkeit: 300 W RMS Impendanz: 8 Ohm Bauart: offen Maße (BxHxT): 436 x 791 x 368 mm Gewicht: 13,5 kg Preis: 625 Euro Vertrieb: Smile Music Laut Was die Lautstärke des kleinen Kraftzwergs betrifft, gibt es mehrere Stellschrauben, die sich allesamt auch auf den Klangcharakter des Verstärkers auswirken. Auf der Rückseite gibt es einen Schalter zur Auswahl zwischen Pentoden- und Triodenbetrieb. In letzterem wird der Amp ein wenig leiser und liefert gleichzeitig ein etwas anderes Obertonverhalten. Sehr subtil, aber deutlich hör- und fühlbar. Dann findet sich neben einem klassischen Mastervolumen noch der CPC-Regler, wobei die Abkürzung für „Continuous Power Control“ steht und Einfluss auf die Endstufenleistung hat. Wer nun jedoch erwartet, dass er beim Drehen spürbare Lautstärkeabstufungen erhält, der wird enttäuscht sein, denn dem ist keineswegs so, dafür grand gtrs 165 GRAND AMPLIFIERS gibt es ja auch den Master. Nein, CPC übt vielmehr einen recht deutlichen Einfluss auf das Zerr- und Kompressionsverhalten des Amps aus: je weniger Leistung, desto stärker zerrt es. Wem der Overdrive bei voll aufgedrehtem Gain noch nicht reicht, der kann per voreingestelltem und nur über Fußschalter abrufbarem Boost (+10dB) ein Quäntchen mehr Zerre abrufen. Das funktioniert prima und ist überdies sehr praxistauglich abgestimmt – klasse! Soft Der Sound des Amps ist wie schon erwähnt stets auf der warmen und rund klingenden Seite des tonalen Spektrums angesiedelt. Es handelt sich beim Little 40 aber keinesfalls um einen Weichzeichner und Fehlerbeschöniger. Man muss schon sauber spielen, wenn es klingen soll. Dafür wird man mit einer sehr nuancier- DETAILS Hersteller: DV Mark Modell: Little 40 L34 Herkunftsland: Italien Bauart: einkanaligesVollröhren-Topteil 40 Watt Röhrenbestückung: 2x ECC 83, 2x EL34 Regler: Gain, Bass, Middle, High, Presence und CPC (Continous Power Control) Lautsprecherausgänge: 1x 4 Ohm, 1x 8 Ohm, 1x 16 Ohm serieller FX-Loop Schalter: 0/-6dp Pad-Schalter (vorne) Biasmode und Triode/Pentode (hinten) Passive Klangregelung Maße (B x H x T): 450 x 245 x 170 mm Gewicht: ca. 7,3 kg Besonderheiten: Auto-Bias, Regelung der Endstufenleistung Preis: 698 Euro www.dvmark.it www.smile-music.de 166 grand gtrs ten Übertragung des Gitarrensignals belohnt. Gerade bei höchstem Gain, aktiviertem Boost und CPC im Linksanschlag lautet die Devise präzise zu spielen. Ein warmer, aber sehr differenzierter Fusion-Ton ist das, was der Verstärker zudem sehr gut kann. Und wenn ich ganz ehrlich bin, dann sehe ich eine nicht zu leugnende Verwandtschaft zum Fuchs ODS, den ich zeitgleich zur Verfügung hatte. So weit gefällt mir das sehr gut! Auch die Clean Sounds wissen mich zu überzeugen, lediglich eine rockigere Gangart will nicht funktionieren, dazu hat der Amp einfach zu wenig Biss in den oberen Frequenzen. Schub gibt es durch die exorbitant gute Lautsprecherbox genug, die wirklich satte Bässe und schöne Mitten produziert, was ich an meinem Referenz-Marshall sehr gut verifizieren konnte. Dessen Sound wird über die Greenbacks meines Marhsall-Cabs einen Hauch differenzierter und offener in den Höhen zu Gehör gebracht, aber die beiden Neodym-Speaker der Mark-Box harmonieren ebenfalls wunderbar mit meinem Marshall. Insgesamt verstärkt die Box die Charakteristika des Little 40, da sie genau jene Frequenzen betont, die dem Amp auch innewohnen. Auf der anderen Seite hat meine Marshall-Box nicht so gut mit dem Italiener funktioniert, wie das in umgekehrter Konstellation der Fall war, sodass ich zu dem Ergebnis komme, dass die Box eine ideale Ergänzung zum Amp darstellt. Fazit Der Little 40 liefert stets vollmundig warmen Ton und mir drängt sich ein Vergleich aus der Welt des Weines auf: Der Little 40 ist mehr ein fetter Bordeaux denn ein kühler Pinot Noir. Und wo wir schon beim Wein gelandet sind, wer mal Lust auf eine Tannin-beladene italienische Grande Sound-Cuvée hat, der sollte den DV Mark ruhig mal antesten. Der eigene Chiropraktiker oder die Stage-Crew wird in jedem Fall weniger zu tun ■ bekommen.